Spieltrieb

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Der Spieltrieb, der bei höheren Tieren und beim Menschen vor allem in der Kindheit zu beobachten ist, entspringt der Tätigkeit des Astralleibs und fördert die Eingliederung in das irdische Dasein. Beim Menschen wird der bloße Spieltrieb in der Regel sehr bald durch die schöpferische Tätigkeit des menschlichen Ich zum freien Spiel erhöht.

In dem menschenkundlichen Konzept, das Friedrich Schiller in seinen ästhetischen Briefen entwickelt, ist der Spieltrieb Ausdruck der freien Vermittlung zwischen dem Formtrieb (Vernunft, Gesetz) und dem Stofftrieb (Sinnlichkeit, Natur), die beide trotz ihrer ausschließenden Gegensätzlichkeit im Spiel zu ihrem Recht kommen, sich gemäß ihrer Eigenart ausleben können.

Stefan Matuschek gibt folgende Definition: Der Spieltrieb

„... bezeichnet eine qualitativ neue menschliche Kraft, die wirksam werden soll, wenn sich Form- und Stofftrieb wechselseitig neutralisieren. Schiller stellt sich diesen Moment wie eine Balance zwischen Sinnlichkeit und Vernunftorientierung vor, als einen Schwebezustand zwischen Empfinden und Denken, in dem tatsächlich nichts Bestimmtes empfunden und gedacht wird. In diesem Moment, den Schiller auch den ästhetischen Zustand nennt, soll eine neue Kraft jenseits des Dualismus erwachen, eine Kraft, die weder auf sinnliche noch auf vernünftige Zwecke ausgerichtet ist, sondern ihren Zweck in sich selbst, in ihrem eigenen Wirken hat.“ (Lit.: Matuschek, S. 262 (aus dem Begriffsglossar))

Heinrich Deinhardt nimmt einen eigenständigen, ursprünglichen Spieltrieb des Menschen neben Form- und Stofftrieb an:

„Damit ist ausgesprochen, daß die Genesis des Spieltriebes nicht in einer »Erfahrung« liegt, welche die »vollständige Entwicklung der beiden Grundtriebe«  zur Voraussetzung hat, daß er vielmehr in der Tat als ein ursprünglicher Trieb wirkt und aus seiner Betätigung die Erfahrungen, die er zunächst braucht, gewinnt, obgleich er weiterhin die Anschauungen der Wirklichkeit in sein Bereich zieht. Daß er aber der Tendenz nach von vornherein ästhetischer Trieb ist, liegt in dem Begriffe der »Selbstproduktion«, welcher die äußere Nötigung ausschließt und das Gefühl wie das Verlangen der Freiheit voraussetzt.“ (Lit.: Deinhardt, Beiträge, S. 155 (Ausgabe Die Kommenden))

Siehe auch

Literatur

  • Beiträge zur Würdigung und zum Verständnisse Schillers, Cotta, Stuttgart 1861, Digitalisat (PDF-Download wählen (80 MB)); Sonderausgaben (diese enthalten nur Deinhardts Arbeiten zu den ästhetischen Briefen, nicht die weiteren Arbeiten über Schiller, die die Orginalausgabe enthält: a) Der Kommende Tag 1922: Beiträge zur Würdigung Schillers. Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen, Einleitung Guenther Wachsmuth, archiv.org TXT, archiv.org ebook, b) Reprint im Verlag "Let Me Print", 2012, ISBN 5883744117, c) Ausgabe 1987: Verlag Kooperative Dürnau: ISBN 3-88861-023-0, Einleitung, biographischer Abriss Thomas Meyer, Verlagsauskunft
  • Friedrich Schiller, Stefan Matuschek: Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen. Kommentar v. Stefan Matuschek, Suhrkamp stb 16, 2009, sehr umfangreicher Kommentarteil "der zurzeit wohl aktuellste und auch beste" [1], jeder einzelne Brief wird ausführlich erläutert, mit Stellenkommentar und Begriffsglossar. ISBN 3518270168