Verstandes- oder Gemütsseele und Theorie: Unterschied zwischen den Seiten

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Die '''Verstandes- oder Gemütsseele''' ({{HeS|רוח|[[Ruach]]}}, ''Luft'', ''Wind''; sprachlich verwandt mit „Rauch“, aber auch mit „Ruch, ruchbar, Geruch“; {{EnS|intellectual ''or'' mind soul}}) ist ein Teil der menschlichen [[Seele]] und lebt in dem Wechselspiel von [[Verstand]] und [[Gemüt]]. Der weisheitserfüllte [[Ätherleib]] bildete die erste Anlage zur Verstandesseele. Diese [[Weisheit]] wurde dem [[Mensch]]en von den [[Geister der Weisheit|Geistern der Weisheit]] gegen Ende der [[Alter Mond|alten Mondenentwickelung]] eingeprägt {{GZ||13|212}}. Während der darauffolgenden [[Erdentwicklung]] trat sie erstmals hervor, als sich in der [[Polarische Zeit|polarischen Zeit]] die [[Erde (Planet)|Erde]] bis zum [[Luft]]zustand verdichtete {{GZ||13|223}}. So wie die [[Wärme]] im [[Mensch]]en das innere [[Leben]] entzündet hatte, so erregte die ihn umspielende Luft nun in ihm den geistigen [[Ton]]. Ein Teil des [[Lebensäther]]s verdichtete sich zum [[Klangäther]]. Anreger der Verstandesseele sind die [[Merkur]]wesenheiten {{Lit|{{G|98|198}}, {{G|102|59f}}}}.
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Der Begriff '''Theorie''' (von {{ELSalt|θεωρείν}} ''theôreîn'' „anschauen“, „betrachten“) bezog sich ursprünglich auf die unmittelbare [[Gottesschau]], die [[theoría]] ({{ELSalt|θεωρία}} „Gottesschau, Anschauung, Einsicht“), oder allgemeiner auf die [[Hellsehen|hellsichtige]] [[Wahrnehmung]] der [[Geistige Welt|geistigen Welt]]. Ein Nachklang davon war [[Platon]]s [[Ideenschau]]. So empfand es auch der österreichische Physiker [[Wolfgang Pauli]] (1900-1958), der die [[Archetyp]]enlehre [[C.G. Jung]]s maßgeblich mitgeprägt hat. Theorien werden seiner Meinung nach nicht primär durch einen [[diskursiv]]en [[Denkprozess]] gebildet, sondern beruhen auf dem vorbewussten [[Erleben]] bildhaft-symbolischer Archetypen. Diese seien ''„die psychische Manifestation der Archetypen, die aber auch alles naturgesetzliche im Verhalten der Körperwelt hervorbringen, erzeugen, bedingen müßten. Die Naturgesetze der Körperwelt wären dann die physikalische Manifestation der Archetypen... Es sollte dann jedes Naturgesetz eine Entsprechung innen haben und
umgekehrt, wenn man auch heute das nicht immer unmittelbar sehen kann.“<ref>Karl von Meyenn (Hrsg.): ''Wolfgang Pauli. Wissenschaftlicher Briefwechsel, Band III: 1940–1949. Springer. Berlin (1993) Brief #929, S. 496</ref>


Die Verstandes- oder Gemütsseele stellt eine Modifikation des [[Astralleib]]s dar, die sich dadurch weiter ausbildet, dass das [[Ich]] ''unbewusst'' am [[Ätherleib]] arbeitet und das Ergebnis dieser Tätigkeit in den Astralleib zurückgespiegelt wird. Diese Arbeit begann in der [[Atlantis|atlantischen Zeit]] und erreichte in der [[Griechisch-Lateinische Kultur|griechisch-lateinischen Kultur]] ihren Höhepunkt. Durch [[Schulungsweg|geistige Schulung]] verwandelt sich die Verstandes- oder Gemütsseele allmählich zur [[Inspirationsseele]] {{Lit|{{G|145|177}}}}.
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"Die zusammenhängende Formulierung von Gedankensystemen, bestehend
aus mathematischen Gleichungen und aus Regeln, wie diese mit Erfahrungsdaten
zu verknüpfen sind, nennen wir eine physikalische Theorie,
die man dann innerhalb der Begrenzung ihres Anwendungsbereiches als
„Modell der Wirklichkeit" bezeichnen kann. Wie ich an anderer Stelle
ausgeführt habe<ref>Wolfgang Pauli: ''Theorie und Experiment'' in Dialectica 6, 141, 1952</ref>, halte ich es für müßig, darüber zu spekulieren, was
zuerst da war, die Idee oder das Experiment. Ich hoffe, daß niemand
mehr der Meinung ist, daß Theorien durch zwingende logische Schlüsse
aus Protokollbüchern abgeleitet werden, eine Ansicht, die in meinen Studententagen
noch sehr in Mode war. Theorien kommen zustande durch ein
vom empirischen Material inspiriertes V e r s t e h e n , welches am besten
im Anschluß an Plato als zur Deckung kommen von inneren Bildern mit
äußeren Objekten und ihrem Verhalten zu deuten ist. Die Möglichkeit
des Verstehens zeigt aufs Neue das Vorhandensein regulierender typischer
Anordnungen, denen sowohl das Innen wie das Außen des Menschen
unterworfen sind." {{Lit|Pauli, S 95}}
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Diese Ansicht Paulis wird allerdings nicht allgemein geteilt. Im heutigen wissenschaftlichen Sprachgebrauch ist eine Theorie ein auf [[spekulativ]]en [[Hypothese]]n gegründetes [[Idee]]ngebilde, das einen bestimmten äußeren [[Phänomen]]bereich erklären soll. Es wird dazu ein [[Modell|Gedankenmodell]] entworfen, das eine auf bestimmte Zwecke ausgerichtete, verallgemeinerte und meist stark vereinfachende [[Gedanke|gedankliche]] Beschreibung der [[Wirklichkeit]] gibt. Die moderne [[Naturwissenschaft]] bedient sich im weiten Umfang derartiger theoretischer Modelle, zu deren Beschreibung eine vollständige [[Formalisierung]] angestrebt wird. {{Anker|Formalisierte Theorie}}Eine '''formalisierte Theorie''' zeichnet sich dadurch aus, dass ihre [[Aussage]]n durch [[Logik|logische]] [[Schlussfolgerung]]en mittels einer entsprechenden „Rechenvorschrift“ (einem [[Kalkül]]) aus ihren [[Axiom]]en abgeleitet werden können.


Von den [[12 Karmakräfte]]n, den [[Nidanas]], die den [[Mensch]]en immer wieder in das [[physisch]]e [[Dasein]] hineinführen, haften die mittleren vier an der Verstandesseele {{Lit|{{G|93a|121}}}}:
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"Die größten Fehler, die im Wissenschaftsleben gemacht werden,
die bestehen darin, daß man versucht, Zusammenfassungen zu machen,
bevor man die Bedingungen dieses Zusammenfassens wirklich
hergestellt hat. Man hat den Hang, Theorien zu machen, das heißt
abschließende Ansichten zu gewinnen. Man kann gewissermaßen
nicht abwarten, bis die Bedingungen da sind zum Theorienmachen.
Und das muß in unser Wissenschaftsleben hineingeworfen werden,
daß man dazu kommt, ein Gefühl dafür zu bekommen, wie man
einfach nicht versuchen darf, gewisse Fragen zu beantworten, bevor
die Bedingungen zur Antwort wirklich hergestellt sind." {{Lit|{{G|323|286}}}}
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[[Goethe]] stand der Theorienbildung sehr kritisch gegenüber und gründete seine Naturforschungen auf eine reine [[Phänomenologie]]. Seiner Ansicht nach tragen die [[Phänomen]]e selbst bereits ihre Erklärung in sich, sofern man sie in ihrem Werden und in ihrem systematischen gesetzmäßigen Zusammenhang betrachtet. Der moderne [[Goetheanismus]], der durch [[Rudolf Steiner]] angeregt wurde, folgt dieser Art der Naturbetrachtung.
5.  shadayadana    =  was der Verstand aus der Sache macht
6. sparsha          =  Berührung mit dem Dasein
7. vedana            =  Gefühl (identisch mit dem zweiten der [[Skandhas]])
8. trishna            =  Durst nach Dasein
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[[Aristoteles]] bezeichnete die Verstandes- oder Gemütsseele als [[Kinetikon]]. In der hebräischen Überlieferung nennt man sie [[Ruach]]. Nach [[Isaak Luria]] zieht sie zur Zeit der [[Geschlechtsreife]] um das 14. Lebensjahr in den Menschen ein und damit erwacht auch der [[Intellekt]]. Als ''selbstständiges'' [[Wesensglied]] wird die Verstandes- oder Gemütsseele aber erst mit dem 28. Lebensjahr geboren. In der Verstandesseele geht uns erstmals das Ich auf, ohne dass sich dieses aber schon ganz klar seiner selbst bewusst wird. Das geschieht erst durch die [[Bewusstseinsseele]].
== Metatheorie ==


:"Was wir Verstandes- oder Gemütsseele nennen, arbeitet sich erst heraus aus der Empfindungsseele, ist schon in gewisser Beziehung etwas Abgeklärteres als die Empfindungsseele. In der Verstandesseele sitzen schon die Fähigkeiten, dasjenige in Vorstellungen zu kleiden, was in der Empfindungsseele empfunden ist, dasjenige, was als Instinkte, als Affekte erlebt wird, zu einer menschlicheren Form des Seelenlebens abzuklären. Wenn zum Beispiel Affekte, die sonst nur auf Selbsterhaltung gehen, abgeklärt werden zum Wohlwollen, ja sogar zum liebevollen Verhalten zur Umwelt, haben wir es schon zu tun mit der Verstandes- oder Gemütsseele. In der Verstandesseele geht uns das Ich auf, der eigentliche Mittelpunkt unseres Seelenlebens." {{lit|{{G|127|42ff}}}}
Als '''Metatheorie''' (von {{ELSalt|μετά}} ''meta'' „danach, hinter, zwischen, jenseits“) wird eine übergeordnete Theorie bezeichnet, die eine oder mehrere andere Theorien zum Forschungsgegenstand hat.


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== Theosophische Theorienbildung ==
"Ebenso wie mit dem Leibe tritt die Empfindungsseele auch mit dem Denken, dem Geiste, in Wechselwirkung. Zunächst dient ihr das Denken. Der Mensch bildet sich Gedanken über seine Empfindungen. Dadurch klärt er sich über die Außenwelt auf. Das Kind, das sich verbrannt hat, denkt nach und gelangt zu dem Gedanken: «das Feuer brennt». Auch seinen Trieben, Instinkten und Leidenschaften folgt der Mensch nicht blindlings; sein Nachdenken führt die Gelegenheit herbei, durch die er sie befriedigen kann. Was man materielle Kultur nennt, bewegt sich durchaus in dieser Richtung. Sie besteht in den Diensten, die das Denken der Empfindungsseele leistet. Unermeßliche Summen von Denkkräften werden auf dieses Ziel gerichtet. Denkkraft ist es, die Schiffe, Eisenbahnen, Telegraphen, Telephone gebaut hat; und alles das dient zum weitaus größten Teil zur Befriedigung von Bedürfnissen der Empfindungsseelen. In ähnlicher Art, wie die Lebensbildekraft den physischen Körper durchdringt, so durchdringt die Denkkraft die Empfindungsseele. Die Lebensbildekraft knüpft den physischen Körper an Vorfahren und Nachkommen und stellt ihn dadurch in eine Gesetzmäßigkeit hinein, die das bloß Mineralische nichts angeht. Ebenso stellt die Denkkraft die Seele in eine Gesetzmäßigkeit hinein, der sie als bloße Empfindungsseele nicht angehört. – Durch die Empfindungsseele ist der Mensch dem Tiere verwandt. Auch beim Tiere bemerken wir das Vorhandensein von Empfindungen, Trieben, Instinkten und Leidenschaften. Aber das Tier folgt diesen unmittelbar. Sie werden bei ihm nicht mit selbständigen, über das unmittelbare Erleben hinausgehenden Gedanken durchwoben. Auch beim unentwickelten Menschen ist das bis zu einem gewissen Grade der Fall. Die bloße Empfindungsseele ist daher verschieden von dem entwickelten höheren Seelengliede, welches das Denken in seinen Dienst stellt. Als Verstandesseele sei diese vom Denken bediente Seele bezeichnet. Man könnte sie auch die Gemütsseele oder das Gemüt nennen.


Die Verstandesseele durchdringt die Empfindungsseele. Wer das Organ zum «Schauen» der Seele hat, sieht daher die Verstandesseele als eine besondere Wesenheit gegenüber der bloßen Empfindungsseele an." {{lit|{{G|9|42f|18}}}}
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"... der Verstand des Menschen nämlich, der hat die Tendenz, auszuarten,
Folgerungen zu ziehen, wenn irgendeine Beobachtung vorliegt.
Man kann das sowohl im äußeren, exoterischen Leben wie
auch auf dem Gebiete der theosophischen Bewegung hinlänglich
bemerken. Im äußeren, exoterischen Leben braucht man sich nur
ein wenig umzusehen, so wird man bemerken, daß die Erfahrungen,
die wirklichen Beobachtungen, die der Mensch im Laufe der Zeiten
gemacht hat, immer eine Unsumme von Theorien, Hypothesen hervorgerufen
haben. Wie viele Hypothesen sind im Laufe der Menschheitsentwicklung
als wertlos sozusagen in den Abgrund versunken!
Auf anthroposophisch-okkultem Gebiete kann man die Bemerkung
machen, daß irgend jemand, der okkulte Schulung hat, der also in
einem gewissen Sinne hellseherische Kräfte hat, dieses oder jenes
aus der wirklich hellseherischen Beobachtung heraus mitteilt und
daß dann die Theoretiker kommen und dann alle möglichen Schemas
und Theorien erfinden: die Dinge werden ausgebaut. Oftmals
ist die Beobachtung klein, aber die Schemas und Theorien, die darauf
aufgebaut sind, sind ganze Welten umfassend. Das ist eben
immer das Schlimme, daß solche Tendenz des Verstandes vorliegt.
Wir haben ja diese Tendenz in einem gewissermaßen noch dezenten
Sinn bei dem berühmten Buch «Esoterischer Buddhismus» von
Sinnett. Diesem Buch liegt eine Anzahl von wirklichen okkulten
Tatsachen zugrunde; die stehen in den mittleren Partien des Buches,
beziehen sich auf die mittlere Entwicklung der Erde. Dann aber ist
darauf ein Schematismus gebaut von Runden und Rassen, und das
rollt und kollert nur so um sich herum in immer mehr oder weniger
gleicher Weise. Das sind Folgerungen, Theorien, die gemacht
worden sind aus den wenigen wirklichen, den Tatsachen entsprechenden
Angaben, die sich in diesem Buche auch finden." {{Lit|{{G|145|151f}}}}
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:"Das Ich steigt zu einer höheren Stufe seiner Wesenheit, wenn es seine Tätigkeit auf das richtet, was es aus dem Wissen der Gegenstände zu seinem Besitztum gemacht hat. Dies ist die Tätigkeit, durch welche sich das Ich von den Gegenständen der Wahrnehmung immer mehr loslöst, um in seinem eigenen Besitze zu arbeiten. Den Teil der Seele, dem dieses zukommt, kann man als Verstandes- oder Gemütsseele bezeichnen. - Sowohl der Empfindungsseele wie der Verstandesseele ist es eigen, daß sie mit dem arbeiten, was sie durch die Eindrücke der von den Sinnen wahrgenommenen Gegenstände erhalten und davon in der Erinnerung bewahren. Die Seele ist da ganz hingegeben an das, was für sie ein Äußeres ist. Auch dies hat sie ja von außen empfangen, was sie durch die Erinnerung zu ihrem eigenen Besitz macht." {{lit|{{G|13|65}}}}
== Literatur ==


== Typische Gesten ==
* Wolfgang Pauli: ''Phänomen und physikalische Realität'' (1954) [http://www.quantenphilosophie.de/docu/Pauli_Phaenomen_Realitaet1954.pdf]
 
{{GZ|Wenn ein Mensch tief in der Gemütsseele steckt, so
kommt dies auch zum Ausdruck. Weil die Wahrheitsempfindung
im Gemüt steckt, so wird ein Mensch, der in der Gemüts- oder Verstandesseele
steckt, um eine Wahrheit zu beteuern, sich auf die Brust
klopfen.|108|106}}
 
==Literatur==
 
* Rudolf Steiner: ''Theosophie'', [[GA 9]] (1904), Kapitel ''Leib, Seele und Geist'' {{Vorträge|009}}
* Rudolf Steiner: ''Die Geheimwissenschaft im Umriß'', [[GA 13]] (1910), Kapitel ''Wesen der Menschheit'' {{Vorträge|013}}
* Rudolf Steiner: ''Grundelemente der Esoterik'', [[GA 93a]] (1987), ISBN 3-7274-0935-5 {{Vorträge|093a}}
* Rudolf Steiner: ''Natur- und Geistwesen – ihr Wirken in unserer sichtbaren Welt'', [[GA 98]] (1996), ISBN 3-7274-0980-0 {{Vorträge|098}}
* Rudolf Steiner: ''Das Hereinwirken geistiger Wesenheiten in den Menschen'', [[GA 102]] (2001), ISBN 3-7274-1020-5 {{Vorträge|102}}
* Rudolf Steiner: ''Die Beantwortung von Welt- und Lebensfragen durch Anthroposophie'', [[GA 108]] (1986), ISBN 3-7274-1081-7 {{Vorträge|108}}
* Rudolf Steiner: ''Die Mission der neuen Geistesoffenbarung. Das Christus-Ereignis als Mittelpunktsgeschehen der Erdenevolution.'', [[GA 127]] (1989), Frankfurt, 8. Januar 1911 {{Vorträge|127}}
* Rudolf Steiner: ''Welche Bedeutung hat die okkulte Entwicklung des Menschen für seine Hüllen (physischer Leib, Ätherleib, Astralleib) und sein Selbst?'', [[GA 145]] (2005), ISBN 3-7274-1450-2 {{Vorträge|145}}
* Rudolf Steiner: ''Welche Bedeutung hat die okkulte Entwicklung des Menschen für seine Hüllen (physischer Leib, Ätherleib, Astralleib) und sein Selbst?'', [[GA 145]] (2005), ISBN 3-7274-1450-2 {{Vorträge|145}}
* Rudolf Steiner: ''Das Verhältnis der verschiedenen naturwissenschaftlichen Gebiete zur Astronomie'', [[GA 323]] (1997), ISBN 3-7274-3230-6 {{Vorträge|323}}


{{GA}}
{{GA}}


[[Kategorie:Grundbegriffe]] [[Kategorie:Wesensglieder]] [[Kategorie:Seele|203]]
== Einzelnachweise ==
[[Kategorie:Neungliederung des Menschen|203]] [[Kategorie:Mensch]]
<references/>
[[Kategorie:Verstandes- und Gemütsseele|!]]
 
[[Kategorie:Inspirationsseele|101]]
[[Kategorie:Grundbegriffe]] [[Kategorie:Philosophie]] [[Kategorie:Naturwissenschaften]]

Version vom 11. Dezember 2018, 15:28 Uhr

Der Begriff Theorie (von griech. θεωρείν theôreîn „anschauen“, „betrachten“) bezog sich ursprünglich auf die unmittelbare Gottesschau, die theoría (griech. θεωρία „Gottesschau, Anschauung, Einsicht“), oder allgemeiner auf die hellsichtige Wahrnehmung der geistigen Welt. Ein Nachklang davon war Platons Ideenschau. So empfand es auch der österreichische Physiker Wolfgang Pauli (1900-1958), der die Archetypenlehre C.G. Jungs maßgeblich mitgeprägt hat. Theorien werden seiner Meinung nach nicht primär durch einen diskursiven Denkprozess gebildet, sondern beruhen auf dem vorbewussten Erleben bildhaft-symbolischer Archetypen. Diese seien „die psychische Manifestation der Archetypen, die aber auch alles naturgesetzliche im Verhalten der Körperwelt hervorbringen, erzeugen, bedingen müßten. Die Naturgesetze der Körperwelt wären dann die physikalische Manifestation der Archetypen... Es sollte dann jedes Naturgesetz eine Entsprechung innen haben und umgekehrt, wenn man auch heute das nicht immer unmittelbar sehen kann.“[1]

"Die zusammenhängende Formulierung von Gedankensystemen, bestehend aus mathematischen Gleichungen und aus Regeln, wie diese mit Erfahrungsdaten zu verknüpfen sind, nennen wir eine physikalische Theorie, die man dann innerhalb der Begrenzung ihres Anwendungsbereiches als „Modell der Wirklichkeit" bezeichnen kann. Wie ich an anderer Stelle ausgeführt habe[2], halte ich es für müßig, darüber zu spekulieren, was zuerst da war, die Idee oder das Experiment. Ich hoffe, daß niemand mehr der Meinung ist, daß Theorien durch zwingende logische Schlüsse aus Protokollbüchern abgeleitet werden, eine Ansicht, die in meinen Studententagen noch sehr in Mode war. Theorien kommen zustande durch ein vom empirischen Material inspiriertes V e r s t e h e n , welches am besten im Anschluß an Plato als zur Deckung kommen von inneren Bildern mit äußeren Objekten und ihrem Verhalten zu deuten ist. Die Möglichkeit des Verstehens zeigt aufs Neue das Vorhandensein regulierender typischer Anordnungen, denen sowohl das Innen wie das Außen des Menschen unterworfen sind." (Lit.: Pauli, S 95)

Diese Ansicht Paulis wird allerdings nicht allgemein geteilt. Im heutigen wissenschaftlichen Sprachgebrauch ist eine Theorie ein auf spekulativen Hypothesen gegründetes Ideengebilde, das einen bestimmten äußeren Phänomenbereich erklären soll. Es wird dazu ein Gedankenmodell entworfen, das eine auf bestimmte Zwecke ausgerichtete, verallgemeinerte und meist stark vereinfachende gedankliche Beschreibung der Wirklichkeit gibt. Die moderne Naturwissenschaft bedient sich im weiten Umfang derartiger theoretischer Modelle, zu deren Beschreibung eine vollständige Formalisierung angestrebt wird. Eine formalisierte Theorie zeichnet sich dadurch aus, dass ihre Aussagen durch logische Schlussfolgerungen mittels einer entsprechenden „Rechenvorschrift“ (einem Kalkül) aus ihren Axiomen abgeleitet werden können.

"Die größten Fehler, die im Wissenschaftsleben gemacht werden, die bestehen darin, daß man versucht, Zusammenfassungen zu machen, bevor man die Bedingungen dieses Zusammenfassens wirklich hergestellt hat. Man hat den Hang, Theorien zu machen, das heißt abschließende Ansichten zu gewinnen. Man kann gewissermaßen nicht abwarten, bis die Bedingungen da sind zum Theorienmachen. Und das muß in unser Wissenschaftsleben hineingeworfen werden, daß man dazu kommt, ein Gefühl dafür zu bekommen, wie man einfach nicht versuchen darf, gewisse Fragen zu beantworten, bevor die Bedingungen zur Antwort wirklich hergestellt sind." (Lit.: GA 323, S. 286)

Goethe stand der Theorienbildung sehr kritisch gegenüber und gründete seine Naturforschungen auf eine reine Phänomenologie. Seiner Ansicht nach tragen die Phänomene selbst bereits ihre Erklärung in sich, sofern man sie in ihrem Werden und in ihrem systematischen gesetzmäßigen Zusammenhang betrachtet. Der moderne Goetheanismus, der durch Rudolf Steiner angeregt wurde, folgt dieser Art der Naturbetrachtung.

Metatheorie

Als Metatheorie (von griech. μετά meta „danach, hinter, zwischen, jenseits“) wird eine übergeordnete Theorie bezeichnet, die eine oder mehrere andere Theorien zum Forschungsgegenstand hat.

Theosophische Theorienbildung

"... der Verstand des Menschen nämlich, der hat die Tendenz, auszuarten, Folgerungen zu ziehen, wenn irgendeine Beobachtung vorliegt. Man kann das sowohl im äußeren, exoterischen Leben wie auch auf dem Gebiete der theosophischen Bewegung hinlänglich bemerken. Im äußeren, exoterischen Leben braucht man sich nur ein wenig umzusehen, so wird man bemerken, daß die Erfahrungen, die wirklichen Beobachtungen, die der Mensch im Laufe der Zeiten gemacht hat, immer eine Unsumme von Theorien, Hypothesen hervorgerufen haben. Wie viele Hypothesen sind im Laufe der Menschheitsentwicklung als wertlos sozusagen in den Abgrund versunken! Auf anthroposophisch-okkultem Gebiete kann man die Bemerkung machen, daß irgend jemand, der okkulte Schulung hat, der also in einem gewissen Sinne hellseherische Kräfte hat, dieses oder jenes aus der wirklich hellseherischen Beobachtung heraus mitteilt und daß dann die Theoretiker kommen und dann alle möglichen Schemas und Theorien erfinden: die Dinge werden ausgebaut. Oftmals ist die Beobachtung klein, aber die Schemas und Theorien, die darauf aufgebaut sind, sind ganze Welten umfassend. Das ist eben immer das Schlimme, daß solche Tendenz des Verstandes vorliegt. Wir haben ja diese Tendenz in einem gewissermaßen noch dezenten Sinn bei dem berühmten Buch «Esoterischer Buddhismus» von Sinnett. Diesem Buch liegt eine Anzahl von wirklichen okkulten Tatsachen zugrunde; die stehen in den mittleren Partien des Buches, beziehen sich auf die mittlere Entwicklung der Erde. Dann aber ist darauf ein Schematismus gebaut von Runden und Rassen, und das rollt und kollert nur so um sich herum in immer mehr oder weniger gleicher Weise. Das sind Folgerungen, Theorien, die gemacht worden sind aus den wenigen wirklichen, den Tatsachen entsprechenden Angaben, die sich in diesem Buche auch finden." (Lit.: GA 145, S. 151f)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Einzelnachweise

  1. Karl von Meyenn (Hrsg.): Wolfgang Pauli. Wissenschaftlicher Briefwechsel, Band III: 1940–1949. Springer. Berlin (1993) Brief #929, S. 496
  2. Wolfgang Pauli: Theorie und Experiment in Dialectica 6, 141, 1952