Destillatio

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einfache Destillationsapparatur
Die Ars destillandi des Hieronymus Braunschweig

Die Destillation oder destillatio (von lat. destillare „herabtröpfeln“) ist ein grundlegendes alchemistisches Verfahren, das der Läuterung und Verwandlung des Stoffes dient. Üblicherweise wird dazu eine Flüssigkeit in einem Destillationskolben zum Sieden gebracht, der aufsteigende Dampf gekühlt und das Kondensat in einem anderen Gefäß aufgefangen. In der Alchemie waren aber auch eine Reihe anderer Verfahren bekannt, darunter auch solche, die keiner Wärmezufuhr bedurften. Die Destillation kann auch als mehrstufiges Verfahren ausgeführt werden, indem eine ganze Kaskade von Destillationsapparaturen hintereinandergeschaltet wird.

Die praktische Durchführung der Destillation

Bei den Alchemisten waren zwei grundlegend unterschiedliche Destillationsmethoden gebräuchlich:

Die aufsteigende Destillation (destillatio ascensens):

Datei:Mehrstufendestillation.gif Dabei wird der Stoff durch Wärmeeinwirkung verdampft, der Dampf abgekühlt und so wieder kondensiert. Die zu läuternde Substanz geht hier primär einen aufsteigenden Weg. Die heute in den Laboratorien geübte Destillation ist eine Variante dieses Verfahrens. Die Alchemisten verwendeten zur Destillation oft den sogenannten Alembic, eine meist aus Kupfer gefertigte Destillationsapparatur, die in der Regel aus einem Dampfkessel mit aufgesetztem Destillationshut und daran angeschlossenem Schnabel oder "Geistrohr" und gegebenenfalls einem Kühler bestand. In besonderen Fällen wurde später auch zwischen Dampfkessel und Hut noch eine mit verschiedenen Materialen gefüllte Rektifikationskolonne eingefügt, wodurch der Dampfstrom gehemmt und durch den stärkeren Rückfluß eine bessere Trennung erreicht wurde.

Destillation im Marienbad (Balneum Mariae)

Als Wärmequelle wurde meist ein Holz- oder Kohlefeuer eingesetzt. Da ein offenes Feuer nur schwer zu regulieren ist und die Hitze nur sehr ungleichmäßig abgibt, wurde der Destillationskolben nur dann direkt ins offene Feuer gestellt. Diese destillatio per ignem wurde nur bei sehr hochsiedenden und nur schwer zersetzbaren Substanzen angewandt, z.B. bei Säuren. Schonender und leichter zu kontrollieren war die Destillation im Sand- oder Aschenbad (dest. per arenam bzw. dest. per cineres). Besonders schonend lief die Destillation im Wasserbad, dem sog. Marienbad (dest. per balneum mariae), ab. Eine besondere Variante davon war die destillatio per ventrem equinum, die Destillation in einem Pferdts Bauch, bei der dem Wasserbad Pferdemist zugefügt wurde, wodurch eine etwas höhere Temperatur erzielt werden konnte.

destillatio per solem

Neben dem Feuer wurden auch natürliche Wärmequellen für die Destillation verwendet, allen voran die Sonnenkraft, die häufig mit der Hilfe von Spiegeln konzentriert wurde. Diese destillatio per solem wurde in zahlreichen Varianten ausgeführt. Neben der üblichen Anordnung mit Destillationskolben, Kühlrohr und Auffagnggefäß beschreibt Hieronymus Braunschweig beispielsweise auch ein Verfahren, bei dem zwei Kolben übereinander gesteckt wurden. Im oberen Kolben lag auf einem Sieb das zu destillierende Pflanzengut, aus dem durch die Sonnenwärme die flüssigen Bestandteile ausgetrieben und im unteren Kolben gesammelt wurden.

Als Wärmequelle wurde auch Pferdemist alleine eingesetzt, der aufgrund seiner gelinden und gleichmäßigen Gärungswärme sehr schonend wirkte. Diese destillatio per fimum equinum, bei der der Destillierkolben dicht von Pferdemist umschlossen wurde, kam oft bei der circulatio zum Einsatz, bei der das Destillat im geschlossenen Kolben, beispielsweise in einem sogenannten Pelikan, zirkulierte. Ebenfalls für die circulatio verwendet wurde gelegentlich auch die destillatio per formicas, die Destillation im Ameisenhaufen, bei der das fest verschlossene Destillationsgefäß für wenigsten 14 Tage in einem Ameisenhaufen vergraben wurde.

Die absteigende Destillation (destillatio descensens):

Datei:Destillatio per filtrum.gif Bei der absteigenden Destillation muss nicht zwingend Wärme angewendet werden. Für die zu läuternde Substanz wird hier grundsätzlich ein absteigender Weg, der den Kräften der Erdenschwere folgt, gewählt.

Eine einfache Variante dieses Verfahrens ist die Filtration, die aber oft anders ausgeführt wurde, als es heute üblich ist. Man legte einen Stoffstreifen mit dem einen Ende in das Gefäß, das die Ausgangssubstanz enthielt, das andere Ende wurde in ein zweites Gefäß gelegt. Der Stoff saugt die Flüssigkeit im ersten Gefäß auf und leitet sie in das zweite hinüber, während die festen Bestandteile im ersten Gefäß verbleiben. Durch ein mehrstufiges Verfahren kann die reinigende Wirkung noch verstärkt werden.

Eine andere Möglichkeit bestand darin, dass man zwei übereinander angeordnete Kolben ganz oder teilweise in der Erde vergrub. Die Ausgangssubstanz befand sich im oberen Gefäß, um das nun, wenn er aus der Erde herausragte, oder über ihm, wenn es gänzlich vergraben war, ein Feuer entzündet wurde. Durch die Hitze erhöhte sich der Druck im oberen Gefäß und presste die Flüssigkeit aus dem Rohmaterial, die im unteren Gefäß gesammelt wurde. Früher wurde beispielsweise Wacholderöl auf diese Weise gewonnen.

Die geistige Bedeutung der Destillation

Die Alchemisten sahen in der Destillation nicht nur einen äußeren Vorgang, sondern vor allem auch einen geistigen Wandlungsprozess, bei dem sich während der Verdampfung der Geist von der Materie löst und bei der Kondensation erneuert und verfeinert wieder mit ihr vereinigt. Es handelt sich also im Grunde um ein Geschehen von Tod und Wiedergeburt des Geistes in der stofflichen Welt.

Paracelsus beschreibt das Wesen der Destillation so:

"Durch die Destillation scheidet sich zuerst das Phlegma von ihnen, dann der Mercurius, dann das Oel, drittens das Harz, viertens der Sulfur und fünftens das Sal. Wenn alle diese Scheidungen durch die spagyrische Kunst geschehen, findet man viele herrliche und gewaltige Arzneien, die innerlich und äußerlich zu gebrauchen sind."

Destillation in einem alchemistischen Laboratorium, Stich von Jan van der Straet (1523-1605)
Destillation in einem alchemistischen Laboratorium, Stich von Jan van der Straet (1523-1605)

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