Hambacher Forst

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Luftbild Hambacher Forst (Oktober 2018)
Hambacher Forst (2016)
Lage des noch erhaltenen Teils „Hambacher Forst“ zwischen Braunkohle-Abbruchkante und A4/RWE-Hambachbahn im Bereich Morschenich (alt) und Manheim (alt)
Satellitenaufnahme (Falschfarbendarstellung) des erhaltenen Teils des Hambacher Forsts (südl.) und des Tagebaus Hambach (Stand: 2005), dessen Grube derzeit etwa 7 Kilometer lang und 7 Kilometer breit ist.
Der Tagebau Hambach vom Aussichtspunkt bei Elsdorf-Angelsdorf gesehen (2006)

Als Hambacher Forst (auch Hambacher Wald) wird ein (im November 2018) noch wenige hundert Hektar großer Wald in Nordrhein-Westfalen (NRW) zwischen Köln und Aachen bezeichnet.

Über 150 Jahre alte Buchen im Hambacher Wald bei Morschenich, auch als Merzenicher Erbwald bezeichnet. Der Wald ist Teil des Hambacher Forstes und durch den fortgeschrittenen Tagebau von anderen Waldteilen abgeschnitten. Er ist Teil des vom BUND NRW vorgelegten Konzeptes für ein FFH-Gebiet Hambacher Wald.

Allgemeines

Der Hambacher Forst (Hambacher Wald) umfasst aktuell noch eine Fläche von ca. 500 ha, die aus folgenden drei Teilflächen besteht: heutiger Lichtenberger Wald zwischen Stetternich und Hambach am Randes der Sophienhöhe, Merzenicher Erbwald südlich der alten A 4 (ca. 250 ha), Reste des Blatzheimer Erbwaldes und der Probstei bei Buir (ca. 200 ha).[1]

Das Waldstück bei Buir wird heute meist nur als Hambacher Wald bezeichnet, da es als aktuell umkämpftes Waldstück im Blickpunkt des öffentlichen Interesses steht und von den anderen Waldstücken durch das Fortschreiten des Tagebaus abgeschnitten ist. Die beiden letztgenannten Teilflächen sind Bestandteil des vom Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland, Landesverband NRW vorgelegten Konzeptes für ein nach europäischem Naturschutzrecht geschütztes „FFH-Gebiet Hambacher Wald“, das insgesamt 976 ha umfassen soll. Das Plangebiet umfasst dabei wegen des darin enthaltenen Entwicklungspotenzials und der Schaffung eines Biotopverbundes auch schon gerodete Teilstücke.[2]

Konzept für ein FFH-Gebiet Hambacher Wald des BUND NRW. Enthält die Reste des Hambacher Waldes sowie schon gerodete Flächen als Verbindung, Gesamtumfang 965 ha.

Seit den 1970er Jahren rodet der Energieversorger RWE den Wald zur Erweiterung seines Hambacher Braunkohle-Tagebaus.[3] Zur Erleichterung des Tagebaus hat RWE in dem Waldgebiet durch permanentes Abpumpen eine künstliche Grundwasserabsenkung um knapp 500 Meter erzeugt.[4]

Bis zum Beginn der Rodungen war der seit dem achten Jahrhundert Bürgewald oder kurz Die Bürge genannte Wald[5] mit ursprünglich 5500 Hektar der größte zusammenhängende Wald des Rheinlands. Kennzeichnende Pflanzenarten sind Stieleichen, Hainbuchen und Maiglöckchen. Die in der gesamten EU durch die FFH-Richtlinie geschützten Eichen-Hainbuchen-Wälder mit Maiglöckchen sind so selten, dass selbst der kleine Rest des Hambacher Waldes noch der größte dieser Art in Mitteleuropa ist.[6] In dem Wald leben seltene und europarechtlich geschützte Tiere wie Bechsteinfledermaus, Springfrosch, Haselmaus und Mittelspecht.[4]

Der Hambacher Forst gilt als Symbol des Widerstands der Anti-Kohlekraft-Bewegung gegen die Umweltzerstörung und Klimaschädigung durch die Kohlewirtschaft,[7] sowie des bevorstehenden Kohleausstiegs als Teil der Energiewende.

Nachdem die für den Bergbau in NRW zuständige Bezirksregierung Arnsberg den Hauptbetriebsplan des Tagebaus 2018 bis 2020 genehmigt hatte und eine Verbandsklage vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) abgewiesen wurde, wollte die RWE AG weitere Teile des Hambacher Forsts roden. Aus Gründen des Brutschutzes nach dem Bundesnaturschutzgesetz ist dies zwischen dem 1. Oktober und Ende Februar möglich. Laut Gericht erklärte RWE damit längstens bis zum 14. Oktober 2018 zu warten.[8][9] Der BUND hat am 20. April 2018 erneut Klage gegen den genehmigten Hauptbetriebsplan erhoben und sieht im Hambacher Wald die Kriterien eines europäischen Naturschutzgebietes gegeben.[10] Am 5. Oktober verfügte das Oberverwaltungsgericht Münster in Folge einer weiteren Klage des BUND gegen die Abholzung des Hambacher Forsts einen vorläufigen Rodungsstopp bis zur erneuten Bewertung des Sachverhalts.

Nach Plänen des Energiekonzerns RWE und dem beantragten, vom BUND beklagten Hauptbetriebsplan 2018–2020 sollten die verbliebenen ca. 200 ha des Waldstückes bei Buir 2018 bis auf weniger als 100 ha abgeholzt werden. Erhebliche Auseinandersetzungen mit Baumbesetzern auf Baumhäusern im Hambacher Forst waren deshalb zu erwarten.[11] Die schwarz-gelbe Landesregierung unter Armin Laschet (CDU) entschloss sich im September 2018 für eine Räumung der seit 2012[12] im Wald existierenden Baumhäuser wegen angeblich mangelnden Brandschutzes. Sie begründete den Schritt als notwendig, um die Sicherheit der Besetzer zu gewährleisten. Einen Zusammenhang mit den ab Oktober geplanten Rodungen wies die Landesregierung zurück.

Nachdem die Rodung durch das Oberverwaltungsgericht Münster vorerst gestoppt wurde und eine Großdemonstration am Wald mit ca. 50.000 Teilnehmern stattfand, stellte die Landesregierung die Räumung ein. Nach Schätzungen der Gewerkschaft der Polizei leistete die Polizei insgesamt rund eine Million Arbeitsstunden in den fünf Wochen der Räumung.[13]

Zu vielen weitern Theman siehe auch

Siehe auch

Literatur

  • Marion Brüggler: Villa rustica, Glashütte und Gräberfeld. Die kaiserzeitliche und spätantike Siedlungsstelle HA 132 im Hambacher Forst. Mit Beiträgen von Hubert Berke, Karl-Heinz Knörzer, Jutta Meurers-Balke, Ursula Tegtmeier und Ralf Forst. Rheinische Ausgrabungen Band 63. Mainz: Philipp von Zabern 2009.
  • Wolfgang Gaitsch u. a.: Spätrömische Glashütten im Hambacher Forst – Produktionsort der EQVA-Fasskrüge. Archäologische und naturwissenschaftliche Untersuchungen. In: Bonner Jahrbücher 200, 2000, S. 83–242
  • Theo Hamacher: Zur Geschichte unserer Wälder – Mittelalterliche Wertung des Waldes und die Bürgebuschordnung vom Jahre 1557. In: Rur-Blumen. Jg. 1928, Nr. 7.
  • Andreas Heege: Hambach 500. Villa rustica und früh- bis hochmittelalterliche Siedlung Wüstweiler (Gemeinde Niederzier), Kreis Düren. Rheinische Ausgrabungen Band 41. Köln/Bonn: Rheinland Verlag 1997.
  • Albert Kirchgens: Verheizte Heimat. Der Braunkohlentagebau und seine Folgen. Aachen: Alano 1985.
  • P. H. Schläger: Der Bürgewald. Beiträge zur Heimatkunde des Kreises Bergheim, Heft 1, Bergheim 1950.
  • Fritz Seibel: Technologie und Fertigungstechniken römischer Glashütten am Beispiel der Ausgrabungen im Hambacher Forst. Aktualistische Vergleiche und Modelle. Berlin: Galda – Welch Verlag 1997.
  • Werner Sieper: Probleme des Bürgewaldes. In: Dürener Geschichtsblätter. Nr. 26, Düren 1961.
  • wisoveg.de: Holzfrevel und seine Ahndung in früherer Zeit. In: An Erft und Gilbach: Heimatblätter für den Kreis Bergheim. Beilage der Kölnischen Rundschau Nr. 9, Oktober 1949 (Die Bürgebuschordnungen von 1537 und von 1556)

Weblinks

Commons: Hambacher Forst - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
 Wiktionary: Hambacher Forst – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Medienbeiträge zu den Protesten im Herbst 2018

Einzelnachweise

  1. Topografische Karte TK 50 Düren Jahrgänge 1979 bis 2015, Geobasis NRW
  2. Karte „FFH-Gebiet Hambacher Wald“des BUND
  3. Etappensieg für den Hambacher Wald. vom 12. Februar 2018, abgerufen am 9. November 2018
  4. 4,0 4,1 Ronja Heise, Jana Ballenthien: Sonntags im Hambacher Forst Mit geführten Spaziergängen bringt Michael Zobel Menschen den gefährdeten Wald näher. vom 5. September 2018, abgerufen am 9. November 2018.
  5. Eine kurze Geschichte des Bürgewaldes. vom 16. Mai 2018, abgerufen am 9. November 2018
  6. Peter Carstens: Hambacher Forst „Wann, wenn nicht jetzt, wird diesem unsinnigen Einsatz Einhalt geboten?“ vom 20. September 2018, abgerufen am 9. November 2018
  7. Deutsche Welle, Hambacher Forst: Kampf um Kohle, Wald und Klima, 5. September 2018
  8. Antje Grothus: „Ganz klare Stimmungsmache von RWE“, zeit.de vom 7. September 2018 (abgerufen am 16. September 2016)
  9. Braunkohlentagebau Hambach Bezirksregierung Arnsberg genehmigt Hauptbetriebsplan 2018–2020 – Bezirksregierung Arnsberg. bezreg-arnsberg.nrw.de.
  10. Neue Klage gegen Tagebau Hambach, wdr.de vom 20. April 2018 (abgerufen am 14. September 2018)
  11. RWE: Weitere Barrikaden im Hambacher Forst werden entfernt. In: Die Zeit Online. 6. September 2018, abgerufen am 6. September 2018.
  12. Dieses kleine Stück Wald, taz.de vom 7.  Februar 2016 (abgerufen am 17. September 2018)
  13.  Beamte abgezogen – So viele Stunden war die Polizei im Hambacher Forst. In: General-Anzeiger Bonn. 8. Oktober 2018 (general-anzeiger-bonn.de).


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