Nabucco

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Nabucco, Abkürzung von Nabucodonosor, der italienischen Namensform von Nebukadnezar, ist der Titel einer Oper von Giuseppe Verdi, 1841 komponiert und am 9. März 1842 im Teatro alla Scala in Mailand uraufgeführt. Das Libretto stammt von Temistocle Solera (1815–1878). Die Oper hat einerseits das Streben des jüdischen Volkes nach Freiheit aus der babylonischen Gefangenschaft zum Thema. Andererseits steht die extreme Selbstüberschätzung des Titelhelden Nabucco (der biblische Nebukadnezar II.) im Zentrum. Nabucco will sich der Handlung der Oper nach selbst zu Gott machen. Er wird daraufhin mit Wahnsinn geschlagen und erst durch die Bekehrung zum Gott der Hebräer geheilt.

Handlung

Erster Akt: „Gerusalemme“ – Jerusalem

Im Tempel des Salomon in Jerusalem

Die Hebräer samt den Leviten sind in Salomons Tempel versammelt, um das Schicksal der Israeliten zu beklagen, die vor kurzem vom babylonischen König Nabucco besiegt wurden. Dieser marschiert gerade in die Stadt ein. Der Hohepriester Zaccaria ermutigt seine Gefolgsleute, die Hoffnung nicht aufzugeben, da sie in Nabuccos Tochter Fenena eine wertvolle Geisel besitzen. Fenena wird durch Ismaele bewacht, den Neffen des Königs Sedecia von Jerusalem. Ismaele ist in Fenena verliebt, die ihn unter großem persönlichem Risiko befreit hatte, als er Gefangener in Babylon war. Diese Gunst möchte er nun zurückgeben. Die zwei planen fortzulaufen, als Abigaille, von der jeder glaubt, sie sei Nabuccos erstgeborene Tochter, an der Spitze von als Hebräer verkleideten babylonischen Soldaten den Tempel betritt. Abigaille offenbart Ismaele ihre Liebe und bietet an, alle Hebräer freizulassen, wenn er ihre Liebe erwidert. Ismaele will sich nicht erpressen lassen. Währenddessen begehren Hebräer, die von Nabuccos Soldaten gejagt wurden, Zuflucht im Tempel. Nabucco erscheint. Zaccaria droht, Fenena zu töten, wenn Nabucco und seine Leute es wagen, den heiligen Platz zu missachten. Er hebt den Dolch, aber Ismaele schreitet ein und rettet sie vor dem Tod. Zaccaria verdammt den Verräter. Nabucco umarmt seine Tochter und befiehlt, den Tempel niederzubrennen.

Zweiter Akt: „L’Empio“ – Der Frevler

Die königlichen Zimmer im Palast in Babylon

Aus einem von Nabucco geheimgehaltenen Dokument erfährt Abigaille ihre wahre Herkunft. Sie ist nicht Nabuccos Erstgeborene, sondern die Tochter einer Sklavin.

Sie ist entschlossen, sich an Fenena zu rächen, der Nabucco den Thron anvertraut hat, während er die Hebräer bekämpft. Sie will ihre Rivalin töten, den Thron übernehmen und die Nachricht verbreiten, dass Fenena tot sei. Ihr Vorhaben wird durch den Hohepriester des Baal unterstützt.

In einem anderen Flügel des Palastes

Zaccaria ist frei. Er und seine Leute bekehren Babylonier, die zum jüdischen Glauben konvertieren. Der Chor der Leviten verwünscht Ismaele, da er Fenena das Leben gerettet hat. Sie verachten ihn wegen seines Verrates (Fluchtmöglichkeit für Fenena). Zaccaria gebietet dem Chor Einhalt – Ismaele sei kein Verräter, da er das Leben einer Konvertierten gerettet hat.

Abigaille ist dabei, ihren Plan auszuführen, die Macht an sich zu reißen, als Nabucco zurückkehrt. Er ergreift die Krone und erklärt sich selbst zum Gott, den die Leute bis in alle Ewigkeit anbeten sollen. Blitze schlagen neben dem König ein, er verliert den Verstand. Abigaille setzt sich die Krone auf.

Dritter Akt: „La profezia“ – Die Weissagung

Die hängenden Gärten im königlichen Palast in Babylon

Abigaille, die sich selbst zur Königin ernannt hat, sitzt auf dem Thron im Beisein des Hohepriesters, um die Huldigung der Adligen zu empfangen. Der wahnsinnig gewordene Nabucco erscheint. Abigaille bringt ihn mit List dazu, das Dokument zu unterschreiben, mit dem das Todesurteil der Hebräer, inklusive der konvertierten Fenena, vollstreckt werden kann.

Nabucco begreift dies zu spät, protestiert und droht Abigaille, die Details ihrer Geburt offenzulegen. Er sucht nach dem Dokument über ihre Herkunft, aber Abigaille hat es schon und zerreißt es. Sie übergibt den alten König den Wachen und lässt ihn einsperren. Nabucco bittet sie um Verzeihung und verspricht, den Thron abzutreten, wenn Abigaille Fenena verschont. Abigaille lehnt den Vorschlag ab.

An den Ufern des Euphrat

Melodie und Text der ersten Strophe des Gefangenenchors „Va, pensiero“

Die Hebräer, zur harten Arbeit verdammt, beklagen ihr „schönes und verlorenes Heimatland“ (Gefangenenchor „Va, pensiero“) und rufen den Herrn um Hilfe. Zaccaria ermutigt sein Volk mit der Prophezeiung von der Heimsuchung und dem Untergang Babylons.

Vierter Akt: „L’idolo infranto“ – Das zerbrochene Götzenbild

Räume des königlichen Palastes in Babylon

Nabucco, der aus einem tiefen Schlaf voller Alpträume erwacht, hört Fenenas Namen von der Straße; die Gefangenen und Fenena werden zur Hinrichtung geführt. In diesem Moment väterlicher Angst verlässt ihn der Wahnsinn. Nabucco kniet nieder, um den Gott der Hebräer um Erbarmen anzuflehen und ihm Verehrung zuzusagen. Plötzlich öffnet sich das Tor, und eine Gruppe königstreuer Wachen erscheint. Mit gezogenem Schwert folgen sie ihm, um seine Krone zurückzufordern und Fenena zu befreien.

In den hängenden Gärten des königlichen Palastes in Babylon

Fenena wurde mit anderen Hebräern zum Opferaltar in den hängenden Gärten gebracht. Der Hohepriester des Baal führt die Opferzeremonie durch, als Nabucco und seine Gefolgsleute eintreten. Er befiehlt, das Götzenbild umzustürzen. Es fällt zu Boden und zersplittert. Die Juden sind befreit, und Nabucco ermahnt seine Leute, sich vor dem Gott der Juden Jehovah zu verneigen. Die besiegte Abigaille vergiftet sich. Sterbend bittet sie den Gott der Hebräer um Vergebung. Nabucco preist zusammen mit dem Volk Israels Jehova und die wiedergewonnene Freiheit.

Besetzung

Das Werk ist neben den Gesangssolisten mit einem vierstimmigen Chor besetzt. Nach der kritischen Ausgabe von Roger Parker besteht das Orchester aus den folgenden Instrumenten:[1]

Geschichte

Entstehung

Nach dem Misserfolg mit der musikalischen Komödie Un giorno di regno wollte Verdi bereits das Komponieren aufgeben. Bartolomeo Merelli, der damalige Direktor der Mailänder Scala, konnte ihn jedoch überreden, diesen Entschluss rückgängig zu machen. Er übergab Verdi das Libretto von Temistocle Solera, das ursprünglich von Otto Nicolai vertont werden sollte, das dieser jedoch abgelehnt hatte.[2] Verdi war von dem Stoff gefesselt und begann sofort mit der Komposition. „Einen Tag ein Vers, am anderen Tag einen anderen Vers, einmal eine Note, ein andermal eine Phrase, so nach und nach entstand die Oper.“[3]

Nabucco wurde als letztes Werk der Spielzeit 1841/42 an der Scala aufgeführt und war so erfolgreich, dass es in der nächsten Spielzeit, die im Herbst 1842 begann, 57 Wiederholungen gab.[4]

Rezeption

Nabucco markiert den Beginn der „Galeerenjahre“ Verdis, in denen er sich von immer neuen Verträgen zum Schreiben von nicht immer erfolgreichen Opern treiben ließ. Der Begriff geht auf einen Brief Verdis von 1858 zurück: „Seit Nabucco habe ich sozusagen keine ruhige Stunde mehr gehabt. Sechzehn Jahre Galeerenarbeit“, schrieb dort der Komponist – also von 1842 bis 1858. Zugleich war Nabucco der erste große Erfolg Verdis auf der Opernbühne.

Die Identifikation des italienischen Volkes mit diesem Freiheitsstreben und der Wunsch nach der Einheit Italiens, der insbesondere im bekannten Gefangenenchor Va, pensiero, sull’ali dorate („Steig, Gedanke, auf goldenen Flügeln“) zum Ausdruck kommt, geht nicht direkt auf die Entstehungszeit der Oper zurück. Vielmehr handelt es sich um eine retrospektive Konstruktion im Kontext der italienischen Nationsbildung ab den 1860/70er Jahren, die in den ersten Verdi-Biographien Ende des 19. Jahrhunderts übernommen wurde.[5] Zudem ist daran zu erinnern, dass der Librettist Solera dem Neoguelfismus nahestand, welcher die Stärkung der Kirche im neu entstehenden italienischen Nationalstaat forderte – eine Position, die von Verdi nicht geteilt wurde.

Siehe auch

Literatur

  • Gertrud Scheumann: Giuseppe Verdi: Nabucco. Libretto von Temistocle Solera. Übersetzung des italienischen Textes in singbares Deutsch von Gertrud Scheumann mit Fotos, Heuchelheim: Longtai Verlag 2011 (Gertrud Scheumanns Opernreihe Band 4). ISBN 978-3-938946-20-6.

Weblinks

Commons: Nabucco - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
Aufnahmen

Einzelnachweise

  1. Angaben zur Orchesterbesetzung in: Anselm Gerhard, Uwe Schweikert (Hrsg.): Verdi Handbuch, Metzler/Bärenreiter, Kassel, Stuttgart 2001, ISBN 3-476-01768-0 und ISBN 3-7618-2017-8, S. 308.
  2. Andrew Porter: Wunderbare Spuren von ewiger Schönheit. In: Beiheft zur CD I Lombardi, Philips 1984, S. 58.
  3. Zitat Verdis, abgedruckt bei Porter: Wunderbare Spuren von ewiger Schönheit. 1984, S. 58.
  4. Porter: Wunderbare Spuren von ewiger Schönheit. 1984.
  5. Birgit Pauls: Giuseppe Verdi und das Risorgimento: ein politischer Mythos im Prozess der Nationenbildung; Akademie Verlag Berlin, 1996; S. 181 f.


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