Grünland

Aus AnthroWiki
Berggrünland in Niederösterreich Ybbsitz Ofenberg gefährdet durch Verwaldung und Aufgabe der Bewirtschaftung in Steillagen

Als Grünland werden landwirtschaftlich genutzte Flächen im deutschen Sprachraum bezeichnet, auf denen Gras und krautige Pflanzen als Dauerkultur wachsen und die entweder als Weide oder Alm beweidet, als Wiese durch Mähen beerntet oder als Naturschutzfläche gepflegt werden. Grünland ist vom Menschen geprägtes Grasland und gehört zu den prägenden Elementen vieler Kulturlandschaften.

In der Regel handelt es sich um Flächen in Klimaten mit mehr als 400 mm Niederschlag im Jahresdurchschnitt,[1] die vorher von der natürlich entstandenen Vegetation des jeweiligen Klimates bestanden waren und nicht um Urgrasland wie z. B. Steppe oder Savanne, das allein durch Naturweidewirtschaft vom Menschen landwirtschaftlich genutzt werden kann. Aus diesem Grund entwickelt sich brachliegendes Grünland im Laufe der Zeit durch die natürliche Sukzession wieder zu Wald, Moor, Heide u. ä. zurück. Grünlandflächen sind in der Regel Teile von Kulturlandschaften.

Der Aufwuchs mit guter Futterqualität des Grünlandes kann an Nutztiere – vor allem an Raufutterfresser wie Wiederkäuer oder Pferde – verfüttert werden und bildet daher eine wichtige Grundfutterquelle für Futterbaubetriebe.[2] Grünlandaufwüchse lassen sich darüber hinaus als nachwachsender Rohstoff nutzen. Das hat sich aber bis heute nicht durchgesetzt, da von minderwertigem Futter auch kein wirtschaftlicher Biogasertrag möglich ist. Vor allem auf ertragsschwachen Standorten stehen bei Grünland aber auch Gesichtspunkte der Landschaftspflege und/oder des Naturschutzes statt der Nutzung der erzeugten Biomasse im Vordergrund.

Die folgenden Informationen beziehen sich auf Mitteleuropa und insbesondere auf Grünland in Deutschland und Österreich. Die Grünlandnutzung in anderen Ländern – etwa in Großbritannien, Nordamerika, Russland oder China – zeigt deutliche Unterschiede.

Abgrenzung, Definition, Unterteilung

Urgrasland besteht bis heute in Regionen, in denen es weniger als 400 mm Niederschlag im Jahresdurchschnitt gibt und deshalb keine natürliche Sukzession hin zu Busch- und Waldland stattfindet.[1] An den Rändern der Graslandbiome befinden sich Übergangsbereiche zu anderen Klimaten (zum Beispiel die kanadische Prärie, die zentrale Pampa oder die europäischen Waldsteppen), bei denen häufig nicht bekannt ist, ob sie natürlich entstanden sind oder durch menschliche Einflüsse. So wird etwa die europäische Puszta in Ungarn häufig als Sekundärsteppe bezeichnet, da im 16. und 17. Jahrhundert massive Eingriffe des Menschen in die ursprüngliche Naturlandschaft erfolgten. Einige Ökologen sehen die Entstehung hingegen in eiszeitlichen Prozessen und begründen dies unter anderem mit den für Steppen typischen Schwarzerdeböden.[3]

Der Terminus Grünland als Landnutzungsform steht als die landwirtschaftlich genutzte offene Flur in Abgrenzung zu Ackerland – das umgebrochen wird –, zu Gartenbauflächen – zu denen in weiterem Sinne auch Obst- und Weinbauflächen u. ä. zählen –, sowie zum Brachland – das temporär ungenutzt bleibt – und zu den zahlreichen Formen der landwirtschaftlichen Nebenflächen (unproduktive Flächen) – wie Wege, Raine, Haine, aber auch teichwirtschaftliche Flächen und Ähnliches – sowie zum Nutzwald, der den forstwirtschaftlichen Zweig der bäuerlichen Betriebe darstellt.

Ökologie und Biologie

Die Ökologie und Biologie, für die das agrarische Grünland eine – vom Menschen geschaffene – Sekundärvegetation darstellt, unterscheiden Grünland im engeren und im weiteren Sinn.

  • Grünland im engeren Sinne sind Wiesen, Weiden oder Mähder (Mahdfluren). Es wird auch als Wirtschaftsgrünland oder, von der Pflanzensoziologie, als Fettwiesen bzw. Fettweiden bezeichnet. Diese Flächen werden in der Regel mehr als zweimal im Jahr gemäht oder abgeweidet und liefern bei rechtzeitiger Nutzung gutes Futter. Diese Grünlandgesellschaften sind Kulturformationen, die ohne diese Bewirtschaftung im Klima Mitteleuropas nicht in dieser Form existieren würden.
  • Grünland im weiteren Sinne umfasst neben den oben genannten Flächen noch Magerwiesen und -weiden einschließlich alpiner Rasenflächen, Feuchtwiesen, Trocken- und Halbtrockenrasen, Borstgrasrasen, Zwergstrauchheiden sowie die früher noch häufigen Pfeifengras-Streuwiesen und Seggenriede, die früher der Streugewinnung oder der gelegentlichen Beweidung (Wanderschäferei) dienten. Diese Pflanzengesellschaften sind Halbkultur- oder Kulturformationen. Echte (natürlich entstandene) Trocken-, Halbtrocken-, Borstgras- oder alpine Rasen sind sehr selten.

Eine Mischform zwischen Grünland und Obstflächen stellen Streuobstwiesen dar. Infolge der dauerhaft geschlossenen Pflanzendecke bietet Grünland sehr guten Schutz gegen Erosion. Zugleich werden im Boden mineralisierte Nährstoffe infolge des Dauerbewuchses während der Vegetationsperiode laufend zur Bildung von Pflanzenmasse genutzt. Durch die Umsetzung abgestorbener Teile der Grünlandpflanzen wird der Boden mit Humus angereichert. Die fehlende Bodenbearbeitung auf Dauergrünland fördert die Ausbildung eines reichhaltigen Bodenlebens. Zusammenfassend bewirken die genannten Faktoren einen hervorragenden Schutz des Bodens und des Grundwassers.[4]

Botanische Artenzusammensetzung von Grünland in Mitteleuropa

Energiewert von Futterwiesen je nach Alpha-Diverstät der Pflanzenarten in Zentralösterreich.

In der Regel ist heutiges Grünland in Mitteleuropa zerstörte Naturvegetation, vor allem im Mittelalter gerodeter Wald. Die damaligen großen Waldrodungen in den Berggebieten in Mitteleuropa erfolgten zur Ausweitung des Getreideanbaues mit Roggen und Hafer für den steigenden Bedarf der zunehmenden Bevölkerung für die eigene Ernährung und das Vieh sowie für die vielen Zugtiere für Handel, Schifffahrt und Krieg.

Die verschiedenen Klimate, Bodenarten, Nutzungsintensitäten und Nutzungsformen im Grünland führen zu verschiedenen Pflanzengesellschaften mit unterschiedlicher Dominanz und Biodiversität bestimmter Pflanzenarten, die dann als unterschiedliche Grünlandtypen bezeichnet werden. Gut geführtes Wirtschaftsgrünland hat durch intensive Nutzung in der Regel immer eine geringere Alpha-, Beta und Gamma-Biodiversität, hat also geringe Artenzahlen je Flächeneinheit als extensiv bewirtschaftete Futterwiesen. Dafür liefern intensiver geführte Futterwiesen höhere Futterqualitäten mit höherem Energiegehalten und Proteingehalten, die für die wirtschaftliche Fütterung von hochleistenden Zuchtvieh Voraussetzung sind. (Siehe dazu Kapitel Intensivgrünland (Wirtschaftsgrünland) und Extensivgrünland)

Eine im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz durchgeführte Untersuchung aus dem Jahr 2005 schlägt folgende Kennarten für ein artenreiches Grünland nach Naturraum vor, wobei mindestens 30 der vorgeschlagenen 47 Arten bzw. Artengruppen vorzufinden sein müssen. Diese sind folgend nach fallender Vorkommensanzahl in den unterschiedlichen Naturräumen sortiert:[5]

Im österreichischen alpinen Zentralraum schwankt die Biodiversität (Alpha-Diversität) von Grünland zwischen 7 und 114 Arten und liegt im Mittel bei 35 Pflanzenarten auf 100 m² nach einer Zusammenstellung von Humer (2015).[6][7]

Der österreichische Ökologe Georg Grabherr schreibt auf der Webseite „Rettet die Blumenwiesen“ (einer Plattform zur kritischen Auseinandersetzung mit dem Agrarumweltprogremm ÖPUL 2015): „Auf Intensiv-Grünland wachsen oft nur 5–7 Pflanzenarten – vor allem Gräser, die viel Dünger und häufige Mahd vertragen.“[8]

Gräser

als Futtermittel
wertvoll minderwertig wertlos
Wiesenschwingel Gewöhnliches Rispengras Gewöhnliches Ruchgras
Wiesenrispe Trespen Jährige Rispe
Einjähriges Weidelgras Gemeine Quecke Honiggräser
Welsches Weidelgras Flaumhafer Schmielen
Ausdauerndes Weidelgras Rotstraußgras Bergrispe
Wiesenlieschgras Kammgras Borstgras
Knaulgras Goldhafer Hundstraußgras
Wiesenfuchsschwanz Wollgräser
Rotschwingel Weiche Trespe
Weißes Straußgras Seggen
Gewöhnlicher Glatthafer Binsen

Leguminosen und Kräuter

als Futtermittel
wertvoll minderwertig wertlos
Weißklee Gewöhnlicher Löwenzahn über 20 Prozent Bitterklee
Persischer Klee Breitwegerich Labkraut
Rotklee Wiesenkümmel Vogelmiere
Schwedenklee Wiesenknopf Storchschnabel
Hornklee Pimpinelle Fingerkraut
Wicken Bärenklau Wiesenkerbel
Wiesenplatterbse Ehrenpreis
Frauenmantel Hirtentäschel
Spitzwegerich Brennnessel
Gemeine Schafgarbe Johanniskraut
Vogelwicke Gänseblümchen
Gewöhnlicher Löwenzahn unter 20 Prozent Kuckuckslichtnelke
Giersch
Distel
Mädesüß
Knöterich
Ampfer
Huflattich
Glockenblume
Pfennigkraut

Giftige bzw. giftverdächtige Pflanzen

Bei den folgenden Arten handelt es sich um Pflanzen mit giftigen Inhaltsstoffen. Es sind ebenfalls Arten aufgeführt, wo der Verdacht auf problematische Inhaltsstoffe für die Tiergesundheit besteht. Die genauen Wirkungen, gerade in geringen Dosen sind wenig erforscht, heilende Wirkungen auf spezielle Körperbereiche sind denkbar. Eine zu hohe Konzentration im Futter wird bei den Tieren, je nach ihrer Größe und je nach aufgenommener Pflanzenart, zu gesundheitlichen Einschränkungen führen.

Wiesenschaumkraut, Herbstzeitlose, Wolfsmilch, Wasserschierling, gefleckter Schierling, Sumpfschachtelhalm, Sumpfdotterblume, Anemonen, Akelei, Goldgelber Hahnenfuß, Brennender Hahnenfuß, Gifthahnenfuß, Scharfer Hahnenfuß (stärkeres Auftreten), Klappertopf, Gelbe Wiesenraute, Trollblume, Adlerfarn

Standort- und Bodenverhältnisse

Man unterscheidet fakultatives und obligates Grünland nach den Standort- und Bodenverhältnissen: Auf fakultativem Grünland könnten auch mehr oder weniger problemlos andere Früchte, z. B. Getreide angebaut werden. Obligates Grünland hingegen ist meistens ein Grenzstandort, auf dem nur schwer andere Früchte wachsen; als Gründe hierfür kommen hohe Niederschläge (z. B. in Skandinavien), steppenartige Trockenheit oder auch für die Bodenbearbeitung ungeeignete Böden wie Moorböden, Auenböden oder strukturarme Marschböden in Frage.

Nutzungsform

Fette Dauergrünlandfläche

Dauergrünland

Dauergrünland werden Grundfutterflächen genannt, die längere Zeit eine kurzrasige Vegetation als Dauerkultur tragen. Dauergrünland ist somit eine auf mindestens 5 Jahre angelegte Vegetationsform (Wiese oder Weide) mit relativ geschlossener Grasnarbe, die von einer Pflanzengemeinschaft aus Gräsern, Kräutern und Hülsenfrüchtler gebildet wird. Grünland wird durch mehr oder weniger regelmäßige Mahd und/oder Beweidung gehölzfrei bzw. waldfrei gehalten und dient der Biomassegewinnung, als Futter, zur Energiegewinnung (als Einsatzstoff für Biogasanlagen oder als Brennstoff) oder zu früheren Zeiten als Einstreu für die Tierhaltung.

Wechselgrünland, Wechselwirtschaft

Unter dem Überbegriff Wechselgrünland (eine Form der Wechselwirtschaft) werden zwei in Europa weit verbreitete historische Fruchtfolge-Systeme zusammengefasst: Die Feldgraswirtschaft und die Egart-Wirtschaft. In beiden Fällen wechselt mehrjähriges Grünland mit ein- oder mehrjährigem Ackerbau ab. Dabei wird die fördernde Wirkung des Grünlandes auf die Bodenfruchtbarkeit (hohe Humusgehalte) für eine Acker-Zwischennutzung genutzt.

Ein- und mehrjähriger Futterbau in Form von Futtergräsern (Ackergras) oder von Mischungen aus Gras und krautigen Pflanzen ist kein Grünland, sondern wird dem Ackerfutterbau zugerechnet.

Grünlandbrache

Etwa 10-jährige Wiesenbrache mit Kratzdistel und Brennnessel

Eine Grünlandbrache stellt eine Pflanzengesellschaft dar, die – ggf. für kürzere oder längere Zeiträume (Jahre oder Jahrzehnte) – vom Menschen nicht mehr genutzt wird und dann bestimmten natürlichen Sukzessionsprozessen unterliegt. Kennzeichen der Brache ist das Fehlen jeglicher landwirtschaftlicher oder sonstiger Nutzung des Pflanzenaufwuchses (z. B. Sozialbrache). Bei dauerhaftem Verzicht auf eine Grünlandnutzung würde mit der Zeit wieder Wald entstehen (= potentielle natürliche Vegetation). Im Sinne dieser Definition sind Grünlandbrachen aber streng von sog. Rotations- und Dauerbrachen auf Ackerland zu unterscheiden. Hierbei handelt es sich um agrarpolitisch bewusst herbeigeführte, meist kurzlebige Brachestadien mit dem Ziel einer Marktentlastung.

Nutzungsintensität

Die botanische Artenzusammensetzung der Grünflächen wird von der Stärke der Nutzung entscheidend beeinflusst. Diese ergibt sich zum Teil durch den Standort und die Intensität der Düngung. Bei intensiver Nutzung durch mehrere Schnitte oder hohen Tierbesatz bei Weidenutzung verringert sich die Artenvielfalt des Graslandes. Wegen der großen Zahl von Grünland-Pflanzengesellschaften und der unterschiedlichsten Nomenklatur von Grünlandtypen ist eine dreigliedrige Grobeinteilung entsprechend der Nutzungsintensität gebräuchlich:

Intensivgrünland (Wirtschaftsgrünland)

Wirtschaftsgrünland mit einer Ertragserwartung von 120 dt TM/ha bei 5 Nutzungen

Der Begriff Intensivgrünland ist bislang als definierter agrartechnischer Standard oder Norm nicht festgelegt. Im ganzen deutschen Sprachraum findet man keinen standardisierten Gebrauch dieses Begriffes. Zuständige landwirtschaftlich befasste Stellen verwenden diesen Begriff kaum. Hingegen wird der Begriff von Umweltaktivisten, Ökologen und im allgemeinen Sprachgebrauch häufig verwendet. Aus Naturschutzsicht ist der Begriff negativ belegt.

Der Grünlandbotaniker und Ökologe Gottfried Briemle definiert Intensivgrünland wie folgt: „Unter Wirtschaftsgrünland wird ein Grünlandtyp verstanden, der so stark genutzt wird, dass sich die Erzeugung von Grundfutter für die Milchviehhaltung – in Konkurrenz zu Silomais – ökonomisch lohnt.“ Die Häufigkeit liegt je nach Naturraum und Standortverhältnissen zwischen 3 und 6 Nutzungen pro Jahr (als Schnitt, Weide oder Mähweide). Die dem Boden entzogenen Nährstoffe werden bei landschaftsökologisch verträglicher Nutzungsweise fast ausschließlich über Hofdung (Wirtschaftsdünger), überwiegend als Gülle, zurückgeführt. Die Ertragserwartung liegt zwischen 80 und 120 dt TM/ha, die Qualität des Futters zwischen 5,0 und 6,0 MJ NEL/kg TM.

Saftiges frisches Grünfutter aus Wiesenneuanlage mit bester Futterqualität mit Knaulgras, Weißklee, Rotklee und Raygras in Deutschbach NÖ

In Österreich gilt Intensivgrünland landläufig als Fläche, wo Futterwiesen oft gemäht werden, intensiv Gülle und meist zusätzlich Handelsdünger ausgebracht sowie chemische Unkrautbekämpfung durchgeführt wird. Die Häufigkeit liegt je nach Naturraum und Standortverhältnissen zwischen 3 und 6 Nutzungen pro Jahr (als Schnitt, Weide oder Mähweide). Inzwischen findet man bereits 7-Schnittwiesen in Vorarlberg und in Gunstlagen in Niederösterreich.

Der Viehbesatz von intensiv genutztem Grünland wird in der Regel mit über 2 Großvieheinheiten pro Hektar angegeben (GVE; entspricht zum Beispiel 2 ausgewachsenen Rindern) und kann bis zu 6 GVE/ha betragen.[9][10] In der österreichischen Landwirtschaft galt bis 2014 ein Viehbesatz von 2 GVE/ha landwirtschaftliche Fläche lange Zeit als Förderobergrenze im Agrar-Umweltprogramm ÖPUL 2007.[11] Diese Intensität nähert sich bereits der extensiven Nutzung an.

Die Anzahl der Pflanzenarten ist für sehr ertragreiches Wirtschaftsgrünland mit 15 bis 20 pro 25 m² Referenzfläche (etwa für norddeutsches Grünland) typisch. Das beträgt jedoch ein Mehrfaches der im Ackerfutterbau üblichen Artenvielfalt. In den österreichischen nordsteirischen Grünlandgebieten schwankt die Biodiversität auf den intensivst bewirtschafteten Futterwiesen mit 4 Nutzungen im Jahr zwischen 7 und 52 Pflanzenarten und im Mittel bei 28 Pflanzenarten auf 100 m² nach einer Zusammenstellung von Humer (2015).[6] Diese ohnedies relativ hohe Biodiversität in Wirtschaftsgrünland wird von Ökologen und Naturfreunden in Österreich seit Jahren mit Bauern und Vertretern der Landwirtschaft sehr kontrovers diskutiert und man will noch höhere Biodiversitäten im Grünland.

Der Botaniker und Ökologe Wolfgang Holzner erklärte dazu in einer Vortragsserie:

„1. 5-10% der Fläche genügen zur Erhaltung der Biodiversität! Auch Intensivflächen tragen zur Biodiversität bei und sind außerdem für die Wirtschaftlichkeit notwendig, ja entscheidend. 2. Wir alle produzieren Landschaft – wir alle haben Einfluss auf die Biodiversität.“

Mit der Einführung der Grünlandprämie in der EU ab dem 1. Januar 2005 im Zuge der Agrarreform kann jeder Bewirtschafter von Grünlandflächen einen Prämienanspruch geltend machen. Bis zum Jahr 2013 setzt sich der Prämienanspruch aus einem Flächenanteil und einem betriebsspezifischen Zuschlag zusammen. Ab 2013 gibt es eine reine Flächenprämie in gleicher Höhe sowohl für Acker- als auch für Grünland.

Extensivgrünland

Extensivgrünland mit einer Ertragserwartung von 60 dt TM/ha bei 2 Nutzungen

Unter Extensivgrünland – bzw. artenreichem Grünland – sind vorwiegend 1-3-schürige Heu- und Öhmdwiesen zu verstehen. Es gehören aber auch langjährig extensiv bewirtschaftete Weiden in Höhenlagen dazu. Solches Grünland wird standortgerecht genutzt und erfährt nur eine teilweise Rückführung der Nährstoffe über Wirtschaftsdünger (Stallmist, Jauche, Gülle). Die Pflanzenbestände weisen einen mittleren Futterwert auf und nehmen auch im Arteninventar eine Mittelstellung zwischen dem Wirtschafts- und dem Biotopgrünland ein. Die Anzahl der Pflanzenarten ist mit 30 bis 45 pro 25 m² Referenzfläche vergleichsweise hoch und die Aspekte sind blütenbunt (siehe auch Blumenwiese). Bezüglich der floristischen und faunistischen Biodiversität wird dieser Typ nur noch vom Biotopgrünland übertroffen. In die Kategorie Extensivgrünland gehören auch die beiden mesophilen Wiesenformen magere Flachland-Mähwiese (FFH-Code 6510) und Berg-Mähwiese (FFH-Code 6520) nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) der Europäischen Gemeinschaft.

Der Viehbesatz von extensiv genutztem Grünland liegt bei 0,8 bis 1,5 GVE/ha.[9]

Extensivgrünland muss unterschieden werden von „extensiviertem Grünland“, das sich durch Reduzierung von Nutzungshäufigkeit und Düngung aus artenarmem Wirtschaftsgrünland heraus entwickelte, in der Regel aber (noch) nicht den bioökologischen Wert von Extensivgrünland besitzt.

Biotopgrünland

Biotopgrünland ist ein Sammelbegriff für Grünland, das nicht (mehr) primär der landwirtschaftlichen Futter- oder Streugewinnung (siehe Streuwiese) dient. Dabei handelt es sich um Magerwiesen oder -weiden extremer Standortverhältnisse, auf denen die allgemeine Nährstoffverfügbarkeit gering ist, in der Regel entweder wegen zu trockenen oder zu nassen Bodens. Beispiele für Biotopgrünland sind: Halbtrockenrasen und Kleinseggenwiesen. Die Größenordnung der natürlichen Biomasse-Produktion liegt auf Magerrasen-Niveau und damit unter 35 dt TM/ha. Die Pflanzengesellschaft stellt das artenreichste Ökosystem Mitteleuropas dar: Auf 25 m² Referenzfläche kommen bis zu 70 Gefäßpflanzenarten vor. Biotopgrünland steht häufig bereits seit langem unter Naturschutz (z. B. Wacholderheiden, Pfeifengras-Streuwiesen), oder die Flächen werden im Auftrag der Naturschutzverwaltung gepflegt („Vertragsnaturschutz“). Der Viehbesatz liegt in der Regel unter 0,5 GVE/ha.[9]

Futterwiesen

Als Futterwiesen bezeichnet und charakterisiert man am treffendesten und umfassendsten jegliches an Vieh verfüttertes landwirtschaftlich genutzte Grünland nach dem österreichischen Futterwiesenexperten Humer.[13]

Beispiel: Futterwiesen in Ungarn

In Ungarn hat das Grünland bereits hat einen deutlichen anderen Charakter als im benachbarten Österreich. In West-Ungarn sind es häufig zeitweise stark vernässte Flächen und sie sind oft um 10- bis 100-mal größer als in Österreich, eingesäumt von Wassergräben und meterbreiten Gehölzstreifen. Bisherige Beobachtungen zwischen 2000 und 2016 zeigen, dass in West-Ungarn das Grünland nur 1- oder 2-mal gemäht und kaum oder nicht gedüngt wird, weil das Futter mangels einer verbreiteten flächendeckenden Viehhaltung dort kaum gebraucht wird. Nicht mehr genutzte Wiesen verbuschen. Jäger mähen Fahrschneisen in die zuwachsenden Wiesen, um freie Schussbahnen und Zufahrtsschneisen zu den Hochsitzen zu erhalten. Die Wiesen dort sind ein Paradies für das Wild und Vögel wie dem Storch. In den letzten Jahren sind dort einige kleinere neue Weidebetriebe durch Förderung der Tierhaltung entstanden. Seit dem Zusammenbruch des Ostblocks 1990 ist dort die Viehhaltung auf den großen Höfen nahezu verschwunden und damit die flächenhafte Wiesenfutternutzung in dieser Region.

Verwendung

Die je nach Nutzungsintensität ein- bis sechsmal jährlich geerntete oberirdische Pflanzenbiomasse des Grünlandes wird frisch, siliert oder getrocknet überwiegend als Futtermittel für Rinder (Milchkühe, Mastrinder) genutzt. Zunehmend dient die Biomasse zur Erzeugung von Biogas. Ebenfalls möglich, jedoch wegen verfahrenstechnischer und emissionsbezogener Schwierigkeiten selten praktiziert, ist die Verbrennung des getrockneten Ernteguts als halmgutartige Biomasse. Auch die stoffliche Verwertung des Ernteguts von intensivem Wirtschaftsgrünland durch Nutzung der Fasern wird nur von einzelnen Unternehmen betrieben.[14]

Futterwert

Der Futterwert[15] spiegelt den rein ökonomischen Wert des Erntematerials wider und weicht von dem gesamtgesellschaftlichen Wert der Arten ab. Eine Hervorhebung dieser Einteilung ist der erhöhten Konzentration auf Gehaltwerte von für landwirtschaftliche Produktion verwendeten Pflanzen in den letzten Jahrzehnten geschuldet. Die folgenden Tabellen und Listen geben eine Futterwertbewertung einiger Graslandpflanzen im Rahmen der Bestimmung von Qualitätsklassen von Weidefutter in der DDR aus dem Jahr 1986 an.[15] Dabei liegt ein Zusammenhang zwischen geringem Futterwert und dem Gefährdungsgrad gemäß der Roten Liste vor.[16]

Geschichte

Im Vergleich zu den bis Mitte des 20. Jahrhunderts üblichen Bewirtschaftungsformen des Grünlands unterscheidet sich die heutige Grünlandwirtschaft in einer Reihe von Merkmalen. Durch den Übergang von Beweidung zu Ganzjahresstallhaltung wächst die Nutzung als Wiese zur Mahdnutzung zu Lasten der Weidenutzung, zudem wird vorwiegend Güllewirtschaft statt der früher üblichen Festmistwirtschaft betrieben. Auch durch den Übergang von Dürrfutterbereitung (Heu) auf Silage liegt der Nutzungszeitpunkt des ersten Aufwuchses heute früher im Jahr und erlaubt dadurch insgesamt mehr Nutzungen pro Jahr.

Fiskalisch-juristische Einordnung

Im Sinne des EU-Beihilferechts besteht zwischen Dauergrünland und Ackerland folgende Unterscheidung: Ackerland ist „Land, das regelmäßig bearbeitet wird und im Allgemeinen einer Fruchtfolge unterliegt“. Für die Unterscheidung zwischen Ackerland und Dauerkulturen oder Dauergrünland wird eine Schwelle von fünf Jahren angesetzt. Das heißt: Eine Wiesen-Neuansaat beispielsweise wird nach 5 Jahren zum „Dauergrünland“.[17]

Eine Umwandlung von Grünland in Ackerland („Umbruch“) ist nach EU-Recht in Deutschland aus ökologischen Gründen nicht mehr ohne weiteres möglich.[18]

Siehe auch

Literatur

  • K. Buchgraber, G. Gindl: Zeitgemäße Grünlandbewirtschaftung. 2. Auflage, Leopold Stocker Verlag, Graz 1994. ISBN 3-7020-1073-4
  • G. Briemle, M. Elsäßer, T. Jilg, W. Müller, H. Nußbaum: Nachhaltige Grünlandbewirtschaftung in Baden-Württemberg. In: Nachhaltige Land- und Forstwirtschaft. Springer Verlag, Berlin/Heidelberg/New York 1996, S. 215–256. ISBN 3-540-61090-1
  • H. Dierschke, G. Briemle: Kulturgrasland. Wiesen, Weiden und verwandte Staudenfluren. Ulmer, Stuttgart 2002. ISBN 3-8001-3816-6
  • H. Ellenberg: Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologische Sicht. Ulmer, Stuttgart 1982.
  • E. Klapp: Wiesen und Weiden. 4. Auflage, Parey-Verlag, Berlin/Hamburg 1971.
  • W. Opitz v. Boberfeld: Grünlandlehre – biologische und ökologische Grundlagen. Ulmer, Stuttgart 1994. ISBN 3-8252-1770-1
  • G. Voigtländer, H. Jacob: Grünlandwirtschaft und Futterbau. Ulmer, Stuttgart 1987.

Weblinks

Commons: Grünland - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Gottfried Briemle, Conrad Fink, Claus-Peter Hutter (Hrsg.): Wiesen, Weiden und anderes Grünland: Biotope erkennen, bestimmen, schützen.. Weitbrecht Verlag, Stuttgart 1993, ISBN 3-522-72010-5, S. 8 ff (Abgerufen am 19. Oktober 2015).
  2. Klaus-Ulrich Heyland (Herausgeber), Spezieller Pflanzenbau, 7. Auflage, Ulmer, Stuttgart, 1952, 1996, ISBN 3-8001-1080-6, S. 13.
  3. Georg Grabherr: Farbatlas Ökosysteme der Erde. Ulmer, Stuttgart 1997, ISBN 3-8001-3489-6. S. 286.
  4. Klaus-Ulrich Heyland (Herausgeber), Spezieller Pflanzenbau, 7. Auflage, Ulmer, Stuttgart, 1952, 1996, ISBN 3-8001-1080-6, S. 13–15.
  5. Wolfram Güthler, Rainer Oppermann: Agrarumweltprogramme und Vertragsnaturschutz weiter entwickeln Mit der Landwirtschaft zu mehr Natur: Ergebnisse des F+E-Projektes „Angebotsnaturschutz“. Bundesamt für Naturschutz, Bonn 2005, ISBN 978-3-7843-3913-9.
  6. 6,0 6,1 J. Humer, A. Blaschka, A. Bohner, E. Poetsch: Biodiversity span of fodder grassland in Austria. In: slideshare.net. FUTTERWIESENEXPERTEHumer, 28. Januar 2015, abgerufen am 8. Mai 2016 (english).
  7. E. M. Pötsch, A. Blaschka: Schaumberger/publication/262224301 Grassland Farming in Austria – status quo and future prospective/links/004635371a6d64d5d5000000.pdf Abschlussbericht über die Auswertung von MABDaten zur Evaluierung des ÖPUL hinsichtlich Kapitel VI.2.A „Artenvielfalt“. Gumpenstein, Dezember 2003, 37 S. BMLFUW, 2003, abgerufen am 6. Mai 2016.
  8. Rettet die Blumenwiesen! In: rettet-die-blumenwiesen.at. Abgerufen am 9. Mai 2016.
  9. 9,0 9,1 9,2 M. Bunzel-Drüke, C. Böhm, G. Finck, R. Kämmer, E. Luick, E. Reisinger, U. Riecken, J. Riedl, M. Scharf, O. Zimball: „Wilde Weiden – Praxisleitfaden für Ganzjahresbeweidung in Naturschutz und Landschaftsentwicklung“. Arbeitsgemeinschaft Biologischer Umweltschutz im Kreis Soest e. V. (Hg.) – Sassendorf-Lohne 2008. S. 114–116.
  10. Schultz, J. (2008): Die Ökozonen der Erde. Stuttgart: Ulmer. ISBN 978-3-8252-1514-9. S. 197.
  11. ÖPUL 2007, Sonderrichtlinie des BMLFUW für das Österreichische Programm zur Förderung einer umweltgerechten, extensiven und den natürlichen Lebensraum schützenden Landwirtschaft ( Ö P U L 2007 ); GZ BMLFUW-LE.1.1.8/0073-II/8/2007. (PDF, 497 Kb) In: bmlfuw.gv.at. BMLFUW und AMA Austria, 2007, abgerufen am 8. Mai 2016.
  12. Wolfgang Holzner: Über die Bedeutung der Nutzung von Wiesen und Weiden für die Biodiversität. (PDF) (Nicht mehr online verfügbar.) In: dib.boku.ac.at. Universität für Bodenkultur Wien, 20. Oktober 2011, ehemals im Original; abgerufen am 5. Mai 2016.@1@2Vorlage:Toter Link/www.dib.boku.ac.at (Seite nicht mehr abrufbar; Suche in Webarchiven)
  13. J. Humer: Der Experte für produktive FUTTERWIESEN. In: futterwiesenexpertehumer.wikispaces.com. 2. April 2012, abgerufen am 2. April 2012.
  14. Beispiel: Biowert Industrie GmbH: Agricell. Abgerufen am 10. März 2010
  15. 15,0 15,1 H. Olschewski, Autorenkollektiv der Abteilung Grasland: Anleitung zur Bestimmung und Bewertung der Futterqualität auf den Weiden. Rat d. Bezirkes Fachorg. für Land- Forst- u. Nahrungsgüterwirtschaft, Karl-Marx-Stadt April 1986.
  16. Hartmut Dierschke, Gottfried Briemle: Kulturgrasland: Wiesen, Weiden und verwandte Staudenfluren. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8001-5641-2.
  17. Agrarstatistik-Entscheidung 2000/115/EG der EU-Kommission.
  18. Umbruchverbot für Dauergrünland angeordnet. Webseite der Landwirtschaftskammer NRW, Pressemeldung des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 11. Februar 2011, abgerufen am 9. Mai 2016.
Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel Grünland aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.