Ethnische Religionen

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Spezielle Kulte und Rituale prägen vielfach die religiösen Äußerungen traditioneller, lokaler Menschengruppen. (Feuertänzer der Baining aus Neubritannien)

Ethnische Religionen (auch traditionelle Religionen) werden alle mündlich oder durch Rituale überlieferten Glaubenssysteme genannt, die im Allgemeinen auf einen relativ kleinen Kreis von lokalen Gemeinschaften beschränkt sind, welche durch eine gemeinsame Abstammung und/oder große Übereinstimmungen in Kultur, Brauchtum und Sprache verbunden sind.

Ursprünglich dienten solche Konzepte traditionellen Kulturen, das Umweltgeschehen gedanklich zu strukturieren, zu erklären bzw. für die Gesellschaft positiv zu beeinflussen; indem sie zugleich die Gemeinschaft, die natürliche Umwelt oder die vorgestellten transzendenten Wesen ansprachen. Im Gegensatz zu den Weltreligionen sind sie nach wie vor stärker auf das Hier und Heute ausgerichtet. Sie fördern zumeist die emotionale und spirituelle Bindung an Ethnie und Natur, was sich auch in ihrer Ethik und reichen Mythologien ausdrückt. Das Konzept der individuellen Erlösung oder die Hoffnung auf eine jenseitige Existenz finden sich kaum; im Zentrum steht hingegen das Heil der Gemeinschaft.[1] Traditionelle Glaubenssysteme kennen keine Religionsstifter, keinen universellen Geltungsanspruch und keinen expliziten Moralkodex. Sie sind offen für fremde Einflüsse, so dass sich im Laufe der Jahrtausende eine große Vielfalt unterschiedlicher Vorstellungen und Ausprägungen entwickelt haben.

Es gibt weltweit tausende unterschiedlicher lokaler Glaubensvorstellungen. Seit den ersten Kontakten zu den Weltreligionen kam es weltweit zu erheblichen Missionsbestrebungen, um die „heidnischen“ Ideen auszulöschen. Ihre offizielle Anhängerschaft macht daher – soweit bekannt – nur noch vier Prozent der Weltbevölkerung aus. Die Tendenz ist stark abnehmend, da sich ihre Anhänger aus diversen pragmatischen Gründen immer häufiger zu einer Weltreligion bekennen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass sie die alten Traditionen völlig abgelegt haben und die neue Religion tatsächlich leben. Rein lokal entstandene, weitgehend unbeeinflusste religiöse Vorstellungen finden sich nur noch bei den wenigen isolierten Völkern der Tropen. Mehr oder weniger stark mit Elementen der Weltreligionen vermischt sind sie noch in entlegenen Wildnisregionen Nordkanadas, Ostgrönlands, Sibiriens und Australiens, in großen Teilen Schwarzafrikas, Indiens sowie in den Bergländern Südostasiens und Indonesiens anzutreffen.

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Literatur

  • Peter Antes (Hrsg.): Daran glauben wir – Vielfalt der Religionen. Vollständig überarbeitete Neuauflage, Lutherisches Verlagshaus, Hannover 2012, ISBN 978-3-7859-1087-0.
  • Theo Sundermeier: Religion – was ist das? Religionswissenschaft im theologischen Kontext; ein Studienbuch. 2. erweiterte Neuauflage, Otto Lembeck, Frankfurt/M. 2007, ISBN 978-3-87476-541-1.
  • Thomas Schweer: Stichwort Naturreligionen. Heyne, München 1995, ISBN 3-453-08181-1.
  • Karl R. Wernhart: Ethnische Religionen – Universale Elemente des Religiösen. Topos, Kevelaer 2004, ISBN 3-7867-8545-7.
  • Ina Wunn: Die Evolution der Religionen. Habilitationsschrift, Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften der Universität Hannover, 2004. pdf–Version.

Einzelnachweise

  1. Lidia Guzy: Baba-s und Alekh-s - Askese und Ekstase einer Religion im Werden. Berlin 2002, S. 87.
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