Perpetuum mobile

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Ein Perpetuum mobile (lat. „sich ständig Bewegendes“) ist eine (hypothetische) Maschine, die, einmal in Bewegung gesetzt, ohne Energiezufuhr ewig weiterläuft. In diesem Fall spricht man von einem Perpetuum mobile zweiter Art, das aber nach den physikalischen Gesetzen der Thermodynamik unmöglich scheint, da durch Reibung immer ein Teil der beim ersten Anstoß eingesetzten Energie in nach dem Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik nicht mehr nutzbare Wärme umgewandelt wird.

Verrichtet die Maschine darüber hinaus auch physikalische Arbeit, spricht man von einem Perpetuum mobile erster Art. Dabei würde aber der in der Physik als uneingeschränkt gültig angesehene Energieerhaltungssatz, der Erste Hauptsatz der Thermodynamik, verletzt.

„Nun sagt der gegenwärtige physikalische Denker: Es ist also unmöglich, daß, wenn irgendwo eine Energie erscheint, eine Kraftwirkung erscheint, diese von irgend etwas anderem herkommt als von einer schon vorhandenen anderen Energie. Wenn ich also irgendwo ein in sich geschlossenes System von Energien habe, zunächst von Energien einer bestimmten Form, und es treten andere Energien mit auf, so müssen diese die Umwandlung der schon vorhandenen Energien des geschlossenen Systems sein. Nirgends kann in einem geschlossenen System eine Energie anders denn als Umwandlungsprodukt erscheinen. Eduard von Hartmann, der, wie ich schon angedeutet habe, die gegenwärtigen physikalischen Ansichten in seine philosophischen Begriffe faßt, hat diesen sogenannten ersten Satz der mechanischen Wärmetheorie ausgesprochen mit den Worten: «Ein Perpetuum mobile der ersten Art ist eine Unmöglichkeit.» Was wäre ein Perpetuum mobile der ersten Art? Ein Perpetuum mobile der ersten Art wäre eben eine Einrichtung, wodurch eine Energie als solche in einem geschlossenen Energiesystem entstehen würde. So daß also Eduard von Hartmann die hierauf bezügliche Tatsachenreihe eben dahin zusammenfaßt, daß er sagt: «Ein Perpetuum mobile der ersten Art ist eine Unmöglichkeit.»

Nun kommen wir zu der zweiten Tatsachenreihe, die sich uns durch das heutige Experiment veranschaulicht hat: Wir können in einem in sich scheinbar geschlossenen System von Energien die eine Energie in die andere umwandeln. Dabei zeigt sich, daß die Umwandlung aber doch gewissen Gesetzmäßigkeiten unterliegt, die mit der Qualität der Energien zusammenhängen, und zwar so, daß eben Wärmeenergie sich nicht ohne weiteres ganz umwandeln läßt in mechanische Energien, sondern immer ein Rest bleibt. So daß es also unmöglich ist, Wärmeenergie in einem geschlossenen System so in mechanische Energie umzuwandeln, daß nun wirklich alle Wärme als mechanische Energie erscheint. Würde man dies erreichen können, daß alle Wärme als mechanische Energie erscheint, dann würde man wiederum die mechanische Energie umwandeln können in Wärme. Es würde möglich sein, daß in einem solchen geschlossenen System eine Energiequalität in die andere sich umwandeln würde. Man würde damit die Möglichkeit geboten haben, immer das eine in das andere umzuwandeln. Eduard von Hartmann drückt wiederum diesen Satz so aus, daß er sagt: Ein solches geschlossenes System, in dem man zum Beispiel die ganze vorhandene Wärme umwandeln könnte in mechanische Arbeit, wo man mechanische Arbeit wiederum umwandeln könnte in Wärme, wo also ein Kreislauf entsteht, wäre ein Perpetuum mobile der zweiten Art. Aber auch ein solches Perpetuum mobile der zweiten Art ist eine Unmöglichkeit, sagt er, und dies sind im Grunde genommen für die Denker des 19. Jahrhunderts und des angehenden 20. Jahrhunderts auf dem Gebiete der Physik die zwei Hauptsätze der sogenannten mechanischen Wärmelehre:

«Ein Perpetuum mobile der ersten Art ist eine Unmöglichkeit.» «Ein Perpetuum mobile der zweiten Art ist eine Unmöglichkeit.» Die Sache hängt sogar mit der Geschichte der Physik im 19. Jahrhundert zusammen. Der erste, der aufmerksam gemacht hat auf diese scheinbare Umwandlung des Wärmewesens in andere Energieformen oder anderer Energieformen in Wärme, das war ja Julius Robert Mayer, der im wesentlichen aufmerksam geworden ist auf den Zusammenhang zwischen Wärme und anderen Energieformen als Arzt, indem er in der heißen Zone eine andere Beschaffenheit des venösen Blutes bemerkt hat als in der kalten Zone und daraus schloß auf eine andere Art der physiologischen Arbeit in dem einen und in dem anderen Falle beim menschlichen Organismus. Er hat dann hauptsächlich aus diesen seinen Erfahrungen, die er vermehrt hat, später eine etwas verwuselte Theorie aufgestellt, und bei ihm hat eigentlich diese Theorie noch keinen anderen Umfang als den: Man könne entstehen lassen aus der einen Energieform die andere. — Dann ist die Sache von verschiedenen anderen Leuten, unter anderen von Helmboltz, weiter ausgearbeitet worden. Schon bei Helmholtz tritt nun eine eigentümliche Form des physikalisch-mechanischen Denkens als Ausgangspunkt der ganzen Betrachtung auf. Nimmt man gerade die wichtigste Abhandlung von Helmholtz, durch die er die mechanische Wärmetheorie zu stützen versucht in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts, so liegt diese schon - und zwar als Postulat - dem Hartmannschen Gedanken zugrunde: Ein Perpetuum mobile der ersten Art ist eine Unmöglichkeit; weil ein Perpetuum mobile unmöglich ist, müssen die verschiedenen Energiearten nur Umwandlungen voneinander sein, es kann niemals eine Energieform aus dem Nichts entstehen. Man kann den Satz, von dem man ausgeht als einem Axiom: Ein Perpetuum mobile der ersten Art ist eine Unmöglichkeit -, umwandeln in den anderen: Die Summe der Energien im Weltensystem ist konstant. Es entsteht niemals eine Energie, es vergeht niemals eine Energie. Es verwandeln sich nur die Energien. Die Summe der Energien im Weltensystem ist konstant. - Die beiden Sätze

«Es gibt kein Perpetuum mobile der ersten Art.»
«Die Summe aller Energien im Weltenall ist konstant.»

enthalten im Grunde genommen genau dasselbe. Nun, darum handelt es sich, daß wir mit der Denkweise, die wir schon angewendet haben bei all unseren Betrachtungen, einmal in diese ganze Anschauungsart ein wenig hineinleuchten.“ (Lit.:GA 321, S. 119ff)

Ein fester Körper versucht ein Perpetuum mobile zu werden

Nun hat Rudolf Steiner auch gezeigt, dass in der Bildung eines festen Körpers der Versuch der Natur vorliegt, zu einem geschlossenen System zu werden und auf diese Art zu einem allein sich selbst genügenden Perpetuum mobile zu werden:

„Bleiben wir nur innerhalb desjenigen, was wir anschaulich konstatieren können, so tritt die Gestalt als eine Neuschöpfung auf. Wir sehen es ja förmlich anschaulich, wenn wir aus einer Flüssigkeit einen festen Körper entstehen lassen. Die Gestalt tritt anschaulich auf als Neuschöpfung, und sie wird wieder aufgehoben, wenn wir den Körper in eine flüssige Form umwandeln. Man fasse nur so etwas einmal auf nach dem, was die Anschauung liefert. Was folgt denn aus dem ganzen Vorgang, wenn man wirklich das Anschauliche in einen Begriff umwandelt? Es folgt daraus, daß sich der feste Körper selbständig zu machen versucht, daß er versucht, in sich ein geschlossenes System zu bilden, daß er einen Kampf mit seiner Umgebung eingeht, um ein geschlossenes System zu werden.

Ich möchte sagen, man kann es hier mit Händen greifen, daß hier durch die Verfestigung des Flüssigen der Versuch der Natur vorliegt, zu einem Perpetuum mobile zu kommen. Das Perpetuum mobile entsteht nur nicht, weil das System sich nicht selbst überlassen wird, weil die ganze Umgebung darauf wirkt. So können Sie zu der Anschauung vorrücken: In unserem uns gegebenen Raum ist fortwährend an den verschiedenen Punkten die Tendenz vorhanden zur Entstehung eines Perpetuum mobile. Aber sofort entsteht gegen diese Tendenz eine Gegentendenz. So daß wir sagen können: Wenn irgendwo die Tendenz entsteht, ein Perpetuum mobile zu bilden, so bildet sich in der Umgebung die Gegentendenz, die Entstehung des Perpetuum mobile zu verhindern. Wenn Sie die Denkweise so orientieren, dann modifizieren Sie die abstrakte Denkweise der modernen Physik des 19. Jahrhunderts ganz und gar. Die geht davon aus: Ein Perpetuum mobile ist unmöglich, daher — und so weiter. Wenn man in der Tatsachenwelt stehen bleibt, muß man sagen: Ein Perpetuum mobile will fortwährend entstehen. Nur die Konstitution des Weltenalls verhindert dies.

Und die Gestalt eines festen Körpers, was ist sie? Sie ist der Ausdruck des Kampfes. Dieses Bild, das sich im festen Körper bildet, das ist der Ausdruck des Kampfes zwischen der Substanz als Individualität, die ein Perpetuum mobile bilden will, und der Verhinderung der Bildung des Perpetuum mobile durch das ganze All, das relative All, in dem sich dieses Perpetuum mobile bilden will. Die Gestalt eines Körpers ist das Resultat der Verhinderung dieses Strebens, ein Perpetuum mobile zu werden, ich könnte auch sagen statt Perpetuum mobile, weil das vielleicht da oder dort besser gefallen würde, eine Monade, ein in sich selbst geschlossenes, seine eigenen Kräfte in sich tragendes und seine Form erzeugendes Körperwesen.

Wir kommen, und hier liegt ein entscheidender Punkt, geradezu dazu, umzukehren den ganzen Ausgangspunkt nicht der Physik, insofern sie Experimente liefert, die auf Tatsachen beruhen, sondern der ganzen physikalischen Denkweise des 19. Jahrhunderts. Sie arbeitete mit ungültigen Begriffen. Sie konnte nicht sehen, wie in der Natur doch das Streben überall vorlag nach dem, was sie für unmöglich hielt. Es war dieser Denkweise verhältnismäßig leicht, es für unmöglich zu erklären, aber es ist nicht aus dem abstrakten Grunde unmöglich, aus dem heraus die Physiker angenommen haben, das Perpetuum mobile sei unmöglich, sondern es ist deshalb unmöglich, weil in dem Augenblick, wo es entstehen soll an irgendeinem Körper, sogleich die Umgebung den Neid empfindet - wenn ich jetzt einen Ausdruck moralischer Art anwenden darf - und das Perpetuum mobile nicht entstehen läßt. Es ist aus einer Tatsachengrundlage, nicht aus einer logischen Grundlage heraus unmöglich.“ (Lit.:GA 321, S. 125ff)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.
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