Carl Gustav Jung und Friedrich Schiller: Unterschied zwischen den Seiten

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(Rudolf Steiner über die analytische Psychologie)
 
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== Rudolf Steiner über die analytische Psychologie ==
[[Datei:Friedrich schiller.jpg|miniatur|Friedrich Schiller <br />
Rudolf Steiner sieht in der analytischen Psychologie problematische Halbwahrheiten. In einem Vortrag (GA 66) äußert er sich im Jahre 1917 wie folgt:
(von [[Ludovike Simanowiz]], 1794)]]


"Nun trat ja in der neueren Zeit das hervor, was man die
'''Johann Christoph Friedrich von Schiller''' (* 10. November 1759 in Marbach am Neckar, Herzogtum Württemberg; † 9. Mai 1805 in Weimar, Herzogtum Sachsen-Weimar), 1802 geadelt, war ein deutscher Dichter, [[Philosoph]] und Historiker. Er gilt als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Dramatiker und Lyriker. Viele seiner Theaterstücke gehören zum Standardrepertoire der deutschsprachigen Theater. Seine Balladen zählen zu den bekanntesten deutschen Gedichten.
analytische Psychologie nennt. Diese analytische Psycho-
 
logie ist, ich möchte sagen, von guten Ahnungen beseelt.
Schiller gehört mit [[Christoph Martin Wieland|Wieland]], [[Johann Wolfgang von Goethe|Goethe]] und [[Johann Gottfried Herder|Herder]] zum Viergestirn der [[Wikipedia:Weimarer Klassik|Weimarer Klassik]].  
Denn was will sie? Diese analytische Psychologie, oder wie
 
man sie gewöhnlich heute nennt, Psychoanalyse, sie will
Er war durch Geburt Württemberger, wurde später Staatsbürger von Sachsen-Weimar und erhielt 1792 zusätzlich die französische Bürgerschaft verliehen.
von dem gewöhnlichen Seelenleben zu dem heruntersteigen,
 
was in dem gewöhnlichen gegenwärtigen Seelenleben nicht
Seine Freundschaft mit [[Goethe]] ist legendär und ermöglichte erst die Geburt der "[[Wikipedia:WEimarer Klassik|Weimarer Klassik]]". Man kann, wenn man die drei Philosophen [[Fichte]], [[Schelling]] und [[Hegel]] dazurechnet, die im benachbarten Jena wirkten, auch von einem Siebengestirn sprechen, das in einem besonderen Ausmaße vom [[Deutscher Volksgeist|Deutschen Volksgeist]] inspiriert war<ref> Quelle? Vermutl. [[Karl Heyer]]: ''Studienmaterialien zur Geschichte des Abendlandes, Bd.8, Sozialimpulse des deutschen Geistes im Goethe-Zeitalter'', Freies Geistesleben, 2. Aufl. 1987.</ref>
mehr enthalten ist, aber Rest ist aus früherem seelischen
 
Erleben. Der Psychoanalytiker nimmt an, das seelische
== Schiller als Philosoph ==
Leben erschöpfe sich nicht in dem gegenwärtigen seelischen
''Hauptartikel -> [[Briefe zur ästhetischen Erziehung des Menschen]]''
Erleben, in dem bewußten seelischen Erleben, sondern das
 
Bewußtsein tauche hinunter ins Unterbewußte. Und in vie-
<!--[[Datei:Schiller-Brief1-Seite1.jpg|thumb|left|200px|Über die ästhetische Erziehung des Menschen]]-->
lem, was im seelischen Leben als Störung, als Verwirrung,
Schiller war vornehmlich Dramatiker, aber bedingt durch eine Schaffenskrise hat er sich auch gründlich mit der Philosophie [[Kant]]s beschäftigt, und hat selbst philosophische Arbeiten angefertigt, unter denen die [[Über die ästhetische Erziehung des Menschen|Briefe zur ästhetischen Erziehung des Menschen]] hervorzuheben sind. Diese Briefe sollen neben [[Goethes Märchen]] für Rudolf Steiner eine Inspirationsquelle für die Entwicklung seiner [[Soziale_Dreigliederung|Dreigliederungsidee]] gewesen sein ({{G|200|65}}).
als dieses oder jenes Mangelhafte auftritt, sieht der Psycho-
Rudolf Steiner hält diese vielgelobten, aber selten wirklich gelesenen Briefe Schillers für eines der bedeutendsten Werke der deutschen Geistesgeschichte überhaupt, dessen inhaltlicher Reichtum geradezu unerschöpflich sei. Die Briefe werden von ihm auch empfohlen als Meditationsbüchlein und inspirierender Text für die [[Selbsterziehung]]. Steiner bedauert, daß der Text unnötig schwierig geraten sei, was auf die Beschäftigung Schillers mit Kant zurückgeht, und daß die Briefe deshalb bis zu seiner Zeit (und auch bis heute) nicht die verdiente Würdigung und praktische Relevanz finden konnten.
analytiker eine Wirkung des unten im Unterbewußten
 
Wogenden. Aber interessant ist es, was in diesem Unter-
{{GZ|Eine neue Stufe in seiner Selbstentwickelung sind seine ästhetischen Briefe, die «Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen». Sie sind ein Juwel in unserem deutschen Geistesleben. Nur der kann fühlen und empfinden, was geheimnisvoll zwischen und aus den Worten - auch den späteren Dramen Schillers - herausströmt, der diese seine ästhetischen Briefe kennt; sie sind wie Lebensbalsam. Wer sich ein wenig befasst hat mit dem hohen geistigen, pädagogischen Ideale, das in seinen ästhetischen Briefen lebt, wird sagen müssen: Ein Volksbuch müssen wir diese ästhetischen Briefe nennen. Erst dann, wenn in unseren Schulen nicht nur Plato, nicht nur Cicero, sondern mit gleicher Geltung die ästhetischen Briefe Schillers für die Jugend durchgenommen werden, wird man erkennen, wie ein Eigenes, ein Geniales darin lebt. Was in den ästhetischen Briefen lebt, wird erst fruchtbar werden, wenn die Lehrer unserer höheren Schulen durchdrungen sein werden von diesem geistigen Lebensblut, wenn sie in ihre Zöglinge etwas hineinströmen lassen werden von dem, was Schiller hat heranerziehen wollen dadurch, dass er dieses herrliche Werk uns geschenkt hat. In den heutigen philosophischen Werken finden Sie keinen Hinweis auf diese ästhetischen Briefe. Sie sind aber bedeutender als vieles, was von Fachphilosophen geleistet worden ist, denn sie appellieren an das Innerste des Menschen und wollen dieses Innerste eine Stufe höher hinaufheben.  
bewußten der Psychoanalytiker nun sieht. Wenn man hört,
was er aufzählt in diesem Unterbewußten, so ist es zu-
nächst getäuschte Lebenshoffnung. Der Psychoanalytiker
findet irgendeinen Menschen, der unter dieser oder jener
Depression leidet. Diese Depression braucht ihren Ursprung
nicht im gegenwärtigen bewußten Seelenleben zu haben,
sondern in der Vergangenheit. In diesem Leben trat einmal
irgend etwas im seelischen Erleben auf. Der Mensch ist dar-
über hinausgekommen, aber nicht vollständig; im Unter-
bewußten ist ein Rest geblieben. Er hat zum Beispiel Ent-
täuschungen erlebt. Er ist durch Erziehung, durch andere
Vorgänge, mit dem bewußten Seelenleben über diese Ent-
täuschungen hinweggekommen, aber im Unterbewußten,
da leben sie. Da wogt sie, diese Enttäuschung, gewisser-
maßen bis an die Grenze der Bewußtheit heran. Da erzeugt
sie dann die unklare seelische Depression. Der Psycho-
analytiker sucht also in allerlei Enttäuschungen, in ge-
täuschten Lebenshoffnungen, die ins Unterbewußte her-
untergezogen sind, dasjenige, was das bewußte Leben in
einer dunklen Weise bestimmt. Das sucht er auch in dem,
was das Seelenleben als Temperament färbt. In dem, was
das Seelenleben aus gewissen rationalen Impulsen heraus
färbt, sucht der Psychoanalytiker ein Unterbewußtes, das
gewissermaßen nur anschlägt an das Bewußtsein. Dann
aber kommt er zu einem weiten Gebiete - ich referiere hier
nur —, welches der Psychoanalytiker dadurch faßt, daß er
sagt: Da spielt herauf in das bewußte Leben der animalische
Grundschlamm der Seele. Nun soll gar nicht geleugnet wer-
den, daß dieser Grundschlamm vorhanden ist.
(...)
(...)
In dem, was der Psychoanalytiker in den enttäuschten Lebenshoffnungen in den Untergründen der Seele sucht, liegt, wenn er nur tief genug
Nur in einzelnen Strichen konnte ich die Gedanken von Schillers ästhetischen Briefen ausdrücken. Aber nur dann wirken sie, wenn sie nicht bloß gelesen und im Lesen studiert werden, sondern wenn sie wie ein Meditationsbuch den Menschen begleiten durchs ganze Leben, so dass er werden will, wie Schiller werden wollte.|53|403f}}
darauf eingeht, dasjenige, was sich vorbereitet in einem
gegenwärtigen Leben, um schicksalsmäßig in ein nächstes
Leben einzugreifen.


So findet man überall, wenn man den animalischen
{{GZ|Dann ist wiederum ein bedeutender Höhepunkt in der Erfassung des ästhetischen Menschen bei Schiller in seinen «Briefen über die ästhetische Erziehung des Menschen». Es war damals eine mehr abstrakte Zeit. Das Geistig-Konkrete, das Spirituelle haben wir erst jetzt zu dem Idealistischen hinzuzufügen. Aber wenn wir auf dieses mehr Abstrakte der Goethe-Schiller-Zeit sehen, so sehen wir doch in den Abstraktionen, die sich in Schillers ästhetischen Briefen finden, etwas von dem, was hier gesagt worden ist, nur daß hier der Prozeß scheinbar mehr ins Materielle hinuntergetragen wird; aber nur, weil dieses Materielle noch mehr durch die Kraft des intensiv erfaßten Geistigen durchdrungen werden soll. Was sagt Schiller? Er sagt: Der Mensch, wie er hier lebt auf der Erde, hat zwei Grundtriebe, den Vernunfttrieb und den Naturtrieb. Der Vernunfttrieb wirkt durch Naturnotwendigkeit logisch. Man ist gezwungen, in einer gewissen Weise zu denken, man hat keine Freiheit zu denken; denn was hilft es einem, auf diesem Gebiete der Vernunftnotwendigkeit von Freiheit zu sprechen, wenn man doch gezwungen ist, nicht zu denken, daß drei mal drei zehn, sondern neun ist. Die Logik bedeutet eine strenge Vernunftnotwendigkeit. So daß Schiller sagt: Wenn der Mensch sich der reinen Vernunftnotwendigkeit fügt, dann steht er unter einem geistigen Zwang.
Grundschlamm—ohne sich die Hände dabei zu beschmutzen,
wie es bei den Psychoanalytikern leider so häufig geschieht
- umgräbt, durchforscht, das geistig-seelische Weben des
Schicksals, das über Geburt und Tod mit dem geistig-seeli-
schen Leben der Seele hinausgeht. Gerade an der analy-
tischen Psychologie haben wir ein Gebiet, an dem so recht
gelernt werden kann, wie alles richtig und alles falsch ist,
wenn es sich um Weltanschauungsfragen handelt, nämlich
von der einen oder anderen Seite aus." ( GA 66, Seite 179ff.)


Der Vernunftnotwendigkeit stellt Schiller die sinnliche Notdurft entgegen, die in alledem, was in den Trieben, in den Emotionen ist, lebt. Da folgt der Mensch auch nicht seiner Freiheit, sondern der Naturnotwendigkeit. Nun sucht Schiller den mittleren Zustand zwischen der Vernunftnotwendigkeit und der Naturnotwendigkeit. Und diesen mittleren Zustand findet er darin, daß die Vernunftnotwendigkeit sich gewissermaßen herabneigt zu dem, was man liebt und nicht liebt, daß man nicht mehr einer starren logischen Notwendigkeit folgt, wenn man denkt, sondern dem inneren Triebe, die Vorstellungen zu fügen oder nicht zu fügen, wie es beim ästhetischen Gestalten der Fall ist. Aber dann geht auch die Naturnotwendigkeit herauf. Dann ist es nicht mehr die sinnliche Notdurft, der man wie unter einem Zwang folgt, sondern es wird die Notdurft verseeligt, vergeistigt. Der Mensch will nicht mehr bloß dasjenige, was sein Leib will, sondern es wird der sinnliche Genuß vergeistigt. Und so nähern sich Vernunftnotwendigkeit und Naturnotwendigkeit.


Sie müssen das natürlich in Schillers ästhetischen Briefen, die zu den bedeutendsten philosophischen Erzeugnissen in der Weltentwickelung gehören, selber nachlesen. In dem, was da Schiller auseinandersetzt, lebt schon das, was wir hier eben gehört haben, nur in metaphysischer Abstraktion. Was Schiller das Befreien der Vernunftnotwendigkeit von der Starrheit nennt, das lebt in dem Lebendigwerden der Sinnesbezirke, die wiederum bis zum Lebensvorgang zurückgeführt werden. Und das, was Schiller die Vergeistigung - besser sollte er sagen «Verseeligung» - der Naturnotdurft nennt, das lebt hier, indem die Lebensprozesse wie Seelenprozesse wirken. Die Lebensprozesse werden seelischer, die Sinnesprozesse werden lebendiger. Das ist der wahre Vorgang, der - nur mehr in abstrakte Begriffe, in Begriffsgespinste gebracht - sich in Schillers ästhetischen Briefen findet, wie es eben in der damaligen Zeit noch sein mußte, wo man noch nicht spirituell stark genug war mit den Gedanken, um bis in das Gebiet hinunterzukommen, wo der Geist so lebt, wie es der Seher will: daß nicht gegenübergestellt wird Geist und Stoff, sondern erkannt wird, wie der Geist überall den Stoff durchzieht, daß man gar nirgends auf geistlose Stoffe stoßen kann. Die bloße Gedankenbetrachtung ist nur deshalb bloße Gedankenbetrachtung, weil der Mensch nicht imstande ist, seine Gedanken so stark, das heißt so dicht spirituell, so geistig zu machen, daß der Gedanke den Stoff bewältigt, also hineindringt in den wirklichen Stoff. Schiller ist noch nicht imstande, einzusehen, daß die Lebensprozesse wirklich als Seelenprozesse wirken können. Er ist noch nicht imstande, so weit zu gehen, daß er sieht, wie das, was im Materiellen als Ernährung, Wärmung, Atmung wirkt, sich gestalten, wie das seelisch sprühen und leben kann, und aufhört, das Materielle zu sein; so daß die materiellen Teilchen zerstieben unter der Macht des Begriffes, mit dem man die materiellen Prozesse erfaßt. Und ebensowenig ist Schiller schon imstande, so zum Logischen hinaufzuschauen, daß er es wirklich nicht bloß in begrifflicher Dialektik in sich wirken läßt, sondern daß er in jener Entwickelung, welche erreicht werden kann durch Initiation, das Geistige als den eigenen Prozeß erlebt, so daß es wirklich lebend hineinkommt in das, was sonst bloß Erkenntnis ist. Was in Schillers ästhetischen Briefen lebt, ist deshalb ein «Ich trau mich nicht recht heran an das Konkrete». Aber es pulsiert schon darinnen, was man genauer erfaßt, wenn man das Lebendige durch das Geistige und das Stoffliche durch das Lebendige zu erfassen versucht.|170|154ff}}
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Friedrich Schiller}}
*[[TheaterWiki:Friedrich Schiller|Friedrich Schiller]] (TheaterWiki)


== Literatur ==
== Literatur ==
* Jolande Jacobi: ''Die Psychologie von C. G. Jung.'' Rascher, Zürich 1940; 22. Auflage: Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2008, ISBN 978-3-596-26365-3.
* Rudolf Steiner: ''Ursprung und Ziel des Menschen'', [[GA 53]] (1981), ISBN 3-7274-0532-5 {{Vorträge|053}}
* [[Gerhard Wehr]]: ''C. G. Jung'' (= ''Rowohlts Monographien.'' Bd. 152). Rowohlt, Reinbek 1969; 21. Auflage 2006, ISBN 3-499-50152-X.
* Rudolf Steiner: ''Das Rätsel des Menschen. Die geistigen Hintergründe der menschlichen Geschichte.'', [[GA 170]] (1978), Neunter Vortrag, Dornach, 15. August 1916
* [[Gerhard Wehr]]: ''Carl Gustav Jung. Leben – Werk – Wirkung.'' Kösel, München 1985; 3., erweiterte Auflage: Telesma, Schwielowsee 2009, ISBN 978-3-941094-01-7.
* [[Gerhard Wehr]]: ''C. G. Jung und Rudolf Steiner: Konfrontation und Synopse''. Klett-Cotta /J. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger; Auflage: 2., veränd. A. (1998), ISBN 3608919341
* [[Hans Erhard Lauer]]: ''Die Rätsel der Seele. Tiefenpsychologie und Anthroposophie''. Verlag die Kommenden, Freiburg 1982, 5. Aufl. ISBN 3782302095
* Rudolf Steiner: ''Geist und Stoff, Leben und Tod'', [[GA 66]] (1988), ISBN 3-7274-0660-7 {{Vorträge|066}}


{{GA}}
{{GA}}
== Weblinks ==
* {{Zeno-Autor|Literatur/M/Schiller,+Friedrich}}
* [http://www.kuehnle-online.de/literatur/schiller/werke/phil/aestherzieh/01.htm Die ästhetischen Briefe Schillers Online]
* http://odysseetheater.org/schiller/schiller.htm
* [https://www.dla-marbach.de/bibliothek/bibliografien/schiller-bibliografie/ Deutsches Literatur Archiv Marbach: Schiller-Bibliografie]
== Einzelnachweise ==
<references />
{{wikipedia}}
{{DEFAULTSORT:Schiller, Friedrich}}
[[Kategorie:Philosoph]]
[[Kategorie:Philosophie und Anthroposophie]]
[[Kategorie:Deutscher Idealismus]]
[[Kategorie:Schriftsteller]]
[[Kategorie:Weimarer Klassik]]
[[Kategorie:Aufklärer]]
[[Kategorie:Ästhetiker]]
[[Kategorie:Dichter]]
[[Kategorie:Dramatiker]]
[[Kategorie:Schiller|!]]
[[Kategorie:Deutscher]]
[[Kategorie:Geboren 1759]]
[[Kategorie:Gestorben 1805]]
[[Kategorie:Mann]]

Version vom 12. Juni 2018, 01:26 Uhr

Friedrich Schiller
(von Ludovike Simanowiz, 1794)

Johann Christoph Friedrich von Schiller (* 10. November 1759 in Marbach am Neckar, Herzogtum Württemberg; † 9. Mai 1805 in Weimar, Herzogtum Sachsen-Weimar), 1802 geadelt, war ein deutscher Dichter, Philosoph und Historiker. Er gilt als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Dramatiker und Lyriker. Viele seiner Theaterstücke gehören zum Standardrepertoire der deutschsprachigen Theater. Seine Balladen zählen zu den bekanntesten deutschen Gedichten.

Schiller gehört mit Wieland, Goethe und Herder zum Viergestirn der Weimarer Klassik.

Er war durch Geburt Württemberger, wurde später Staatsbürger von Sachsen-Weimar und erhielt 1792 zusätzlich die französische Bürgerschaft verliehen.

Seine Freundschaft mit Goethe ist legendär und ermöglichte erst die Geburt der "Weimarer Klassik". Man kann, wenn man die drei Philosophen Fichte, Schelling und Hegel dazurechnet, die im benachbarten Jena wirkten, auch von einem Siebengestirn sprechen, das in einem besonderen Ausmaße vom Deutschen Volksgeist inspiriert war[1]

Schiller als Philosoph

Hauptartikel -> Briefe zur ästhetischen Erziehung des Menschen

Schiller war vornehmlich Dramatiker, aber bedingt durch eine Schaffenskrise hat er sich auch gründlich mit der Philosophie Kants beschäftigt, und hat selbst philosophische Arbeiten angefertigt, unter denen die Briefe zur ästhetischen Erziehung des Menschen hervorzuheben sind. Diese Briefe sollen neben Goethes Märchen für Rudolf Steiner eine Inspirationsquelle für die Entwicklung seiner Dreigliederungsidee gewesen sein (GA 200, S. 65). Rudolf Steiner hält diese vielgelobten, aber selten wirklich gelesenen Briefe Schillers für eines der bedeutendsten Werke der deutschen Geistesgeschichte überhaupt, dessen inhaltlicher Reichtum geradezu unerschöpflich sei. Die Briefe werden von ihm auch empfohlen als Meditationsbüchlein und inspirierender Text für die Selbsterziehung. Steiner bedauert, daß der Text unnötig schwierig geraten sei, was auf die Beschäftigung Schillers mit Kant zurückgeht, und daß die Briefe deshalb bis zu seiner Zeit (und auch bis heute) nicht die verdiente Würdigung und praktische Relevanz finden konnten.

„Eine neue Stufe in seiner Selbstentwickelung sind seine ästhetischen Briefe, die «Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen». Sie sind ein Juwel in unserem deutschen Geistesleben. Nur der kann fühlen und empfinden, was geheimnisvoll zwischen und aus den Worten - auch den späteren Dramen Schillers - herausströmt, der diese seine ästhetischen Briefe kennt; sie sind wie Lebensbalsam. Wer sich ein wenig befasst hat mit dem hohen geistigen, pädagogischen Ideale, das in seinen ästhetischen Briefen lebt, wird sagen müssen: Ein Volksbuch müssen wir diese ästhetischen Briefe nennen. Erst dann, wenn in unseren Schulen nicht nur Plato, nicht nur Cicero, sondern mit gleicher Geltung die ästhetischen Briefe Schillers für die Jugend durchgenommen werden, wird man erkennen, wie ein Eigenes, ein Geniales darin lebt. Was in den ästhetischen Briefen lebt, wird erst fruchtbar werden, wenn die Lehrer unserer höheren Schulen durchdrungen sein werden von diesem geistigen Lebensblut, wenn sie in ihre Zöglinge etwas hineinströmen lassen werden von dem, was Schiller hat heranerziehen wollen dadurch, dass er dieses herrliche Werk uns geschenkt hat. In den heutigen philosophischen Werken finden Sie keinen Hinweis auf diese ästhetischen Briefe. Sie sind aber bedeutender als vieles, was von Fachphilosophen geleistet worden ist, denn sie appellieren an das Innerste des Menschen und wollen dieses Innerste eine Stufe höher hinaufheben. (...) Nur in einzelnen Strichen konnte ich die Gedanken von Schillers ästhetischen Briefen ausdrücken. Aber nur dann wirken sie, wenn sie nicht bloß gelesen und im Lesen studiert werden, sondern wenn sie wie ein Meditationsbuch den Menschen begleiten durchs ganze Leben, so dass er werden will, wie Schiller werden wollte.“ (Lit.:GA 53, S. 403f)

„Dann ist wiederum ein bedeutender Höhepunkt in der Erfassung des ästhetischen Menschen bei Schiller in seinen «Briefen über die ästhetische Erziehung des Menschen». Es war damals eine mehr abstrakte Zeit. Das Geistig-Konkrete, das Spirituelle haben wir erst jetzt zu dem Idealistischen hinzuzufügen. Aber wenn wir auf dieses mehr Abstrakte der Goethe-Schiller-Zeit sehen, so sehen wir doch in den Abstraktionen, die sich in Schillers ästhetischen Briefen finden, etwas von dem, was hier gesagt worden ist, nur daß hier der Prozeß scheinbar mehr ins Materielle hinuntergetragen wird; aber nur, weil dieses Materielle noch mehr durch die Kraft des intensiv erfaßten Geistigen durchdrungen werden soll. Was sagt Schiller? Er sagt: Der Mensch, wie er hier lebt auf der Erde, hat zwei Grundtriebe, den Vernunfttrieb und den Naturtrieb. Der Vernunfttrieb wirkt durch Naturnotwendigkeit logisch. Man ist gezwungen, in einer gewissen Weise zu denken, man hat keine Freiheit zu denken; denn was hilft es einem, auf diesem Gebiete der Vernunftnotwendigkeit von Freiheit zu sprechen, wenn man doch gezwungen ist, nicht zu denken, daß drei mal drei zehn, sondern neun ist. Die Logik bedeutet eine strenge Vernunftnotwendigkeit. So daß Schiller sagt: Wenn der Mensch sich der reinen Vernunftnotwendigkeit fügt, dann steht er unter einem geistigen Zwang.

Der Vernunftnotwendigkeit stellt Schiller die sinnliche Notdurft entgegen, die in alledem, was in den Trieben, in den Emotionen ist, lebt. Da folgt der Mensch auch nicht seiner Freiheit, sondern der Naturnotwendigkeit. Nun sucht Schiller den mittleren Zustand zwischen der Vernunftnotwendigkeit und der Naturnotwendigkeit. Und diesen mittleren Zustand findet er darin, daß die Vernunftnotwendigkeit sich gewissermaßen herabneigt zu dem, was man liebt und nicht liebt, daß man nicht mehr einer starren logischen Notwendigkeit folgt, wenn man denkt, sondern dem inneren Triebe, die Vorstellungen zu fügen oder nicht zu fügen, wie es beim ästhetischen Gestalten der Fall ist. Aber dann geht auch die Naturnotwendigkeit herauf. Dann ist es nicht mehr die sinnliche Notdurft, der man wie unter einem Zwang folgt, sondern es wird die Notdurft verseeligt, vergeistigt. Der Mensch will nicht mehr bloß dasjenige, was sein Leib will, sondern es wird der sinnliche Genuß vergeistigt. Und so nähern sich Vernunftnotwendigkeit und Naturnotwendigkeit.

Sie müssen das natürlich in Schillers ästhetischen Briefen, die zu den bedeutendsten philosophischen Erzeugnissen in der Weltentwickelung gehören, selber nachlesen. In dem, was da Schiller auseinandersetzt, lebt schon das, was wir hier eben gehört haben, nur in metaphysischer Abstraktion. Was Schiller das Befreien der Vernunftnotwendigkeit von der Starrheit nennt, das lebt in dem Lebendigwerden der Sinnesbezirke, die wiederum bis zum Lebensvorgang zurückgeführt werden. Und das, was Schiller die Vergeistigung - besser sollte er sagen «Verseeligung» - der Naturnotdurft nennt, das lebt hier, indem die Lebensprozesse wie Seelenprozesse wirken. Die Lebensprozesse werden seelischer, die Sinnesprozesse werden lebendiger. Das ist der wahre Vorgang, der - nur mehr in abstrakte Begriffe, in Begriffsgespinste gebracht - sich in Schillers ästhetischen Briefen findet, wie es eben in der damaligen Zeit noch sein mußte, wo man noch nicht spirituell stark genug war mit den Gedanken, um bis in das Gebiet hinunterzukommen, wo der Geist so lebt, wie es der Seher will: daß nicht gegenübergestellt wird Geist und Stoff, sondern erkannt wird, wie der Geist überall den Stoff durchzieht, daß man gar nirgends auf geistlose Stoffe stoßen kann. Die bloße Gedankenbetrachtung ist nur deshalb bloße Gedankenbetrachtung, weil der Mensch nicht imstande ist, seine Gedanken so stark, das heißt so dicht spirituell, so geistig zu machen, daß der Gedanke den Stoff bewältigt, also hineindringt in den wirklichen Stoff. Schiller ist noch nicht imstande, einzusehen, daß die Lebensprozesse wirklich als Seelenprozesse wirken können. Er ist noch nicht imstande, so weit zu gehen, daß er sieht, wie das, was im Materiellen als Ernährung, Wärmung, Atmung wirkt, sich gestalten, wie das seelisch sprühen und leben kann, und aufhört, das Materielle zu sein; so daß die materiellen Teilchen zerstieben unter der Macht des Begriffes, mit dem man die materiellen Prozesse erfaßt. Und ebensowenig ist Schiller schon imstande, so zum Logischen hinaufzuschauen, daß er es wirklich nicht bloß in begrifflicher Dialektik in sich wirken läßt, sondern daß er in jener Entwickelung, welche erreicht werden kann durch Initiation, das Geistige als den eigenen Prozeß erlebt, so daß es wirklich lebend hineinkommt in das, was sonst bloß Erkenntnis ist. Was in Schillers ästhetischen Briefen lebt, ist deshalb ein «Ich trau mich nicht recht heran an das Konkrete». Aber es pulsiert schon darinnen, was man genauer erfaßt, wenn man das Lebendige durch das Geistige und das Stoffliche durch das Lebendige zu erfassen versucht.“ (Lit.:GA 170, S. 154ff)

Siehe auch

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Quelle? Vermutl. Karl Heyer: Studienmaterialien zur Geschichte des Abendlandes, Bd.8, Sozialimpulse des deutschen Geistes im Goethe-Zeitalter, Freies Geistesleben, 2. Aufl. 1987.


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