Moslembruderschaft

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Hassan al-Banna, Gründer der Muslimbruderschaft

Die Muslimbruderschaft oder Moslembruderschaft (arab. الإخوان المسلمون al-ichwān al-muslimūn, DMG al-iḫwān al-muslimūn ‚Muslimbrüder‘) ist eine der einflussreichsten sunnitisch-islamistischen[1] Bewegungen im Nahen Osten.

Sie wurde 1928 von Hasan al-Banna in Ägypten gegründet. Seitdem hat sich die Muslimbruderschaft in andere Länder verbreitet, insbesondere Syrien und Jordanien. Ihre beiden Ableger Ennahda und Hamas (Algerien) sind Teil der Regierungen von Tunesien und Algerien und des dortigen politischen Prozesses. Im Gazastreifen hingegen errichtete ihr Ableger Hamas eine islamistische Diktatur, während ihr libyscher Ableger (die Partei für Gerechtigkeit und Aufbau) im Zweiten libyschen Bürgerkrieg als eine der Hauptfraktionen gilt. Auch die im Sudan herrschende Nationale Kongresspartei beruft ihre Wurzeln auf die Muslimbruderschaft. Sie gilt als die erste revolutionäre islamische Bewegung.

Die Muslimbrüderschaft gilt in westlichen Ländern als radikal-Islamistische Organisation. Nach dem Umsturz in Ägypten 2013 und der darauffolgenden Absetzung Mohammed Mursis wurde die Muslimbruderschaft in Ägypten verboten und als Terrororganisation eingestuft.[2]

Geschichte in Ägypten

Gründung und Ausbreitung im Königreich Ägypten (1928 bis 1952)

Hasan al-Bannā mit Gefolgschaft (1935)

Wie Hasan al-Bannā selbst in seinen Memoiren schreibt, gründete er die Muslimbruderschaft im März 1928 in Ismailia zusammen mit sechs anderen Männern, die unter dem Eindruck seiner Vorträge standen, die Vorherrschaft der Briten in Ägypten beklagten und sich aktiv für die Stärkung des Islams und der Umma einsetzen wollten. Man leistete einen Treueid auf Gott und schwor, als Brüder leben und sich ganz in den Dienst des Islam stellen zu wollen. Um sich von bisherigen formalistischen Organisationsformen zu unterscheiden – Gesellschaft, Club, Orden oder Gewerkschaft, wählten die Männer für ihre auf Ideen und Aktivitäten ausgerichtete Gemeinschaft den einfachen Namen al-Ichwān al-Muslimūn, die „Muslim-Brüder“. [3]

Ziel der neuen Gemeinschaft war die Verbreitung islamischer Moralvorstellungen und die Unterstützung wohltätiger Aktionen und sozialer Einrichtungen, aber auch die Befreiung des Landes von der fremden Okkupation sowie der Kampf gegen die britisch-westliche „Dekadenz“, die sich im Lande ihrer Meinung nach offenbarte. Anfangs war die Bruderschaft eine religiöse Gesellschaft, die im Umfeld säkularistischer Tendenzen und Ansprüche Großbritanniens ihre islamischen Moralvorstellungen verbreiten wollte und wohltätige Aktionen unterstützte.[4] Schon um die Wende zum 20. Jahrhundert begannen Vorläufer der späteren Muslimbruderschaft in Ägypten drei Thesen zu verbreiten:

  1. Die Entstehung der europäischen Renaissance beruhe auf einer Begegnung des Westens mit dem Islam;
  2. seit dem 19. Jahrhundert betreibe der Westen eine „kulturelle Offensive“ gegen die arabische Welt mit dem Ziel, deren Verhältnis zum Islam zu zerstören und sie ohne militärischen Einsatz zu beherrschen;
  3. im Westen gebe es eine vorherrschende dekadente Tendenz, und der Islam werde in naher Zukunft eine Führungsrolle übernehmen.[5]

In den 1930er Jahren politisierte sich die Bruderschaft stärker und setzte sich für das Ziel der Rückkehr zum ursprünglichen Islam und der Errichtung einer islamischen Ordnung ein. Sie sah die Religion als bedroht an und wollte nur diejenigen als legitime Herrscher anerkennen, die in Übereinstimmung mit der Scharia regierten.[6]

Al-Banna wandte sich 1936 mit dieser Zielsetzung in seinem Traktat „Aufbruch zum Licht“ (naḥwa n-nūr) an den ägyptischen König und andere arabische Staatsoberhäupter. Er trat auch für den bewaffneten, offensiven Dschihad gegen Nicht-Muslime und deren Helfer ein. 1938 führte die „Bruderschaft“, unter den antisemitischen Parolen „Nieder mit den Juden“ und „Juden raus aus Ägypten“, gewalttätige Proteste gegen Juden durch. 1938 erschien al-Bannas Werk „Die Todesindustrie“, in welchem die Abwendung vom Leben radikalisiert[7] und die Verherrlichung des Märtyrertums entfaltet wird: „Derjenigen Nation, welche die Industrie des Todes perfektioniert und die weiß, wie man edel stirbt, gibt Gott ein stolzes Leben auf dieser Welt und ewige Gunst in dem Leben, das noch kommt. Die Illusion, die uns gedemütigt hatte, besteht in nichts anderem als der Liebe zum weltzugewandten Leben und dem Hass auf den Tod.“ (al-Banna)

Al-Banna formulierte die Grundüberzeugungen der Muslimbrüder in fünf Sätzen: „Gott ist unser Ziel. Der Prophet ist unser Führer. Der Koran ist unsere Verfassung. Der Dschihad ist unser Weg. Der Tod für Gott ist unser nobelster Wunsch.“[8][9] Diese Leitsätze verwenden die Muslimbrüder bis zum heutigen Tag als Motto.[10][11] Der Unterwerfung der Mitglieder der Muslimbruderschaft unter diese Ziele entspricht, dass sie sich in absolutem Gehorsam der Führung der Bruderschaft unterwerfen.[12][13]

Labiba Ahmed, Gründerin der Frauenfraktion der Muslimbrüder

Die Bruderschaft wuchs sehr rasch und breitete sich auch in Nachbarländern aus.[14] Ende der 1930er Jahre noch eine Gruppe von wenigen Hundert, hatte sie 1941 schon ungefähr 60.000, 1948 ungefähr 500.000 Mitglieder und Hunderttausende Sympathisanten. Sie war streng hierarchisch organisiert, hatte eigene Moscheen, Firmen, Fabriken, Krankenhäuser und Schulen und besetzte wichtige Posten in Armee und Gewerkschaften. Sie legte viel Wert auf Bildung und Ausbildung im Sinne ihrer islamischen Gesellschaftsvision. So gelang es ihr, großen Einfluss im ägyptischen Staat zu gewinnen.

Von 1938 bis zum Kriegsbeginn 1939 erhielt die Muslimbruderschaft über den deutschen Agenten in Kairo Wilhelm Stellbogen finanzielle Unterstützung durch das Deutsche Reich. Die deutsche Regierung subventionierte mehrere ägyptische antibritische Gruppen, die Bruderschaft erhielt jedoch die höchsten Zahlungen. Die Bruderschaft verwendete die Mittel für Waffenkäufe und Propaganda im Sinne des sich abzeichnenden Nahostkonflikt im damaligen Mandatsgebiet Palästina.[15]

Muslimbrüder in Palästina (1948)

Anfang der 1940er Jahre richtete die Bruderschaft einen geheimen militärischen Apparat ein. Sie beteiligte sich an antibritischen Aktionen. Nach Anschlägen von Muslimbrüdern und der Aufdeckung des Geheimbunds verbot Premierminister Mahmud an-Nukraschi Pascha im Dezember 1948 die Bruderschaft, woraufhin er selbst kurz darauf einem Anschlag der Bruderschaft zum Opfer fiel. Die Behörden reagierten ihrerseits mit verstärkter Verfolgung. Al-Banna wurde schließlich am 12. Februar 1949 in Kairo, wahrscheinlich im Auftrag des ägyptischen Königshauses, erschossen; der Attentäter wurde nicht gefasst.

Salih Aschmawi wurde für kurze Zeit al-Bannas Nachfolger als Kopf der Bruderschaft. Schon 1950 wurde die Bruderschaft rehabilitiert und die Gefangenen freigelassen. Unter dem neuen Führer Hasan al-Hudaibi verfolgte sie weiter ihre Ziele: Bildung und soziale Verbesserungen für die Massen, eine national ausgerichtete Wirtschaft sowie die Befreiung und Einheit der arabischen Welt.

Während der Ägyptischen Republik (ab 1952)

Anfang der 1950er Jahre führte der Widerstand der Bruderschaft gegen die Briten zu einem regelrechten Kleinkrieg. Sie unterstützte auch den Staatsstreich der „Freien Offiziere“ im Juli 1952. Einige der Offiziere, darunter Anwar as-Sadat, waren sogar Muslimbrüder. Bald nahmen die Spannungen zwischen der Bruderschaft und der neuen Regierung unter Präsident Nasser zu, auch intern gab es Konflikte. Schließlich kam es zur Eskalation, und die Regierung verbot am 14. Januar 1954 erneut die Bruderschaft, ließ sie jedoch schon im März wieder zu. Trotzdem verübte die Bruderschaft am 26. Oktober 1954 ein Attentat auf Staatspräsident Nasser, das jedoch erfolglos blieb. Daraufhin folgten brutale Repressionen; viele Anhänger wurden verhaftet, darunter der 1951 der Muslimbruderschaft beigetretene neue Vordenker Sayyid Qutb.

Qutb entwickelte nach diesen Erfahrungen eine neue, militantere Ideologie: In seinem wichtigsten Werk Wegzeichen von 1964 erklärte er, auch muslimische Gesellschaften könnten sich im Zustand der (vorislamischen) „Unwissenheit und Ignoranz“ (dschāhilīya) befinden und dürften daher von rechtgläubigen Muslimen gestürzt werden, um einen Gottesstaat zu errichten. Nach kurzzeitiger Freilassung und Wiederfestnahme 1965 im Rahmen einer neuen Verfolgungswelle nach Aufdeckung eines Verschwörungsplans wurde Qutb 1966 schließlich hingerichtet.

Besonders der Zusammenbruch des Nasserismus nach dem Sechstagekrieg 1967 und der „Export“ ägyptischer Lehrer und Techniker auf die arabische Halbinsel im Zuge des Ölbooms nach 1973 stärkte den Einfluss der Muslimbrüder wieder. Präsident Sadat ließ die Betätigung offiziell dulden, ohne das Verbot aufzuheben, und entließ 1971 die Gefangenen. Vor allem an den Universitäten, aber auch unter den verarmten Landflüchtlingen hatte die Bruderschaft weiterhin großen Erfolg – ihre Zahl wird zu dieser Zeit auf eine Million Aktive und mehrere Millionen Sympathisanten geschätzt.

Ab 1972 übernahm Umar at-Tilimsani die Führung der Muslimbruderschaft und propagierte den gewaltlosen Kampf.

Nachdem sich Ende der 1970er Jahre die radikalen Gruppen Takfīr wa-l-Higra (Erklärung zu Ungläubigen und Auswanderung) und Islamischer Dschihad (al-Dschihad al-Islāmī) abspalteten, zählt die ägyptische Bruderschaft eher zu den gemäßigten islamistischen Organisationen, die Gewalt als Mittel der Politik grundsätzlich ablehnt, aber sie ausdrücklich im Kampf gegen „Besatzer“ billigt. Diese Einschränkung zielt insbesondere gegen Israel und – nach 2003 – gegen die alliierten Besatzungstruppen im Irak. Sadat führte als Zugeständnis an die Islamisten zum Teil die Scharia als offizielles Strafrecht ein und schuf einen religiösen Rat (Schura). Im Artikel 2 der ägyptischen Verfassung wurde die Scharia zur Grundlage des ägyptischen Gesetzes erklärt [16] Dennoch agitierte die Bruderschaft gegen Sadat. Deshalb ließ er im September 1981 etwa 1.000 Muslimbrüder verhaften.[17] Anfangs wurden die Muslimbrüder auch verdächtigt, für Sadats Ermordung am 6. Oktober 1981 verantwortlich zu sein, was sich jedoch als falsch erwies.

Sadats Nachfolger Mubarak entließ im Januar 1982 einen Großteil der gemäßigten Muslimbrüder wieder aus den Gefängnissen.[18] Losgelöst von ihrer Bedeutung als politischer Gruppierung, hat sich die Muslimbruderschaft im Laufe der Zeit auch zu einer treibenden Kraft der ägyptischen Wirtschaft entwickelt. Eingeleitet worden ist dieser Trend bereits in den 1970er Jahren durch den neuen (innen)politischen Kurs Anwar as-Sadats. Viele der Muslimbrüder, die vor den Verfolgungen durch Präsident Nasser ins Ausland geflohen und dort zu Wohlstand gekommen waren, kehrten nach dessen Tod nach Ägypten zurück und begannen nun, ihr angespartes Kapital in eigene Unternehmen zu investieren. Heute sollen sich unter den 18 Unternehmerfamilien und deren Teilhabern, welche als die eigentlichen Kontrolleure der ägyptischen Wirtschaft gelten, angeblich acht Muslimbrüder befinden. Ende der 1980er Jahre verfügten alle von der Muslimbruderschaft kontrollierten Unternehmen im In- und Ausland über ein geschätztes Kapital von zusammen 10–15 Milliarden US$.

Wahlerfolge (ab 1984)

1986 übernahm Hamid Abu Nasr die Führung der Muslimbruderschaft. 1984 und 1987 beteiligte sich die Bruderschaft mittels Allianzen mit großem Erfolg an den Parlamentswahlen. Vor der Parlamentswahl im November 1995 formulierte die Muslimbruderschaft ein „Kompendium demokratischer Ziele“, die in 15 Leitprinzipien dargelegt sind. Dazu zählen die Unterstützung freier und fairer Wahlen, Religionsfreiheit, Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie die Unabhängigkeit der Justiz.[19] Bei der Wahl von 1995 wurden einige den Muslimbrüdern nahestehende Kandidaten verhaftet. Anfang 1996 wurde Mustafa Maschhur neuer Führer der Muslimbruderschaft.

Da sie nicht als Partei antreten durfte, zog sie mit unabhängigen Kandidaten bei der Parlamentswahl 2000 mit 17, bei der Wahl 2005 mit 88 Abgeordneten in die Volksvertretung ein und wurde damit zur stärksten Oppositionskraft. Im Wahlkampf befürworteten ihre Vertreter ausdrücklich die Grundsätze von Demokratie und Pluralismus. Insbesondere seit 2005 hat die Bewegung mit ihrem Engagement im ägyptischen Parlament international für Aufsehen gesorgt, als sie entgegen den Erwartungen vieler Experten beträchtliche Bemühungen unternahm, das politische System zu einem demokratischeren hin zu reformieren. Beispielsweise Samer Shehata von der Georgetown University und Joshua Stacher von der American University in Cairo würdigten diesen Einsatz in einer ausführlichen Analyse im Middle East Report. Sie schrieben zusammenfassend: “Brotherhood MPs are attempting to transform the Egyptian parliament into a real legislative body, as well as an institution that represents citizens and a mechanism that keeps government accountable”[20].

Im Jahr 2008 verabschiedete das Parlament in Ägypten ein Gesetz, welches die Beschneidung von Mädchen und die Hochzeit unter 18 Jahren verbot. Dies stieß auf scharfe Kritik der damals offiziell verbotenen Muslimbrüderschaft, welche das Verbot als Widerspruch zum Islam sieht.[21][22]

Die Muslimbrüder haben heute in Ägypten etwa eine Million aktive Mitglieder und unterhalten verschiedene karitative Einrichtungen wie Krankenhäuser und Sozialstationen, vor allem in den ärmeren Vierteln. Armenspeisungen und die Schaffung von Arbeitsplätzen für Jugendliche haben dazu geführt, dass die Muslimbrüder insbesondere aus den unteren Schichten Unterstützung erfahren.

Revolution in Ägypten (ab 2010)

Seit Anfang 2010 ist Hussein Mahmoud der Generalsekretär der ägyptischen Muslimbrüder. Die Muslimbrüder unterliegen seit einigen Jahren einer Transformation: Während ältere Mitglieder eher eine Theokratie als System bevorzugen, fordern junge bekannte Vertreter hingegen überwiegend die Einführung einer Demokratie mit islamischen Elementen.[23]

Diese Differenzen sorgten auch für eine unterschiedliche Beteiligung während der Revolution in Ägypten 2011, in der die Muslimbrüder als Organisation eine eher untergeordnete bzw. passive Rolle einnahmen.[24] Jüngere Muslimbrüder nahmen zum Teil an den Protesten teil und distanzierten sich unter anderem vom Gedanken der möglichen Einführung der Scharia über das bisher geltende Maß hinaus.[25] Als Folge dessen wurden einige von ihnen aus der Muslimbruderschaft ausgeschlossen und gründeten die Ägyptische Strömungspartei. Die Muslimbrüder selbst erklärten, dass sie in Ägypten die Idee eines Religionsstaates ablehnen würden.[26] Zunächst erklärten sie, sich im Falle eines Regimewechsels nicht an einer neuen Regierung beteiligen zu wollen. Ein Gesprächsangebot von Mubaraks Vizepräsidenten Omar Suleiman an alle Oppositionsgruppen lehnte der Vorsitzende der Muslimbruderschaft Muhammad Badi’e zunächst ab, solange Mubarak noch im Amt sei. Diese Position wurde später revidiert zugunsten eines Gipfeltreffens Oppositioneller mit der Regierung.[27]

Im Gegensatz zu den säkularen Kräften in der Opposition sprachen sich die Muslimbrüder in Ägypten im Mai 2011 gegen eine Verschiebung der Wahlen und eine vorherige Ausarbeitung einer neuen Verfassung aus.[28] Die Proteste für eine Änderung des Wahlrechts, um die Wahl früherer Politiker des Mubarak-Regimes zu verhindern, unterstützen sie hingegen.[29]

Als sich das Ende der Regierung Mubaraks abzeichnete, gründeten die Muslimbrüder am 30. April 2011 die Freiheits- und Gerechtigkeitspartei, deren Generalsekretär Saad al-Katatni wurde.[30][31][32] Bei den Parlamentswahlen Ende 2011 errang die Partei knapp die Hälfte der Parlamentsmandate.

Regierung Mohammed Mursis (2012–2013)

Mohammed Mursi (2013)

Zur Präsidentschaftswahl in Ägypten 2012 wollte die Partei den Vize-Chef der Muslimbruderschaft, Chairat el-Schater, als Kandidat aufstellen, welcher jedoch von der Wahlkommission nicht zugelassen wurde. Als Reservekandidat wurde daher der Vorsitzende der Partei, Mohammed Mursi, ins Rennen geschickt, welcher ebenfalls der Führungsriege der Muslimbruderschaft angehört hatte. Er konnte die Wahl für sich entscheiden und war vom 30. Juni 2012 bis zu seinem Sturz am 3. Juli 2013 Präsident Ägyptens. Zwar beendete Mursi mit Bekanntwerden seines Wahlsieges seine Mitgliedschaft in der Freiheits- und Gerechtigkeitspartei und bei den Muslimbrüdern, da er nach eigenen Angaben Präsident aller Ägypter sein wollte, doch stellten die Muslimbrüder somit faktisch den ersten frei gewählten Staatschef Ägyptens.

Das politische Erfolgsrezept der Muslimbrüder war offensive Wohltätigkeit verbunden mit zur Schau gestellter strenger Religiosität. Dieses äußerst kapitalintensive Wahlkampfrezept konnte beeindruckende Einzelprojekte hervorbringen, weil viele Muslimbrüder wohlhabend sind und die Muslimbrüder über ein internationales Unterstützernetzwerk verfügen. Viele Ägypter wählten die Muslimbrüder, weil sie glaubten, dass diese dann viel mehr wohltätige Projekte durchführen würden. Dafür fehlten aber die finanziellen Mittel. Hinzu kam eine schwere Wirtschaftskrise während der Amtszeit Mursis, so dass die Zahl der Ägypter, die unter oder an der Armutsgrenze leben, auf 40 Millionen anstieg. Hinzu kamen steigende Lebensmittel- und Treibstoffpreise. Obwohl der Muslimbrüderschaft auch gut ausgebildete Menschen angehörten, schaffte es Mursi nicht, ein kompetentes Regierungsteam zusammenzustellen. Sowohl der Internationale Währungsfonds als auch reiche arabische Länder verloren das Vertrauen in die ägyptische Regierung und kürzten die Finanzhilfen. Statt die wirtschaftlichen und sozialen Probleme anzugehen, befasste sich der erste Gesetzesentwurf der Regierung Mursi mit der Aufhebung des Verbots der Genitalverstümmelung von Frauen, was säkulare Gruppen grundsätzlich kritisierten, die Mehrheit der Ägypter sah darin zumindest eine falsche Prioritätensetzung.[33]

Mursis Amtszeit war stark von dem Bemühen der Regierung geprägt, die Macht der Islamisten in Ägypten auf lange Sicht zu festigen. Im Dezember 2012 versuchte Mursi, sich per Dekret Sondervollmachten zu geben, die ihn über jegliche Gesetze erhoben hätten. Demonstrationen wurden von bewaffneten Einheiten der Muslimbrüder gewaltsam aufgelöst, wobei dutzende Demonstranten getötet wurden.[33] In Folge anhaltender Proteste zum ersten Jahrestages des Machtantritts Mohammed Mursis setzte die Armeeführung ihn nach einem eindringlichen Ultimatum am 3. Juli 2013 ab und ernannte am nächsten Tag den zivilen Übergangspräsidenten Adli Mansur.[34] Anhänger Mursis riefen zu massiven Protesten auf, die in Gewalt ausarteten und blutig niedergeschlagen wurden.[35] Muslimbrüdern, die zur Gewalt aufgerufen hatten, wurde der Prozess gemacht, andere tauchten in den Untergrund ab.[36] Nach Abflauen der Massenproteste der Islamisten bemühte sich die Übergangsregierung um Rückkehr zur Normalität.[37]

Erneutes Verbot der Muslimbrüder 2013 und Einstufung als Terrororganisation

Muhammad Badi’e (2011)

Die Muslimbrüder wurden per Gerichtsbeschluss am 23. September 2013 verboten.[38] Bereits am Anfang des Monats September hatte ein Militärgericht 52 Anhänger der Bruderschaft zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.[39]

Am 25. Dezember 2013 stufte die ägyptische Regierung die Muslimbrüderschaft als Terrororganisation ein. Diese wurde zuvor beschuldigt, für den Bombenanschlag auf ein Polizeigebäude in Al-Mansura, bei dem 16 Menschen starben, verantwortlich zu sein.[40]

Ende April 2014 verurteilte das Gericht in al-Minya in einem Massenprozess 683 Anhänger des abgesetzten früheren Präsidenten Mohammed Mursi zur Todesstrafe durch Hängen, darunter auch den Vorsitzenden Muhammad Badi’e; zuvor waren im März 2014 in einem ähnlichen Massenverfahren 529 Mursi-Anhänger zum Tode verurteilt worden.[41]

Vorlage:Veraltet

Andere Länder

Die Bruderschaft zählt neben dem sogenannten Wahhabismus zu den einflussreichsten Elementen des Islamismus. Mitglieder der Bruderschaft waren zeitweise Umar Abd ar-Rahman, der später die radikalere al-Dschamaʿa al-islamiyya gründete, und Aiman az-Zawahiri, der heute als erster Mann bei al-Qaida gilt und die Muslimbrüder dafür anprangert, dass sie inzwischen zu Wahlen antreten.[42] Laut Selbstdarstellung der Bruderschaft gibt es Zweige in über 70 Ländern der Welt.

Die US-amerikanische Denkfabrik Nixon Center glaubte 2007, dass die Muslimbrüderschaft ein potenzieller Alliierter der Vereinigten Staaten im Nahen Osten werden könnte, weil sie einen globalen Dschihad ablehnten und Demokratie befürworteten. Das Nixon Center wies dabei auf eigene Zweifel hinsichtlich eines glaubwürdigen Engagements der Muslimbrüder für Demokratie und auf eine sehr große Bandbreite der vertretenen Positionen hin.[43][44]

Palästina

Schon in den 1930er Jahren unterstützte die Bruderschaft die Araber in Palästina. Seit 1946 gibt es im vormaligen Transjordanien einen Organisationsableger. Bis 1947 gab es in Palästina allein 25 Zweigstellen mit 20.000 Mitgliedern. Die Bruderschaft nahm 1948 am Krieg gegen Israel teil. Die Hamas ist heute eine Tochterorganisation der Muslimbrüder. Die Hamas führte 40 Prozent der Anschläge auf israelische Autobusse, Nachtclubs und Kaffeehäuser aus, bei denen mehr als tausend Israelis starben. Der Terrorkrieg verlor an Intensität im Zuge der schleppenden Friedensverhandlungen, aber auch weil Israel das Westjordanland mit einer Mauer von Israel abriegelte, die einen unkontrollierten Grenzübertritt stark erschwert. 2005 erreichte Hamas bei der Wahl zum palästinensischen Legislativrat die Mehrheit der Stimmen im Gazastreifen und stellt seitdem dort die Regierung. 2006 führte Israel Luftangriffe auf Führungspersonen der Hamas aus, die Hamas griff Israel mit Raketen an. Daraus entstand 2008 ein dreiwöchiger offener Krieg zwischen Israel und der Hamas, dem die Hamas nicht standhalten konnte. In der Folgezeit riegelte Israel den Gazastreifen ab. Daraufhin organisierte das internationale Netzwerk des Muslimbrüderschaft Hilfsflottillien.[45]

Syrien

In Syrien wurde der Zweig der Bruderschaft 1937 von Gelehrten um Mustafa as-Siba'i (1915–1964) gegründet, die Mitglieder der ägyptischen Bruderschaft waren. Nach ihrem Aufstand und dem Massaker von Hama 1982 kamen die Aktivitäten der Muslimbrüder in Syrien unter Ali Sadreddin al-Bajanuni nahezu völlig zum Erliegen. Im Bürgerkrieg in Syrien gelangen den Muslimbrüdern keine militärischen Erfolge. Hier waren radikal salafistische Gruppen wie Al-Qaida oder der Islamische Staat viel erfolgreicher.[46]

Tunesien

In Tunesien gibt es die Bewegung der Erneuerung (En-Nahda) als Ableger. Die Ennade errang im Oktober 2011 bei der ersten freien Wahl in Tunesien 41,5 Prozent der Stimmen und formte mit säkularen Parteien eine Regierung, die eine Verfassung schuf, die nicht speziell auf islamischem Recht basiert. Später kam es zur Ermordung von zwei Führern der liberalen Opposition und es gab Vermutungen, Ennahda würde sich mit radikalen Islamisten verbünden, um die Demokratie zu beseitigen und einen Gottesstaat zu schaffen. Im Herbst 2013 gab Ennahda den Posten des Premierministers auf und bewies damit eine demokratische Gesinnung. Der Politikwissenschaftler Cengiz Günay vermutet, dass die Beteiligung am demokratischen Prozess eine Veränderung der inneren Zielsetzungen der Ennahda brachte. Für das eigentliche Problem des Landes, die Armut und Perspektivlosigkeit sehr vieler junger Menschen, konnte Ennahda bisher keine Lösungsansätze entwickeln. Ebenso wie in Ägypten hat sich der Slogan der Muslimbrüder „Islam ist die Lösung“ auch in Tunesien aufgrund der wirtschaftlichen Misserfolge an Glaubwürdigkeit verloren.[47]

Marokko

In Marokko gibt es die Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (Marokko), die aus der Muslimbrüderschaft hervorgegangen ist. Ministerpräsident Abdelilah Benkirane distanzierte sich 2011 von der Muslimbruderschaft. Anders als diese strebe die Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung keine Einmischung in das Privatleben der Menschen an.[48]

Muslimbrüder in anderen arabischen Ländern

  • Im Sudan führten sie 1983 die Scharia ein, als die Nationale Islamische Front eine der wichtigsten Parteien geworden war.
  • In Jordanien (Islamische Aktionsfront, arabisch Dschabhat al-Amal al-Islami) sind sie die wichtigste Oppositionspartei. 1994 opponierten sie intensiv gegen den jordanisch-israelischen Friedensvertrag.
  • In Libyen gründeten die Muslimbrüder 2012 die Partei Gerechtigkeit und Entwicklung.
  • In Saudi-Arabien gibt es Muslimbrüder seit den 1930er Jahren. Als Hasan al-Bannā im Oktober 1946 im Hedschas eine Zweigorganisation gründen wollte, wurde dies zwar abgelehnt,[49] doch haben in den 1960er Jahren Muslimbrüder aus Ägypten im Erziehungssystem und in den Medien sehr stark Fuß gefasst. Insbesondere an der 1961 gegründeten Islamischen Universität Medina hat ihr Anteil im Laufe der 1960er Jahre immer weiter zugenommen, an der 1967 gegründeten König-Abdulaziz-Universität von Dschidda und der 1981 ausgegliederten Umm-al-Qurā-Universität stellten sie von Anfang an sogar die Mehrheit der Dozenten. Unter den besonders bekannten ägyptischen Muslimbrüdern, die in Dschidda lehrten, waren Sayyid Qutbs Bruder Muhammad Qutb, der 1971 freigelassen wurde, Sayyid Sābiq, der Autor des Buches „Die Jurisprudenz der Sunna“ (Fiqh as-sunna) und Muhammad al-Ghazāli, der bis in die Mitte der 1980er Jahre das Department für Daʿwa und „Grundlagen der Religion“ (uṣūl ad-dīn) leitete. Muslimbrüder stellten darüber hinaus den Großteil des Personals in den religiösen Sekundarschulen, die als „wissenschaftliche Institute“ (maʿāhid ʿilmīya) bezeichnet werden. Der massive Zustrom von Muslimbrüdern, die zum großen Teil unter dem Eindruck der Ideen Sayyid Qutbs standen, hatte großen Einfluss auf das religiöse Feld in Saudi-Arabien. Es entstand in den 1970er Jahren eine eigene saudische Bewegung, die mit den Ideen der Muslimbrüder sympathisierte und als „das islamische Erwachen“ (aṣ-ṣahwa al-islāmīya) bekannt wurde.[50] Der saudische Innenminister kritisierte die Muslimbruderschaft in der Vergangenheit des Öfteren.[51] Im März 2014 wurde sie in Saudi-Arabien als Terror-Organisation eingestuft.[52]
  • Im Libanon gibt es seit 1936 einen Ableger.
  • In Algerien gewann die Tochterorganisation FIS 1991 die Wahlen, woraufhin diese annulliert wurden.

Muslimbrüder in Europa

Als Dachverband unterschiedlicher Organisationen, die den Muslimbrüdern nahestehen, fungiert in Europa die Föderation Islamischer Organisationen in Europa (englisch „Federation of Islamic Organisations in Europe“, FIOE). Sie pflegt als internationaler Dachverband die Auslandsbeziehungen und vertritt offiziell die Position, die zentrale Anlaufstelle im sunnitisch-islamischen Bereich zu sein.

Großbritannien war das erste westliche Land, das Kontakte zur Muslimbruderschaft aufnahm. Sie begannen im Jahr 1941 und intensivierten sich in den 1950er Jahren, als das MI 6 und eine Gruppe von Tory-Abgeordneten mit den Muslimbrüdern gemeinsame Pläne zur Ermordung des ägyptischen Präsidenten Nasser schmiedeten. Großbritannien entschloss sich stattdessen zusammen mit Frankreich zum erfolglosen Versuch, den Sueskanal und weitere Teile Ägyptens zu annektieren, um Nasser zu entmachten.[53]

2014 beauftragte der britische Premierminister David Cameron ein Team aus hochrangigen britischen Diplomaten und Geheimdienstlern, darunter der Chef des MI 6, mit einer Untersuchung über die von Großbritannien ausgehenden Aktivitäten der Muslimbrüder, insbesondere über eventuelle Verbindungen zu extremistischen und terroristischen Aktivitäten. Sicherheitsexperten bewerteten das Vorgehen als ungewöhnlich, denn bei einem konkreten Verdacht auf Steuerung terroristischer Aktivitäten würde die Regierung die Geheimdienste mit einer Untersuchung beauftragen, ohne die Öffentlichkeit darüber zu informieren.[53] Als Ergebnis der Untersuchung kündigte die britische Regierung nicht näher definierte Einschränkungen der Aktivität der Muslimbruderschaft auf ihrem Territorium an, der sie Nähe zu extremistischen Gruppen im Mittleren Osten vorwarf. Von einem Verbot der Bruderschaft nahm sie Abstand.[54]

Muslimbrüder in Deutschland

Die Muslimbruderschaft-Anhänger nutzen in Deutschland eine Vielzahl ‚Islamischer Zentren’ für ihre Aktivitäten. Die mit mehreren Hundert Anhängern mitgliederstärkste Organisation ist die ‚Islamische Gemeinschaft in Deutschland e. V.’ (IGD), die unter dem Vorsitz von Ibrahim el-Zayat 2008 ihr 50-jähriges Bestehen feierte. Hervorgegangen ist sie aus der 1958 gegründeten ‚Moscheebauinitiative in München e. V.’, die das Islamische Zentrum München (IZM) errichtete. Neben ihrem Hauptsitz im IZM unterhält die IGD nach eigenen Angaben ‚Islamische Zentren’ in Nürnberg, Stuttgart, Frankfurt am Main, Köln, Marburg, Braunschweig und Münster.[55] Die Bruderschaft hatte in Deutschland im Jahr 2005 nach Angaben des Verfassungsschutzes Niedersachsen 1800 Mitglieder.[56] Der Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalens kommt bei seiner ausführlichen Bestandsaufnahme im Mai 2006 zum Schluss einer Unvereinbarkeit des Gedankenguts der Muslimbrüder mit dem deutschen Grundgesetz. In der abschließenden Bewertung heißt es:

„Bei aller Differenzierung hinsichtlich der verschiedenen Denkrichtungen innerhalb der Muslimbruderschaft ist der Großteil des dort vertretenen ideologischen Gedankenguts unvereinbar mit den im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankerten Prinzipien der Demokratie, des Rechtsstaates und einer auf der Menschenwürde basierenden politischen Ordnung. Der absolute Wahrheitsanspruch, den die Muslimbruderschaft erhebt und den sie auf die Erkenntnis der göttlichen Wahrheit gründet, steht im Widerspruch zu grundlegenden demokratischen Prinzipien wie dem Meinungspluralismus und der Volkssouveränität. Die von der Muslimbruderschaft angestrebte Ordnung weist deutliche Züge eines diktatorischen beziehungsweise totalitären Herrschaftssystems auf, das die Selbstbestimmung des Volkes ablehnt sowie die Prinzipien von Freiheit und Gleichheit der Menschen in Frage stellt.“[57]

Die Jugendorganisation der Muslimbrüder in Deutschland ist die Muslimischen Jugend in Deutschland e.V.[58] In einer Stellungnahme des Bundesverfassungsschutzes von 2009 heißt es:

„Die Muslimischen Jugend in Deutschland e.V. (MJD) bietet ihren Mitgliedern ein umfangreiches Schulungs- und Freizeitangebot. Die in den Schulungen vermittelten Informationen erscheinen geeignet, desintegrativ zu wirken und die Teilnehmer gegen die „westliche Gesellschaft“ zu emotionalisieren.“

2009: Bundesverfassungsschutz[59]

Laut den Landesverfassungsschutzberichten von Bayern und Baden-Württemberg übt die Muslimbruderschaft am „Islamischen Zentrum München e. V.“ maßgeblichen Einfluss aus. Anhänger des syrischen Zweigs der Muslimbrüder hätten Anfang der 80er Jahre die „Islamischen Avantgarden“ mit organisatorischem Schwerpunkt im „Islamischen Zentrum“ in Aachen gegründet. Der in Kairo wohnhafte damalige oberste Führer der Bruderschaft, Mohammed Mahdi Akef, bezeichnete den Präsidenten der IGD, Ibrahim el-Zayat, in einem ARD-Fernsehbeitrag[60] als „Chef der Muslimbrüder in Deutschland“. Ibrahim El-Zayat wehrte sich jedoch gegen diese Bezeichnung und ließ auf der Homepage der Muslimbrüder eine Gegendarstellung veröffentlichen, in der er schrieb, er sei „kein Mitglied der Muslimbruderschaft“.[61] Ein Mitglied der Muslimbruderschaft in Deutschland soll neben Ibrahim El-Zayat auch Mehmet Erbakan sein.

Südostasiatische Bewegungen nach Vorbild der Muslimbrüder

Daneben haben südostasiatische Muslime islamische Bewegungen ins Leben gerufen, die sich an der Muslimbruderschaft orientieren. Studierende aus Malaysia gründeten 1975 in Brighton den Islamic Representative Council (IRC). Sie strebten nach der Errichtung einer islamischen Ordnung, meinten aber im Gegensatz zu anderen islamischen Gruppierungen, dass der beste Weg dafür die Gründung von Zellen nach Vorbild der Muslimbruderschaft sei. Sie setzten darauf, durch Erziehungsarbeit (tarbiya) und Infiltration schon bestehender Organisationen mit eigenen Anhängern eine Islamisierung der Gesellschaft zu erreichen.[62] Anhänger der Bewegung, die nach Beendigung ihrer Studien nach Malaysia zurückkehrten, verbreiteten dort ihre Ideologie an den Universitäten.[63] Unter dem Namen IKRAM United Kingdom & Eire besteht die Gruppierung bis heute in Europa weiter.[64] Eine andere südostasiatische Gruppierung, die sich explizit an der ägyptischen Muslimbruderschaft orientiert, ist die indonesische Gerechtigkeits- und Wohlfahrtspartei (PKS - Partai Keadilan Sejahtera).

Oberste Führer der Muslimbrüder

Siehe auch

Literatur

  • Olivier Carré, Gérard Michaud: Les Frères musulmans: Egypte et Syrie; 1928-1982. Paris 1983.
  • Rachel Ehrenfeld: The Muslim Brotherhood Evolution: An Overview. In: American Foreign Policy Interests 33 (2011), S. 69–85. doi:10.1080/10803920.2011.571059.
  • Amr Elshobaki: Les frères musulmans des origines à nos jours. Paris, Karthala, 2009.
  • Jürgen Endres: Zwischen Gewalt und Gewaltlosigkeit. Muslimbruderschaft und militante Islamisten in Ägypten. Universität Hamburg, Hamburg 1997, (Universität Hamburg - IPW, Forschungsstelle Kriege, Rüstung und Entwicklung Arbeitspapier 1997, 4, ISSN 1432-8283), (Zugleich: Hamburg, Univ., Magisterarbeit, 1996).
  • Johannes Grundmann: Islamische Internationalisten. Strukturen und Aktivitäten der Muslimbruderschaft und der Islamischen Weltliga. Reichert, Wiesbaden 2005, ISBN 3-89500-447-2, (HECEAS / Aktuelle Debatte 2).
  • Amr Hamzawy, Nathan J. Brown: The Egyptian Muslim Brotherhood. Islamist Participation in a Closing Political Environment. (PDF; 474 kB) Carnegie Papers, Nr. 19, Carnegie Endowment for International Peace, März 2010.
  • Gilles Kepel: Der Prophet und der Pharao. Das Beispiel Ägypten. Die Entwicklung des muslimischen Extremismus. Piper, München 1995, ISBN 3-492-03786-0.
  • Gudrun Krämer: Gottes Staat als Republik. Zeitgenössische Muslime zu Islam, Menschenrechten und Demokratie. Nomos, Baden-Baden 1999, ISBN 3-7890-6416-5.
  • Paul Landau: Le Sabre et le Coran. Tariq Ramadan et les Frères Musulmans à la conquête de l'Europe. Du Rocher, Monaco 2005, ISBN 2-268-05317-2
  • Latifa Ben Mansour: Frères musulmans, Frères Féroces. Voyages dans l'enfer du discours islamiste. Ramsay, Paris 2002, ISBN 2-84114-583-2.
  • Richard P. Mitchell: The Society of the Muslim Brothers. Oxford UP, London 1969; Reprint 1993, ISBN 0-19-215169-X, Reihe: Middle Eastern monographs 9 (mit den Dok. zum Verbot).
  • Annette Ranko: Die Muslimbruderschaft. Porträt einer mächtigen Verbindung. Edition Körber-Stiftung, Hamburg 2014, ISBN 978-3-89684-157-5.
  • Emmanuel Razavi: Frères musulmans. Dans l'ombre d'Al Qaeda. Jean Cyrille Godefroy, Paris 2005, ISBN 2-86553-179-1.
  • Yvette Talhamy: The Muslim Brotherhood reborn. The Syrian uprising. Middle East Quarterly 19, 2012, S. 33–40 Online [65]
  • Xavier Ternisien: Les Frères Musulmans. Fayard, Paris 2005, ISBN 2-213-62280-9.
  • Ted Wende: Alternative oder Irrweg? Religion als politischer Faktor in einem arabischen Land. Tectum, Marburg 2001, ISBN 3-8288-8315-X.
  • Carrie Wickham: The Muslim Brotherhood. Evolution of an Islamist Movement. Princeton University Press, Princeton 2013.
  • Christian Wolff: Die ägyptische Muslimbruderschaft. Von der Utopie zur Realpolitik. Diplomica, Hamburg 2008, ISBN 978-3-8366-6434-9, (Zugleich: Erlangen-Nürnberg, Univ., Diplomarbeit, 2008).
  • Mohammed Zahid: The Muslim Brotherhood and Egypt’s Succession Crisis. The Politics of Liberalisation and Reform in the Middle East, Library of Modern Middle East Studies 81, I.B. Tauris, London 2010, ISBN 978-1-84511-979-9. C. Wolff: Rezension, in: H-Soz-u-Kult 22. November 2010.
  • Barbara Helga Elfrieda Zollner: The Muslim Brotherhood: Hasan Al-Hudaybi and Ideology, Routledge, London 2009, ISBN 978-0-415-43557-4.
  • Verfassungsschutz des Landes NRW: Thema im Fokus: Die Ideologie der Bruderschaft, Düsseldorf 2006 (PDF-Datei, 92 kB)
  • Imad Mustafa: Der politische Islam. Zwischen Muslimbrüdern, Hamas und Hizbollah. Promedia. Wien, 2013 ISBN 978-3-85371-360-0.

Weblinks

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Einzelnachweise

  1. Niedersächsisches Innenministerium: Die Muslimbruderschaft, abgerufen am 22. November 2012.
  2. http://www.dw.de/muslimbruderschaft-auf-der-terrorliste-und-in-den-untergrund-verbannt/a-17325546
  3. vergleiche den übersetzten Auszug aus al-Bannās Memoiren in John Calvert: Islamism: a documentary and reference guide. Westport, Conn.: Greenwood Press, 2008. S. 17. Arab. Originaltext hier nachlesbar (S. 68) (PDF; 1,7 MB).
  4. Thomas J. Moser: Politik auf dem Pfad Gottes, Zur Genese und Transformation des militanten sunnitischen Islamismus. IUP, Innsbruck 2012, S. 50 f. ISBN 978-3-902811-67-7
  5. Uriya Shavit: The Wasati and Salafi Approaches to the Religious Law of Muslim Minorities. Digitalisat
  6. Rudolf Radke: Im Namen Allahs - Der Islam zwischen Aggression und Toleranz. Bastei-Lübbe-Verlag, Bergisch Gladbach 1996, S. 99
  7. Thomas Schmidinger, Dunja Larise: Zwischen Gottesstaat und Islam - Handbuch des politischen Islam. Wien 2008, S. 77 f
  8. Murtaza: Die ägyptische Muslimbruderschaft. 2011, S. 55.
  9. Andere Übersetzung: „Allah ist unser Ziel. Der Prophet ist unser Vorbild. Der Qurʿān ist unsere Verfassung. Der ǧihād ist unser Weg. Der Märtyrertod auf dem Pfad Gottes ist unsere größte Hoffnung.“
  10. Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg - die Muslimbruderschaft (MB) (abgerufen am 3. Juli 2012)
  11. Andrew J. Budka: The Arab Revolutions of 2011: Promise, Risk and Uncertainty. In: Power, National Security, and Transformational Global Events. CRC Press, 2012, ISBN 9781439884225, S. 137.
  12. Aussteiger über die Muslimbrüder: "Alles-oder-nichts-Mafiosi im religiösen Gewand". Abgerufen am 18. August 2013.
  13. Hasan Al Banna: The Message of the Teachings. Abgerufen am 18. August 2013.
  14. Patrick Hemminger, The European: Die Muslimbrueder Geschichte und Gegenwart, Dezember 2009
  15. Brynjar Lia : The Society of the Muslim Brother in Egypt - The Rise of an Islamic Mass Movement 1928 - 1942, Reading, 1998 S. 179f
  16. James Traub: Islamic Democrats? In: The New York Times. 29. April 2007. (28 Nov. 2009)
  17. Vgl. Carré/Michaud 121.
  18. Vgl. Carré/Michaud 122.
  19. 15 Principles for Agreement of the Muslimbrotherhood, abgerufen am 23. November 2012.
  20. (Dt.: Abgeordnete versuchen, das ägyptische Parlament in eine wirkliche Gesetzgebungskörperschaft zu verwandeln und zugleich in eine Institution, die die Bürger repräsentiert sowie in einen Mechanismus, der die Regierung verantwortlich macht) Samer Shehata, Joshua Stacher: The Brotherhood Goes to Parliament. In: Middle East Report. Fall 2006. 29 Nov. 2009.
  21. Redaktion: Beschneidungen und Heirat unter 18 Jahren künftig verboten. In: derstandard.at. 9. Juni 2008, abgerufen am 12. Februar 2015.
  22. Ägypten – Beschneidungen verboten. In: sueddeutsche.de. 17. Mai 2010, abgerufen am 12. Februar 2015.
  23. Egypt, and the Post-Islamist Middle East, Jadaliyya - Arab Studies Institute, 10. Februar 2011
  24. The Muslim Brotherhood uncovered, The Guardian, 8. Februar 2011
  25. From the blogosphere to the street the role of social media in the egyptian uprising, Jadaliyya - Arab Studies Institute, 9. Februar 2011
  26. Karin Leukefeld, Neues Deutschland: Wir wollen keinen Gottesstaat, 10. Februar 2011
  27. Die Nach-Mubarak-Zeit hat begonnen, taz, 6. Februar 2011
  28. taz: Tag der Zwietracht auf dem Tahrir, 30. Juli 2011
  29. Tagesschau: Ägyptens Militärrat geht auf Parteien zu (Memento vom 3. Oktober 2011 im Internet Archive), 2. Oktober 2011
  30. Muslim Brotherhood to establish 'Freedom and Justice Party' | Al-Masry Al-Youm: Today's News from Egypt
  31. Ikhwanweb: The Muslim Brotherhood Official English Website
  32. Muslim Brotherhood sits at Egypt’s new democratic table
  33. 33,0 33,1 Petra Ramsauer, Muslimbrüder: Ihre geheime Strategie. Ihr globales Netzwerk, Styriabooks, 2014, ISBN 9783990402603, Kapitel 1: Supermacht Muslimbruderschaft, Abschnitt: Wie sie die Arabischen Revolutionen gewann, verlor und sich jetzt neu erfindet.
  34. Putsch in Kairo: Ägyptens Militär stürzt Mursi. In: Spiegel Online. 3. Juli 2013, abgerufen am 12. Februar 2015.
  35. Mehrere Tote bei Räumung von Protestlagern in Kairo. In: welt.de. 14. August 2013, abgerufen am 12. Februar 2015.
  36. Mubarak und Muslimbrüder vor Gericht: «Prozesse gegen die zwei Regime». In: nzz.ch. 25. August 2013, abgerufen am 12. Februar 2015.
  37. Reuters: Ägypten beschließt Auflösung der Muslimbrüder als NGO. In: handelsblatt.com. 6. September 2013, abgerufen am 12. Februar 2015.
  38. Gericht in Kairo verbietet Muslimbrüder. tagesspiegel.de, 23. September 2013, abgerufen am 27. September 2013.
  39. ZEIT ONLINE, dpa, Reuters, AFP, zz: Machtkampf: Ägyptisches Gericht verbietet Muslimbruderschaft. In: zeit.de. 23. September 2013, abgerufen am 12. Februar 2015.
  40. Ägypten: Regierung stuft Muslimbruderschaft als Terrororganisation ein. Spiegel Online, 25. Dezember 2013, abgerufen am 25. Dezember 2013.
  41. Thomas Pany: Ägypten: 683 Todesurteile gegen Muslimbrüder. In: heise.de. 28. April 2014, abgerufen am 12. Februar 2015.
  42. Mona el-Ghobashy: The Metamorphosis of the Egyptian Muslim Brothers. In: International Journal of Middle East Studies. Vol. 37 (August 2005), No. 3, S. 390–391.
  43. Robert S. Leiken, Steve Brook: The Moderate Muslim Brotherhood. Foreign Affairs, Vol. 86, No. 2, 2007, S. 107-121.
  44. Murtaza: Die ägyptische Muslimbruderschaft. 2011, S. 250.
  45. Petra Ramsauer: Muslimbrüder: Ihre geheime Strategie. Ihr globales Netzwerk, Styriabooks, 2014, ISBN 9783990402603, Kapitel 3: Ägypten.
  46. Petra Ramsauer: Muslimbrüder: Ihre geheime Strategie. Ihr globales Netzwerk, Styriabooks, 2014, ISBN 9783990402603, Kapitel 6: Grosses Reich im Rohbau, Abschnitt: Brüder unter Waffen: die schwierigen Lehren Syriens.
  47. Petra Ramsauer: Muslimbrüder: Ihre geheime Strategie. Ihr globales Netzwerk, Styriabooks, 2014, ISBN 9783990402603, Kapitel 6: Grosses Reich im Rohbau, Abschnitt: Tunesien, Jordanien, Marokko: „Die Generation Demokratie“.
  48. Petra Ramsauer: Muslimbrüder: Ihre geheime Strategie. Ihr globales Netzwerk, Styriabooks, 2014, ISBN 9783990402603, Kapitel 6: Grosses Reich im Rohbau, Abschnitt: Tunesien, Jordanien, Marokko: „Die Generation Demokratie“.
  49. Vgl. Reinhard Schulze: Islamischer Internationalismus. Untersuchungen zur Geschichte der islamischen Weltliga. Leiden 1990. S. 105.
  50. Vgl. dazu Stéphane Lacroix: Awakening Islam. The politics of religious dissent in contemporary Saudi Arabia. Cambridge: Harvard University Press 2011. S. 42–51.
  51. John Mintz, Douglas Farah: In Search Of Friends Among The Foes. In: washingtonpost.com. 11. September 2004, abgerufen am 12. Februar 2015.
  52. Saudi-Arabien setzt Muslimbrüder und Dschihadisten auf "Terrorliste". In: welt.de. 7. März 2014, abgerufen am 12. Februar 2015.
  53. 53,0 53,1 Kim Sengupta: Prime Minister steps into minefield with inquiry into what 'the Muslim Brotherhood is, what it stands for and what its presence is in Britain'. In: independent.co.uk. 1. April 2014, abgerufen am 12. Februar 2015 (english).
  54. Britain to curb Muslim Brotherhood operations in London. In: telegraph.co.uk. 14. September 2014, abgerufen am 12. Februar 2015 (english).
  55. Verfassungsschutzbericht 2009 (Memento vom 4. Juli 2010 im Internet Archive) (PDF, 4,13 MB).
  56. Verfassungsschutz Niedersachsen, Kurzbeschreibung der Muslimbruderschaft
  57. Thema im Fokus: Die Ideologie der Bruderschaft, Düsseldorf 2006 (PDF, 92 kB).
  58. Konrad Adenauer Stiftung, Aladdin Sarhan, Die Muslimbruderschaft in Deutschland
  59. Verfassungsschutzbericht 2009 (Memento vom 4. Juli 2010 im Internet Archive) (PDF, 4,13 MB).
  60. Eurabia ante portas oder: Ist Europa noch zu retten?, 28. März 2007
  61. Gegendarstellung el-Zayats auf Ikhwanweb, 6. Mai 2007
  62. Vgl. Zainah Anwar: Islamic Revivalism in Malaysia. Dakwah among the Students. Petaling Jaya 1987. S. 27–30.
  63. Vgl. Andreas Ufen: Ethnizität, Islam, Reformasi: die Evolution der Konfliktlinien im Parteiensystem Malaysias. Wiesbaden, VS, Verl. für Sozialwiss. 2012. S. 126.
  64. Vgl. die Selbstdarstellung der Gruppierung: http://ikramuke.org/v1/portfolio1/organizational-history/
  65. über den Bürgerkrieg in Syrien 2012
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