Christoph Martin Wieland

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Christoph Martin Wieland von Ferdinand Jagemann (1805)

Christoph Martin Wieland (* 5. September 1733 in Oberholzheim bei Biberach an der Riß;[1] † 20. Januar 1813 in Weimar, Sachsen-Weimar-Eisenach) war ein deutscher Dichter, Übersetzer und Herausgeber zur Zeit der Aufklärung.

Wieland war einer der bedeutendsten Schriftsteller der Aufklärung im deutschen Sprachgebiet und der Älteste des klassischen Viergestirns von Weimar, zu dem neben ihm Johann Gottfried Herder, Johann Wolfgang Goethe und Friedrich Schiller gezählt wurden.

Leben

Abstammung, Kindheit und Jugend

Wielands Geburtshaus in Oberholzheim
Historische Ansicht

Geboren wurde Christoph Martin Wieland im Pfarrhaus von Oberholzheim, einem Dorf, das damals eine Pfründe des Hospitals zum Heiligen Geist der freien und paritätischen Reichsstadt Biberach war. Seine Vorfahren waren seit 1560 in Biberach ansässig. Als Wirte des Gasthauses Zum schwarzen Bären am Biberacher Marktplatz erlangten diese Einfluss im Rat der Stadt und stellten mit Wielands Urgroßvater Martin Justin Wieland (* 18. November 1624 in Biberach; † 1. Januar 1685 ebd.) einen Bürgermeister dieser Stadt. Aus dessen erster 1649 geschlossenen Ehe mit Maria Walpurga Wern (* 10. August 1627 in Biberach; † 1669 ebd.) stammt der Großvater des späteren Dichters Thomas Adam Wieland d. Ä. (* 27. Juli 1653 in Biberach; † 29. März 1729 in Oberholzheim). Dieser hatte an den Universitäten Straßburg, Wittenberg, Basel und Tübingen studiert und sich 1680 den akademischen Grad eines Magisters der Philosophie erworben. Er ergriff den Beruf eines Theologen und wirkte ab 1680 in Kohlstetten und Kleinengstingen, ab 1688 in Mundigen und ab 1693 als Pfarrer in Oberholzheim. Aus dessen am 1. Juli 1680 geschlossenen Ehe mit der Pfarrerstochter Anna Maria Brigel (* 1. Februar 1661 in Biberach; † 3. Juli 1739 ebd.) stammen einige Kinder ab, von denen Christoph Martin Wielands gleichnamiger Vater Thomas Adam Wieland d. J. (* 3. Januar 1704; † 27. September 1772 in Biberach) ebenfalls den Beruf eines Theologen ergriff.

Dieser hatte in Tübingen und Halle studiert, sich ebenfalls den Grad eines Magisters erworben und wurde als Nachfolger seines Vaters Pfarrer in Oberholzheim. Thomas Adam Wieland d. J. verheiratete sich mit der späteren Mutter des Dichters Regina Katharina Kick (* 1. Juli 1715 in Biberach; † 27. Februar 1789 in Weimar), die Tochter des Majors im Markgräflichen Badenschen Kreisregiment Erbprinz Johann Christoph Kick (* 1. Juli 1663 in Lindau; † 22. August 1741 in Biberach) und dessen am 22. November 1693 geheirateten zweiten Ehefrau, der aus Biberach stammenden Marie Christine Rauh (* 21. Februar 1689 Biberach: † 24. Januar 1765 ebd.). Da Thomas Adam Wieland d. J. 1736 die Stelle eines Siechenpredigers an der Magdalenenkirche in Biberach erhielt, zog die Familie dorthin. Hier wurde sein Vater 1755 Abendprediger und 1761 Frühprediger Senior der kirchlichen Einrichtung. Aus der Ehe der Eltern stammt noch der Sohn Johann Gottlieb Wieland († jung), Justin Sebastian Wieland († jung), Thomas Adam Wieland (* 13. Dezember 1735 in Oberholzheim; † 8. Mai 1764 in Biberach), der Kupferstecher wurde, und die Tochter Marie Justine Regina Wieland († jung).[2] Als Taufzeugen in der Stadtkirche von Oberholzheim fungierten Johann Gottlieb von Gaupp,[3] Justinus Hartmann.[4] Katharina Justina Zell[5] und Regina Margaretha Rauh.[6]

Nach der Versetzung des Vaters wurde er von diesem, von Privatlehrern und später in der Biberacher Stadtschule unterrichtet. Schon mit zwölf Jahren versuchte er sich in lateinischen und deutschen Versen, mit sechzehn Jahren hatte er bereits fast alle römischen Klassiker gelesen; unter den damals modernen Schriftstellern zogen ihn die Aufklärer Voltaire, Bernard le Bovier de Fontenelle und Pierre Bayle und unter den deutschen Poeten insbesondere Barthold Heinrich Brockes an.

An dem pietistischen Internat zu Kloster Berge bei Magdeburg (1747–49) entwickelte sich der Junge zu einem großen Verehrer Friedrich Gottlieb Klopstocks. Bei einem Verwandten zu Erfurt – an der Universität Erfurt hatte er das Studium der Philosophie begonnen – lernte er den Don Quijote kennen und schätzen. Im Sommer 1750 traf er im väterlichen Haus mit seiner Cousine Sophie Gutermann (später Sophie von La Roche) zusammen, in die er sich rasch verliebte. Diese Verbindung löste ihn aus seiner inneren Vereinsamung; Sophie (deren Roman Geschichte des Fräuleins von Sternheim er später veröffentlichte) regte ihn zu seinem ersten größeren Gedicht an, das 1752 anonym veröffentlicht wurde: Die Natur der Dinge. Ein Lehrgedicht in 6 Büchern.

Studium, Schweiz (1750–1759)

Im Herbst 1750 hatte Wieland an der Universität Tübingen ein Jurastudium begonnen, das er jedoch bald zugunsten der Literatur und eigener poetischer Produktion vernachlässigte. Ein Heldengedicht Hermann in fünf Gesängen sandte er an Johann Jakob Bodmer – den Grand old man der Zürcher Literatur. Dies führte zu einem sehr persönlichen Briefwechsel. Bald gab er das ungeliebte Studium ganz auf und widmete sich seiner Bildung und der Literatur.

Seine übrigen Erstlingsdichtungen kennzeichneten ihn als leidenschaftlichen Klopstockianer und strebten auf eine spezifisch christliche Dichtung hin. Im Sommer 1752 folgte er einer Einladung Bodmers nach Zürich. Der folgende Aufenthalt in der Schweiz sollte acht Jahre währen. Auf das herzlichste empfangen, wohnte er eine Weile bei Bodmer als dessen Schüler und wirkte mit an der neuen Herausgabe der 1741 erschienenen „Züricherischen Streitschriften“ (gegen Johann Christoph Gottsched gerichtet). In anregendem Verkehr mit Johann Jakob Breitinger, Hans Caspar Hirzel, Salomon Gessner, Johann Heinrich Füssli, David Heß u. a. schrieb Wieland in Zürich um jene Zeit die Briefe von Verstorbenen an hinterlassene Freunde (Zürich 1753).

Die plötzliche Nachricht, dass seine Verlobte Sophie einen Ministerialbeamten –Georg Michael Franck von La Roche– geheiratet hatte, sowie ein längerer Aufenthalt in dem pietistisch gestimmten Haus der Familie Grebel in Zürich hielten ihn noch eine Weile bei der frommen Richtung. In seinen Hymnen (Zürich 1754) und den Empfindungen eines Christen (Zürich 1755) sprach er zum letzten Mal die Sprache, die er seit Kloster Berge geredet hatte, und wandte sich besonders deutlich gegen jede erotische Poesie. Neben Friedrich Nicolai (der schon damals Wielands Muse mit einer jungen Schönen verglich, welche die Betschwester spielen will und sich ehestens in eine Kokette verwandeln könne) durchschaute auch Lessing die Hohlheit der seraphischen Schwärmerei Wielands.

Bald jedoch vollzog sich in Wieland, besonders unter dem Einfluss der Schriften von Lukian, Horaz, Cervantes, Shaftesbury, d'Alembert, Voltaire, eine vollständige Umkehr. 1754 trennte er sich von Bodmer und machte sich selbständig. Gleichzeitig wandelte er sich zum klassischen Vertreter der Aufklärung. Schon das Trauerspiel Lady Johanna Gray (Zürich 1758) – es war dies das erste deutsche Drama in Blankversen – konnte Lessing mit der Bemerkung begrüßen, Wieland habe „die ätherischen Sphären verlassen und wandle wieder unter Menschen“. In derselben Kritik brandmarkt Lessing das Trauerspiel allerdings als missglücktes Plagiat, abgekupfert von Nicolas Rowe (vgl. 63.–64. Brief, die neueste Literatur betreffend). In demselben Jahr entstand das epische Fragment Cyrus (Zürich 1759), zu dem ihn Friedrich II. von Preußen angeregt hatte. Inzwischen hatte er in Bern eine Hauslehrerstelle angetreten. Dort trat der Dichter in sehr nahe Beziehungen zu der Freundin Jean-Jacques Rousseaus, Julie Bondeli. Pläne, eine Zeitschrift herauszugeben, musste er aus finanziellen Gründen bald aufgeben.

Ehemaliges Komödienhaus in der Schlachtmetzig in Biberach an der Riß. 1762 wurde hier erstmals in Deutschland ein Shakespeare-Stück in deutscher Sprache aufgeführt, die Komödie Der Sturm (Shakespeare) in der Übersetzung Christoph Martin Wielands

Biberach, Erfurt (1760–1772)

Das Wieland-Gartenhaus in Biberach an der Riß

1760 nach Biberach zurückgekehrt, bewarb er sich dort als Senator und Kanzleiverwalter. Er begann ein Verhältnis mit Christine Hagel, einer Katholikin. Als diese von ihm ein Kind bekam, durften die beiden nicht heiraten; das Kind starb bald. Auf Drängen seiner Familie heiratete er 1765 eine Augsburger Kaufmannstochter, Anna Dorothea von Hillenbrand, mit der er 13 Kinder hatte. Einer seiner Söhne, Ludwig Wieland, wirkte später wie sein Vater als politischer Publizist und gab unter anderem ab 1817 die Zeitschrift Der Patriot in Weimar heraus.

Die kleinbürgerlichen Verhältnisse seiner Vaterstadt bedrückten Christoph Martin Wieland; doch fand er auf dem Schloss Warthausen des Grafen Stadion eine Stätte weltmännischer Bildung, persönliche Anregung und eine ausgezeichnete Bibliothek. In Warthausen traf Wieland auch seine ehemalige Verlobte, die mit ihrem Gatten bei Stadion lebte, wieder. Der Verkehr mit diesen und anderen Personen jenes hochgebildeten Kreises vollendete Wielands „Bekehrung“ ins Weltliche. Aus dieser Zeit stammt der bezeichnende Satz „Nicht Liebe und Geist, sondern Geld und Verstand herrschen in der Welt, ja wer mit den Idealen wirklich Ernst macht, ist sicher, elend zu werden“.

Nun begann die Epoche seiner schriftstellerischen Tätigkeit, die seinen Ruhm und seine Bedeutung für die nationale Literatur begründete. Um 1761 wurde der Roman Agathon begonnen, der ein großer Erfolg wurde. Es folgte 1764 Don Silvio von Rosalva, oder der Sieg der Natur über die Schwärmerey. In beiden Werken lassen sich zahlreiche Einflüsse von Miguel de Cervantes, Laurence Sterne und Henry Fielding nachweisen. Daneben hatte er 1762 seine Übersetzung des William Shakespeare (Zürich 1762–66, 8 Bde.), begonnen. Mit dieser Übersetzung sollte Wieland das Theaterleben in Deutschland nachhaltig beeinflussen. Mit den beiden oben genannten Romanen und den Dichtungen Musarion, oder die Philosophie der Grazien (1768) und Idris (1768), in den nächsten Jahren den Erzählungen Nadine (1769), Combabus (1770), Die Grazien (1770) und Der neue Amadis (1771) betrat Wieland seinen neuen Weg und verkündete eine Philosophie der heiteren Sinnlichkeit, der Weltfreude, der leichten Anmut, die im vollen Gegensatz zu den Anschauungen seiner Jugend stand.

1769 war Wieland einem Ruf an die Universität Erfurt gefolgt. Seine Lehrtätigkeit tat seiner dichterischen Produktivität wenig Abbruch. In Erfurt verfasste er, außer einigen der oben genannten Schriften, noch das Singspiel Aurora, die Dialoge des Diogenes und den Staatsroman Der goldene Spiegel, oder Die Könige von Scheschian (1772). Letzterer war es, der ihm den Weg nach Weimar bahnte. In Erfurt wohnte Wieland im Haus „Zum Alten Schwan“ hinter der Krämerbrücke[7].

Weimar (1772–1798)

Christoph Martin Wieland; Gemälde von Anton Graff, 1794
1775 weilte C. M. Wieland im Gleimhaus zu Halberstadt

1772 berief ihn die verwitwete Herzogin und Komponistin Anna Amalia von Sachsen-Weimar zur Erziehung ihrer beiden Söhne nach Weimar.[8] Wieland war kein Freund des Absolutismus, jedoch reizte ihn die Möglichkeit, auf den künftigen Herzog Einfluss nehmen zu können, und er sagte zu. Hier trat Wieland in den geistig bedeutendsten Lebenskreis des damaligen Deutschlands, der sich um die Herzogin gruppierte,[9] und der schon bei seiner Ankunft Männer wie Johann Karl August Musäus, Karl Ludwig von Knebel, Friedrich Hildebrand von Einsiedel und Friedrich Justin Bertuch in seinen Bann zog und in sich schloss, und bald darauf durch Johann Wolfgang Goethe und Johann Gottfried Herder weitere Belebung und Anregung erhielt. Wieland bezog unter dem Titel eines herzoglichen Hofrats ein gesichertes Gehalt (das ihm auch nach Karl Augusts Regierungsantritt als Pension verblieb).

In verlässlichen, ihn beglückenden Lebensverhältnissen entfaltete er eine frische und sich immer liebenswürdiger gestaltende poetische und allgemein literarische Tätigkeit. Mit dem Singspiel Die Wahl des Herkules und dem lyrischen Drama Alceste (1773) errang er breite Anerkennung. Endlich konnte er – nach französischem Vorbild – die Idee einer eigenen literarischen Zeitschrift verwirklichen. In „Der Teutsche Merkur“, dessen Redaktion er von 1773 bis 1789 führte, ließ er die eigenen dichterischen Arbeiten erscheinen, neben denen er auch eine ausgebreitete literaturkritische Tätigkeit übte, die sich lange Zeit hindurch auf fast alles erstreckte, was für die literarische Welt von Bedeutung war. Seine Kritik war gelegentlich sehr spöttisch, nie aber hämisch, eher nachsichtig und konstruktiv. Des ungeachtet wandten sich die Dichter des „Göttinger Hains“ heftig gegen ihn. Ihnen –namentlich auch den Homer-Übersetzungen von Johann Heinrich Voß– wie auch den Frühromantikern mit ihren Theorien stand er allerdings skeptisch gegenüber.

Seine 1773 im Teutschen Merkur veröffentlichten Briefe über Alceste gaben Goethe Anlass zu der Farce Götter, Helden und Wieland. Wieland hatte die Figur des Herkules in der Tragödie des Euripides als unpassend und grobschlächtig kritisiert. Goethe, im vollen Saft seiner Sturm- und Drang-Periode, ließ seinen Herkules als klassischen Helden auftreten, der den Literaten Wieland lächerlich machte. Auf diesen Angriff antwortete Wieland mit viel Verständnis für die jungen Rabauken. (Schon im Titel von Goethes Text ist wahrscheinlich eine zweite Lesemöglichkeit angelegt: Götter, Helden und Wieland). Als Goethe bald darauf dem Ruf des Herzogs Karl-August nach Weimar folgte, bildete sich zwischen ihm und Wieland ein dauerndes Verhältnis der Anerkennung, dem der überlebende Altmeister nach Wielands Tod in seiner schönen Denkrede auf Wieland ein unvergängliches Denkmal gesetzt hat[10].

Nach dem Amtsantritt des jungen Herzogs zog er sich von öffentlichen Ämtern zurück und widmete sich ganz seiner schriftstellerischen Arbeit als Kritiker, Aufklärer und Übersetzer. Die Gesellschaftssatire Geschichte der Abderiten, das romantische Gedicht Oberon (Weimar 1780), die poetischen Erzählungen Das Wintermärchen, Geron der Adlige, Schach Lolo, Pervonte u. a., gesammelt in den Auserlesenen Gedichten (Jena 1784–87), sowie die populäre Märchensammlung Dschinnistan (Winterthur 1786–1789) entstanden in Weimar und geben Zeugnis für seine schöpferische Vielfalt. Dazu gesellten sich die geistreiche Übersetzung der Briefe und Satiren des Horaz (Leipzig 1782 und 1786) sowie die Bearbeitung von Lukians sämtlichen Werken (Leipzig 1788 bis 1789) und zahlreiche kleinere Schriften.

Oßmannstedt (1798–1803) und wieder Weimar (1803–1813)

Christoph Martin Wieland, Gemälde von Gerhard von Kügelgen, 1808, Universitätsbibliothek Tartu

Eine Gesamtausgabe der bis 1802 erschienenen Werke (von 1794 an bei Göschen in Leipzig), hatte Wieland erlaubt, das Gut Oßmannstedt bei Weimar anzukaufen. Hier wollte er sich „eine Insel des Friedens und des Glücks“ aufbauen – inmitten der sich anbahnenden napoleonischen Kriege. Er wollte sich – im Alter von 65 Jahren – als Landwirt betätigen. Hier verlebte der Dichter seit 1798 im Kreise der großen Familie (seine Gattin hatte in 20 Jahren sieben überlebende Kinder geboren) einige glückliche und produktive Jahre. Seine frühere Verlobte, Sophie von La Roche, besuchte ihn mit ihrer Enkelin Sophie Brentano, mit der sich eine enge Freundschaft entwickelte. Hier besuchte ihn auch Heinrich von Kleist und las ihm den Robert Guiscard aus dem Manuskript vor.

Der Tod seiner Gattin 1800 und die finanzielle Belastung durch das Gut bewogen ihn, das Gut 1803 zu veräußern und wieder in Weimar zu wohnen. Dort gehörte er dem Kreis der Herzogin Anna Amalia bis zu deren Tod an. Die Zeitschrift Attisches Museum, die Wieland allein 1796–1801, und das Neue attische Museum, das er mit Johann Jakob Hottinger und Friedrich Jacobs 1802–1810 herausgab, dienten dem Zweck, die deutsche Nation mit den Meisterwerken der griechischen Poesie, Philosophie und Redekunst vertraut zu machen. Im Attischen Museum veröffentlichte er unter anderem vier von ihm übersetzte Komödien von Aristophanes und zwei Tragödien von Euripides. 1806 war Wieland in Weimar Gastgeber von Adam Oehlenschläger. 1808 lud ihn Kaiser Napoleon zu einer Unterredung am Rande des Fürstenkongresses nach Erfurt ein.[11] Im Alter von 76 Jahren trat er der Weimarer Freimaurerloge Anna Amalia zu den drei Rosen bei und hielt dort zahlreiche Vorträge.[12][13][14]

Wie andere hochbejahrte Menschen musste Wieland den Verlust vieler Freunde durch deren Tod erleben, trotzdem blieb er bis zu seinem Tod außergewöhnlich lebensfroh. Am 20. Januar 1813 starb er an den Folgen einer Erkältung.


Seinem Wunsch gemäß wurde er im Schlossgarten von Oßmannstedt neben seiner Frau und Sophie Brentano begraben. Das Grab befindet sich unter einem dreiseitigen Obelisken in einer Schleife der Ilm. Die Inschrift des Grabsteines ist ein Distichon und lautet:

LIEBE UND FREUNDSCHAFT UMSCHLANG DIE VERWANDTEN SEELEN IM LEBEN
UND IHR STERBLICHES DECKT DIESER GEMEINSAME STEIN.

Zur Wirkung

Wieland war mit seinem Werk Geschichte des Agathon der Begründer der Tradition des deutschen Bildungsromans. Nach einer pietistischen Phase der Schwärmerei entwickelte er sich zu einem der einflussreichsten Schriftsteller der Aufklärung. Seine Verserzählungen sind gekennzeichnet durch meisterhafte Stilistik. Er beherrschte die Satire ebenso wie die Literaturkritik. Auch als Übersetzer leistete er Bedeutendes: seine in Weimar entstandenen Horaz- und Lukian-Übersetzungen sind „bis heute nicht veraltet“.[15]

Stilsicher geschmeidige Wortkunst und abgewogene denkerische Klugheit – ein Muster an reflexiver Aufklärung (vgl. Moderne) – machten Wieland zunächst zu einem der wirksamsten deutschen Dichter, zogen ihm aber auch die anhaltende Feindseligkeit der Nachfolgegenerationen mit deren Programmen der „Ächtheit“ bzw. der Gefühlskultur zu (vgl. Sturm und Drang, Romantik), denen seine Toleranz und freie Erotik missfielen. So wurde er schon im 19. Jahrhundert unter den deutschen Klassikern der am wenigsten Gelesene. Im deutschsprachigen Raum gewann Wieland erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch die begeisterte Ehrenrettung Arno Schmidts wieder eine neue Leserschaft.

Wielands Aufklärungskonzept wurde im Roman Wieland or The Transformation: an American Tale (Wieland oder die Verwandlung: eine amerikanische Erzählung; 1798) des amerikanischen Schriftstellers Charles Brockden Brown verarbeitet. Protagonist des Romans ist Theodore Wieland, ein fiktiver Verwandter des Dichters, der im religiösen Wahn seine Familie tötet.[16]

Zu Werken und Literatur siehe auch

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Häufig wird angeführt, Wieland sei am 3. September 1733 geboren worden. Nach dem Eintrag im Kirchenbuch von Oberholzheim, soll er am 5. September 1733 getauft worden sein und das Kirchenbuch enthalte keinen Eintrag zum Geburtstag. Im Briefwechsel Wielands erscheint die Angabe 5. September als Geburtstag. So zum Beispiel in einem am 28. Dezember 1787 datierten Brief an seinen Freund Leonhard Meister in Zürich und in einem Brief an seine Tochter Sophie am 12. September 1809. Man vermutete, dass es zu jener Zeit unwahrscheinlich war, dass ein Kind am Tag seiner Geburt getauft wurde. Meist lagen einige Tage zwischen Geburt und Tauftag. Man vermutete seinen Geburtstag deshalb am 3. September, weil er in einem am 3. November 1806 datierten Brief an Sophie von La Roche mitteilt, er habe am 3. September seinen Geburtstag gefeiert. Dies ist aber in Anbetracht dessen, das in den Taufbücher von Oberholzheim keine Rubrik für Tauftage gibt, unwahrscheinlich.
  2. Heinrich Habbicht: Die Vorfahren und Nachkommen, sowie das Wappen des Dichters Christoph Martin Wieland. In: Archiv für Stamm- und Wappenkunde. Wellers 1908 und Heinrich Werner: Christoph Martin Wieland, seine Abstammung und seine Familienverbindungen. In: Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte. (WürttVjhhLG) Jg. 22, 1913, S. 112–119 und S. 218–252.
  3. Johann Gottlieb von Gaupp (* 27. Dezember 1676 in Biberach; † 27. Mai 1760 ebd.); Vater: Johann Friedrich von Gaupp (* 8. September 1641; † 1694); Mutter: Jacobina Seutter von Lötzen (* Ulm), er studierte in Altdorf und 1692 in Jena, 1698 wurde er Assessor am Stadtgericht und war 1699 Stadthauptmann in Biberach, 5. April 1709 evang. Stadtamtmann, 1734 Geheimrat, Hospitalpfleger und Scholarch in Biberach, 1739 Bürgermeister Biberach, verheiratet mit Maria Elisabetha Besserer und 15. Juli 1737 mit Maria Philippina Amann, dessen Schwester Rosina Anastasia von Gaupp (* 11. Juni 1675 in Biberach) verheiratete sich am 1. Juli 1697 in Biberach mit dem Kaufmann in Venedig Heinrich Friedrich Francke (* 4. Dezember 1661 in Lübeck; † 1728 in Ulm), dem Bruder von August Hermann Francke
  4. Justinus Hartmann († 1760), Ratsmitglied und Besitzer der Kronenapotheke in Biberach, verheiratet 1707 mit Anna Magdalena Briegel (* 1669), die Tochter des Biberacher Pfarrers Matthäus Briegel d. J. (* 3. April 1633 in Biberach; † 14. April 1702 in Biberach) und die Stubenheimer Pfarrerstochter Anna Barbara Henisius
  5. Katharina Justina Zell (geb. Hochstetter; * 23. Juni 1701 in Sindelfingen; † 12. Juli 1792), verheiratete sich am 17. Oktober 1724 in Lustenau mit dem Biberacher Pfarrer Johann Georg Zell (* 30. März 1696 in Biberach † 16. Januar 1761 ebd.)
  6. Regina Margaretha Rauh (geb. Wieland; * 3. Januar 1663 in Biberach; † 9. Mai 1739 ebd), die Tochter des Bürgermeisters Martin Justin Wieland war Christoph Martin Wielands Großtante und die Frau des Ratsmitglieds, Oberbauinspektors und Besitzers der Marktapotheke in Biberach und Wielands Urgroßvater Johann Georg Ludwig Rauh (* 31. Dezember 1654 in Biberach; † vor 1739 (katholisch))
  7. Christoph Martin Wieland. In: erfurt-web.de. 22. August 2013, abgerufen am 8. Februar 2015.
  8. Auserlesene Bibliothek der neuesten deutschen Litteratur, Band 3. Meyer: Auserlesene Bibliothek der neuesten deutschen Litteratur. Meyer, 1773, S. 678 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  9. Sie schrieb u. a. das Singspiel Erwin und Elmire auf den dazu bekannten Goethe-Text sowie für den Hofgebrauch ansprechende kammermusikalische Werke.
  10. Goethe: Zu brüderlichem Andenken Wieland's. In: Handbuch deutscher Beredsamkeit in der Google Buchsuche
  11. Adam Zamoyski: 1812. Verlag C.H. Beck, München 2012, ISBN 978-3-406-63171-9, S. 68.
  12. Lennhoff, Posner, Binder: Internationales Freimaurer-Lexikon. 2000, S. 903.
  13. Vom-logenleben - Freimaurerloge Anna Amalia. In: anna-amalia.de. 9. Februar 2015, abgerufen am 8. Februar 2015.
  14. William R. Denslow, Harry S. Truman: 10,000 Famous Freemasons from K to Z, Part Two. S. 322.
  15. Klaus Manger: Wieland, Christoph Martin. In: Literaturlexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache. Hrsg. von Walther Killy, Bertelsmann Lexikon Verlag, Gütersloh/München 1988, Band 12, S. 312.
  16. Elizabeth Barnes: Loving with a Vengeance: Wieland, Familicide and the Crisis of Masculinity in the Early Nation. In: Milette Shamir, Jennifer Travis: Boys don’t Cry? Columbia University Press, New York 2002, S. 52.


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