Die gesprochene Version dieses Artikels ist als Audiodatei verfügbar.

Urpersische Kultur

Aus AnthroWiki
Rudolf Steiner: Der persische Mensch, Pastell 1914

Die Urpersische Kultur (5067 - 2907 v. Chr.) war die zweite nachatlantische Kulturepoche. Der Frühlingspunkt stand damals im Zeichen der Zwillinge. In ihr wurde unter der Leitung des großen Eingeweihten Zarathustra der Astralleib weiter ausgebildet.

In der Apokalypse des Johannes wird in dem Sendschreiben an die Gemeinde von Smyrna (dem heutigen Izmir) auf die urpersische Zeit hingewiesen.

„In den vorderasiatischen Gebieten hatte sich als Ergebnis der langdauernden Wanderzüge, die sich seit dem Beginne der atlantischen Zerstörung von Westen nach Osten bewegten, ein Volkszusammenhang seßhaft gemacht, dessen Nachkommenschaft die Geschichte als das persische Volk und die mit diesem verwandten Stämme kennt. Die übersinnliche Erkenntnis muß allerdings zu viel früheren Zeiten zurückgehen als zu den geschichtlichen dieser Völker. Zunächst ist die Rede von sehr frühen Vorfahren der späteren Perser, unter denen das zweite große Kulturzeitalter der nachatlantischen Entwickelung, nach dem indischen, entstand. Die Völker dieses zweiten Zeitalters hatten eine andere Aufgabe als die indischen. Sie waren mit ihren Sehnsüchten und Neigungen nicht bloß der übersinnlichen Welt zugewendet; sie waren veranlagt für die physisch-sinnliche Welt. Sie gewannen die Erde lieb. Sie schätzten, was sich der Mensch auf dieser erobern und was er durch ihre Kräfte gewinnen kann. Was sie als Kriegsvolk vollführten und auch was sie als Mittel erfanden, um der Erde ihre Schätze abzugewinnen, steht im Zusammenhang mit dieser Eigenart ihres Wesens. Bei ihnen war nicht die Gefahr vorhanden, daß sie durch ihre Sehnsucht nach dem Übersinnlichen sich völlig abkehren könnten von der «Illusion» des PhysischSinnlichen, sondern eher diejenige, daß sie durch ihren Sinn fur dieses den seelischen Zusammenhang mit der übersinnlichen Welt ganz verlieren könnten. Auch die Orakelstätten, welche sich aus dem alten atlantischen Gebiet hierher verpflanzt hatten, trugen in ihrer Art den allgemeinen Charakter des Volkes. Es wurde da von Kräften, die man sich einstmals durch die Erlebnisse der übersinnlichen Welt hatte aneignen können und welche man in gewissen niederen Formen noch beherrschen konnte, dasjenige gepflegt, was die Erscheinungen der Natur so lenkt, daß sie den persönlichen Interessen des Menschen dienen. Dieses alte Volk hatte noch eine große Macht in der Beherrschung solcher Naturkräfte, die später vor dem menschlichen Willen sich zurückzogen. Die Hüter der Orakel geboten über innere Kräfte, welche mit dem Feuer und andern Elementen in Zusammenhang standen. Man kann sie Magier nennen. Was sie sich als Erbschaft von übersinnlicher Erkenntnis und übersinnlichen Kräften aus alten Zeiten bewahrt hatten, war allerdings schwach im Verhältnis zu dem, was der Mensch in urfemer Vergangenheit vermochte. Aber es nahm doch alle Formen an, von edlen Künsten, die nur das Menschenheil im Auge hatten, bis zu den verwerflichsten Verrichtungen. In diesen Menschen waltete das luziferische Wesen auf eine besondere Art. Es hatte sie mit allem in Zusammenhang gebracht, was den Menschen von den Absichten derjenigen höheren Wesen ablenkt, welche ohne den luziferischen Einschlag allein die Menschheitsentwickelung vorwärts gelenkt hätten. Auch diejenigen Glieder dieses Volkes, welche noch mit Resten des alten hellseherischen Zustandes, des oben geschilderten Zwischenzustandes zwischen Wachen und Schlafen, begabt waren, fühlten sich zu den niederen Wesen der geistigen Welt sehr hingezogen. Es mußte diesem Volke ein geistiger Antrieb gegeben werden, welcher diesen Charaktereigenschaften entgegenwirkte. Ihm wurde aus derselben Quelle, aus welcher auch das alte indische Geistesleben kam, von dem Bewahrer der Geheimnisse des Sonnenorakels, eine Führerschaft gegeben.

Der Führer der urpersischen Geisteskultur, der von jenem Hüter des Sonnenorakels dem in Rede stehenden Volke gegeben wurde, kann mit demselben Namen bezeichnet werden, welchen die Geschichte als Zarathustra oder Zoroaster kennt. Nur muß betont werden, daß die hier gemeinte Persönlichkeit einer viel früheren Zeit angehört, als die ist, in welche die Geschichte den Träger dieses Namens setzt. Doch kommt es hier nicht auf die äußere geschichtliche Forschung, sondern auf Geisteswissenschaft an.“ (Lit.:GA 13, S. 277ff)

In der urpersischen Kultur leuchtete eine Erinnerung an die hyperboräische Zeit auf, in der sich die Sonne von Erde trennte, die damals aber noch den Mond in sich trug. Hier setzen auch die Schilderungen der biblischen Schöpfungsgeschichte ein. Der lichten Sonnenwelt stand von nun an die finstere Erdenwelt gegenüber. Während die Urinder noch in der Einheit lebten, trat nun das Prinzip der Zweiheit, der Polarität hervor, das sich durch den Gegensatz des lichten Gottes Ahura Mazdao (Ormuzd) und seines finsteren Widersachers Ahriman offenbarte.

„Nun fassen wir die zweite Kulturperiode ins Auge. In dem Prinzip des Lichtes und der Finsternis, da haben wir das Religionsbewußtsein der urpersischen Kulturperiode. Da stellten die großen Eingeweihten zwei Wesenheiten, von denen sie die eine in der Sonne personifiziert sahen, die andere im Monde, die stellten sie einander gegenüber. Ahura Mazdao, die Lichtaura, Ormuzd, ist das Wesen, das die Perser als den höchsten Gott verehrten; Ahriman ist der böse Geist, der Repräsentant aller der Wesen, die die Erde plus Mond besaß. Eine Erinnerung an die zweite Erdepoche ist die Religion der Perser.“ (Lit.:GA 106, S. 35)

Die urpersische Kulturepoche zeichnet sich gegenüber der urindischen Kultur dadurch aus, dass der Mensch hier beginnt, seine Aufmerksamkeit auf die allmähliche Eroberung des physischen Planes zu lenken (kulturell hier in erster Linie als Ackerbau und Viehzucht). Dem Vertreter der urindischen Kultur war die äußere stoffliche Welt Maya - und man hielt es nicht für erstrebenswert, weiter in sie einzudringen.

„Die Mission der nachatlantischen Kultur aber besteht darin, daß der Mensch die Welt, in die er hineingestellt ist, sich immer mehr zu eigen macht, sich immer mehr erobert. So sehen wir, daß in der persischen, in der Vor-Zarathustrischen Kultur, die erste Phase dieses Eroberns der äußeren physischen Welt sich abspielt. Den alten Persern - und es sind hier die vorhistorischen Perser gemeint, denen eine Kolonie der hinübergewanderten letzten Atlantier zugrunde liegt - eignete schon ein anderes Bewußtsein; sie empfanden den physischen Plan schon als etwas Reales. Nicht mehr als etwas Fremdes erschien dem alten Perser der physische Plan; er sagte sich: In diesem physischen Plane sind auch Möglichkeiten, den Geist zu pflanzen und zu pflegen. - Er beachtete die physische Welt bereits; er studierte sie noch nicht, aber er beachtete sie. Der alte Perser empfindet in ihr noch ein Feindliches, aber so, daß er den Feind überwinden kann. Er macht sich zum Freunde, zum Genossen des Gottes Ormuzd, um die Materie zu erlösen. Er arbeitet in das Physische hinein; nach und nach beginnt er etwas davon zu ahnen, daß diese Welt nicht nur Maja, nicht bloß wesenloser Schein, sondern eine zu beachtende Wirklichkeit ist.“ (Lit.:GA 105, S. 154f)

Die Annäherung der Menschheit an die physisch-sinnlichen Welterscheinungen zur urpersischen Zeit brachte auch die Wirksamkeit Ahrimans, die seit der atlantischen Epoche untrennbar mit dem menschlichen Wesensgefüge verknüpft ist, stärker zur Geltung. Das findet seinen spirituellen Niederschlag in der Lehre des Zarathustra als Antagonismus zwischen den ahrimanischen Mächten der Finsternis einerseits und den göttlichen Mächten der Sonne, bezeichnet als Ahura Mazdao, andererseits.

Während in der atlantischen Epoche der physische Leib mit den Kräften des Ich durchdrungen wurde, und dies während der urindischen Kulturepoche der nachatlantischen Epoche für den Ätherleib der Fall war, drangen während der urpersischen Zeit die Ichkräfte in den Seelen- oder Astralleib ein. Dieses Durchdringen des Astralleibes mit den Ichkräften ist nicht zu verwechseln mit der vollbewussten Umarbeitung des Astralleibes zum Geistselbst.

Der Gegensatz von Iran und Turan

Die urpersische Zeit war geprägt vom Gegensatz der Völker von Iran und Turan.

„In dieser Zeit, die jetzt für uns zu betrachten wichtig ist, waren alle diese Völkerschaften, die mit einem in der Dekadenz begriffenen Hellsehen begabt waren, Nomadenvölker, die, ohne seßhaft zu sein, ohne feste Wohnsitze zu gründen, als Hirten herumstreiften, keinen Fleck besonders lieb hatten, auch das, was die Erde ihnen bot, nicht besonders pflegten, und auch gern bereit waren zu zerstören, was um sie herum war, wenn sie etwas brauchten zu ihrem Lebensunterhalt. Aber etwas zu leisten, um das Kulturniveau zu erhöhen, um die Erde umzugestalten, dazu waren diese Völker nicht aufgelegt.

So entstand der große, der wichtige Gegensatz, der vielleicht zu dem Allerwichtigsten der nachatlantischen Entwickelung gehört: der Gegensatz zwischen diesen mehr nördlichen Völkern und den iranischen Völkern. Bei den Iraniern entwickelte sich die Sehnsucht, einzugreifen in das Geschehen rings um sie herum, seßhaft zu werden, was man als Mensch und als Menschheit hat, durch Arbeit sich zu erringen, das heißt also wirklich durch die menschlichen Geisteskräfte die Natur umzugestalten. Das war gerade in diesem Winkel der größte Drang der Menschen. Und unmittelbar daran stieß nach Norden jenes Volk, das hineinschaute in die geistige Welt, das sozusagen auf «du und du» war mit den geistigen Wesenheiten, das aber nicht gern arbeitete, das nicht seßhaft war und gar kein Interesse daran hatte, die Kulturarbeit in der physischen Welt vorwärts zu bringen.

Das ist der größte Gegensatz vielleicht, der sich äußerlich in der Geschichte der nachadantischen Zeiten gebildet hat, und der rein eine Folge ist der verschiedenen Arten der Seelenentwickelung. Es ist der Gegensatz, den man in der äußeren Geschichte auch kennt: der große Gegensatz zwischen Iran und Turan. Aber man kennt nicht die Ursachen. Hier haben wir jetzt die Gründe.

Im Norden, nach Sibirien hinein: Turan, jenes Völkergemenge, das in hohem Grade mit den Erbstücken eines niederen astralischen Hellsehens begabt war, das infolge dieses Lebens in der geistigen Welt keine Neigung und keinen Sinn hatte, eine äußere Kultur zu begründen, sondern - weil diese Menschen mehr passiver Art waren und sogar zu ihren Priestern vielfach niedere Magier und Zauberer hatten - sich namentlich da, wo es auf das Geistige ankam, mit niederer Zauberei, ja zum Teil sogar mit schwarzer Magie beschäftigte. Im Süden davon: Iran, jene Gegenden, in denen frühzeitig der Drang entstand, mit den primitivsten Mitteln dasjenige, was in der Sinnes weit uns gegeben ist, durch menschliche Geisteskraft umzugestalten, so daß auf diese Weise äußere Kulturen entstehen können.

Das ist der große Gegensatz zwischen Iran und Turan. In einer schönen Weise wird mythisch, legendenhaft angedeutet, wie der nach dieser Kulturseite vorgeschrittenste Teil der Menschen von Norden herunterzog bis in die Gegend, die wir als die iranische angesprochen haben. Und wenn uns in der Legende von Dschemshid, jenem Könige, der seine Völker von Norden heruntergeführt hat nach Iran, erzählt wird: er bekam von jenem Gotte, der nach und nach anerkannt werden wird, den er Ahura Mazdao nannte, einen goldenen Dolch, mit dem er seine Mission auf der Erde erfüllen sollte - dann müssen wir uns klar sein, daß mit dem goldenen Dolch des Königs Dschemshid, der seine Völker herausentwickelte aus der trägen Masse der Turanier, dasjenige gegeben war, was das an die äußeren Menschenkräfte gebundene Weisheitsstreben ist, jenes Weisheitsstreben, welches die vorher in Dekadenz gekommenen Kräfte wieder heraufentwickelt und sie durchdringt und durchwebt mit dem, was der Mensch auf dem physischen Plan an Geisteskraft erringen kann. Dieser goldene Dolch hat als Pflug die Erde umgegraben, hat aus der Erde Ackerland gemacht, hat die ersten primitivsten Erfindungen der Menschheit gebracht. Er hat fortgewirkt und wirkt bis heute in alledem, auf das die Menschen als ihre Kulturerrungenschaften stolz sind. Das ist etwas Bedeutsames, daß der König Dschemshid, der herunterzog aus Turan in die iranischen Gebiete, von Ahura Mazdao diesen goldenen Dolch erhielt, der den Menschen die Kraft gibt, sich die äußere sinnliche Welt zu erarbeiten. Dieselbe Wesenheit, von der dieser goldene Dolch stammt, ist auch der große Inspirator jenes Führers der iranischen Bevölkerung, den wir als Zarathustra oder Zoroaster, Zerdutsch kennen. Und Zarathustra war es, der in uralten Zeiten - bald nach der atlantischen Katastrophe - mit den Gütern, die er aus den heiligen Mysterien heraustragen konnte, jenes Volk durchdrang, das den Drang hatte, die äußere Kultur mit menschlicher Geisteskraft zu durchweben. Dazu sollte Zarathustra diesen Völkern, die nicht mehr die alte atlantische Fähigkeit hatten, hineinzuschauen in die geistige Welt, neue Aussichten und neue Hoffnungen auf die geistige Welt geben. So eröffnete Zarathustra jenen Weg, den wir öfter besprochen haben, auf dem die Völker einsehen sollten, daß in dem äußeren Sonnenlichtleib nur gegeben ist der äußere Leib eines hohen geistigen Wesens, welches er, im Gegensatz zu der kleinen menschlichen Aura, die «Große Aura», Ahura Mazdao nannte. Er wollte damit andeuten, daß dieses zwar jetzt noch weit entfernte Wesen einstmals heruntersteigen würde auf die Erde, um innerhalb der Menschheitsgeschichte sich substantiell mit der Erde zu vereinigen und im Menschheitswerden weiter zu wirken. Damit wurde für diese Menschen von Zarathustra auf dieselbe Wesenheit hingewiesen, die später in der Geschichte als der Christus lebte.“ (Lit.:GA 123, S. 25ff)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

Download der Sprachversion dieses Artikels Urpersische Kultur: Die gesprochene Version dieses Artikels ist als Audiodatei verfügbar.
Es ist möglich, dass die Audiodatei und der aktuelle Artikel nicht auf dem gleichen Stand sind.
Eine Übersicht über alle gesprochenen Artikel finden Sie hier.