Karl Ballmer und Vier Temperamente: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:Karl Ballmer um 1930.jpg|thumb|200px|Karl Ballmer (ca. 1930)]]
[[Bild:Temperamente.gif|thumb|400px|Die vier Temperamente]]
'''Karl Ballmer''' (* [[Wikipedia:23. Februar|23. Februar]] [[Wikipedia:1891|1891]] in [[Wikipedia:Aarau|Aarau]]; † [[Wikipedia:7. September|7. September]] [[Wikipedia:1958|1958]] in [[Wikipedia:Lugano|Lugano]]) war ein [[Wikipedia:Schweiz|Schweiz]]er [[Wikipedia:Malerei|Kunstmaler]] und philosophischer [[Wikipedia:Schriftsteller|Schriftsteller]].
Die '''vier Temperamente''' ([[Latein|lat.]] ''temperamentum'' = „das richtige Maß, die richtige Mischung“, von [[Latein|lat.]] ''temperare'' = „mäßigen, mischen“; im 16. Jahrhundert im Sinne von „ausgeglichenes Mischungsverhältnis“ in der Pharmazie verwendet), die die mehr oder weniger ''dauerhafte'' Grundgestimmtheit oder [[Gemüt]]sart des [[Mensch]]en bestimmen, haben, anders als augenblickliche [[Emotion]]en oder [[Gefühl]]e, ihren Sitz im [[Ätherleib]]. Von hier aus wirken sie aber teilweise bis in die ''äußere'' [[Gestalt]]ung des [[Physischer Leib|physischen Leibes]] hinein, anderseits spiegeln sie sich in ''inneren'' Erlebnissen des [[Astralleib]]s bzw. der [[Seelische Wesensglieder|seelischen Wesensglieder]] wider.


== Leben ==
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Karl Ballmer wurde als Sohn eines Bankangestellten in Aarau geboren. Nach dem frühen Tod des Vaters betrieb die Mutter eine Pension.
"Diese vier Temperamente drücken sich im Ätherleib aus. Es gibt also vier verschiedene Hauptarten von Ätherleibern. Diese haben wiederum verschiedene Strömungen und Bewegungen, die sich in einer bestimmten Grundfarbe im [[Astralleib]] ausdrücken. Das ist nicht etwa vom Astralleib abhängig, es zeigt sich nur darin." {{Lit|{{G|095|64}}}}
</div>


Die Schulzeit an der Bezirksschule, dann der [[Wikipedia:Alte Kantonsschule Aarau|Kantonsschule Aarau]] beschreibt Ballmer als ''„eher trostlos“''. Als 16-Jähriger bewies er sein Zeichentalent, indem er seinen Gesangslehrer karikierte. Als der Rektor ihm zur Strafe eine Ohrfeige gab, diktierte Ballmer seiner Mutter die Austrittserklärung und begann eine Zeichnerlehre bei einem Architekten.
== Temperamente und Elemente ==


Ballmer setzte den Weg einer künstlerischen Ausbildung fort, zuletzt an der [[Wikipedia:Akademie der bildenden Künste München|Kunstakademie München]] und arbeitete von 1913 bis 1914 als Grafiker in [[Wikipedia:Bern|Bern]] und [[Wikipedia:Zürich|Zürich]]. Von 1915 bis 1916 war er als [[Wikipedia:Redakteur|Redakteur]] für Presseagenturen tätig und hoffte, im [[Wikipedia:Journalismus|Journalismus]] Fuß zu fassen. ''„Meine Existenz, seit ich im Frühjahr 1911 von [[Wikipedia:München|München]] nach Aarau zurückkehrte, war bis in den Herbst 1918 eine einzige schwerste Krisis. Nicht so sehr, dass mir die Mittel fehlten zu einem ruhigen Studium war der tiefere Grund einer grauenvollen Verzweiflung. Vielmehr war es die Verzweiflung, der menschlichen Existenz, so wie ich sie damals empfand, überhaupt einen tragenden Sinn abzugewinnen.“''
Nach [[Wikipedia:Hippokrates von Kós|Hippokrates von Kós]] (460-375 v. Chr.), der die ''Temperamentenlehre'' erstmals ''exoterisch'' formuliert hat, werden vier Temperamente unterschieden, die den [[Elemente|vier Elementen]] entsprechen:


Dies änderte sich nachhaltig, als er 1917 die [[Anthroposophie]] und 1918 [[Rudolf Steiner]] persönlich kennenlernte. Ballmer sagte später, dass er Steiner buchstäblich sein Leben verdanke, und setzte sein ganzes weiteres Leben für den Versuch ein, die gebildete Welt auf ''„das Ereignis Rudolf Steiner“'' – wie er die Anthroposophie nannte – aufmerksam zu machen.
<div style="margin-left:50px">
* [[Choleriker]] ([[Feuer]])
* [[Sanguiniker]] ([[Luft]])
* [[Phlegmatiker]] ([[Wasser]])
* [[Melancholiker]] ([[Erde (Element)|Erde]])
</div>


Von den Anthroposophen in Dornach, wo Steiner ihn zur Mitarbeit an der künstlerischen Ausgestaltung des ersten [[Goetheanum]]s gebeten hatte, war Ballmer jedoch offenbar abgeschreckt. Um zu einem selbständigen Standpunkt der Anthroposophie gegenüber zu gelangen, „flüchtete“ er aus Dornach und studierte als Autodidakt an deutschen Bibliotheken – nach einigen Zwischenstationen vor allem ab 1922 in [[Wikipedia:Hamburg|Hamburg]].
<div style="margin-left:20px">
"Es steht nun in einer geheimnisvollen Verwandtschaft mit den vier Elementen der elementarischen
Welt dasjenige im Menschen, was man seine Temperamente nennt,
und zwar so, daß eine Verwandtschaft besteht zwischen dem melancholischen Temperament
und dem Elemente der Erde, zwischen dem phlegmatischen Temperament
und dem Elemente des Wassers, zwischen dem sanguinischen Temperament
und dem Elemente der Luft, und zwischen dem cholerischen Temperament und
dem Elemente des Feuers. Diese Verwandtschaft kommt im Erleben der elementarischen
Welt so zum Ausdruck, daß in der Tat zum Beispiel der cholerische Mensch
mehr Neigung hat, mit den im Feuer in der elementarischen Welt lebenden Wesenheiten
und Tatsachen zusammenzuwachsen als mit den in den anderen Elementen
lebenden Wesenheiten. Der Sanguiniker hat wiederum mehr die Neigung, mit den
im Element der Luft auftretenden Wesenheiten zusammenzuwachsen, der Phlegmatiker
mit den im Wasser und der Melancholiker mit den in der Erde auftretenden Tatsachen
und Wesenheiten. So kommt man in eine gewisse Abhängigkeit in dem Augenblicke,
in dem man durch wirkliches Erleben die elementarische Welt betritt.
Und Sie können sich daraus leicht die Vorstellung bilden, daß die verschiedensten
Menschen Ihnen im Grunde genommen das Verschiedenste erzählen können von
der elementarischen Welt und daß eigentlich keiner so ganz unrecht zu haben
braucht, wenn er verschieden von einem andern seine eigenen Erlebnisse in dieser
Welt schildert. Daher brauchen Sie sich gar nicht zu verwundern, wenn die Schilderungen
gewisser niederer [[Hellseher]] in bezug auf die elementarische Welt sehr voneinander
abweichend sind, denn beurteilen kann man diese Welt doch erst dann,
wenn man eine genaue Erkenntnis von sich selber hat." {{Lit|{{G|119|163f}}}}
</div>


Hamburg ist zu Ballmers geliebter Wahlheimat geworden, der er später nachgetrauert hat. Neben den intensiven philosophischen Privatstudien malte er. Die zeitgenössische Künstleravantgarde, die sich in Hamburg gerade als [[Wikipedia:Hamburgische Sezession|Hamburgische Sezession]] formiert hatte, wurde in dieser Zeit auf ihn aufmerksam. Insbesondere der Leiter des Museums für Kunst und Gewerbe, [[Wikipedia:Max Sauerlandt|Max Sauerlandt]], war ab 1930 ein wichtiger Förderer. Die Anerkennung, die Ballmer hier genoss, zeigt sich darin, dass seine Bilder in Ausstellungen zusammen mit Klee und Kandinsky gezeigt wurden und auch von den Preisveranschlagungen her ähnlich geschätzt waren. 1932 trat Ballmer in die Sezession ein. Im intensiven Austausch mit anderen Künstlern wie [[Wikipedia:Rolf Nesch|Rolf Nesch]], [[Wikipedia:Richard Haizmann|Richard Haizmann]] und [[Wikipedia:Willem Grimm|Willem Grimm]] trug Ballmer dazu bei, die Arbeit der Hamburgischen Sezession auf hohem künstlerischen Niveau weiterzuentwickeln.
== Die Temperamente und die Viersäftelehre ==


Ballmers schriftstellerische Versuche, eine intellektuelle Verständigung zwischen Anthroposophie und zeitgenössischer Philosophie zu etablieren, fand dagegen auf beiden Seiten kaum Resonanz. Seine Interpretation der Anthroposophie als autonomistisches Ideenkunstwerk Steiners machte ihn auch bei dessen Anhängern zum [[Wikipedia:enfant terrible|enfant terrible]]. Als er in den 50er Jahren zunehmend Kritik an anthroposophischen Veröffentlichungen äußerte, die seiner Meinung nach in ihrer Scheinwissenschaftlichkeit den Kern der Steinerschen Sache verrieten und dessen Ansehen schädigten, wurde er geradezu geächtet und totgeschwiegen.
Erst [[Wikipedia:Galenos von Pergamon|Galenos von Pergamon]] ([[Wikipedia:Deutsche Sprache|dt.]] Galēn; * um 129 n. Chr. in [[Wikipedia:Pergamon|Pergamon]]; † um 216 n. Chr. in [[Wikipedia:Rom|Rom]]) verband die Temperamentenlehre mit der ebenfalls schon von Hippokrates aufgestellten [[Viersäftelehre|Viersäftelehre]] ([[Humoralpathologie|Humoralpathologie]]), in dem er den ''humores'', den vier hauptsächlichen Körperflüssigkeiten, jeweils ein Temperament zuordnete:


Als die Nazis nach ihrer Machtübernahme damit anfangen wollten, die Hamburgische Sezession auf ihre Linie zu bringen, erklärte Ballmer seinen Austritt. Die Künstlergruppe selbst löste sich etwas später, am 16. Mai 1933, durch eigenen Beschluss auf und setzte das Vereinsvermögen in Champagner um, den sie am gleichen Abend vertrank. Mit der Selbstauflösung  reagierten die Künstler und Künstlerinnen auf Repressionen der Nazis gegenüber jüdischen sowie politisch unbeugsamen nicht-jüdischen Mitgliedern der Sezession. So hatten die Nazis von der Sezession gefordert, alle jüdischen Mitglieder auszuschließen. Dieser Demütigung der KollegInnen und der vorhersehbaren Zwangsauflösung wollten die Künstler zuvorkommen.
<div style="margin-left:50px">
*Blut ("Sanguis"): [[Sanguiniker|Sanguinisch]]
*Schleim ("Phlegma"): [[Phlegmatiker|Phlegmatisch]]
*Schwarze Gallenflüssigkeit ("Melas Cholé"): [[Melancholiker|Melancholisch]]
*Gelbe Gallenflüssigkeit ("Cholé"): [[Choleriker|Cholerisch]]
</div>


1937 beschlagnahmten die Nazis in der Aktion „[[Wikipedia:Entartete Kunst|Entartete Kunst]]“ Werke von Ballmer und belegten ihn mit Berufsverbot. Im selben Jahr heiratete Ballmer seine Lebensgefährtin, die Anthroposophin Katharina van Cleef, und zog mit ihr in ein neugebautes Atelierhaus in [[Wikipedia:Glinde|Glinde]] bei Hamburg. Unter den Gästen des Richtfestes war der junge [[Wikipedia:Samuel Beckett|Samuel Beckett]], der Ballmer in seinem Atelier besucht hatte und ihn noch Jahrzehnte später als „großen unbekannten Maler“ pries. Doch war das Paar – van Cleef stammte aus einer jüdischen Familie – auch im ländlichen Glinde nicht sicher vor den Anfeindungen der Nazis und ihrer Sympathisanten. Es flüchtete deshalb im September 1938 in die Schweiz. Nach einigen Monaten in Basel ließen sich Ballmer und seine Frau im [[Wikipedia:Kanton Tessin|Tessin]], zunächst in [[Wikipedia:Melide TI|Melide]], ab November 1941 in [[Wikipedia:Lamone|Lamone]] bei Lugano nieder.
== Die Bildung der Temperamente bei der Inkarnation ==


Bis zu seinem Tod lebte Ballmer hier in relativer Abgeschiedenheit. Den Anschluss an die Schweizer Kunstszene fand er nicht – er suchte ihn auch nicht offensiv –, malte jedoch weiterhin. 1947 hatte ihn die wiedergegründete Hamburgische Sezession eingeladen, Mitglied zu werden und an einer Ausstellung teilzunehmen. Es kam jedoch zu keiner dauerhaften Zusammenarbeit mehr.
Wenn der [[Mensch]] zu einer neuen [[irdisch]]en [[Inkarnation]] heruntersteigt, muss sich seine [[geist]]ige [[Individualität]], sein [[ewig]]er [[Wesenskern]], der durch [[Reinkarnation|wiederholte Erdenleben]] schreitet, mit dem durch die [[Vererbung]]sströmung bereitgestellten vergänglichen [[Leib]] verbinden und es muss ein richtiger Ausgleich dieser beiden Strömungen gesucht werden. Dieser Ausgleich spiegelt sich im Temperament wieder:


Unermüdlich studierte er alle ihm erreichbaren Neuerscheinungen über Philosophie, Theologie und Anthroposophie, nahm über Pressedienste und Radio am kulturellen Leben des deutschsprachigen Raumes teil und meldete sich immer wieder über Zeitungsartikel und Briefe an Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zu Wort.
<div style="margin-left:20px">
"Nun entsteht die
große Frage: Wie kann dasjenige, was aus ganz anderen Welten stammt, was sich Vater
und Mutter suchen muß, sich vereinen mit dem Leiblich-Physischen, wie kann es
sich umkleiden mit dem, was die körperlichen Merkmale sind, durch die der Mensch
hineingestellt wird in die Vererbungslinie? Wie geschieht die Vereinigung der beiden
Strömungen, der geistig-seelischen Strömung, in die der Mensch hineingestellt ist
durch die Wiederverkörperung, und der leiblichen Strömung der Vererbungslinie? Es
muß ein Ausgleich geschaffen werden. Indem die beiden Strömungen sich vereinigen,
färbt die eine Strömung die andere. Sie färben sich gegenseitig. So wie sich die
blaue und die gelbe Farbe etwa vereinigen in dem Grün, so vereinigen sich die beiden
Strömungen im Menschen zu dem, was man sein Temperament nennt. Das
Temperament gleicht das Ewige mit dem Vergänglichen aus. Dieser Ausgleich geschieht
dadurch, daß dasjenige, was wir als die Glieder der menschlichen Natur kennengelernt
haben, in ganz bestimmter Art und Weise miteinander ins Verhältnis tritt." {{Lit|{{G|057|277f}}}}
</div>


Die geistige Leidenschaft Karl Ballmers – wie sie aus den tausenden Briefen und Manuskriptblättern spricht, die im Staatsarchiv des Kantons Aargau liegen – galt der Formulierung einer universellen Weltanschauung, die er auf höchst eigenwillige Art aus der Anthroposophie entwickelte. An welcher philosophischen, theologischen oder auch physikalischen Einzelfrage er auch anknüpfte, stets ging es ihm ums Ganze, um die (jedoch anti-theistisch verstandene) Gottesfrage, um das mit Steiner geteilte Anliegen, ''„den Menschen von den Fundamenten her aufzuerbauen“''. Seine Antworten und Fragen – er vertrat die These, erst aus aufgefundenen Antworten könnten Fragen entwickelt werden – können sich dabei an keine Disziplingrenzen halten. Ballmers dichte, holzschnittartige Sprache ist schwer verständlich und will sich nicht an akademischen Kriterien messen lassen. Die ''„Wirklichkeit des Widerspruchs“'', in traditionell-abendländischer Wissenschaft verdrängt oder marginalisiert, ist ihm geradezu Wahrheitskriterium.
== Temperamente und Wesensglieder ==
[[Bild:Vier Apostel (Albrecht Duerer).jpg|thumb|[[Wikipedia:Die vier Apostel|Die vier Apostel]] von [[Wikipedia:Albrecht Dürer|Albrecht Dürer]], eine Darstellung der vier Temperamente: [[Johannes (Apostel)|Johannes]] ([[Sanguiniker]]), [[Simon Petrus|Petrus]] ([[Phlegmatiker]]), [[Markus (Evangelist)|Markus]] ([[Choleriker]]) und [[Paulus von Tarsus|Paulus]] ([[Melancholiker]])]]


Ballmers „postmodern“ anmutende Thesen lassen fast an den späteren [[Wikipedia:Radikaler Konstruktivismus|Radikalen Konstruktivismus]] denken, haben aber gleichzeitig ein eindeutig sensualistisches Moment, was sicherlich auf Steiners Antikantianismus und letzten Endes auf Goethe zurückgeht. In den letzten Lebensjahren bezeichnete er seine Philosophie sogar in Gänze als eine ''„schlichte Lehre vom Sinneswahrnehmungswesen“'', oder in Anknüpfung an [[Wikipedia:Herman Schmalenbach|Herman Schmalenbach]] als ''„Lehre vom Sichwahrnehmbarmachen des Logos“''.
Die vier Temperamente hängen eng mit den vier grundlegenden [[Wesensglieder]]n des [[Mensch]]en zusammen. Dominiert eines der Wesensglieder die anderen, so drückt sich das in den im [[Ätherleib]] wirkenden Temperamenten folgendermaßen aus, wobei zugleich auch ganz bestimmte Organsysteme besonders hervortreten:


== Werk und Rezeption ==
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Ballmers malerisches Werk erlangte kurz vor und dann nach seinem Tod vor allem in der Schweiz wieder Bekanntheit. Die große Retrospektive zum 100. Geburtstag umfasste den größten Teil des zugänglichen Werkes und ist in einem Bildband hervorragend dokumentiert. Auch umfangreiche biographische Informationen sind hier enthalten.
*[[Ich]] - [[Blut]]kreislauf<ref name="Blut">Es ist kein Widerspruch, dass hier das Blut, als einer der vier Körper''säfte'', dem Sanguiniker zugeordnet wird, anderseits der [[Blut]]kreislauf, als Organsystem, dem Choleriker entspricht.</ref> - [[Choleriker]]
*[[Astralleib]] - [[Nervensystem]] - [[Sanguiniker]]
*[[Ätherleib]] - [[Drüsen]]system - [[Phlegmatiker]]
*[[Physischer Leib]] - [[Knochen]]system - [[Melancholiker]]
</div>


Im Zuge der historischen Wiederentdeckung der Hamburgischen Sezession und überhaupt der von den Nazis zerstörten jungen noch unetablierten künstlerischen Bestrebungen (als „Verlierer der Kunstgeschichte“) ist Ballmer auch in Deutschland seit den 90er Jahren wieder als Maler entdeckt worden.
<div style="margin-left:20px">
"Beherrscht der Ich-Träger die übrigen Glieder des Menschen, so herrscht das cholerische Temperament vor. Herrscht
der Astralleib über die anderen Glieder, so sprechen wir dem Menschen ein sanguinisches
Temperament zu. Herrscht vor der Ätherleib, so sprechen wir vom phlegmatischen
Temperament. Und ist vorherrschend der physische Leib, so handelt es sich
um ein melancholisches Temperament. Das Ich drückt sich in der Zirkulation des
Blutes aus. Deshalb ist beim Choleriker vorherrschend das Blutsystem. Der Astralleib
findet seinen physischen Ausdruck im Nervensystem; wir haben deshalb beim
Sanguiniker im physischen Leibe tonangebend das Nervensystem. Der Ätherleib
drückt sich physisch aus im Drüsensystem; deshalb ist beim Phlegmatiker im physischen
Leibe tonangebend das Drüsensystem. Der physische Leib als solcher kommt
nur im physischen Leibe zum Ausdruck; deshalb ist der physische Leib beim Melancholiker
das äußerlich Tonangebende." {{Lit|{{G|057|278f}}}}
</div>


Die schriftstellerische Hinterlassenschaft führt eher ein Dornröschendasein. Ballmer gründete 1953 mit Hilfe seines Freundes Hans Gessner den „Verlag Fornasella“, der inzwischen nach Deutschland umgesiedelt ist und weiterhin Schriften Ballmers herausgibt. Seit 1994 gibt der deutsch-französische Verlag [[Wikipedia:Edition LGC|Edition LGC]] Schriften aus dem umfangreichen Nachlass heraus.
== Charakteristik der vier Temperamente ==


== Werke ==
Reine Temperamente in ihrer vollen Einseitigkeit sind im Leben kaum zu finden. Im Grunde hat jeder Mensch alle vier Temperamente, aber oft sticht eines besonders hervor. Oft sind auch zwei Temperamente sehr stark ausgebildet, ein drittes spielt noch leise mit, während das vierte nur sehr, sehr schwach hervortritt. Das cholerische Temperament ist häufig mit dem melancholischen verbunden, ebenso das sanguinische mit dem phlegmatischen, wobei sich in dem jeweils ersteren die aktive, im zweiten die mehr passive Seite des Charakters ausdrückt. Problematischer ist die enge Verbindung der beiden aktiven Temperamente, also Cholerik und Sanguinik, was einen hyperaktiven Charakter ergibt, oder die Verbindung der beiden passiven Temperamente, Phlegmatik und Melancholie, was dem Menschen einen passiv verzweifelnden Charakter verleiht. Die Temperamente bilden auch Gegensatzpaare, von denen dann das eine sehr stark, das andere kaum ausgeprägt ist. Dem cholerischen Temperament steht das phlegmatische als schroffer Gegensatz gegenüber, ebenso dem sanguinischen das melancholische, so wie [[Feuer]] und [[Wasser]] Gegensätze sind und auch [[Luft]] und [[Erde]].  
*''Anthroposophen und soziale Frage'', 1919, 2. Aufl. 2004, ISBN 978-3-945357-05-7
*''Drei Vorträge über Kunst'', gehalten zu Dornach 1920, 2. Aufl. 1996, ISBN 978-3-945357-19-4
*''Rudolf-Steiner-Blätter Nr. 1'', Hamburg 1928, 2. Aufl. 2005, ISBN 978-3-945357-36-1
*''Rudolf-Steiner-Blätter Nr. 2'', Hamburg 1928, 2. Aufl. 2005, ISBN 978-3-945357-37-8
*''Rudolf-Steiner-Blätter Nr. 3/4'', Hamburg 1929, 2. Aufl. 2005, ISBN 978-3-945357-38-5
*''Rudolf Steiner und die jüngste Philosophie, Heft 5 der Rudolf-Steiner-Blätter'', Hamburg 1929, 2. Aufl. 1990, ISBN 978-3-945357-39-2
*''[[Ernst Haeckel]] und Rudolf Steiner'', Hamburg 1929, 3. Aufl. 2003, ISBN 978-3-945357-25-5
*''Das Goetheanum Rudolf Steiners'', in: ''Bau-Rundschau'', Hamburg 1930, 2. Aufl. 2004, ISBN 978-3-945357-10-1
*''Aber Herr Heidegger! Zur Freiburger Rektoratsrede Martin Heideggers''. Mit einem Vorwort von [[Friedrich Eymann|Fritz Eymann]], Basel 1933, ISBN 978-3-945357-02-6
*''Der Macher bin ich, den Schöpfer empfange ich'', 1933, 3. Aufl. 2007, ISBN 978-3-945357-13-2
*''Rembrandt oder die Tragödie des Lichts'', 1933, 2. Aufl. 2000, ISBN 978-3-945357-33-0
*''[[Wikipedia:Alois Emanuel Biedermann|A. E. Biedermann]] heute! Zur theologischen Aufrüstung'', Bern 1941, ISBN 978-3-945357-01-9
*''Abgefertigt durch Karl Ballmer'', 1941, ISBN 978-3-945357-03-3
*''Das Christentum der Berner Universität'', Aarau 1941, ISBN 978-3-945357-08-8
*''Ein Schweizerischer Staatsrechtslehrer: [[Wikipedia:Karl Barth|Karl Barth]]'', Melide 1941, ISBN 978-3-945357-22-4
*''Das Christus-Buch des Freisinns'', 1941, ISBN 978-3-945357-09-5
*''Römerzug in Germanien?'', Aarau 1941, 2. Aufl. 2015, ISBN 978-3-945357-35-4
*''Der erste Rektor der Zürcher Universität'', Zürich 1946, 3. Aufl. 2005, ISBN 978-3-945357-12-5
*''Requiem (zum Tode von Eberhard Grisebach)'', Zürich 1946, 3. Aufl. 2005, ISBN 978-3-945357-34-7
*''„Wissenschaft“'', Aarau 1946, 2. Aufl. 1996, ISBN 978-3-945357-42-2
*''Marginalien 1 - Zum Problem der Wiederverkörperung'', 1949, 2. Aufl. 2005, ISBN 978-3-945357-28-6
*''Elf Briefe über Wiederverkörperung'', Besazio 1953, ISBN 978-3-945357-23-1
*''Briefwechsel über die motorischen Nerven'', Besazio 1953, ISBN 978-3-945357-07-1
*''Editorin [[Marie Steiner]]'', Besazio 1954, ISBN 978-3-945357-20-0
*''Philologin Marie Steiner'', Besazio 1954, ISBN 978-3-945357-30-9
*''Eure "Wiedervereinigung", Brief nach Deutschland'', 1956, enthalten in: Hans Gessner ''Die Rolle der Persönlichkeit im Weltgeschehen'', 2. Aufl. 2004, ISBN 978-3-945357-48-4
*''Die erste Mitteilung über soziale Dreigliederung'' (enthalten in ''Zur sozialen Frage'', s. unten), Besazio 1957


Postum erschienen sind:
Es gibt kein ''gutes'' und kein ''schlechtes'' Temperament. Jedes hat positive, das Eigenwohl und das soziale Miteinander gleichermaßen fördernde, wie auch negative, lebenshemmende Eigenschaften. Durch Erziehung und später durch Selbsterziehung sollen die Temperamente keineswegs geschwächt oder nivelliert, sondern in ihrer positven Kraft gestärkt werden. Im Idealfall kommt der Mensch dazu, über die positiven Kräfte aller vier Temperamente in voller Stärke und im ausgewogenen Gleichmaß frei zu verfügen - aber das ist in der Regel ein fernes Entwicklungsziel, das nur durch die energische Arbeit am [[Ätherleib]] erreicht werden kann.
*''Deutschtum und Christentum in der Theosophie des Goetheanismus'', Besazio 1966, 2. Aufl. 1995, ISBN 978-3-945357-14-9
 
*''[[Ignaz Paul Vitalis Troxler|Troxlers]] Auferstehung'', Besazio 1966, ISBN 978-3-945357-40-8
=== Physiognomie ===
*''Zur sozialen Frage'' (enthält den Aufsatz ''Die erste Mitteilung über soziale Dreigliederung''), Besazio 1966, 2. Aufl. 2002/2004, ISBN 978-3-945357-43-9
<gallery perrow="4">
*''Die Judenfrage'', Besazio 1975, 2. Aufl. 2003, ISBN 978-3-945357-16-3
Bild:Sanguiniker.jpg|Sanguiniker
*''Die Zukunft des deutschen Idealismus'', Besazio 1975, z.Zt. vergriffen
Bild:Choleriker.jpg|Choleriker
*''Marginalien 2 (Sinnenwirkung)'', Besazio 1975, 2. Aufl. 2005, ISBN 978-3-945357-29-3
Bild:Melancholiker.jpg|Melancholiker
*''Erlösung der Tiere durch [[Eurythmie]]. Zu Rudolf Steiners „Eurythmie“'', Besazio 1976, 2. Aufl. 2010, ISBN 978-3-945357-24-8
Bild:Phlegmatiker.jpg|Phlegmatiker
*''Die Aktie, Symbol der Schande'', Besazio 1976, 2. Aufl. 2000, ISBN 978-3-945357-15-6
</gallery>
*''„Geistige Landesverteidigung?“'', Besazio 1976, 2. Aufl. 2005, ISBN 978-3-945357-27-9
 
*''Philosophische Plaudereien, minima contra gentiles'', Besazio 1976, 2. Aufl. 2000, ISBN 978-3-945357-31-6
=== Die vier Grundtypen ===
*''Fünf Aufsätze, die soziale Frage betreffend'', Besazio 1976, 2. Aufl. 2009, ISBN 978-3-945357-26-2
Die reinen [[Typen (Psycholgie)|Grundtypen]], um sie recht anschaulich zu machen, charakterisiert [[Rudolf Steiner]] so:
*''Das Konfessionenproblem in der Schweiz'', Besazio 1977, 2. Aufl. 2004, ISBN 978-3-945357-11-8
 
*''Begegnung mit Bruder Klaus'', Besazio 1978, 2. Aufl. 2015, ISBN 978-3-945357-06-4
<div style="margin-left:20px">
*''Problem der Physik'', Besazio 1978, 2. Aufl. 2002, ISBN 978-3-945357-32-3
"Beim Choleriker ist vorzugsweise das Ich und das Blutsystem vorherrschend. Dadurch tritt er auf als der Mensch, der sein Ich unter allen Umständen durchsetzen will. Von der Zirkulation des Blutes schreibt sich alles Aggressive des Cholerikers her, alles was mit der starken Willensnatur des Cholerikers zusammenhängt. Im Nervensystem und Astralleib sind die auf- und abwogenden Empfindungen und Gefühle. Nur dadurch, daß diese durch das Ich gebändigt werden, kommt Harmonie und Ordnung hinein. Würde er sie nicht durch sein Ich bändigen, so würden sie auf- und abfluten, ohne daß man bemerken könnte, der Mensch übt irgendeine Herrschaft über sie aus. Der Mensch würde hingegeben sein allem Wogen von Empfindung zu Empfindung, von Bild zu Bild, von Vorstellung zu Vorstellung und so weiter.
*''Rudolf Steiners Philosophie der Freiheit als Analyse des Christusbewusstseins'' (enthalten in: ''Deutschtum und Christentum in der Theosophie des Goetheanismus''), Besazio 1979, z.Zt. vergriffen
 
*''Von der Natur zur Schöpfung. Thomismus und Goetheanismus'', Besazio 1979, 2. Aufl. 2003, ISBN 978-3-945357-41-5
Etwas von dem tritt ein, wenn der astralische Leib vorherrscht, also beim Sanguiniker, der in gewisser Weise den auf- und abwogenden Bildern, Empfindungen und Vorstellungen hingegeben ist, da bei ihm der Astralleib und das Nervensystem vorherrschen. Das, was des Menschen Blutzirkulation ist, ist der Bändiger des Nervenlebens. Was tritt ein, wenn ein Mensch blutarm, bleichsüchtig ist, wenn der Bändiger nicht da ist? Dann tritt ein zügelloses Auf- und Abfluten der Bilder; Illusionen, Halluzinationen treten auf. Einen kleinen Anflug davon haben wir beim Sanguiniker. Der Sanguiniker kann nicht bei einem Eindruck verweilen, er kann nicht festhalten an einem Bilde, er haftet nicht mit seinem Interesse an einem Eindruck. Er eilt von Lebenseindruck zu Lebenseindruck, von Wahrnehmung zu Wahrnehmung. Das kann man besonders beim sanguinischen Kinde beobachten; da kann es einem Sorge machen. Leicht ist Interesse da, ein Bild fängt leicht an zu wirken, macht bald einen Eindruck, aber der Eindruck ist bald wieder verschwunden.
*''Anthroposophie und Christengemeinschaft'' (aus: ''Rudolf-Steiner-Blätter Nr. 3/4''), Besazio 1980, z.Zt. vergriffen
 
**Siegen 1995, ISBN 3-930964-52-X
Gehen wir jetzt zum phlegmatischen Temperament über! Wir sahen, daß das phlegmatische Temperament dadurch entsteht, daß vorherrschend gemacht ist das, was wir Äther- oder Lebensleib nennen, das, was des Menschen Wachstums- und Lebensvorgänge im Innern regelt. Es kommt das in innerer Behaglichkeit zum Ausdruck. Je mehr der Mensch in seinem Ätherleib lebt, desto mehr ist er in sich selber beschäftigt, und läßt die äußeren Dinge laufen. Er ist in seinem Innern beschäftigt.
*''Abschied vom „Leib-Seele-Problem“'', Siegen 1994, ISBN 3-930964-21-X
 
*''Die moderne Physik, ein philosophischer Wert?'', Siegen 1994, ISBN 3-930964-20-1
Beim Melancholiker haben wir gesehen, daß der physische Leib, also das dichteste Glied der menschlichen Wesenheit, der Herr wird über die anderen. Immer, wenn der dichteste Teil Herr wird, dann fühlt das der Mensch so, daß er nicht Herr ist darüber, daß er ihn nicht handhaben kann. Denn der physische Leib ist das Instrument, das er durch seine höheren Glieder überall beherrschen soll; jetzt aber herrscht dieser physische Leib, setzt dem anderen Widerstand entgegen. Das empfindet der Mensch als Schmerz, Unlust, als die trübselige Stimmung des Melancholikers. Es ist immer ein Aufsteigen von Schmerzen da. Von nichts anderem rührt diese Stimmung her, als daß der physische Leib der innern Behaglichkeit des Ätherleibes, der Beweglichkeit des Astralleibes und der Zielsicherheit des Ichs Widerstände entgegenstellt.
*''Synchronizität. Gleichzeitigkeit, Akausalität und „Schöpfung aus dem Nichts“ bei [[Carl Gustav Jung|C. G. Jung]] und Rudolf Steiner'', Siegen 1995, ISBN 3-930964-25-2
 
*''Das Ereignis Rudolf Steiner'', Siegen 1995, ISBN 3-930964-51-1
Was wir da sehen als die Mischung der vier Wesensglieder des Menschen, das tritt uns im äußeren Bilde klar und deutlich entgegen. Wenn das Ich vorherrscht, will der Mensch sich gegen alle äußeren Widerstände durchsetzen, will in Erscheinung treten. Es hält dann förmlich die anderen Glieder des Menschen im Wachstum zurück, den Astralleib und den Ätherleib, läßt sie nicht zu ihrem Rechte kommen. Rein äußerlich tritt das einem schon entgegen. Johann Gottlieb Fichte zum Beispiel, der deutsche Choleriker, ist schon äußerlich als solcher kenntlich. Er verriet schon äußerlich deutlich im Wuchs, daß die anderen Wesensglieder zurückgehalten worden sind. Oder ein klassisches Beispiel eines Cholerikers ist Napoleon, der so klein geblieben ist, weil das Ich die anderen Wesensglieder zurückgehalten hat. Es handelt sich nun natürlich nicht darum, daß behauptet wird, der Choleriker sei klein und der Sanguiniker groß. Wir dürfen die Gestalt des Menschen nur mit seinem eignen Wuchs vergleichen. Es kommt darauf an, in welchem Verhältnis zur ganzen Gestalt der Wuchs steht. Beim Sanguiniker herrscht das Nervensystem, der Astralleib vor. Er wird in seinem in sich beweglichen Leben an den Gliedern arbeiten; er wird auch das äußere Abbild des Menschen so beweglich wie möglich machen. Haben wir beim Choleriker scharf geschnittene Gesichtszüge, so beim Sanguiniker bewegliche, ausdrucksvolle, sich verändernde Gesichtszüge. Sogar in der schlanken Gestalt, im Knochenbau, sehen wir die innere Beweglichkeit des Astralleibes am ganzen Menschen. In den schlanken Muskeln zum Beispiel kommt sie zum Ausdruck. Das ist auch zu sehen in dem, was der Mensch äußerlich darlebt. Auch wer nicht hellsehend ist, kann dem Menschen schon von hinten ansehen, ob er Sanguiniker oder Choleriker ist. Dazu braucht man nicht Geisteswissenschaftler zu sein. Sieht man einen Choleriker gehen, so kann man beobachten, wie er jeden Fuß so setzt, als ob er bei jedem Schritt nicht nur den Boden berühren wolle, sondern als ob der Fuß noch ein Stück in den Boden hineingehen sollte. Beim Sanguiniker dagegen haben wir einen hüpfenden, springenden Gang. Auch feinere Merkmale finden sich in der äußeren Gestalt. Die Innerlichkeit der Ich-Natur, die geschlossene Innerlichkeit des Cholerikers tritt uns entgegen in dem schwarzen Auge des Cholerikers. Sehen Sie sich den Sanguiniker an, bei dem die Ich-Natur nicht so tief gewurzelt ist, bei dem der astralische Leib seine ganze Beweglichkeit ausgießt, da ist das blaue Auge vorherrschend. So könnten viele Merkmale angeführt werden, die das Temperament in der äußeren Erscheinung zeigen.
*''[[Max Stirner]] und Rudolf Steiner''. Vier Aufsätze, Siegen 1995, ISBN 3-930964-24-4
 
*''Deutsche Physik – von einem Schweizer'', Siegen 1995, ISBN 3-930964-50-3
Das phlegmatische Temperament tritt einem entgegen in der unbeweglichen, teilnahmslosen Physiognomie, in der Fülle des Körpers, besonders in der Ausarbeitung der Fettpartien; denn das ist das, was besonders der Ätherleib ausarbeitet. In alledem tritt uns die innere Behaglichkeit des Phlegmatikers entgegen. Er hat einen schlotternden Gang. Er tritt sozusagen nicht ordentlich auf, setzt sich nicht in Beziehung zu den Dingen. - Und sehen Sie sich den Melancholiker an, wie er zumeist einen vorhängenden Kopf hat, nicht aus sich heraus die Kraft hat, den Nacken zu steifen. Das Auge ist trübe; da ist nicht der Glanz des schwarzen Cholerikerauges. Der Gang ist zwar fest, aber es ist nicht der Gang des Cholerikers, das feste Auftreten des Cholerikers, sondern es ist etwas Schleppend-Festes." {{Lit|{{G|057|279f}}}}
*''Anknüpfend an eine Bemerkung über [[Wikipedia:James Joyce|James Joyce]]'', Siegen 1996, ISBN 3-930964-23-6
</div>
*''Die Überwindung des Theismus als Gegenwartsaufgabe'', Siegen 1996, ISBN 3-930964-53-8
 
*''Umrisse einer Christologie der Geisteswissenschaft''. Texte und Briefe, hg. v. [[Karen Arajewitsch Swassjan|Karen Swassjan]]. Verlag am Goetheanum, Dornach 1999, ISBN 3-7235-1072-8
== Die karmischen Ursachen des Temperaments ==
*''Die Karma-Orientierung der Erkenntnisfrage'', Besazio 2004, ISBN 978-3-945357-17-0
 
*''Ehrung – des Philosophen Herman Schmalenbach'', Siegen 2006, ISBN 3-930964-56-2
Wiederholte Erlebnisse, die in einem früheren Erdenleben von ''außen'' an den Menschen herangekommen sind, drücken sich in der nächsten [[Inkarnation]] in der Temperamentsanlage aus, wobei auch eine wesentliche Rolle spielt, wie wir im damaligen Erdenleben, mit diesen sich wiederholenden Erfahrungen umgegangen sind:
*''Ein neuer Galilei?'', Besazio 2006, ISBN 978-3-945357-21-7
 
*''[http://www.interesting-books-selector.com/?m=select&id=3930964228 Briefwechsel über die motorischen Nerven — Erweiterte Neuausgabe]'', [http://www.edition-lgc.de www.edition-lgc.de], Siegen, 2013
<div style="margin-left:20px">
"Was Sie in diesem Leben wiederholt erleben, das kommt in Ihrem folgenden Leben
als Grundcharakter. Ein melancholisches Temperament kommt daher, daß der
Mensch im vorigen Leben viele traurige Eindrücke gehabt hat, die ihn immer wieder
in eine traurige Stimmung versetzt haben; dadurch hat eben der nächste Ätherleib
eine Neigung für eine traurige Stimmung. Umgekehrt ist es bei denen, die allem im
Leben eine gute Seite abgewinnen, die dadurch in ihrem Astralleib Lust und Freude,
frohe Erhebung erzeugt haben; das gibt im nächsten Leben eine bleibende Charaktereigenschaft
des Ätherleibes und bewirkt ein heiteres Temperament. Wenn der
Mensch aber, trotzdem ihn das Leben in eine harte Schule nimmt, all das Traurige
kraftvoll überwindet, dann wird im nächsten Leben sein Ätherleib geboren mit einem
cholerischen Temperament. Man kann also, wenn man all das weiß, geradezu
sich seinen Ätherleib für das nächste Leben vorbereiten." {{Lit|{{G|100|85}}}}
</div>
 
Man kann dadurch bis zu einem gewissen Grad vorhersehen bzw. sogar beeinflussen, wie sich das Temperament in der nächsten Inkarnation gestalten wird, wobei allerdings, wie schon oben besprochen, die durch Vererbung erworbenen Leibesglieder, auf die man zunächst keinen direkten Einfluss hat, auch eine nicht unwesentliche Rolle spielen.
 
<div style="margin-left:20px">
"Das melancholische Temperament wird karmisch
besonders dann hervorgerufen, wenn ein Mensch im vorhergehenden Leben
gezwungen war, im kleinsten, engsten Kreise zu leben, viel für sich allein zu sein, immer
nur sich mit sich selbst zu beschäftigen, so daß er kein Interesse für anderes in
sich wecken konnte. Wer dagegen viel kennengelernt hat, wer mit vielen Dingen zusammengekommen
ist und sie nicht bloß angeschaut hat, mit dem das vorige Leben
hart umgegangen ist, der wird ein Choleriker. Wenn man ein angenehmes Leben ohne
viel Kämpfe und Mühsale hatte, oder auch wenn man viel gesehen hat, an vielem vorbeigekommen ist, es aber nur angesehen hat, so geht das alles karmisch immer im nächsten Leben im Grundwesen auf den nächtstdichteren Leib über. Man wird
ein Phlegmatiker oder Sanguiniker." {{Lit|{{G|095|64}}}}
</div>
 
== Psychopathologie der Temperamente ==
 
<div style="margin-left:20px">
"Bei der Erziehung handelt es sich nicht darum, die Temperamente auszugleichen, zu nivellieren, sondern es handelt sich darum, sie in die richtigen Geleise zu bringen. Aber in jedem Temperamente liegt eine kleine und eine große Gefahr der Ausartung. Beim cholerischen Menschen liegt in der Jugend die Gefahr vor, daß ein solcher Mensch durch Zornwütigkeit, ohne daß er sich beherrschen kann, sein Ich eingeprägt erhält. Das ist die kleine Gefahr. Die große Gefahr ist die Narrheit, die aus ihrem Ich heraus irgendein einzelnes Ziel verfolgen will. Beim sanguinischen Temperamente ist die kleine Gefahr die, daß der Mensch in Flatterhaftigkeit verfällt. Die große Gefahr ist, daß das Auf- und Abwogen der Empfindungen in Irrsinn einmündet. Die kleine Gefahr des Phlegmatikers ist die Interesselosigkeit gegenüber der äußeren Welt; die große Gefahr ist die Idiotie, der Stumpfsinn. Die kleine Gefahr beim melancholischen Temperament ist der Trübsinn, die Möglichkeit, daß der Mensch nicht herauskommt über das, was im eignen Innern aufsteigt. Die große Gefahr ist der Wahnsinn." {{Lit|{{G|057|291}}}}
</div>
 
== Temperamente und Pädagogik ==
[[Datei:GA295 028.gif|center|500px|Die vier Temperamente]]
<div style="margin-left:20px">
"Was ist das? Das ist auch eine Charakterisierung der vier Temperamente.
Die melancholischen Kinder sind in der Regel schlank und
dünn; die sanguinischen sind die normalsten; die, welche die Schultern
mehr heraus haben, sind die phlegmatischen Kinder; die den untersetzten
Bau haben, so daß der Kopf beinah untersinkt im Körper, sind
die cholerischen Kinder.
 
Bei Michelangelo und Beethoven haben Sie eine Mischung von melancholischem
und cholerischem Temperament.
 
Nun bitte ich, durchaus zu berücksichtigen, daß wir, wenn es sich
um das Temperament beim Kinde handelt, als Lehrer durchaus nicht
berufen sind, die betreffenden Temperamente von vornherein als «Fehler
» anzusehen und bekämpfen zu wollen. Wir müssen das Temperament
erkennen und uns die Frage stellen: Wie haben wir es zu behandeln,
um ein wünschbares Lebensziel mit ihm zu erreichen, so daß aus
dem Temperament das Allerbeste wird und die Kinder mit Hilfe des
Temperaments das Lebensziel erreichen?" {{Lit|{{G|295|28}}}}
</div>
 
=== Die Erziehung des Kindes ===
 
<div style="margin-left:20px">
"Wenn wir uns das alles vorhalten, so werden wir sehen, daß in dem Lenken und Leiten der Temperamente eine bedeutsame Aufgabe der Lebenspraxis liegt. Aber um die Temperamente zu leiten, ist der Grundsatz zu beachten, daß immer mit dem gerechnet werden muß, was da ist, nicht mit dem, was nicht da ist. Hat ein Kind ein sanguinisches Temperament, so können wir ihm nicht dadurch in der Entwicklung weiterhelfen, daß wir Interesse hineinprügeln wollen; man kann nicht ihm einbleuen etwas anderes, als was eben sein sanguinisches Temperament ist. Wir sollen nicht fragen: Was fehlt dem Kinde, was sollen wir ihm einprügeln? - sondern wir sollen fragen: Was hat ein sanguinisches Kind in der Regel? Und damit müssen wir rechnen. In der Regel werden wir eines finden, ein Interesse kann immer erregt werden; das Interesse für irgendeine Persönlichkeit, wenn das Kind auch noch so flatterhaft ist. Wenn wir die richtige Persönlichkeit nur sind, oder wenn wir ihm die richtige Persönlichkeit beigesellen können, so tritt das Interesse schon auf. Nur auf dem Umwege der Liebe zu einer Persönlichkeit kann beim sanguinischen Kinde Interesse auftreten. Mehr als jedes andere Temperament braucht das sanguinische Kind Liebe zu einer Persönlichkeit. Alles muß getan werden, daß bei einem solchen Kinde die Liebe erwache. Liebe ist das Zauberwort. Wir müssen sehen, was da ist. Wir müssen sehen, allerlei Dinge in die Umgebung des Kindes zu bringen, von denen man doch bemerkt hat, daß es tieferes Interesse daran hat. Diese Dinge muß man zum Sanguiniker sprechen lassen, muß sie auf das Kind wirken lassen, muß sie ihm dann wieder entziehen, damit das Kind sie wieder begehrt, und sie ihm von neuem geben. Man muß sie so auf das Kind wirken lassen, wie die Gegenstände der gewöhnlichen Welt auf das sanguinische Temperament wirken.
 
Beim cholerischen Kinde gibt es auch einen Umweg, durch den die Entwicklung immer zu leiten ist. Hier heißt das, was die Erziehung sicher leitet: Achtung und Schätzung einer Autorität. Hier handelt es sich nicht um ein Beliebt¬machen durch die persönlichen Eigenschaften, wie beim sanguinischen Kinde, sondern es kommt darauf an, daß das cholerische Kind immer den Glauben hat, daß der Erzieher die Sache versteht. Man muß zeigen, daß man in den Dingen Bescheid weiß, die um das Kind vorgehen. Man darf sich nicht eine Blöße geben. Das Kind muß immer den Glauben erhalten, daß der Erzieher die Sache kann, sonst hat er sofort verspielt. Ist Liebe zur Persönlichkeit das Zaubermittel beim sanguinischen Kinde, so Achtung und Schätzung des Wertes einer Person das Zauberwort beim cholerischen Kinde. Ihm müssen besonders solche Gegenstände in den Weg geführt werden, die ihm Widerstand entgegensetzen. Widerstände, Schwierigkeiten müssen ihm in den Weg gelegt werden. Man muß versuchen, ihm das Leben nicht so leicht zu machen.
 
Das melancholische Kind ist nicht leicht zu leiten. Hier aber gibt es wieder ein Zaubermittel. Wie beim sanguinischen Kinde Liebe zur Persönlichkeit, beim cholerischen Schätzung und Achtung des Wertes des Erziehers die Zauberworte sind, so ist beim melancholischen Kinde das, worauf es ankommt, daß die Erzieher Persönlichkeiten sind, die im Leben in einer gewissen Weise geprüft sind, die aus einem geprüften Leben heraus handeln und sprechen. Das Kind muß fühlen, daß der Erzieher wirkliche Schmerzen durchgemacht habe. Lassen Sie das Kind merken an allen den hunderterlei Dingen des Lebens die eigenen Lebensschicksale. Das Mitfühlen mit dem Schicksale dessen, der um einen ist, wirkt hier erziehend. Auch hier beim Melancholiker muß man rechnen mit dem, was er hat. Er hat Schmerzfähigkeit, Unlustfähigkeit; die sitzen in seinem Innern, die können wir nicht ausprügeln. Aber wir können sie ablenken. Lassen wir ihn gerade im Außenleben berechtigten Schmerz, berechtigtes Leid erfahren, damit er kennenlernt, daß es Dinge gibt, an denen er Schmerz erleben kann. Das ist es, worauf es ankommt. Nicht soll man ihn zerstreuen: dadurch verhärten Sie seine Trübsinnigkeit, seinen Schmerz im Innern. Er soll sehen, daß es Dinge im Leben gibt, an denen man Schmerz erfahren kann. Wenn man es auch nicht zu weit treiben darf, so kommt es doch darauf an, daß an den äußeren Dingen Schmerz erregt wird, der ihn ablenkt.
 
Der Phlegmatiker darf nicht einsam aufwachsen. Wenn es bei den anderen schon gut ist, Gespielen zu haben, so ist das besonders beim Phlegmatiker der Fall. Er muß Gespielen haben mit den mannigfaltigsten Interessen. Er kann erzogen werden durch das Miterleben der Interessen und möglichst vieler Interessen der anderen Persönlichkeiten. Wenn er sich gleichgültig verhält gegen das, was in der Umgebung ist, so kann sein Interesse angefacht werden dadurch, daß die Interessen der Gespielen, der Gesellen auf ihn wirken. Kommt es beim melancholischen Kinde auf das Miterleben des Schicksals einer anderen Persönlichkeit an, so beim phlegmatischen auf das Miterleben der Interessen seiner Gespielen. Nicht Dinge als solche wirken auf den Phlegmatiker; aber wenn sich die Dinge in anderen Menschen spiegeln, dann spiegeln sich diese Interessen in der Seele des phlegmatischen Kindes. Dann sollen wir beson¬ders darauf sehen, daß wir Gegenstände in seine Umgebung bringen, Ereignisse in seiner Nähe geschehen lassen, wo das Phlegma am Platze ist. Man muß das Phlegma auf die richtigen Gegenstände lenken, denen gegenüber man phlegmatisch sein darf." {{Lit|{{G|057|292ff}}}}
</div>
 
==== Wie kann man auf die Temperamente durch die Farben wirken ? ====
 
<div style="margin-left:20px">
"Nehmen wir also an, ein Kind tritt einem im frühen Lebensalter als ein cholerisches Kind gegenüber. Es wird nicht erst ein
Frage- und Antwortspiel brauchen, um darauf zu kommen, daß es
sich um ein cholerisches Kind handelt, sondern es wird sich
vielleicht dadurch schon zeigen, daß es furchtbar strampelt bei
jeder Gelegenheit, daß es sich auf den Boden wirft, um sich
schlägt. Alle diese Äußerungen sind die entsprechenden bei dem
cholerischen Kinde.
 
Nun wird man, wenn man Laie ist, wahrscheinlich glauben,
daß man ein solches Kind bändigen kann, indem man es möglichst
in eine beruhigende farbige Umgebung bringt. Das ist aber nicht
wahr. Wenn Sie das cholerische Kind mit Blau umgeben oder mit
blauen Kleidern anziehen, dann wird es gerade dadurch, daß es
diese beruhigende blaue Farbe um sich hat, die es nicht stößt, sein
cholerisches Temperament da hinein ausleben; es wird gerade
noch z'widerer, polternder werden. Dagegen in einer Umgebung,
in der es überall mit roter, mit der aufregenden roten Farbe
umgeben sein wird — Sie wissen ja aus anderen Vorträgen, daß die Gegenfarbe die grüne ist, daß die grün-bläuliche Gegenfarbe hervorgerufen wird —, da muß sich das Kind innerlich, indem es
fortwährend mit Rot umgeben wird, anstrengen, um innerlich die
Gegenfarbe zu erleben und wird gerade nicht äußerlich aufgeregt.
Also das Gleiche, das ist dasjenige, was bändigend auf ein aufgeregtes Kind wirkt.
 
Auf der anderen Seite wird man auf ein melancholisches Kind
gut wirken, wenn man es gerade veranlaßt, indem man es in eine
blaue, grünlich-blaue Umgebung bringt, aus sich herauszugehen,
also nicht etwa sich davor fürchtet, daß wenn man ihm eine
beruhigende, eine zur Verehrung herausfordernde blaue oder
blaugrüne Umgebung gibt, daß man es dadurch noch melancholischer macht. Hier handelt es sich darum, wirklich einzusehen, wie
aus der Wesenheit des Menschen es folgt, daß man Gleiches mit
Gleichem bekämpft. Sie sehen, es handelt sich überall darum, von
der Wesenheit des Menschen auszugehen und mit der Erkenntnis,
die man da gewinnt, ans Leben heranzukommen.
 
Ich möchte aber ausdrücklich bemerken, daß es im allgemeinen
nicht zu einer Schematisierung kommen soll, wenn man das Erziehungswesen als Kunst betrachtet, und daß daher schon diese
Denkweise, die da auftritt, wenn man sagt: Wie kann man die
Temperamente durch Farben beeinflussen und dergleichen - daß
das schon wiederum so eine intellektuelle Systematisiererei zeigt.
Wird das Erziehungswesen zur Kunst, dann kommt man nicht zu
solchem intellektualistischen Schematisieren. Da wird man nicht,
wenn es sich um die Farbe handelt, auf die Temperamente blicken,
sondern da wird man im allgemeinen mehr darauf bedacht sein, ob
das Kind ein aufgeregtes oder ein abgeregtes Kind ist. Es kann
zum Beispiel auch vorkommen, daß ein unter Umständen phlegmatisches Kind auch in derselben Weise wie ein melancholisches
Kind mit den Farben und dergleichen behandelt werden muß.
Kurz, es wird sich darum handeln, daß man aus einer lebendigen
Erziehungswissenschaft auch eine lebendige Erziehungskunst entwickle." {{Lit|{{G|291a|443f}}}}
</div>
 
=== Selbsterziehung des Erwachsenen ===
 
Der [[Verstand]] kann bei der [[Selbsterziehung]] direkt nur wenig helfen. Es genügt nicht, das Richtige zu ''wissen'', sondern es muss ''getan'', d.h. regelmäßig ''geübt'' werden. Nur durch rhythmisch wiederholtes Üben kann der [[Ätherleib]] allmählich verwandelt werden:
 
<div style="margin-left:20px">
"Auch die Selbsterziehung kann der Mensch hier in die Hand nehmen. Nicht dadurch kommt zum Beispiel der Sanguiniker zum Ziele, daß er sich sagt: Du hast ein sanguinisches Temperament, das mußt du dir abgewöhnen. - Der Verstand, direkt angewandt, ist auf diesem Gebiete oft ein Hindernis. Indirekt vermag er dagegen viel. Der Verstand ist hier die allerschwächste Seelenkraft. Bei stärkeren Seelenkräften, wie es die Temperamente sind, vermag der Verstand direkt sehr wenig, kann nur indirekt wirken. Der Mensch muß mit seinem Sanguinismus rechnen; Selbstermahnungen fruchten nicht. Es kommt darauf an, den Sanguinismus am rechten Orte zu zeigen. Wir können uns durch den Verstand Erlebnisse schaffen, für die das kurze Interesse des Sanguinikers berechtigt ist. Wenn wir also solche Verhältnisse auch noch so sehr im Kleinen herbeiführen, bei denen das kurze Interesse am Platze ist, so wird es schon hervorrufen, was nötig ist. Beim cholerischen Temperament, da ist es gut, solche Gegenstände zu wählen, durch den Verstand solche Verhältnisse herbeizuführen, bei denen es uns nichts hilft, daß wir toben, wo wir durch unser Toben uns selbst ad absurdum führen. Das melancholische Temperament soll nicht an den Schmerzen und Leiden des Lebens vorbeigehen, sondern soll sie gerade aufsuchen, soll mitleiden, damit sein Schmerz abgelenkt werde an die richtigen Gegenstände und Ereignisse. Sind wir Phlegmatiker, die keine Interessen haben, so ist es gut, daß wir uns möglichst viel mit recht uninteressanten Gegenständen beschäftigen, uns mit recht viel Quellen der Langweile umgeben, daß wir uns gründlich langweilen. Dann werden wir uns gründlich kurieren von unserem Phlegma, es uns gründlich abgewöhnen. So rechnet man mit dem, was da ist, und nicht mit dem, was nicht da ist." {{Lit|{{G|057|294}}}}
</div>
 
== Tabelle ==
<table cellspacing="0" cellpadding="5" width="99%" border="1">
  <tr style="background:#800080; color:white">
    <td colspan="2"><strong>Temperament</strong></td>
    <td><strong><center>Sanguiniker</center></strong></td>
    <td><strong><center>Choleriker</center></strong></td>
    <td><strong><center>Melancholiker</center></strong></td>
    <td><strong><center>Phlegmatiker</center></strong></td>
  </tr>
  <tr>
    <td colspan="2"><strong>Wesensglied</strong></td>
    <td>[[Astralleib]]</td>
    <td>[[Ich]]</td>
    <td>[[Physischer Leib]]</td>
    <td>[[Ätherleib]]</td>
  </tr>
 
  <tr>
    <td colspan="2"><strong>Körpersäfte</strong></td>
    <td>Blut<ref name="Blut"> </ref> (Sanguis)</td>
    <td>Gelbe Galle (Chole)</td>
    <td>Schwarze Galle (Melas Chole)</td>
    <td>Schleim (Phlegma)</td>
  </tr>
  <tr>
    <td colspan="2"><strong>Eigenschaften</strong></td>
    <td>warm und feucht</td>
    <td>warm und trocken</td>
    <td>kalt und trocken</td>
    <td>kalt und feucht</td>
  </tr>
  <tr>
    <td colspan="2"><strong>Element</strong></td>
    <td>[[Luft]]</td>
    <td>[[Feuer]]</td>
    <td>[[Erde (Element)|Erde]]</td>
    <td>[[Wasser]]</td>
  </tr>
  <tr>
    <td colspan="2"><strong>Altersstufe</strong></td>
    <td>Kindheit</td>
    <td>Jugend</td>
    <td>Erwachsenenalter</td>
    <td>Alter</td>
  </tr>
  <tr>
    <td colspan="2"><strong>Richtung</strong></td>
    <td>Osten</td>
    <td>Süden</td>
    <td>Westen</td>
    <td>Norden</td>
  </tr>
  <tr>
    <td colspan="2"><strong>Jahreszeit</strong></td>
    <td>Frühling</td>
    <td>Sommer</td>
    <td>Herbst</td>
    <td>Winter</td>
  </tr>
  <tr>
    <td colspan="2"><strong>Tageszeit</strong></td>
    <td>Morgen (Träumen)</td>
    <td>Mittag (Wachen)</td>
    <td>Abend (Sterben, Kranksein)</td>
    <td>Nacht (Schlafen)</td>
  </tr>
  <tr>
    <td colspan="2"><strong>Organsystem</strong></td>
    <td>Nervensystem, Lunge</td>
    <td>Blutkreislauf<ref name="Blut"> </ref>, Galle</td>
    <td>Knochensystem, Gelenke, Sehnen</td>
    <td>Drüsensystem, Verdauung</td>
  </tr>
  <tr>
    <td colspan="2"><strong>Mimik</strong></td>
    <td>gehobene Brauen und Mundwinkel</td>
    <td>Nasenwurzel zusammengezogen (Wutfalte), Mund gepresst</td>
    <td>in der Mitte hochgezogene Brauen und Mittelfalte, Mundwinkel gesenkt</td>
    <td>Augenlider und Kiefer locker hängend</td>
  </tr>
  <tr>
    <td colspan="2"><strong>Gestik</strong></td>
    <td>mit Leichtigkeit rhythmisch aufstrebend</td>
    <td>kraftvoll abwärts</td>
    <td>vergebens mühsam aufstrebend</td>
    <td>bequem sinkenlassend</td>
  </tr>
  <tr>
    <td colspan="2"><strong>Gang</strong></td>
    <td>hüpfend, tänzelnd</td>
    <td>stampfend (Ferse), O-beinig</td>
    <td>X-beinig</td>
    <td>schlurfend</td>
  </tr>
  <tr>
    <td colspan="2"><strong>Tugend</strong></td>
    <td>Liebe, Interesse</td>
    <td>Mut</td>
    <td>Mitleid</td>
    <td>Geduld</td>
  </tr>
  <tr>
    <td colspan="2"><strong>Untugend</strong></td>
    <td>Triebhaftigkeit</td>
    <td>Wut</td>
    <td>Wehleidigkeit</td>
    <td>Trägheit</td>
  </tr>
  <tr>
    <td colspan="2"><strong>Bosheit</strong><br>
:tätig<br>
:erleidend</td>
    <td><br>
Lügenhaftigkeit<br>
Leichtsinnigkeit</td>
    <td><br>
Gewalttätigkeit<br>
Angst</td>
    <td><br>
Grausamkeit<br>
Masochismus</td>
    <td><br>
Hartherzigkeit<br>
Antriebslosigkeit</td>
  </tr>
  <tr>
    <td colspan="2"><strong>Geisteskrankheit</strong></td>
    <td>Irrsinn, Narrheit</td>
    <td>Tobsucht</td>
    <td>Trübsinn, Wahnsinn</td>
    <td>Stumpfsinn</td>
  </tr>
  <tr>
    <td colspan="2"><strong>Wappentier<ref name="Wappentier>Die Wappentiere entsprechen den vier [[Sphinx]]-Tieren bzw. den Evangelisten-Symbolen und auch den entsprechenden [[Tierkreiszeichen]]. Dabei ergibt sich allerdings eine andere Zuordnung der [[Elemente]] zu den Tierkreiszeichen, als sie heute in der [[Astrologie]] üblich ist, indem die Luft- und Wasserzeichen vertauscht sind. Der Adler, der dem Skorpion entspricht, ist hier dem Luftelement zugeordnet und der Wassermann oder Engel dem Wasserelement.</ref></strong></td>
    <td>Adler</td>
    <td>Löwe</td>
    <td>Stier</td>
    <td>Wassermann (Mensch/Engel)</td>
  </tr>   
</table>


== Literatur ==
== Literatur ==
*Erwin Rehmann: ''Karl Ballmer 1891-1958''. Katalog zur Ausstellung vom 7. Mai - 4. Juni 1960. Aargauer Kunsthaus, Aarau 1960
# Rudolf Steiner: ''Wo und wie findet man den Geist?'', [[GA 57]] (1984)
*Hans Gessner: ''Karl Ballmer. Maler und Denker 1891–1958''. Verlag Fornasella, Besazio 1971
# Rudolf Steiner: ''Vor dem Tore der Theosophie'', [[GA 95]] (1990)
*''Karl Ballmer. 1891-1958. Der Maler''. Verlag Lars Müller, Baden 1990 <small>(Bildband)</small>
# Rudolf Steiner: ''Menschheitsentwickelung und Christus-Erkenntnis'', [[GA 100]] (1981)
*Karen Swassjan: ''Die Karl-Ballmer-Probe''. Mit zwei Aufsätzen (''Marginalien'') von Karl Ballmer. Edition LGC, Siegen 1994, ISBN 3-930964-80-5
# Rudolf Steiner: ''Makrokosmos und Mikrokosmos'', [[GA 119]] (1988)
*Johannes Spallek: ''Karl und Katharina Ballmer. Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft''. In: ''Jahrbuch für den Kreis Stormarn'', 2006 (24. Jahrgang), herausgegeben vom Schleswig-Holsteinischen Heimatbund, Kreisverband Stormarn. M+K Hansa Verlag, Ahrensburg, ISBN 3-920610-79-2
# Rudolf Steiner: ''Farbenerkenntnis'', [[GA 291a]] (1990)
* Peter Wyssling (LGC): Die Auferstehung Europas, März 2004 ( http://www.juraferien.ch/fileadmin/kamo/auferstehung%20europas%20(p.%20wyssling).pdf )
# [[Joachim Stiller]]: [http://joachimstiller.de/download/zahlenmystik_elemente.pdf Die vier Elemente und die vier Temperamente] PDF
 


== Ausstellung ==
{{GA}}
*''Geflohen aus Deutschland. Hamburger Künstler im Exil 1933–1945''. [[Wikipedia:Museum für Hamburgische Geschichte|Museum für Hamburgische Geschichte]], Hamburg 2007


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{PND|118652141}}
#[[Bild:Adobepdf_small.gif]] [http://www.anthrowiki.info/jump.php?url=http://www.anthrowiki.info/ftp/anthroposophie/Rudolf_Steiner/Das_Geheimnis_der_menschlichen_Temperamente.pdf Das Geheimnis der menschlichen Temperamente] - Vortrag gehalten von Dr. Rudolf Steiner in Berlin am 4. März 1909
*[http://www.edition-lgc.de Edition LGC] - Informationen rund um Karl Ballmer
*[http://www.fornasella.de Verlag Fornasella] - Schriften von Karl Ballmer und Hans Gessner zur Anthroposophie Rudolf Steiners.
*[http://biographien.kulturimpuls.org/detail.php?&id=29 Biographischer Eintrag von Karen Swassjan] in der Online-Dokumentation der anthroposophischen ''Forschungsstelle Kulturimpuls''
*[http://www.menschenkunde.com/ballmer/ballmer_downloads.html Einige Texte von Karl Ballmer im PDF-Format] auf www.Menschenkunde.com
* {{SIKART|4023636|Ballmer, Karl|Autor=Beat Wismer|Jahr=2015|Abrufdatum=12. Juni 2016}}
* [http://schaukasten.sub.uni-hamburg.de/beckett/beckett_d/index.php?k_ballmer.php Karl Ballmer] in der Online-Ausstellung ''[[Wikipedia:Samuel Beckett|Becket]] in Hamburg 1936'' der [[Wikipedia:Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg|Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg]]
 
{{DEFAULTSORT:Ballmer, Karl}}
[[Kategorie:Anthroposoph]]
[[Kategorie:Philosoph]]
[[Kategorie:Künstler]]
[[Kategorie:Maler]]
[[Kategorie:Autor]]
[[Kategorie:Biographie]]
[[Kategorie:Schweizer]]
[[Kategorie:Geboren 1891]]
[[Kategorie:Gestorben 1958]]
[[Kategorie:Mann]]


{{Personendaten
== Einzelanchweise ==
|NAME=Ballmer, Karl
<references/>
|ALTERNATIVNAMEN=
|KURZBESCHREIBUNG=Kunstmaler und philosophischer Schriftsteller
|GEBURTSDATUM=23. Februar 1891
|GEBURTSORT=[[Aarau]]
|STERBEDATUM=7. September 1958
|STERBEORT=[[Lugano]]
}}


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Version vom 6. August 2017, 13:43 Uhr

Die vier Temperamente

Die vier Temperamente (lat. temperamentum = „das richtige Maß, die richtige Mischung“, von lat. temperare = „mäßigen, mischen“; im 16. Jahrhundert im Sinne von „ausgeglichenes Mischungsverhältnis“ in der Pharmazie verwendet), die die mehr oder weniger dauerhafte Grundgestimmtheit oder Gemütsart des Menschen bestimmen, haben, anders als augenblickliche Emotionen oder Gefühle, ihren Sitz im Ätherleib. Von hier aus wirken sie aber teilweise bis in die äußere Gestaltung des physischen Leibes hinein, anderseits spiegeln sie sich in inneren Erlebnissen des Astralleibs bzw. der seelischen Wesensglieder wider.

"Diese vier Temperamente drücken sich im Ätherleib aus. Es gibt also vier verschiedene Hauptarten von Ätherleibern. Diese haben wiederum verschiedene Strömungen und Bewegungen, die sich in einer bestimmten Grundfarbe im Astralleib ausdrücken. Das ist nicht etwa vom Astralleib abhängig, es zeigt sich nur darin." (Lit.: GA 095, S. 64)

Temperamente und Elemente

Nach Hippokrates von Kós (460-375 v. Chr.), der die Temperamentenlehre erstmals exoterisch formuliert hat, werden vier Temperamente unterschieden, die den vier Elementen entsprechen:

"Es steht nun in einer geheimnisvollen Verwandtschaft mit den vier Elementen der elementarischen Welt dasjenige im Menschen, was man seine Temperamente nennt, und zwar so, daß eine Verwandtschaft besteht zwischen dem melancholischen Temperament und dem Elemente der Erde, zwischen dem phlegmatischen Temperament und dem Elemente des Wassers, zwischen dem sanguinischen Temperament und dem Elemente der Luft, und zwischen dem cholerischen Temperament und dem Elemente des Feuers. Diese Verwandtschaft kommt im Erleben der elementarischen Welt so zum Ausdruck, daß in der Tat zum Beispiel der cholerische Mensch mehr Neigung hat, mit den im Feuer in der elementarischen Welt lebenden Wesenheiten und Tatsachen zusammenzuwachsen als mit den in den anderen Elementen lebenden Wesenheiten. Der Sanguiniker hat wiederum mehr die Neigung, mit den im Element der Luft auftretenden Wesenheiten zusammenzuwachsen, der Phlegmatiker mit den im Wasser und der Melancholiker mit den in der Erde auftretenden Tatsachen und Wesenheiten. So kommt man in eine gewisse Abhängigkeit in dem Augenblicke, in dem man durch wirkliches Erleben die elementarische Welt betritt. Und Sie können sich daraus leicht die Vorstellung bilden, daß die verschiedensten Menschen Ihnen im Grunde genommen das Verschiedenste erzählen können von der elementarischen Welt und daß eigentlich keiner so ganz unrecht zu haben braucht, wenn er verschieden von einem andern seine eigenen Erlebnisse in dieser Welt schildert. Daher brauchen Sie sich gar nicht zu verwundern, wenn die Schilderungen gewisser niederer Hellseher in bezug auf die elementarische Welt sehr voneinander abweichend sind, denn beurteilen kann man diese Welt doch erst dann, wenn man eine genaue Erkenntnis von sich selber hat." (Lit.: GA 119, S. 163f)

Die Temperamente und die Viersäftelehre

Erst Galenos von Pergamon (dt. Galēn; * um 129 n. Chr. in Pergamon; † um 216 n. Chr. in Rom) verband die Temperamentenlehre mit der ebenfalls schon von Hippokrates aufgestellten Viersäftelehre (Humoralpathologie), in dem er den humores, den vier hauptsächlichen Körperflüssigkeiten, jeweils ein Temperament zuordnete:

Die Bildung der Temperamente bei der Inkarnation

Wenn der Mensch zu einer neuen irdischen Inkarnation heruntersteigt, muss sich seine geistige Individualität, sein ewiger Wesenskern, der durch wiederholte Erdenleben schreitet, mit dem durch die Vererbungsströmung bereitgestellten vergänglichen Leib verbinden und es muss ein richtiger Ausgleich dieser beiden Strömungen gesucht werden. Dieser Ausgleich spiegelt sich im Temperament wieder:

"Nun entsteht die große Frage: Wie kann dasjenige, was aus ganz anderen Welten stammt, was sich Vater und Mutter suchen muß, sich vereinen mit dem Leiblich-Physischen, wie kann es sich umkleiden mit dem, was die körperlichen Merkmale sind, durch die der Mensch hineingestellt wird in die Vererbungslinie? Wie geschieht die Vereinigung der beiden Strömungen, der geistig-seelischen Strömung, in die der Mensch hineingestellt ist durch die Wiederverkörperung, und der leiblichen Strömung der Vererbungslinie? Es muß ein Ausgleich geschaffen werden. Indem die beiden Strömungen sich vereinigen, färbt die eine Strömung die andere. Sie färben sich gegenseitig. So wie sich die blaue und die gelbe Farbe etwa vereinigen in dem Grün, so vereinigen sich die beiden Strömungen im Menschen zu dem, was man sein Temperament nennt. Das Temperament gleicht das Ewige mit dem Vergänglichen aus. Dieser Ausgleich geschieht dadurch, daß dasjenige, was wir als die Glieder der menschlichen Natur kennengelernt haben, in ganz bestimmter Art und Weise miteinander ins Verhältnis tritt." (Lit.: GA 057, S. 277f)

Temperamente und Wesensglieder

Die vier Apostel von Albrecht Dürer, eine Darstellung der vier Temperamente: Johannes (Sanguiniker), Petrus (Phlegmatiker), Markus (Choleriker) und Paulus (Melancholiker)

Die vier Temperamente hängen eng mit den vier grundlegenden Wesensgliedern des Menschen zusammen. Dominiert eines der Wesensglieder die anderen, so drückt sich das in den im Ätherleib wirkenden Temperamenten folgendermaßen aus, wobei zugleich auch ganz bestimmte Organsysteme besonders hervortreten:

"Beherrscht der Ich-Träger die übrigen Glieder des Menschen, so herrscht das cholerische Temperament vor. Herrscht der Astralleib über die anderen Glieder, so sprechen wir dem Menschen ein sanguinisches Temperament zu. Herrscht vor der Ätherleib, so sprechen wir vom phlegmatischen Temperament. Und ist vorherrschend der physische Leib, so handelt es sich um ein melancholisches Temperament. Das Ich drückt sich in der Zirkulation des Blutes aus. Deshalb ist beim Choleriker vorherrschend das Blutsystem. Der Astralleib findet seinen physischen Ausdruck im Nervensystem; wir haben deshalb beim Sanguiniker im physischen Leibe tonangebend das Nervensystem. Der Ätherleib drückt sich physisch aus im Drüsensystem; deshalb ist beim Phlegmatiker im physischen Leibe tonangebend das Drüsensystem. Der physische Leib als solcher kommt nur im physischen Leibe zum Ausdruck; deshalb ist der physische Leib beim Melancholiker das äußerlich Tonangebende." (Lit.: GA 057, S. 278f)

Charakteristik der vier Temperamente

Reine Temperamente in ihrer vollen Einseitigkeit sind im Leben kaum zu finden. Im Grunde hat jeder Mensch alle vier Temperamente, aber oft sticht eines besonders hervor. Oft sind auch zwei Temperamente sehr stark ausgebildet, ein drittes spielt noch leise mit, während das vierte nur sehr, sehr schwach hervortritt. Das cholerische Temperament ist häufig mit dem melancholischen verbunden, ebenso das sanguinische mit dem phlegmatischen, wobei sich in dem jeweils ersteren die aktive, im zweiten die mehr passive Seite des Charakters ausdrückt. Problematischer ist die enge Verbindung der beiden aktiven Temperamente, also Cholerik und Sanguinik, was einen hyperaktiven Charakter ergibt, oder die Verbindung der beiden passiven Temperamente, Phlegmatik und Melancholie, was dem Menschen einen passiv verzweifelnden Charakter verleiht. Die Temperamente bilden auch Gegensatzpaare, von denen dann das eine sehr stark, das andere kaum ausgeprägt ist. Dem cholerischen Temperament steht das phlegmatische als schroffer Gegensatz gegenüber, ebenso dem sanguinischen das melancholische, so wie Feuer und Wasser Gegensätze sind und auch Luft und Erde.

Es gibt kein gutes und kein schlechtes Temperament. Jedes hat positive, das Eigenwohl und das soziale Miteinander gleichermaßen fördernde, wie auch negative, lebenshemmende Eigenschaften. Durch Erziehung und später durch Selbsterziehung sollen die Temperamente keineswegs geschwächt oder nivelliert, sondern in ihrer positven Kraft gestärkt werden. Im Idealfall kommt der Mensch dazu, über die positiven Kräfte aller vier Temperamente in voller Stärke und im ausgewogenen Gleichmaß frei zu verfügen - aber das ist in der Regel ein fernes Entwicklungsziel, das nur durch die energische Arbeit am Ätherleib erreicht werden kann.

Physiognomie

Die vier Grundtypen

Die reinen Grundtypen, um sie recht anschaulich zu machen, charakterisiert Rudolf Steiner so:

"Beim Choleriker ist vorzugsweise das Ich und das Blutsystem vorherrschend. Dadurch tritt er auf als der Mensch, der sein Ich unter allen Umständen durchsetzen will. Von der Zirkulation des Blutes schreibt sich alles Aggressive des Cholerikers her, alles was mit der starken Willensnatur des Cholerikers zusammenhängt. Im Nervensystem und Astralleib sind die auf- und abwogenden Empfindungen und Gefühle. Nur dadurch, daß diese durch das Ich gebändigt werden, kommt Harmonie und Ordnung hinein. Würde er sie nicht durch sein Ich bändigen, so würden sie auf- und abfluten, ohne daß man bemerken könnte, der Mensch übt irgendeine Herrschaft über sie aus. Der Mensch würde hingegeben sein allem Wogen von Empfindung zu Empfindung, von Bild zu Bild, von Vorstellung zu Vorstellung und so weiter.

Etwas von dem tritt ein, wenn der astralische Leib vorherrscht, also beim Sanguiniker, der in gewisser Weise den auf- und abwogenden Bildern, Empfindungen und Vorstellungen hingegeben ist, da bei ihm der Astralleib und das Nervensystem vorherrschen. Das, was des Menschen Blutzirkulation ist, ist der Bändiger des Nervenlebens. Was tritt ein, wenn ein Mensch blutarm, bleichsüchtig ist, wenn der Bändiger nicht da ist? Dann tritt ein zügelloses Auf- und Abfluten der Bilder; Illusionen, Halluzinationen treten auf. Einen kleinen Anflug davon haben wir beim Sanguiniker. Der Sanguiniker kann nicht bei einem Eindruck verweilen, er kann nicht festhalten an einem Bilde, er haftet nicht mit seinem Interesse an einem Eindruck. Er eilt von Lebenseindruck zu Lebenseindruck, von Wahrnehmung zu Wahrnehmung. Das kann man besonders beim sanguinischen Kinde beobachten; da kann es einem Sorge machen. Leicht ist Interesse da, ein Bild fängt leicht an zu wirken, macht bald einen Eindruck, aber der Eindruck ist bald wieder verschwunden.

Gehen wir jetzt zum phlegmatischen Temperament über! Wir sahen, daß das phlegmatische Temperament dadurch entsteht, daß vorherrschend gemacht ist das, was wir Äther- oder Lebensleib nennen, das, was des Menschen Wachstums- und Lebensvorgänge im Innern regelt. Es kommt das in innerer Behaglichkeit zum Ausdruck. Je mehr der Mensch in seinem Ätherleib lebt, desto mehr ist er in sich selber beschäftigt, und läßt die äußeren Dinge laufen. Er ist in seinem Innern beschäftigt.

Beim Melancholiker haben wir gesehen, daß der physische Leib, also das dichteste Glied der menschlichen Wesenheit, der Herr wird über die anderen. Immer, wenn der dichteste Teil Herr wird, dann fühlt das der Mensch so, daß er nicht Herr ist darüber, daß er ihn nicht handhaben kann. Denn der physische Leib ist das Instrument, das er durch seine höheren Glieder überall beherrschen soll; jetzt aber herrscht dieser physische Leib, setzt dem anderen Widerstand entgegen. Das empfindet der Mensch als Schmerz, Unlust, als die trübselige Stimmung des Melancholikers. Es ist immer ein Aufsteigen von Schmerzen da. Von nichts anderem rührt diese Stimmung her, als daß der physische Leib der innern Behaglichkeit des Ätherleibes, der Beweglichkeit des Astralleibes und der Zielsicherheit des Ichs Widerstände entgegenstellt.

Was wir da sehen als die Mischung der vier Wesensglieder des Menschen, das tritt uns im äußeren Bilde klar und deutlich entgegen. Wenn das Ich vorherrscht, will der Mensch sich gegen alle äußeren Widerstände durchsetzen, will in Erscheinung treten. Es hält dann förmlich die anderen Glieder des Menschen im Wachstum zurück, den Astralleib und den Ätherleib, läßt sie nicht zu ihrem Rechte kommen. Rein äußerlich tritt das einem schon entgegen. Johann Gottlieb Fichte zum Beispiel, der deutsche Choleriker, ist schon äußerlich als solcher kenntlich. Er verriet schon äußerlich deutlich im Wuchs, daß die anderen Wesensglieder zurückgehalten worden sind. Oder ein klassisches Beispiel eines Cholerikers ist Napoleon, der so klein geblieben ist, weil das Ich die anderen Wesensglieder zurückgehalten hat. Es handelt sich nun natürlich nicht darum, daß behauptet wird, der Choleriker sei klein und der Sanguiniker groß. Wir dürfen die Gestalt des Menschen nur mit seinem eignen Wuchs vergleichen. Es kommt darauf an, in welchem Verhältnis zur ganzen Gestalt der Wuchs steht. Beim Sanguiniker herrscht das Nervensystem, der Astralleib vor. Er wird in seinem in sich beweglichen Leben an den Gliedern arbeiten; er wird auch das äußere Abbild des Menschen so beweglich wie möglich machen. Haben wir beim Choleriker scharf geschnittene Gesichtszüge, so beim Sanguiniker bewegliche, ausdrucksvolle, sich verändernde Gesichtszüge. Sogar in der schlanken Gestalt, im Knochenbau, sehen wir die innere Beweglichkeit des Astralleibes am ganzen Menschen. In den schlanken Muskeln zum Beispiel kommt sie zum Ausdruck. Das ist auch zu sehen in dem, was der Mensch äußerlich darlebt. Auch wer nicht hellsehend ist, kann dem Menschen schon von hinten ansehen, ob er Sanguiniker oder Choleriker ist. Dazu braucht man nicht Geisteswissenschaftler zu sein. Sieht man einen Choleriker gehen, so kann man beobachten, wie er jeden Fuß so setzt, als ob er bei jedem Schritt nicht nur den Boden berühren wolle, sondern als ob der Fuß noch ein Stück in den Boden hineingehen sollte. Beim Sanguiniker dagegen haben wir einen hüpfenden, springenden Gang. Auch feinere Merkmale finden sich in der äußeren Gestalt. Die Innerlichkeit der Ich-Natur, die geschlossene Innerlichkeit des Cholerikers tritt uns entgegen in dem schwarzen Auge des Cholerikers. Sehen Sie sich den Sanguiniker an, bei dem die Ich-Natur nicht so tief gewurzelt ist, bei dem der astralische Leib seine ganze Beweglichkeit ausgießt, da ist das blaue Auge vorherrschend. So könnten viele Merkmale angeführt werden, die das Temperament in der äußeren Erscheinung zeigen.

Das phlegmatische Temperament tritt einem entgegen in der unbeweglichen, teilnahmslosen Physiognomie, in der Fülle des Körpers, besonders in der Ausarbeitung der Fettpartien; denn das ist das, was besonders der Ätherleib ausarbeitet. In alledem tritt uns die innere Behaglichkeit des Phlegmatikers entgegen. Er hat einen schlotternden Gang. Er tritt sozusagen nicht ordentlich auf, setzt sich nicht in Beziehung zu den Dingen. - Und sehen Sie sich den Melancholiker an, wie er zumeist einen vorhängenden Kopf hat, nicht aus sich heraus die Kraft hat, den Nacken zu steifen. Das Auge ist trübe; da ist nicht der Glanz des schwarzen Cholerikerauges. Der Gang ist zwar fest, aber es ist nicht der Gang des Cholerikers, das feste Auftreten des Cholerikers, sondern es ist etwas Schleppend-Festes." (Lit.: GA 057, S. 279f)

Die karmischen Ursachen des Temperaments

Wiederholte Erlebnisse, die in einem früheren Erdenleben von außen an den Menschen herangekommen sind, drücken sich in der nächsten Inkarnation in der Temperamentsanlage aus, wobei auch eine wesentliche Rolle spielt, wie wir im damaligen Erdenleben, mit diesen sich wiederholenden Erfahrungen umgegangen sind:

"Was Sie in diesem Leben wiederholt erleben, das kommt in Ihrem folgenden Leben als Grundcharakter. Ein melancholisches Temperament kommt daher, daß der Mensch im vorigen Leben viele traurige Eindrücke gehabt hat, die ihn immer wieder in eine traurige Stimmung versetzt haben; dadurch hat eben der nächste Ätherleib eine Neigung für eine traurige Stimmung. Umgekehrt ist es bei denen, die allem im Leben eine gute Seite abgewinnen, die dadurch in ihrem Astralleib Lust und Freude, frohe Erhebung erzeugt haben; das gibt im nächsten Leben eine bleibende Charaktereigenschaft des Ätherleibes und bewirkt ein heiteres Temperament. Wenn der Mensch aber, trotzdem ihn das Leben in eine harte Schule nimmt, all das Traurige kraftvoll überwindet, dann wird im nächsten Leben sein Ätherleib geboren mit einem cholerischen Temperament. Man kann also, wenn man all das weiß, geradezu sich seinen Ätherleib für das nächste Leben vorbereiten." (Lit.: GA 100, S. 85)

Man kann dadurch bis zu einem gewissen Grad vorhersehen bzw. sogar beeinflussen, wie sich das Temperament in der nächsten Inkarnation gestalten wird, wobei allerdings, wie schon oben besprochen, die durch Vererbung erworbenen Leibesglieder, auf die man zunächst keinen direkten Einfluss hat, auch eine nicht unwesentliche Rolle spielen.

"Das melancholische Temperament wird karmisch besonders dann hervorgerufen, wenn ein Mensch im vorhergehenden Leben gezwungen war, im kleinsten, engsten Kreise zu leben, viel für sich allein zu sein, immer nur sich mit sich selbst zu beschäftigen, so daß er kein Interesse für anderes in sich wecken konnte. Wer dagegen viel kennengelernt hat, wer mit vielen Dingen zusammengekommen ist und sie nicht bloß angeschaut hat, mit dem das vorige Leben hart umgegangen ist, der wird ein Choleriker. Wenn man ein angenehmes Leben ohne viel Kämpfe und Mühsale hatte, oder auch wenn man viel gesehen hat, an vielem vorbeigekommen ist, es aber nur angesehen hat, so geht das alles karmisch immer im nächsten Leben im Grundwesen auf den nächtstdichteren Leib über. Man wird ein Phlegmatiker oder Sanguiniker." (Lit.: GA 095, S. 64)

Psychopathologie der Temperamente

"Bei der Erziehung handelt es sich nicht darum, die Temperamente auszugleichen, zu nivellieren, sondern es handelt sich darum, sie in die richtigen Geleise zu bringen. Aber in jedem Temperamente liegt eine kleine und eine große Gefahr der Ausartung. Beim cholerischen Menschen liegt in der Jugend die Gefahr vor, daß ein solcher Mensch durch Zornwütigkeit, ohne daß er sich beherrschen kann, sein Ich eingeprägt erhält. Das ist die kleine Gefahr. Die große Gefahr ist die Narrheit, die aus ihrem Ich heraus irgendein einzelnes Ziel verfolgen will. Beim sanguinischen Temperamente ist die kleine Gefahr die, daß der Mensch in Flatterhaftigkeit verfällt. Die große Gefahr ist, daß das Auf- und Abwogen der Empfindungen in Irrsinn einmündet. Die kleine Gefahr des Phlegmatikers ist die Interesselosigkeit gegenüber der äußeren Welt; die große Gefahr ist die Idiotie, der Stumpfsinn. Die kleine Gefahr beim melancholischen Temperament ist der Trübsinn, die Möglichkeit, daß der Mensch nicht herauskommt über das, was im eignen Innern aufsteigt. Die große Gefahr ist der Wahnsinn." (Lit.: GA 057, S. 291)

Temperamente und Pädagogik

Die vier Temperamente
Die vier Temperamente

"Was ist das? Das ist auch eine Charakterisierung der vier Temperamente. Die melancholischen Kinder sind in der Regel schlank und dünn; die sanguinischen sind die normalsten; die, welche die Schultern mehr heraus haben, sind die phlegmatischen Kinder; die den untersetzten Bau haben, so daß der Kopf beinah untersinkt im Körper, sind die cholerischen Kinder.

Bei Michelangelo und Beethoven haben Sie eine Mischung von melancholischem und cholerischem Temperament.

Nun bitte ich, durchaus zu berücksichtigen, daß wir, wenn es sich um das Temperament beim Kinde handelt, als Lehrer durchaus nicht berufen sind, die betreffenden Temperamente von vornherein als «Fehler » anzusehen und bekämpfen zu wollen. Wir müssen das Temperament erkennen und uns die Frage stellen: Wie haben wir es zu behandeln, um ein wünschbares Lebensziel mit ihm zu erreichen, so daß aus dem Temperament das Allerbeste wird und die Kinder mit Hilfe des Temperaments das Lebensziel erreichen?" (Lit.: GA 295, S. 28)

Die Erziehung des Kindes

"Wenn wir uns das alles vorhalten, so werden wir sehen, daß in dem Lenken und Leiten der Temperamente eine bedeutsame Aufgabe der Lebenspraxis liegt. Aber um die Temperamente zu leiten, ist der Grundsatz zu beachten, daß immer mit dem gerechnet werden muß, was da ist, nicht mit dem, was nicht da ist. Hat ein Kind ein sanguinisches Temperament, so können wir ihm nicht dadurch in der Entwicklung weiterhelfen, daß wir Interesse hineinprügeln wollen; man kann nicht ihm einbleuen etwas anderes, als was eben sein sanguinisches Temperament ist. Wir sollen nicht fragen: Was fehlt dem Kinde, was sollen wir ihm einprügeln? - sondern wir sollen fragen: Was hat ein sanguinisches Kind in der Regel? Und damit müssen wir rechnen. In der Regel werden wir eines finden, ein Interesse kann immer erregt werden; das Interesse für irgendeine Persönlichkeit, wenn das Kind auch noch so flatterhaft ist. Wenn wir die richtige Persönlichkeit nur sind, oder wenn wir ihm die richtige Persönlichkeit beigesellen können, so tritt das Interesse schon auf. Nur auf dem Umwege der Liebe zu einer Persönlichkeit kann beim sanguinischen Kinde Interesse auftreten. Mehr als jedes andere Temperament braucht das sanguinische Kind Liebe zu einer Persönlichkeit. Alles muß getan werden, daß bei einem solchen Kinde die Liebe erwache. Liebe ist das Zauberwort. Wir müssen sehen, was da ist. Wir müssen sehen, allerlei Dinge in die Umgebung des Kindes zu bringen, von denen man doch bemerkt hat, daß es tieferes Interesse daran hat. Diese Dinge muß man zum Sanguiniker sprechen lassen, muß sie auf das Kind wirken lassen, muß sie ihm dann wieder entziehen, damit das Kind sie wieder begehrt, und sie ihm von neuem geben. Man muß sie so auf das Kind wirken lassen, wie die Gegenstände der gewöhnlichen Welt auf das sanguinische Temperament wirken.

Beim cholerischen Kinde gibt es auch einen Umweg, durch den die Entwicklung immer zu leiten ist. Hier heißt das, was die Erziehung sicher leitet: Achtung und Schätzung einer Autorität. Hier handelt es sich nicht um ein Beliebt¬machen durch die persönlichen Eigenschaften, wie beim sanguinischen Kinde, sondern es kommt darauf an, daß das cholerische Kind immer den Glauben hat, daß der Erzieher die Sache versteht. Man muß zeigen, daß man in den Dingen Bescheid weiß, die um das Kind vorgehen. Man darf sich nicht eine Blöße geben. Das Kind muß immer den Glauben erhalten, daß der Erzieher die Sache kann, sonst hat er sofort verspielt. Ist Liebe zur Persönlichkeit das Zaubermittel beim sanguinischen Kinde, so Achtung und Schätzung des Wertes einer Person das Zauberwort beim cholerischen Kinde. Ihm müssen besonders solche Gegenstände in den Weg geführt werden, die ihm Widerstand entgegensetzen. Widerstände, Schwierigkeiten müssen ihm in den Weg gelegt werden. Man muß versuchen, ihm das Leben nicht so leicht zu machen.

Das melancholische Kind ist nicht leicht zu leiten. Hier aber gibt es wieder ein Zaubermittel. Wie beim sanguinischen Kinde Liebe zur Persönlichkeit, beim cholerischen Schätzung und Achtung des Wertes des Erziehers die Zauberworte sind, so ist beim melancholischen Kinde das, worauf es ankommt, daß die Erzieher Persönlichkeiten sind, die im Leben in einer gewissen Weise geprüft sind, die aus einem geprüften Leben heraus handeln und sprechen. Das Kind muß fühlen, daß der Erzieher wirkliche Schmerzen durchgemacht habe. Lassen Sie das Kind merken an allen den hunderterlei Dingen des Lebens die eigenen Lebensschicksale. Das Mitfühlen mit dem Schicksale dessen, der um einen ist, wirkt hier erziehend. Auch hier beim Melancholiker muß man rechnen mit dem, was er hat. Er hat Schmerzfähigkeit, Unlustfähigkeit; die sitzen in seinem Innern, die können wir nicht ausprügeln. Aber wir können sie ablenken. Lassen wir ihn gerade im Außenleben berechtigten Schmerz, berechtigtes Leid erfahren, damit er kennenlernt, daß es Dinge gibt, an denen er Schmerz erleben kann. Das ist es, worauf es ankommt. Nicht soll man ihn zerstreuen: dadurch verhärten Sie seine Trübsinnigkeit, seinen Schmerz im Innern. Er soll sehen, daß es Dinge im Leben gibt, an denen man Schmerz erfahren kann. Wenn man es auch nicht zu weit treiben darf, so kommt es doch darauf an, daß an den äußeren Dingen Schmerz erregt wird, der ihn ablenkt.

Der Phlegmatiker darf nicht einsam aufwachsen. Wenn es bei den anderen schon gut ist, Gespielen zu haben, so ist das besonders beim Phlegmatiker der Fall. Er muß Gespielen haben mit den mannigfaltigsten Interessen. Er kann erzogen werden durch das Miterleben der Interessen und möglichst vieler Interessen der anderen Persönlichkeiten. Wenn er sich gleichgültig verhält gegen das, was in der Umgebung ist, so kann sein Interesse angefacht werden dadurch, daß die Interessen der Gespielen, der Gesellen auf ihn wirken. Kommt es beim melancholischen Kinde auf das Miterleben des Schicksals einer anderen Persönlichkeit an, so beim phlegmatischen auf das Miterleben der Interessen seiner Gespielen. Nicht Dinge als solche wirken auf den Phlegmatiker; aber wenn sich die Dinge in anderen Menschen spiegeln, dann spiegeln sich diese Interessen in der Seele des phlegmatischen Kindes. Dann sollen wir beson¬ders darauf sehen, daß wir Gegenstände in seine Umgebung bringen, Ereignisse in seiner Nähe geschehen lassen, wo das Phlegma am Platze ist. Man muß das Phlegma auf die richtigen Gegenstände lenken, denen gegenüber man phlegmatisch sein darf." (Lit.: GA 057, S. 292ff)

Wie kann man auf die Temperamente durch die Farben wirken ?

"Nehmen wir also an, ein Kind tritt einem im frühen Lebensalter als ein cholerisches Kind gegenüber. Es wird nicht erst ein Frage- und Antwortspiel brauchen, um darauf zu kommen, daß es sich um ein cholerisches Kind handelt, sondern es wird sich vielleicht dadurch schon zeigen, daß es furchtbar strampelt bei jeder Gelegenheit, daß es sich auf den Boden wirft, um sich schlägt. Alle diese Äußerungen sind die entsprechenden bei dem cholerischen Kinde.

Nun wird man, wenn man Laie ist, wahrscheinlich glauben, daß man ein solches Kind bändigen kann, indem man es möglichst in eine beruhigende farbige Umgebung bringt. Das ist aber nicht wahr. Wenn Sie das cholerische Kind mit Blau umgeben oder mit blauen Kleidern anziehen, dann wird es gerade dadurch, daß es diese beruhigende blaue Farbe um sich hat, die es nicht stößt, sein cholerisches Temperament da hinein ausleben; es wird gerade noch z'widerer, polternder werden. Dagegen in einer Umgebung, in der es überall mit roter, mit der aufregenden roten Farbe umgeben sein wird — Sie wissen ja aus anderen Vorträgen, daß die Gegenfarbe die grüne ist, daß die grün-bläuliche Gegenfarbe hervorgerufen wird —, da muß sich das Kind innerlich, indem es fortwährend mit Rot umgeben wird, anstrengen, um innerlich die Gegenfarbe zu erleben und wird gerade nicht äußerlich aufgeregt. Also das Gleiche, das ist dasjenige, was bändigend auf ein aufgeregtes Kind wirkt.

Auf der anderen Seite wird man auf ein melancholisches Kind gut wirken, wenn man es gerade veranlaßt, indem man es in eine blaue, grünlich-blaue Umgebung bringt, aus sich herauszugehen, also nicht etwa sich davor fürchtet, daß wenn man ihm eine beruhigende, eine zur Verehrung herausfordernde blaue oder blaugrüne Umgebung gibt, daß man es dadurch noch melancholischer macht. Hier handelt es sich darum, wirklich einzusehen, wie aus der Wesenheit des Menschen es folgt, daß man Gleiches mit Gleichem bekämpft. Sie sehen, es handelt sich überall darum, von der Wesenheit des Menschen auszugehen und mit der Erkenntnis, die man da gewinnt, ans Leben heranzukommen.

Ich möchte aber ausdrücklich bemerken, daß es im allgemeinen nicht zu einer Schematisierung kommen soll, wenn man das Erziehungswesen als Kunst betrachtet, und daß daher schon diese Denkweise, die da auftritt, wenn man sagt: Wie kann man die Temperamente durch Farben beeinflussen und dergleichen - daß das schon wiederum so eine intellektuelle Systematisiererei zeigt. Wird das Erziehungswesen zur Kunst, dann kommt man nicht zu solchem intellektualistischen Schematisieren. Da wird man nicht, wenn es sich um die Farbe handelt, auf die Temperamente blicken, sondern da wird man im allgemeinen mehr darauf bedacht sein, ob das Kind ein aufgeregtes oder ein abgeregtes Kind ist. Es kann zum Beispiel auch vorkommen, daß ein unter Umständen phlegmatisches Kind auch in derselben Weise wie ein melancholisches Kind mit den Farben und dergleichen behandelt werden muß. Kurz, es wird sich darum handeln, daß man aus einer lebendigen Erziehungswissenschaft auch eine lebendige Erziehungskunst entwickle." (Lit.: GA 291a, S. 443f)

Selbsterziehung des Erwachsenen

Der Verstand kann bei der Selbsterziehung direkt nur wenig helfen. Es genügt nicht, das Richtige zu wissen, sondern es muss getan, d.h. regelmäßig geübt werden. Nur durch rhythmisch wiederholtes Üben kann der Ätherleib allmählich verwandelt werden:

"Auch die Selbsterziehung kann der Mensch hier in die Hand nehmen. Nicht dadurch kommt zum Beispiel der Sanguiniker zum Ziele, daß er sich sagt: Du hast ein sanguinisches Temperament, das mußt du dir abgewöhnen. - Der Verstand, direkt angewandt, ist auf diesem Gebiete oft ein Hindernis. Indirekt vermag er dagegen viel. Der Verstand ist hier die allerschwächste Seelenkraft. Bei stärkeren Seelenkräften, wie es die Temperamente sind, vermag der Verstand direkt sehr wenig, kann nur indirekt wirken. Der Mensch muß mit seinem Sanguinismus rechnen; Selbstermahnungen fruchten nicht. Es kommt darauf an, den Sanguinismus am rechten Orte zu zeigen. Wir können uns durch den Verstand Erlebnisse schaffen, für die das kurze Interesse des Sanguinikers berechtigt ist. Wenn wir also solche Verhältnisse auch noch so sehr im Kleinen herbeiführen, bei denen das kurze Interesse am Platze ist, so wird es schon hervorrufen, was nötig ist. Beim cholerischen Temperament, da ist es gut, solche Gegenstände zu wählen, durch den Verstand solche Verhältnisse herbeizuführen, bei denen es uns nichts hilft, daß wir toben, wo wir durch unser Toben uns selbst ad absurdum führen. Das melancholische Temperament soll nicht an den Schmerzen und Leiden des Lebens vorbeigehen, sondern soll sie gerade aufsuchen, soll mitleiden, damit sein Schmerz abgelenkt werde an die richtigen Gegenstände und Ereignisse. Sind wir Phlegmatiker, die keine Interessen haben, so ist es gut, daß wir uns möglichst viel mit recht uninteressanten Gegenständen beschäftigen, uns mit recht viel Quellen der Langweile umgeben, daß wir uns gründlich langweilen. Dann werden wir uns gründlich kurieren von unserem Phlegma, es uns gründlich abgewöhnen. So rechnet man mit dem, was da ist, und nicht mit dem, was nicht da ist." (Lit.: GA 057, S. 294)

Tabelle

Temperament
Sanguiniker
Choleriker
Melancholiker
Phlegmatiker
Wesensglied Astralleib Ich Physischer Leib Ätherleib
Körpersäfte Blut[1] (Sanguis) Gelbe Galle (Chole) Schwarze Galle (Melas Chole) Schleim (Phlegma)
Eigenschaften warm und feucht warm und trocken kalt und trocken kalt und feucht
Element Luft Feuer Erde Wasser
Altersstufe Kindheit Jugend Erwachsenenalter Alter
Richtung Osten Süden Westen Norden
Jahreszeit Frühling Sommer Herbst Winter
Tageszeit Morgen (Träumen) Mittag (Wachen) Abend (Sterben, Kranksein) Nacht (Schlafen)
Organsystem Nervensystem, Lunge Blutkreislauf[1], Galle Knochensystem, Gelenke, Sehnen Drüsensystem, Verdauung
Mimik gehobene Brauen und Mundwinkel Nasenwurzel zusammengezogen (Wutfalte), Mund gepresst in der Mitte hochgezogene Brauen und Mittelfalte, Mundwinkel gesenkt Augenlider und Kiefer locker hängend
Gestik mit Leichtigkeit rhythmisch aufstrebend kraftvoll abwärts vergebens mühsam aufstrebend bequem sinkenlassend
Gang hüpfend, tänzelnd stampfend (Ferse), O-beinig X-beinig schlurfend
Tugend Liebe, Interesse Mut Mitleid Geduld
Untugend Triebhaftigkeit Wut Wehleidigkeit Trägheit
Bosheit
tätig
erleidend

Lügenhaftigkeit

Leichtsinnigkeit

Gewalttätigkeit

Angst

Grausamkeit

Masochismus

Hartherzigkeit

Antriebslosigkeit
Geisteskrankheit Irrsinn, Narrheit Tobsucht Trübsinn, Wahnsinn Stumpfsinn
Wappentier[2] Adler Löwe Stier Wassermann (Mensch/Engel)

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Wo und wie findet man den Geist?, GA 57 (1984)
  2. Rudolf Steiner: Vor dem Tore der Theosophie, GA 95 (1990)
  3. Rudolf Steiner: Menschheitsentwickelung und Christus-Erkenntnis, GA 100 (1981)
  4. Rudolf Steiner: Makrokosmos und Mikrokosmos, GA 119 (1988)
  5. Rudolf Steiner: Farbenerkenntnis, GA 291a (1990)
  6. Joachim Stiller: Die vier Elemente und die vier Temperamente PDF


Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

  1. Das Geheimnis der menschlichen Temperamente - Vortrag gehalten von Dr. Rudolf Steiner in Berlin am 4. März 1909

Einzelanchweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Es ist kein Widerspruch, dass hier das Blut, als einer der vier Körpersäfte, dem Sanguiniker zugeordnet wird, anderseits der Blutkreislauf, als Organsystem, dem Choleriker entspricht.
  2. Die Wappentiere entsprechen den vier Sphinx-Tieren bzw. den Evangelisten-Symbolen und auch den entsprechenden Tierkreiszeichen. Dabei ergibt sich allerdings eine andere Zuordnung der Elemente zu den Tierkreiszeichen, als sie heute in der Astrologie üblich ist, indem die Luft- und Wasserzeichen vertauscht sind. Der Adler, der dem Skorpion entspricht, ist hier dem Luftelement zugeordnet und der Wassermann oder Engel dem Wasserelement.