Gesicht

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Gesichter von Männern und Fraune unterschiedlicher Nationalität

Das Gesicht oder Antlitz (hebr. פַּרְצוּף, parzuf, Plural: parzufim oder auch פָּנִים, panim; griech. πρόσωπον, prosopon; eng. countenance, face, visage) bildet den vorderen Teil des menschlichen Kopfes. Seine knöcherne Grundlage, deren Form, wie die des ganzen Schädels, sehr wesentlich durch die vorige irdische Inkarnation bestimmt ist, wird durch den Gesichtsschädel und das paarige Stirnbein (lat. Os frontale), das aber dem Hirnschädel angehört, gebildet.

Das Gesicht als bildhafter Ausdruck der menschlichen Individualität

Typische Durchschnittsgesichter

Das Gesicht ist jener Teil des Organismus, in dessen charakteristischer Physiognomie die menschliche Individualität im Laufe des Lebens immer stärker zum Ausdruck kommt; im kindlichen Alter tritt diese Individualisierung noch wenig hervor. Die oft sehr auffällige Ähnlichkeit von Kindern mit ihren Eltern ist weniger durch Vererbung, als vielmehr durch die unbewusste Nachahmung der Eltern oder Erzieher bedingt; Kinder können daher sehr oft auch ihren Pflegeeltern, mit denen sie keine leibliche Abstammung verbindet, verblüffend ähnlich sehen. In späteren Jahren wird das Antlitz in seiner sich zunehmend vertiefenden Linienzeichnung immer mehr zu einem Bild dessen, wie das menschliche Ich sein Schicksal meistert, das es sich selbst durch seine vorangegangenen Erdenleben bereitet hat, und wie sehr es den durch den Astralleib bedingten niederen Begierden und den dauerhafter dem Ätherleib eingeschriebenen schlechten Gewohnheiten und Lastern zu widerstehen vermag und wie sehr es die ebenfalls im Ätherleib sitzenden Temperamente beherrschen kann. Was der Mensch, d.h. sein Ich, zuerst seinen seelischen Wesensgliedern einprägt, wird zuletzt bis in seine äußere Physiognomie sichtbar.

"Das erste dabei ist, daß der Mensch also dasjenige, was seinem Ich einverleibt ist, was sein Ich sich erobert, in seine Seelenglieder, in die Empfindungsseele, in die Verstandes- oder Gemütsseele und in die Bewußtseinsseele hineinprägt. Nun vermag der Mensch im allgemeinen nicht viel über die äußere Leiblichkeit. Wir haben gesehen, daß der Mensch eine Grenze hat an der äußeren Leiblichkeit, daß sie mit gewissen Anlagen ausgestattet ist; doch wenn wir genauer beobachten, so sehen wir, daß allerdings diese Grenze dennoch zuläßt, daß der Mensch auch zwischen Geburt und Tod an seiner äußeren Leiblichkeit arbeitet.

Wer wird nicht schon beobachtet haben, wie ein Mensch, der sich wirklich tieferen Erkenntnissen durch ein Jahrzehnt zum Beispiel hingibt - solchen Erkenntnissen, welche nicht graue Lehre bleiben, sondern die sich umgestalten in Lust und Leid, in Seligkeit und Schmerz, die im Grunde erst dadurch zu wirklicher Erkenntnis werden und sich mit dem Ich verweben —, wer wird nicht beobachtet haben, daß da selbst die Physiognomie, die Geste, das ganze Gehaben des Menschen sich umändert, wie das Arbeiten des Ich sozusagen bis in die äußere Leiblichkeit hineingeht!" (Lit.: GA 58, S. 169)

"Nur in bezug auf die Beweglichkeit unserer Haut, in bezug auf Mienenspiel, Gesten und so weiter, haben wir ja einen Einfluß, der noch an das heranreicht, was wir bewußte Tätigkeit nennen können; aber auf die Gestalt, auf die Form unserer Körperoberfläche haben wir keinen Einfluß mehr. Es muß freilich zugegeben werden, daß der Mensch zwischen Geburt und Tod einen gewissen Einfluß auf seine äußere Leibesform in engeren Grenzen hat. Davon kann sich jeder überzeugen, der einen Menschen kennengelernt hat in einem bestimmten Lebensalter und ihn vielleicht nach zehn oder zwanzig Jahren wiedersieht, insbesondere wenn dieser Mensch in diesen Jahren durchgegangen ist durch tiefere innere Erlebnisse, namentlich durch Erkenntniserlebnisse, die nicht Gegenstand der äußeren Wissenschaft sind, sondern durch solche, die «Blut kosten», die zusammenhängen mit unserem ganzen Lebensschicksal. Dann sehen wir allerdings innerhalb enger Grenzen, wie die Physiognomie sich ändert, wie also der Mensch innerhalb dieser Grenzen einen Einfluß hat auf die Gestaltung seines Leibes. Aber er hat ihn nur in geringem Maße, und das wird jeder zugeben müssen; denn das Hauptsächlichste in der menschlichen Gestalt ist durchaus nicht in unsere Willkür gegeben und nicht durch unser Bewußtsein bestimmt." (Lit.: GA 128, S. 101)

Der Arzt und Anthroposoph Norbert Glas hat ausführliche Studien zu einer der menschlichen Individualität gerecht werdenden Physiognomik gemacht und in einer Reihe von Büchern veröffentlicht (Lit.: Norbert Glas).

Die Mimik als Ausdruck des seelischen Erlebens

So wie die Gesichtsform in ihren feineren Zeichnungen immer mehr zu einem Bild des individuellen menschlichen Geistes wird, ist die Mimik ein flüchtiger Ausdruck des momentanen seelischen Erlebens, wobei der Astralleib, als Träger der seelischen Wesensglieder, unmittelbar die mimische Muskulatur ergreift. Sie läuft, namentlich in ihrer feineren Zeichnung, teils unwillkürlich und weitgehend unbewusst bzw. traumbewusst ab, kann aber auch in hohem Grad durch das Ich willkürlich beherrscht werden. Die Mimik wird dabei hauptsächlich durch die Augen und durch die Mund- und Kieferpartie bestimmt, die die beweglichsten Teile des Gesichtes sind. Dauerhaftere mimische Gewohnheiten, durch die sich seelische Grundstimmungen aussprechen, prägen nach und nach die Gesichtszüge entscheidend mit.

Die horizontale und vertikale Dreigliederung des Gesichts

Das menschliche Antlitz zeigt eine deutlich erkennbare horizontale und vertikale Dreigliederung, in der sich die drei Seelenkräfte des Denkens, Fühlens und Wollens kundgibt. Horizontal betrachtet entspricht die rechte Seite des Gesichts dem Wollen, die linke dem Gefühl und die Mitte dem Denken. In der vertikalen Gliederung ist die Stirn dem Denken zugeordnet, die mittlere Partie mit Augen, Nase und den sehr leicht errötenden oder erbleichenden Wangen korrespondiert dem Gefühl und die untere Kieferregion und das mehr oder weniger markante Kinn ist Ausdruck des Wollens. Der Mund bildet den Übergang von der Gefühls- zur Willensregion. Zugleich drücken sich in dieser vertikalen Dreigliederung die drei seelischen Wesensglieder aus. Die unterste Region gibt ein äußeres Abbild der Tätigkeit der Empfindungsseele, die mittlere Partie und insbesondere die Nase entspricht der Verstandes- oder Gemütsseele und die Stirn ist Ausdruck der Bewusstseinsseele (Lit.: GA 58, S. 172ff).

Parzufim - die fünf Gesichter in der Lehre der jüdischen Kabbala

In der jüdischen Kabbala nach der Lehre Isaak Lurias (1534-1572) spielen die fünf Gesichter, zu denen die 10 Sephiroth transformiert wurden, nachdem es im Zuge des Schöpfungsgeschehens zum sogenannten Bruch der Gefäße (Schvirat ha-Kelim) gekommen war, eine bedeutsame Rolle. Aus diesen fünf Gesichtern emanierten die fünf Arten der Seele: Jechidah (Geistesmensch), Chaja (Lebensgeist), Neschamah (Geistselbst/Bewusstseinsseele), Ruach (Verstandesseele) und Nephesch (Empfindungsseele). Jede dieser fünf Seelen wurde zusammen mit den entsprechenden Organen Adams geschaffen. Und so wie es niedere und höhere Organe gibt, gibt es auch niedere und höhere Seelenarten.

Literatur

  • Norbert Glas: Physiognomik, Stuttgart 1961ff:
    • Band 1: Der Antlitz offenbart den Menschen. Eine geistgemäße Physiognomik. Arbeitsgemeinschaft anthroposophischer Ärzte, Stuttgart 1961; 6. A. Mellinger, Stuttgart 1992, ISBN 3-88069-135-5
    • Band 2: Der Antlitz offenbart den Menschen. Die Temperamente. Arbeitsgemeinschaft anthroposophischer Ärzte, Stuttgart 1963; 4. A. Mellinger, Stuttgart 1990, ISBN 3-88069-170-3
    • Band 7: Mimik. Das bewegte Antlitz. Mellinger, Stuttgart 1985, ISBN 3-88069-042-1
    • Band 8: Menschenfeindliche Kräfte im Antlitz. Mellinger, Stuttgart 1987, ISBN 3-88069-224-6

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