Josef Gikatilla und Sepher Raziel HaMalach: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Bild:Tree of Life Medieval.jpg|thumb|300px|Abb. in „Portae Lucis“ (Die Pforten des Lichts) von Gikatilla: Mann, der einen Baum mit den zehn [[Sephiroth]] hält.]]
[[Datei:Sefer raziel segulot sigil.png|thumb|Symbole und [[Wikipedia:Sigille|Sigille]] aus dem Sefer Raziel HaMalach]]
'''Josef ben Abraham Gikatilla''' ({{HeS|יוסף בן אברהם ג'יקטיליה}}; * [[Wikipedia:1248|1248]] in [[Wikipedia:Medinaceli|Medinaceli]]; † um [[Wikipedia:1325|1325]] in [[Wikipedia:Peñafiel|Peñafiel]]) war ein [[Wikipedia:Spanien|spanischer]] [[Kabbala|Kabbalist]], [[Wikipedia:Philosophie|Philosoph]] und [[Mystik|Mystiker]], der zwischen [[Ekstase|ekstatischer]] und [[Theosophie|theosophischer]] [[Kabbala]] eine Zwischenstellung einnimmt.
Das '''Sefer Raziel HaMalach''' ({{HeS|ספר רזיאל המלאך}}) ist ein Werk der [[Kabbala]] aus dem 13. Jahrhundert, das auch unter den Namen "Sepher Raziel" und "Buch des Raziel" bekannt ist. Ins [[Latein]]ische wurde es übersetzt als '''''Liber Razielis Archangeli'''''.


== Leben ==
== Verwechslung ==
Gikatilla wurde 1248 in Medinaceli ([[Wikipedia:Kastilien|Altkastilien]]) geboren, verbrachte aber die meiste Zeit seines Lebens in [[Wikipedia:Segovia|Segovia]]. In den Jahren von 1272 bis 1274 studiert er bei [[Abraham Abulafia]], dem Begründer der ekstatischen Kabbala, der von entscheidendem Einfluss für sein späteres Werk sein wird und der umgekehrt von seinem Schüler nur in den höchsten Tönen spricht. Hier findet eine intensive Auseinandersetzung mit den profanen Wissenschaften und den Schriften des [[Wikipedia:Ibn Ezra|Ibn Ezra]], des [[Wikipedia:Solomon ibn Gabirol|Ibn Gabirol]], des Baruch [[Wikipedia:Togarmi|Togarmi]] und des [[Wikipedia:Maimonides|Maimonides]] statt, wobei letzterer überwältigend häufig zitiert wird. 1280 begegnet er [[Moses de Leon]], unter dessen Einfluss er sich von der linguistischen Kabbala Abulafias abwendet und zur [[Theosophie|theosophischen]] Kabbala kommt. Gleichzeitig ist ein Einfluss Gikatillas auf de Leon augenscheinlich, der als Verfasser des größten Teils des [[Sohar]] gilt. 1293 entsteht Gikatillas Hauptwerk, die ''Scha'are Orah'' (Tore des Lichts), eine der ersten Systematiken des Sohar. Alle seine Schriften behandeln die Rekombination von Buchstaben und Zahlen ([[Gematria]]), zugleich aber ist es sein Hauptanliegen, die Kabbala als Grundlage rationaler [[Philosophie]] zu begründen.
Das Sepher Raziel HaMalach wird oft mit dem mittelalterlichen Grimoire [[Sefer ha-Razim|Sepher Ha-Razim]] verwechselt. Das Sepher Ha-Razim ist  
* ein selbstständiges Buch und
* in einigen Versionen des Sepher Raziel HaMalach enthalten.  


Der Sage nach war Gikatillas Kenntnis der Kabbala so groß, dass er [[Wunder]] wirken konnte; er wird daher auch Jospeh „Ba'al ha-Nissim“ (Wunderherr) genannt. Isaak ben Samuel kritisierte ihn in seinem ''Me'irat 'Enayyim'' für die übertrieben häufige Verwendung des Gottesnamens.
Das ''Sepher Ha-Razim'' findet sich in den meisten Versionen des Sepher Raziel HaMalach im sechsten Kapitel wieder. Die Verwechslung muss [[James George Frazer]] zugerechnet werden. Er schreibt in seinem Werk „Folklore in the Old Testament“, dass [[Noah]] aus einer heiligen Schrift lernte, wie die Arche zu bauen sei. Jene Schrift war Adam gegeben worden durch den Engel Raziel. Darin solle sich alles Wissen wieder finden; das menschliche sowie das göttliche.“
Die Verwechslung könnte aber auch aus zwei Irrmeinungen entstanden sein. ''Sepher'' (hebr. ספר) bedeutet im Hebräischen "Buch" und findet sich oft im Titel mittelalterlicher Grimoires. Die erste Irrmeinung entstand, weil der Name ''[[Raziel]]'' (hebr. „Gottes Geheimnis“) und ''Razim'' (hebr. „Geheimnisse“) auf die gleiche Wortwurzel zurückführbar sind: "raz" (hebr. רז). ''Ha-Malach'' (hebr. המלאך) bedeutet: "der Engel". Die zweite Irrmeinung basiert auf einem inhaltlichen Missverständnis. Im Sepher Razim werden Anweisungen zum Bau der Arche an Noah vermittelt. Das Sepher Raziel HaMalach wurde der Legende nach von Noah mit in die Arche genommen. Im Sepher Raziel ist von Noah oder von der Arche nichts nachzulesen.


== Werk ==
== Legende ==
=== Scha'are Orah - Die Tore des Lichts (1293) ===
Nachdem [[Adam und Eva]] aus dem [[Garten Eden|Paradies]] vertrieben wurden, wurde ihnen die Tragweite ihrer Sünde bewusst. Adam begann deshalb zu beten. Gott erhörte ihn und sandte den [[Engel]] Raziel zu ihnen. Er sollte ihnen jene göttlichen Geheimnisse vermitteln, die Adam und Eva wieder zurück ins Paradies führen sollten. In einigen [[Legende]]n wird erzählt, dass der Engel im Alter von 130 zu Adam kam. In einer anderen Legende wird erzählt, dass Adam erst mit 635 besucht wurde. Diese heilige Schrift soll der Legende nach auf einer Saphirtafel eingraviert gewesen sein.  
Gikatillas Hauptwerk, das '''Scha'are Orah''' ({{HeS|שערי אורה|Tore des Lichts}}; [[lat.]] ''Portae Lucis'') oder '''Sefer ha-Orah''' (Buch vom Licht), diskutiert in zehn Kapiteln die zehn [[Sefirot]], von Keter bis Malkuth, und die entsprechenden Gottesnamen. Zu den zitierten Quellen gehört neben dem Sohar auch das [[Sefer Jezirah]] und das [[Pirka Hekalot]].


Zugleich ist das Buch eine leicht fassliche Einleitung in die Symbolik des ''[[Sohar]]''. Der Sohar wird hier nach den Regeln der Wort- und Namensrekombination systematisiert. Dieses Interesse für Wort- und Buchstabensymbolik kann nicht allein auf den Sohar zurückgeführt werden, sondern geht zurück auf den Einfluss seines Lehrers [[Abulafia]] und dessen ''Sefer ha-ot'' (Buch der Zeichen). Diese linguistische Traditionslinie begegnet hier durch die Konzentration auf die nichtlinguistische Wirklichkeit (in Gikatillas Fall: auf das [[Licht]]) der [[Theosophie|theosophischen]] Linie, mit der er durch [[Wikipedia:Moses de Leon|de Leon]] in Berührung kam.
Laut der rabbinischen Tradition wurde das Buch von den [[Cherub]]im gestohlen. Sie waren nicht damit einverstanden, dass Adam solch ein Wissen zuteil werden sollte. Sie warfen es in die Tiefen des Meeres. Daraufhin befahl Gott dem Engel Rehab nach dem Buch zu tauchen und es wieder Adam zurückzugeben.
Von Adam kam dann das Buch in die Hände Noahs. Noah rettete es über die [[Sintflut]] und übergab es [[Abraham]]. Abraham wanderte nach [[Ägypten]] aus. Dort befassten sich Ägypter sowie Juden gleichermaßen mit dem Buch. Jahrhunderte später - während der vierzigjährigen Wanderung durch die Wüste - wurde [[Mose|Moses]] durch [[Metatron]] (Henoch) in die Geheimnisse des Sepher Raziel HaMalach eingeweiht. Von Moses soll das Wissen an [[David (Israel)|David]] und dann an [[Salomo]]n gegangen sein. König Salomon gilt bis heute als der weiseste Mensch auf Erden und als ein Meister der [[Kabbala]].


Von anderen [[Sefer Jetzira|Jetzira]]-Kommentaren unterscheidet sich das Buch durch die veränderte Reihenfolge der Sefirot und der Betonung der Bedeutung der Gottesnamen. Die meisten Sefirotkommentare beginnen mit den Symbolen der höchsten Sphäre [[Kether]] oder sogar dem [[En Sof]] und diskutieren die übrigen dann in absteigender Reihenfolge. Im Gegensatz dazu favorisiert Gikatilla eine aufsteigende Reihenfolge. Dies wird als theoretische Schuld an die linguistisch-ekstatische Schule Abulafias betrachtet: während der Theosoph die absteigenden Emanationen der Schöpfung nachvollziehen will, versucht der Ekstatiker gerade die Rückkehr zum Beginn der Schöpfung.
== Geschichte ==


Entgegen der Legendenbildung um seine eigene Person macht Gikatilla klar, dass die Kenntnis der Kabbalah für [[Magie|magische]] oder [[Prophet|mantische]] Zwecke nicht geeignet ist, und revidiert hier eigene Fehleinschätzungen aus dem ''Nußgarten''.
Es gibt viele unterschiedliche Versionen des „Sefer Raziel“. Es existieren Ausgaben in verschiedenen Sprachen mit abweichenden Inhalten. Die meisten Historiker datieren das Buch in das 13. Jahrhundert und in die literarischen Kreise von König [[Alfonso X]]. Er wird auch Alfonso der Weise (1221-1284) genannt. Er gründete in [[Toledo]] eine [[Übersetzerschule von Toledo|Übersetzungsakademie]] zusammengesetzt aus [[Juden]], Christen und [[Moslem]]s. Dort wurden arabische und jüdische Werke ins Lateinische und Spanische übersetzt.


Historisch legt das Buch Zeugnis ab für die entscheidende Verschiebung innerhalb der kastilischen Mystik, die mit dem Weggang Abulafias aus Spanien entstanden war.
Das „Buch des Raziel“ soll aus Alfonsos Übersetzungsakademie stammen. Nicht als Resultat einer Übersetzung, sondern als zusammengesetzte Konzeption älterer Texte. Es wäre demnach in dieser Form ca. acht Jahrhunderte alt, aber aus älteren Texten zusammengesetzt.  


Gikatilla hatte eine immense Wirkung insbesondere auf die [[christliche Kabbala]] der [[Wikipedia:Renaissance|Renaissance]], der es als wichtigstes Nachschlagewerk über die Traditionen der jüdischen Mystik diente. Auch [[Wikipedia:Johannes Reuchlin|Johannes Reuchlin]] wird die Autorität Gikatillas zitieren, um sich gegen seine Kritiker zu verteidigen.
Einige Historiker sind der Meinung, dass es von einem jüdischen Gelehrten des Mittelalters stammt; entweder [[Eleasar b. Juda b. Kalonymos|Eleazar von Worms]] (1160-1238) oder [[Isaak der Blinde|Isaak dem Blinden]] (1160-1235). Das erste gedruckte Sepher Raziel geht auf das Jahr 1701 zurück und wurde von Amsterdam aus vertrieben.


=== Ausgaben der ''Tore des Lichts'' ===
== Bibliographische Erwähnungen ==
*Riva di Trento 1559
[[Humanist|Frühhumanisten]], wie Abt [[Trithemius]] (1462-1516) und [[Agrippa von Nettesheim]] (1486-1535) nutzten das Sefer Raziel als ausgiebige Zitatquelle für ihre Werke. Auch [[Nikolaus von Kues]] (1401-1464), [[Johannes Reuchlin]] (1455-1522) und [[Guillaume Postel]] (1510-1581) waren mit diesem Buch vertraut. Bibliographische Informationen zum „Sepher Raziel“ gibt es wenige. Es wird im „Schwert des Moses“, im „Dictionary of Angels“ von Gustav Davidsons und im Anhang der Übersetzung des Sefer Jesirah von [[Aryeh Kaplan]] erwähnt. Dort steht zudem, dass es im 19. Jahrhundert 25 verschiedene Ausgaben des Buches gab. Das Sepher Raziel wird auch in James Hastings „Encyclopædia of Religion and Ethics“ erwähnt. Joshua Trachtenberg schreibt in seinem Buch „Jewish Magic and Superstition“, dass es eine Ausgabe des Sepher Raziel auf Deutsch gäbe, die sich gänzlich von der Version aus Amsterdam (1701) unterscheidet. Eine Edition der hebräischen Handschriften sowie der lateinischen Version des "Sefer ha-Razim" haben Bill Rebiger und Peter Schäfer herausgegeben (Sefer ha-Razim I und II - Das Buch der Geheimnisse I und II, Mohr Siebeck Verlag: Tübingen 2009).
*Mantua 1561
*Krakau 1600
*Offenbach 1715
*Warschau 1876
*Jerusalem 1970


=== Weitere Werke von Gikatilla ===
== Ausgaben und Verweise ==
*''Sefer Ginnat Egoz'' („Der Nußgarten“, 1274) - Eine Schrift über die mystische Bedeutung der Namen, der Vokale und des Alphabet ([[Gematria]], Notarikon, Temura), die Einflüsse Jakobs ha-Kohen aus [[Wikipedia:Soria|Soria]] zeigt und den enigmatischen Yetzirah-Kommentar [[Wikipedia:Togarmi|Togarmis]] in vielen Bereichen richtigstellt.
*Kommentar(e?) zu den Zeitfolgen im [[Wikipedia:Hohelied|Hohelied]] [[Salomo]]s (Schemitott).
*''Kelalei ha-Mitzwot'' - zur [[Wikipedia:Halacha|Halacha]]
*''Sefer ha-Meschalim'' - Sprichwörter
*''Scha'ar ha-Niqud'' - über die [[Nikud|Vokale]]
*''Perusch Haggada schel Pesach'' - kabbalistischer Kommentar zum [[Wikipedia:Pessach|Pessach]]
* ein Kommentar zur [[Merkaba]]
*''Scha'are Zedek'' (auch: ''Scha'ar ha-Shamayin''): eine Wiederholung der Ergebnisse aus den ''Scha'are Orah''; wieder sind die [[Sefirot]] in aufsteigender Reihenfolge geordnet
*''Or ha-Sekhel'' (Licht des Intellekts)


=== Übersetzungen ===
* Giovanni Grippo: ''Sepher Raziel: Das Buch des Erzengels Raziel'' - G.G.Verlag (Deutsch) ISBN 978-3-981-06224-3
*Paulus Riccius: Portae Lucis. - Lateinische Übersetzung, Hauptquelle der christlichen Kabbala der Renaissance.
* Steve Savedow: ''Sepher Rezial Hemelach: The Book of the Angel Rezial'' - Red Wheel/Weiser/Conari (Englisch) ISBN 978-1-578-63168-1
*J. Winter / A. Wünsche: Die jüdische Literatur seit Abschluss des Kanons. Bd. III. Trier 1896, p. 267 (nur Auszüge).
* Avraham Yaakov Finkel: ''Kabbalah: Selections From Classic Kabbalistic Works From Raziel Hamalach To The Present Day'' - Targum Pr 2003 (Englisch) ISBN 978-1-568-71218-5
*Avi Weinstein: Gates of Light. Walnut Creek, London, New Delhi 1992.
* James George Frazer: ''Folklore in the Old Testament'' - Avenel Abridged (Englisch) ISBN 978-0-517-67251-8


== Literatur ==
== Weblinks ==
*[[Wikipedia:Gerschom Scholem|Gerschom Scholem]]: Die jüdische Mystik in ihren Hauptströmungen. Frankfurt am Main 1957.
*Mosche Idel: Kabbalah. New Perspectives. New Haven und London 1988.
*S. Blickstein: Between Philosophy and Mysticism. A Study of the Philosophical-Qabbalistic Writings of Joseph Giqatila. New York 1983.
*[[Wikipedia:Johann Maier (Judaist)|Johann Maier]]: ''Die Kabbalah: Einführung, Klassische Texte, Erläuterungen'', Verlag C. H. Beck, München 2005, ISBN 978-3406396595
*[[Wikipedia:Karl Erich Grözinger|Karl Erich Grözinger]]: ''Jüdisches Denken. Theologie - Philosophie - Mystik: Band 2: Von der mittelalterlichen Kabbala zum Hasidismus'', Campus Verlag, Frankfurt/New York 2006, ISBN 978-3593375137


{{DEFAULTSORT:Gikatilla, Josef}}
* [http://emol.org/kabbalah/seferraziel/seferraziel.pdf  Englische Version des Sepher Raziel als PDF] (177 kB)
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[[Kategorie:Judentum in Spanien]]
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[[Kategorie:Mann]]


{{Personendaten
[[Kategorie:Kabbalistisches Werk]]
|NAME=Gikatilla, Josef
|ALTERNATIVNAMEN=Chiquitilla, Josef ben Abraham
|KURZBESCHREIBUNG=spanischer Kabbalist, Philosoph und Mystiker
|GEBURTSDATUM=1248
|GEBURTSORT=[[Medinaceli]]
|STERBEDATUM=um 1305
|STERBEORT=[[Peñafiel]]
}}


{{Wikipedia}}
{{Wikipedia}}

Version vom 4. September 2018, 02:29 Uhr

Symbole und Sigille aus dem Sefer Raziel HaMalach

Das Sefer Raziel HaMalach (hebr. ספר רזיאל המלאך) ist ein Werk der Kabbala aus dem 13. Jahrhundert, das auch unter den Namen "Sepher Raziel" und "Buch des Raziel" bekannt ist. Ins Lateinische wurde es übersetzt als Liber Razielis Archangeli.

Verwechslung

Das Sepher Raziel HaMalach wird oft mit dem mittelalterlichen Grimoire Sepher Ha-Razim verwechselt. Das Sepher Ha-Razim ist

  • ein selbstständiges Buch und
  • in einigen Versionen des Sepher Raziel HaMalach enthalten.

Das Sepher Ha-Razim findet sich in den meisten Versionen des Sepher Raziel HaMalach im sechsten Kapitel wieder. Die Verwechslung muss James George Frazer zugerechnet werden. Er schreibt in seinem Werk „Folklore in the Old Testament“, dass „Noah aus einer heiligen Schrift lernte, wie die Arche zu bauen sei. Jene Schrift war Adam gegeben worden durch den Engel Raziel. Darin solle sich alles Wissen wieder finden; das menschliche sowie das göttliche.“ Die Verwechslung könnte aber auch aus zwei Irrmeinungen entstanden sein. Sepher (hebr. ספר) bedeutet im Hebräischen "Buch" und findet sich oft im Titel mittelalterlicher Grimoires. Die erste Irrmeinung entstand, weil der Name Raziel (hebr. „Gottes Geheimnis“) und Razim (hebr. „Geheimnisse“) auf die gleiche Wortwurzel zurückführbar sind: "raz" (hebr. רז). Ha-Malach (hebr. המלאך) bedeutet: "der Engel". Die zweite Irrmeinung basiert auf einem inhaltlichen Missverständnis. Im Sepher Razim werden Anweisungen zum Bau der Arche an Noah vermittelt. Das Sepher Raziel HaMalach wurde der Legende nach von Noah mit in die Arche genommen. Im Sepher Raziel ist von Noah oder von der Arche nichts nachzulesen.

Legende

Nachdem Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben wurden, wurde ihnen die Tragweite ihrer Sünde bewusst. Adam begann deshalb zu beten. Gott erhörte ihn und sandte den Engel Raziel zu ihnen. Er sollte ihnen jene göttlichen Geheimnisse vermitteln, die Adam und Eva wieder zurück ins Paradies führen sollten. In einigen Legenden wird erzählt, dass der Engel im Alter von 130 zu Adam kam. In einer anderen Legende wird erzählt, dass Adam erst mit 635 besucht wurde. Diese heilige Schrift soll der Legende nach auf einer Saphirtafel eingraviert gewesen sein.

Laut der rabbinischen Tradition wurde das Buch von den Cherubim gestohlen. Sie waren nicht damit einverstanden, dass Adam solch ein Wissen zuteil werden sollte. Sie warfen es in die Tiefen des Meeres. Daraufhin befahl Gott dem Engel Rehab nach dem Buch zu tauchen und es wieder Adam zurückzugeben.

Von Adam kam dann das Buch in die Hände Noahs. Noah rettete es über die Sintflut und übergab es Abraham. Abraham wanderte nach Ägypten aus. Dort befassten sich Ägypter sowie Juden gleichermaßen mit dem Buch. Jahrhunderte später - während der vierzigjährigen Wanderung durch die Wüste - wurde Moses durch Metatron (Henoch) in die Geheimnisse des Sepher Raziel HaMalach eingeweiht. Von Moses soll das Wissen an David und dann an Salomon gegangen sein. König Salomon gilt bis heute als der weiseste Mensch auf Erden und als ein Meister der Kabbala.

Geschichte

Es gibt viele unterschiedliche Versionen des „Sefer Raziel“. Es existieren Ausgaben in verschiedenen Sprachen mit abweichenden Inhalten. Die meisten Historiker datieren das Buch in das 13. Jahrhundert und in die literarischen Kreise von König Alfonso X. Er wird auch Alfonso der Weise (1221-1284) genannt. Er gründete in Toledo eine Übersetzungsakademie zusammengesetzt aus Juden, Christen und Moslems. Dort wurden arabische und jüdische Werke ins Lateinische und Spanische übersetzt.

Das „Buch des Raziel“ soll aus Alfonsos Übersetzungsakademie stammen. Nicht als Resultat einer Übersetzung, sondern als zusammengesetzte Konzeption älterer Texte. Es wäre demnach in dieser Form ca. acht Jahrhunderte alt, aber aus älteren Texten zusammengesetzt.

Einige Historiker sind der Meinung, dass es von einem jüdischen Gelehrten des Mittelalters stammt; entweder Eleazar von Worms (1160-1238) oder Isaak dem Blinden (1160-1235). Das erste gedruckte Sepher Raziel geht auf das Jahr 1701 zurück und wurde von Amsterdam aus vertrieben.

Bibliographische Erwähnungen

Frühhumanisten, wie Abt Trithemius (1462-1516) und Agrippa von Nettesheim (1486-1535) nutzten das Sefer Raziel als ausgiebige Zitatquelle für ihre Werke. Auch Nikolaus von Kues (1401-1464), Johannes Reuchlin (1455-1522) und Guillaume Postel (1510-1581) waren mit diesem Buch vertraut. Bibliographische Informationen zum „Sepher Raziel“ gibt es wenige. Es wird im „Schwert des Moses“, im „Dictionary of Angels“ von Gustav Davidsons und im Anhang der Übersetzung des Sefer Jesirah von Aryeh Kaplan erwähnt. Dort steht zudem, dass es im 19. Jahrhundert 25 verschiedene Ausgaben des Buches gab. Das Sepher Raziel wird auch in James Hastings „Encyclopædia of Religion and Ethics“ erwähnt. Joshua Trachtenberg schreibt in seinem Buch „Jewish Magic and Superstition“, dass es eine Ausgabe des Sepher Raziel auf Deutsch gäbe, die sich gänzlich von der Version aus Amsterdam (1701) unterscheidet. Eine Edition der hebräischen Handschriften sowie der lateinischen Version des "Sefer ha-Razim" haben Bill Rebiger und Peter Schäfer herausgegeben (Sefer ha-Razim I und II - Das Buch der Geheimnisse I und II, Mohr Siebeck Verlag: Tübingen 2009).

Ausgaben und Verweise

  • Giovanni Grippo: Sepher Raziel: Das Buch des Erzengels Raziel - G.G.Verlag (Deutsch) ISBN 978-3-981-06224-3
  • Steve Savedow: Sepher Rezial Hemelach: The Book of the Angel Rezial - Red Wheel/Weiser/Conari (Englisch) ISBN 978-1-578-63168-1
  • Avraham Yaakov Finkel: Kabbalah: Selections From Classic Kabbalistic Works From Raziel Hamalach To The Present Day - Targum Pr 2003 (Englisch) ISBN 978-1-568-71218-5
  • James George Frazer: Folklore in the Old Testament - Avenel Abridged (Englisch) ISBN 978-0-517-67251-8

Weblinks


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