Joseph Beuys und Erdgeist: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Joseph Heinrich Beuys''' ([[Wikipedia:Liste der IPA-Zeichen|Aussprache]]: [{{IPA|bɔɪs}}]; * 12. Mai 1921 in [[Wikipedia:Krefeld|Krefeld]]; † 23. Januar 1986 in [[Wikipedia:Düsseldorf|Düsseldorf]]) deutscher [[wikipedia:Bildhauer|Bildhauer]], [[Wikipedia:Aktionskunst|Aktionskünstler]], Zeichner, Kunsttheoretiker und [[Anthroposoph]].
[[Datei:Faust und Erdgeist Illustration von Goethe.jpg|thumb|300px|Die Erscheinung des Erdgeists in [[Goethe]]s [[Faust]].]]
Der '''Erdgeist''' ist der [[Planetengeist]] der [[Erde (Planet)|Erde]] und hat seinen Sitz in der neunten Schicht des [[Erdinneres|Erdinneren]], die identisch mit der [[Eishölle]] aus [[Dante]]s [[Göttliche Komödie|Göttlicher Komödie]] und zugleich der Quellort aller [[Schwarze Magie|schwarzmagischer Kräfte]] ist. Hier ist auch das [[Erdgehirn]] lokalisiert, das in engem Zusammenhang mit dem [[mensch]]lichen [[Gehirn]] steht. In [[Rudolf Steiner]]s [[Mysteriendramen]] erweist sich das [[Urbild]] des [[German]] als der Geist des Erdgehirns. Der '''Geist der Erde''' umfasst dabei die Gesamtheit aller [[geist]]igen [[Wesen]], die sich mit der Erde verbunden haben.


Er setzte sich in seinem bildnerischen und plastischen Werk intensiv mit Fragen des [[Wikipedia:Humanismus|Humanismus]], der Soziologie und insbesondere mit der [[Anthroposophie]] [[Rudolf Steiner]]s auseinander. Dies führte schließlich zu seiner eigenen Definition des [[Erweiterter Kunstbegriff|erweiterten Kunstbegriffs]] und zur Konzeption der „[[Soziale Plastik|Sozialen Plastik]]“  als [[wikipedia:Gesamtkunstwerk|Gesamtkunstwerk]], in der er Ende der 70er Jahre mit den Worten ''„Jeder Mensch ist ein Künstler“ '' ein kreatives Mitgestalten an der Gesellschaft und in der Politik forderte. Joseph Beuys zählt international zu den bekanntesten Künstlern der [[Wikipedia:Moderne|Moderne]] und gilt als Wegbereiter des [[Wikipedia:Fluxus|Fluxus]] in Deutschland.
== Der Erdgeist als Gemeinschaft geistiger Wesenheiten ==


[[Bild:BeuysAchberg73.jpg|thumb|right|300px|Künstler Beuys rechts im Bild (1973)]]
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"Wenn man unsere Erde hellseherisch von außen betrachten könnte,
so würde man nicht nur Felsen und so weiter aus materiellem Stoff
wahrnehmen und dazwischen tierische und menschliche Gestalten
einherwandern sehen, sondern man würde vor allen Dingen Gruppenseelen
der Pflanzen, der Tiere und so weiter sehen. Das ist
schon eine geistige Bevölkerung unserer Erde. Der Hellseher würde
ferner die einzelnen Individualseelen der Menschen, die Volksseele
und so weiter sehen. Sie müssen sich überhaupt den Geist eines
Himmelskörpers nicht etwa nur so einfach vorstellen, daß Sie sich
im Raume eine Kugel denken, die einen Geist und eine Seele hat,
sondern daß eine ganze geistige Bevölkerung, die ein Ganzes ausmacht,
diesen Himmelskörper bewohnt. Und alle diese einzelnen
Geister, Gruppenseelen und so weiter, stehen wiederum unter
einem Anführer, wie wir es nennen können, und alles dies zusammen
entspricht dem gesamten Geist unserer Erde, demjenigen, was
wir den Erdgeist nennen." {{Lit|{{G|098|190}}}}
</div>


== Leben ==
=== Erdgeist und internationale Bestrebungen ===
=== Kindheit und Jugend ===
Joseph Beuys wurde als Sohn von Josef Jakob Beuys - einem Kaufmann - und dessen Frau Johanna Maria Margarete Beuys, geb. Hülsermann, im Mai 1921 in [[Wikipedia:Krefeld|Krefeld]] geboren. Beuys gab allerdings [[Wikipedia:Kleve|Kleve]], wo er aufgewachsen war, als seinen biografischen Geburtsort an.


Der Vater entstammte einer Müller- und Mehlhändlerfamilie aus [[Wikipedia:Geldern|Geldern]] und war zunächst als Stadtinspektor im Klever Bürgermeisteramt tätig. 1930 eröffnete er mit seinem Bruder Hubert Beuys in einer leerstehenden Molkerei in [[Wikipedia:Rindern|Rindern]] eine Mehl- und Futtermittelhandlung.
<div style="margin-left:20px">
"Solche Wesen, die von höheren Plänen aus die physische Entwicklung
leiten, sind vorhanden. Deren niederste Entwicklung ist
in der Astralmaterie. Jedes Volk, jede Rasse, jeder Stamm hat eine
gemeinsame Astralmaterie, die Inkarnationsmaterie für den Volksgeist.
Der Volksgeist erreicht immer seine Entwicklung etwas früher
als die einzelnen im Volk. Der Volksgeist kann von der Mitte
eines Zyklus an Karma ansammeln. Wir bilden mit an dem Karma
des Volkes, der Rasse und so weiter. Kollektiv-Karma wird dies
genannt. Es ist eine Realität. Es wird dadurch bewirkt, daß diejenigen
Wesen, die eine Stufe weiter sind, auch Karma haben.
Die internationalen Bestrebungen gehören einem noch umfassenderen
Geiste an, der die gesamte Astralmaterie der Erde umfaßt,
dem wirklichen Erdgeist. Die physische Erde ist auch der physische
Körper für diesen Erdgeist, den planetarischen Logos, der,
wenn man sich zu ihm erhebt, das Karma der ganzen irdischen
Entwicklung bedeutet. Internationale Bestrebungen sind der erste
Ansatz zu jener großen Einheit, die entstehen wird auf dem Arupaplan.
Der Theosoph lebt in der Idee dieser großen Einbeziehung,
des Konzentrierens auf einen Punkt." {{Lit|{{G|089|154f|155}}}}
</div>


  [Mein Vater] hatte einen prächtigen Schnurrbart, und er tendierte
== Erdgeist und Natur ==
  zu einer gewissen Eleganz. Es gab allerdings in dieser Eleganz auch
  einige, sagen wir, groteske Stellen, die man wie eine Komödie hätte
  ansehen können. Beispielsweise wenn er abends im Bett mit so einer
  Schnurrbarttasse lag, nach hintenherüber, und nicht so recht wagte,
  den Kopf von einer Seite auf die andere zu legen, und ich im Bett
  nebenan das beobachtet hatte - das hat mir schon einen tiefen Eindruck
  gemacht. Und wenn dann morgens die Schnurrbarttasse in Aktion trat -
  Kaffee und Ei, das war das Frühstück meines Vaters - und er dann
  stetig den Schnurrbart zurückdrehte - das war etwas, was ich gesehen
  habe; unvergeßlich als Bild ...
      (Hermann Schreiber im Gespräch mit Joseph Beuys, 27. Januar 1980)


Joseph Beuys interessierte sich schon sehr früh für Botanik und Zoologie und brachte dieses Interesse in vielen Heften zu Papier. Mit seinen Freunden veranstaltete er Exkursionen, legte Sammlungen in großen Zeltbauten an, die dort ausgestellt wurden. Alles mögliche wurde gesammelt, Pflanzen, Insekten, Fische, kleine Säugetiere bis hin zu alten mechanischen Geräten.  
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"Im ersten Kindheitsalter ist ein inniger Zusammenhang zwischen
Natur und Geist, sie durchdringen einander, stehen einander noch
freundschaftlich gegenüber. Später sondern sie sich, und der Geist und
die Naturprozesse gehen mehr abgesondert vor sich. Dafür werden
die Naturprozesse auch mehr geistlos, indem der Geist aus ihnen herausdifferenziert
ist und zu der besonderen Seele geworden ist, auf die
der Mensch so stolz ist. Diese erkauft sich der Mensch damit, daß sein
Leib mehr geistlos wird. Der Mensch hat erst Geist aus seinem Leibe
gesogen, damit er ihn mehr abgesondert für sich gebrauchen kann. In
der ganzen Erdenentwickelung gibt es ein Ähnliches. In sehr frühen
Zeiten der Erde war überall der Geist mit der Natur der Erde innig
verbunden, daher war dazumal ein inniges Zusammenwirken zwischen
Erdgeist und Erdennatur. Heute ist in gewisser Weise die Erdennatur
so abgesondert von ihrem Geist wie beim Menschen die Natur
von dem Seelischen. Und wie beim Menschen der Geist es ist, der Denken,
Fühlen und Wollen dirigiert, so läuft in der Erdenentwickeiung
auch der Erdgeist als Geschichtsverlauf neben dem Naturprozeß einher.
Diese waren in der lemurischen Zeit noch mehr miteinander verwoben,
wie die geistigen und die Naturprozesse beim Kinde auch enger
verwandt sind als beim späteren Menschen. Worauf kommt es denn
hier an? Kommt es darauf an, zu sagen: Der Geist entwickelt sich im
späteren Lebenszeitalter oder Erdzeitalter? - Nein, er war schon da,
aber er hat dazumal seine Tätigkeit verwendet auf das, was dann abgesondert
ist. Und das verhärtet, es verholzt, es stirbt." {{Lit|{{G|150|74f}}}}
</div>


Des öfteren spielte Beuys vor dem Schloss des Barons [[Wikipedia:Anacharsis Cloots|Anacharsis Cloots]], der im katholische Kleve als [[Antichrist]] galt und daher als der persönliche Feind [[Jesus Christus|Christi]] im Schulunterricht angegriffen wurde. Von 1927 bis 1932 besuchte Beuys die Volksschule, anschließend das staatliche Gymnasium in Kleve. Während der Schulzeit erlernt er das Klavier- und Cellospielen, überraschte durch seine hohe Frühbegabung in der Mal- und Zeichenkunst und besuchte oft das Atelier des Klever Bildhauers Achilles Moortgart.
== Erdgeist und Erdinneres ==


====Drittes Reich====
<div style="margin-left:20px">
Während der auch in Kleve organisierten Bücherverbrennung am 19. Mai 1933 im Hof des Gymnasiums hatte Beuys heimlich u.&nbsp;a. einen Katalog mit Reproduktionen von [[Wikipedia:Wilhelm Lehmbruck|Wilhelm Lehmbruck]] und das Buch ''[[Wikipedia:Systema Naturae|Systema Naturae]]'' von [[Wikipedia:Carl von Linné|Carl von Linné]] an sich genommen. Mit Lehmbruck befasste er sich später intensiver. Er spielte beim „6. öffentlichen Schülerkonzert“  in Kleve am Klavier und betrieb umfangreiche naturwissenschaftliche und technische Studien. Spätestens 1936 ist die Mitgliedschaft des 15-jährigen Beuys in der [[Wikipedia:Hitler-Jugend|Hitler-Jugend]] belegt, als er im HJ-Bann 238/Altkreis Kleve am reichsweiten Adolf-Hitler-Sternmarsch nach [[Wikipedia:Nürnberg|Nürnberg]] teilnahm.
"Die neunte und letzte Schicht [des [[Erdinneres|Erdinneren]]] ist sozusagen der Wohnsitz des
Planetengeistes. Sie zeigt zwei eigentümliche Erscheinungen. Man
könnte sie mit einem Menschen vergleichen, denn sie besitzt ein
Organ, das einem Gehirn ähnelt. Ein anderes Organ gleicht einem
Herzen. Auch der Planetengeist ist Veränderungen unterworfen, die
mit der Entwickelung der Menschen in engem Zusammenhange
stehen." {{Lit|{{G|097|282}}}}
</div>


Der Schüler Beuys hatte schulische und familiäre Probleme und sollte daher zurückgestuft werden, doch er wurde von dem Gymnasialdirektor Dr. Schiefer in Schutz genommen. Um 1939 schloss Beuys sich einem Zirkus an, um für fast ein Jahr als Plakatausträger und Tierpfleger mitzuwirken. Ostern 1941 verließ er das Gymnasium mit dem „Reifevermerk“ (Abitur).
== Der [[Planetengeist]] der Erde ==


=== Kriegszeit ===
<div style="margin-left:20px">
Obwohl er nach seinem Abschluss am Hindenburg-Gymnasium in Kleve eigentlich eine Laufbahn als Kinderarzt plante (Beuys hatte bereits ein Vorbereitungsstudium absolviert), meldete er sich während des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] schlussendlich als Sturzkampfflieger zur Luftwaffe und verpflichtete sich im Mai 1941 in [[Wikipedia:Posen|Posen]] freiwillig zu einer zwölfjährigen Unteroffizierslaufbahn in der Wehrmacht, um den [[Wikipedia:Reichsarbeitsdienst|Reichsarbeitsdienst]] zu umgehen. Beuys' Ausbilder zum Luftnachrichtenfunker war der spätere Tier- und Dokumentarfilmer [[Wikipedia:Heinz Sielmann|Heinz Sielmann]]. Letztlich wurde Beuys Adjutant und Freund des Ausbildungs-Unteroffiziers Sielmann. Sielmann vertiefte in Joseph Beuys das Interesse an der Natur, besonders der Zoologie und Botanik. Beuys wurde für sieben Monate Gasthörer an der Universität Posen in den Gebieten Zoologie, Geographie und Botanik. Statt des rational-analytischen Wissenschaftsbegriffs, so wie Beuys es in den sieben Monaten Universität erfuhr, wünschte er sich eine Synthese von ästhetischer Kunstproduktion und spirituell-mystischer Naturanschauung.
"So wie wir beim Menschen
also sagen: hinter seinem astralischen Leib ist sein Ich, so
sprechen wir davon, daß hinter all dem, was wir die Gesamtheit
der [[Geister der Umlaufszeiten]] nennen, verborgen ist der Geist des
Planeten selbst, der Planetengeist. Während die Geister der Umlaufszeiten
die Naturgeister der Elemente dirigieren, um auf dem
Erdenplaneten rhythmischen Wechsel, Wiederholungen in der Zeit,
Abwechselung im Raum hervorzurufen, hat der Geist der Erde eine
andere Aufgabe. Dieser Geist der Erde hat die Aufgabe, die Erde
selber in Wechselbeziehung zu bringen zu den übrigen Himmelskörpern
der Umgebung, sie so zu dirigieren und zu lenken, daß sie
im Laufe der Zeiten in die richtigen Stellungen kommt zu den
anderen Himmelskörpern. Dieser Geist der Erde ist gleichsam der
große Sinnesapparat der Erde, durch den die Erde, der Erdenplanet,
in das richtige Verhältnis zu der Umwelt kommt.


Im Dezember 1941 wurde Beuys zur Bordfunkerausbildungskompanie in die Luftnachrichtenschule&nbsp;5 nach Erfurt-Bindersleben versetzt, wo er seine Ausbildung als Funker fortsetzte und im Mai 1942 zum Gefreiten befördert wurde. Während seiner Stationierung in [[Wikipedia:Erfurt|Erfurt]] machte er einen Kurzurlaub nach [[Wikipedia:Weimar|Weimar]], um dort das [[Friedrich Nietzsche|Nietzsche-Archiv]] und die Wirkungsstätten von [[Goethe]] und [[Schiller]] zu besuchen. Er malte hinter dem [[Wikipedia:Schloss Belvedere|Schloss Belvedere]] in [[Wien]] ein Aquarell auf ein selbst verfasstes naturreligiösen Gedicht mit dem Titel ''Nordischer Frühling''&nbsp;− das sogenannte ''Belvedereblatt, 1941''.
Wenn ich also die Aufeinanderfolge jener geistigen Wesenheiten,
mit denen wir es zunächst auf unserer Erde zu tun haben und zu
denen wir den Weg finden können durch eine allmähliche okkulte
Entwicklung, zusammenfassen soll, so muß ich sagen: Wir haben
als den äußersten Schleier die Sinnenwelt mit aller ihrer Mannigfaltigkeit,
mit demjenigen, was wir ausgebreitet sehen für unsere
Sinne, was wir mit dem Verstand des Menschen begreifen können.
Wir haben dann hinter der Sinneswelt liegen die Welt der Naturgeister.
Hinter der Welt der Naturgeister haben wir liegen die Welt
der Geister der Umlaufszeiten und dahinter den Planetengeist." {{Lit|{{G|136|44}}}}
</div>


Im Jahr 1941 empfahl sein Klever Schulfreund Fritz Rolf Rothenburg dem zwanzigjährigen Beuys das Werk von [[Rudolf Steiner]]. Rothenburg hatte Beuys mit den anthroposophischen Vorstellungen und der Idee eines neuen sozialen Organismus vertraut gemacht. Beuys las daraufhin den ''Aufruf an das deutsche Volk und die Kulturvölker'', das Steiner im März 1919 nach der Niederlage im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] verfasst hatte – den Aufruf hat unter anderem [[Wikipedia:Wilhelm Lehmbruck|Wilhelm Lehmbruck]] noch in seinem Todesjahr mit unterzeichnet. Steiner sprach sich angesichts der wilhelminischen Kriegsniederlage bzw. der Revolution des Sozialismus dafür aus, sich auf das „deutsche Wesen“ zu besinnen und die Gesellschaft einem „natürlichen Organismus“ entsprechend zu gestalten. Beuys, der dieses Buch in einer Kaserne las, legte es aber gleich wieder weg, da er keine Beziehung dazu entwickeln konnte.
== Christus und der Erdgeist ==


Nach seinem Ausbildungsabschluss als Bordfunker wurde er auf der Krim stationiert und nahm im Juni 1942 am Luftkampf um die Festungsstadt [[Wikipedia:Sewastopol|Sewastopol]] teil. Im Dezember 1942, Beuys war inzwischen Unteroffizier, wurde er zur Fortsetzung seiner Ausbildung an die Luftnachrichtenschule 2 nach [[Wikipedia:Königgrätz|Königgrätz]] ins "Protektorat Böhmen und Mähren" versetzt, wo er im Mai 1943 als Bordschütze in einem [[Wikipedia:Stuka|Stuka]] ([[Wikipedia:Junkers Ju 87|JU 87]]) eingesetzt wurde. Beuys informierte von dort seine Eltern brieflich, dass er sich an der „Preußischen Academie für bildende Künste“ in der Reichshauptstadt Berlin beworben habe. Nach der Verlegung zum Luftwaffenstab [[Kroatien]] im Sommer 1943 war Beuys bis Ende 1943/Anfang 1944 an der östlichen [[Wikipedia:Adriatisches Meer|Adria]] stationiert, von wo er zeitweise zu Waffentests die Luftwaffenbasis in [[Wikipedia:Foggia|Foggia]] (Italien) anflog.
Der Anführer aller dieser geistigen Wesenheiten und damit der eigentliche [[Planetengeist]] der [[Erde (Planet)|Erde]] ist seit dem [[Mysterium von Golgatha]] der [[Christus]].


Am 16. März 1944 stürzte sein Stuka über der [[Wikipedia:Krim|Krim]] ab; der Pilot Hans Laurinck starb. Joseph Beuys wurde bei diesem Unglück schwer verletzt und erlitt ein nachbleibendes Absturztrauma. Er hatte einen Schädelbasisbruch und mehrere Knochenbrüche erlitten und Granatsplitter im gesamten Körper, die nie vollständig entfernt werden konnten. Von damals noch auf der Krim lebenden [[Wikipedia:Krimtartaren|Tartaren]] wurde er zur Genesung in Filz und [[Wikipedia:Talg|Talg]] gehüllt und mit Hausmitteln gepflegt. Filz und Fett sollten später das Werk von Joseph Beuys prägend mitbestimmen. Die Tartaren benachrichtigten schließlich ein deutsches Suchkommando. Beuys wurde unverzüglich in das mobile Feldlazarett 179 in Kurman-Kemeltschi auf der Halbinsel Krim überführt. Nach zwölf Tagen Bewusstlosigkeit fand sich Beuys in einem deutschen Lazarett wieder, welches er kaum genesen schon am 7. April 1944 verlassen musste. Mitte Mai 1944 wurde er wieder ins "Protektorat Böhmen und Mähren" nach [[Wikipedia:Pardubice|Pardubitz]] versetzt. Einem Brief an seine Eltern vom 19. Mai 1944 ist zu entnehmen, dass Beuys sich aufgrund zurückgebliebener Verletzungen durch seinen Flugzeugabsturz hier in Pardubitz des öfteren in truppenärztliche Behandlung begeben hatte. Spätestens im August 1944 wurde er zum Kampf an die Westfront einberufen, wo er als [[Wikipedia:Fallschirmjäger|Fallschirmjäger]] zum Einsatz kam. Alle diese Erfahrungen sollten später starken Einfluss auf sein Lebenswerk nehmen.
<div style="margin-left:20px">
"Unsere Erde ist nicht bloß
der materielle Körper, als den sie unsere Augen sehen, sondern unsere
Erde hat eine geistige Hülle. Wie wir selbst einen Ätherleib und einen
Astralleib haben, so hat auch unsere Erde solche höheren Leiber. Und
wie sich eine kleine Menge Substanz ausdehnt in einer Flüssigkeit, so
dehnte sich das, was geistig ausstrahlte von der Tat auf Golgatha, in
die geistige Atmosphäre der Erde aus, durchdrang sie und ist seit
jener Zeit darinnen. Es ist also seit jener Zeit unserer Erde etwas
mitgeteilt, was sie früher nicht hatte. Und da die Seelen nicht bloß
überall umschlossen von dem Materiellen leben, sondern da Seelen
wie Tropfen sind, die im Meere des irdisch Geistigen leben, so sind
eben die Menschen seit jener Zeit eingebettet in die geistige Atmosphäre
unserer Erde, die durchdrungen ist von dem Christus-Impuls.
Das war vor dem Mysterium von Golgatha nicht der Fall; und das
ist der große Unterschied zwischen dem vorchristlichen und dem nachchristlichen
Leben. Wenn man sich nicht vorstellen kann, daß so etwas
im geistigen Leben stattfindet, dann ist man noch nicht so weit, das
Christentum wirklich als eine mystische Tatsache aufzufassen, deren
volle Bedeutung nur in der geistigen Welt erkannt und anerkannt
werden kann." {{Lit|{{G|131|102f}}}}
</div>


Nach der Kapitulation der Deutschen Wehrmacht am 18. Mai 1945 wurde Beuys in ein britisches Internierungslager überführt. Nach nur knapp drei Monaten konnte er das Lager am 5. August 1945 wieder verlassen und kehrte zu seinen Eltern nach Kleve-Neurindern zurück, wohin diese mittlerweile umgezogen waren.
<div style="margin-left:20px">
"Bis zu dem Zeitpunkte,
in dem der Christus Jesus auf der Erde erschien, ist alles, was
vom Christus-Geist vorhanden war, eine Einheit. Es war eine einheitliche
Hülle, welche die ganze Erde umgab, die in der festen Erde
gleichsam ihr Knochensystem hatte. Wenn Sie die feste Erde nehmen
mit alledem, was sie in sich hat, und dann dazunehmen, was die Erde
an Wärme umgibt, dann haben Sie ungefähr das, was man den Körper
des Christus-Geistes nennt. Daher das schöne Wort im Johannes-
Evangelium, wo sich der Christus Jesus selbst bezeichnet als den Geist
der Erde: «Der mein Brot isset, der tritt mich mit Füßen.» Was isset
der Mensch, wenn er ißt? Das Brot. Er ißt das Brot, das der Leib des
Christus ist. Und indem er auf der Erde geht, tut der Mensch das
andere: er tritt ihn mit Füßen. Ganz wörtlich ist das zu nehmen.
Ebenso wie sich in der lemurischen Zeit in die einzelnen Individualitäten
ausgegossen hat von dem Element des Geistes der Jahvegeist,
ebenso goß sich nach und nach in den Zeitaltern, die dem Christus
Jesus vorangegangen waren, und in denjenigen, die ihm jetzt nachfolgen,
langsam der Christus-Geist ein, der seinen Körper in der
Wärme des Blutes hat. Und wenn der ganze Christus-Geist ausgegossen
sein wird in die menschlichen Individualitäten hinein, dann wird
das Christentum, die große Menschenbrüderschaft, die Erde erobert
haben. Dann wird es überhaupt kein Bewußtsein von Cliquen
und kleinen Zusammenhängen mehr geben, sondern nur das Bewußtsein,
daß die Menschheit ein Bruderbund ist. Bei der größten Individualisierung
wird dennoch jeder zum andern hingezogen sein. Die
kleinen Stammes- und Volksgemeinschaften werden gewichen sein
der Gemeinschaft des Lebensgeistes, der Budhi, der Gemeinschaft
des Christus." {{Lit|{{G|096|284f}}}}
</div>


=== Nachkriegszeit ===
<div style="margin-left:20px">
1946 trat Beuys dem „Klever Künstlerbund“  bei, und zum Sommersemester desselben Jahres immatrikulierte er sich an der [[Wikipedia:Kunstakademie Düsseldorf|Staatlichen Kunstakademie in Düsseldorf]], an der er bis 1952 studierte. Während des ersten Semesters bei [[Wikipedia:Joseph Enseling|Joseph Enseling]], bei welchem er 3 Semester studierte, lernte er [[Wikipedia:Erwin Heerich|Erwin Heerich]] kennen. Ab dem Wintersemester 1947 wechselte Beuys in die Klasse von [[Wikipedia:Ewald Mataré|Ewald Mataré]]. Dieser ernannte ihn 1951 zu seinem Meisterschüler. Er beendete das Studium der Monumentalbildhauerei im Wintersemester 1952/1953. Gemeinsam mit Erwin Heerich bezog Beuys bis 1954 sein Meisterschüleratelier unter dem Dach der Kunstakademie. Er arbeitete an Aufträgen seines Lehrers Mataré mit, so zum Beispiel an den Türen des [[Wikipedia:Kölner Dom|Kölner Dom]]s und traf auf [[Wikipedia:Herbert Zangs|Herbert Zangs]], der wie er im zweiten Weltkrieg bei der Luftwaffe war und ebenso vom Niederrhein stammte. Später (im Mai 1975) schrieb Beuys einmal über Zangs:
"Wer zur Zeit Christi von einem andern
''„Er lieferte eine ganze Reihe von Gegenbildern, an denen man sehr viel Orientierung finden konnte.“ '' Im Haus der Familie Dr. Fritz Niehaus, bei der Beuys 1948 eine Weile wohnte, las er zum zweiten Mal (seit 1941) ein Buch von Steiner ([[Die Kernpunkte der sozialen Frage]]) und hatte, wie er selbst sagte, spontan ein Verhältnis dazu. <!--<ref>[[Götz Adriani]]/ Winfried Konnertz/ Karin Thomas: ''Joseph Beuys'', Köln 1994 (Dumont), S. 22 </ref>-->
Planeten heruntergeblickt hätte auf die Erde, der würde das Hinzutreten
dieser neuen Substanz zum Astralleibe der Erde ersehen haben
an der Änderung der Farbenstrahlung dieses Astralleibes. Durch die
Verbindung seines Astralleibes mit demjenigen der Erde ist der Sonnengeist
Christus zugleich Erdgeist geworden. Der Christus-Geist ist Sonnengeist
und zugleich Erdgeist. Von dem Moment an, da Christus auf
Erden gewandelt ist, bleibt er in ständiger Verbindung mit der Erde.
Er ist der Planetengeist der Erde geworden; die Erde ist sein Leib, er
leitet die Erdenentwickelung. Diese Verbindung hat sich auf Golgatha
vollzogen und das Mysterium von Golgatha ist das Symbolum dessen,
was für die Erdenentwickelung damals geschehen ist." {{Lit|{{G|100|253}}}}
</div>


Von 1947 bis 1949 arbeitete Beuys an zoologischen Filmen von [[Wikipedia:Heinz Sielmann|Heinz Sielmann]] und Georg Schimanski über den Lebensrhythmus des Wildes im Birkenwald der Lüneburger Heide, über nördliche [[Wikipedia:Schwäne|Wildschwäne]], [[Wikipedia:Gans|Gänse]] und [[Wikipedia:Ente|Ente]]n im Schwemmland der [[Wikipedia:Ems|Ems]] und über das Leben des weißen [[Wikipedia:Storch|Storch]]es im schleswig-holsteinischen Bergenhausen mit.
<div style="margin-left:20px">
"Wir erinnern uns daran, daß wir den großen Moment von
Golgatha hingestellt haben vor unsere Seele. Wenn jemand damals
die Erde von ferne betrachtet hätte mit hellseherischem Blick, so
hätte er wahrgenommen in dem Augenblick, wo das Blut aus den
Wunden des Erlösers floß, daß die ganze astralische Aura der Erde
sich veränderte. Da ist die Erde durchdrungen worden von der
Christus-Kraft. Durch dieses Ereignis kann sich die Erde dereinst
wieder mit der Sonne vereinigen. Diese Kraft wird wachsen. Das
ist die Kraft, die unseren Ätherleib vor dem zweiten Tode bewahrt.
Christus wird immer mehr und mehr der Erdgeist, und derjenige,
der ein rechter Christ ist, versteht die Worte: «Wer mein Brot isset,
der tritt mich mit Füßen», der betrachtet den Leib der Erde als
den Leib des Christus. Die Erde als planetarischer Körper ist der
Leib des Christus, freilich erst im Anfange. Es wird erst der
Christus Erdgeist, er wird sich völlig mit der Erde vereinigen. Und
wenn sich die Erde später mit der Sonne vereinigen wird, wird der
große Erdgeist Christus Sonnengeist sein." {{Lit|{{G|104|252}}}}
</div>


Im Jahr 1949 las er die von Rudolf Steiner bearbeiteten naturwissenschaftlichen Schriften Goethes (Weimarer Sophien-Ausgabe) zur [[Wikipedia:Morphologie|Morphologie]], [[Wikipedia:Mineralogie|Mineralogie]], Geologie und Meteorologie und kam zu dem Schluss, ''„dass in Steiners Vorstellungen ein Ansatz vorliegt, der sich direkt und praktisch auf die Wirklichkeit bezieht, und dass demgegenüber alle Formen wissenschaftstheoretischer Erörterung ohne unmittelbaren Bezug zu den Kräften in der Zeit bleiben.“''
<div style="margin-left:20px">
"Wenn also — ich habe ja
auch das schon erwähnt — ein alter Weiser, der wirklich hellsichtig
war, in der Zeit vor dem Mysterium von Golgatha sich in die geistigen
Hohen hinaufhob, so traf er in diesen geistigen Höhen natürlich
den Christus. Daher wurden diejenigen, die dazumal von dem
Christus sprechen konnten, Propheten, die das Ankommen des
Christus vorhersagen konnten; denn sie fanden Christus in den geistigen
Weiten und sahen ihn gewissermaßen auf seinem Wege zur
Erde hin, wie er als Sonnengeist herunterstieg, um allmählich Erdgeist
zu werden. Sie schauten also hin auf einen zukünftigen Augenblick
der Erdenentwickelung, in dem sich das, was sie nur in geistigen
Höhen sahen, mit der Erdenentwickelung verbinden werde.
Wenn man die Erde dazumal, vor dem Mysterium von Golgatha,
in allen ihren Weiten durchforschte nach dem, was man aus ihr
wissen konnte, fand man den Christus nicht. Daher hat die Erdenwissenschaft
der alten vor dem Mysterium von Golgatha lebenden
Völker selbstverständlich den Christus nicht. Aber wenn die Eingeweihten
dieser Mysterien einen gewissen Grad erreicht hatten, wurde
ihnen verkündet das Kommen des Christus auf die Erde.


Nach dem Krieg lebte Beuys von diversen Aufträgen, zum Beispiel hatte er Möbel entworfen und teilweise auch verkaufen können. Ein Tisch mit dem Titel ''Tisch III, 1954'' ([[Wikipedia:Birnbaum|Birnbaum]], [[Wikipedia:Ebenholz|Ebenholz]]) und ein Regal befindet sich in einer Privatsammlung in [[Wikipedia:Athen|Athen]]. Ein weiterer Tisch, ''Tisch I, 1953'' ([[Wikipedia:Kirschbaum|Kirschbaum]], Ebenholz) im [[Wikipedia:Block Beuys|Block Beuys]], Darmstadt (dieser wurde dann wohl in den 50ern nicht verkauft, sondern erst später von dem Sammler und Kunstmäzen [[Wikipedia:Karl Ströher|Karl Ströher]]).
Bedenken Sie nun, wie das alles anders ist seit dem Mysterium
von Golgatha. Es ist ja gerade das Gegenteil davon seit dem Mysterium
von Golgatha da. Seit dem Mysterium von Golgatha findet
man, wenn man hier die Erdenentwickelung durchforscht, den
Christus hineinverwoben in die ganze Geschichte derjenigen Völker,
die eben schon vom Christentum durchdrungen sind. Und eine geschichtliche
Darstellung zu geben, ohne vom Christus zu sprechen,
ist eigentlich ein Unding. Das hat sogar der Historiker Ranke empfunden
und sich noch in seinem hohen Alter die Frage gestellt, ob
denn Geschichte überhaupt etwas heißt, wenn man nicht überall
zeigt, wie der Christus-Impuls in den einzelnen Erscheinungen drinnen
lebt. Dafür aber ist in denjenigen Welten, in die man aufsteigen
kann, aus denen der Christus herausgekommen ist, um eben mit
der Erdenentwickelung sich zu verbinden, der Christus nicht so unmittelbar
darin. Man muß dann schon von jenen Höhen herunterschauen
auf die Erde und sehen, wie er sich mit der Erde verbunden
hat." {{Lit|{{G|167|198f}}}}
</div>


==== Sinn- und Schaffenskrise ====
== Der Erdgeist im Jahreslauf ==
Noch während der Zeit als Meisterschüler fanden 1953 die erste Einzelausstellung im Haus der mit Beuys befreundeten Brüder van der Grinten in [[Wikipedia:Kranenburg (Niederrhein)|Kranenburg]] und eine Ausstellung im „Von der Heydt-Museum“ in [[Wikipedia:Wuppertal|Wuppertal]] statt. Nach dem Verlassen des Meisterschülerateliers unter dem Dach der Kunstakademie bezog Beuys 1954 ein eigenes Atelier in [[Wikipedia:Düsseldorf-Heerdt|Düsseldorf-Heerdt]], welches er bis Ende 1958 nutzen konnte. 1956 begann eine Sinn- und Schaffenskrise. Beuys litt unter schweren Depressionen, die nur bedingt auf posttraumatischen Kriegserlebnissen beruhten. Beuys selbst gab dieser von 1956 bis 1957 anhaltenden Krise in seinem „Lebenslauf-Werklauf“ den Namen ''1956-57 Beuys arbeitet auf dem Felde''. Er zog sich zunehmend zurück und isolierte sich zu Beginn des Jahres so sehr, dass Freunde glaubten, ihn zu seinen Eltern in Kleve bringen zu müssen. Der Rückzug war eher Reaktion auf die mangelnde Kommunikationsbereitschaft seiner Freunde, die Beuys in seiner Umbruchphase der künstlerischen Arbeit nicht unterstützten. Die mehrmonatige „Feldarbeit“ auf dem Bauernhof der Familie van der Grinten in Kranenburg im Jahre 1957, in welcher Beuys einerseits den Acker bestellte, andererseits mehrere Werkskizzen, plastische Konzepte und Zeichnungen herstellte, markierte eine grundlegende künstlerische Zäsur.


Ab 1956 arbeitete er an dem Entwurf für die Arbeit ''Auschwitz Demonstration, 1956-1964'', die heute in einer Vitrine im [[Wikipedia:Block Beuys|Block Beuys]] in Darmstadt integriert ist. In dieser Phase entstanden auch viele düstere Werke, wiedergegeben in zahlreichen Aquarellen und Zeichnungen mit Titeln wie ''Abschied'', ''Frauengrab'' oder ''Miserere'', welche seine bis dahin charakteristischen Darstellungen der Tier- und Pflanzenwelt ablösen sollten. Am Ende seiner Krise intensivierte er noch einmal sein Studium durch Lesen von Schriften aus Chemie, Physik, Botanik, Zoologie und Humanmedizin und Werken von [[Wikipedia:James Joyce|James Joyce]] und [[Novalis]] sowie kunsthistorischen Abhandlungen von [[Wikipedia:Hans Sedlmayr|Hans Sedlmayr]]. Am 15. Mai 1958 starb Beuys Vater in Kleve.
<div style="margin-left:20px">
"Wir wissen ja, wie nur eine materialistische Weltanschauung des
Glaubens sein kann, daß allein der Mensch innerhalb der Weltenordnung
mit einem Erkenntnis-, Gefühls- und Willensvermögen begabt sei;
während man anerkennen muß vom Standpunkte einer spirituellen
Weltanschauung, daß ebenso, wie es unterhalb der Menschenstufe Wesenheiten gibt, es auch Wesenheiten gibt oberhalb der menschlichen
Stufe des Denkens, Fühlens und Wollens. In diese Wesenheiten kann
sich der Mensch einleben, wenn er eben als Mikrokosmos im Makrokosmos
untertaucht. Wir müssen aber dann von diesem Makrokosmos
so sprechen, wie wenn er nicht nur ein Raumesmakrokosmos sei, sondern
wie wenn die Zeit in ihrem Verlaufe Bedeutung habe im Leben
des Makrokosmos. Wie der Mensch sich zurückziehen muß von all den
Eindrücken, die auf seine Sinne ausgeübt werden können aus seiner
Umgebung, wie er gleichsam um sich herum durch das Abschließen
seiner Sinneswahrnehmung Finsternis erzeugen muß, um im Inneren
das Licht des Geistes anzuzünden, wenn er in die Tiefen seiner Seele
hinuntersteigen will, so muß derjenige Geist, den wir als den Erdgeist
bezeichnen können, abgeschlossen sein von den Eindrücken des übrigen
Kosmos. Es muß das geringste Maß von Wirkungen von dem äußeren
Kosmos auf den Erdgeist ausgeübt werden, damit der Erdgeist selber
sich innerlich konzentrieren, seine Fähigkeiten innerlich zusammenziehen
kann. Denn dann werden die Geheimnisse entdeckt, die der
Mensch deshalb durchzumachen hat mit diesem Erdgeist, weil die Erde
als Erde aus dem Kosmos herausgesondert ist.


==== Erholung ====
Solch eine Zeit, wo das größte Maß der Eindrücke vom äußeren
Joseph Beuys hatte seine Depression als eine Art der Läuterung begriffen und immer wieder in sein Werk mit einbezogen. ''„Am Ende sei er ein anderer Mann geworden.“ '' <!--<ref>Heiner Stachelhaus ''Joseph Beuys''; Seite 69</ref>--> Ab 1958 hatte er seine Atelierräume im alten Klever Kurhaus am Tiergarten bezogen. Hier entstand das monumentale Eichenkreuz und das Tor für das Ehrenmal im alten Kirchturm <!--<ref>http://www.stimmen-der-zeit.de/StdZ_04_05_Mennekes.pdf#search=%22Fritz%20Niehaus%22</ref>--> in [[Wikipedia:Meerbusch|Meerbusch (Büderich)]]. Im „Lebenslauf-Werklauf“  erwähnte Beuys: ''„1957-60 Erholung von der Feldarbeit“ ''. 1958 bewarb sich Beuys um eine Professur an der Kunstakademie Düsseldorf, scheiterte jedoch an dem Einspruch [[Wikipedia:Ewald Mataré|Matarés]].  
Makrokosmos auf die Erde ausgeübt wird, ist die Sommersonnenwendezeit,
die Johannizeit. Es erinnern uns daher viele Nachrichten aus alten
Zeiten, die an Festesdarstellungen und Festesbegehungen anknüpfen,
wie solche Feste inmitten der Sommerzeit stattfanden, wie die Seele in
der Mitte des Sommers dadurch, daß sie sich des Ich entäußert und aufgeht
im Leben des Makrokosmos, trunken hingegeben ist den Eindrükken
vom Makrokosmos.


Im Jahr 1959 heiratete Beuys die Kunsterzieherin Eva Wurmbach, Tochter von [[Wikipedia:Hermann Wurmbach|Hermann Wurmbach]], Professor der Zoologie an der Universität Bonn, und dessen Frau Maria Wurmbach. Aus der Ehe gingen die beiden Kinder Wenzel, geboren 1961, und Jessyka, geboren 1964, hervor.  
Aber umgekehrt erinnern uns die legendarischen oder sonstigen Darstellungen
desjenigen, was in der Vorzeit erlebt werden konnte, dann,
wenn das geringste Maß der Eindrücke vom Makrokosmos zur Erde
kommt, daran, daß der Erdgeist, in sich konzentriert, die Geheimnisse
des Erdenseelenlebens im unendlichen All erlebt, und daß der Mensch,
wenn er sich hineinbegibt in dieses Erleben zu der Zeit, in welcher am
wenigsten Licht und Wärme gesendet wird aus dem Makrokosmos zur
Erde, dann die heiligsten Geheimnisse miterlebt. Daher wurden diese
Tage um die Weihnachtszeit herum immer so heilig gehalten, weil der
Mensch, als er in seinem Organismus noch die Fähigkeit hatte, mitzuerleben
das Erdenerleben in der Zeit, wo es am konzentriertesten ist,
mit dem Erdgeist Zusammensein konnte." {{Lit|{{G|158|171ff}}}}
</div>


Für das Oberlandesgericht Düsseldorf entstand im gleichen Jahr das Bronzerelief ''Justitia, 1959''.
<div style="margin-left:20px">
"Die Zeit, in welcher das geringste Maß von Eindrücken aus dem
Makrokosmos zur Erde kommt, die Zeit von Weihnachten bis über
das Neujahr hinaus, ungefähr bis zum 6. Januar, ist wohl geeignet,
daß man sich nicht nur erinnere an das Gegenständliche der geistigen
Erkenntnis, sondern an die Empfindungen, die wir in uns entwickeln
müssen durch das Aufnehmen der Geisteswissenschaft. Wahrhaft
leben wir uns also wieder hinein in den Erdgeist, mit dem wir zusammen
doch eine Ganzheit bilden, und mit dem lebte das alte, hellseherische
Erkennen, wie es uns etwa in dieser Legende von Olaf
Asteson dargestellt ist." {{Lit|{{G|275|89f}}}}
</div>


=== Die 60-er und 70-er Jahre ===
== Der Erdgeist in Goethes Faust-Dichtung ==
[[Bild:Kunstakademie.jpg|thumb|320px|Kunstakademie Düsseldorf]]
Ab 1961 bis zu seiner Entlassung 1972 war Beuys dann selbst Professor an der Kunstakademie, in der er die Klasse für monumentale Bildhauerei leitete. Zu seinen Studenten zählten unter anderem [[Wikipedia:Jörg Immendorff|Jörg Immendorff]], [[Wikipedia:Johannes Stüttgen|Johannes Stüttgen]] oder [[Wikipedia:Imi Knoebel|Imi Knoebel]]. Am 2. und 3. Februar 1963 fand in der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf „als ein Colloquium für die Studenten der Akademie“ das ''Festum Fluxorum Fluxus&nbsp;– Musik und Antimusik&nbsp;– Das instrumentale Theater'' statt.


Beteiligte Künstler waren: [[Wikipedia:George Brecht|George Brecht]], [[Wikipedia:Al Hansen|Al Hansen]], Dick Higgins, [[Wikipedia:Bengt af Klintberg|Bengt af Klintberg]], [[Wikipedia:Arthur Köpcke|Arthur Køpcke]], [[Wikipedia:La Monte Young|La Monte Young]], [[Wikipedia:George Maciunas|George Maciunas]], Jackson Mac Low, [[Wikipedia:Nam June Paik|Nam June Paik]], [[Wikipedia:Ben Patterson|Ben Patterson]], Schmit, [[Wikipedia:Daniel Spoerri|Daniel Spoerri]], [[Wikipedia:Wolf Vostell|Wolf Vostell]], Watts und Williams.
[[Goethe]] schildert bekanntlich die [[Erscheinung]] des Erdgeists in seiner [[Faust-Dichtung]]:


Joseph Beuys führte am 2. Februar ''FLUXUS Sibirische Synphonie 1. Satz'' und am 3. Februar ''Komposition für 2 Musikanten'' auf. Vom 26. Oktober 1963 bis 24. November 1963 fand im Haus der Brüder van der Grinten die Ausstellung ''JOSEPH BEUYS FLUXUS'' statt. <!--<ref>Götz Adriani/ Winfried Konnertz/ Karin Thomas: ''Joseph Beuys''; Köln 1994 (Dumont), S. 53</ref>-->
<div style="margin-left:20px">
"Goethe hat in seinen Faust nicht etwa nur die Enttäuschungen
eines in die Irre gehenden Erkenntnisdranges hineinlegen
wollen; er wollte vielmehr die im Wesen des Menschen
begründeten Konflikte dieses Dranges selbst darstellen.
Der Mensch ist in jedem Augenblicke seines Daseins
mehr^ als sich zum Vollbringen seines Lebens enthüllen darf.
Der Mensch soll sich entwickeln aus seinem Innern heraus;
er soll entfalten, was in vollem Maße zu erkennen ihm erst
nach der Entfaltung gegönnt sein kann. Seine Erkenntniskräfte sind so geartet, daß sie selbst zur Unzeit an das herangebracht,
was sie zur rechten Zeit bewältigen sollen, durch
ihren eigenen Gegenstand betäubt werden können. - Faust
lebt in alle dem, was in den Worten des Erdgeists sich offenbart.
Aber dieses sein eigenes Wesen betäubt ihn, als es ihm
anschaulich vor die Seele tritt in dem Augenblicke, in dem
seine Lebensreife, dieses Wesen nicht erkennend, zum Bilde
wandeln kann.


Ab 1964, in diesem Jahr war es die [[Wikipedia:documenta III|documenta III]], beteiligte Beuys sich an jeder „documenta“.
<center><poem>
Vom 13. September 1967 bis zum 29. Oktober 1967 gab es eine erste umfassende Ausstellung im Städtischen Museum Mönchengladbach&nbsp;– Ausstellung „BEUYS“.
Du gleichst dem Geist, den du begreifst,
Nicht mir!
</poem></center>


In seinen „Lebenslauf-Werklauf“ trug Beuys 1963 ein: ''„Beuys verlängert im Auftrag von [[Wikipedia:James Joyce|James Joyce]] den „[[Wikipedia:Ulysses|Ulysses]]“ um 2 weitere Kapitel“''. Gemeint waren sechs Hefte, in die er seit 1958 in beliebiger, nicht chronologischer Reihenfolge skizzierte und zeichnete, wobei er die Zeichnungen gelegentlich mit tagebuchähnlichen Notizen versah. Die ''„Verlängerung“'' um ''„2 weitere Kapitel“'' bezieht sich auf die Geburt des Sohnes und wahrscheinlich auf die Berufung an die Kunstakademie in Düsseldorf.<!--<ref>Götz Adriani/ Winfried Konnertz/ Karin Thomas: Joseph Beuys, Köln 1994 (Dumont), S. 61</ref>-->
Bei diesen Worten stürzt Faust zusammen. Im Grunde hat
er sich geschaut; aber er kann sich nicht gleichen, weil er,
was er ist, nicht erkennend umfassen kann. Die Selbstanschauung
hat das dieser Anschauung nicht gewachsene Bewußtsein
betäubt.


'''Besetzung der Düsseldorfer Kunstakademie und Entlassung aus der Professur'''
Faust stellt die Frage: «Nicht dir! Wem denn?» - Die
Antwort wird dramatisch gegeben. Wagner tritt ein. Dieser
selbst ist die Antwort auf das «Wem denn?». Seelischer
Hochmut war es, der in Faust im Augenblicke das Geheimnis
des eigenen Wesens erfassen wollte. Was in ihm lebt,
ist zunächst nur das Streben nach diesem Geheimnis; das
Ebenbild dessen, was er im Augenblicke von sich erkennend
umfassen kann, ist Wagner. Man wird die Szene mit Wagner
ganz mißverstehen, wenn man nur auf den Gegensatz blickt
zwischen dem hochgeistigen Faust und dem beschränkten
Wagner. In der Begegnung mit diesem nach der Erdgeistszene
sollte Faust begreiflich werden, daß er mit seiner Erkenntniskraft
im Grunde auf der Wagnerstufe steht. Dramatisch
gedacht ist in der hier in Frage kommenden Szene
Wagner das Ebenbild von Faust." {{Lit|{{G|022|47f}}}}
</div>


Während der [[Wikipedia:Deutsche Studentenbewegung der 1960er Jahre|68-er Studentenunruhen]] beteiligte sich Beuys an verschiedenen Organisationen und gründete auch eigene, welche u.a. das Ziel der Bekämpfung des „Organisationsstaates“  hatten. Stringent lehrte der politisch unbequeme Kunstprofessor in seinen Vorträgen die ''radikale freie [[Wikipedia:Selbstbestimmung|Selbstbestimmung]]''. Aufgrund der katastrophalen Zustände an der Düsseldorfer Kunstakademie und auch aufgrund mangelnder Bildungszuschüsse besetzte er 1971 zusammen mit seinen Studenten das Sekretariat der Akademie und wurde daraufhin vom damaligen Wissenschaftsminister [[Wikipedia:Johannes Rau|Johannes Rau]] <!--<ref>http://www.kunstschloss-wrodow.de/html/kuenstler_beuys.htm Rede von Johannes Rau über Beuys im Kunstschloss Wrodow</ref>--> fristlos entlassen. Erst sechs Jahre später wurde Beuys rehabilitiert. <!--<ref>[http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/specials/33178/index.html 3sat Kulturzeit - Deutsche Lebensläufe: Der Künstler Joseph Beuys]</ref>-->
<div style="margin-left:20px">
"... der springende Punkt liegt darin, daß Faust sich
abwendet von dem, was sich ihm offenbart von dem Zeichen des
Makrokosmos, der ganzen Welt. Er will zunächst nichts wissen von
den Beziehungen des Menschen zu dem ganzen umfassenden großen
All. Er wendet sich zum Erdgeist, zu dem, was ihm offenbaren will,
was der Mensch nur aus den Kräften der Erde hat. Was sich ihm aus
dem Makrokosmos offenbart, das ist ihm ein Schauspiel, «aber ach,
ein Schauspiel nur!» Da wendet er sich ab. Aber der Erdgeist weist
ihn von sich. Faust glaubte durch den Erdgeist irgend etwas ergreifen
zu können, was mit seinem tiefsten Wesen zusammenhängt. Der Erdgeist
bringt ihn zum Niederstürzen. Und dann die Worte: «Du
gleichst dem Geist, den du begreifst, nicht mir!»


1973 kam es auf Betreiben von Joseph Beuys aufgrund von akutem Platzmangel in der Düsseldorfer Akademie zur Gründung des Vereins zur Förderung einer ''„Freien Internationalen Hochschule für Kreativität und interdisziplinäre Forschung“ ''. Ziel des Projekts sollte es sein, nicht nur neue Räume in der Kunstakademie zu schaffen, sondern im Sinne von Beuys’ komplexen Kunstverständnis auch zugleich Platz für neue Gedankenwelten ''„… frei zu räumen“ '' und Anregungen für kontroverse kreative Sichtweisen anzubieten und zu schaffen.
Nun frage man: Wer ist es, den der Faust begreift? Er selbst sagt:
«Nicht dir! - Wem denn?» - und herein tritt Wagner. Alles, was du
bisher entwickelt hast, ist bloßes Gefühlsstreben; was du schon in dir
trägst, schaue es an - in Wagner! Das ist die andere Natur des Faust." {{Lit|{{G|181|268f}}}}
</div>


Von 1971 bis 1985 unternahm Beuys mehrere Reisen nach Italien, zusammen mit seiner Familie, zwecks Ausstellungen in der Galerie Lucio Amelio, Neapel. Hierbei wurde auch die Insel [[Wikipedia:Capri|Capri]] mehrmals besucht.  
<div style="margin-left:20px">
"In wunderbar schönen Worten
wird von Faust der Erdgeist charakterisiert. Wir sehen, wie er ahnt,
daß das, was der Planet Erde ist, nicht einfach jene physische Kugel ist,
als die sie von der Naturwissenschaft angesehen wird, sondern gerade
so, wie der Leib eine Seele enthält, so der Erdenleib einen Geist.


Zur [[Wikipedia:Documenta 5|Documenta 5]] im Jahre 1972 entstand Beuys' Arbeit ''„Dürer, ich führe persönlich Baader + Meinhof durch die Documenta V, 1972“'', die unter dem Aspekt einer künstlerischen Betrachtung des beginnenden Terrors der [[Wikipedia:Rote Armee Fraktion|Baader-Meinhof-Gruppe]] entstand.  
<blockquote><poem>
In Lebensfluten, im Tatensturm
Wall' ich auf und ab,
Webe hin und her!
Geburt und Grab,
Ein ewiges Meer,
Ein wechselnd Weben,
Ein glühend Leben,
So schaff' ich am sausenden Webstuhl der Zeit
Und wirke der Gottheit lebendiges Kleid.
</poem></blockquote>


Am 30. Oktober 1972 fand die Eröffnung der Ausstellung ''Arena&nbsp;– dove sarei arrivato se fossi stato intelligente'' (deutsch: „Arena&nbsp;– wo wäre ich hingekommen, wenn ich intelligent gewesen wäre“) in der Galleria Attico in Rom statt.
Das ist das, was in der Erde lebt als der Geist der Erde, wie in uns
unser Geist lebt. Aber Goethe kennzeichnet den Faust als noch nicht
reif, seinen Geist als noch unvollendeten. Abwenden muß er sich von
dem furchtbaren Zeichen wie ein furchtsam weggekrümmter Wurm.
Der Erdgeist antwortet ihm: «Du gleichst dem Geist, den du begreifst,
nicht mir.» In Goethes Seele lebte die Erkenntnis, wenn sie zunächst
auch nur eine ahnende war, daß wir auf keiner Stufe uns befriedigt
erklären dürfen, sondern von jeder Stufe aus höhere und immer höhere
Stufen erstreben müssen, daß wir auf keiner Stufe sagen können, wir
haben etwas erreicht, sondern von jeder Stufe aus immer höher streben
müssen. Goethe führten in diese Geheimnisse hinein seine emsigen Studien
von Erscheinung zu Erscheinung. Und nun sehen wir ihn wachsen.
Denselben Geist, den er zuerst gerufen hat, und von dem er nur sagen
konnte: «Schreckliches Gesicht!», läßt Goethe durch Faust anreden,
nachdem Goethe selber eine höhere Stufe erreicht hatte nach der Italienreise,
nach seiner Reise, die ich so charakterisiert habe, daß er die ganze
Natur und Kunst mit seiner Anschauung durchdringen wollte. Jetzt ist
Faust gestimmt, wie Goethe selber gestimmt war. Jetzt steht Faust vor
demselben Geiste, den er also anredet:


Im Jahr 1974 erhielt Beuys eine Gastprofessur an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg.
<blockquote><poem>
Erhabner Geist, du gabst mir, gabst mir alles,
Warum ich bat. Du hast mir nicht umsonst
Dein Angesicht im Feuer zugewendet.
Gabst mir die herrliche Natur zum Königreich,
Kraft, sie zu fühlen, zu genießen. Nicht
Kalt staunenden Besuch erlaubst du nur,
Vergönnest mir in ihre tiefe Brust
Wie in den Busen eines Freunds zu schauen.
Du führst die Reihe der Lebendigen
Vor mir vorbei, und lehrst mich meine Brüder
Im stillen Busch, in Luft und Wasser kennen.
Und wenn der Sturm im Walde braust und knarrt,
Die Riesenfichte stürzend Nachbaräste
Und Nachbarstämme quetschend niederstreift,
Und ihrem Fall dumpf hohl der Hügel donnert;
Dann führst du mich zur sichern Höhle, zeigst
Mich dann mir selbst, und meiner eignen Brust
Geheime tiefe Wunder öffnen sich.
Und steigt vor meinem Blick der reine Mond
Besänftigend herüber: schweben mir
Von Felsenwänden, aus dem feuchten Busch
Der Vorwelt silberne Gestalten auf,
Und lindern der Betrachtung strenge Lust.
</poem></blockquote>


Am 30. August 1974 starb Beuys Mutter Johanna. Zum Jahreswechsel 1974/1975 hielt sich die Familie bei [[Wikipedia:Charles Wilp|Charles Wilp]] in [[Wikipedia:Kenia|Kenia]] ([[Wikipedia:Diani Beach|Diani Beach]]) auf.
Da ist Goethe und mit ihm Faust zu der Höhe gelangt, nicht mehr
1976, zur 37. Biennale in Venedig, war Beuys mit der Installation ''Straßenbahnhaltestelle/Tram Stop, 1961–1976'' (Deutscher Pavillon) vertreten.  
sich wegzuwenden von dem Geist, den er im Sprunge hat erreichen
Auf der documenta 6 (1977) war Beuys mit seiner Arbeit [[Wikipedia:Honigpumpe am Arbeitsplatz|Honigpumpe am Arbeitsplatz]] vertreten, wieder für 100 Tage, wie auf der documenta 5 (1972).
wollen. Jetzt tritt ihm der Geist als ein solcher entgegen, von dem er
Am 18. Mai 1979 traf Beuys zum ersten Mal [[Wikipedia:Andy Warhol|Andy Warhol]] in der Galerie Denise René/Hans Mayer, der dort gerade eine Ausstellung seiner neuen Bilder zeigte. Das sollte später Anlass für Warhol sein, mehrere mit Diamantstaub bearbeitete [[Wikipedia:Serigraphie|Serigraphie]]n von Beuys anzufertigen.
sich nicht mehr hinwegzuwenden braucht. Jetzt erkennt er ihn in allem
Lebendigen, in allen Reichen der Natur: in Wald und Wasser, im stillen
Busch, in der Riesenfichte, in Sturm und Donner. Und nicht nur da.
Nachdem er ihm erschienen ist in der großen Natur draußen, erkennt
er ihn auch in seinem eigenen Herzen: seine geheimen tiefen Wunder
öffnen sich." {{Lit|{{G|272|27f}}}}
</div>


=== Die 80-er Jahre und Tod ===
<div style="margin-left:20px">
[[Bild:Fridericianum.jpg|thumb|320px|Erste gepflanzte Eiche vor dem Museum Fridericianum bei Nacht]]
"Denken Sie sich einige Meilen von der Erde erhoben:
In den 80-er Jahren kandidierte und warb Beuys in [[Wikipedia:Nordrhein-Westfalen|Nordrhein-Westfalen]] für die Landesliste der neugegründeten Partei „[[Wikipedia:Die Grünen|Die Grünen]]“  <!--<ref>http://www.medienkunstnetz.de/werke/landesdelegiertenkonferenz-der-grunen/ Joseph Beuys
Sie können da nicht als physischer Mensch leben, Sie hören auf als
»Landesdelegiertenkonferenz der Grünen«</ref>--> <!--<ref>http://www.medienkunstnetz.de/werke/wahlplakat-fur-die-grunen/ Joseph Beuys
Mensch zu leben. Sie sind bloß ein Glied unserer Erde, wie meine
»Wahlplakat für die Grünen«</ref>-->. Den grünen Gedanken setzte er bei der [[Wikipedia:documenta 7|documenta 7]] 1982 in Kassel mit seiner Aktion ''[[Wikipedia:7000 Eichen|7000 Eichen]]'' in die Tat um. Die Pflanzaktion sollte noch bis über seinen Tod hinaus andauern. Beuys nahm an der „ZEITGEIST-Ausstellung“ im Januar 1982 mit der Rauminstallation ''Hirschdenkmäler, 1948-1982'' teil. Im Sommer 1982 machte er eine Reise mit der Familie nach Australien um die Arbeit ''Stripes of the house of the shaman, 1964-1972'' in der [[Wikipedia:|National Gallery of Australia]] in [[Wikipedia:Canberra|Canberra]] aufzubauen. Im gleichen Jahr führte er ein Gespräch mit dem [[Wikipedia:Dalai Lama|Dalai Lama]] in Bonn. 1984 folgte eine Reise nach Tokio, um zwei Ausstellungen vorzubereiten. Eine fand in der Galerie Watari statt: „Joseph Beuys & [[Wikipedia:Nam June Paik|Nam June Paik]]“, die vom 15. Mai 1984 bis 17. Juli 1984 dauerte und eine vom 2. Juni 1984 bis 2. Juli 1984 dauernde Ausstellung im Seibu-Museum, (Werke aus der Sammlung Ulbricht). In den Folgejahren arrangierte der mittlerweile gesundheitlich schwer angeschlagene Künstler noch einige nationale und internationale Ausstellungen.
Hand ein Glied meines Körpers ist. Die Illusion, daß Sie selbständige
Wesen sind, entsteht nur dadurch, daß Sie herumspazieren auf
der Erde, während die Hand angewachsen ist. Das tut aber nichts.
Goethe meinte etwas ganz Wirkliches, wenn er vom Erdgeist
spricht. Er meint, daß die Erde eine Seele hat, deren Glieder wir
sind. Er spricht von etwas Wirklichem, wenn er den Erdgeist [im
«Faust»] sprechen laßt:


'''„Sprechen über das eigene Land: Deutschland“ &nbsp;– Rede von Joseph Beuys'''
<blockquote><poem>
In Lebensfluten, im Tatensturm
Wall ich auf und ab,
Webe hin und her!
Geburt und Grab,
Ein ewiges Meer,
Ein wechselnd Weben,
Ein glühend Leben,
So schaff ich am sausenden Webstuhl der Zeit
Und wirke der Gottheit lebendiges Kleid.
</poem></blockquote>


Noch kurz vor seinem Tod im Jahre 1985 hielt der Künstler eine Grundsatzrede in den Münchner Kammerspielen. Sein gedankliches Manifest „Jeder Mensch ist ein Künstler“  wurde hierbei von Joseph Beuys noch einmal deutlich thematisiert und sollte die anthroposophische Einstellung von Beuys quasi als Vermächtnis an die Nachwelt transportieren. <!--<ref>[http://www.pinakothek.de/pinakothek-der-moderne/html/kalender/kalender_index.php?haupt=ausstellungen&inc=ausstellung&action=archiv&which=2100 Pinakothek der Moderne, München]</ref>-->
So ist schon der physische Mensch ein Glied des Erdenorganismus
und Teil eines Ganzen. Und nun bedenken Sie es geistig und seelisch:
da ist es genau so. Wie oft habe ich betont, daß die Menschheit nicht
leben könnte, wenn sie sich nicht auf Grund der anderen Reiche
weiter entwickelt hätte. Ebenso kann der hoher entwickelte Mensch
nicht sein ohne den niedriger entwickelten. Ein Geistiges kann nicht
sein ohne diejenigen, die zurückgeblieben sind, wie ein Mensch
nicht sein kann, ohne daß Tiere zurückgeblieben sind, wie ein Tier
nicht ohne Pflanze, eine Pflanze nicht ohne Mineral sein kann. Am
schönsten ist dies ausgedrückt im Johannes-Evangelium nach der
Fußwaschung: Ich könnte nicht sein ohne euch... - Die Jünger sind
eine Notwendigkeit für Jesus, sie sind sein Mutterboden. Das ist eine
große Wahrheit." {{Lit|{{G|264|387}}}}
</div>


Am 12. Januar 1986 wurde ihm der [[Wikipedia:Wilhelm Lehmbruck|Wilhelm-Lehmbruck-Preis]] der Stadt Duisburg verliehen. Nur elf Tage später, am 23. Januar 1986, verstarb Joseph Beuys mit 64 Jahren an einem längeren Lungenleiden in seinem Atelier in Düsseldorf. Eine Seebestattung fand am 14. April 1986 statt. Kapitän Nagel vom Deutschen Motorschiff „Sueño“  (deutsch: Traum) mit Heimathafen [[Wikipedia:Meldorf|Meldorf]] schrieb in das Schiffstagebuch folgende Eintragung: „''12.05.1921/ 23.01.1986/ auf {{Koordinate Text|54_07_05_N_08_22_0_E_type:landmark_region:DE-HE|54° 07,5' NO 8° 22,0' O}}''.“ An dieser Stelle wurde die Asche von Joseph Beuys verstreut.
<div style="margin-left:20px">
"Aber Faust ist eben der Menschheitsrepräsentant,
der dem 16. Jahrhundert angehört, also schon der fünften nachatlantischen
Periode, derjenigen Periode, die sich der Anschauung naht:
Ich lebe als der Erdeneremit auf einem Staubkorn des Universums. -
Da wäre es nicht mehr ehrlich gewesen von dem jungen Goethe, Faust
hinbücken zu lassen zu dem Geiste der großen Welt. Als Menschheitsrepräsentant
könnte das bei Faust nicht der Fall sein, denn der Mensch
hatte in seinem Bewußtsein keinen Zusammenhang mehr mit den Himmelskräften,
die auf- und niedersteigen und sich die goldenen Eimer
reichen, das heißt, mit den Wesenheiten der höheren Hierarchien.
Das war verfinstert, das war nicht mehr da für das Menschheitsbewußtsein.
So konnte sich Faust nur an dasjenige halten, womit er etwa verknüpft
sein konnte als Erdeneremit: Er wandte sich an den Genius der
Erde.


=== Das Erscheinungsbild ===
Daß sich Faust an den Genius der Erde wendet, das ist etwas, ich
Joseph Beuys war ein asketisch wirkender, hagerer Mann. Neben der Anglerweste und einer Jeans trug Joseph Beuys bei öffentlichen Auftritten immer einen Hut, der zu einem unverwechselbaren Markenzeichen von ihm wurde. Manchmal wurde dies spöttisch auch als „Beuys-Uniform“  oder „Beuys-Tracht“  bezeichnet. Die Anzahl der Hüte, die er sich seit Anfang der sechziger Jahre kaufte, soll beachtlich gewesen sein, zumal ihm mit zunehmender Berühmtheit das eine oder andere Stück abhanden kam oder für Aktionen und Installationen von ihm verwendet wurde. Zumeist bezog er seine Hüte bei dem britischen Traditionsunternehmen ''Lock & Co'' in London.
möchte sagen, radikal Grandioses, was bei Goethe auftritt: Denn das
ist die Wendung, welche das menschliche Bewußtsein in diesem Zeitalter
genommen hat, hinweg von den sich verfinsternden Himmelsmächten
zu dem Genius der Erde, auf den der Geist selber hingewiesen
hat, der durch das Mysterium von Golgatha gegangen ist. Denn dieser
Genius, der durch das Mysterium von Golgatha gegangen ist, hat sich
mit der Erde verbunden. Er hat dadurch, daß er sich mit der Erdenmenschheitsentwickelung
verbunden hat, dem Menschen nun die
Kraft gegeben, in der Zeit, da er nicht mehr hinauf blicken kann zu
den Gelstern der Himmel, hinzusehen zu den Geistern der Erde, und
die Geister der Erde sprechen nun im Menschen. Früher waren es
die Sterne in ihrem Weben, welche die Himmelsworte offenbarten
der Menschenseele, die diese Himmelsworte deuten und erkennen
konnte. Jetzt mußte der Mensch auf seinen Zusammenhang mit der
Erde hinsehen, das heißt, sich selber fragen, ob der Genius der Erde
in ihm spricht.


Selbstironisch soll Beuys bei Fragen nach seinem Hut gesagt haben, ''„… dass er zu oft abgestürzt sei und einen Dachschaden davongetragen habe …“ ''<!--<ref>Heiner Stachelhaus: ''Joseph Beuys'', Düsseldorf 1991, S. 215</ref>-->
Aber nur erst nebulose Worte, mystisch pantheistische Worte, kann
Goethe in seinem Zeitalter dem Genius der Erde abringen. Richtig
ist es, grandios ist es, daß Faust sich zu dem Genius der Erde wendet,
aber ich möchte sagen, ganz grandios ist es, daß Goethe noch nicht
irgend etwas, was schon befriedigen kann, diesenGenius der Erde aussprechen
läßt. Daß der Genius der Erde erst, ich möchte sagen, die
Weltengeheimnisse in mystisch pantheistischen Formeln stottert und
stammelt, statt sie in scharf umrissener Weise auszusprechen, das zeigt
eben, daß Goethe seinen Faust genial hineingestellt hat in das Zeitalter,
in welchem er seinen, Faust und sich sah." {{Lit|{{G|221|57f}}}}
</div>


Durch seinen Flugzeugabsturz auf der Krim hatte er einen [[Wikipedia:Schädelbasisbruch|Schädelbasisbruch]] und einen Nasenbeinbruch erlitten. Dies war allerdings nicht der Grund, warum er einen Hut getragen hat. Schon als kleines Kind trug er gerne immer eine Kopfbedeckung.
<div style="margin-left:20px">
 
"In Goethes Jugend wird «Faust» so begonnen,
== Lebenswerk ==
daß Faust das Buch desNostradamus auf schlägt, wo geschildert
Das künstlerische Schaffen von Joseph Beuys behandelt die Thematik der Gesamtheit des Menschen, in dem Natur und Kultur, Mythos und Wissenschaft wieder eins werden sollten. Er verarbeitete Anregungen und Inspirationen aus der Antroposophie, Mythologie und aus den Naturwissenschaften.
wird, «wie Himmelskräfte auf- und niedersteigen und sich die goldenen
 
Eimer reichen». Dann wird aber das Blatt umgeschlagen und gesagt:
=== Zeichnungen und Skizzen===
«Du Geist der Erde bist mir näher.» Goethe weist das große Tableau
Anfangs trat Beuys noch als traditioneller Bildhauer sowie als Zeichner und Maler in Erscheinung. Die frühen Arbeiten der 40er und 50er Jahre sind zumeist Mischtechniken aus [[Wikipedia:Aquarell|Aquarell]], Bleistiftzeichnungen (oft Skizzen für Skulpturen) oder [[Wikipedia:Gouache|Gouache]]n. So finden sich unter seinen Zeichnungen mit zartem Strich skizzierte Frauenakte und Tierstudien, welche er meist unkorrigiert ließ; ferner finden sich abstrakte und experimentelle Mischtechniken bei denen Beuys gerne für die Kunst ungewöhnliche Materialien wie beispielsweise [[Wikipedia:Beize|Beize]] oder [[Wikipedia:Jod|Jod]] einsetzte. Die Zeichenkunst von Beuys hatte einen filigranen Duktus, manchmal glichen die Zeichnungen indes nur einfachen Portraitstudien, welche er Jahre später mit brauner Farbe übermalte. Manchmal malte er auch auf simplem Backpapier oder auf vorgefundenen Materialien.
des Makrokosmos zurück und läßt nur den Erdgeist an seinen Faust
 
herankommen. Als er dann im Anfange des neunzehnten Jahrhunderts
=== Fluxus und Aktionskunst===
von Schiller veranlaßt wurde, den «Faust» umzudichten, schuf er den
Anfang der 60-er Jahre wandte sich Joseph Beuys von der klassischen Malerei und Bildhauerkunst ab und machte als Mitglied der neugegründeten Fluxus-Bewegung durch seine Beteiligung an den [[Wikipedia:Neodadaismus|neodadaistischen]] Aktionen von sich reden und polarisierte damit vehement die Öffentlichkeit.
«Prolog im Himmel»." {{Lit|{{G|217|144}}}}
 
</div>
Der Kunstbegriff [[Wikipedia:Fluxus|Fluxus]] wurde 1960 zum ersten Mal von dem litauisch/US-amerikanischen Künstler [[Wikipedia:George Maciunas|George Maciunas]] als [[Wikipedia:Manifest|Manifest]] formuliert. <!--<ref>http://members.chello.nl/j.seegers1/doc_fluxus/doc_maciunas-01.html Briefe von Maciunas an Joseph Beuys</ref>--> Fluxus (lat. = das Fließen) bezeichnet in der Medizin auch eine ''„fließende Darmentleerung„'' und somit stand der Begriff als ein provokantes Markzeichen der neuen Kunstbewegung. Aktionskunst und Happenings sind indes eine Kunsterscheinung der ausgehenden 50-er Jahre und sollten ihren Höhepunkt in den 60-er Jahren erreichen.
 
Die ersten Fluxusaktionen von Beuys wurden als Geheimtipp gehandelt und fanden zunächst wenig Beachtung in der breiten Öffentlichkeit. Der Künstler verschaffte sich jedoch mit seinen Aktionen in kurzer Zeit internationales Ansehen und rangierte alsbald an erster Stelle der deutschen Kunstszene, dennoch löste er mit seinen Aktionen und Installationen heftige Kontroversen aus. Bei einer Aktion auf dem „Festival der neuen Kunst“ in Aachen am 20. Juli 1964, wurde ihm von einem aufgebrachten Studenten die Nase blutig geschlagen; obwohl ihm hierbei das Blut herunterfloss bezog er den tätlichen Angriff spontan in seine Aktion mit ein und ergriff ein [[Wikipedia:Kruzifix|Kruzifix]] um es dem empörten Publikum demonstrativ vor die Nase zu halten und verteilte Schokoladenstückchen.
[[Bild:Hare.jpg|thumb|left|Hase|Der Hase war ein symbolisches Element in mehreren Werken von Beuys; z.&nbsp;B. bei der Aktion ''„[[Wikipedia:wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt|wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt]]“'']]
Das Foto dieser Aktion kursierte alsbald in der deutschen Presselandschaft und schockierte das Bildungsbürgertum; das Publikumsinteresse an Beuys war mit dieser Aktion begründet.<!--<ref>[http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/specials/33178/index.html 3sat Kulturzeit]</ref>-->
 
Während des 24-Stunden-Happenings am 5. Juni 1965 in der Wuppertaler Galerie Parnass brachte Beuys mit seiner Aktion ''und in uns … unter uns … landunter'' durch die Verwendung von der [[Wikipedia:Arte povera|Arte povera]] zugehörigen Materialien wie Honig, Fett, Filz und [[Wikipedia:Kupfer|Kupfer]] ein symbolträchtiges Dingvokabular für Energiespeicherung, Spannung und Kreativität künstlerisch zur Anschauung. Weitere Aktionen mit Titeln wie ''Eurasia'', ''mit Braunkreuz'', ''wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt'', 1965 und ''Manresa'' folgten. In der Aktion ''[[Wikipedia:I like America and America likes Me|I like America and America likes Me]]'' im Jahre 1974 verbrachte Beuys drei Tage mit einem Kojoten. Diese Aktion begann mit dem Abflug in Düsseldorf und endete mit der Ankunft in Düsseldorf.
 
=== Der erweiterte Kunstbegriff und die soziale Plastik ===
[[Bild:ErweiterterKunstbegriff.jpg|thumb|right|Der [[Wikipedia:Erweiterter Kunstbegriff|erweiterte Kunstbegriff]] als wesensgemäßer Kapitalbegriff]]
 
Naturwissenschaftliche Kenntnisse und Studien führten Beuys Ende der 60-er Jahre zu erheblichen Bedenken gegen ein zu einseitiges Wissenschaftverständnis und zu der Ansicht, dass der [[Wikipedia:Erfahrungssatz|Erfahrungssatz]] zur [[Wikipedia:Erkenntnistheorie|erkenntnistheoretischen]] Begründung nicht ausreichte. Durch Recherchen und Analysen kam er zu der Erkenntnis, dass die  Begriffe Kunst und Wissenschaft einander in der Gedankenentwicklung des Abendlandes diametral entgegenstehen und dass deshalb nach einer Auflösung dieser Polarisierung in der Anschauung gesucht werden muss. Dies führt schließlich zu einer Erweiterung des Kunstbegriffs. <!--<ref>Joseph Beuys. Leben und Werk. von Götz Adriani S.42</ref>-->
 
Die Bezeichnung des „[[Erweiterter Kunstbegriff|Erweiterten Kunstbegriffs]]“, später auch als „erweiterter Kunst- und Wissenschaftsbegriff” definiert, stammt nicht ursprünglich von Joseph Beuys, sondern reicht bis zum Dadaismus zurück und wurde als Begriff von dem Dadaisten Hugo Kersten geprägt und im Ansatz im Werk von [[Wikipedia:Marcel Duchamp|Marcel Duchamp]] realisiert (wobei auch weitere [[Wikipedia:Rezitation|Rezitation]]en von [[Wikipedia:Hugo Ball|Hugo Ball]] und anderen [[Wikipedia:Dadaismus|Dadaisten]] hinzukommen).
 
==== Die soziale Plastik als anthroposophische Plastik ====
 
Die Auseinandersetzung von Beuys mit der [[Anthroposophie]] [[Rudolf Steiner]]s führte schließlich im Rahmen seines eigenen Konzepts des [[Erweiterter Kunstbegriff|Erweiterten Kunstbegriffs]] zu Beuys` Hauptwerk der [[Soziale Plastik|Sozialen Plastik]], in der er Ende der 70-er Jahre ein kreatives Mitgestalten an der Gesellschaft forderte und in der der Prozess des kreativen Denkens und politischen Handelns wichtiger wurde als das Herstellen eines materiellen Kunstobjekts/-produkts.
 
Er ging damit weit über das „[[Wikipedia:Objet trouvé|Ready-Made]]“ von Marcel Duchamp hinaus. Beuys formulierte die Sätze: „Jeder Mensch ist ein Künstler“ und „Kunst = Kapital“ (als kontrapunktierender Kommentar zu [[Wikipedia:Karl Marx|Karl Marx]]). Zusammenfassend könnte banal als Basispunkt seiner Aussage gesagt werden: „Kunst ist für alle da“, womit Beuys eine bis heute viel diskutierte Grundsatzdiskussion entfachte, welche die Frage aufwirft: ''„Wo fängt Kunst an und wo hört sie auf?“''. In seinem anthroposophischen Ansatz erklärte er somit jeden Menschen zum Kunstwerk. Joseph Beuys trug die Lehren Steiners, speziell die Lehre von der [[Soziale Dreigliederung|Sozialen Dreigliederung]], immer wieder durch Vorträge in die Öffentlichkeit. So zum Beispiel während seiner Ausstellung ''Ciclo sull'opera di Joseph Beuys 1946-1971'' in der Galerie Lucio Amelio, Neapel, im Jahr 1971. Eröffnet wurde die Ausstellung mit der „''Politischen Aktion: Freier, Demokratischer Sozialismus: Organisation durch Volksabstimmung''“. Beuys informierte über Ziele und praktische Tätigkeiten des Düsseldorfer Organisationsbüros (''Organisation für direkte Demokratie durch Volksabstimmung'') und legte die Grundbegriffe der direkten Demokratie und eben die „Dreigliederung des sozialen Organismus“ im Anschluß an [[Rudolf Steiner]] dar.
 
"Ich möchte anknüpfen an die richtige Erkenntnis von Wilhelm Schmundt, daß der soziale Organismus ins Leben eintreten wird, wenn die Begriffe, seine urbildhaften Begriffe, angewandt werden auf das Vorgegebene des Sozialen Organismus in seiner jetzigen Form; wenn er mit wirklichkeitsgemäßen Begriffen beschrieben wird, dann wird der soziale Organismus ins Leben treten.
So sehr ich diesen Standpunkt verehre und ihn als den einzigen richtigen anerkenne, liegt es doch in meiner Natur, sozusagen an festen Handlungen, an festen Experimenten, diesen richtigen Gedanken sichtbar zu machen, ihn zu propagieren. Ich glaube, das war meine Möglichkeit."<ref>Beuys über Schmundt. In: Rainer Rappmann (Hg.) Die Kunst des sozialen Bauens. Beiträge zu Wilhelm Schmundt, FIU-Verlag, Wangen 1993, S. 36</ref>
 
Bei der Rezeption der Sozialen Dreigliederung Rudolf Steiners wurde ''Joseph Beuys'' ab 1973 stark vom sozialwissenschaftlichen Werk [[Wilhelm Schmundt]]s beeinflusst.
 
Auch wurde die Aussage ''Jeder Mensch ist ein Künstler'' häufig missverstandenen und belächelt: Der Satz verneinte aber gar nicht unbedingt spezielle Begabungen etwa in der Malerei und stellte auch keine Anweisung an Jedermann dar, nun doch auch im klassischen Sinn künstlerisch tätig zu werden. Er meinte vielmehr, dass beispielsweise die Gesellschaft, die Demokratie auch als Kunstwerk betrachtet werden kann, zu dessen Gelingen vor allem individuelle Geistigkeit, Offenheit, Kreativität und Phantasie notwendig sind; Einstellungen also, die eigentlich eher der Künstler gegenüber seinen Sujets hegt. Diese Eigenschaften und Fähigkeiten sprach er dann jedem Mensch zu. Er wendete sich damit auch gegen eine formalisierte, erstarrende Rollenverteilung in einer spezialisierten Gesellschaft, die der Kunst nur eine Nische zuweisen will.
 
====== Kritik ======
"Wenn es sich um Kunst und soziales Leben handelt,
so habe ich eigentlich immer ein gewisses unbefriedigendes
Gefühl bei einer diese beiden Dinge betreffenden Diskussion, aus
dem einfachen Grunde, weil schon die ganze Art der Gedankeneinstellung,
der Seeleneinstellung, die in Frage kommt, wenn man
von sozialer Gestaltung, von sozialer Struktur spricht, eine etwas
andere sein muß als diejenige, die man haben muß, wenn man
von Kunst, von ihrem richtigen Hervorgehen aus der Menschennatur
und ihrer Geltendmachung im Leben, vor den Menschen
reden soll.
In einer gewissen Beziehung sind die beiden Gebiete miteinander
nicht recht vergleichbar." ({{G|337b|97}})
 
"Deshalb ist eine Diskussion über diese Dinge
eigentlich mißlich, denn es sind zu disparate Gebiete - das soziale
Leben und das künstlerische Leben." (({{G|337b|103}}))
 
''--> Hauptartikel: [[Soziale Plastik#Kritik]]''
 
=== Installationen und Objekte ===
<!--  Meine Objekte sind als Anregung zur Umwandlung der Idee von Skulptur
  oder von Kunst im Allgemeinen anzusehen… sie sollen Nachdenken provozieren,
  was eine Skulptur sein 'kann' und wie der Begriff des Gestaltens auf die
  unsichtbaren Materialien, die von jedermann verwendet werden, ausgeweitet
  werden kann.--> <!--<ref>[http://deposit.ddb.de/cgi-bin/dokserv?idn=971858411&dok_var=d1&dok_ext=pdf&filename=971858411.pdf Das unmögliche Museum]</ref>-->
: „Meine Objekte müssen als Anregungen zur Umsetzung der Idee des Plastischen verstanden werden. Sie wollen Gedanken darüber provozieren, was Plastik sein kann und wie das Konzept der Plastik sein kann und wie das Konzept der Plastik auf die unsichtbaren Substanzen ausgedehnt und von jedem verwendet werden kann.“<ref name="tobiaswall">zitiert nach NN: [http://rzbl04.biblio.etc.tu-bs.de:8080/docportal/servlets/MCRFileNodeServlet/DocPortal_derivate_00001122/Document.pdf ''Bildung aus ökologischer Perspektive. Psychodrama, Tiefenökologie und erweiterter Kunstbegriff als interdisziplinäre Impulse''], Dissertation an der Technischen Universität Braunschweig, S.&nbsp;69 (PDF; 888,9&nbsp;MB; abgerufen 17. September 2012)</ref>
Energie, Licht, Schall und [[Wikipedia:Statik|Statik]] sind Hauptbestandteile in Beuys’ plastischem Werk. Beuys verstand seine Installationskunst, die oftmals auch als „Relikte“  seiner Aktionen in seine Objekte einflossen, als „Energieträger“  oder [[Wikipedia:Induktor|Induktor]]en. Den größten Teil seiner Plastiken und Objekte hatte der Künstler bereits Jahre zuvor in seinen umfangreichen Zeichnungen und Skizzen angelegt um sie später zu realisieren. Ähnliches gilt für sein malerisches Werk, welches allerdings geringeren Umfangs ist.
 
Die Installationen von Beuys sollten den Energiefluss von Leben und Tod assoziieren und evozieren, er verwendete in diesem Zusammenhang oft den Begriff ''„Hauptstrom“ '' und gestand seinen Materialien, die zumeist aus Fundobjekten wie [[Wikipedia:Assemblage|Assemblage]]n zusammengefügt waren, eine „innere Beseeltheit“ im Sinne von [[Wikipedia:Teilhard de Chardin|Teilhard de Chardin]] zu.
 
In seinem plastischen Werk experimentierte Beuys gern mit dem Fluss (Fluxus) der Gegensätze. Die elektrische [[Wikipedia:Induktion|Induktion]], symbolisiert durch Materialien wie beispielsweise Kupferplatten oder Batterien oder den Schall; Energien, die zugleich wieder, in Filz oder Fett gehüllt, isoliert werden. Ein Beispiel war das [[Wikipedia:Multiple|Multiple]] ''„Capri-Batterie“ '' von 1985: Eine simple Glühbirne, die von einer Zitrone als [[Wikipedia:Elektrolyt|Elektrolyt]] mit Strom gespeist über Kupferdrähte zum Leuchten gebracht wurde. Sie induziert gleichzeitig Leben und Tod.
[[Bild:Schwefel.jpg|thumb|Schwefel in Pulverform]]
 
Auf dem Zertifikat, welches dem Multiple beigelegt war, gab Beuys die humorvolle Empfehlung mit: ''„Nach 1000 Stunden Batterie auswechseln“ ''. Denn einerseits wünschte er sich immer frische, gelbe Zitronen, andererseits sollte die Zitrone weiter Strom erzeugen können. In allen Arbeiten von Joseph Beuys finden sich immer wieder Anspielungen auf die Genesung, die Heilung, aber stets auch auf das [[Wikipedia:Memento Mori|Memento Mori]] wie z.&nbsp;B. in dem [[Environment]] ''„ICH GLAUBE“ '' von 1985, in dem er 19 Orangen in eine mit [[Wikipedia:Schwefel|Schwefel]]pulver gefüllte Kiste legte, auch hier gab er die Anweisung die Orangen beständig durch neue Früchte auszutauschen.
 
Oft finden sich [[Wikipedia:Quecksilberthermometer|Quecksilberthermometer]] in seinen Werken, bevorzugt auf Konzertflügeln platziert, um einen Zusammenhang zwischen akustischem [[Wikipedia:Tempus|Tempus]] und der Temperatur zu assoziieren, so in seinem Spätwerk ''„Plight“ '' (en. „Misere/Notlage“ ) von 1985 (das er bereits 1958 konzipierte). Die Installation ''Plight'' bestand aus zwei [[Wikipedia:Klaustrophobie|klaustrophobisch]] arrangierten Räumen welche von Beuys vollkommen mit Filzrollen ausgekleidet worden war (quasi schallgedämmt) und in denen sich nur ein Konzertflügel, auf dem sich eine Schultafel und ein Fieberthermometer befanden - wahrscheinlich in Anspielung auf das „[[Wikipedia:Wohltemperiertes Klavier|wohltemperierte Klavier]]“  von [[Wikipedia:Johann Sebastian Bach|Bach]]. Das Werk wurde oft als [[Wikipedia:Metapher|Metapher]] auf die persönliche Situation des Künstlers, sowie als gesellschaftlicher Spiegel des „vom System gefangenen Menschen“ interpretiert. <!--<ref>Hugh Honour, John Fleming: ''Weltgeschichte der Kunst'', Seiten 629–631, Prestel Verlag München</ref>-->
 
Beuys letztes Environment sollte das „[[Wikipedia:Palazzo Regale|Palazzo Regale]]“ werden, das er 1985 im ''Museo di Capodimonte'' in Neapel installierte. In der ehemaligen [[Wikipedia:Bourbonen|Bourbonen]]residenz platzierte Beuys zwei Glasvitrinen, die an den Wänden von sieben rechteckigen Messingtafeln begleitet wurden. Kunstkritiker haben ''„Palazzo Regale“ '' als ein Testament des Künstlers gesehen.
 
=== Zusammenfassung ===
Das Werk von Joseph Beuys beschäftigt sich kontinuierlich mit der Thematik der Therapie, der Heilung und Genesung. Er bezieht hierbei sich und die Gesellschaft in sein Werk ein. Beuys suchte in seinen Arbeiten mutmaßlich die Schnittstelle zwischen Leben und Tod und konfrontierte somit sein Publikum und die Öffentlichkeit mit „unangenehmen“  Sinneserfahrungen. Er spielte in seinen Arbeiten, die oft auch zweideutig humorvoll gedacht waren, sowohl mit [[Wikipedia:Ästhetik|Ästhetik]] als auch mit Ekel; dies reflektiert sein Konzept einer fließenden Energie. Energie endet letztlich in Wärme (symbolisiert durch Filz und Fett) und kann in keine andere Energieform zurückverwandelt werden. Am Ende steht das Leben, welches erst mit dem Sterben anderer Energien begann: Die Heilung. Das Spätwerk des von Krankheit gezeichneten Beuys beschäftigte sich zunehmend mit dieser Thematik, wurde düsterer und symbolisierte damit wahrscheinlich seinen eigenen schwindenden „Energiezustand“ .
 
==Einflüsse und Inspirationen==
 
Ein prägender Einfluss auf das künstlerische Werk des Joseph Beuys mögen sicherlich diverse [[Wikipedia:Nahtoderfahrung|Nahtoderfahrung]]en während des Zweiten Weltkrieges gewesen sein, so daß er in seinem Werk immer wieder auf Leben und Sterben reflektierte und sich damit auseinandersetzte. Beuys war sehr der Natur verbunden, was allein schon durch seine Freundschaft mit Heinz Sielmann offensichtlich und begründbar wird, überdies begegnete er dem Verhaltensforscher [[Wikipedia:Konrad Lorenz|Konrad Lorenz]]. Dies mag sich in seinem bildnerischen Werk, zum Beispiel in seinen zahlreichen Tierstudien oder in dem „erdigen” seiner braun übermalten Bilder widerspiegeln. Anfangs arbeite der Bildhauer Beuys viel mit Holz und auch sein späteres Werk besteht größtenteils aus „elementaren” Materialien wie Blei, Kupfer, Schwefel, Jod usw.
 
Ein zweiter wesentlicher Aspekt für Inspirationen mögen die [[Wikipedia:Renaissancemensch|Renaissancemensch]]en und Universalgenies [[Wikipedia:Leonardo da Vinci|Leonardo da Vinci]] und [[Goethe]] für ihn gewesen sein. Beide fusionierten sämtliche Bereiche des Daseins in ihrem Werk bis hin zur Medizin und [[Wikipedia:Anatomie|Anatomie]]. Beuys studierte während und nach seinem Studium intensiv ihre Werke und Schriften und begeisterte sich ebenso stets für Menschen die sich mit allem und jedem beschäftigten, beispielsweise für das [[Wikipedia:Alchemie|Alchemistische]] und zugleich Abgründige eines [[Johann Faust]], die Naturwissenschaften, die Himmel und Hölle mit Kunst und Philosophie verbanden.
 
=== Der Einfluss der Anthroposophie ===
 
An diesem Punkt gelangte Beuys schlussendlich zur anthroposophischen Lehre Rudolf Steiners. Steiner, der seinerzeit Archivar des Goethe- und Schiller-Archivs in [[Wikipedia:Weimar|Weimar]] war, sollte beträchtlichen Einfluss auf das Beuysche Werk haben. In der Konstellation „Leonardo da Vinci - Goethe - Steiner” fand der Künstler seine eigene ''Dreigliederung des sozialen Organismus,'' wie sie in dem Hauptwerk Steiners formuliert wurde, und hatte er einen konzeptionellen Ansatz zur Gestaltung seiner ''sozialen Plastik''. <!--<ref>Heiner Stachelhaus ''Joseph Beuys'', Seiten 43 - 53</ref>-->
 
Ebenso wie bei Steiner stand später auch für Beuys die Lehrtätigkeit und das Vermitteln von sozialen Zusammenhängen im Vordergrund.
 
==Beuys und die Politik: Fortführung von Steiners Dreigliederung==
 
Beuys` gestalterisches Handeln bezog sich auf den freien Menschen und den Menschen als Natur- und Gesellschaftswesen; es war politisch gerichtet, aber in gewisser Weise auch anarchisch. Am 22. Juni 1967, wenige Tage nach dem Tod des Studenten [[Wikipedia:Benno Ohnesorg|Benno Ohnesorg]], gründete Beuys die „[[Wikipedia:|Deutsche Studentenpartei]]“ (kurz DSP).
 
Das wesentliche Anliegen dieser Partei war die Erziehung aller Menschen zur geistigen Mündigkeit. Sie wurde vor allem angesichts der akuten Bedrohung durch den [[Materialismus]], der ideenlosen Politik und der damit verbundenen Stagnation gefordert. Die „Studentenpartei“ hatte sich zum [[Wikipedia:Grundgesetz|Grundgesetz]] in seiner „reinen Form“ bekannt. Ziele waren, absolute Waffenlosigkeit, ein geeinigtes Europa, die Selbstverwaltung autonomer Glieder wie Recht, Kultur, Wirtschaft, Erarbeitung neuer Gesichtspunkte zur Erziehung, Lehre, Forschung, die Auflösung der Abhängigkeit von Ost und West. Am 23. Juni fand eine „öffentliche Erläuterung“ der DSP durch Joseph Beuys mit etwa 200 Studenten, Journalisten und den ASTA-Vorsitzenden auf der Akademiewiese statt. Am 24. Juni trug sich die DSP in das Vereinsregister ein.
 
1970, am 2. März, benannte Beuys die „Deutsche Studentenpartei“ um in „Organisation der Nichtwähler, Freie Volksabstimmung.“ Absicht war, die Beschränkung auf Studenten aufzulösen mit dem Ziel, die politischen Aktivitäten auf alle Gesellschaftsgruppen auszuweiten und die Bewusstseins- und Handlungsstrukturen der Gesellschaft zu analysieren. Durch die gewonnenen Erkenntnisse sollten die Menschen im Sinne der „plastischen Theorie“ in einen pädagogischen Prozess für zentrale individuelle und gesellschaftliche Veränderungsmöglichkeiten gewonnen werden.
 
Vom 30. Juni bis 8. Oktober 1972 zur „documenta 5“ war Beuys mit seinem Informationsbüro „Organisation für direkte Demokratie durch Volksabstimmung“ vertreten und dies täglich für die Dauer der Documenta, also 100 Tage. Er diskutierte mit den Besuchern über die Idee der direkten Demokratie durch Volksabstimmung und ihre Möglichkeiten der Verwirklichung. Auf dem Schreibtisch des Informationsbüros stand stets eine langstielige Rose. Anhand der Rose erklärte Beuys den Besuchern das Verhältnis von [[Wikipedia:Evolution|Evolution]] und [[Wikipedia:Revolution|Revolution]], was für ihn bedeutete, das die Rose ein Bild eines evolutionären Prozesses zum revolutionären Ziel sei, denn die Blüte der Rose ist eine Revolution in Bezug auf ihre Entstehung: ''„Diese Blüte kommt nicht ruckartig zustande, sondern nur aufgrund eines organischen Wachstumsvorganges, der so angelegt ist, dass die Blüten keimhaft veranlagt sind in den grünen Blättern und aus diesen ausgebildet werden… So ist die Blüte in Bezug auf die Blätter und den Stil eine Revolution, obwohl sie in der organischen Umwandlung gewachsen ist, die Rose wird als Blüte nur möglich durch diese organische Evolution.“'' In den Programmschriften zur „Organisation für direkte Demokratie durch Volksabstimmung“ stellte Beuys sein demokratisches Ordnungssystem von Geistesleben, Rechtsleben und Wirtschaftsleben in Anlehnung an die „[[Soziale Dreigliederung|Dreigliederungsidee]]“ von [[Rudolf Steiner|Steiner]] und die Ideale der [[Wikipedia:Französische Revolution|Französischen Revolution]] auf.
 
1976 wurde er Spitzenkandidat der [[Wikipedia:Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher|Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher]] (AUD) bei den Bundestagswahlen in NRW und erhielt in seinem Wahlkreis Düsseldorf-Oberkassel 600 Stimmen (3 %). 1980 ging die AUD in der neu gegründeten Partei [[Wikipedia:Bündnis 90/Die Grünen|Die Grünen]] auf.
 
==== Beuys` Entlassung (Der Fall Beuys) ====
Nachdem Beuys mit abgewiesenen Studenten 1972 das Sekretariat der Kunstakademie Düsseldorf besetzt hatte (wie schon 1971 mit 15 Studenten erfolgreich praktiziert), sprach der damalige Minister für Wissenschaft und Forschung in [[Wikipedia:Nordrhein-Westfalen|Nordrhein-Westfalen]], [[Wikipedia:Johannes Rau|Johannes Rau]], die fristlose Kündigung aus. Beuys musste zusammen mit seinen Studenten und von Polizisten begleitet die Akademie verlassen. Rau gab am 11. Oktober 1972 eine Pressekonferenz zum „Fall Beuys“  und nannte die Entlassung ''„das letzte Glied in einer Kette ständiger Konfrontationen“''. Im Anschluss erklärten sich viele Künstlerkollegen (u.&nbsp;a. [[Wikipedia:Heinrich Böll|Heinrich Böll]], [[Wikipedia:David Hockney|David Hockney]], [[Wikipedia:Günther Uecker|Günther Uecker]] u.&nbsp;v.&nbsp;a.) mit Beuys solidarisch und forderten in einem [[Wikipedia:Offener Brief|Offenen Brief]] die Wiedereinsetzung eines der bedeutendsten Künstlers der deutschen Nachkriegszeit. Beuys indes akzeptierte die Entlassung nicht und leitete mit einer Klage gegen das Land Nordrhein-Westfalen rechtliche Schritte ein.
 
Nach einem jahrelangem Rechtsstreit wurde die Entlassung 1978 vor dem Bundesarbeitsgericht in Kassel letztlich für ungültig erklärt.
 
==== Beteiligung an politischen Aktionen ====
Im Jahr [[1979]] kandidierte Beuys für das [[Wikipedia:Europaparlament|Europaparlament]] als Direktkandidat für „Die Grünen“ und 1980 für „Die Grünen“ im [[Wikipedia:Landtag|Landtag]] von [[Wikipedia:Nordrhein-Westfalen|Nordrhein-Westfalen]], doch konnte er seine eigenen politischen Vorstellungen bei den Grünen nicht durchsetzen. Im Laufe seiner Arbeit hatte Beuys eine Reihe von politischen Organisationen begründet, wovon die „[[wikipedia:Free International University|Freie Internationale Universität“ (F.I.U.)]], entstanden anlässlich der documenta 6, auch nach seinem Tod aktiv betrieben wurde, u.&nbsp;a. in der Düsseldorfer Kunstakademie.
 
1982, während der Endphase des internationalen [[Wikipedia:Kalter Krieg|Wettrüstens]], trat Beuys mit der Gruppe [[Wikipedia:BAP|BAP]], einer der bekanntesten deutschsprachigen Rockbands, als Politsänger mit dem Lied ''Sonne statt Reagan'' auf. <!--<ref>[http://ubu.wfmu.org/video/Beuys-Joseph_Sonne-Statt-Reagan_1982.mov Sonne statt Reagan Video (Quicktime)]</ref>-->
 
== Sammlungen ==
Im [[Wikipedia:Kreis Kleve|Kreis Kleve]], wo er 1967 für einige Monate auf dem Bauernhof seiner Freunde, der Brüder van der Grinten, gelebt und gearbeitet hatte, befindet sich heute eine der größten Sammlungen seiner Arbeiten. Es ist das Museum [[Wikipedia:Schloss Moyland|Schloss Moyland]] in der Gemeinde [[Wikipedia:Bedburg-Hau|Bedburg-Hau]], in welchem sich das ''Joseph Beuys Archiv des Landes Nordrhein-Westfalen'' (ein Institut der Kunstakademie Düsseldorf) befindet. Aber auch im heutigen Museum Kurhaus [[Wikipedia:Kleve|Kleve]], dessen Räumlichkeiten Beuys von 1957 bis 1964 als Atelier genutzt hatte, finden sich viele seiner Werke. Eine umfangreiche Sammlung von Skizzen und Zeichnungen findet sich in der Sammlung des Verlegers Lothar Schirmer.<!--<ref>Schirmer/Mosel: ''„Von Beuys bis Cindy Sherman, Sammlung Lothar Schirmer“ ''</ref>--> Ferner befinden sich große Werkkomplexe im [[Wikipedia:Block Beuys|Block Beuys]] in Darmstadt, im [[Wikipedia:Kunstmuseum Bonn|Kunstmuseum Bonn]] sowie in der [[Wikipedia:Kunstsammlung NRW|Kunstsammlung NRW]] in Düsseldorf, im [[Wikipedia:Museum Ludwig|Museum Ludwig]] in Köln, im [[Wikipedia:Staedel|Staedel]], Frankfurt, im [[Wikipedia:Hamburger Bahnhof|Hamburger Bahnhof]] in Berlin (hier ist auch das [[Wikipedia:Joseph Beuys Medien-Archiv|Joseph Beuys Medien-Archiv]] beheimatet); überdies in der Staatlichen Sammlung in Kassel, im [[Wikipedia:Centre Pompidou|Centre Pompidou]] in Paris, sowie im [[Wikipedia:Museum of Modern Art|MoMA]], New York, in [[Wikipedia:Chicago|Chicago]] und [[Wikipedia:Minneapolis|Minneapolis]], in Tokio und weltweit in vielen weiteren Museen und Galerien.
 
== Werke ==
==== Aktionen (Auswahl) ====
*1963: ''FESTUM FLUXORUM FLUXUS - Musik und Antimusik - Das instrumentale Theater'', [[Wikipedia:Kunstakademie Düsseldorf|Kunstakademie Düsseldorf]], (2.-3.2.1963); Beuys vertreten mit: ''Fluxus Sibirische Symphonie 1. Satz'', (2.02); ''Komposition für 2 Musikanten'', (3.2.)
*1964: ''DER CHEF THE CHIEF'' Fluxus Gesang / [[Wikipedia:Wolf Vostell|Wolf Vostell]]: ''Busstop'', Billed Huggersalen Charlottenburg, Kopenhagen, (30.8.)
*1965: ''[[Wikipedia:wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt|wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt]]'', Galerie Schmela, Düsseldorf (26.11.)
*1965: ''24 Stunden'', Joseph Beuys: ''und in uns … unter uns … landunter'', weitere Beteiligte Künstler sind [[Wikipedia:Bazon Brock|Bazon Brock]], [[Wikipedia:Charlotte Moorman|Charlotte Moorman]], [[Wikipedia:Nam June Paik|Nam June Paik]], Eckart Rahn, Tomas Schmit und Wolf Vostell, Galerie Parnass, Wuppertal (5.6.)
*1968: ''EURASIENSTAB'', 82 min fluxorum organum, zusammen mit Henning Christiansen, (9.2.)
*1971: ''Celtic+~'', Zivilschutzräume beim Stadion St. Jakob, Basel, zusammen mit Henning Christansen, (5.4.)
*1974: ''[[Wikipedia:I like America and America likes Me|I like America and America likes Me]]'', [[Wikipedia:René Block Gallery|René Block Gallery]], New York City, (23.–25.5.)
 
Siehe auch [[Wikipedia:|Liste der Kunstaktionen von Joseph Beuys]].
 
==== Environments und Installationen (Auswahl) ====
*1961−1967: ''BARRAQUE D'DULL ODDE'' - Kaiser Wilhelm Museum, Krefeld
*1961−1976: ''Straßenbahnhaltestelle/ Tram Stop'' - Deutscher Pavillon, 37. Biennale Venedig, 1976
*1971: ''Voglio vedere i miei montagne'' - Stedelijk van Abbe Museum, Eindhoven
*1974−1975: ''[[Wikipedia:Zeige Deine Wunde|Zeige Deine Wunde]]'' - Städtische Galerie im Lenbachhaus, München, 1980
*1970−1977: ''DAS KAPITAL RAUM 1970−1977'' - 39. Biennale Venedig, 1980
*1974−1977: ''RICHTKRÄFTE'' - Hamburger Bahnhof, Berlin
*1977: ''[[Wikipedia:Honigpumpe am Arbeitsplatz|Honigpumpe am Arbeitsplatz]]'' - auf der [[Wikipedia:|Documenta 6]] in Kassel
*1978: ''Feuerstätte II'' - Kunstmuseum Basel
*1982: ''[[Wikipedia:Block Beuys|Block Beuys]]'' - Hessisches Landesmuseum Darmstadt
*1982: ''[[Wikipedia:7000 Eichen|7000 Eichen]] - Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung'' (Kassel)
*1983: ''[[Wikipedia:Schmerzraum|Schmerzraum]]'' - Galerie Konrad Fischer, Düsseldorf
*1985: ''[[Wikipedia:Plight|Plight]]'', 1958-1985 - Anthony d'Offay Gallery, London, Oktober-November
*1958−1985: ''[[Wikipedia:Blitzschlag mit Lichtschein auf Hirsch|Blitzschlag mit Lichtschein auf Hirsch]]'', - [[Wikipedia:Museum für Moderne Kunst|Museum für Moderne Kunst]] (MMK), Frankfurt
*1985: ''[[Wikipedia:Palazzo Regale|Palazzo Regale]]'' - Kunstsammlung NRW, Düsseldorf, Erstinstallation im Schloss Capodimonte in Neapel, Dezember 1985
 
==== Skulpturen (Auswahl) ====
*1945−1951: ''Torso''; Gips, Eisen, Gaze, Blei, Ölfarbe auf Bildhauermodellierfuß
*1952: ''Brunnen''; Edelstahl, 50 m Gummischlauch
*1954−1958: ''Grauballemann''; Kupfer, Eisen, Asphalt - ''Block Beuys'', Hessisches Landesmuseum Darmstadt
*1954−1959: ''Sybilla''; Bronze - ''Block Beuys'', Hessisches Landesmuseum Darmstadt
*1961: ''Die Hörner''; Hörner eines afrikanischen Nashorns, Kunststoffschläuche, rostrot bemalt - Privatsammlung
*1963: ''Der Unbesiegbare''; Sperrholzplatte, Knetmasse, Bleisoldat - ''Block Beuys'', Hessisches Landesmuseum Darmstadt
*1964: ''Stuhl mit Fett''; Holzstuhl, Fett, Wachs, Metalldraht - ''Block Beuys'', Hessisches Landesmuseum Darmstadt
*1965: ''Schneefall''; Holz, Filz - ''Block Beuys'', Hessisches Landesmuseum Darmstadt
*1966: ''Infiltration Homogen für Konzertflügel'', Piano, Filz - Centre Georges Pompidou, Paris
*1969: ''PLASTISCHER FUSS - ELASTISCHER FUSS''
*1969: ''The pack (das Rudel)''; Volkswagenbus mit 20 Schlitten, jeder Schlitten mit Filzrolle, Fett und Taschenlampe - Kassel, Neue Galerie
*1977: ''Unschlitt/ Tallow'', Talg - Hamburger Bahnhof, Berlin
*1982: ''[[Wikipedia:Fettecke|Fettecke]]''; Fett - Kunstakademie Düsseldorf
 
==== Multiples (Auswahl) ====
*1970: ''Filzanzug''; Filz, Hrsg. Galerie René Block Berlin
*1971−1972: ''ich kenne kein Weekend''; Maggiflasche und Buch: [[Wikipedia:Kritik der reinen Vernunft|Kritik der reinen Vernunft]] von [[Wikipedia:Immanuel Kant|Immanuel Kant]]:, montiert in Kofferdeckel, Hrsg. Galerie René Block Berlin
*1972: ''Objekt zum Schmieren und Drehen''; Blechdose, Schmierfett, Schrauenzieher, Ölfarbe (''Braunkreuz''), Hrsg. Museumsverein Mönchengladbach
* 1973: ''Rose für direkte Demokratie''; Meßzylinder aus Glas, mit Schriftzug, Hrsg. Edition Staeck, Heidelberg
* 1973: ''Enterprise 18.11.72, 18:5:16 Uhr''; Zinkkiste mit Deckel, Photographie, Photoapparat, Filz, Hrsg. Edition Hundertmark, Berlin
*1974: ''Noiseless Blackboard Eraser''; Tafelreiniger aus Filz, gestempelt, Hrsg. Ronald Feldman Fine Arts, New York
 
Siehe auch [[Wikipedia:Liste der Multiples von Joseph Beuys|Liste der Multiples von Joseph Beuys]].
 
==== Schriften ====
* ''Aufruf zur Alternative'', 1978, {{VT16|http://www.sozialimpuls.info/assets/pdf/Beuys-Aufruf-1978.pdf}}
* ''Ein kurzes erstes Bild von dem konkreten Wirkungsfelde der Sozialen Kunst,'' ISBN 3928780158
* ''Sprechen über Deutschland,'' ISBN 392878014X, die 3. Rede 1985: {{VT16|http://www.menschenkunde.com/pdf/texte/geschichte_politik/beuys_deutschland.pdf}}
* ''Joseph Beuys in America: Energy Plan for the Western Man,'' ISBN 156858007X
* ''Mein Dank an Lehmbruck. Eine Rede,'' ISBN 3829602251
* ''Aktive Neutralität. Die Überwindung von Kapitalismus und Kommunismus'', ISBN 3926672-01-X
 
== Ehrungen ==
* 1976: Doctor of Fine Arts honoris causa, Nova Scotia College of Art and Design, Halifax, Kanada
* 1977: Lichtwark-Preis der Stadt Hamburg
* 1977: Thorn-Prikker-Ehrenplakette der Stadt Krefeld
* 1979: Kaiserring der Stadt Goslar (siehe [[Wikipedia:Goslarer Kaiserring|Goslarer Kaiserring]])
* 1978: Mitglied der Akademie der Künste, Abteilung Bildende Kunst, Berlin
* 1980: Ausländisches Ehrenmitglied der Königlichen Akademie der Freien Künste, Stockholm
* 1986: Wilhelm Lehmbruck-Preis der Stadt Duisburg
 
==== Retrospektiven ====
* 1979: [[Wikipedia:Guggenheim-Museum|Solomon R. Guggenheim-Museum]], New York, USA
* 2005: [[Wikipedia:Tate Modern|Tate Modern]] in London, Großbritannien
 
== Ausstellungen (Auswahl) ==
*1964 [[Wikipedia:documenta 3|documenta 3]], [[Wikipedia:Kassel|Kassel]]
*1968 [[Wikipedia:documenta 4|documenta 4]], Kassel
*1972 Eröffnung der Ausstellung ''Arena - dove sarei arrivato se fossi stato intelligente'', Galleria Attico, Rom, 30. Oktober
*1972 [[Wikipedia:documenta 5|documenta 5]], Kassel
*1976 [[Wikipedia:Biennale Venedig|Biennale Venedig]], Italien, ''Straßenbahnhaltestelle/Tram Stop, 1961-1976''
*1977 [[Wikipedia:documenta 6|documenta 6]], Kassel
*1979 [[Wikipedia:Guggenheim-Museum|Guggenheim-Museum]], New York, USA, [[Wikipedia:Retrospektive|Retrospektive]]
*1982 [[Wikipedia:documenta 7|documenta 7]], Kassel
*1984 Seibu Museum of Modern Art, Tokio, Japan
*1988 Große Beuys-Rhetrospektive u.a. im Goupiusbau Berlin mit Objekten und Zeichnungen
*2006 [[Wikipedia:Museum kunst palast|Kunstpalast]], Düsseldorf; Kunstmuseum Bonn; Museum Hamburger Bahnhof, Berlin, sowie zahlreiche Ausstellungsobjekte, Bilder und Graphiken in internationalen Museen wie der [[Wikipedia:Pinakothek der Moderne|Pinakothek der Moderne]] in München, dem [[Wikipedia:Centre Pompidou|Centre Pompidou]], den Guggenheim Museen und vielen anderen.
 
== Wegbegleiter, Mitstreiter, Studenten und Schüler ==
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* [[Wikipedia:Hermann Josef Abs|Hermann Josef Abs]]
* Lucio Amelio
* [[Wikipedia:Horst Antes|Horst Antes]]
* [[Wikipedia:Heinrich Böll|Heinrich Böll]]
* [[Wikipedia:René Block|René Block]]
* [[Wikipedia:Bazon Brock|Bazon Brock]]
* [[Wikipedia:Alberto Burri|Alberto Burri]]
* [[Wikipedia:John Cage|John Cage]]
* [[Wikipedia:Enzo Cucchi|Enzo Cucchi]]
* [[Wikipedia:Hanne Darboven|Hanne Darboven]]
* [[Wikipedia:Rudi Dutschke|Rudi Dutschke]]
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* [[Wikipedia:Michael Ende|Michael Ende]]
* [[Wikipedia:Terry Fox (Künstler)|Terry Fox]]
* [[Wikipedia:Gotthard Graubner|Gotthard Graubner]]
* [[Wikipedia:Richard Hamilton (Künstler)|Richard Hamilton]]
* [[Wikipedia:Peter Handke|Peter Handke]]
* [[Wikipedia:Erwin Heerich|Erwin Heerich]]
* [[Wilfried Heidt]]
* [[Wikipedia:Anatol Herzfeld|Anatol Herzfeld]]
* [[Wikipedia:Jörg Immendorff|Jörg Immendorff]]
* Raimut Jochimsen
* [[Wikipedia:Petra Kelly|Petra Kelly]]
* [[Wikipedia:Anselm Kiefer|Anselm Kiefer]]
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* [[Wikipedia:Imi Knoebel|Imi Knoebel]]
* [[Wikipedia:Jannis Kounellis|Jannis Kounellis]]
* Adam Rainer Lynen
* [[Wikipedia:Ewald Mataré|Ewald Mataré]]
* [[Wikipedia:Henry Moore|Henry Moore]]
* [[Wikipedia:Harald Naegeli|Harald Naegeli]]
* [[Wikipedia:Nam June Paik|Nam June Paik]]
* [[Wikipedia:Wolf Vostell|Wolf Vostell]]
* [[Wikipedia:Sigmar Polke|Sigmar Polke]]
* [[Rainer Rappmann]]
* [[Wikipedia:Gerhard Richter|Gerhard Richter]]
* [[Wikipedia:Reiner Ruthenbeck|Reiner Ruthenbeck]]
* [[Wikipedia:Klaus Sebastian|Klaus Sebastian]]
* [[Wikipedia:Heinz Sielmann|Heinz Sielmann]]
* Klaus Rinke
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* Alfred Schmela
* [[Wikipedia:Klaus Staeck|Klaus Staeck]]
* Karl Ströher
* [[Wilhelm Schmundt]]
* [[Joachim Stiller]]
* [[Johannes Stüttgen]]
* [[Wikipedia:Mikis Theodorakis|Mikis Theodorakis]]
* [[Wikipedia:Rhea Thönges-Stringaris|Rhea Thönges-Stringaris]]
* [[Wikipedia:Günther Uecker|Günther Uecker]]
* [[Wikipedia:Andy Warhol|Andy Warhol]]
* [[Wikipedia:Charles Wilp|Charles Wilp]]
|}
 
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Joseph Beuys}}
* [[Erweiterter Kunstbegriff]]
* [[Soziale Plastik]]
* [[Kunst im Sozialen]]


== Literatur ==
== Literatur ==
* Volker Harlan: ''Was ist Kunst? Werkstattgespräch mit Joseph Beuys'' (1986), Urachhaus ISBN 3-87838-482-3
* ''Joseph Beuys im Gespräch mit Knut Fischer und Walter Smerling''; Kiepenheuer & Witsch (1989) ISBN 3-462-01970-8
* Clara Bodenmann-Ritter: ''Joseph Beuys - Jeder Mensch ein Künstler. Gespräche auf der documenta 5/1972''; Ullstein TB, ISBN 3-548-34450-X
* [[Johannes Stüttgen]]: ''Über Joseph Beuys und jeden Menschen, das Erdtelephon und zwei Wolkenkratzer; über 7000 Eichen, 7000 Steine und ein schwarzes Loch'', Free International University (FIU), Düsseldorf 1985
* Wolfgang Zumdick: ''<<Der Tod hält mich wach>>. Joseph Beuys - Rudolf Steiner. Grundzüge ihres Denkens'', Vlg. Die Pforte, Dornach 2001, ISBN 3-85636-137-5
* Rainer Rappmann, Volker Harlan, Peter Schata: ''Soziale Plastik'' - Materialien zu Joseph Beuys, Achberger Verlag 1984
* FIU-Verlag (Hg.): ''Beuys beim Wort genommen'', FIU-Verlag, Wangen o.J. (Broschüre mit Zitaten aus dem mündlichen und schriftlichen Werk von Joseph Beuys), [http://fiu-verlag.com/wp-content/uploads/2013/03/fiu-verlag-achberg-joseph-beuys-beimwort.pdf PDF]
* Babara Lange: ''Joseph Beuys. Richtkräfte einer neuen Gesellschaft? Der Mythos vom Künstler als Gesellschaftsreformer'', Habil.-Schrift, Reimer Verlag, Berlin 1999, ISBN 3-496-01205-6, Literaturverz. S. 248 - 287
* Wolfgang Zumdick: ''Joseph Beuys und die Architektur. Perspektiven und Akzente'', Mayer Verlag und Info3-Verlag 2014, ISBN  978-3-86783-027-0 (Mayer), ISBN 978-3-924391-66-9 (Info-3), [http://deposit.d-nb.de/cgi-bin/dokserv?id=4477850&prov=M&dok_var=1&dok_ext=htm Verlagsauskunft], [http://d-nb.info/1043009663/04 Inhaltsverzeichnis]
*http://www.dreigliederung.de/josephbeuys/bibliographie.html
*http://www.muenster.org/beuys/literaturliste.htm
== Zitierte Literatur ==
*Rudolf Steiner: ''Soziale Ideen – Soziale Wirklichkeit – Soziale Praxis. Band II: Diskussionsabende des Schweizer Bundes für Dreigliederung des sozialen Organismus'', [[GA 337b]] (1999), ISBN 3-7274-3372-8 {{Vorträge|337b}}, 6. Diskussionsabend: Der Künstler im dreigliedrigen sozialen Organismus, S. 97 - 109


#Rudolf Steiner: ''Goethes Geistesart'', [[GA 22]] (1989), ISBN 3-7274-0130-3 {{Schriften|022}}
#Rudolf Steiner: ''Bewußtsein – Leben – Form '', [[GA 89]] (2001), ISBN 3-7274-0890-1 {{Vorträge|089}}
#Rudolf Steiner: ''Kosmogonie'', [[GA 94]] (2001), ISBN 3-7274-0940-1 {{Vorträge|094}}
#Rudolf Steiner: ''Ursprungsimpulse der Geisteswissenschaft'', [[GA 96]] (1989), ISBN 3-7274-0961-4 {{Vorträge|096}}
#Rudolf Steiner: ''Das christliche Mysterium'', [[GA 97]] (1998), ISBN 3-7274-0970-3 {{Vorträge|097}}
#Rudolf Steiner: ''Natur- und Geistwesen – ihr Wirken in unserer sichtbaren Welt'', [[GA 98]] (1996), ISBN 3-7274-0980-0 {{Vorträge|098}}
#Rudolf Steiner: ''Menschheitsentwickelung und Christus-Erkenntnis'', [[GA 100]] (1981), ISBN 3-7274-1000-0 {{Vorträge|100}}
#Rudolf Steiner: ''Die Apokalypse des Johannes'', [[GA 104]] (1985), ISBN 3-7274-1040-X {{Vorträge|104}}
#Rudolf Steiner: ''Von Jesus zu Christus'', [[GA 131]] (1988), ISBN 3-7274-1310-7 {{Vorträge|131}}
#Rudolf Steiner: ''Die geistigen Wesenheiten in den Himmelskörpern und Naturreichen'', [[GA 136]] (1996), ISBN 3-7274-1361-1 {{Vorträge|136}}
#Rudolf Steiner: ''Die Welt des Geistes und ihr Hereinragen in das physische Dasein'', [[GA 150]] (1980), ISBN 3-7274-1500-2 {{Vorträge|150}}
#Rudolf Steiner: ''Der Zusammenhang des Menschen mit der elementarischen Welt'', [[GA 158]] (1993), ISBN 3-7274-1580-0 {{Vorträge|158}}
#Rudolf Steiner: ''Gegenwärtiges und Vergangenes im Menschengeiste'', [[GA 167]] (1962), ISBN 3-7274-1670-X {{Vorträge|167}}
#Rudolf Steiner: ''Geistige Wirkenskräfte im Zusammenleben von alter und junger Generation. Pädagogischer Jugendkurs.'', [[GA 217]] (1988), ISBN 3-7274-2170-3 {{Vorträge|217}}
#Rudolf Steiner: ''Erdenwissen und Himmelserkenntnis'', [[GA 221]] (1998), ISBN 3-7274-2210-6 {{Vorträge|221}}
#Rudolf Steiner: ''Geisteswissenschaftliche Erläuterungen zu Goethes «Faust»'', Band I: Faust, der strebende Mensch , [[GA 272]] (1981), ISBN 3-7274-2720-5 {{Vorträge|272}}
#Rudolf Steiner: ''Zur Geschichte und aus den Inhalten der ersten Abteilung der Esoterischen Schule 1904 bis 1914'', [[GA 264]] (1987), ISBN 3-7274-2650-0 {{Schule|264}}
#Rudolf Steiner: ''Kunst im Lichte der Mysterienweisheit'', [[GA 275]] (1990), ISBN 3-7274-2750-7 {{Vorträge|275}}


{{GA}}
{{GA}}


== Weblinks ==
[[Kategorie:Geistige Wesen]] [[Kategorie:Erde]]
*Christoph Möllmann, Angelika Gausmann: ''Joseph Beuys, soziale Dreigliederung und die Aktion Volksentscheid'', [http://www.chmoellmann.de/der_Verlag/Der_Verleger_Christoph_Mollman/Artikel_von_Christoph_Mollmann/Joseph_Beuys__soziale_Dreiglie/joseph_beuys__soziale_dreiglie.html Text]
*[http://www.fiu-verlag.com Videomaterial Beuys im FIU-Verlag]
*[http://www.muenster.org/beuys/index.htm Beuys / FIU auf www.muenster.org (Bürgernetz Münster)]
{{Commons|Joseph Beuys}}
{{Wikiquote|Joseph Beuys}}
<!--noch nicht vorhanden {{Wikisource|Joseph Beuys}}-->
{{PND|118510460}}
==== Museen zu Joseph Beuys ====
* [http://www.moyland.de/pages/josephbeuysarchiv/ Museum Schloss Moyland - Joseph Beuys Archiv ]
* [http://www.kunstmuseumbasel.ch/de/collection/virtual-collection/epochen/20-jahrhundert/beuys-joseph.html Kunstmuseum Basel]
* [http://www.hlmd.de/w3.php?nodeId=358 Werkkomplex von Joseph Beuys im Darmstädter Landesmuseum]
* [http://www.tate.org.uk/modern/exhibitions/beuys/default.shtm Tate Modern Joseph Beuys Retrospektive]
* [http://www.guggenheimcollection.org/site/artist_works_17_0.html Joseph Beuys in der Guggenheim Collection]
* [http://collections.walkerart.org/item/agent/366 Walker Art Sammlung], [http://www.walkerart.org/beuys/ Joseph Beuys Multiples]
*[http://collection.artgallery.nsw.gov.au/collection/search.do?bool-1=AND&dept=western%2Fcontemporary&images=true&sort=user_sym_34&browse=western%2Fcontemporary%2Fbrowse&field-1=user_sym_41&keyword-0=B&value-1=66&bool-0=AND&field-0=user_sym_39 Photographien der Sammlung Art Gallery New South Wales]
* [http://www.mfa.org/collections/search_art.asp?coll_keywords=Beuys&coll_has_images=1 Museum of Fine Arts Boston]
 
==== Aktuelle Ausstellungen ====
* [http://kunstaspekte.de/index.php?action=webpages&k=15 Aktuelle und vergangene Ausstellungen, Sammlungen und Galerien weltweit]
* [http://www.artfacts.net/index.php/pageType/artistInfo/artist/516/lang/2 Aktuelle Ausstellungen weltweit]
 
==== Weiterführende Informationen ====
 
* [http://www.wiege.at/pdf/Schuster_Beuys-Quellen_2004.pdf Joseph Beuys und seine Quellen - Bericht über eine Forschungstagung im Internationalen Kulturzentrum Achberg 2004]
* [http://www.kunst.uni-stuttgart.de/seminar/beuys/index.html Umfangreiche Webseite der Uni Stuttgart]
* [http://www.kunstdatenbank.de/beuys_joseph.htm Informationsdienst zu Joseph Beuys]
 
==== Bilder, Video- und Audio-Aufnahmen ====
 
*[http://www.lothar-wolleh.de/beuys/beuys.htm Photographien von Beuys in Aktion (Unterwasserbuch, Filz TV, Klasse)]
*[http://www.youtube.com/watch?v=LTOD5Pu6uVM&eurl= Videodokumentation - „Healing the Western Mind“ über die Aktion „I like America and America likes me“]
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
 
{{DEFAULTSORT:Beuys, Joseph}}
[[Kategorie:Anthroposoph|Beuys, Joseph]]
[[Kategorie:Künstler|Beuys, Joseph]]
[[Kategorie:Bildhauer|Beuys, Joseph]]
[[Kategorie:Objektkünstler|Beuys, Joseph]]
[[Kategorie:Zeichner|Beuys, Joseph]]
[[Kategorie:Aktionskünstler|Beuys, Joseph]]
[[Kategorie:Performancekünstler]]
[[Kategorie:Soziale Dreigliederung (Person)|Beuys, Joseph]]
[[Kategorie:Direkte Demokratie (Person)|Beuys, Joseph]]
[[Kategorie:Internationales Kulturzentrum Achberg (Person)]]
[[Kategorie:Grundeinkommen (Person)|Beuys, Joseph]]
[[Kategorie:Joseph Beuys|!]]
[[Kategorie:Deutscher|Beuys, Joseph]]
[[Kategorie:Geboren 1921|Beuys, Joseph]]
[[Kategorie:Gestorben 1986|Beuys, Joseph]]
[[Kategorie:Mann|Beuys, Joseph]]
 
{{Personendaten|
NAME=Beuys, Joseph
|ALTERNATIVNAMEN=
|KURZBESCHREIBUNG=Deutscher Künstler und Anthroposoph
|GEBURTSDATUM=[[12. Mai]] [[1921]]
|GEBURTSORT=[[Krefeld]]
|STERBEDATUM=[[23. Januar]] [[1986]]
|STERBEORT=[[Düsseldorf]]
}}
 
{{Wikipedia}}

Version vom 30. November 2013, 23:04 Uhr

Die Erscheinung des Erdgeists in Goethes Faust.

Der Erdgeist ist der Planetengeist der Erde und hat seinen Sitz in der neunten Schicht des Erdinneren, die identisch mit der Eishölle aus Dantes Göttlicher Komödie und zugleich der Quellort aller schwarzmagischer Kräfte ist. Hier ist auch das Erdgehirn lokalisiert, das in engem Zusammenhang mit dem menschlichen Gehirn steht. In Rudolf Steiners Mysteriendramen erweist sich das Urbild des German als der Geist des Erdgehirns. Der Geist der Erde umfasst dabei die Gesamtheit aller geistigen Wesen, die sich mit der Erde verbunden haben.

Der Erdgeist als Gemeinschaft geistiger Wesenheiten

"Wenn man unsere Erde hellseherisch von außen betrachten könnte, so würde man nicht nur Felsen und so weiter aus materiellem Stoff wahrnehmen und dazwischen tierische und menschliche Gestalten einherwandern sehen, sondern man würde vor allen Dingen Gruppenseelen der Pflanzen, der Tiere und so weiter sehen. Das ist schon eine geistige Bevölkerung unserer Erde. Der Hellseher würde ferner die einzelnen Individualseelen der Menschen, die Volksseele und so weiter sehen. Sie müssen sich überhaupt den Geist eines Himmelskörpers nicht etwa nur so einfach vorstellen, daß Sie sich im Raume eine Kugel denken, die einen Geist und eine Seele hat, sondern daß eine ganze geistige Bevölkerung, die ein Ganzes ausmacht, diesen Himmelskörper bewohnt. Und alle diese einzelnen Geister, Gruppenseelen und so weiter, stehen wiederum unter einem Anführer, wie wir es nennen können, und alles dies zusammen entspricht dem gesamten Geist unserer Erde, demjenigen, was wir den Erdgeist nennen." (Lit.: GA 098, S. 190)

Erdgeist und internationale Bestrebungen

"Solche Wesen, die von höheren Plänen aus die physische Entwicklung leiten, sind vorhanden. Deren niederste Entwicklung ist in der Astralmaterie. Jedes Volk, jede Rasse, jeder Stamm hat eine gemeinsame Astralmaterie, die Inkarnationsmaterie für den Volksgeist. Der Volksgeist erreicht immer seine Entwicklung etwas früher als die einzelnen im Volk. Der Volksgeist kann von der Mitte eines Zyklus an Karma ansammeln. Wir bilden mit an dem Karma des Volkes, der Rasse und so weiter. Kollektiv-Karma wird dies genannt. Es ist eine Realität. Es wird dadurch bewirkt, daß diejenigen Wesen, die eine Stufe weiter sind, auch Karma haben. Die internationalen Bestrebungen gehören einem noch umfassenderen Geiste an, der die gesamte Astralmaterie der Erde umfaßt, dem wirklichen Erdgeist. Die physische Erde ist auch der physische Körper für diesen Erdgeist, den planetarischen Logos, der, wenn man sich zu ihm erhebt, das Karma der ganzen irdischen Entwicklung bedeutet. Internationale Bestrebungen sind der erste Ansatz zu jener großen Einheit, die entstehen wird auf dem Arupaplan. Der Theosoph lebt in der Idee dieser großen Einbeziehung, des Konzentrierens auf einen Punkt." (Lit.: GA 089, S. 154f)

Erdgeist und Natur

"Im ersten Kindheitsalter ist ein inniger Zusammenhang zwischen Natur und Geist, sie durchdringen einander, stehen einander noch freundschaftlich gegenüber. Später sondern sie sich, und der Geist und die Naturprozesse gehen mehr abgesondert vor sich. Dafür werden die Naturprozesse auch mehr geistlos, indem der Geist aus ihnen herausdifferenziert ist und zu der besonderen Seele geworden ist, auf die der Mensch so stolz ist. Diese erkauft sich der Mensch damit, daß sein Leib mehr geistlos wird. Der Mensch hat erst Geist aus seinem Leibe gesogen, damit er ihn mehr abgesondert für sich gebrauchen kann. In der ganzen Erdenentwickelung gibt es ein Ähnliches. In sehr frühen Zeiten der Erde war überall der Geist mit der Natur der Erde innig verbunden, daher war dazumal ein inniges Zusammenwirken zwischen Erdgeist und Erdennatur. Heute ist in gewisser Weise die Erdennatur so abgesondert von ihrem Geist wie beim Menschen die Natur von dem Seelischen. Und wie beim Menschen der Geist es ist, der Denken, Fühlen und Wollen dirigiert, so läuft in der Erdenentwickeiung auch der Erdgeist als Geschichtsverlauf neben dem Naturprozeß einher. Diese waren in der lemurischen Zeit noch mehr miteinander verwoben, wie die geistigen und die Naturprozesse beim Kinde auch enger verwandt sind als beim späteren Menschen. Worauf kommt es denn hier an? Kommt es darauf an, zu sagen: Der Geist entwickelt sich im späteren Lebenszeitalter oder Erdzeitalter? - Nein, er war schon da, aber er hat dazumal seine Tätigkeit verwendet auf das, was dann abgesondert ist. Und das verhärtet, es verholzt, es stirbt." (Lit.: GA 150, S. 74f)

Erdgeist und Erdinneres

"Die neunte und letzte Schicht [des Erdinneren] ist sozusagen der Wohnsitz des Planetengeistes. Sie zeigt zwei eigentümliche Erscheinungen. Man könnte sie mit einem Menschen vergleichen, denn sie besitzt ein Organ, das einem Gehirn ähnelt. Ein anderes Organ gleicht einem Herzen. Auch der Planetengeist ist Veränderungen unterworfen, die mit der Entwickelung der Menschen in engem Zusammenhange stehen." (Lit.: GA 097, S. 282)

Der Planetengeist der Erde

"So wie wir beim Menschen also sagen: hinter seinem astralischen Leib ist sein Ich, so sprechen wir davon, daß hinter all dem, was wir die Gesamtheit der Geister der Umlaufszeiten nennen, verborgen ist der Geist des Planeten selbst, der Planetengeist. Während die Geister der Umlaufszeiten die Naturgeister der Elemente dirigieren, um auf dem Erdenplaneten rhythmischen Wechsel, Wiederholungen in der Zeit, Abwechselung im Raum hervorzurufen, hat der Geist der Erde eine andere Aufgabe. Dieser Geist der Erde hat die Aufgabe, die Erde selber in Wechselbeziehung zu bringen zu den übrigen Himmelskörpern der Umgebung, sie so zu dirigieren und zu lenken, daß sie im Laufe der Zeiten in die richtigen Stellungen kommt zu den anderen Himmelskörpern. Dieser Geist der Erde ist gleichsam der große Sinnesapparat der Erde, durch den die Erde, der Erdenplanet, in das richtige Verhältnis zu der Umwelt kommt.

Wenn ich also die Aufeinanderfolge jener geistigen Wesenheiten, mit denen wir es zunächst auf unserer Erde zu tun haben und zu denen wir den Weg finden können durch eine allmähliche okkulte Entwicklung, zusammenfassen soll, so muß ich sagen: Wir haben als den äußersten Schleier die Sinnenwelt mit aller ihrer Mannigfaltigkeit, mit demjenigen, was wir ausgebreitet sehen für unsere Sinne, was wir mit dem Verstand des Menschen begreifen können. Wir haben dann hinter der Sinneswelt liegen die Welt der Naturgeister. Hinter der Welt der Naturgeister haben wir liegen die Welt der Geister der Umlaufszeiten und dahinter den Planetengeist." (Lit.: GA 136, S. 44)

Christus und der Erdgeist

Der Anführer aller dieser geistigen Wesenheiten und damit der eigentliche Planetengeist der Erde ist seit dem Mysterium von Golgatha der Christus.

"Unsere Erde ist nicht bloß der materielle Körper, als den sie unsere Augen sehen, sondern unsere Erde hat eine geistige Hülle. Wie wir selbst einen Ätherleib und einen Astralleib haben, so hat auch unsere Erde solche höheren Leiber. Und wie sich eine kleine Menge Substanz ausdehnt in einer Flüssigkeit, so dehnte sich das, was geistig ausstrahlte von der Tat auf Golgatha, in die geistige Atmosphäre der Erde aus, durchdrang sie und ist seit jener Zeit darinnen. Es ist also seit jener Zeit unserer Erde etwas mitgeteilt, was sie früher nicht hatte. Und da die Seelen nicht bloß überall umschlossen von dem Materiellen leben, sondern da Seelen wie Tropfen sind, die im Meere des irdisch Geistigen leben, so sind eben die Menschen seit jener Zeit eingebettet in die geistige Atmosphäre unserer Erde, die durchdrungen ist von dem Christus-Impuls. Das war vor dem Mysterium von Golgatha nicht der Fall; und das ist der große Unterschied zwischen dem vorchristlichen und dem nachchristlichen Leben. Wenn man sich nicht vorstellen kann, daß so etwas im geistigen Leben stattfindet, dann ist man noch nicht so weit, das Christentum wirklich als eine mystische Tatsache aufzufassen, deren volle Bedeutung nur in der geistigen Welt erkannt und anerkannt werden kann." (Lit.: GA 131, S. 102f)

"Bis zu dem Zeitpunkte, in dem der Christus Jesus auf der Erde erschien, ist alles, was vom Christus-Geist vorhanden war, eine Einheit. Es war eine einheitliche Hülle, welche die ganze Erde umgab, die in der festen Erde gleichsam ihr Knochensystem hatte. Wenn Sie die feste Erde nehmen mit alledem, was sie in sich hat, und dann dazunehmen, was die Erde an Wärme umgibt, dann haben Sie ungefähr das, was man den Körper des Christus-Geistes nennt. Daher das schöne Wort im Johannes- Evangelium, wo sich der Christus Jesus selbst bezeichnet als den Geist der Erde: «Der mein Brot isset, der tritt mich mit Füßen.» Was isset der Mensch, wenn er ißt? Das Brot. Er ißt das Brot, das der Leib des Christus ist. Und indem er auf der Erde geht, tut der Mensch das andere: er tritt ihn mit Füßen. Ganz wörtlich ist das zu nehmen. Ebenso wie sich in der lemurischen Zeit in die einzelnen Individualitäten ausgegossen hat von dem Element des Geistes der Jahvegeist, ebenso goß sich nach und nach in den Zeitaltern, die dem Christus Jesus vorangegangen waren, und in denjenigen, die ihm jetzt nachfolgen, langsam der Christus-Geist ein, der seinen Körper in der Wärme des Blutes hat. Und wenn der ganze Christus-Geist ausgegossen sein wird in die menschlichen Individualitäten hinein, dann wird das Christentum, die große Menschenbrüderschaft, die Erde erobert haben. Dann wird es überhaupt kein Bewußtsein von Cliquen und kleinen Zusammenhängen mehr geben, sondern nur das Bewußtsein, daß die Menschheit ein Bruderbund ist. Bei der größten Individualisierung wird dennoch jeder zum andern hingezogen sein. Die kleinen Stammes- und Volksgemeinschaften werden gewichen sein der Gemeinschaft des Lebensgeistes, der Budhi, der Gemeinschaft des Christus." (Lit.: GA 096, S. 284f)

"Wer zur Zeit Christi von einem andern Planeten heruntergeblickt hätte auf die Erde, der würde das Hinzutreten dieser neuen Substanz zum Astralleibe der Erde ersehen haben an der Änderung der Farbenstrahlung dieses Astralleibes. Durch die Verbindung seines Astralleibes mit demjenigen der Erde ist der Sonnengeist Christus zugleich Erdgeist geworden. Der Christus-Geist ist Sonnengeist und zugleich Erdgeist. Von dem Moment an, da Christus auf Erden gewandelt ist, bleibt er in ständiger Verbindung mit der Erde. Er ist der Planetengeist der Erde geworden; die Erde ist sein Leib, er leitet die Erdenentwickelung. Diese Verbindung hat sich auf Golgatha vollzogen und das Mysterium von Golgatha ist das Symbolum dessen, was für die Erdenentwickelung damals geschehen ist." (Lit.: GA 100, S. 253)

"Wir erinnern uns daran, daß wir den großen Moment von Golgatha hingestellt haben vor unsere Seele. Wenn jemand damals die Erde von ferne betrachtet hätte mit hellseherischem Blick, so hätte er wahrgenommen in dem Augenblick, wo das Blut aus den Wunden des Erlösers floß, daß die ganze astralische Aura der Erde sich veränderte. Da ist die Erde durchdrungen worden von der Christus-Kraft. Durch dieses Ereignis kann sich die Erde dereinst wieder mit der Sonne vereinigen. Diese Kraft wird wachsen. Das ist die Kraft, die unseren Ätherleib vor dem zweiten Tode bewahrt. Christus wird immer mehr und mehr der Erdgeist, und derjenige, der ein rechter Christ ist, versteht die Worte: «Wer mein Brot isset, der tritt mich mit Füßen», der betrachtet den Leib der Erde als den Leib des Christus. Die Erde als planetarischer Körper ist der Leib des Christus, freilich erst im Anfange. Es wird erst der Christus Erdgeist, er wird sich völlig mit der Erde vereinigen. Und wenn sich die Erde später mit der Sonne vereinigen wird, wird der große Erdgeist Christus Sonnengeist sein." (Lit.: GA 104, S. 252)

"Wenn also — ich habe ja auch das schon erwähnt — ein alter Weiser, der wirklich hellsichtig war, in der Zeit vor dem Mysterium von Golgatha sich in die geistigen Hohen hinaufhob, so traf er in diesen geistigen Höhen natürlich den Christus. Daher wurden diejenigen, die dazumal von dem Christus sprechen konnten, Propheten, die das Ankommen des Christus vorhersagen konnten; denn sie fanden Christus in den geistigen Weiten und sahen ihn gewissermaßen auf seinem Wege zur Erde hin, wie er als Sonnengeist herunterstieg, um allmählich Erdgeist zu werden. Sie schauten also hin auf einen zukünftigen Augenblick der Erdenentwickelung, in dem sich das, was sie nur in geistigen Höhen sahen, mit der Erdenentwickelung verbinden werde. Wenn man die Erde dazumal, vor dem Mysterium von Golgatha, in allen ihren Weiten durchforschte nach dem, was man aus ihr wissen konnte, fand man den Christus nicht. Daher hat die Erdenwissenschaft der alten vor dem Mysterium von Golgatha lebenden Völker selbstverständlich den Christus nicht. Aber wenn die Eingeweihten dieser Mysterien einen gewissen Grad erreicht hatten, wurde ihnen verkündet das Kommen des Christus auf die Erde.

Bedenken Sie nun, wie das alles anders ist seit dem Mysterium von Golgatha. Es ist ja gerade das Gegenteil davon seit dem Mysterium von Golgatha da. Seit dem Mysterium von Golgatha findet man, wenn man hier die Erdenentwickelung durchforscht, den Christus hineinverwoben in die ganze Geschichte derjenigen Völker, die eben schon vom Christentum durchdrungen sind. Und eine geschichtliche Darstellung zu geben, ohne vom Christus zu sprechen, ist eigentlich ein Unding. Das hat sogar der Historiker Ranke empfunden und sich noch in seinem hohen Alter die Frage gestellt, ob denn Geschichte überhaupt etwas heißt, wenn man nicht überall zeigt, wie der Christus-Impuls in den einzelnen Erscheinungen drinnen lebt. Dafür aber ist in denjenigen Welten, in die man aufsteigen kann, aus denen der Christus herausgekommen ist, um eben mit der Erdenentwickelung sich zu verbinden, der Christus nicht so unmittelbar darin. Man muß dann schon von jenen Höhen herunterschauen auf die Erde und sehen, wie er sich mit der Erde verbunden hat." (Lit.: GA 167, S. 198f)

Der Erdgeist im Jahreslauf

"Wir wissen ja, wie nur eine materialistische Weltanschauung des Glaubens sein kann, daß allein der Mensch innerhalb der Weltenordnung mit einem Erkenntnis-, Gefühls- und Willensvermögen begabt sei; während man anerkennen muß vom Standpunkte einer spirituellen Weltanschauung, daß ebenso, wie es unterhalb der Menschenstufe Wesenheiten gibt, es auch Wesenheiten gibt oberhalb der menschlichen Stufe des Denkens, Fühlens und Wollens. In diese Wesenheiten kann sich der Mensch einleben, wenn er eben als Mikrokosmos im Makrokosmos untertaucht. Wir müssen aber dann von diesem Makrokosmos so sprechen, wie wenn er nicht nur ein Raumesmakrokosmos sei, sondern wie wenn die Zeit in ihrem Verlaufe Bedeutung habe im Leben des Makrokosmos. Wie der Mensch sich zurückziehen muß von all den Eindrücken, die auf seine Sinne ausgeübt werden können aus seiner Umgebung, wie er gleichsam um sich herum durch das Abschließen seiner Sinneswahrnehmung Finsternis erzeugen muß, um im Inneren das Licht des Geistes anzuzünden, wenn er in die Tiefen seiner Seele hinuntersteigen will, so muß derjenige Geist, den wir als den Erdgeist bezeichnen können, abgeschlossen sein von den Eindrücken des übrigen Kosmos. Es muß das geringste Maß von Wirkungen von dem äußeren Kosmos auf den Erdgeist ausgeübt werden, damit der Erdgeist selber sich innerlich konzentrieren, seine Fähigkeiten innerlich zusammenziehen kann. Denn dann werden die Geheimnisse entdeckt, die der Mensch deshalb durchzumachen hat mit diesem Erdgeist, weil die Erde als Erde aus dem Kosmos herausgesondert ist.

Solch eine Zeit, wo das größte Maß der Eindrücke vom äußeren Makrokosmos auf die Erde ausgeübt wird, ist die Sommersonnenwendezeit, die Johannizeit. Es erinnern uns daher viele Nachrichten aus alten Zeiten, die an Festesdarstellungen und Festesbegehungen anknüpfen, wie solche Feste inmitten der Sommerzeit stattfanden, wie die Seele in der Mitte des Sommers dadurch, daß sie sich des Ich entäußert und aufgeht im Leben des Makrokosmos, trunken hingegeben ist den Eindrükken vom Makrokosmos.

Aber umgekehrt erinnern uns die legendarischen oder sonstigen Darstellungen desjenigen, was in der Vorzeit erlebt werden konnte, dann, wenn das geringste Maß der Eindrücke vom Makrokosmos zur Erde kommt, daran, daß der Erdgeist, in sich konzentriert, die Geheimnisse des Erdenseelenlebens im unendlichen All erlebt, und daß der Mensch, wenn er sich hineinbegibt in dieses Erleben zu der Zeit, in welcher am wenigsten Licht und Wärme gesendet wird aus dem Makrokosmos zur Erde, dann die heiligsten Geheimnisse miterlebt. Daher wurden diese Tage um die Weihnachtszeit herum immer so heilig gehalten, weil der Mensch, als er in seinem Organismus noch die Fähigkeit hatte, mitzuerleben das Erdenerleben in der Zeit, wo es am konzentriertesten ist, mit dem Erdgeist Zusammensein konnte." (Lit.: GA 158, S. 171ff)

"Die Zeit, in welcher das geringste Maß von Eindrücken aus dem Makrokosmos zur Erde kommt, die Zeit von Weihnachten bis über das Neujahr hinaus, ungefähr bis zum 6. Januar, ist wohl geeignet, daß man sich nicht nur erinnere an das Gegenständliche der geistigen Erkenntnis, sondern an die Empfindungen, die wir in uns entwickeln müssen durch das Aufnehmen der Geisteswissenschaft. Wahrhaft leben wir uns also wieder hinein in den Erdgeist, mit dem wir zusammen doch eine Ganzheit bilden, und mit dem lebte das alte, hellseherische Erkennen, wie es uns etwa in dieser Legende von Olaf Asteson dargestellt ist." (Lit.: GA 275, S. 89f)

Der Erdgeist in Goethes Faust-Dichtung

Goethe schildert bekanntlich die Erscheinung des Erdgeists in seiner Faust-Dichtung:

"Goethe hat in seinen Faust nicht etwa nur die Enttäuschungen eines in die Irre gehenden Erkenntnisdranges hineinlegen wollen; er wollte vielmehr die im Wesen des Menschen begründeten Konflikte dieses Dranges selbst darstellen. Der Mensch ist in jedem Augenblicke seines Daseins mehr^ als sich zum Vollbringen seines Lebens enthüllen darf. Der Mensch soll sich entwickeln aus seinem Innern heraus; er soll entfalten, was in vollem Maße zu erkennen ihm erst nach der Entfaltung gegönnt sein kann. Seine Erkenntniskräfte sind so geartet, daß sie selbst zur Unzeit an das herangebracht, was sie zur rechten Zeit bewältigen sollen, durch ihren eigenen Gegenstand betäubt werden können. - Faust lebt in alle dem, was in den Worten des Erdgeists sich offenbart. Aber dieses sein eigenes Wesen betäubt ihn, als es ihm anschaulich vor die Seele tritt in dem Augenblicke, in dem seine Lebensreife, dieses Wesen nicht erkennend, zum Bilde wandeln kann.

Du gleichst dem Geist, den du begreifst,
Nicht mir!

Bei diesen Worten stürzt Faust zusammen. Im Grunde hat er sich geschaut; aber er kann sich nicht gleichen, weil er, was er ist, nicht erkennend umfassen kann. Die Selbstanschauung hat das dieser Anschauung nicht gewachsene Bewußtsein betäubt.

Faust stellt die Frage: «Nicht dir! Wem denn?» - Die Antwort wird dramatisch gegeben. Wagner tritt ein. Dieser selbst ist die Antwort auf das «Wem denn?». Seelischer Hochmut war es, der in Faust im Augenblicke das Geheimnis des eigenen Wesens erfassen wollte. Was in ihm lebt, ist zunächst nur das Streben nach diesem Geheimnis; das Ebenbild dessen, was er im Augenblicke von sich erkennend umfassen kann, ist Wagner. Man wird die Szene mit Wagner ganz mißverstehen, wenn man nur auf den Gegensatz blickt zwischen dem hochgeistigen Faust und dem beschränkten Wagner. In der Begegnung mit diesem nach der Erdgeistszene sollte Faust begreiflich werden, daß er mit seiner Erkenntniskraft im Grunde auf der Wagnerstufe steht. Dramatisch gedacht ist in der hier in Frage kommenden Szene Wagner das Ebenbild von Faust." (Lit.: GA 022, S. 47f)

"... der springende Punkt liegt darin, daß Faust sich abwendet von dem, was sich ihm offenbart von dem Zeichen des Makrokosmos, der ganzen Welt. Er will zunächst nichts wissen von den Beziehungen des Menschen zu dem ganzen umfassenden großen All. Er wendet sich zum Erdgeist, zu dem, was ihm offenbaren will, was der Mensch nur aus den Kräften der Erde hat. Was sich ihm aus dem Makrokosmos offenbart, das ist ihm ein Schauspiel, «aber ach, ein Schauspiel nur!» Da wendet er sich ab. Aber der Erdgeist weist ihn von sich. Faust glaubte durch den Erdgeist irgend etwas ergreifen zu können, was mit seinem tiefsten Wesen zusammenhängt. Der Erdgeist bringt ihn zum Niederstürzen. Und dann die Worte: «Du gleichst dem Geist, den du begreifst, nicht mir!»

Nun frage man: Wer ist es, den der Faust begreift? Er selbst sagt: «Nicht dir! - Wem denn?» - und herein tritt Wagner. Alles, was du bisher entwickelt hast, ist bloßes Gefühlsstreben; was du schon in dir trägst, schaue es an - in Wagner! Das ist die andere Natur des Faust." (Lit.: GA 181, S. 268f)

"In wunderbar schönen Worten wird von Faust der Erdgeist charakterisiert. Wir sehen, wie er ahnt, daß das, was der Planet Erde ist, nicht einfach jene physische Kugel ist, als die sie von der Naturwissenschaft angesehen wird, sondern gerade so, wie der Leib eine Seele enthält, so der Erdenleib einen Geist.

In Lebensfluten, im Tatensturm
Wall' ich auf und ab,
Webe hin und her!
Geburt und Grab,
Ein ewiges Meer,
Ein wechselnd Weben,
Ein glühend Leben,
So schaff' ich am sausenden Webstuhl der Zeit
Und wirke der Gottheit lebendiges Kleid.

Das ist das, was in der Erde lebt als der Geist der Erde, wie in uns unser Geist lebt. Aber Goethe kennzeichnet den Faust als noch nicht reif, seinen Geist als noch unvollendeten. Abwenden muß er sich von dem furchtbaren Zeichen wie ein furchtsam weggekrümmter Wurm. Der Erdgeist antwortet ihm: «Du gleichst dem Geist, den du begreifst, nicht mir.» In Goethes Seele lebte die Erkenntnis, wenn sie zunächst auch nur eine ahnende war, daß wir auf keiner Stufe uns befriedigt erklären dürfen, sondern von jeder Stufe aus höhere und immer höhere Stufen erstreben müssen, daß wir auf keiner Stufe sagen können, wir haben etwas erreicht, sondern von jeder Stufe aus immer höher streben müssen. Goethe führten in diese Geheimnisse hinein seine emsigen Studien von Erscheinung zu Erscheinung. Und nun sehen wir ihn wachsen. Denselben Geist, den er zuerst gerufen hat, und von dem er nur sagen konnte: «Schreckliches Gesicht!», läßt Goethe durch Faust anreden, nachdem Goethe selber eine höhere Stufe erreicht hatte nach der Italienreise, nach seiner Reise, die ich so charakterisiert habe, daß er die ganze Natur und Kunst mit seiner Anschauung durchdringen wollte. Jetzt ist Faust gestimmt, wie Goethe selber gestimmt war. Jetzt steht Faust vor demselben Geiste, den er also anredet:

Erhabner Geist, du gabst mir, gabst mir alles,
Warum ich bat. Du hast mir nicht umsonst
Dein Angesicht im Feuer zugewendet.
Gabst mir die herrliche Natur zum Königreich,
Kraft, sie zu fühlen, zu genießen. Nicht
Kalt staunenden Besuch erlaubst du nur,
Vergönnest mir in ihre tiefe Brust
Wie in den Busen eines Freunds zu schauen.
Du führst die Reihe der Lebendigen
Vor mir vorbei, und lehrst mich meine Brüder
Im stillen Busch, in Luft und Wasser kennen.
Und wenn der Sturm im Walde braust und knarrt,
Die Riesenfichte stürzend Nachbaräste
Und Nachbarstämme quetschend niederstreift,
Und ihrem Fall dumpf hohl der Hügel donnert;
Dann führst du mich zur sichern Höhle, zeigst
Mich dann mir selbst, und meiner eignen Brust
Geheime tiefe Wunder öffnen sich.
Und steigt vor meinem Blick der reine Mond
Besänftigend herüber: schweben mir
Von Felsenwänden, aus dem feuchten Busch
Der Vorwelt silberne Gestalten auf,
Und lindern der Betrachtung strenge Lust.

Da ist Goethe und mit ihm Faust zu der Höhe gelangt, nicht mehr sich wegzuwenden von dem Geist, den er im Sprunge hat erreichen wollen. Jetzt tritt ihm der Geist als ein solcher entgegen, von dem er sich nicht mehr hinwegzuwenden braucht. Jetzt erkennt er ihn in allem Lebendigen, in allen Reichen der Natur: in Wald und Wasser, im stillen Busch, in der Riesenfichte, in Sturm und Donner. Und nicht nur da. Nachdem er ihm erschienen ist in der großen Natur draußen, erkennt er ihn auch in seinem eigenen Herzen: seine geheimen tiefen Wunder öffnen sich." (Lit.: GA 272, S. 27f)

"Denken Sie sich einige Meilen von der Erde erhoben: Sie können da nicht als physischer Mensch leben, Sie hören auf als Mensch zu leben. Sie sind bloß ein Glied unserer Erde, wie meine Hand ein Glied meines Körpers ist. Die Illusion, daß Sie selbständige Wesen sind, entsteht nur dadurch, daß Sie herumspazieren auf der Erde, während die Hand angewachsen ist. Das tut aber nichts. Goethe meinte etwas ganz Wirkliches, wenn er vom Erdgeist spricht. Er meint, daß die Erde eine Seele hat, deren Glieder wir sind. Er spricht von etwas Wirklichem, wenn er den Erdgeist [im «Faust»] sprechen laßt:

In Lebensfluten, im Tatensturm
Wall ich auf und ab,
Webe hin und her!
Geburt und Grab,
Ein ewiges Meer,
Ein wechselnd Weben,
Ein glühend Leben,
So schaff ich am sausenden Webstuhl der Zeit
Und wirke der Gottheit lebendiges Kleid.

So ist schon der physische Mensch ein Glied des Erdenorganismus und Teil eines Ganzen. Und nun bedenken Sie es geistig und seelisch: da ist es genau so. Wie oft habe ich betont, daß die Menschheit nicht leben könnte, wenn sie sich nicht auf Grund der anderen Reiche weiter entwickelt hätte. Ebenso kann der hoher entwickelte Mensch nicht sein ohne den niedriger entwickelten. Ein Geistiges kann nicht sein ohne diejenigen, die zurückgeblieben sind, wie ein Mensch nicht sein kann, ohne daß Tiere zurückgeblieben sind, wie ein Tier nicht ohne Pflanze, eine Pflanze nicht ohne Mineral sein kann. Am schönsten ist dies ausgedrückt im Johannes-Evangelium nach der Fußwaschung: Ich könnte nicht sein ohne euch... - Die Jünger sind eine Notwendigkeit für Jesus, sie sind sein Mutterboden. Das ist eine große Wahrheit." (Lit.: GA 264, S. 387)

"Aber Faust ist eben der Menschheitsrepräsentant, der dem 16. Jahrhundert angehört, also schon der fünften nachatlantischen Periode, derjenigen Periode, die sich der Anschauung naht: Ich lebe als der Erdeneremit auf einem Staubkorn des Universums. - Da wäre es nicht mehr ehrlich gewesen von dem jungen Goethe, Faust hinbücken zu lassen zu dem Geiste der großen Welt. Als Menschheitsrepräsentant könnte das bei Faust nicht der Fall sein, denn der Mensch hatte in seinem Bewußtsein keinen Zusammenhang mehr mit den Himmelskräften, die auf- und niedersteigen und sich die goldenen Eimer reichen, das heißt, mit den Wesenheiten der höheren Hierarchien. Das war verfinstert, das war nicht mehr da für das Menschheitsbewußtsein. So konnte sich Faust nur an dasjenige halten, womit er etwa verknüpft sein konnte als Erdeneremit: Er wandte sich an den Genius der Erde.

Daß sich Faust an den Genius der Erde wendet, das ist etwas, ich möchte sagen, radikal Grandioses, was bei Goethe auftritt: Denn das ist die Wendung, welche das menschliche Bewußtsein in diesem Zeitalter genommen hat, hinweg von den sich verfinsternden Himmelsmächten zu dem Genius der Erde, auf den der Geist selber hingewiesen hat, der durch das Mysterium von Golgatha gegangen ist. Denn dieser Genius, der durch das Mysterium von Golgatha gegangen ist, hat sich mit der Erde verbunden. Er hat dadurch, daß er sich mit der Erdenmenschheitsentwickelung verbunden hat, dem Menschen nun die Kraft gegeben, in der Zeit, da er nicht mehr hinauf blicken kann zu den Gelstern der Himmel, hinzusehen zu den Geistern der Erde, und die Geister der Erde sprechen nun im Menschen. Früher waren es die Sterne in ihrem Weben, welche die Himmelsworte offenbarten der Menschenseele, die diese Himmelsworte deuten und erkennen konnte. Jetzt mußte der Mensch auf seinen Zusammenhang mit der Erde hinsehen, das heißt, sich selber fragen, ob der Genius der Erde in ihm spricht.

Aber nur erst nebulose Worte, mystisch pantheistische Worte, kann Goethe in seinem Zeitalter dem Genius der Erde abringen. Richtig ist es, grandios ist es, daß Faust sich zu dem Genius der Erde wendet, aber ich möchte sagen, ganz grandios ist es, daß Goethe noch nicht irgend etwas, was schon befriedigen kann, diesenGenius der Erde aussprechen läßt. Daß der Genius der Erde erst, ich möchte sagen, die Weltengeheimnisse in mystisch pantheistischen Formeln stottert und stammelt, statt sie in scharf umrissener Weise auszusprechen, das zeigt eben, daß Goethe seinen Faust genial hineingestellt hat in das Zeitalter, in welchem er seinen, Faust und sich sah." (Lit.: GA 221, S. 57f)

"In Goethes Jugend wird «Faust» so begonnen, daß Faust das Buch desNostradamus auf schlägt, wo geschildert wird, «wie Himmelskräfte auf- und niedersteigen und sich die goldenen Eimer reichen». Dann wird aber das Blatt umgeschlagen und gesagt: «Du Geist der Erde bist mir näher.» Goethe weist das große Tableau des Makrokosmos zurück und läßt nur den Erdgeist an seinen Faust herankommen. Als er dann im Anfange des neunzehnten Jahrhunderts von Schiller veranlaßt wurde, den «Faust» umzudichten, schuf er den «Prolog im Himmel»." (Lit.: GA 217, S. 144)

Literatur

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  3. Rudolf Steiner: Kosmogonie, GA 94 (2001), ISBN 3-7274-0940-1 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  4. Rudolf Steiner: Ursprungsimpulse der Geisteswissenschaft, GA 96 (1989), ISBN 3-7274-0961-4 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  5. Rudolf Steiner: Das christliche Mysterium, GA 97 (1998), ISBN 3-7274-0970-3 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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  7. Rudolf Steiner: Menschheitsentwickelung und Christus-Erkenntnis, GA 100 (1981), ISBN 3-7274-1000-0 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  8. Rudolf Steiner: Die Apokalypse des Johannes, GA 104 (1985), ISBN 3-7274-1040-X pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  9. Rudolf Steiner: Von Jesus zu Christus, GA 131 (1988), ISBN 3-7274-1310-7 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  10. Rudolf Steiner: Die geistigen Wesenheiten in den Himmelskörpern und Naturreichen, GA 136 (1996), ISBN 3-7274-1361-1 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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  14. Rudolf Steiner: Geistige Wirkenskräfte im Zusammenleben von alter und junger Generation. Pädagogischer Jugendkurs., GA 217 (1988), ISBN 3-7274-2170-3 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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  16. Rudolf Steiner: Geisteswissenschaftliche Erläuterungen zu Goethes «Faust», Band I: Faust, der strebende Mensch , GA 272 (1981), ISBN 3-7274-2720-5 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  17. Rudolf Steiner: Zur Geschichte und aus den Inhalten der ersten Abteilung der Esoterischen Schule 1904 bis 1914, GA 264 (1987), ISBN 3-7274-2650-0 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  18. Rudolf Steiner: Kunst im Lichte der Mysterienweisheit, GA 275 (1990), ISBN 3-7274-2750-7 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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