Eine freie Initiative von Menschen bei anthrowiki.at, anthro.world, biodyn.wiki und steiner.wiki mit online Lesekreisen, Übungsgruppen, Vorträgen ... |
Wie Sie die Entwicklung von AnthroWiki durch Ihre Spende unterstützen können, erfahren Sie hier. |
Staatsphilosophie
Die Staatstheorie oder Staatsphilosophie behandelt mögliche Definitionen, Entstehung, Formen, Aufgaben und Ziele des Staates sowie dessen institutionelle, soziale, ethische und juristische Bedingungen und Grenzen. Als Teilgebiet der Politischen Philosophie und Konkretion der Allgemeinen Staatslehre berühren Staatstheorien deshalb oftmals Fragestellungen, die mehrere Einzelwissenschaften gleichzeitig betreffen, darunter: die Philosophie, die Theologie, die Politikwissenschaft, die Rechtswissenschaft, die Soziologie und die Volkswirtschaftslehre.
Überblick
Eine Staatstheorie kann von sehr verschiedenen Ansätzen ausgehen:
- von historischen oder vorhandenen Staatssystemen, die sie beschreibt, legitimiert oder kritisiert,
- vom Ideal einer politischen Ordnung, etwa einer Staatsutopie,
- von ökonomischen oder politisch-sozialen Machtstrukturen,
- von einer Idee der „Sittlichkeit“ (Ethik), daraus abgeleitet u. a. die Menschenrechte und die Gewaltenteilung,
- von einer vorgegebenen, sei es „göttlichen“, naturgesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Ordnung.
Je nach Epoche und Theorieansatz können Akteure der Staatstheorie sein:
- der Souverän,
- der Staat als abstraktes Wesen selbst,
- ein Staatsvolk,
- der einzelne Mensch,
- die soziale Klasse oder
- die Gesamtheit der handelnden Wirtschaftssubjekte.
Diese Subjekte sind zugleich auch Objekte der Staatstheorien, sofern Freiheit und Ordnung im Konstrukt des Staates auf irgendeine Weise miteinander ausgeglichen werden (sollen): z. B. als Machtstaat, Rechtsstaat, „Wohlfahrtsstaat“, "Sozialstaat" oder „Klassenlose Gesellschaft“. Gegenstand der Reflexion sind ebenso die Abgrenzung und Zuordnung verschiedener Staatsaufgaben und Staatsgewalten – z. B. Legislative, Exekutive und Judikative – wie der mögliche und wirkliche „Interessenausgleich“ verschiedener Gruppen, die im Staat zusammengefasst existieren.
Man kann Staatstheorien historisch verschiedenen Gesellschaftsformen zuordnen und sie daraus ableiten. Sie reagierten je nach Epoche auf unterschiedliche Bedürfnisse und partikulare oder allgemeine Interessen. Eine Möglichkeit, ihre Vielfalt begrifflich zu ordnen, ist die Frage nach dem ihnen zugrunde liegenden „Menschenbild“ (vgl. Philosophische Anthropologie): Wird der Mensch als prinzipiell „gut“ gedacht, liegt eine Staatstheorie nahe, welche auf möglichst weitgehende demokratische Teilhabe, soziale Gleichheit und Herrschaftsminderung ausgerichtet ist. Wird der Mensch hingegen als prinzipiell gewalttätig, machtstrebend, „böse“ oder wegen seiner prinzipiellen Unbestimmtheit potenziell „gefährlich“ gesehen, liegt eine Staatstheorie nahe, die eine freiheitsbegrenzende Machtausübung staatlicher Autorität legitimiert.
Auch in ihrer Herangehensweise unterscheiden sich die Ansätze: Eine Rechtstheorie geht z. B. eher normativ und deduktiv vor, während eine soziologische Theorie zuvor die Interessengruppen empirisch und deskriptiv analysiert.
Zu vielen weiteren Themen siehe auch
- Staatsphilosophie - Artikel in der deutschen Wikipedia
Siehe auch
- Kategorie:Staatsphilosophie - Artikel in der deutschen Wikipedia
- Staatsphilosophie - Artikel in der deutschen Wikipedia
- Politische Theorie - Artikel in der deutschen Wikipedia
- Staatsableitung - Artikel in der deutschen Wikipedia
- Staatssoziologie - Artikel in der deutschen Wikipedia
Literatur
Klassische Werke
- Platon: Politeia
- Der Staat. ISBN 3-15-008205-6.
- Aristoteles: Politik.
- Die politischen Dinge. ISBN 3-15-008522-5.
- Polybios: Historia
- Geschichte. Übersetzt von Hans Drexler. 2 Bde., Zürich 1961/3
- Cicero: De re publica. 54 bis 51 v. Chr.
- Vom Gemeinwesen. ISBN 3-15-009909-9.
- Augustinus: De civitate Dei. Um 420
- Vom Gottesstaat. ISBN 3-423-30123-6.
- Thomas von Aquin: De regimine principum.
- Über die Herrschaft der Fürsten. ISBN 3-15-009326-0.
- ders.: Summa theologica. 1265 oder 1266 bis 1273.
- Summe der Theologie
- Dante Alighieri: De Monarchia. Um 1316.
- Über die Monarchie
- Marsilius von Padua: Defensor Pacis. 1324.
- Verteidiger des Friedens
- Nikolaus von Kues: De concordantia catholica. 1433/34
- Über die allgemeine Eintracht
- Niccolò Machiavelli: Il Principe. 1513
- Der Fürst. ISBN 3-15-001219-8.
- Martin Luther: Von weltlicher Obrigkeit. 1520.
- Jean Bodin: Les six livres de la Republique. 1576.
- Sechs Bücher über den Staat. ISBN 3-15-009812-2.
- Thomas Hobbes: Leviathan. 1651.
- Leviathan. ISBN 3-15-008348-6.
- John Locke: Two Treatises of Government.
- Zwei Abhandlungen über die Regierung. ISBN 3-15-009691-X.
- Montesquieu: De l’esprit des lois. 1748.
- Vom Geist der Gesetze. ISBN 3-15-008953-0.
- Jean-Jacques Rousseau: Du Contrat social. 1762.
- Alexis de Tocqueville: De la démocratique en amérique.
- Jean-Jacques Rousseau: Du contract social ou principes droit politique.
- Pierre-Joseph Proudhon: Système des contradictions économiques ou Philosophie de la misère. 1846.
- System der ökonomischen Widersprüche oder Philosophie des Elends. Kramer, Berlin 2003, ISBN 3-87956-281-4.
- Marx/Engels: Kommunistisches Manifest. 1848, ISBN 3-88619-322-5.
- Karl Marx: Zur Judenfrage. 1843; MEW Band 1.
- Friedrich Engels: Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats. 1884
- Michail Bakunin: Государственность и анархия (Gosudarstvennost i anarchija). 1873.
- Staatlichkeit und Anarchie. ISBN 3-87956-233-4.
- Pjotr Kropotkin: La conquête du pain. 1892.
- Die Eroberung des Brotes. ISBN 3-922209-08-4.
- ders.: Mutual Aid: A Factor of Evolution. 1902.
- Gegenseitige Hilfe. ISBN 3-900434-27-1.
- Georg Jellinek: Allgemeine Staatslehre. 1900.
- Franz Oppenheimer: Der Staat.
- Lenin: Staat und Revolution. 1917
- Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft. 1922, ISBN 3-16-147749-9 (Onlinetext)
- Hans Kelsen: Allgemeine Staatslehre. 1925.
- Carl Schmitt: Verfassungslehre. 1928.
- Eugen Paschukanis: Allgemeine Rechtslehre und Marxismus. 1929.
- Karl Barth: Christengemeinde und Bürgergemeinde. 1946.
- John Rawls: A Theory of Justice. 1971.
- Eine Theorie der Gerechtigkeit. ISBN 3-518-06737-0.
- Nicos Poulantzas: L’état, le pouvoir, le socialisme. 1977.
- Reinhold Zippelius: Allgemeine Staatslehre. Politikwissenschaft. 17. Auflage. C.H. Beck, München 2017, ISBN 978-3-406-71296-8.
Weitere Literatur
- Andreas Anter, Wilhelm Bleek: Staatskonzepte: Die Theorien der bundesdeutschen Politikwissenschaft. Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York 2013, ISBN 978-3-593-39895-2.
- Lars Bretthauer, Alexander Gallas, John Kannankulam, Ingo Stützle (Hrsg.): Poulantzas lesen. Zur Aktualität marxistischer Staatstheorie. VSA, Hamburg 2006, ISBN 3-89965-177-4 (Einleitung)
- Alex Talbot Coram: State, Anarchy, Collective Decisions – Some Applications of Game Theory to Political Economy. 2001 (Staat vs. Anarchie aus spieltheoretischer Sicht).
- Alex Demirović: Nicos Poulantzas: Aktualität und Probleme materialistischer Staatstheorie. Westfälisches Dampfboot, Münster 2007, ISBN 978-3-89691-622-8 (Rezension von B. Opratko)
- Joachim Hirsch: Materialistische Staatstheorie. Transformationsprozesse des kapitalistischen Staatensystems. VSA-Verlag, Hamburg 2005, ISBN 3-89965-144-8.
- Joachim Hirsch: Der nationale Wettbewerbsstaat. Staat, Demokratie und Politik im globalen Kapitalismus. Berlin/Rotterdam 1995, ISBN 3-89408-049-3.
- Walter Kreck: Grundfragen christlicher Ethik. Kaiser, München 1975, ISBN 3-459-01019-3.
- Martin Kriele: Einführung in die Staatslehre. Die geschichtlichen Legitimitätsgrundlagen des demokratischen Verfassungsstaates. 6., überarbeitet und erweiterte Auflage. Kohlhammer, Stuttgart 2003, ISBN 3-17-018163-7.
- Birgit Sauer: Staat, Demokratie und Geschlecht – aktuelle Debatten. In: gender…politik…online. August 2003 (PDF; 420 KB)
- Rüdiger Voigt, Ulrich Weiß (Hrsg.): Handbuch Staatsdenker. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-515-09511-2.
- Rüdiger Voigt (Hrsg.): Staatsdenken. Zum Stand der Staatstheorie heute. Nomos, Baden-Baden 2016, ISBN 978-3-8487-0958-8.
- Jens Wissel & Stefanie Wöhl (Hrsg.): Staatstheorie vor neuen Herausforderungen. Analyse und Kritik. Westfälisches Dampfboot, Münster 2008, ISBN 978-3-89691-747-8 (Rezension von I. Küpeli)
- Staatstheorie. Politischer Überbau, Ideologie, autoritärer Etatismus. VSA-Verlag, Hamburg 1978, ISBN 3-87975-161-7.
- Reinhold Zippelius: Geschichte der Staatsideen. 10. Auflage. Beck, München, 2003, ISBN 3-406-49494-3.
Weblinks
Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel Staatsphilosophie aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |