Vierköpfiger Oberschenkelmuskel und Luxation: Unterschied zwischen den Seiten

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Der '''Musculus quadriceps femoris''' ([[Latein|lat.]] für „vierköpfiger Oberschenkelmuskel“ oder „vierköpfiger Oberschenkelstrecker“) ist ein aus vier [[Wikipedia:Ursprung und Ansatz|Muskelköpfen]] bestehender [[Skelettmuskel]] auf der Vorderseite des [[Oberschenkel]]s. Die vier Köpfe sind:
{{Infobox ICD
* ''[[Wikipedia:Musculus rectus femoris|Musculus rectus femoris]]'' ([[Latein|lat.]]: gerader Muskel des Oberschenkels); er besetzt die Mitte des Schenkels und entspringt am [[Darmbein]], er ist nach dem Verlauf des Muskels benannt
| 01-CODE = M22.0
* ''[[Wikipedia:Musculus vastus medialis|Musculus vastus medialis]]'' (lat.: zur Mitte gelegener breiter Muskel); der an der Innenseite des Oberschenkelknochens entspringt
| 01-BEZEICHNUNG = Habituelle Luxation der Patella
* ''[[Wikipedia:Musculus vastus intermedius|Musculus vastus intermedius]]'' (lat.: mittlerer breiter Muskel) liegt zwischen M. vastus lateralis und M. vastus medialis an der vorderen Seite des Oberschenkelknochens 
| 02-CODE = M24.4-
* ''[[Wikipedia:Musculus vastus lateralis|Musculus vastus lateralis]]'' (lat.: äußerer breiter Muskel); er entspringt an der Außenseite des Oberschenkelknochens
| 02-BEZEICHNUNG = Habituelle Luxation und Subluxation eines Gelenkes
| 03-CODE = Q65.0 - Q65.2
| 03-BEZEICHNUNG = Angeborene Luxation des Hüftgelenkes
| 04-CODE =Q68.8
| 04-BEZEICHNUNG = Sonstige näher bezeichnete angeborene Muskel-Skelett-Deformitäten
:Luxation:
::Ellenbogen
::Schulter
| 05-CODE = S00 - T14
| 05-BEZEICHNUNG = Luxation als Folge äußerer Ursache (nach Körperregion)
}}
[[Datei:Luxation epaule.PNG|mini|Schultergelenksluxation links]]


Die ''Musculi vasti'' (lat. für ‚breite Muskeln‘) entspringen am Oberschenkelknochen, der ''Musculus rectus femoris'' am [[Darmbein]] oberhalb der Hüftgelenkpfanne (''[[Wikipedia:Acetabulum (Anatomie)|Acetabulum]]''). Die vier Muskeln strahlen in eine gemeinsame [[Sehne (Anatomie)|Endsehne]] ein, die zur [[Schienbein|Tuberositas tibiae]] zieht. In diese ist die [[Kniescheibe]] (''Patella'') eingelagert. Unterhalb der Kniescheibe wird die Sehne auch Kniescheibenband (lat. ''Ligamentum patellae'') genannt. Die Quadriceps-Sehne wird zum Ligamentum patellae in der Kniescheibe.
Eine '''Luxation''' ([[Latein|lat.]] ''luxare'' „verrenken“, engl: ''dislocation'') oder '''Verrenkung''' ([[Verb]] verrenken, '''ausrenken''' oder '''auskugeln''')<ref>[http://www.duden.de/suche/index.php?begriff=auskugeln&bereich=mixed&pneu= ''Auskugeln''] im [[Duden]] (abgerufen 28.&nbsp;Juli 2008)</ref> ist ein vollständiger oder unvollständiger ([[Subluxation]]) Kontaktverlust gelenkbildender Knochenenden oder eine Verlagerung anderer anatomischer Strukturen aus ihrer physiologischen Position. Sie ist eine medizinisch definierte Form der [[Dislokation (Medizin)|Dislokation]] mit vorübergehender oder dauerhafter [[Fehlstellung]] der gelenkbildenden Knochen zueinander. Als luxierter Knochen wird immer der körperfernere Knochen bezeichnet.


Die Köpfe des M. quadriceps femoris strecken gemeinsam das [[Kniegelenk]]. [[Muskuläre Dysbalance|Dysbalancen]] dieser Muskeln, etwa durch Lähmungen, üben Querkräfte auf die Kniescheibe aus, die zu einer [[Habituelle Luxation|habituellen Luxation]] der Kniescheibe führen können.
Eine Luxation stellt grundsätzlich eine schwere Schädigung eines Gelenkes dar. Bei Kindern ist es möglich, dass das Gelenk weit über den normalen Bereich hinaus gedehnt wird. Außerdem sind beim wachsenden Skelett gelenknahe [[Knochenbruch|Knochenbrüche]] (Frakturen) wesentlich häufiger anzutreffen als Luxationen. Die Einteilung erfolgt in der Regel nach der Ursache der Luxation.


Der ''Musculus quadriceps femoris'' wird durch den ''[[Wikipedia:Nervus femoralis|Nervus femoralis]]'', der Fasern aus den Rückenmarkssegmenten L2, L3 und L4 bezieht, innerviert.
Während ''traumatische'' Luxationen (durch Sturz oder plötzliche Überdehnung) meist rasch [[Reposition (Medizin)|eingerenkt]] werden können, erfordern ''angeborene'' oder ''chronische'' Luxationen eine längere Behandlung.


Bei einer Lähmung wesentlicher Teile des Muskels, beispielsweise durch eine Schädigung des Nervus femoralis, kann die Beugung des Knies nicht gebremst werden. Gerät der [[Massenmittelpunkt|Körperschwerpunkt]] nach hinten, so knicken die Patienten ein.
Eine Sonderform der traumatischen Luxation ist die [[Luxationsfraktur]], bei der eine teilweise oder vollständige Luxation mit einer Fraktur eines der gelenkbildenden Knochenanteile verbunden ist.


== Funktion ==
== Traumatische Luxation ==
Der ''Musculus quadriceps femoris'' bewirkt die Extension des [[Kniegelenk|Kniegelenks]], sowie die Beugung ([[Wikipedia:Flexion (Medizin)|Flexion]]) des [[Hüftgelenk|Hüftgelenks]], wobei der [[Wikipedia:Musculus rectus femoris|Musculus rectus femoris]] assistiert.


== Bilder ==
[[Datei:Luxation acromioclaviculaire.jpeg|mini|Schultereckgelenkluxation links ([[Schlüsselbein]]) mit ''[[Klaviertastenphänomen]]'']]
[[Bild:Quadriceps 3D.gif|thumb|left|Musculus quadriceps femoris, verschiedene Muskeln in verschiedenen Farben<br> ''[[Wikipedia:rectus femoris|rectus femoris]] -'' blau<br>''[[Wikipedia:vastus lateralis|vastus lateralis]] -'' gelb<br>''[[Wikipedia:vastus intermedius|vastus intermedius]] -'' grün<br>''[[Wikipedia:vastus medialis|vastus medialis]] -'' rot]]
Die Ursache ist meist ein indirektes Trauma, beispielsweise ein Sturz auf den Arm. Am häufigsten ist die [[Schulterluxation]], die mehr als 50 % aller traumatischen Luxationen ausmacht, gefolgt von der [[Ellenbogenluxation]]. Fast alle Gelenke können betroffen sein (auch Kieferluxation). An den Fingergelenken führen meist Überstreckverletzungen zur Luxation, häufiger beim Handball und Volleyball. Die [[Schultereckgelenk]]-Luxation entsteht am häufigsten beim Fahrradsturz (s. Bild). Selten kann auch direkter Zug eine Luxation auslösen, wie bei der kindlichen Radiusköpfchenluxation durch Zug am gestreckten pronierten Arm ([[Radiusköpfchen-Subluxation|Pronatio dolorosa Chassaignac]]).
 
Bei der Untersuchung bestehen eine Schonhaltung mit Funktionsverlust und Schmerzen, gelegentlich eine Schwellung und ein Bluterguss. So genannte „sichere“ Luxationzeichen sind eine sichtbare Deformität, eine erkennbare leere Gelenkpfanne und abnorme Lage des Gelenkkopfes (an der Schulter oft sichtbar) und eine federnde Fixation. Aber auch bei einer scheinbar intakten Gelenkfunktion kann eine Luxation vorliegen.
 
Beweisend sind Röntgenaufnahmen in zwei Ebenen, wobei seltene Formen (wie die hintere Schulterluxation) und kindliche Luxationen auch dabei schwer zu erkennen sind. Dann hilft eine [[Computertomografie]] (CT), [[Magnetresonanztomografie|Kernspintomographie]] (MRT) oder [[Arthrografie]] (besondere Röntgentechnik mit Einbringen eines Kontrastmittels in das Gelenk). Bei Kindern sind Luxationen im [[Ultraschall]] gut darstellbar.
 
Bei der traumatischen Luxation ist eine umgehende [[Reposition (Medizin)|Reposition]] (Einrenkung) erforderlich. Diese sollte immer schonend und nicht brüsk oder mit großer Kraft erfolgen, da ansonsten die Gefahr von Nerven- und Gefäßschäden sowie Verletzungen des Gelenkes resultieren können. Ist eine Entspannung nicht möglich, erfolgt die Reposition in [[Analgosedierung]] oder [[Narkose]]. Anschließend muss die Reposition im Röntgen dokumentiert werden, danach erfolgt eine Ruhigstellung (an der Schulter z.&nbsp;B. im [[Gilchristverband]]) und ggf. weitergehende Untersuchungen zum Ausschluss von Verletzungen der Knochenanteile, der Gelenkkapsel, der Gelenklippe und der umgebenden Bänder.
 
Ist eine geschlossene Reposition nicht möglich oder liegt eine Kombination mit einem Knochenbruch (Luxationsfraktur) vor, erfolgt die Reposition operativ mit Eröffnung des Gelenkes ([[Arthrotomie]], so genannte offene oder blutige Reposition). Operativ versorgt werden in der Regel auch verletzte Bandstrukturen (z.&nbsp;B. Seitenbänder) und begleitende Frakturen.
Komplikationen sind vor allem [[Gelenkinstabilität]]en durch Einriss der Gelenkkapsel und der umgebenden Bänder. Daraus können weitere Luxationen resultieren, bis hin zur [[Habituelle Luxation|habituellen Luxation]] (s.&nbsp;u.). Auch ein Ausriss der Gelenklippe (an der Schulter: [[Bankart-Läsion]]) kann zur Gelenkinstabilität führen, oft verbunden mit einem Gefühl der Unsicherheit und der Angst, das Gelenk wieder auszurenken. Instabilität und wiederholte Luxationen führen zu einer vorzeitigen [[Arthrose]]. Es können auch begleitende Frakturen auftreten, wie die Impressionsfraktur hinten am Oberarmkopf ([[Hill-Sachs-Läsion]]) oder Luxationsfrakturen. Durch eine gewalttätige Reposition können auch Schäden an Gefäßen und Nerven entstehen.
 
Eine Sonderform der traumatischen Hüftluxation ist die ''zentrale Hüftluxation''. Bei starker, axialer Gewalteinwirkung auf den Oberschenkel, etwa bei Autounfällen mit hoher Geschwindigkeit und Stürzen aus großer Höhe wird der Hüftkopf durch die zerborstene Pfanne hindurch in das kleine Becken getrieben. Wie bei den Luxationsfrakturen ist eine operative Versorgung notwendig.
 
== Habituelle Luxation ==
 
Meist durch eine traumatische Erstluxation ausgelöst, kommt es bei verbliebener Instabilität mit geringerer Gewalteinwirkung und schließlich ohne weiteren Unfallmechanismus zu wiederholten Luxationen, einer so genannten habituellen Luxation. Am häufigsten ist dies nach einer [[Schulterluxation]] und nach einer [[Patellaluxation|Luxation der Kniescheibe]]. Gelegentlich kann das Gelenk auf Aufforderung luxiert und selbständig reponiert (eingerenkt) werden (sog. willkürliche Luxation).
 
== Angeborene Luxation ==
 
Hierbei liegt die Luxation bereits bei der Geburt vor oder entwickelt sich aus einer angeborenen Gelenk[[dysplasie]]. Am häufigsten ist die [[Hüftdysplasie]] bei etwa 1-2 % aller Neugeborenen und die [[angeborene Hüftluxation]] bei etwa 0,1 % aller Neugeborenen. Wesentlich seltener ist die [[Angeborene Knieluxation|angeborene Kniegelenkluxation]] oder die [[Kongenitale Radiusköpfchenluxation]]. Alle Gelenke können betroffen sein, dies ist jedoch sehr selten, kommt jedoch u. a. im Rahmen des [[Larsen-Syndrom]]s mit mehreren ausgerenkten Gelenken vor.
 
== Chronische Luxation ==
 
Bedingt durch chronische Erkrankungen oder Fehlstellungen entsteht eine zunehmende Gelenkdestruktion (Zerstörung), die schleichend über eine Subluxation zur vollständigen Luxation führt (Destruktionsluxation). Diese ist nicht schmerzhafter als die eigentlich zu Grunde liegende Erkrankung oder Fehlstellung. Eine alleinige Reposition ist meist nicht möglich und nicht sinnvoll, da es bei fehlender Stabilität umgehend zur erneuten Luxation kommt. Alle Gelenke können betroffen sein. Typische Beispiele sind:
 
* Fußfehlstellung mit [[Hallux valgus]] und Kontrakturen der kleinen Zehen ([[Hammerzehe]], [[Krallenzehe]])
* Durch einen Gelenkinfekt (septische [[Arthritis]]) ausgelöste Zerstörung des Gelenk-Band-Apparates
* [[Rheuma]]tisch bedingte [[Arthritis]] mit Zerstörung der Seitenbänder, des Halteapparates und der Gelenkkapsel (typisch an den Händen und Füßen)
* Bei schlaffen und [[spastisch]]en Lähmungen schrittweise zunehmende Fehlstellung bis zur Luxation; bei Spastik der Adduktorenmuskeln oft progrediente Hüftsubluxation
* Infolge eines gelenknahen Tumors
* Bei [[Osteonekrose]] mit konsekutiver Deformierung des benachbarten Gelenks, v.&nbsp;a. bei [[Hüftkopfnekrose]]. Meist kommt es nur zur Subluxation. Das schwerwiegendere Problem ist meist die [[Arthrose]].
* Veraltete traumatische, nicht reponierte Luxation (am häufigsten [[Radiusköpfchen-Subluxation|Radiusköpfchenluxation]] bei Kindern)
 
== Linsenluxation ==
 
Die ''[[Linsenluxation]]'' ist eine vollständige (Linsenektopie; ''ektopos'' = verlagert) oder teilweise (Linsensubluxation) Verlagerung der [[Linse (Auge)|Linse]] (z.&nbsp;B. in die vordere [[Augenkammer]]). Sie kann angeboren (z.&nbsp;B. beim [[Marfan-Syndrom]]) oder durch einen Unfall erworben sein.
 
== Zahnluxationen ==
 
In der [[Zahnmedizin]] wird als Luxation eine traumatisch bedingte abnorme Stellungsänderung eines Zahnes bezeichnet ([[Totalluxation]], [[Subluxation]], [[laterale Luxation]]...).
 
Auch werden die Bewegungen, mit deren Hilfe der [[Zahnarzt]] einen Zahn [[Extraktion (Zahnmedizin)|entfernt]], als „Luxationsbewegungen“ bezeichnet.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Musculus quadriceps femoris}}
{{Commonscat}}
* {{WikipediaDE|Luxation}}
* {{WikipediaDE|Patellaluxation}}
* {{WikipediaDE|Radiusköpfchen-Subluxation}}
* [[Schulterluxation]]
* [[Wikipedia:Linsenluxation|Linsenluxation]]
* [[Wikipedia:Hüftdysplasie|Hüftdysplasie]]
 
== Literatur ==
* K. L. Krämer, M. Stock. M. Winter: ''Klinikleitfaden Orthopädie''. 3. Auflage. Gustav-Fischer-Verlag, Ulm 1997.
* A. M. Debrunner: ''Orthopädie - Orthopädische Chirurgie''. 3. Auflage. Verlag Hans Huber, Bern 1994.
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
{{Gesundheitshinweis}}


[[Kategorie:Muskeln]]
[[Kategorie:Gelenke]]
[[Kategorie:Muskeln des Menschen]]
[[Kategorie:Krankheitsbild]]
[[Kategorie:Bein]]
[[Kategorie:Krankheitsbild in Orthopädie und Unfallchirurgie]]


{{Wikipedia}}
{{Wikipedia}}

Version vom 22. Dezember 2017, 08:02 Uhr

Klassifikation nach ICD-10
M22.0 Habituelle Luxation der Patella
M24.4- Habituelle Luxation und Subluxation eines Gelenkes
Q65.0 - Q65.2 Angeborene Luxation des Hüftgelenkes
Q68.8 Sonstige näher bezeichnete angeborene Muskel-Skelett-Deformitäten
Luxation:
Ellenbogen
Schulter
S00 - T14 Luxation als Folge äußerer Ursache (nach Körperregion)
ICD-10 online (WHO-Version 2016)
Schultergelenksluxation links

Eine Luxation (lat. luxare „verrenken“, engl: dislocation) oder Verrenkung (Verb verrenken, ausrenken oder auskugeln)[1] ist ein vollständiger oder unvollständiger (Subluxation) Kontaktverlust gelenkbildender Knochenenden oder eine Verlagerung anderer anatomischer Strukturen aus ihrer physiologischen Position. Sie ist eine medizinisch definierte Form der Dislokation mit vorübergehender oder dauerhafter Fehlstellung der gelenkbildenden Knochen zueinander. Als luxierter Knochen wird immer der körperfernere Knochen bezeichnet.

Eine Luxation stellt grundsätzlich eine schwere Schädigung eines Gelenkes dar. Bei Kindern ist es möglich, dass das Gelenk weit über den normalen Bereich hinaus gedehnt wird. Außerdem sind beim wachsenden Skelett gelenknahe Knochenbrüche (Frakturen) wesentlich häufiger anzutreffen als Luxationen. Die Einteilung erfolgt in der Regel nach der Ursache der Luxation.

Während traumatische Luxationen (durch Sturz oder plötzliche Überdehnung) meist rasch eingerenkt werden können, erfordern angeborene oder chronische Luxationen eine längere Behandlung.

Eine Sonderform der traumatischen Luxation ist die Luxationsfraktur, bei der eine teilweise oder vollständige Luxation mit einer Fraktur eines der gelenkbildenden Knochenanteile verbunden ist.

Traumatische Luxation

Schultereckgelenkluxation links (Schlüsselbein) mit Klaviertastenphänomen

Die Ursache ist meist ein indirektes Trauma, beispielsweise ein Sturz auf den Arm. Am häufigsten ist die Schulterluxation, die mehr als 50 % aller traumatischen Luxationen ausmacht, gefolgt von der Ellenbogenluxation. Fast alle Gelenke können betroffen sein (auch Kieferluxation). An den Fingergelenken führen meist Überstreckverletzungen zur Luxation, häufiger beim Handball und Volleyball. Die Schultereckgelenk-Luxation entsteht am häufigsten beim Fahrradsturz (s. Bild). Selten kann auch direkter Zug eine Luxation auslösen, wie bei der kindlichen Radiusköpfchenluxation durch Zug am gestreckten pronierten Arm (Pronatio dolorosa Chassaignac).

Bei der Untersuchung bestehen eine Schonhaltung mit Funktionsverlust und Schmerzen, gelegentlich eine Schwellung und ein Bluterguss. So genannte „sichere“ Luxationzeichen sind eine sichtbare Deformität, eine erkennbare leere Gelenkpfanne und abnorme Lage des Gelenkkopfes (an der Schulter oft sichtbar) und eine federnde Fixation. Aber auch bei einer scheinbar intakten Gelenkfunktion kann eine Luxation vorliegen.

Beweisend sind Röntgenaufnahmen in zwei Ebenen, wobei seltene Formen (wie die hintere Schulterluxation) und kindliche Luxationen auch dabei schwer zu erkennen sind. Dann hilft eine Computertomografie (CT), Kernspintomographie (MRT) oder Arthrografie (besondere Röntgentechnik mit Einbringen eines Kontrastmittels in das Gelenk). Bei Kindern sind Luxationen im Ultraschall gut darstellbar.

Bei der traumatischen Luxation ist eine umgehende Reposition (Einrenkung) erforderlich. Diese sollte immer schonend und nicht brüsk oder mit großer Kraft erfolgen, da ansonsten die Gefahr von Nerven- und Gefäßschäden sowie Verletzungen des Gelenkes resultieren können. Ist eine Entspannung nicht möglich, erfolgt die Reposition in Analgosedierung oder Narkose. Anschließend muss die Reposition im Röntgen dokumentiert werden, danach erfolgt eine Ruhigstellung (an der Schulter z. B. im Gilchristverband) und ggf. weitergehende Untersuchungen zum Ausschluss von Verletzungen der Knochenanteile, der Gelenkkapsel, der Gelenklippe und der umgebenden Bänder.

Ist eine geschlossene Reposition nicht möglich oder liegt eine Kombination mit einem Knochenbruch (Luxationsfraktur) vor, erfolgt die Reposition operativ mit Eröffnung des Gelenkes (Arthrotomie, so genannte offene oder blutige Reposition). Operativ versorgt werden in der Regel auch verletzte Bandstrukturen (z. B. Seitenbänder) und begleitende Frakturen. Komplikationen sind vor allem Gelenkinstabilitäten durch Einriss der Gelenkkapsel und der umgebenden Bänder. Daraus können weitere Luxationen resultieren, bis hin zur habituellen Luxation (s. u.). Auch ein Ausriss der Gelenklippe (an der Schulter: Bankart-Läsion) kann zur Gelenkinstabilität führen, oft verbunden mit einem Gefühl der Unsicherheit und der Angst, das Gelenk wieder auszurenken. Instabilität und wiederholte Luxationen führen zu einer vorzeitigen Arthrose. Es können auch begleitende Frakturen auftreten, wie die Impressionsfraktur hinten am Oberarmkopf (Hill-Sachs-Läsion) oder Luxationsfrakturen. Durch eine gewalttätige Reposition können auch Schäden an Gefäßen und Nerven entstehen.

Eine Sonderform der traumatischen Hüftluxation ist die zentrale Hüftluxation. Bei starker, axialer Gewalteinwirkung auf den Oberschenkel, etwa bei Autounfällen mit hoher Geschwindigkeit und Stürzen aus großer Höhe wird der Hüftkopf durch die zerborstene Pfanne hindurch in das kleine Becken getrieben. Wie bei den Luxationsfrakturen ist eine operative Versorgung notwendig.

Habituelle Luxation

Meist durch eine traumatische Erstluxation ausgelöst, kommt es bei verbliebener Instabilität mit geringerer Gewalteinwirkung und schließlich ohne weiteren Unfallmechanismus zu wiederholten Luxationen, einer so genannten habituellen Luxation. Am häufigsten ist dies nach einer Schulterluxation und nach einer Luxation der Kniescheibe. Gelegentlich kann das Gelenk auf Aufforderung luxiert und selbständig reponiert (eingerenkt) werden (sog. willkürliche Luxation).

Angeborene Luxation

Hierbei liegt die Luxation bereits bei der Geburt vor oder entwickelt sich aus einer angeborenen Gelenkdysplasie. Am häufigsten ist die Hüftdysplasie bei etwa 1-2 % aller Neugeborenen und die angeborene Hüftluxation bei etwa 0,1 % aller Neugeborenen. Wesentlich seltener ist die angeborene Kniegelenkluxation oder die Kongenitale Radiusköpfchenluxation. Alle Gelenke können betroffen sein, dies ist jedoch sehr selten, kommt jedoch u. a. im Rahmen des Larsen-Syndroms mit mehreren ausgerenkten Gelenken vor.

Chronische Luxation

Bedingt durch chronische Erkrankungen oder Fehlstellungen entsteht eine zunehmende Gelenkdestruktion (Zerstörung), die schleichend über eine Subluxation zur vollständigen Luxation führt (Destruktionsluxation). Diese ist nicht schmerzhafter als die eigentlich zu Grunde liegende Erkrankung oder Fehlstellung. Eine alleinige Reposition ist meist nicht möglich und nicht sinnvoll, da es bei fehlender Stabilität umgehend zur erneuten Luxation kommt. Alle Gelenke können betroffen sein. Typische Beispiele sind:

  • Fußfehlstellung mit Hallux valgus und Kontrakturen der kleinen Zehen (Hammerzehe, Krallenzehe)
  • Durch einen Gelenkinfekt (septische Arthritis) ausgelöste Zerstörung des Gelenk-Band-Apparates
  • Rheumatisch bedingte Arthritis mit Zerstörung der Seitenbänder, des Halteapparates und der Gelenkkapsel (typisch an den Händen und Füßen)
  • Bei schlaffen und spastischen Lähmungen schrittweise zunehmende Fehlstellung bis zur Luxation; bei Spastik der Adduktorenmuskeln oft progrediente Hüftsubluxation
  • Infolge eines gelenknahen Tumors
  • Bei Osteonekrose mit konsekutiver Deformierung des benachbarten Gelenks, v. a. bei Hüftkopfnekrose. Meist kommt es nur zur Subluxation. Das schwerwiegendere Problem ist meist die Arthrose.
  • Veraltete traumatische, nicht reponierte Luxation (am häufigsten Radiusköpfchenluxation bei Kindern)

Linsenluxation

Die Linsenluxation ist eine vollständige (Linsenektopie; ektopos = verlagert) oder teilweise (Linsensubluxation) Verlagerung der Linse (z. B. in die vordere Augenkammer). Sie kann angeboren (z. B. beim Marfan-Syndrom) oder durch einen Unfall erworben sein.

Zahnluxationen

In der Zahnmedizin wird als Luxation eine traumatisch bedingte abnorme Stellungsänderung eines Zahnes bezeichnet (Totalluxation, Subluxation, laterale Luxation...).

Auch werden die Bewegungen, mit deren Hilfe der Zahnarzt einen Zahn entfernt, als „Luxationsbewegungen“ bezeichnet.

Siehe auch

Commons: Luxation - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Literatur

  • K. L. Krämer, M. Stock. M. Winter: Klinikleitfaden Orthopädie. 3. Auflage. Gustav-Fischer-Verlag, Ulm 1997.
  • A. M. Debrunner: Orthopädie - Orthopädische Chirurgie. 3. Auflage. Verlag Hans Huber, Bern 1994.

Einzelnachweise

  1. Auskugeln im Duden (abgerufen 28. Juli 2008)
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