Nieren und Lesen: Unterschied zwischen den Seiten

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Die '''Nieren''' ({{laS|''ren''}}, {{grS|''νεφρός''}} ''nephros'') sind paarig angelegte, zum [[Wikipedia:Harnorgan|Harnsystem]] gehörige [[Organ]]e des [[Mensch]]en und der [[Wirbeltiere]]. Sie dienen der Ausscheidung von [[Gift]]stoffen und der regulären Endprodukte des [[Stoffwechsel]]s. [[Makrokosmos|Makrokosmisch]] entspricht den Nieren die [[Venus]] und als [[Planetenmetall]] das [[Kupfer]]. Das Nierensystem hängt nach [[Rudolf Steiner]] mit dem [[Luft]]element zusammen, insbesondere mit dem in der Luft enthaltenen [[Stickstoff]], und strahlt die Tätigkeit des [[Astralleib]]s in den ganzen [[Organismus]] und sorgt so für dessen [[Empfindung]]sfähigkeit bzw. [[Beseelung]].
[[Datei:Georgios Jakobides Girl reading c1882.jpg|mini|hochkant|''Lesendes Mädchen'' Gemälde von Georgios Jakobides, 1882]]


== Nierensystem und astralische Organisation ==
'''Lesen''' (von [[Latein|lat.]] ''legere'' = "sammeln, auswählen, auf- oder auslesen, lesen") im engeren Sinn besteht ''heute'' in der [[Fähigkeit]] [[schrift]]lich festgehaltene [[Sprache]] (siehe → [[Schreiben]]) gegebenfalls wieder in zusammenhängend gesprochene [[Wort]]e umzusetzen (''Vorlesen'') und die darin enthaltenen [[Gedanken]] zu erfassen und zu [[verstehen]] (''sinnerfassendes Lesen''), sie gleichsam zu ''erraten'' bzw. zu ''enträtseln'' (vgl. dazu [[Wikipedia:Englische Sprache|eng.]] ''to read'' = "lesen", verwandt mit [[Wikipedia:Deutsche Sprache|dt.]] ''raten'' bzw. [[Wikipedia:Englische Sprache|eng.]] ''riddle'' = "Rätsel").


{{GZ|Denn denken Sie sich nur einmal — ich muß
== Allgemeines ==
Sie jetzt darauf aufmerksam machen —, wie durch Lungen- und
[[Datei:Carl Spitzweg 021.jpg|thumb|230px|[[Wikipedia:Carl Spitzweg|Carl Spitzweg]], Der Bücherwurm, um 1850]]
Herzorganisation der Sauerstoff eingreift in das Ätherische, so greift
Lesen hat traditionell auch die Bedeutung des Auslesens. Scheidung der guten Linsen von den nicht guten (Aschenputtel), in moderner Auffassung: Unterscheidung von beachtenstenswerten Mitteilungen von Informationsmüll, Rezeption was relevant dünkt, und Ignoranz für das andere, das dann oft aber nur unzureichend erfaßt ist, oder oft garnicht mal leider.
von einem anderen Organsystem aus das Astralische ein in die
menschliche Organisation. Dieses Astralische braucht ja unmittelbar
auch ein physisches Organsystem. Wenn ich also dieses physische
Organsystem schematisch zeichne, so geht dasjenige, was ich zunächst
meine, nicht von diesen physischen Organen aus, sondern von
dem, was nicht nur flüssig, sondern was gasförmig mit diesen physischen
Organen in Zusammenhang steht, also von der gasigen Organisation,
die in Verbindung ist mit diesen festen Organen. Von dieser
gasigen Organisation strahlt nun aus die astralisch-organische Kräfteentfaltung
im menschlichen Organismus. Und das physische Organ
ist selbst erst durch die eigene Ausstrahlung auf dem Rückmarsch
gebildet; es strahlt zunächst die gasige Organisation aus, macht den
Menschen zu einem beseelten Organismus, durchseelt alle Organe,
und strahlt dann erst auf einem Umwege wieder zurück, so daß dann
auch ein physisches Organ wird dadurch, daß es nun an der physischen
Organisation des Menschen teilnimmt. Das ist das Nierensystem,
das ja in der Hauptsache gewöhnlich betrachtet wird als ein
Apparat für die Absonderungen. Das ist aber ein Absonderungsapparat
im sekundären Sinn, wie ich es noch heute oder morgen auseinandersetzen
werde; ich werde über die Beziehung der Nierenabsonderungen
zu der höheren Nierenfunktion noch zu sprechen
haben. Aber neben dem, daß die Niere als physisches Organ ein
Absonderungsorgan ist — natürlich ist sie auch eingereiht in die
Vitalität —, ist sie in ihrer gasigen Grundlage das Ausstrahlungsorgan
für den astralischen Organismus, der nun das Gasige durchsetzt
und von da aus unmittelbar das Flüssige und Feste im menschlichen
Organismus. So daß wir im Nierensystem dasjenige haben, was
uns von der organischen Grundlage aus durchsetzt mit Empfindungsfähigkeit,
mit Beseeltheit und so weiter, was uns also durchsetzt mit
einem astralischen Organismus.|314|110f}}


{{GGZ|Und die Spur von
Eine sehr wichtige Übung für den [[Geistesschüler]] (vgl. z.B. [[Rudolf Steiner]]: ''[[Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten]]''), heißt: Lerne das Wesentliche von dem Unwesentlichen unterscheiden.  
all den Rollen, die der Stickstoff spielt bei der Durchastralisierung
des Organismus, brauchen Sie einfach zu verfolgen bei den Metamorphosen
von Harnsäure und Harnstoff, die nur in ganz exakten
Versuchsreihen durchforscht werden müssen. So daß Sie in alledem,
was sich Ihnen ergeben wird in exakten Versuchsreihen in bezug auf
die sekundären Absonderungen von Harnsäure und Harnstoff, bestätigt
finden werden, daß das durchaus hindeutet auf ganz bestimmte
Dinge, die einem zeigen, wie der Mensch durchastralisiert
ist von dem Nierensystem aus. Das wird sich auch ergeben aus
anderen Dingen, die in der Nierentätigkeit bis in die pathologischen
Zustände hinein — wie ich morgen noch andeuten werde — eine
Rolle spielen, wenn sich, sagen wir, diese oder jene Blutkörperchen
im Harn finden. Das Nierensystem strahlt einfach die astralische
Organisation in den menschlichen Organismus hinein. Wir dürfen
nicht die physische Organisation ins Auge fassen, sondern dasjenige,
was mit ihr verbunden ist als gasförmige Organisation, und der
Stickstoff spielt wiederum die Rolle, daß ja das Ganze übersinnlich
wäre, so wie wir ätherisch wären, wenn nicht der Sauerstoff eingreifen
würde. Der Stickstoff macht das Ganze so, daß der Mensch
auf der Erde wandeln kann, daß er ein Erdenmensch ist.|314|112f}}


== Nieren und Ätherleib ==
Eine gute Linse ist oftmals in einem Misthaufen verborgen, während faule Linsen im Schaufenster des Juweliers usw. vorkommen, oder andersrum. Lesen heißt insofern urteilen, und wenn das nicht möglich ist, entscheiden: z.B. Welches Buch soll/will ich als nächstes lesen?. Genauso die Entscheidung, wie gründlich will ich dieses Buch lesen, will ich es gründlich studieren, oder zur Unterhaltung darin blättern und ein paar Sätze zur Kenntnis nehmen? Usw.


{{GZ|Das Nierensystem arbeitet sehr rasch und bringt das, was
Goethe empfiehlt, im Buch der Natur zu lesen: "Die Natur ist doch das einzige Buch, das auf allen Blättern großen Gehalt bietet." (Italienische Reise, 9.3.1787).
es innerlich arbeitet, bis zum Ätherischen hin, das auf den Wogen des
 
lebendigen Wassers schwimmt. Wenn der Mensch seine Augen verschließt
== Zur Geschichte des Lesens ==
und sein Gehirn bewußt abdämpft, und dann dasjenige durchschaut,
 
was von den Nieren ausströmt, so sind es die Imaginationen,
Im Allgemeinen geht man davon aus, dass in der [[Griechisch-Lateinische Kultur|griechisch-römischen Zeit]] noch bis weit in die ersten [[christlich]]en Jahrhunderte auch ''einsame'' Leser vornehmlich ''laut'' [[Rezitation|rezitierend]] zu lesen pflegten<ref>Eduard Norden: ''Die Antike Kunstprosa vom VI. Jahrhundert v.Chr. bis in die Zeit der Renaissance I'', Leipzig/Berlin 1909</ref><ref>Josef Balogh: ''Voces Paginarum. Beiträge zur Geschichte des lauten Lesens und Schreibens'', Philologus 82 (1927)</ref><ref>G. L. Hendrickson: ''Ancient Reading'' (1929), S 182–196</ref>, obwohl diese These gelegentlich auch angezweifelt wird<ref>B. M. W. Knox: ''Silent Reading in Antiquity'' (1968), S 421–435</ref><ref>A. K. Gavrilov: ''Techniques of Reading in Classical Antiquity'' (1997), S 56–73</ref><ref>M. F. Burnyeat: ''Postscript on Silent Reading'', (1997), S 74–76</ref>. Oft zitiert wird diesbezüglich die Stelle aus den "[[Wikipedia:Confessiones|Bekentnissen]]" des [[Augustinus]], der sich über den leise lesenden Bischof [[Wikipedia:Ambrosius von Mailand|Ambrosius von Mailand]] verwundert:
die auf dem lebendigen Wasser schwimmen; so stellt sich ihm in Imaginationen
 
sein eigenes Inneres dar [...] Diese
{{Zitat|Und wenn er las, schweiften die Augen über die Seiten und das Herz erforschte den Sinn, er selbst aber schwieg. Oft, wenn wir gegenwärtig waren, denn jeder hatte Zutritt, auch pflegte der Kommende nicht angemeldet zu werden, sahen wir ihn schweigend lesen, und nie anders; lange Zeit saßen wir schweigend da - denn wer hätte es gewagt, eine solche Vertiefung zu stören?|Augustinus|Confessiones 6,3}}
Imaginationen, die kann man als das Bild des eigenen Organismus
 
schauen, wenn man das Gehirnbewußtsein und alle Sinnes Wahrnehmungen
== Lesenlernen ==
abdämpft. Da ist die Sache gesund. Aber wenn die Niere
=== Waldorfpädagogik ===
krank ist und eben durch die kranke Niere ein zu starkes Ausstrahlen
Um Lesen zu [[lernen]], geht man in der [[Waldorfpädagogik]] vom [[Schreiben]] aus, das aus einem [[zeichnen]]den [[Malen]] und malendem Zeichnen entwickelt wird und schließt erst daran das Lesen an:
in das Lebenswasser stattfindet, dann entstehen allerlei Gebilde drinnen
 
und dann kommen die bekannten subjektiven Erscheinungen, die
<div style="margin-left:20px">
die Nierenkranken zeigen.|218|60f}}
"... denn für
das Kind ist es gut, wenn es gleich Farben verwendet, es lebt ja in
der Farbe, das weiß jeder, der das Kind kennt -, wenn man aus dem
malenden Zeichnen zum Schreiben übergeht und erst aus dem Schreiben
das Lesen gewinnt. Denn das Schreiben ist eine Betätigung des
ganzen Menschen. Da muß die Hand in Betracht kommen, da muß sich
der ganze Leib in irgendeiner Weise, wenn auch fein, einfügen, da ist
der ganze Mensch daran beteiligt. Das hat noch etwas Konkretes, das
Schreiben, das aus dem malenden Zeichnen herausgeholt wird. Das
Lesen, nun, da sitzt man schon dabei, da ist man schon ein richtiger
Duckmäuser, da strengt sich nur noch ein Teil des Menschen an, der
Kopf. Das Lesen ist schon abstrakt geworden. Das muß nach und nach
als eine Teilerscheinung aus dem Ganzen heraus entwickelt werden.
 
Bei diesen Dingen ist es heute außerordentlich schwer, im rein
Naturgemäßen standzuhalten gegen die Vorurteile der Gegenwart.
Denn wenn man anfängt, in einer solch ganz naturgemäßen Weise die
Kinder zu unterrichten, dann lernen sie etwas später lesen, als man
es heute verlangt. Wenn dann die Kinder von einer solchen Schule
übertreten in eine andere Schule, dann können sie noch nicht soviel
wie die Kinder der anderen Schule. Ja, aber es kommt doch gar nicht
darauf an, was man sich aus dem materialistischen Kulturzeitalter für
eine Vorstellung darüber gebildet hat, was das Kind mit acht Jahren
können soll. Sondern es kommt darauf an, daß es vielleicht gar nicht
gut ist für das Kind, wenn es zu früh lesen lernt. Denn da sperrt man
auch wiederum für das spätere Leben etwas zu, wenn das Kind zu
früh lesen lernt. Lernt das Kind zu früh lesen, dann führt man es zu
früh in die Abstraktheit hinein. Und Sie würden unzählige spätere
Sklerotiker beglücken für ihr Leben, wenn Sie ihnen nicht zu früh das
Lesen beibrächten als Kinder. Denn diese Verhärtung des ganzen Organismus
- ich nenne es populär so -, die in der mannigfaltigsten
Form der Sklerose später auftritt, die kann man zurückverfolgen zu
einer falschen Art, das Lesen beizubringen. Natürlich kommen diese
Dinge auch noch von vielen anderen Sachen, aber darum handelt es
sich, daß es diese Dinge durchaus gibt, daß ein naturgemäßer Unterricht
vom Seelisch-Geistigen aus überall hygienisch auf den Leib
wirkt. Erfassen Sie, wie Sie den Unterricht und die Erziehung gestalten
sollen, so erfassen Sie zu gleicher Zeit, wie Sie dem Kinde die
beste Gesundheit fürs Leben geben." {{Lit|{{G|306|81f}}}}
</div>
 
Durch das verzögerte Lesenlernen wird zumeist die ''Lesekompetenz'' gesteigert, jedenfalls aber nicht beeinträchtigt<ref>    Sebastian P. Suggatea, Elizabeth A. Schaughency, Elaine Reese: ''Children learning to read later catch up to children reading earlier'' (2012) [http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0885200612000397]</ref>.
 
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Lesen}}


== Literatur ==
== Literatur ==
#Rudolf Steiner: ''Die pädagogische Praxis vom Gesichtspunkte geisteswissenschaftlicher Menschenerkenntnis. Die Erziehung des Kindes und jüngeren Menschen.'', [[GA 306]] (1989), ISBN 3-7274-3060-5 {{Vorträge|306}}
{{GA}}


#Rudolf Steiner: ''Geistige Zusammenhänge in der Gestaltung des menschlichen Organismus'', [[GA 218]] (1992), ISBN 3-7274-2180-0 {{Vorträge|218}}
== Weblinks ==
#Rudolf Steiner: ''Physiologisch-Therapeutisches auf Grundlage der Geisteswissenschaft. Zur Therapie und Hygiene'', [[GA 314]] (1989), ISBN 3-7274-3141-5 {{Vorträge|314}}


{{GA}}
* [http://www.rhm.uni-koeln.de/145/Busch.pdf Stephan Busch: ''Lautes und leises Lesen in der Antike'']
* [http://www.burfeind.eu/texte/texte/lesen.pdf Carsten Burfeind: ''Wen hörte Philippus? Leises Lesen und lautes Vorlesen in der Antike]
 
== Einzelnachweise ==
<references/>


[[Kategorie:Organismus]] [[Kategorie:Mensch]] [[Kategorie:Organ]] [[Kategorie:Organe]]
[[Kategorie:Sprache]] [[Kategorie:Pädagogik]] [[Kategorie:Waldorfpädagogik]] [[Kategorie:Hobby]] [[Kategorie:Lesen|!]] [[Kategorie:Handlung und Verhalten]] [[Kategorie:Soziales Leben]] [[Kategorie:Alltagskultutr]]

Version vom 17. Juni 2018, 04:22 Uhr

Lesendes Mädchen Gemälde von Georgios Jakobides, 1882

Lesen (von lat. legere = "sammeln, auswählen, auf- oder auslesen, lesen") im engeren Sinn besteht heute in der Fähigkeit schriftlich festgehaltene Sprache (siehe → Schreiben) gegebenfalls wieder in zusammenhängend gesprochene Worte umzusetzen (Vorlesen) und die darin enthaltenen Gedanken zu erfassen und zu verstehen (sinnerfassendes Lesen), sie gleichsam zu erraten bzw. zu enträtseln (vgl. dazu eng. to read = "lesen", verwandt mit dt. raten bzw. eng. riddle = "Rätsel").

Allgemeines

Carl Spitzweg, Der Bücherwurm, um 1850

Lesen hat traditionell auch die Bedeutung des Auslesens. Scheidung der guten Linsen von den nicht guten (Aschenputtel), in moderner Auffassung: Unterscheidung von beachtenstenswerten Mitteilungen von Informationsmüll, Rezeption was relevant dünkt, und Ignoranz für das andere, das dann oft aber nur unzureichend erfaßt ist, oder oft garnicht mal leider.

Eine sehr wichtige Übung für den Geistesschüler (vgl. z.B. Rudolf Steiner: Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten), heißt: Lerne das Wesentliche von dem Unwesentlichen unterscheiden.

Eine gute Linse ist oftmals in einem Misthaufen verborgen, während faule Linsen im Schaufenster des Juweliers usw. vorkommen, oder andersrum. Lesen heißt insofern urteilen, und wenn das nicht möglich ist, entscheiden: z.B. Welches Buch soll/will ich als nächstes lesen?. Genauso die Entscheidung, wie gründlich will ich dieses Buch lesen, will ich es gründlich studieren, oder zur Unterhaltung darin blättern und ein paar Sätze zur Kenntnis nehmen? Usw.

Goethe empfiehlt, im Buch der Natur zu lesen: "Die Natur ist doch das einzige Buch, das auf allen Blättern großen Gehalt bietet." (Italienische Reise, 9.3.1787).

Zur Geschichte des Lesens

Im Allgemeinen geht man davon aus, dass in der griechisch-römischen Zeit noch bis weit in die ersten christlichen Jahrhunderte auch einsame Leser vornehmlich laut rezitierend zu lesen pflegten[1][2][3], obwohl diese These gelegentlich auch angezweifelt wird[4][5][6]. Oft zitiert wird diesbezüglich die Stelle aus den "Bekentnissen" des Augustinus, der sich über den leise lesenden Bischof Ambrosius von Mailand verwundert:

„Und wenn er las, schweiften die Augen über die Seiten und das Herz erforschte den Sinn, er selbst aber schwieg. Oft, wenn wir gegenwärtig waren, denn jeder hatte Zutritt, auch pflegte der Kommende nicht angemeldet zu werden, sahen wir ihn schweigend lesen, und nie anders; lange Zeit saßen wir schweigend da - denn wer hätte es gewagt, eine solche Vertiefung zu stören?“

Augustinus: Confessiones 6,3

Lesenlernen

Waldorfpädagogik

Um Lesen zu lernen, geht man in der Waldorfpädagogik vom Schreiben aus, das aus einem zeichnenden Malen und malendem Zeichnen entwickelt wird und schließt erst daran das Lesen an:

"... denn für das Kind ist es gut, wenn es gleich Farben verwendet, es lebt ja in der Farbe, das weiß jeder, der das Kind kennt -, wenn man aus dem malenden Zeichnen zum Schreiben übergeht und erst aus dem Schreiben das Lesen gewinnt. Denn das Schreiben ist eine Betätigung des ganzen Menschen. Da muß die Hand in Betracht kommen, da muß sich der ganze Leib in irgendeiner Weise, wenn auch fein, einfügen, da ist der ganze Mensch daran beteiligt. Das hat noch etwas Konkretes, das Schreiben, das aus dem malenden Zeichnen herausgeholt wird. Das Lesen, nun, da sitzt man schon dabei, da ist man schon ein richtiger Duckmäuser, da strengt sich nur noch ein Teil des Menschen an, der Kopf. Das Lesen ist schon abstrakt geworden. Das muß nach und nach als eine Teilerscheinung aus dem Ganzen heraus entwickelt werden.

Bei diesen Dingen ist es heute außerordentlich schwer, im rein Naturgemäßen standzuhalten gegen die Vorurteile der Gegenwart. Denn wenn man anfängt, in einer solch ganz naturgemäßen Weise die Kinder zu unterrichten, dann lernen sie etwas später lesen, als man es heute verlangt. Wenn dann die Kinder von einer solchen Schule übertreten in eine andere Schule, dann können sie noch nicht soviel wie die Kinder der anderen Schule. Ja, aber es kommt doch gar nicht darauf an, was man sich aus dem materialistischen Kulturzeitalter für eine Vorstellung darüber gebildet hat, was das Kind mit acht Jahren können soll. Sondern es kommt darauf an, daß es vielleicht gar nicht gut ist für das Kind, wenn es zu früh lesen lernt. Denn da sperrt man auch wiederum für das spätere Leben etwas zu, wenn das Kind zu früh lesen lernt. Lernt das Kind zu früh lesen, dann führt man es zu früh in die Abstraktheit hinein. Und Sie würden unzählige spätere Sklerotiker beglücken für ihr Leben, wenn Sie ihnen nicht zu früh das Lesen beibrächten als Kinder. Denn diese Verhärtung des ganzen Organismus - ich nenne es populär so -, die in der mannigfaltigsten Form der Sklerose später auftritt, die kann man zurückverfolgen zu einer falschen Art, das Lesen beizubringen. Natürlich kommen diese Dinge auch noch von vielen anderen Sachen, aber darum handelt es sich, daß es diese Dinge durchaus gibt, daß ein naturgemäßer Unterricht vom Seelisch-Geistigen aus überall hygienisch auf den Leib wirkt. Erfassen Sie, wie Sie den Unterricht und die Erziehung gestalten sollen, so erfassen Sie zu gleicher Zeit, wie Sie dem Kinde die beste Gesundheit fürs Leben geben." (Lit.: GA 306, S. 81f)

Durch das verzögerte Lesenlernen wird zumeist die Lesekompetenz gesteigert, jedenfalls aber nicht beeinträchtigt[7].

Siehe auch

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Die pädagogische Praxis vom Gesichtspunkte geisteswissenschaftlicher Menschenerkenntnis. Die Erziehung des Kindes und jüngeren Menschen., GA 306 (1989), ISBN 3-7274-3060-5 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Eduard Norden: Die Antike Kunstprosa vom VI. Jahrhundert v.Chr. bis in die Zeit der Renaissance I, Leipzig/Berlin 1909
  2. Josef Balogh: Voces Paginarum. Beiträge zur Geschichte des lauten Lesens und Schreibens, Philologus 82 (1927)
  3. G. L. Hendrickson: Ancient Reading (1929), S 182–196
  4. B. M. W. Knox: Silent Reading in Antiquity (1968), S 421–435
  5. A. K. Gavrilov: Techniques of Reading in Classical Antiquity (1997), S 56–73
  6. M. F. Burnyeat: Postscript on Silent Reading, (1997), S 74–76
  7. Sebastian P. Suggatea, Elizabeth A. Schaughency, Elaine Reese: Children learning to read later catch up to children reading earlier (2012) [1]