Donatello

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Marmorstatue des Evangelisten Johannes (1408–1415), die bis 1537 mit den drei anderen Evangelisten in den vier großen Nischen neben dem Hauptportal am Dom Santa Maria del Fiore stand; seit 1936 im Museo del Opera del Duomo

Donatello (eigentlich Donato di Niccolò di Betto Bardi; * um 1386 in Florenz; † am 13. Dezember 1466 in Florenz) war ein italienischer Bildhauer und Medailleur[1].

Leben

Donatello wurde in Florenz als Sohn des Wollkämmers Niccolò di Betto Bardi geboren. Sein Name wird 1401 zum ersten Mal anlässlich einer Prügelei in Pistoia urkundlich erwähnt. Vasari berichtet, dass er sich mit Brunelleschi von 1402 bis 1404 in Rom aufgehalten habe, die Reise ist allerdings nicht urkundlich nachzuweisen. Dort hatte er die Überreste der Antike kennengelernt, an denen er seinen Stil bildete, welcher die Renaissance in der Skulptur auf der Grundlage eines eindringlichen Naturstudiums einleitete.

Die frühen Jahre: Florenz und Pisa 1386–1430

Das Grabmonument für Johannes XXIII., Baptisterium San Giovanni, Florenz

Von 1404 bis 1408 assistiert er mit 21 weiteren Gehilfen Lorenzo Ghiberti in dessen Werkstatt. Donatello tritt 1407 zum ersten Mal nachweisbar mit zwei Statuetten an der Porta della Mandorla des Florentiner Doms auf. 1408 erhält er den Auftrag zur Figur des David als Strebepfeilerbekrönung für den Dom, heute im Museo nazionale del Bargello. 1414 beginnt er mit den ersten Figuren für die noch nicht bestückten Nischen des Campanile von Giotto. Seine eigentümliche Begabung zeigte sich zuerst in den Marmorstatuen der Heiligen Petrus, Markus und Georg für Orsanmichele (1411–1416). Ab 1416 unterhält er eine eigene Werkstatt. Ab 1423 bekommt er Aufträge von außerhalb Florenz, so aus Orvieto, Ancona und Siena. Ab 1425 unterhält er eine Werkstattgemeinschaft mit Michelozzo, die die beiden auch nach ihrem Umzug nach Pisa fortsetzen. Damals fängt Donatello an, sich dem Bronzeguss zu widmen. Er wird dabei von Michelozzo unterstützt.

Zwischen 1423 und 1427 entstehen Bronzearbeiten in Orvieto und Siena, dort die Pecci-Grabplatte, zur selben Zeit auch Marmorgrabmäler: für Papst Johannes XXIII. im Baptisterium zu Florenz bis 1427, für Brancacci in Sant' Angelo in Nilo zu Neapel, für das Donatello das Relief Himmelfahrt Mariens ausführt, für B. Aragazzi in Montepulciano. 1428 erhalten beide einen Auftrag aus Prato zur Gestaltung der Außenkanzel des Doms.

Florenz 1432–1442

Donatellos David, Kopie

1432 bemüht sich Cosimo de’ Medici, die beiden zur Rückkehr nach Florenz zu bewegen. Nach seiner Rückkehr erhält Donatello den Auftrag zur Cantoria, der Sängerkanzel im Dom von Florenz, heute im Dommuseum. Für Cosimo de’ Medici schuf er in dieser Zeit mehrere seiner schönsten Bronzearbeiten. Eine davon ist seine populärste Figur überhaupt, ein jugendlicher David, der erstaunlicherweise einen modischen, mit Lorbeer bekränzten Hut trägt und seinen Fuß spielerisch auf den Kopf des Goliath setzt. Es ist die früheste freistehende Aktfigur seit der Antike. Dieser David zeigt von allen Seiten den Anblick harmonischer Anmut und spielerischer Leichtigkeit. Von gleicher spielerischer Anmut ist die Amor-Attis genannte Bronzefigur, die die unterschiedlichsten Spekulationen der Betrachter provoziert hat. Ausgestattet mit einer Vielzahl von Attributen – Flügel, Flügelschuhe, Mohnkapsel, Schlange, das mit einer Blüte geschmückte Haar, entblößte Genitalien – könnte er Priapus, Mercurius, Perseus, Cupido, Mithras etc. sein, jedoch passt keine Deutung genau.

Padua 1443–1453

Von 1443 bis 1453 lebt Donatello in Padua. 1446 beginnt er mit den Arbeiten für den Hochaltar der Basilika des Heiligen Antonius. Es sind Bronzereliefs aus dem Leben des Heiligen, Symbole der Evangelisten, Reliefs der Grablegung und musizierende Kindern. Zugleich beginnt er mit dem berühmten Reiterstandbild des Erasmo di Narni, genannt Gattamelata, seit der Antike die erste derartige Schöpfung in Italien.

Florenz 1454–1466

Donatello, Standbild, Uffizien, Florenz

1454 kehrt Donatello nach Florenz zurück. 1455 erstellt er für das Baptisterium San Giovanni in Florenz aus Holz die einzigartige Figur der büßenden Maria Magdalena, eine expressive Figur religiöser Inbrunst und glühenden Glaubens. Vermutlich von Cosimo de’ Medici erhält er den Auftrag für eine Judith-und-Holofernes-Gruppe, die als Brunnenfigur im Garten des Palastes der Medici aufgestellt werden soll. Donatello gestaltet in Form der ersten freistehenden Skulpturengruppe seit der Antike den krassen Gegensatz zwischen einer zarten Frauengestalt, mit verhülltem Haar und gekleidet in weite Gewänder, Sinnbild der christlichen Kardinaltugend der Demut, die das Laster des Hochmutes und des Stolzes, personifiziert durch den in heidnischer Nacktheit gezeigten Holofernes, überwindet. Der Gruppe wurde schon bald ein politischer Symbolgehalt zugemessen: 1494, nach der Vertreibung der Medici aus Florenz, zog sie aus deren Palast aus, um auf der Piazza della Signoria aufgestellt zu werden, als Beispiel der heldenhaften Befreiung eines Volkes aus den Klauen eines Tyrannen. Schon 1504 musste sie ihren exponierten Platz an den David des Michelangelo abgeben, ein neues Symbol für die Republik Florenz. Eines der letzten Werke Donatellos ist eine unvollendet gebliebene Beweinung Christi aus Bronze. In den letzten Jahren seines Lebens arbeitet er an Bronzereliefs für die Kanzel von San Lorenzo, die zum Teil nicht fertig ausgearbeitet worden sind. Donatello stirbt in Florenz am 13. Dezember 1466 und wird in der Krypta von San Lorenzo in unmittelbarer Nähe seines Freundes und Gönners Cosimo de’ Medici beigesetzt.

Stilistik

Donatello vereinigt auf großartige Weise Antike und Natur, unmittelbares Leben und Stil und war ein bahnbrechender Meister in der Freistatue, im zartesten Relief, im Porträt, in der Gewandung, in der Darstellung von Kindern und sanften Frauen (Madonnen) und in der Komposition von dramatischer Kraft. Ein kühner Techniker in der Skulptur, war er zugleich ein vorzüglicher Zeichner und Maler und trug ebenso sehr zur Regeneration der Malerei bei, wie die ganze Skulptur des 15. Jh. bis Michelangelo unter seinem direkten Einfluss stand. Er führte den in der Antike eingeführten und im Mittelalter eher vernachlässigten Kontrapost wieder ein.

Gegenwart

Mehrere Hauptwerke Donatellos galten als verloren, verbrannt 1945 in einem Berliner Bunker. 2015 sind die Werke im Moskauer Puschkin-Museum in kriegsbeschädigtem aber restaurierbaren Zustand wieder aufgetaucht.[2]

Werke

Reiterdenkmal des Gattamelata in Padua
Johannes der Täufer (Mitte), Santa Maria Gloriosa dei Frari
  • Die Propheten an der Porta della Mandorla, vor 1410, Dom, Florenz
  • Kruzifix, 1407–1408, Santa Croce, Florenz
  • David (Marmor), 1408–1409, Bargello, Florenz
  • Der Evangelist Johannes, 1408–1415, Museo dell’Opera del Duomo, Florenz
  • Der Hl. Georg, um 1417, Bargello, Florenz
  • Der Prophet Habakuk (Zuccone), Museo dell’Opera del Duomo, Florenz
  • Das Gastmahl des Herodes (Sieneser Taufbecken),1423–1427, Baptisterium San Giovanni, Siena
  • Die Himmelfahrt Mariae, Grabmal des Kardinals Rainaldo Brancacci, Sant’Angelo a Nilo, Neapel
  • David (Bronze), wohl zwischen 1427 und 1430, Bargello, Florenz
  • Reliefs der Außenkanzel am Dom von Prato, 1434–1438
  • Die Sängerkanzel (Cantoria), 1433–1438, Museo dell’Opera del Duomo, Florenz
  • Die Cavalcanti-Verkündigung, um 1435, Santa Croce, Florenz
  • Bronzetüren der Alten Sakristei von San Lorenzo, 1434–1443, Florenz
  • Johannes der Täufer, 1438 (Bei neueren Restaurierungsarbeiten wurde dieses Datum am Sockel entdeckt), Santa Maria Gloriosa dei Frari, Venedig
  • Amor-Attis, um 1440, Bargello, Florenz
  • Maria Magdalena, zwischen 1440 und 1445, Museo dell’Opera del Duomo, Florenz.
  • Antonius-Altar, nach 1446, Sant’Antonio, Padua
  • Reiterdenkmal des Condottiere Gattamelata, um 1446–1453, Padua
  • Judith und Holofernes (Giuditta), Palazzo Vecchio, Florenz
  • Johannes der Täufer, um 1455, Dom, Siena
  • Die Beweinung Christi, um 1460 [?], Victoria und Albert Museum, London
  • Auferstehungskanzel, nach 1460, San Lorenzo, Florenz

Literatur

  • Charles Avery: Donatello. An introduction. Murray, London 1994, ISBN 0-7195-5411-X.
  • Bonnie A. Bennett, David G. Wilkins: Donatello. Urachhaus, Stuttgart 1986, ISBN 3-87838-481-5.
  • Monika Cämmerer (Red.): Donatello-Studien (= Italienische Forschungen des Kunsthistorischen Instituts in Florenz. 3. Folge, Bd. 16). Bruckmann, München 1989, ISBN 3-7654-2234-7 (mit Bibliographie 1957–1987).
  • Horst W. Janson: The sculpture of Donatello. Princeton University Press, Princeton NJ 1979, ISBN 0-691-03528-8.
  • Roberto Manescalchi: Il Marzocco – The lion of Florence. In collaborazione con Maria Carchio, Alessandro del Meglio, english summary by Gianna Crescioli. Grafica. European Center of Fine Arts e Assessorato allo sport e tempo libero, Valorizzazioni tradizioni fiorentine, Toponomastica, Relazioni internazionale e gemellaggi del comune di Firenze, November 2005.
  • Eugène Müntz: Donatello (= Les Artistes Célèbres. Bd. 1). Rouam, Paris 1885.
  • Joachim Poeschke: Die Skulptur des Mittelalters in Italien. Band 1: Romanik. Hirmer, München 1998, ISBN 3-7774-7940-3.
  • John Pope-Hennessy: Donatello. Propyläen-Verlag, Frankfurt am Main u. a. 1986, ISBN 3-549-05585-4.
  • Artur Rosenauer: Donatello. Electa, Milano 1993, ISBN 88-435-4226-5.
  • Deborah Strom: A new Chronology for Donatello's Wooden Sculpture. In: Pantheon. Internationale Zeitschrift für Kunstgeschichte. Jg. 38, Heft 3, 1980, ISSN 1615-0341, S.239–248.
  • Eike Schmidt: “Fece di scoltura di legname e colorì”, Giunti, Firenze 2016.
  • Gosbert Schüssler: Ein provozierendes Bildwerk der Passion: Donatellos Kruzifix von S. Croce. In: Karl Möseneder (Hrsg.): Streit um Bilder. Von Byzanz bis Duchamp. Reimer, Berlin 1997, ISBN 3-496-01169-6, S. 49–72 (Lit.).

Film

  • Ann Turner: The First Modern Sculptor Donatello, 85 Min., Arthaus Musik GmbH 2008 (1986), ISBN 978-3-939873-26-6

Weblinks

Commons: Donatello - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1.  L. Forrer: Biographical Dictionary of Medallists. Donatello. Volume I, Spink & Son Ltd, London 1904, S. 604 f.
  2. Donatello-Skulpturen in Russland aufgetaucht, Deutschlandradio Kultur vom 16. Oktober 2015
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