Johann Gottfried Schnabel

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Wohnhaus Schnabels in Stolberg (Harz)

Johann Gottfried Schnabel (Pseudonym Gisander; * 7. November 1692 in Sandersdorf; † zwischen April 1744 und April 1748)[1] war ein deutscher Schriftsteller der Aufklärung.

Leben

Schnabel war seit 1694 verwaist und wuchs zunächst bei Verwandten und Bekannten auf. Er besuchte die von August Hermann Francke gegründete Schule in Halle. Von 1706 und 1709 absolvierte er eine Lehre als Barbier, bis 1717 diente er als Feldscher in verschiedenen Heeren, unter anderem als Teilnehmer am Spanischen Erbfolgekrieg.

Er lebte danach vermutlich zunächst in Hamburg, wurde 1719 aber offenbar Barbiermeister in Querfurt. Dokumentarisch nachweisbar ist erst wieder die Verleihung des Bürgerrechts in Stolberg im Harz, wohin er 1724 mit Frau und Familie umsiedelte. Dort war er von 1731 bis 1738 Herausgeber der Zeitung Stolbergische Sammlung Neuer und Merckwürdiger Welt-Geschichte. Parallel dazu veröffentlichte er im nahen Nordhausen sein Hauptwerk Wunderliche Fata einiger See-Fahrer, das 1828 in einer anonymen Bearbeitung von Ludwig Tieck unter dem Titel Die Insel Felsenburg neu herausgegeben wurde. Große Bekanntheit und neue Auflagen bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts erreichte sein Roman Der im Irr-Garten der Liebe herum taumelnde Cavalier, der in die Übergangszeit zwischen dem höfisch-galanten Roman und den ersten modernen Romanen fällt.[2] Johann Gottfried Schnabel starb zwischen 1744 und 1748.[1]

Werke (Auswahl)

  • Wunderliche Fata einiger See-Fahrer, absonderlich Alberti Julii... 4 Bände. Nordhausen 1731–1743 und öfter
  • Lebens- Helden- und Todes-Geschicht des berühmtesten Feldherrn bißheriger Zeiten Eugenii Francisci. Stolberg 1736
  • Der im Irrgarten der Liebe herum taumelnde Cavalier. Nordhausen 1738
    • Textkritische Neuausgabe: Der im Irr-Garten der Liebe herum taumelnde CAVALIER. Hrsg. Marcus Czerwionka unter Mitarbeit von Robert Wohlleben. Röhrig Universitätsverlag, St. Ingbert 2014 (Schnabeliana), ISBN 978-3-86110-568-8
  • Der aus dem Mond gefallene und nachhero zur Sonne des Glücks gestiegene Printz. Frankfurt am Main/Leipzig 1750

Siehe auch

Literatur

  • Rolf Allerdissen: Die Reise als Flucht. Zu Schnabels „Insel Felsenburg“ und Thümmels „Reise in die mittäglichen Provinzen von Frankreich“. Bern 1975
  • Fritz Brüggemann: Utopie und Robinsonade: Untersuchung zu Schnabels Insel Felsenburg; (1731–1743), Berlin, 1903, Reprografie Gerstenberg, Hildesheim, 1978, ISBN 3-8067-0636-0
  • Günter Dammann: Über J. G. Schnabel. Spurensuche, die Plots der Romane und die Arbeit am Sinn. In: Johann Gottfried Schnabel: Insel Felsenburg. Wunderliche Fata einiger Seefahrer. Anhang. Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1997 (Haidnische Alterthümer), ISBN 3-86150-171-6, 313 Seiten.
  • Günter Dammann, Dirk Sangmeister (Hrsg.): Das Werk Johann Gottfried Schnabels und die Romane und Diskurse des frühen 19. Jahrhunderts. Tübingen: Niemeyer, 2004 (= Hallesche Beiträge zur Europäischen Aufklärung, 25). ISBN 3-484-81025-4
  • Gerhard Dünnhaupt: Johann Gottfried Schnabel. In: Personalbibliographien zu den Drucken des Barock. Band 5. Hiersemann, Stuttgart 1991, ISBN 3-7772-9133-1, S. 3686–3695 (Werk- und Literaturverzeichnis)
  • Roland Haas: Lesend wird sich der Bürger seiner Welt bewusst. Der Schriftsteller Johann Gottfried Schnabel und die deutsche Entwicklung des Bürgertums in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Lang, Bern 1977 (zgl. Dissertation, Universität Frankfurt am Main)
  • Hans Mayer: Johann Gottfried Schnabels Romane. In: Hans Mayer: Studien zur deutschen Literaturgeschichte. Berlin (Ost) 1954
  • Arno Schmidt: Herrn Schnabels Spur – Vom Gesetz der Tristaniten u. a. In: Arno Schmidt: Nichts ist mir zu klein – Funk=Essays 1. Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 1998
  • Erich Schmidt: Schnabel, Johann Gottfried. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Bd. 32, Leipzig 1891, S. 76–79.
  • Gerd Schubert: Schnabel, Johann Gottfried. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 23, Duncker & Humblot, Berlin 2007, S. 274–276 (noch nicht online verfügbar).
  • Inge Weinhold: Johann Gottfried Schnabels Insel Felsenburg, eine zeitmorphologische Untersuchung. Dissertation, Universität Bonn 1964
  • Heidi Nenoff: Religions- und Naturrechtsdiskurs in Johann Gottfried Schnabels Wunderliche FATA einiger Seefahrer. Dissertation, Universität Leipzig 2015
  • Christian Kuhlmann: „Warum soll man denn […] lauter solche Geschichte schreiben, die auf das kleinste Jota mit einem cörperlichen Eyde zu bestärcken wären?“ Zur literarischen Phantasie Johann Gottfried Schnabels anlässlich seines 325. Geburtstages. In: Sachsen-Anhalt-Journal 27 (2017), H. 4, S. 24f.

Weblinks

 Wikisource: Johann Gottfried Schnabel – Quellen und Volltexte
Commons: Johann Gottfried Schnabel - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Der Terminus post quem ist der letzte erhaltene Brief vom April 1744, terminus ante quem der Lehrbrief eines Schnabel-Sohns vom 4. April 1748, in dem dessen Vater als bereits verstorben vermerkt ist. Dazu Gerd Schubert: Neuer Fund zu Johann Gottfried Schnabels Sterbedatum. Arno Schmidts »Recherchen« zum Autor der »Insel Felsenburg« hatten 50 Jahre Bestand. In: Bargfelder Bote, Lieferung 354–356, August 2012, S. 42–45, hier S. 43; ausführlicher unter dem Titel Neues zu Johann Gottfried Schnabels Sterbedatum ... im Jahrbuch der Johann-Gottfried-Schnabel-Gesellschaft, Jg. 2009–2012, S. 9ff.
  2.  Viktor Bertermann: Einige Beobachtungen zu Schnabels Cavalier und seiner seltsam widersprüchlichen Sexualmoral.. In: Johann Gottfried Schnabels Cavalier-Roman. Vermessung eines lange unterschätzten Werks.. Würzburg 2017, S. 55.


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