Essentielle Aminosäure

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Eine Aminosäure, die ein Organismus benötigt, aber selbst nicht aufbauen kann, wird als eine für ihn essentielle Aminosäure bezeichnet.

Autotrophe Organismen wie Pflanzen sind in der Regel fähig, alle benötigten Aminosäuren aufzubauen. Heterotrophe Organismen hingegen brauchen oft mehrere bestimmte Aminosäuren als Bestandteil der Nahrung, um auf Dauer zu überleben; dabei kann ein Organismus in verschiedenen Entwicklungsstadien unterschiedliche Anforderungen haben.

Beim Menschen

Für den Menschen gelten Isoleucin, Leucin, Lysin, Methionin, Phenylalanin, Threonin, Tryptophan und Valin als essentielle Aminosäuren. Arginin und Histidin müssen nur in bestimmten Situationen wie beim Heranwachsen oder während der Genesung mit der Nahrung aufgenommen werden und werden daher als semi-essentiell bezeichnet.

Von der WHO empfohlene tägliche Nahrungsmenge[1]
Aminosäure Nahrungsmenge
in mg pro kg Körpergewicht pro Tag
Phenylalanin 25 (zusammen mit Tyrosin)
Leucin 39
Methionin 15 (zusammen mit Cystein, Homocystein, s. u.)
Lysin 30
Isoleucin 20
Valin 26
Threonin 15
Tryptophan 4
Histidin 10
Cystein 4

Eine gute Merkhilfe für die oben genannten acht essentiellen Aminosäuren liefert der Satz: „Leider fehlen wichtige Moleküle im Körper vieler Tiere“. Die jeweiligen Anfangsbuchstaben der einzelnen Wörter liefern die Einbuchstabencodes der jeweiligen Aminosäuren (L F W M I K V T = Leu Phe Trp Met Ile Lys Val Thr).

Bei Stoffwechselerkrankungen werden auch andere Aminosäuren essentiell: Beispielsweise findet beim Vorliegen einer Phenylketonurie (PKU) die normale Umwandlung von Phenylalanin in Tyrosin nicht statt. In diesem Fall wird Tyrosin zu einer essentiellen Aminosäure. In solchen Fällen spricht man von bedingt essentiellen Aminosäuren. Weitere Beispiele sind Arginin, Cystein und Glycin.

Die Abgrenzung zwischen essentiellen und nicht-essentiellen Aminosäuren ist weiterhin unscharf, da der menschliche Körper einige Aminosäuren in andere umwandeln kann: Die Schwefel enthaltenden Aminosäuren Methionin und Homocystein sind ineinander umwandelbar, der Mensch kann aber keine der beiden herstellen; weiterhin kann Cystein aus Homocystein hergestellt werden. Die Schwefel enthaltenden Aminosäuren bilden somit innerhalb des menschlichen Stoffwechsels eine eigene Untergruppe. Eine weitere Untergruppe bilden Arginin, Ornithin und Citrullin, die mittels des Harnstoffzyklus ineinander umgewandelt werden können.

Aminosäuren in der Nahrung

Nahrungsmittel, die einen Mangel an essentiellen Aminosäuren aufweisen, versorgen den Organismus allgemein unzureichend mit Aminosäuren. Der Organismus benötigt eine ausgeglichene Mischung an Aminosäuren; wenn eine Aminosäure in zu geringem Anteil vorliegt, werden auch die anderen Aminosäuren nicht zum Proteinaufbau genutzt, sondern in Fette und Zucker abgebaut (Desaminierung). Der Protein Digestibility Corrected Amino Acid Score, der Aminosäureindex oder die biologische Wertigkeit messen die Qualität der Aminosäurenverhältnisse. Es gibt Hinweise darauf, dass das Gehirn einen Mangel an essentiellen Aminosäuren in der Nahrung erkennt.[2]

Vegetarismus

Alle essentiellen Aminosäuren kommen in Pflanzen vor; daher kann eine geeignete Kombination vegetarischer oder veganer Produkte den Menschen ausreichend mit Aminosäuren versorgen.[3] Bezogen auf die Aminosäureversorgung kann die Qualität der vegetarischen Ernährungsweise des Menschen durch geeignete Kombination (etwa Hülsenfrüchte und Getreide­produkte) gesteigert werden.

Medizin und Sport

Die Aminosäuren Valin, Leucin und Isoleucin werden als verzweigtkettige Aminosäuren (abgekürzt BCAA für eng. Branched-Chain Amino Acids) bezeichnet.[4] Sie kommen in allen proteinhaltigen Nahrungsmitteln vor und werden in der Intensivmedizin und Geriatrie eingesetzt. Im Kraftsport und in Ausdauersportarten werden sie als Nahrungsergänzungsmittel eingesetzt.[5][4]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Protein and amino acid requirements in human nutrition, Report of a Joint WHO/FAO/UNU Expert Consultation (PDF; 4,2 MB), S. 245.
  2. Defizitwarnung im Gehirn. In: wissenschaft.de. 18. März 2005, abgerufen am 8. September 2019 (Hirndetektor meldet, wenn die Nahrung zu wenig essentielle Aminosäuren enthält).
  3. J. McDougall Plant foods have a complete amino acid composition. In: Circulation. 2002;105(25):e197.
  4. 4,0 4,1  Hilmar Buchardi e.a. (Hrsg.): Die Intensivmedizin. 9. Auflage. Springer Science+Business Media, Berlin/ Heidelberg 2004, ISBN 3-540-00882-9, S. 240 („Keiner anderen Gruppe von Aminosäuren ist in den letzten Jahren so viel Aufmerksamkeit gewidmet worden wie den verzweigtkettigen Aminosäuren Valin, Leuzin und Isoleuzin.“, eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  5.  Hans-Konrad Biesalski e.a. (Hrsg.): Ernährungsmedizin. 3. Auflage. Thieme Verlagsgruppe, Stuttgart 2004, ISBN 3-13-100293-X, S. 234–235 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).


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