Nachlassstreit

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Der sog. Nachlassstreit entzündete sich in den 1940er-Jahren innerhalb der auf der Weihnachtstagung 1923/24 neu begründeten Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft (AAG) um den literarischen und künstlerischen Nachlass von Rudolf Steiner. Dieser hatte testamentarisch seine Gattin Marie Steiner zur Verwalterin seines nachgelassenen Werkes bestimmt und diese hatte es sich zur Aufgabe gemacht, seine Werke nach und nach in Form einer Rudolf Steiner Gesamtausgabe herauszugeben. Um auch nach ihrem Tod die Weiterführung dieser großen Aufgabe zu garantieren, gründete Marie Steiner 1943 die Rudolf Steiner Nachlassverwaltung, Verein zur Verwaltung des literarischen und künstlerischen Nachlasses von Dr. Rudolf Steiner und übertrug auf diese am 1. Dezember 1947, knapp ein Jahr vor ihrem Tod, offiziell sämtliche Rechte an den Werken Steiners. Diese Absicht hatte schon seit 1945 zu Konflikten inerhalb des Vorstands der AAG geführt. Einige Vorstandsmitglieder stellten sich gegen Marie Steiner und machten ihrerseits aus „esoterischen“ Gründen Rechte am Werk Steiners für die AAG geltend.

Der Nachlassstreit führte schließlich zu einer Spaltung der Anthroposophischen Gesellschaft und zur Gründung der Anthroposophischen Vereinigung in der Schweiz (AVS), die aus den Schweizer Zweigen, Arbeitsgruppen und Einzelpersönlichkeiten hervorging, die sich unterstützend an die Seite Marie Steiners stellten. Die Gründung wurde noch mit Marie Steiner besprochen worden und erfolgte endgültig kurz nach deren Tod am 16. Januar 1949.

Auch in Österreich kam es zu einer Spaltung, nachdem sich Professor Karl Rössel-Majdan und dann auch sein Sohn DDDr. Karl Rössel-Majdan ebenfalls lautstark für Marie Steiner eingesetzt hatten. Die sofort nach Ende des Zweiten Weltkriegs von den beiden gemeinsam mit Julius Breitenstein, dem langjährigen Freund Rudolf Steiners, als Anthroposophische Gesellschaft in Österreich (1913) revitalisierte Anthroposophische Gesellschaft, die sich 1938 nach dem Einmarsch Hitlers selbst aufgelöst hatte, um dem drohenden Verbot zu entgehen, wurde von der damaligen Leitung des Goetheanums in Dornach nicht als Landesgesellschaft der internationalen Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft anerkannt. Unabhängig davon wurde darum 1950 als legitimierte österreichische Landesgesellschaft die Anthroposophische Gesellschaft in Österreich gegründet, mit der die Anthroposophische Gesellschaft in Österreich (1913) aber heute, nach einer langen konfliktbeladenen Zeit, in sehr guter freundschaftlicher Zusammenarbeit steht.