Despotie

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Die Despotie oder der Despotismus (gr. δεσποτία despotía, von δεσπότης despótes „Herr“) ist eine Herrschaftsform, in der ein Herrscher oder Oberhaupt, wie etwa ein Staatsoberhaupt, (Despot = unumschränkt Herrschender, Gewaltherrscher oder abwertend für einen herrischen, tyrannischen Menschen[1]) die uneingeschränkte Herrschaft ausübt. Heutzutage wird mit dem Begriff Despotie eine „schrankenlose Gewalt-, Willkürherrschaft“ bezeichnet.[2]

Oft ist mit Despotie eine Entartungsform der Monarchie gemeint (Tyrannis). Kennzeichen dieser Form ist Willkürherrschaft, denn es entscheiden lediglich der Wille und die Willkür des Herrschers. Damit stellt die Despotie den höchsten Grad und die besondere Ausgestaltung eines autokratischen oder absolutistischen Regierungssystems dar. Die Despotie ist aber nicht auf die Monarchie beschränkt, denn auch in einer Republik können Gewalthaber zeitweise despotisch auftreten, wenn es ihnen gelingt, lediglich nach ihrem Willen die Geschicke des Volkes zu bestimmen. Daher entspricht in der moderneren Typologie politischer Systeme die totalitäre Diktatur der Despotie.

Allgemein bezeichnet Despotismus auch eine durch Willkür und Schrankenlosigkeit gekennzeichnete Herrschaftsordnung oder Regierungsweise. Der Begriff Despotismus wird aus der Staatstheorie nicht selten in andere Lebensverhältnisse übertragen. Im Gemeinde-, Kirchen-, Vereins- oder Familienleben wird der Begriff ebenfalls benutzt, wenn ein Einzelwille in ungerechtfertigter Weise anderen gegenüber dominiert.

Weil der Herrscher oder die herrschende Gruppe ihre Macht in despotischer Weise ausüben und Machtbefugnisse missbrauchen, wird dem Despotismus von manchen Staatstheoretikern jede Förderung des Allgemeinwohls abgesprochen. Die Despotie begründet als illegitime Herrschaftsform nach Ansicht vieler Staatstheoretiker ein Widerstandsrecht, das im Grundgesetz in Deutschland in Art. 20, Abs. 4 GG garantiert ist.

Geschichte

Der Despot ist im griechischen Wortursprung der Herr, insbesondere über Sklaven und auch im Sinne von Hausherr. Die griechische Polis war durch eine Trennung von Haushalt (oikos) und öffentlicher Sphäre charakterisiert. Wenn sich ein Politiker in der öffentlichen Sphäre so verhält wie im privaten Haushalt, d.h. die freien Bürger als Sklaven behandelt, spricht man in der antiken Tradition von Despotie. Der Despotismus ist eine der ältesten Herrschaftsformen, denn immer wieder sind monarchische und auch demokratische Regierungen zu Despotien entartet. Bereits im Altertum bei den Griechen (Dionysios I. von Syrakus) und in der römischen Kaiserzeit (Caligula) finden sich viele Beispiele, und auch zur Zeit der Völkerwanderung beherrschten zahlreiche Stammesfürsten auf despotische Weise ihre Völker.

Im Mittelalter strebten manche Fürsten nach absoluter Macht und so entsteht der Fürstendespotismus. Im 17. Jahrhundert bezeichnete Ludwig XIV. von Frankreich sich als „Sonnenkönig“ und schaltete den Einfluss des Adels aus. In Deutschland entstand im 17. und 18. Jahrhundert ein patriarchalischer Despotismus, der durch ein eher väterlich-fürsorgliches Verhältnis zwischen Landesherrn und Landeskindern gekennzeichnet war.

Stark despotische Reiche traten auch in Asien auf, wobei der Kaiser von China die größte Macht ausübte und in der Qing-Dynastie einen aufgeklärten Despotismus errichtete.

Seit der Zeit der Aufklärung wurde die absolute Staatsmacht von französischen Philosophen wie Jean-Jacques Rousseau, Condorcet, Montesquieu und Voltaire sowie den englischen Denkern wie Hume und auch von dem Gründervater der amerikanischen Demokratie Thomas Jefferson kritisiert.

Der Verweis auf einen drohenden „Sieg des russischen Despotismus“ diente dem SPD-Parteivorsitzenden Hugo Haase im August 1914 als Begründung für die Zustimmung zu den Kriegskrediten.[3]

In neuerer Zeit trat der Despotismus wieder im Dritten Reich (1933 bis 1945) unter Adolf Hitler, in Spanien (1939 bis 1975) unter Francisco Franco, in der Sowjetunion unter Josef Stalin, in Italien (1922 bis 1943) unter Benito Mussolini, in Chile (1973 bis 1990) unter Augusto Pinochet, im damaligen Zaire (heute Wikipedia:Demokratische Republik Kongo) unter Mobutu Sese Seko, in Uganda unter Idi Amin oder in der Zentralafrikanischen Republik unter Jean-Bédel Bokassa auf. Auch mehrere heutige Staaten in Asien und Afrika können als Despotien betrachtet werden, so etwa Nordkorea, Turkmenistan oder Simbabwe.

Siehe auch

Weblinks

 Wiktionary: Despot – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Wiktionary: Despotismus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Wikiquote: Despotie – Zitate
  • Despotism (1946) Aufklärungsfilm für das Klassenzimmer, produziert von Encyclopaedia Britannica Films, 1946 (englisch)

Einzelnachweise

  1. Despot in duden.de, abgerufen am 22. Mai 2015
  2. Despotie in duden.de, abgerufen am 22. Mai 2015
  3. Erklärung der Sozialdemokratischen Partei zum Kriegsausbruch abgegeben vom Fraktionsvorsitzenden Haase im Reichstag (4. August 1914)


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