Positives Recht

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Positives Recht oder gesatztes Recht ist das „vom Menschen gesetzte Recht“.[1] Der Gegenbegriff ist das überpositive Recht oder Naturrecht.[2] Anschaulich erklärt ist positives Recht das Recht, das vom Menschen erschaffen wird, während Naturrecht vom Menschen bloß entdeckt wird.

Der Ausdruck wird spezifisch in der Rechtswissenschaft und Rechtsphilosophie verwendet.

Der deutsche Ausdruck ist eine Lehnübersetzung des lateinischen ius positivum. „Positiv“ (von lateinisch ponere „setzen“, Partizip positum „gesetzt“) bedeutet dabei insbesondere „durch Rechtsetzung entstanden“ oder „durch Rechtsprechung entstanden“.

Positives Recht sind nicht nur förmliche parlamentarische Gesetze, sondern unter anderem auch das Gewohnheitsrecht und das Richterrecht[3] – soweit als Rechtsquelle anerkannt.

Das Spannungsverhältnis positives Recht – Naturrecht

Der Begriff „positives Recht“ betont den Gegensatz zu Naturrecht, philosophischer Ethik und allgemeinen Rechtsprinzipien, die – je nach Ausgangspunkt dessen, der darüber nachdenkt – „naturgegeben“, „im Wesen des Menschen liegend“ oder „von Gott vorgegeben“ seien. Dies bedeutet nicht von vornherein inhaltliche Gegensätze zwischen positivem Recht und – zum Beispiel – Naturrecht: Sobald Naturrecht verbindlich festgeschrieben wird, ist es zum positiven Recht geworden.

Für Naturrecht wird auch der Ausdruck „überpositives Recht“ verwendet. Aus der Sicht des vorherrschenden Rechtspositivismus gilt:

Positives Recht ist vom Menschen gemachtes und damit veränderliches Recht. Positives Recht gilt (im Gegensatz zum überpositiven bzw. Naturrecht) zu bestimmten Zeiten und an bestimmten Orten. Es gilt, selbst wenn es nach dem „Gefühl“ eines Einzelnen – oder im besonderen Fall sogar nach Meinung der Mehrheit der Menschen – als „ungerecht“ und damit Unrecht empfunden wird.

Das positive Recht ist unvollkommen und jederzeit veränderbar, beansprucht jedoch als jeweils gegenwärtige Gestalt der Rechtsordnung zunächst einmal Befolgung. Es steht aber dann allen der gerichtliche Weg offen; das positive Recht kann außerdem durch Einwirkung auf die Parlamente als Gesetzgeber neu gefasst werden.

Unrecht

Positives Recht zu brechen kann in einem Unrechtsregime ethisch gerechtfertigt sein; siehe dazu: Zur Geltung ungerechter Gesetze; ferner: Radbruchsche Formel.

Weiterhin kann es sein, dass eine Regelung des positiven Rechts in Konflikt mit anderen gesetzlichen Regeln kommt. Sie könnte sich als verfassungswidrig oder sittenwidrig herausstellen. Die Befolgung könnte daher im Einzelfall problematisch sein.

Der wohl bekannteste Ausspruch zum positiven Recht stammt von Hans Filbinger:

„Was damals rechtens war, kann heute nicht Unrecht sein!“

Grundgesetz in Deutschland

Das deutsche Grundgesetz nimmt das Problem in seinen Artikeln 1 und 79 auf. Artikel 1 lautet in Auszügen: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. […] Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.“ Allerdings ist das Grundgesetz mit zwei Dritteln der Stimmen in Bundestag und Bundesrat veränderbar. Deswegen wurde die sogenannte Ewigkeitsklausel in Art. 79 Absatz 3 eingefügt: „Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche […] die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.“ Damit wird mit dem Mittel des positiven Rechts versucht, den Gefahren, die aus der Geltung positiven Rechts erwachsen können, entgegenzuwirken. Der gleiche Gedanke steckt auch schon in der Formulierung von der „Unantastbarkeit“ der Menschenwürde.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. E. Waibl, F. J. Rainer: Basiswissen Philosophie. facultas.wuv, Wien 2007, Nr. 864.
  2. Klaus F. Röhl, Hans Christian Röhl: Allgemeine Rechtslehre. 3. Auflage, C. Heymanns, Köln [u. a.] 2008, § 34 II, S. 291: „Der Begriff des positiven Rechts erhält seine Bedeutung erst vor dem Hintergrund des Naturrechts als Gegenbegriff.“
  3. Klaus F. Röhl, Hans Christian Röhl: Allgemeine Rechtslehre. 3. Auflage, C. Heymanns, Köln [u. a.] 2008, § 34 I, S. 291.


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