Wassergeister und Kristallstrukturanalyse: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Wassergeister''' sind [[Elementarwesen]], die innig mit dem [[Wasser|wäßrigen Element]] verbunden sind und in oder in der Nähe von Quellen, Flüssen, Seen oder im Meer leben. Der Ausdruck Wasser''geist'' ist insofern irreführend, da sie als Elementarwesen über kein selbstständiges [[Ich]], also über keinen [[individuell]]en [[Geist]] verfügen; richtig müsste man sie als Wasser''[[wesen]]'' bezeichnen.
[[Datei:DNA-X-Ray-Wilkins.jpg|mini|left|Abb. 1: Eine der ersten Aufnahmen der unter der Leitung von [[Wikipedia:Maurice Wilkins|Maurice Wilkins]] durchgeführten [[Röntgenstrukturanalyse]] der [[Wikipedia:DNA|DNA]], für die ihm 1962 zusammen mit [[Wikipedia:James Watson|James Watson]] und [[Wikipedia:Francis Crick|Francis Crick]] der [[Wikipedia:Nobelpreis für Physiologie oder Medizin|Nobelpreis für Physiologie oder Medizin]] verliehen wurde.]]
[[Datei:X-ray spectrometer, 1912. (9660569929).jpg|mini|Der Röntgenspektrograf von W. L. Bragg, 1912. [[Wikipedia:Science Museum London|Science Museum London]].]]
[[Datei:Freezed XRD.jpg|mini|Modernes Röntgenstrahlen-Diffraktometer bei der Arbeit]]
[[Datei:Tyrosin.png|mini|Die Struktur von Proteinen wird durch Röntgenstrukturanalalyse aufgeklärt, indem die Aminosäuresequenz in die ermittelte Elektronenverteilung (weißes Gitter) so eingepasst wird, bis es plausibel scheint, dass die vorgeschlagene Struktur die gemessene Elektronenverteilung erzeugen kann.]]
[[Datei:DNA orbit animated.gif|mini|hochkant=1|Strukturmodell einer DNA-Helix in B-Konformation. Die [[Stickstoff]] (blau) enthaltenden [[Wikipedia:Nukleinbasen|Nukleinbasen]] liegen waagrecht zwischen zwei Rückgratsträngen, welche sehr reich an [[Sauerstoff]] (rot) sind. [[Kohlenstoff]]atome sind grün dargestellt.]]


In der [[Wikipedia:Mythologie|mythologischen]] Überlieferung wird von unzähligen verschiedenartigen Wasserwesen berichtet. Es gibt [[Mann|männliche]] und [[Frau|weibliche]] Wasserwesen. Männliche Wasserwesen sind die [[Wassermann (Mythologie)|Wassermänner]], weibliche etwa die [[Nixe]]n. Manche weibliche Wasserwesen sind [[Jungfräulichkeit|jungfräulich]] wie die [[Undinen]] und die zu ihnen gehörigen [[Meerjungfrau]]en, andere nicht. Die Slawen unterscheiden zwei Arten von Wassergeistern: [[Wikipedia:Wodjanoi|Wodjanoi]] und [[Wikipedia:Rusálka|Rusálka]](vgl. die Dvořák-Oper [[Wikipedia:Rusalka_(Oper)|Rusalka]]).  
Die '''Kristallstrukturanalyse''' ist ein [[physik]]alisches Verfahren, um die innere [[Struktur]] eines [[Kristall]]s [[Empirie|empirisch]] zu ermitteln. Sie bedient sich dabei der [[Beugung (Physik)|Beugung]] geeigneter kurzwelliger [[Strahlung]] am [[Kristallgitter]]. Meist wird dabei [[Röntgenstrahlung]] verwendet, weshalb man dann auch von '''Röntgenstrukturanalyse''' spricht.  


Im [[Wikipedia:Tibetischer_Buddhismus|Tibetischen Buddhismus]] und [[Wikipedia:Bön|Bön]] werden die Wassergeister als [[Wikipedia:Naga (Mythologie)|Nagas]] oder Lu bezeichnet.
Die Beugung von Röntgenstrahlen an Kristallen wurde [[Wikipedia:1912|1912]] von [[Wikipedia:Max von Laue|Max von Laue]] ([[1879]]-1960) gemeinsam mit [[Wikipedia:Walter Friedrich (Biophysiker)|Walter Friedrich]] und [[Wikipedia:Paul Knipping|Paul Knipping]] entdeckt, womit sie zugleich nachwiesen, dass sich Röntgenstrahlung wie eine [[Welle]] ausbreitet. Außerdem ergaben sich aus den Beugungsmustern erstmals konkrete Aufschlüsse über die [[Kristallstruktur]]. 1914 erhielt Max von Laue für seine bahnbrechende Arbeit den [[Wikipedia:Nobelpreis für Physik|Nobelpreis für Physik]].  


[[Kategorie:Geistige Wesen]] [[Kategorie:Elementarwesen]] [[Kategorie:Mythologie]]
Angeregt durch Laues Arbeiten untersuchte [[Wikipedia:William Lawrence Bragg|William Lawrence Bragg]] von 1912 bis 1914 zusammen mit seinem Vater verschiedene Kristalle Röntgenstrahlen und fand 1912 die [[Wikipedia:Bragg-Gleichung|Bragg-Gleichung]], aus der sich die Winkel <math>\sin(\theta)</math> (Glanz- oder Bragg-Winkel) der Beugungsmaxima <math>n</math>-ter Ordnung der am Kristallgitter mit der Gitterdistanz <math>d</math> reflektierten Röntgenstrahlung mit der [[Wellenlänge]] <math>\lambda</math> errechnen lassen. Gemeinsam mit seinem Vater wurde ihm dafür 1915 der Nobelpreis für Physik verliehen.
 
<center><math> n \lambda = 2d \, \sin(\theta)</math></center>
 
Zur Analyse wird der Kristall drehbar montiert und kann dadurch unter verschiedensten Winkeln bestrahlt werden. Aus der Winkelverteilung der Beugungsmaxima in dem daraus resultierenden Beugungsmuster kann die [[Kristallstruktur]] bzw. die Verteilung der [[Wikipedia:Elektronendichte|Elektronendichte]] in der [[Elementarzelle]] mittels [[Fourier-Transformation]] berechnet werden. [[Einkristall]]e, die ein durchgehend einheitliches, homogenes Kristallgitter bilden, aber oft nur schwer in ausreichender Größe gezüchtet werden können, sind für die Strukturanalyse am besten geeignet. Leichter herzustellende polykristalline Aggregate können heutzutage auch verwendet werden, liefern aber weniger detailreiche Bilder.
 
Grundsätzlich kann aus der Verteilung der Elektronen auch die [[Raum|räumlich]]-[[Geometrie|geometrische]] Anordnung der [[Atom]]e bzw. die [[Molekularstruktur]] auch hochkomplexer [[Molekül]]e, z.B. vieler biologisch aktiver [[Protein]]e, erschlossen werden. Das vermutlich bekannteste Beispiele dafür ist die am 25. April 1953 von [[Wikipedia:James Watson|James Watson]] und [[Wikipedia:Francis Crick|Francis Crick]] in ihrem berühmten, kaum mehr als eine Seite langen Artikel ''[[Wikipedia:Molecular Structure of Nucleic Acids: A Structure for Deoxyribose Nucleic Acid|Molecular Structure of Nucleic Acids: A Structure for Deoxyribose Nucleic Acid]]''.<ref name="WatsonCrick1953">J. D. Watson, F. H. Crick: [http://www.nature.com/physics/looking-back/crick/index.html ''Molecular structure of nucleic acids. A structure for deoxyribose nucleic acid.''] In: ''[[Wikipedia:Nature|Nature]].'' Band 171, Nr. 4356, 1953, S. 737–738. PMID 13054692 [http://www.nature.com/nature/dna50/watsoncrick.pdf (Volltext, PDF; 368&nbsp;kB)]</ref> in der Zeitschrift [[Wikipedia:Nature|Nature]] veröffentlichte [[Wikipedia:Desoxyribonukleinsäure|DNA]]-Struktur, zu deren Bestimmung sie sich hauptsächlich auf die Röntgenbeugungsdaten von [[Wikipedia:Maurice Wilkins|Maurice Wilkins]] und [[Wikipedia:Rosalind Franklin|Rosalind Franklin]] stützten. In einem kreativ suchenden Prozess bauten sie immer wieder neue Strukturmodelle, die zu den Beugungsmustern passten, bis sie schließlich auf die geniale [[Idee]] der berühmten [[Wikipedia:Doppelhelix|Doppelhelix]] stießen, für die ihnen 1962 zusammen mit Wilkins der [[Wikipedia:Nobelpreis für Physiologie oder Medizin|Nobelpreis für Physiologie oder Medizin]] verliehen wurde.
 
Wilkins schrieb dazu in seinem Nobelpreis-Vortrag:
 
{{LZ|Diese Forschung wurde von Randall geleitet, der
bei W. L. Bragg studiert und mit Röntgenbeugung gearbeitet hatte.
Fast sofort erhielt Gosling sehr ermutigende Beugungsbilder
(siehe Abb. 1). Ein Grund für diesen Erfolg war, dass wir die Fasern feucht hielten. Wir
erinnerten uns, dass, um detaillierte Röntgenmuster von Proteinen zu erhalten, Bernal
Proteinkristalle in ihrer Mutterlauge gehalten hatte. Es schien wahrscheinlich, dass die
Konfiguration aller Arten von wasserlöslichen biologischen Makromolekülen
abhängig von ihrer wässrigen Umgebung sein würden. Wir erhielten gute Beugungsmuster
mit DNA von Signer und Schwander, die Singer nach
London zu einem Faraday Society Meeting über Nukleinsäuren mitgebracht und großzügig
verteilt hatte, so dass alle Arbeiter mit ihren verschiedenen Techniken daran arbeiten konnten.<ref>Im englischen Original:<br>
„This research was directed by Randall, who
had been trained under W. L. Bragg and had worked with X-ray diffraction.
Almost immediately, Gosling obtained very encouraging diffraction patterns
(see Fig. 1). One reason for this success was that we kept the fibres moist. We
remembered that, to obtain detailed X-ray patterns from proteins, Bernal
had kept protein crystals in their mother liquor. It seemed likely that the
configuration of all kinds of water-soluble biological macromolecules would
depend on their aqueous environment. We obtained good diffraction patterns
with DNA made by Signer and Schwander which Singer brought to
London to a Faraday Society meeting on nucleic acids and which he generously
distributed so that all workers, using their various techniques, could
study it.“<br>(Wilkins: ''Nobel Lecture'', December 11, 1962 [https://www.nobelprize.org/nobel_prizes/medicine/laureates/1962/wilkins-lecture.pdf pdf])</ref>|Wilkins, S. 757}}
 
Man muss dabei allerdings bedenken, dass die gewonnenen Erkenntnisse nur im Rahmen ihrer makroskopischen Umgebung gültig sind und streng genommen nicht auf freie Moleküle in [[Flüssigkeit]]en oder [[Gas]]en übertragen werden können. Darauf hatte schon [[Rudolf Steiner]] hingewiesen:
 
{{GZ|Spiritisten berufen sich darauf, daß sie Geister fotografiert haben. Das Fotografieren ist ein äußerer Vorgang, und ich will mich hier nicht weiter darüber verbreiten, ob man Geister fotografieren kann oder nicht. Aber mit nicht mehr Recht als die Spiritisten behaupten, daß sie Geister fotografiert haben, berufen sich heute gewisse Physiker darauf, daß sie die Konfiguration der Atome fotografiert haben. Gewiß, man kann Kristalle mit Röntgenstrahlen bewerfen, man kann diese Röntgenstrahlen zur Reflexion, die reflektierten Strahlen zur Interferenz bringen und dann fotografieren, und man kann behaupten, man fotografiere die Konfiguration der Atome. Die wesentliche Frage ist nur: Fotografiert man hier wirklich die atomistischen Agenzien oder fotografiert man gewisse Wirkungen, die vom Makrokosmischen herkommen und die sich nur an den Punkten zeigen, an denen man glaubt, daß die Atome vorhanden sind? Es kommt überall darauf an, daß man Denk- und Vorstellungsarten findet, die in der richtigen Weise von den Erscheinungen zu dem Wesen der Dinge zu gehen vermögen.|73a|43}}
 
[[Eugen Kolisko]] ergänzt:
 
{{LZ|Es ist z.B. etwas ganz anderes, wenn man etwa die ''[[Wikipedia:Max von Laue|Laueschen]]'' Kristallgitter
für eine Abbildung einer räumlichen molekularen, unter gewöhnlichen
Verhältnissen unsichtbaren Struktur der Kristalle hält oder für ein
Bild, das durch Zusammenwirken des Röntgenlichtes mit der das ganze
Kristall dynamisch durchsetzenden Gestaltung entsteht, die nicht materiell
zu sein braucht. Man fasst dann das vorliegende ''Phänomen'' als entstehend
auf aus dem Zusammenwirken von chemischer Struktur mit dem
Licht. Das atomistische Bild wird nicht als präformierter Tatbestand
gedacht, sondern im Versuch durch dynamisches Zusammenwirken entstehend.|Kolisko, S. 91f.}}
 
Tatsächlich darf man sich die Moleküle [[an sich]] nicht im naiven Sinn als aus Atomen ''zusammengesetzte'' [[Objekt]]e mit einer eindeutig definierten räumlichen [[Form]] vorstellen, so nützlich dieses Konzept auch als ''Näherungslösung'' für viele praktische Probleme sein mag, solange man sich ihrer Grenzen bewusst bleibt. Die moderne [[Quantentheorie]] spricht hier eine eindeutige Sprache, weshalb der [[Chemiker]] [[Hans Primas]] auch nachdrücklich betont:
 
{{LZ|Moleküle, Atome, Elektronen,
Quarks oder Strings sind aber keine Bausteine der Materie, sie sind nicht
Ge-fundenes, sondern Er-fundenes, das heisst Konstruktionen derer, welche
die materielle Realität erforschen. Von dem ursprünglichen Begriff der Materie
ist in der heutigen Physik nichts übriggeblieben.|Primas 1992, S. 50}}
 
Dass man einem Molekül aus quantenmechanischer Sicht keine definierte [[Gestalt]] zuschreiben kann, betonte auch ''Richard Guy Woolley'' in seinem Artikel «''Must a molecule have shape?''»:
 
{{LZ|Die Quantenmechanik kann ziemlich genau vorhersagen, wie sich die Energie eines Moleküls ändern kann, aber sie sagt streng genommen nichts über die Form eines Moleküls. Das ist eine erstaunliche Aussage für einen Chemiker, weil es die räumlichen Beziehungen der chemisch gebundenen Atomen sind, die am wichtigsten sind für das Verständnis dafür, wie Moleküle mit anderen reagieren. Chemiker, Physiker und Molekularbiologen sollten sich daher überlegen, wie sie die Quantenmechanik nutzen und was sie mit Atomen und Molekülen eigentlich meinen.|Richard Guy Woolley in ''New Scientist'', 22. Oktober 1988, S. 53<ref>Im englischen Original:<br>„Quantum mechanics can predict fairly accurately the way
the energy of a molecule may change, but strictly speaking it
says nothing about the shape of a molecule. This is an astonishing
statement for a chemist because it is the spatial
relationships of chemically bonded atoms that is most
important in understanding how molecules react with each
other. Chemists, physicists and molecular biologists should
reconsider now how they use quantum mechanics, and what
they mean by atoms and molecules.“</ref>}}
 
== Siehe auch ==
 
* {{WikipediaDE|Kristallstrukturanalyse}}
 
== Literatur ==
 
* Maurice Wilkins: ''The molecular configuration of nucleic acids'', Nobel Lecture, December 11, 1962
* Werner Massa: ''Kristallstrukturbestimmung'', Vieweg + Teubner Verlag, 6. Auflage, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-8348-0649-9
* [[Hans Primas]]: ''Chemistry, Quantum Mechanics and Reductionism: Perspectives in Theoretical Chemistry'', Springer Verlag 1983, ISBN 978-3540128380
* Hans Primas: ''Umdenken in der Naturwissenschaft'' in: ''Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich'' (1992) 137/l, S. 41-62 (genehmigter Nachdruck aus «GAIA; Ecological Perspectives in Science, Humanities and Economics» (1992) 1, l, 5-15 [http://www.ngzh.ch/archiv/1992_137/137_1/137_5.pdf pdf]
* Richard Guy Woolley: ''Must a molecule have shape?'' in: ''New Scientist'', 22. Oktober 1988, p. 53-57 [https://www.researchgate.net/profile/Richard_Woolley4/publication/314751850_Must_a_molecule_have_shape/links/58c5699045851538eb8af944/Must-a-molecule-have-shape.pdf?origin=publication_detail pdf]
* [[Eugen Kolisko]], Martin Rozumek (Hrsg.): ''Hypothesenfreie Chemie. «Hypothesenfreie Chemie» im Sinne der Geisteswissenschaft, der Atomismusstreit 1922/23 und Rudolf Steiners Stellung zum Atomismus'', Verlag am Goetheanum, Dornach 2012, ISBN 978-3-7235-1480-1
* Rudolf Steiner: ''Fachwissenschaften und Anthroposophie'', [[GA 73a]] (2005), ISBN 3-7274-0735-2 {{Vorträge|073a}}
 
{{GA}}
 
== Einzelnachweise ==
 
<references />
 
[[Kategorie:Physik]] [[Kategorie:Chemie]]

Version vom 15. April 2018, 15:13 Uhr

Abb. 1: Eine der ersten Aufnahmen der unter der Leitung von Maurice Wilkins durchgeführten Röntgenstrukturanalyse der DNA, für die ihm 1962 zusammen mit James Watson und Francis Crick der Nobelpreis für Physiologie oder Medizin verliehen wurde.
Der Röntgenspektrograf von W. L. Bragg, 1912. Science Museum London.
Modernes Röntgenstrahlen-Diffraktometer bei der Arbeit
Die Struktur von Proteinen wird durch Röntgenstrukturanalalyse aufgeklärt, indem die Aminosäuresequenz in die ermittelte Elektronenverteilung (weißes Gitter) so eingepasst wird, bis es plausibel scheint, dass die vorgeschlagene Struktur die gemessene Elektronenverteilung erzeugen kann.
Strukturmodell einer DNA-Helix in B-Konformation. Die Stickstoff (blau) enthaltenden Nukleinbasen liegen waagrecht zwischen zwei Rückgratsträngen, welche sehr reich an Sauerstoff (rot) sind. Kohlenstoffatome sind grün dargestellt.

Die Kristallstrukturanalyse ist ein physikalisches Verfahren, um die innere Struktur eines Kristalls empirisch zu ermitteln. Sie bedient sich dabei der Beugung geeigneter kurzwelliger Strahlung am Kristallgitter. Meist wird dabei Röntgenstrahlung verwendet, weshalb man dann auch von Röntgenstrukturanalyse spricht.

Die Beugung von Röntgenstrahlen an Kristallen wurde 1912 von Max von Laue (1879-1960) gemeinsam mit Walter Friedrich und Paul Knipping entdeckt, womit sie zugleich nachwiesen, dass sich Röntgenstrahlung wie eine Welle ausbreitet. Außerdem ergaben sich aus den Beugungsmustern erstmals konkrete Aufschlüsse über die Kristallstruktur. 1914 erhielt Max von Laue für seine bahnbrechende Arbeit den Nobelpreis für Physik.

Angeregt durch Laues Arbeiten untersuchte William Lawrence Bragg von 1912 bis 1914 zusammen mit seinem Vater verschiedene Kristalle Röntgenstrahlen und fand 1912 die Bragg-Gleichung, aus der sich die Winkel (Glanz- oder Bragg-Winkel) der Beugungsmaxima -ter Ordnung der am Kristallgitter mit der Gitterdistanz reflektierten Röntgenstrahlung mit der Wellenlänge errechnen lassen. Gemeinsam mit seinem Vater wurde ihm dafür 1915 der Nobelpreis für Physik verliehen.

Zur Analyse wird der Kristall drehbar montiert und kann dadurch unter verschiedensten Winkeln bestrahlt werden. Aus der Winkelverteilung der Beugungsmaxima in dem daraus resultierenden Beugungsmuster kann die Kristallstruktur bzw. die Verteilung der Elektronendichte in der Elementarzelle mittels Fourier-Transformation berechnet werden. Einkristalle, die ein durchgehend einheitliches, homogenes Kristallgitter bilden, aber oft nur schwer in ausreichender Größe gezüchtet werden können, sind für die Strukturanalyse am besten geeignet. Leichter herzustellende polykristalline Aggregate können heutzutage auch verwendet werden, liefern aber weniger detailreiche Bilder.

Grundsätzlich kann aus der Verteilung der Elektronen auch die räumlich-geometrische Anordnung der Atome bzw. die Molekularstruktur auch hochkomplexer Moleküle, z.B. vieler biologisch aktiver Proteine, erschlossen werden. Das vermutlich bekannteste Beispiele dafür ist die am 25. April 1953 von James Watson und Francis Crick in ihrem berühmten, kaum mehr als eine Seite langen Artikel Molecular Structure of Nucleic Acids: A Structure for Deoxyribose Nucleic Acid.[1] in der Zeitschrift Nature veröffentlichte DNA-Struktur, zu deren Bestimmung sie sich hauptsächlich auf die Röntgenbeugungsdaten von Maurice Wilkins und Rosalind Franklin stützten. In einem kreativ suchenden Prozess bauten sie immer wieder neue Strukturmodelle, die zu den Beugungsmustern passten, bis sie schließlich auf die geniale Idee der berühmten Doppelhelix stießen, für die ihnen 1962 zusammen mit Wilkins der Nobelpreis für Physiologie oder Medizin verliehen wurde.

Wilkins schrieb dazu in seinem Nobelpreis-Vortrag:

„Diese Forschung wurde von Randall geleitet, der bei W. L. Bragg studiert und mit Röntgenbeugung gearbeitet hatte. Fast sofort erhielt Gosling sehr ermutigende Beugungsbilder (siehe Abb. 1). Ein Grund für diesen Erfolg war, dass wir die Fasern feucht hielten. Wir erinnerten uns, dass, um detaillierte Röntgenmuster von Proteinen zu erhalten, Bernal Proteinkristalle in ihrer Mutterlauge gehalten hatte. Es schien wahrscheinlich, dass die Konfiguration aller Arten von wasserlöslichen biologischen Makromolekülen abhängig von ihrer wässrigen Umgebung sein würden. Wir erhielten gute Beugungsmuster mit DNA von Signer und Schwander, die Singer nach London zu einem Faraday Society Meeting über Nukleinsäuren mitgebracht und großzügig verteilt hatte, so dass alle Arbeiter mit ihren verschiedenen Techniken daran arbeiten konnten.[2]“ (Lit.: Wilkins, S. 757)

Man muss dabei allerdings bedenken, dass die gewonnenen Erkenntnisse nur im Rahmen ihrer makroskopischen Umgebung gültig sind und streng genommen nicht auf freie Moleküle in Flüssigkeiten oder Gasen übertragen werden können. Darauf hatte schon Rudolf Steiner hingewiesen:

„Spiritisten berufen sich darauf, daß sie Geister fotografiert haben. Das Fotografieren ist ein äußerer Vorgang, und ich will mich hier nicht weiter darüber verbreiten, ob man Geister fotografieren kann oder nicht. Aber mit nicht mehr Recht als die Spiritisten behaupten, daß sie Geister fotografiert haben, berufen sich heute gewisse Physiker darauf, daß sie die Konfiguration der Atome fotografiert haben. Gewiß, man kann Kristalle mit Röntgenstrahlen bewerfen, man kann diese Röntgenstrahlen zur Reflexion, die reflektierten Strahlen zur Interferenz bringen und dann fotografieren, und man kann behaupten, man fotografiere die Konfiguration der Atome. Die wesentliche Frage ist nur: Fotografiert man hier wirklich die atomistischen Agenzien oder fotografiert man gewisse Wirkungen, die vom Makrokosmischen herkommen und die sich nur an den Punkten zeigen, an denen man glaubt, daß die Atome vorhanden sind? Es kommt überall darauf an, daß man Denk- und Vorstellungsarten findet, die in der richtigen Weise von den Erscheinungen zu dem Wesen der Dinge zu gehen vermögen.“ (Lit.:GA 73a, S. 43)

Eugen Kolisko ergänzt:

„Es ist z.B. etwas ganz anderes, wenn man etwa die Laueschen Kristallgitter für eine Abbildung einer räumlichen molekularen, unter gewöhnlichen Verhältnissen unsichtbaren Struktur der Kristalle hält oder für ein Bild, das durch Zusammenwirken des Röntgenlichtes mit der das ganze Kristall dynamisch durchsetzenden Gestaltung entsteht, die nicht materiell zu sein braucht. Man fasst dann das vorliegende Phänomen als entstehend auf aus dem Zusammenwirken von chemischer Struktur mit dem Licht. Das atomistische Bild wird nicht als präformierter Tatbestand gedacht, sondern im Versuch durch dynamisches Zusammenwirken entstehend.“ (Lit.: Kolisko, S. 91f.)

Tatsächlich darf man sich die Moleküle an sich nicht im naiven Sinn als aus Atomen zusammengesetzte Objekte mit einer eindeutig definierten räumlichen Form vorstellen, so nützlich dieses Konzept auch als Näherungslösung für viele praktische Probleme sein mag, solange man sich ihrer Grenzen bewusst bleibt. Die moderne Quantentheorie spricht hier eine eindeutige Sprache, weshalb der Chemiker Hans Primas auch nachdrücklich betont:

„Moleküle, Atome, Elektronen, Quarks oder Strings sind aber keine Bausteine der Materie, sie sind nicht Ge-fundenes, sondern Er-fundenes, das heisst Konstruktionen derer, welche die materielle Realität erforschen. Von dem ursprünglichen Begriff der Materie ist in der heutigen Physik nichts übriggeblieben.“ (Lit.: Primas 1992, S. 50)

Dass man einem Molekül aus quantenmechanischer Sicht keine definierte Gestalt zuschreiben kann, betonte auch Richard Guy Woolley in seinem Artikel «Must a molecule have shape?»:

„Die Quantenmechanik kann ziemlich genau vorhersagen, wie sich die Energie eines Moleküls ändern kann, aber sie sagt streng genommen nichts über die Form eines Moleküls. Das ist eine erstaunliche Aussage für einen Chemiker, weil es die räumlichen Beziehungen der chemisch gebundenen Atomen sind, die am wichtigsten sind für das Verständnis dafür, wie Moleküle mit anderen reagieren. Chemiker, Physiker und Molekularbiologen sollten sich daher überlegen, wie sie die Quantenmechanik nutzen und was sie mit Atomen und Molekülen eigentlich meinen.“ (Lit.: Richard Guy Woolley in New Scientist, 22. Oktober 1988, S. 53[3])

Siehe auch

Literatur

  • Maurice Wilkins: The molecular configuration of nucleic acids, Nobel Lecture, December 11, 1962
  • Werner Massa: Kristallstrukturbestimmung, Vieweg + Teubner Verlag, 6. Auflage, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-8348-0649-9
  • Hans Primas: Chemistry, Quantum Mechanics and Reductionism: Perspectives in Theoretical Chemistry, Springer Verlag 1983, ISBN 978-3540128380
  • Hans Primas: Umdenken in der Naturwissenschaft in: Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich (1992) 137/l, S. 41-62 (genehmigter Nachdruck aus «GAIA; Ecological Perspectives in Science, Humanities and Economics» (1992) 1, l, 5-15 pdf
  • Richard Guy Woolley: Must a molecule have shape? in: New Scientist, 22. Oktober 1988, p. 53-57 pdf
  • Eugen Kolisko, Martin Rozumek (Hrsg.): Hypothesenfreie Chemie. «Hypothesenfreie Chemie» im Sinne der Geisteswissenschaft, der Atomismusstreit 1922/23 und Rudolf Steiners Stellung zum Atomismus, Verlag am Goetheanum, Dornach 2012, ISBN 978-3-7235-1480-1
  • Rudolf Steiner: Fachwissenschaften und Anthroposophie, GA 73a (2005), ISBN 3-7274-0735-2 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Einzelnachweise

  1. J. D. Watson, F. H. Crick: Molecular structure of nucleic acids. A structure for deoxyribose nucleic acid. In: Nature. Band 171, Nr. 4356, 1953, S. 737–738. PMID 13054692 (Volltext, PDF; 368 kB)
  2. Im englischen Original:
    „This research was directed by Randall, who had been trained under W. L. Bragg and had worked with X-ray diffraction. Almost immediately, Gosling obtained very encouraging diffraction patterns (see Fig. 1). One reason for this success was that we kept the fibres moist. We remembered that, to obtain detailed X-ray patterns from proteins, Bernal had kept protein crystals in their mother liquor. It seemed likely that the configuration of all kinds of water-soluble biological macromolecules would depend on their aqueous environment. We obtained good diffraction patterns with DNA made by Signer and Schwander which Singer brought to London to a Faraday Society meeting on nucleic acids and which he generously distributed so that all workers, using their various techniques, could study it.“
    (Wilkins: Nobel Lecture, December 11, 1962 pdf)
  3. Im englischen Original:
    „Quantum mechanics can predict fairly accurately the way the energy of a molecule may change, but strictly speaking it says nothing about the shape of a molecule. This is an astonishing statement for a chemist because it is the spatial relationships of chemically bonded atoms that is most important in understanding how molecules react with each other. Chemists, physicists and molecular biologists should reconsider now how they use quantum mechanics, and what they mean by atoms and molecules.“