Judas Ischariot: Unterschied zwischen den Versionen

Aus AnthroWiki
imported>Joachim Stiller
 
(26 dazwischenliegende Versionen von 5 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
[[File:Heiligenblut - Pfarrkirche - Herz-Jesu-Altar - Judaskuss.jpg|mini|250px|Judaskuss, Herz-Jesu-Altar der Pfarrkirche [[Wikipedia:Heiligenblut am Großglockner|Heiligenblut]]]]
[[File:Giotto di Bondone - No. 28 Scenes from the Life of Christ - 12. Judas' Betrayal - WGA09213.jpg|thumb|[[w:Giotto di Bondone|Giotto di Bondone]], ''Der Verrat des Judas'', Szene aus dem Freskenzyklus des Lebens Christi, [[w:Cappella degli Scrovegni|Cappella degli Scrovegni]], zwischen 1304 und 1306]]
[[File:The-Last-Supper-large.jpg|thumb|[[w:Carl Bloch|Carl Bloch]], ''Judas zieht sich vom [[Abendmahl|letzten Abendmahl]] zurück'', Ende 19. Jahrhundert]]
[[File:Heiligenblut - Pfarrkirche - Herz-Jesu-Altar - Judaskuss.jpg|mini|Judaskuss, Herz-Jesu-Altar der Pfarrkirche [[Wikipedia:Heiligenblut am Großglockner|Heiligenblut]]]]
[[Datei:Almeida Júnior - Remorso de Judas 1880-1.jpg|mini|Judas Ischariot]]
[[File:Gómez, Judes.JPG|mini|[[Wikipedia:Simó Gómez|Simó Gómez]]: ''Die Reue des Judas'' (1874)]]
[[File:Molin Le Baiser rendu Judas et Satan.jpg|thumb|Benoît-Hermogaste Molin, ''Der Kuss zurückgegeben (Judas und Satan)'', 1840er-Jahre]]


'''Judas Ischariot''' ({{ELSalt|Ἰούδας Ἰσκαριώθ}} bzw. {{polytonisch|Ἰσκαριώτης}}; {{HeS|יהודה איש־קריות|Yəhûḏāh ʾΚ-qəriyyôt}}) war einer der 12 direkt von dem [[Christus]] berufenen [[Apostel]]. Nach dem Bericht aller vier [[Evangelium|Evangelien]] führte sein Verrat zur Verhaftung und in Folge zur [[Kreuzigung]] des [[Jesus Christus]].
'''Judas Ischariot''' ({{ELSalt|Ἰούδας Ἰσκαριώθ}} bzw. {{polytonisch|Ἰσκαριώτης}}; {{HeS|יהודה איש־קריות|Yəhûḏāh ʾΚ-qəriyyôt}}) war einer der 12 direkt von dem [[Christus]] berufenen [[Apostel]]. Nach dem Bericht aller vier [[Evangelium|Evangelien]] führte sein Verrat zur Verhaftung und in Folge zur [[Kreuzigung]] des [[Jesus Christus]].
Zeile 8: Zeile 13:
19 und Judas Iskariot, der ihn dann verraten hat.|Markus-Evangelium|{{B|Mk|3|16-19}}}}
19 und Judas Iskariot, der ihn dann verraten hat.|Markus-Evangelium|{{B|Mk|3|16-19}}}}


Das vermutlich Mitte des [[Wikipedia:2. Jahrhundert|2. Jahrhundert]]s entstandene [[Gnosis|gnostische]] [[Judasevangelium]] wurde nicht von Judas Ischariot verfasst, sondern ist eine [[Wikipedia:Pseudepigraphie|pseudepigraphische]] Schrift.
Das vermutlich Mitte des [[Wikipedia:2. Jahrhundert|2. Jahrhundert]]s entstandene [[Gnosis|gnostische]] [[Judasevangelium]] wurde nicht von Judas Ischariot verfasst, sondern ist eine [[Pseudepigraphie|pseudepigraphische]] Schrift.


== Judas Makkabäus - eine frühere Inkarnation des Judas Ischariot ==
== Judas Makkabäus - eine frühere Inkarnation des Judas Ischariot ==
Nach [[Rudolf Steiner]] war Judas Ischariot der [[Reinkarnation|wiederverkörperte]] [[Judas Makkabäus]].
Nach [[Rudolf Steiner]] war Judas Ischariot der [[Reinkarnation|wiederverkörperte]] [[Judas Makkabäus]].


<div style="margin-left:20px">
{{GZ|Unter den fünf Söhnen des Mattathias ist einer, der schon im Alten
"Unter den fünf Söhnen des Mattathias ist einer, der schon im Alten
Testament Judas heißt. Er ist damals derjenige, welcher am kräftigsten
Testament Judas heißt. Er ist damals derjenige, welcher am kräftigsten
kämpft für sein Volk, der ganz und gar mit seiner Seele seinem
kämpft für sein Volk, der ganz und gar mit seiner Seele seinem
Zeile 46: Zeile 50:
im Christentum zugleich, das erscheint wie eine ins Geistige umgesetzte
im Christentum zugleich, das erscheint wie eine ins Geistige umgesetzte
Erneuerung des Bündnisses des alttestamentlichen Judas mit
Erneuerung des Bündnisses des alttestamentlichen Judas mit
den Römern." {{Lit|{{G|139|44f}}}}
den Römern.|139|44f}}
</div>


== Judas und Ahriman ==
== Judas und Ahriman ==
[[File:Gómez, Judes.JPG|mini|250px|[[Wikipedia:Simó Gómez|Simó Gómez]]: ''Die Reue des Judas'' (1874)]]
Nach der [[Jordan-Taufe]] sah sich der [[Christus]] einer dreifachen [[Versuchung]] ausgesetzt: durch [[Luzifer]], durch Luzifer und [[Ahriman]] gemeinsam und durch [[Ahriman]] allein. Diesen Angriff Ahrimans, der in der Aufforderung lag, aus Steinen Brot zu machen, konnte der Christus nur teilweise abwehren (siehe {{B|Mt|4|1-11}} und {{B|Lk|4|1-13}}), denn die Bindung an das materielle Dasein kann für die Menschheit gegenwärtig noch nicht völlig überwunden werden. Dadurch aber erlangte Ahriman die Macht, Judas - der von den 12 Aposteln den [[Materialismus]] repräsentiert - zu seinem Werkzeug zu machen.  
Nach der [[Jordan-Taufe]] sah sich der [[Christus]] einer dreifachen [[Versuchung]] ausgesetzt: durch [[Luzifer]], durch Luzifer und [[Ahriman]] gemeinsam und durch [[Ahriman]] allein. Diesen Angriff Ahrimans, der in der Aufforderung lag, aus Steinen Brot zu machen, konnte der Christus nur teilweise abwehren (siehe {{B|Mt|4|1-11}} und {{B|Lk|4|1-13}}), denn die Bindung an das materielle Dasein kann für die Menschheit gegenwärtig noch nicht völlig überwunden werden. Dadurch aber erlangte Ahriman die Macht, Judas - der von den 12 Aposteln den [[Materialismus]] repräsentiert - zu seinem Werkzeug zu machen.  


<div style="margin-left:20px">
{{GZ|Ahriman, Mephisto, Mammon - es decken sich ja diese Begriffe —,
"Ahriman, Mephisto, Mammon - es decken sich ja diese Begriffe —,
sie stecken im Gelde, in alledem, was mit dem äußeren natürlichen
sie stecken im Gelde, in alledem, was mit dem äußeren natürlichen
Egoismus zusammenhängt. Indem immer notwendig ist, daß sich dem
Egoismus zusammenhängt. Indem immer notwendig ist, daß sich dem
Zeile 77: Zeile 78:
Verrat des Christus, Was durch Judas geschah, hängt zusammen mit
Verrat des Christus, Was durch Judas geschah, hängt zusammen mit
dem, was die nicht ganz gelöste Frage der Versuchung ist nach dem
dem, was die nicht ganz gelöste Frage der Versuchung ist nach dem
Ereignis am Jordan." {{Lit|{{G|148|320}}}}
Ereignis am Jordan.|148|320}}
</div>
 
Der Verrat des Judas stellt sich zwar wie ein innerer Widerspruch, zugleich aber auch mit innerer Notwendigkeit in das Weltgeschehen hinein:
 
{{GZ|Ich will Ihnen ein Beispiel geben, wie man sich in einen Widerspruch, in einen ernsten Widerspruch verwickeln kann, wenn man nicht versteht, wie der lebensvolle Zusammenhang des Widerspruchsvollen mit der ganzen, vollen Wirklichkeit ist. Wir nennen innerhalb unserer anthroposophisch orientierten Geisteswissenschaft Christentum dasjenige, was ergriffen ist von der Bedeutung des Mysteriums von Golgatha, was ergriffen ist davon, daß der Christus verurteilt worden ist, gestorben ist, begraben worden ist, aber auch in echtem, wahrem Sinne auferstanden ist und als Auferstandener weiterlebt. Das nennen wir Mysterium von Golgatha, und wir können niemandem das Recht zugestehen, sich einen Christen zu nennen, der dieses nicht anerkennt. Was war aber notwendig, damit der Christus das für die Menschenentwicklung durchmachte, was ich eben geschildert habe? Dazu war notwendig, daß ihn der Judas verriet, dazu war notwendig, daß er ans Kreuz geschlagen worden ist. Und hätten diejenigen, die ihn ans Kreuz schlugen, ihn nicht ans Kreuz geschlagen, dann hätte das Mysterium von Golgatha zum Heile der Menschheit nicht stattgefunden. Wäre der Christus nicht von Judas verraten worden, dann wäre das Mysterium von Golgatha nicht geschehen. Hier haben Sie einen furchtbaren, realen, ich möchte sagen, einen ins Große, ins Gigantische getriebenen Widerspruch.
 
Läßt sich denn ein Mensch denken, der sagt: Ihr Christen verdankt dem Judas, daß Euer Mysterium von Golgatha überhaupt zustande gekommen ist; ihr Christen verdankt den Henkersknechten, die Christus ans Kreuz geschlagen haben, daß Euer Mysterium von Golgatha sich abgespielt hat? - Soll deshalb einer berechtigt sein, den Judas und die Henkersknechte zu verteidigen, trotzdem es wahr ist, daß ihnen der Sinn der Erdengeschichte verdankt wird? Kann solch eine Frage so einfach beantwortet werden? Kommt man nicht auf Widersprüche, meine lieben Freunde, die dastehen und die ein furchtbares Geschick sind?|173a|112f}}


== Das Judasevangelium ==
== Das Judasevangelium ==
Zeile 85: Zeile 91:
== Spätere Inkarnationen des Judas ==
== Spätere Inkarnationen des Judas ==


[[Friedrich Rittelmeyer]] hatte nach einer von Madlen Hauser überlieferten Aussage während eines Vortrags von [[Rudolf Steiner]] am 3. April 1917 in Berlin {{Lit|{{G|175|182ff}}}} ein inneres Erlebnis, das ihm einen karmischen Zusammenhang von Judas Iskariot mit [[Augustinus]] offenbarte. Rudolf Steiner habe ihm die Richtigkeit dieses Erlebnisses bestätigt<ref>vgl. dazu [http://www.perseus.ch/PDF-Europaer/JG_17/JG17_2013_04_Europaer.pdf#page=9&view=Fit Der Europäer, Februar 2013 (Jg. 17 / Nr. 4), S. 9] und [http://www.perseus.ch/PDF-Europaer/JG_06/Europaer_06_2002.pdf#page=8&view=Fit Der Europäer, April 2002 (Jg. 6 / Nr. 6), S. 8] (Anm. 4)</ref>.
[[Friedrich Rittelmeyer]] hatte nach einer von Madlen Hauser überlieferten Aussage während eines Vortrags von [[Rudolf Steiner]] am 3. April 1917 in Berlin {{GZ||175|182ff}} ein inneres Erlebnis, das ihm einen karmischen Zusammenhang von Judas Iskariot mit [[Augustinus]]  
offenbarte. Rudolf Steiner habe ihm die Richtigkeit dieses Erlebnisses bestätigt<ref>vgl. dazu [http://www.perseus.ch/PDF-Europaer/JG_17/JG17_2013_04_Europaer.pdf#page=9&view=Fit Der Europäer, Februar 2013 (Jg. 17 / Nr. 4), S. 9] und [http://www.perseus.ch/PDF-Europaer/JG_06/Europaer_06_2002.pdf#page=8&view=Fit Der Europäer, April 2002 (Jg. 6 / Nr. 6), S. 8] (Anm. 4)</ref>.


{{LZ|Abgesehen von den Fällen, wo er wollte, dass man selber etwas
{{LZ|Abgesehen von den Fällen, wo er wollte, dass man selber etwas
Zeile 95: Zeile 102:
sagen, aber nicht hier.« Zu Hause bestätigte er dann meine
sagen, aber nicht hier.« Zu Hause bestätigte er dann meine
Vermutung, dass es Augustin gewesen ist.|Rittelmeyer, S. 70}}
Vermutung, dass es Augustin gewesen ist.|Rittelmeyer, S. 70}}
Die Inkarnation von Augustinus wird auch von [[Joachim Stiller]] bestätigt. Des Weiteren merkt Stiller an, dass auch Albertus Magnus als mögliche Inkarnation viel naheliegender sei, als man meine. In etwa in diese Richtung müsse man tatsächlich suchen. Vielleicht könne ja Judith von Halle mal was zu den Inkarnationszyklen von Judas, von Albert und von Luther sagen, was sicherliche ungemein hilfreich wäre. Und zwar für die gesamte Anthroposophie.


== Literatur ==
== Literatur ==


* [[Friedrich Rittelmeyer]]: ''Meine Gespräche mit Rudolf Steiner'', 2. Auflage, Urachhaus, Stuttgart 2017, ISBN 978-3825151027
* [[Friedrich Rittelmeyer]]: ''Meine Gespräche mit Rudolf Steiner'', 2. Auflage, Urachhaus, Stuttgart 2017, ISBN 978-3825151027
* [[Rudolf Steiner]]: ''Das Markus-Evangelium'', GA 139 (1985), ISBN 3-7274-1390-5 {{Vorträge|139}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Das Matthäus-Evangelium'', [[GA 123]] (1988), ISBN 3-7274-1230-5 {{Vorträge|123}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Aus der Akasha-Forschung. Das Fünfte Evangelium'', [[GA 148]] (1992), ISBN 3-7274-1480-4 {{Vorträge|148}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Aus der Akasha-Forschung. Das Fünfte Evangelium'', [[GA 148]] (1992), ISBN 3-7274-1480-4 {{Vorträge|148}}
* [[Rudolf Steiner]]:  ''Zeitgeschichtliche Betrachtungen. Bd. I: Wege zu einer objektiven Urteilsbildung, Bd. II: Das Karma der Unwahrhaftigkeit, Bd. III: Die Wirklichkeit okkulter Impulse'', '''GA 173a-c''', 2. Aufl. 2014 (2010), gebunden, ISBN  978-3-7274-1732-0 ; Sonderausgabe 2011, 3 Bände im Schuber, kartoniert,  ISBN 978-3-7274-5715-9; Inhaltsangaben: [http://d-nb.info/1049298551/04 173a] [http://d-nb.info/1049742990/04 173b] [http://d-nb.info/1049743423/04 173c]


{{GA}}
{{GA}}
Zeile 113: Zeile 119:
* [http://www.kirche-alt-lichtenberg.de/geschichte/judasevangelium.html Das Judas-Evangelium], deutsche Übersetzung von Hartmut Angermüller und Lutz-Rainer Bettin (unter Hinzuziehung einer Übersetzung von Bernhard Siebert) aufgrund der englischen Übersetzung durch R. Kasser et al. ([http://www.kirche-alt-lichtenberg.de/geschichte/Resources/Judas-Evangelium.pdf auch als PDF])
* [http://www.kirche-alt-lichtenberg.de/geschichte/judasevangelium.html Das Judas-Evangelium], deutsche Übersetzung von Hartmut Angermüller und Lutz-Rainer Bettin (unter Hinzuziehung einer Übersetzung von Bernhard Siebert) aufgrund der englischen Übersetzung durch R. Kasser et al. ([http://www.kirche-alt-lichtenberg.de/geschichte/Resources/Judas-Evangelium.pdf auch als PDF])
*[http://www.coptica.ch/5801/816601.html CHERIX, P., ''Évangile de Judas''], 2007-2012, sur Coptica.ch - texte, index et traduction française
*[http://www.coptica.ch/5801/816601.html CHERIX, P., ''Évangile de Judas''], 2007-2012, sur Coptica.ch - texte, index et traduction française
[[Kategorie:Christentum]] [[Kategorie:Apostel]]


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
Zeile 119: Zeile 124:


{{Navigationsleiste Jünger Jesu und Apostel}}
{{Navigationsleiste Jünger Jesu und Apostel}}
[[Kategorie:Jünger]]
[[Kategorie:Judas Iskariot|!]]
{{Wikipedia}}

Aktuelle Version vom 16. April 2023, 21:57 Uhr

Giotto di Bondone, Der Verrat des Judas, Szene aus dem Freskenzyklus des Lebens Christi, Cappella degli Scrovegni, zwischen 1304 und 1306
Carl Bloch, Judas zieht sich vom letzten Abendmahl zurück, Ende 19. Jahrhundert
Judaskuss, Herz-Jesu-Altar der Pfarrkirche Heiligenblut
Judas Ischariot
Simó Gómez: Die Reue des Judas (1874)
Benoît-Hermogaste Molin, Der Kuss zurückgegeben (Judas und Satan), 1840er-Jahre

Judas Ischariot (griech. Ἰούδας Ἰσκαριώθ bzw. Ἰσκαριώτης; hebr. יהודה איש־קריות Yəhûḏāh ʾΚ-qəriyyôt) war einer der 12 direkt von dem Christus berufenen Apostel. Nach dem Bericht aller vier Evangelien führte sein Verrat zur Verhaftung und in Folge zur Kreuzigung des Jesus Christus.

„16 Die Zwölf, die er einsetzte, waren: Petrus - diesen Beinamen gab er dem Simon -, 17 Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und Johannes, der Bruder des Jakobus - ihnen gab er den Beinamen Boanerges, das heißt Donnersöhne -, 18 dazu Andreas, Philippus, Bartholomäus, Matthäus, Thomas, Jakobus, der Sohn des Alphäus, Thaddäus, Simon Kananäus3 19 und Judas Iskariot, der ihn dann verraten hat.“

Markus-Evangelium: Mk 3,16-19 EU

Das vermutlich Mitte des 2. Jahrhunderts entstandene gnostische Judasevangelium wurde nicht von Judas Ischariot verfasst, sondern ist eine pseudepigraphische Schrift.

Judas Makkabäus - eine frühere Inkarnation des Judas Ischariot

Nach Rudolf Steiner war Judas Ischariot der wiederverkörperte Judas Makkabäus.

„Unter den fünf Söhnen des Mattathias ist einer, der schon im Alten Testament Judas heißt. Er ist damals derjenige, welcher am kräftigsten kämpft für sein Volk, der ganz und gar mit seiner Seele seinem Volkstum hingegeben ist, und dem es auch gelingt, einen Bund mit den Römern zu schließen gegen den König Antiochus von Syrien (1 Makk 8,1-32 EU). Dieser Judas ist derselbe, welcher später die Prüfung durchzumachen hat, den Verrat zu begehen, weil er, der am allerinnigsten verbunden ist mit dem spezifisch althebräischen Element, nicht gleich den Übergang zu dem christlichen Element finden kann und erst die harte Prüfung braucht durch den Verrat. Es steht, wenn man wieder das rein Künstlerisch-Kompositionelle betrachtet, ganz wunderbar da die, man möchte sagen, grandiose Gestalt des Judas in den letzten Kapiteln des Alten Testamentes und die Gestalt des Judas im Neuen Testament. Und merkwürdig ist in diesem symptomatischen Vorgang, daß der Judas des Alten Testamentes einen Bund mit den Römern schließt, alles das vorbildet, was später geschehen ist, nämlich den Weg, den das Christentum genommen hat durch das Römertum, um in die Welt einzutreten. Das ist, möchte man sagen, die weitere Ausgestaltung. Und wenn Ich hinzufügen würde, was auch gewußt werden kann, was aber doch nicht in einem Vortrage vor einem so großen Zuhörerkreise gesagt werden kann, so würden Sie sehen, wie eigentlich gerade durch die spätere Wiederverkörperung dieses Judas[1] die Verschmelzung geschieht des römischen Elementes mit dem christlichen Element und wie der wiederverkörperte Judas der erste ist, der sozusagen den großen Erfolg hat in der Ausbreitung des romanisierten Christentums, und wie der Bündnisabschluß des Judas des Alten Testamentes mit den Römern die prophetische Vortatsache ist dessen, was ein Späterer tut, der dem Okkultisten wiedererscheint als der wiederverkörperte Judas, der da durchgehen mußte durch die harte Seelenprüfung des Verrates. Und was sich dann durch sein späteres Wirken zeigt als Christentum im Römertum und Römertum im Christentum zugleich, das erscheint wie eine ins Geistige umgesetzte Erneuerung des Bündnisses des alttestamentlichen Judas mit den Römern.“ (Lit.:GA 139, S. 44f)

Judas und Ahriman

Nach der Jordan-Taufe sah sich der Christus einer dreifachen Versuchung ausgesetzt: durch Luzifer, durch Luzifer und Ahriman gemeinsam und durch Ahriman allein. Diesen Angriff Ahrimans, der in der Aufforderung lag, aus Steinen Brot zu machen, konnte der Christus nur teilweise abwehren (siehe Mt 4,1-11 EU und Lk 4,1-13 EU), denn die Bindung an das materielle Dasein kann für die Menschheit gegenwärtig noch nicht völlig überwunden werden. Dadurch aber erlangte Ahriman die Macht, Judas - der von den 12 Aposteln den Materialismus repräsentiert - zu seinem Werkzeug zu machen.

„Ahriman, Mephisto, Mammon - es decken sich ja diese Begriffe —, sie stecken im Gelde, in alledem, was mit dem äußeren natürlichen Egoismus zusammenhängt. Indem immer notwendig ist, daß sich dem Menschenleben etwas von dem beimischt, was äußerlich materialistisch ist, muß der Mensch mit Ahriman rechnen. Sollte der Christus den Menschen auf Erden so recht helfen, so mußte er Ahriman wirksam sein lassen. Ahriman, das Materielle, muß mitwirken bis zum Schluß der Erdenevolution. Durch den Christus mußte die Wirksamkeit des Ahriman unbesiegt bleiben. Ahriman wurde nicht vollständig besiegt. Der Christus muß sich herbeilassen, bis zum Ende der Erdenentwickelung mit Ahriman zu kämpfen. Ahriman mußte dableiben.

Dasjenige, was wir im Inneren an Angriffen des Luzifer, an Angriffen von Luzifer und Ahriman zugleich haben, können wir als Menschen besiegen. Die Kämpfe in der materiellen Außenwelt müssen ausgekämpft werden bis zum Schlüsse der Erdenentwickelung. Daher mußte der Christus den Ahriman zwar in Schach halten, aber ihn neben sich bestehen lassen. Daher konnte es geschehen, daß Ahriman auch neben dem Christus auf Erden wirksam blieb während der drei Jahre, die Christus im Leibe des Jesus von Nazareth wirkte, und daß er dann in die Seele des Judas hineinfuhr und tätig war in dieser Seele zum Verrat des Christus, Was durch Judas geschah, hängt zusammen mit dem, was die nicht ganz gelöste Frage der Versuchung ist nach dem Ereignis am Jordan.“ (Lit.:GA 148, S. 320)

Der Verrat des Judas stellt sich zwar wie ein innerer Widerspruch, zugleich aber auch mit innerer Notwendigkeit in das Weltgeschehen hinein:

„Ich will Ihnen ein Beispiel geben, wie man sich in einen Widerspruch, in einen ernsten Widerspruch verwickeln kann, wenn man nicht versteht, wie der lebensvolle Zusammenhang des Widerspruchsvollen mit der ganzen, vollen Wirklichkeit ist. Wir nennen innerhalb unserer anthroposophisch orientierten Geisteswissenschaft Christentum dasjenige, was ergriffen ist von der Bedeutung des Mysteriums von Golgatha, was ergriffen ist davon, daß der Christus verurteilt worden ist, gestorben ist, begraben worden ist, aber auch in echtem, wahrem Sinne auferstanden ist und als Auferstandener weiterlebt. Das nennen wir Mysterium von Golgatha, und wir können niemandem das Recht zugestehen, sich einen Christen zu nennen, der dieses nicht anerkennt. Was war aber notwendig, damit der Christus das für die Menschenentwicklung durchmachte, was ich eben geschildert habe? Dazu war notwendig, daß ihn der Judas verriet, dazu war notwendig, daß er ans Kreuz geschlagen worden ist. Und hätten diejenigen, die ihn ans Kreuz schlugen, ihn nicht ans Kreuz geschlagen, dann hätte das Mysterium von Golgatha zum Heile der Menschheit nicht stattgefunden. Wäre der Christus nicht von Judas verraten worden, dann wäre das Mysterium von Golgatha nicht geschehen. Hier haben Sie einen furchtbaren, realen, ich möchte sagen, einen ins Große, ins Gigantische getriebenen Widerspruch.

Läßt sich denn ein Mensch denken, der sagt: Ihr Christen verdankt dem Judas, daß Euer Mysterium von Golgatha überhaupt zustande gekommen ist; ihr Christen verdankt den Henkersknechten, die Christus ans Kreuz geschlagen haben, daß Euer Mysterium von Golgatha sich abgespielt hat? - Soll deshalb einer berechtigt sein, den Judas und die Henkersknechte zu verteidigen, trotzdem es wahr ist, daß ihnen der Sinn der Erdengeschichte verdankt wird? Kann solch eine Frage so einfach beantwortet werden? Kommt man nicht auf Widersprüche, meine lieben Freunde, die dastehen und die ein furchtbares Geschick sind?“ (Lit.:GA 173a, S. 112f)

Das Judasevangelium

In einem höheren Sinn wurde durch den Verrat des Judas erst die Erlösungstat des Christus durch das Mysterium von Golgatha möglich. Darauf nimmt auch das gnostische Judasevangelium Bezug. Der Christus hält darin den Jüngern vor, dass sie sein wahres Wesen noch nicht erkannt hätten. Judas ist der einzige, der ihn erkennt: „Ich weiß wer du bist und woher du gekommen bist. Du kommst aus dem ewigen Reich Barbelo, und ich bin es nicht wert, den Namen dessen zu nennen, der dich gesandt hat.“ [1] Danach belehrt ihn der Christus über Kosmos, Chaos und Unterwelt, über die Engel und Herrscher, über die Erschaffung der Menschheit, das Schicksal Adams und die Vernichtung des Bösen - und sagt ihm auch den Verrat voraus: „Doch du wirst sie alle übertreffen; denn du wirst den Mann opfern, der mich kleidet.“ - Wie bei den Gnostikern üblich, erscheint der Christus hier nicht als voll inkarnierter Mensch, sondern nur mit einem menschlichen Leib umkleidet.

Spätere Inkarnationen des Judas

Friedrich Rittelmeyer hatte nach einer von Madlen Hauser überlieferten Aussage während eines Vortrags von Rudolf Steiner am 3. April 1917 in Berlin (Lit.:GA 175, S. 182ff) ein inneres Erlebnis, das ihm einen karmischen Zusammenhang von Judas Iskariot mit Augustinus offenbarte. Rudolf Steiner habe ihm die Richtigkeit dieses Erlebnisses bestätigt[2].

„Abgesehen von den Fällen, wo er wollte, dass man selber etwas herausbringt, gab er nur ein einziges Mal die Antwort nicht sofort. Er hatte in einem Vortrag angedeutet, dass Judas sich in einem bekannten Kirchenvater wiederverkörpert habe. Nach dem Vortrag fragte ich ihn, unter vier Augen, aber noch im Zweiglokal, ob er mir sagen könne, wer das war. Er entgegnete: »Das werde ich Ihnen sagen, aber nicht hier.« Zu Hause bestätigte er dann meine Vermutung, dass es Augustin gewesen ist.“ (Lit.: Rittelmeyer, S. 70)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

Commons: Judas Ischariot - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel Judas Ischariot aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.