Gegenstandsbewusstsein

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Das Gegenstandsbewusstsein (auch Wachbewusstsein, Tagesbewusstsein oder sinnliches Bewusstsein genannt) ist das hellste Bewusstsein, über das der Mensch heute in der Regel verfügt. Es wird im täglichen Schlaf-Wach-Rhythmus durch den nächtlichen Tiefschlaf ausgewogen. Das Gegenstandsbewusstsein hat sich erst während der Erdenentwicklung gebildet und ist auch insofern ein rein irdisches Bewusstsein, als es jegliche kosmische Weite verloren hat. Frühere Bewusstseinszustände waren zwar dumpfer als das wache Tagesbewusstsein, der Mensch erlebte durch sie aber unterschwellig das kosmische Geschehen wenigstens teilweise mit. Diese früheren Bewusstseinszustände haben sich in modifizierter Weise durchaus erhalten, werden aber heute durch das helle Tagesbewusstsein vollkommen überstrahlt und damit in den Bereich des Unterbewusstseins gedrängt. Dieses Bewusstsein, das der Mensch heute auf dem physischen Plan hat, ist zugleich eine Art von Schlaf gegenüber dem Miterleben der höheren Welten.

Das Gegenstandsbewusstsein verfügt über einen hohen Grad der Wachheit, durch die der Mensch die Gegenstände der sinnlichen Welt wahrnimmt und versucht sie in ihrem gesetzmäßigen Zusammenhang durch den sinnlichen Verstand zu begreifen. Erstmals wird durch diesen Bewusstseinszustand ein Innen und ein Außen unterschieden. Indem man sich dadurch im Bewusstsein von der Welt zu trennen vermag, wird das Selbstbewusstsein möglich, dass es auf früheren Verkörperungen unserer Erde noch nicht gegeben hat (siehe → Weltentwicklungsstufen). Mit dem Gegenstandsbewusstsein entsteht notwendig im Gegenschlag das Ich-Bewusstsein.

„Das, was die Menschheit in ihrer weitaus größten Mehrzahl von Individuen heute Bewusstsein nennt, das ist für die Geisteswissenschaft ein Bewusstseinszustand, der sich aus andern Bewusstseinsformen entwickelt hat. Wir bezeichnen diesen heutigen menschlichen Bewusstseinszustand als das sogenannte wache Tagesbewusstsein, oder auch das Gegenstandsbewusstsein. Warum? Wenn wir charakterisieren wollen dieses Bewusstsein, das der Mensch heute hat von morgens, wenn er aufwacht, bis abends, wenn er einschläft, so müssen wir sagen: Dieses Bewusstsein erlangt seine Erkenntnis folgendermaßen: Es erlangt zunächst seine Wahrnehmungen von den Gegenständen durch die äußeren Sinne, von den Gegenständen im Raume und in der Zeit um uns herum, und unser auf die Sinneswelt beschränkter Verstand, der verarbeitet die Wahrnehmungen, die der Mensch erhält durch die äußeren Sinne; und durch solche Wahrnehmungen und solches Verarbeiten der Wahrnehmungen in unserem Verstandesbewusstsein bilden wir uns die Schätze unseres Wissens, die im Gedächtnis aufbewahrt werden, die uns durch das Leben führen und begleiten.

Es gibt aber außer diesem Bewusstseinszustand noch andere Bewusstseinsformen; dieser Bewusstseinszustand ist ein solcher, den die Menschheit nicht immer gehabt hat in der Vergangenheit, und wir müssen zurückblicken, um die Entwicklung dieses Bewusstseinszustandes zu erkennen, in Zeiten ferner, ferner Vergangenheit, in Zeiten, die weit, weit hinter den unseren zurückliegen.

Die Menschen hatten in dieser Vergangenheit eine andere Bewusstseinsform, einmal einen anderen Bewusstseinszustand. Wie wir heute wahrnehmen, wie wir heute denken, das hat sich eben entwickelt aus anderen Formen des Bewusstseins, und derjenige Bewusstseinszustand, der in der Menschheit einmal vorhanden war, den der heutige Bewusstseinszustand aber abgelöst hat, den bezeichnet man als das Bilderbewusstsein, als das imaginative Bewusstsein der Vorzeit.

Jenes höhere imaginative Bewusstsein, von dem ich gestern sprach, das ist hier nicht gemeint. Wollen wir vielmehr verstehen, wie sich dieses frühere Bilderbewusstsein verhält zu dem Bewusstsein, das der Eingeweihte, der die innere geistige Entwicklung durchgemacht hat, schon heute hat und das die ganze Menschheit einmal auf einer zukünftigen Stufe haben wird, wollen wir die beiden Bewusstseinsstufen des imaginativen Bewusstseins, diese zwei Entwicklungsphasen unseres Bewusstseins in ihrem Verhältnis erkennen, so müssen wir sagen: Dasjenige, von dem wir sprechen werden, geht dem unsrigen voran und ist ein dämmerhaftes, mehr traumhaftes Hellsehen. Die Menschen hatten in jener urfernen Vergangenheit ein traumhaftes Hellsehen, und aus diesem hat sich das heutige Gegenstandsbewusstsein erst herausgebildet; und ein zukünftiger Bewusstseinszustand steht vor unserer Seele, den der Eingeweihte schon heute hat und den die ganze Menschheit in ferner Zukunft einmal haben wird, indem der Mensch zusammen haben wird das heutige Gegenstandsbewusstsein und das Hellsehen, beides in heller, lichter Klarheit. Der frühere Mensch, unser uralter Vorfahr, hatte ein Bewusstsein, das noch nicht in derselben Weise rechnen konnte, wie das heutige das kann. Dafür hatte er aber eine Art dumpfen, traumhaften Hellsehens, er konnte nämlich entweder fortwährend oder aber in Zuständen, die besonders hervorgerufen wurden, da konnte er noch mehr hineinsehen in das Geistige und Seelische seiner Umgebung. Er konnte Bilder empfangen von dem, was geistig-seelisch in seiner Umgebung war. Das heutige Gegenstandsbewusstsein sieht geistige Wesenheiten nur dann, wenn sie äußerlich physisch verkörpert sind.“ (Lit.:GA 68a, S. 304ff)

Von allen irdischen Wesen hat nur der Mensch das Gegenstandsbewusstsein weitestgehend ausgebildet. Bei den höheren Tieren tritt es höchstens ansatzweise auf. Als beim Menschen das alte Traumbewusstsein in das Wachbewusstsein überging, entstand laut Rudolf Steiner der Hahn:

„Als das Traumbewusstsein zum Tagesbewusstsein wurde, entstand der Hahn. Erinnern Sie sich, dass Petrus schläfrig am Feuer sitzt. Wo er bei sich war, hält er zu Christus. Als er herabgestimmt ist, verleugnet er ihn.“ (Lit.:GA 244, S. 154)

Das erste Aufleuchten des Ich-Bewusstseins geschah, als sich die Sinnesorgane nach außen öffneten. Die ägyptischen Eingeweihten bezeichneten das als den Skorpion-Stachel, der die Sinnesorgane durchstach. (Lit.: GA 105, S. 77) Das Gegenstandsbewusstsein des Menschen konnte sich erst entwickeln, als sich während der Erdenentwicklung in der lemurischen Zeit der Mond von der Erde getrennt hatte.

Das Erwachen

Im Traum lebt jeder Mensch in seiner eigenen Traumwelt, mit der er innig verwoben ist. Er kann sich von ihr nicht in einem solchen Maß unterscheiden, dass ein klares Selbstbewusstsein entsteht. Erst mit dem Erwachen sieht er sich einer von ihm unabhängigen Außenwelt, der sinnlich erfahrbaren Natur, gegenüber, die er mit anderen Menschen teilt. Auch die anderen Menschen erfährt er zunächst auf diese Weise. Sie stehen ihm in ihrer äußeren, sinnlich sichtbaren und berührbaren Gestalt gegenüber, sie teilen sich durch ihre Sprache mit usw.:

„Nehmen Sie die zwei jedem Menschen ja gut bekannten Bewußtseinszustände, die vorhanden sind: den träumenden Menschen und den Menschen im gewöhnlichen wachen Tagesbewußtsein. Wie ist es beim träumenden Menschen? Beim schlafenden Menschen, der nicht träumt, ist es ja ebenso, denn traumlos schlafen heißt nur, daß die Träume so sehr herabgedämpft sind, daß man sie nicht merkt. Also wie ist es beim träumenden Menschen? Er lebt in seiner Traumbilderwelt. Er lebt in derselben, indem sie oftmals für ihn viel anschaulicher, viel tiefer ins Herz gehend ist - das kann man schon sagen - als dasjenige, was man im Alltag beim wachen Tagesbewußtsein erlebt. Aber man erlebt es isoliert. Man erlebt es als die einzelne menschliche Persönlichkeit. In einem und demselben Zimmer können zwei Menschen schlafen, sie haben zwei ganz verschiedene Welten in ihrem Traumbewußtsein. Sie erleben diese Welten nicht miteinander. Jeder erlebt sie für sich; sie können sich höchstens hinterher den Inhalt erzählen.

Wacht der Mensch auf aus dem Traumbewußtsein in das gewöhnliche Tagesbewußtsein, so nimmt er durch seine Sinne dieselben Dinge wahr, die derjenige, der ihm zunächst steht, auch wahrnimmt. Eine gemeinschaftliche Welt tritt ein. Der Mensch erwacht zu einer gemeinschaftlichen Welt, indem er aus dem Traumbewußtsein in das wache Tagesbewußtsein übergeht. Ja, an was erwacht denn der Mensch aus dem Traumbewußtsein ins wache Tagesbewußtsein? Er erwacht am Licht, am Geräusch, an seiner natürlichen Umgebung — in dieser Beziehung machen auch die andern Menschen keine Ausnahme - zum wachen Tagesbewußtsein, zum gewöhnlichen wachen Tagesbewußtsein. Aus dem Traum heraus erwacht man an dem Natürlichen des andern Menschen, an seiner Sprache, an dem, was er einem sagt, und so weiter, an der Art und Weise, wie sich seine Gedanken und Empfindungen in die Sprache hineinkleiden. An dem, wodurch der gewöhnliche Mensch, der andere Mensch sich natürlich auslebt, erwacht man. Also man erwacht an der natürlichen Umgebung zum gewöhnlichen Tagesbewußtsein. In allen früheren Zeitaltern war es so, daß der Mensch aus dem Traumbewußtsein ins wache Tagesbewußtsein an der natürlichen Umgebung erwachte. Und dann hatte er an seiner natürlichen Umgebung zugleich das Tor, durch das er, wenn er es tat, in ein Übersinnliches hineindrang.“ (Lit.:GA 257, S. 175f)

Heute, im Zeitalter der Bewusstseinsseele, ist noch ein zweites Erwachen möglich, das Erwachen am anderen Menschen. Aber nicht bloß an dessen sinnlicher Außenseite, sondern an seiner Seele und seinem Geist.

„Mit dem Erwachen der Bewußtseinsseele, mit dem Entfalten der Bewußtseinsseele ist in dieser Beziehung ein neues Element hereingetreten ins Menschenleben. Da muß es nämlich noch ein zweites Erwachen geben, und dieses zweite Erwachen wird immer mehr und mehr als ein Bedürfnis der Menschheit auftreten: Das ist das Erwachen an Seele und Geist der andern Menschen. Im gewöhnlichen wachen Tagesleben erwacht man ja nur an der Natur des andern Menschen; aber an Seele und Geist des andern Menschen will der Mensch erwachen, der selbständig, der persönlich durch das Bewußtseinszeitalter geworden ist. Er will an Seele und Geist des andern Menschen erwachen, er will dem andern Menschen entgegentreten so, daß der andere Mensch in seiner eigenen Seele einen solchen Ruck hervorbringt, wie es gegenüber dem Traumleben das äußere Licht, das äußere Geräusch und so weiter hervorbringt.

Dieses Bedürfnis ist einmal ein ganz elementares seit dem Beginne des 20. Jahrhunderts und wird immer stärker werden. Das ganze 20. Jahrhundert hindurch wird, trotz allem seinem chaotischen, tumultuarischen Wesen, das die ganze Zivilisation durchsetzen wird, dieses als Bedürfnis aufzeigen: es wird sich einstellen das Bedürfnis, daß Menschen an dem andern Menschen in einem höheren Grade werden erwachen wollen, als man erwachen kann an der bloßen natürlichen Umgebung. Traumleben, es erwacht an der natürlichen Umgebung zum wachen Tagesleben. Waches Tagesleben, es erwacht am andern Menschen, an Seele und Geist des andern Menschen zu einem höheren Bewußtsein. Der Mensch muß mehr werden, als er dem Menschen immer war. Er muß ihm zu einem weckenden Wesen werden. Die Menschen müssen sich näherkommen, als sie sich bisher gestanden haben: zu einem weckenden Wesen muß jeder Mensch, der einem andern entgegentritt, werden. Dazu haben eben die modernen Menschen, die ins Leben jetzt hereingetreten sind, viel zu viel Karma aufgespeichert, als daß sie nicht ihr Schicksal verbunden fühlen würden, ein jeder mit dem, der ihm im Leben als anderer Mensch entgegentritt. Wenn man in frühere Zeitalter zurückgeht, da waren die Seelen jünger, da haben sie weniger karmische Zusammenhänge gehabt. Jetzt tritt eben die Notwendigkeit ein, daß man nicht nur durch die Natur erweckt wird, sondern durch die Menschen, die mit einem karmisch verbunden sind und die man suchen will.“ (Lit.:GA 257, S. 176f)

Dieses Erwachen am anderen Menschen wird künftig immer bedeutsamer werden für die geistige Gemeinschaftsbildung, insbesondere auch für die anthroposophische Gemeinschaftsbildung.

Die Entstehung des Gegenstandsbewusstseins

Jede planetarische Weltentwicklungsstufe dient dazu, einen neuen Bewusstseinszustand zu entwickeln. Auf dem alten Saturn, mit dem die Entwicklung unserer Planetenkette begann, war das ganze dumpfe, aber dafür den ganzen Kosmos umspannende Trancebewusstsein entstanden. Während der alten Sonnenentwicklung trat das etwas hellere, zugleich aber auch engere Tiefschlafbewusstsein hervor, und auf dem alten Mond entwickelte sich das Bilderbewusstsein, das unserem heutigen Traumbewusstsein ähnelt. Auf all diesen Entwicklungsstufen, die unserer Erdentwicklung vorangegangen sind, gab es das Gegenstandsbewusstsein noch nicht; nicht nur der Mensch, auch die höheren Hierarchien hatten es damals noch nicht, es konnte erst mit der Bildung unserer Erdenwelt entstehen.

„Ein solches Bewußtsein, wie es der Mensch als Erdenbewußtsein hat, wurde ihm vorbehalten bis zur Erdenzeit. Und nicht nur der Mensch hatte es nicht, es hatten es auch nicht alle die anderen Wesenheiten, die wir anführen als zu dieser oder jener Hierarchie gehörig. Es wäre oberflächlich, wenn Sie denken würden, weil zum Beispiel die Engel ihre Menschheitsstufe auf dem alten Mond durchgemacht haben, deshalb müßten sie auf dem alten Mond ein solches Bewußtsein gehabt haben wie die Menschen heute auf der Erde. Das haben sie nicht gehabt, und das unterscheidet sie von dem Menschen, daß sie ihre Menschheit mit einem anderen Bewußtsein durchgemacht haben. Eine direkte Wiederholung dessen, was schon da war, findet niemals statt. Alles, was ein Entwickelungsmoment ist, geschieht nur einmal und geschieht, damit es eben da ist, nicht um irgend etwas anderes zu wiederholen. Also, damit einmal dieser Bewußtseinszustand entstehen konnte, den wir heute das Bewußtsein des Erdenmenschen nennen, dazu waren alle die Vorgänge nötig, die eigentlich diese Erde hervorgerufen haben, dazu war der Mensch als Mensch notwendig. Und die Erdenwesen konnten unmöglich auf den früheren Stufen der Entwickelung ein solches Bewußtsein entwickeln. Wenn uns ein Gegenstand gegenübertritt, dann ist er außer uns, dann erscheint er uns als Wesen außer uns. Alles frühere Bewußtsein der Wesenheiten, von denen wir reden können, ist so, daß es das Innere von dem Äußeren nicht unterscheidet, daß es Unsinn wäre, zu sagen: uns erscheint etwas als vor uns stehend. Das konnten auch die Elohim nicht sagen, das gab es nicht für sie. Sie konnten nur sagen: Wir leben und weben in dem Weltenall. Wir schaffen, und wir nehmen im Schaffen dieses unser Schaffen wahr. Nicht vor uns stehen Gegenstände, nicht vor uns erscheinen Gegenstände. - Dieses Faktum, das in dem Ausspruche liegt «Vor uns erscheinen uns Gegenstände, es drückt sich in einer äußeren, sagen wir, Raumgestaltung Wesenhaftes aus, von dem man selber abgetrennt ist, dem man gegenübersteht» - das Faktum, das in diesem Ausspruche sich kundgeben kann, das trat auch für die Elohim erst während der Erdenzeit auf. Wenn sie sich fühlten, diese Elohim, während der alten Mondenzeit webend und wirksam im Lichte, das von der alten Sonne auf den Mond hinfloß, so hätten sie sagen können: «Wir fühlen uns in diesem Licht drinnen, wir fühlen, wie wir mit diesem Licht uns hineinsenken in die Wesenheiten, die auf dem alten Mond als Menschen leben. Wir durcheilen gleichsam den Raum mit diesem Licht.» Aber nicht hätten sie sagen können: «Wir sehen dieses Licht außer uns.» Das gab es nicht während des alten Mondenzustandes, das war ein völlig neues Erdenfaktum.

Wenn uns das monumentale Wort auf einer gewissen Stufe der Entwickelung in der Genesis entgegentritt «Und die Elohim sprachen:», so muß ein neues Faktum hinzukommen: daß sie sich nicht bloß fühlen mit dem Licht hinfließend, sondern daß ihnen das Licht rückstrahlt von den Gegenständen, daß ihnen die Gegenstände von außen erscheinen. Der Schreiber der Genesis drückt das aus, indem er zu dem Worte «Und die Elohim sprachen:» hinzufügt «Und die Elohim sahen das Licht».

[...]

Und es ist mehr noch gesagt. Es steht nicht bloß da «Und die Elohim sahen das Licht», sondern «Sie sahen, daß es schön, oder gut, war». - Ich bemerke, daß der Unterschied zwischen «schön» und «gut» nicht in derselben Weise gemacht wird in der hebräischen Sprache wie heute. Dasselbe Wort steht für «schön» und für «gut». Was ist denn überhaupt mit dem gemeint, was man schön oder gut nennt? In der alten Sanskritsprache, selbst in der deutschen Sprache kIingt es noch durch, was damit gemeint ist. Das Wort «schön» umfaßt alle Worte, die in aIIen Sprachen bedeuten, daß ein Inneres, Geistiges in einem äußeren BiIde erscheint. «Schön sein» heißt, ein Innerliches erscheint äußerlich. Und wir verbinden heute noch den besten Begriff mit dem Worte Schönheit, wenn wir uns daran halten, daß in dem schönen Objekt ein inneres geistiges Wesen wie auf der 0berfläche sich im physischen Bilde darstellt. Wir nennen etwas schön, wenn wir sozusagen in dem äußeren Sinnlichen durchscheinen sehen das Geistige. Wann ist ein Marmorwerk schön? Wenn es in der äußeren Form die IIlusion erweckt: da lebt das Geistige darinnen. Das Erscheinen des Geistigen durch das Äußere, das ist das Schöne.

So also können wir sagen, wenn uns in der Genesis das Wort entgegentritt daß der Geist in seiner äußeren Erscheinung sich darstellt. Wir können also das Wort, das gewöhnlich übersetzt wird «Und die Elohim sahen das Licht, und sie sahen, daß es schön war», so ausdrücken: «Und die Elohim erlebten das Bewußtsein, daß sich ihnen das, in dem sie früher waren, als ein Äußeres gegenüberstellte, und sie erlebten in dieser Erscheinung, daß der Geist im Hintergrund war und sich zum Ausdruck brachte in dem Äußeren» - denn das liegt in dem Wort, daß es «schön» war.“ (Lit.:GA 122, S. 135ff)

Während der alten Mondenentwicklung hatte sich schon einmal die Sonne als eigenständiger Himmelskörper herausgelöst und ihr Licht von außen auf die alte Mondenwelt heruntergeworfen. Dort zeigte es wohl seine Wirkungen, aber es konnte damals noch nicht als von den Gegenständen zurückgeworfener farbiger Abglanz wahrgenommen werden:

„Zum erstenmal hat sich dieses Sonnenhafte während der alten Mondenzeit abgetrennt. Da, während der alten Mondenzeit, war zuerst das Licht von außen wirksam, aber nicht als Licht. Ich habe es ja eben ausgeführt, daß der Satz, der in der Genesis steht: «Und die Elohim sahen das Licht», unmögIich hätte ausgesprochen werden können in bezug auf die Entwickelung der Mondenzeit. Da hätte gesagt werden müssen: Und die Elohim eilten durch den Raum mit dem Licht, waren in dem Licht darinnen, sahen es aber nicht. - So wie etwa heute einer im Wasser schwimmt und eigentlich das Wasser nicht sieht, sondern sich darin vorwärts bewegt, so sah man das Licht nicht, sondern es war ein Träger der Arbeit im kosmischen Raum. Mit der Erde fing an das Licht zu erscheinen, rückzustrahlen von den Gegenständen.“ (Lit.:GA 122, S. 139f)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.