Thomas Hobbes

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Thomas Hobbes (Ausschnitt aus einem Gemälde von John Michael Wright, circa 1669–1670)

Thomas Hobbes ([hɔbz]; * 5. April 1588 in Westport, Wiltshire; † 4. Dezember 1679 in Hardwick Hall, Derbyshire) war ein englischer Mathematiker, Staatstheoretiker und Philosoph. Er wurde durch sein Hauptwerk Leviathan bekannt, in dem er eine Theorie des „Absolutismus“ entwickelte. Er gilt als Begründer des „aufgeklärten Absolutismus“.[1] Des Weiteren ist er neben John Locke und Jean-Jacques Rousseau einer der bedeutendsten Theoretiker des Gesellschaftsvertrags.

Leben und Wirken

Hobbes wurde 1588 als Sohn eines einfachen Landpfarrers in Malmesbury in der Grafschaft Wiltshire geboren. Seine Mutter stammte aus einer Bauernfamilie. Die beängstigende Situation vor dem Angriff der Spanischen Armada auf England im selben Jahr soll Ursache seiner Frühgeburt gewesen sein. Thomas Hobbes zeigt in seiner Autobiografie auf: „(She) did bring forth Twins at once, both Me and Fear.“[2] Die Angst vor der Gewalt infolge politischer Auseinandersetzungen – im England des 17. Jahrhunderts vor allem als Bürgerkrieg zwischen König und Parlament, zwischen verschiedenen gesellschaftlich und religiös differenzierten Gruppen – ist ein bestimmendes Element im Leben wie in der politischen Philosophie Thomas Hobbes’ geblieben.

Da er bereits mit vier Jahren lesen, schreiben und rechnen konnte, wurde er als Wunderkind (child prodigy) bezeichnet. Mit acht Jahren wurde Hobbes in einer Privatschule in den klassischen Sprachen unterrichtet. Schon sechs Jahre später, im Alter von vierzehn Jahren, begann er sein Studium an der traditionell-scholastischen Universität Oxford, wo er 1603–1607 vor allem Logik und Physik studierte. Resultate der klassischen Ausbildung waren Hobbes’ genaue Kenntnisse des Griechischen und Lateinischen, aber auch seine vehemente Ablehnung der Universitätsphilosophie, der mittelalterlich-aristotelischen Logik und Staatstheorie.

Nach seinem Bachelor-Abschluss 1608 in Oxford wurde er Hauslehrer bei der adligen Familie Cavendish. Diesen Posten hatte er mit Unterbrechungen bis zu seinem Lebensende inne. Er unterrichtete hier u. a. den kleinen William Cavendish, der später Graf von Devonshire wurde. Seine Erziehertätigkeit in einer der führenden Adelsfamilien Englands, die ihn lebenslang unterstützen sollte, verschaffte ihm die Möglichkeit zu ausgedehnten Reisen und zum Kontakt zu führenden Politikern und Denkern seiner Zeit.

Für kurze Zeit war Hobbes Sekretär des Philosophen Francis Bacon, für den er einige seiner Schriften ins Lateinische übersetzte. Der Arbeit für Bacon, den Begründer des englischen Empirismus, wird einiger Einfluss auf die mechanisch-materialistische Konzeption seiner Philosophie zugeschrieben. Auf den Auslandsreisen, der klassischen Grand Tour, die er mit seinen Schülern aus der Cavendish-Familie unternahm, lernte er in Pisa Galileo Galilei kennen. Ferner schloss er auf seinen Reisen Bekanntschaft mit René Descartes, Marin Mersenne und Pierre Gassendi.

Während seiner dritten Europareise als Erzieher entwickelte Hobbes den Plan, seine Philosophie aus drei systematisch aufeinander aufbauenden Teilen zu konstruieren: der Lehre von der körperlichen Substanz (de corpore), der Lehre vom Menschen im Naturzustand (de homine) und schließlich die Lehre vom Menschen in der Gesellschaft (de cive).

Die politische Entwicklung in England zerschlug jedoch Hobbes’ Pläne eines systematischen Aufbaus seiner Sozialphilosophie. In den Jahren 1603 bis 1629 verschärften sich die Spannungen: Die absolutistischen Vorstellungen der Könige Jakobs I. und Karls I. brachten sie in Gegensatz zum Landadel, der sich zu einer agrarischen Kapitalistenklasse entwickelt hatte, und zum Bürgertum der Handelsstädte, dessen Bedeutung im 17. Jahrhundert in England stetig wuchs. Dazu kamen Auseinandersetzungen zwischen anglikanischer Staatskirche, den Puritanern, die eine stärkere Abgrenzung vom Katholizismus, asketische Lebensführung und ein System freier, an der Bibel orientierter Gemeinden forderten, sowie schottischen Calvinisten und irischen Katholiken.

Von 1629 bis 1640 regierte Karl I. ohne Parlament. Sein Versuch, dem calvinistischen Schottland die anglikanische Kirchenordnung aufzuzwingen, führte zu einem Aufstand der Schotten und zur ersten militärischen Niederlage des Königs. Karl I. sah sich 1640 gezwungen, das Parlament einzuberufen, das Steuermittel für den Krieg bewilligen sollte. Die Mehrheit der Abgeordneten machte die Hilfe aber von Reformen abhängig, die verhindern sollten, dass der König das Parlament noch einmal entmachten könnte.

Hobbes hatte sich im Streit zwischen Krone und Parlament anonym für die Rechte von König Karl I. und gegen das Unterhaus eingesetzt[3] und musste deshalb 1640 nach Frankreich ins Exil fliehen.

Als der König 1642 gesetzwidrig versuchte, die Anführer der Opposition persönlich im Unterhaus zu verhaften, löste dies den Bürgerkrieg zwischen Krone und Parlament aus. Mit seinem Werk De cive versuchte Hobbes erneut, Einfluss auf die Entwicklung in England zu Gunsten einer absolutistischen Monarchie auszuüben. Wie auch später im Leviathan (1651) argumentierte er für die Übertragung aller Gewalt auf einen souveränen Herrscher, da im „Naturzustand“ ein egoistischer „Krieg aller gegen alle“ (bellum omnium contra omnes) um Besitz und Ansehen herrsche, der nur durch die Angst vor der Strafe durch eine übermächtige Gewalt verhindert werden könne. In einem Vertrag sollten demzufolge die Einzelnen ihre natürlichen Rechte auf eine zentrale Gewalt übertragen, die am vollkommensten in einer Person, dem absoluten Herrscher, repräsentiert werde.

Seine Argumentation verschaffte Hobbes jedoch wenig Freunde. Karl II., der als Kronprinz 1646 in Paris Mathematikunterricht bei ihm genommen hatte, verübelte ihm später, dass er für jede de facto souveräne Regierung eintrat. Und dies nach der Niederlage und Hinrichtung Karls I., als England zur Republik erklärt worden war und von Oliver Cromwell als Lordprotektor regiert wurde. Hobbes’ Materialismus und seine Kritik an der katholischen Kirche, die er als „Reich der Finsternis“ bezeichnete, ließen ihn eine Verfolgung in Frankreich befürchten. Daher kehrte er 1651 nach England zurück und arrangierte sich mit der Regierung Cromwells.

Nach der Veröffentlichung seines Hauptwerks, des Leviathan, wurde Hobbes in England wegen des angeblich atheistischen und häretischen Charakters seines Werks vielfach von Seiten der Kirche, des Adels und von Privatpersonen angefeindet. Zahlreiche Freunde brachen mit ihm, die Staatsmacht ließ ihn jedoch weitgehend unbehelligt. Dies mochte insbesondere damit zusammenhängen, dass er – gegen Anglikaner und Presbyterianer – für die von Cromwell und den Puritanern favorisierte Kirchenverfassung eintrat, den Independentismus. In den Jahren 1655 und 1658 erschienen De corpore und De homine, die beiden fehlenden Teile seines Systems.

Verschärfen sollte sich die Situation für ihn indes nach der Restauration des Stuart-Königtums 1660. Insbesondere nach der Großen Pest und dem Brand von London sah er sich Verfolgungen durch anglikanische und presbyterianischen Kreise ausgesetzt, insbesondere durch die neuen Minister Edward Hyde und Gilbert Sheldon. Um ihn wegen angeblicher Häresie juristisch belangen zu können, wurde sogar mehrfach versucht, eigens dafür eine gesetzliche Grundlage zu schaffen. Dank einflussreicher Freunde, etwa des Earls von Arlington, der ein Ministeramt in der sogenannten Cabal-Regierung bekleidete, gelang es Hobbes indes, die gegen ihn gerichteten Intrigen unversehrt zu überstehen. Zudem schützte ihn die Sympathie König Karls II., der ohnehin heimlich zum Katholizismus konvertiert war.

Die 1668 verfasste Geschichte der Bürgerkriegsepoche Behemoth oder Das Lange Parlament erhielt keine Druckerlaubnis, und seine lateinischen Schriften musste Hobbes in Amsterdam verlegen lassen. Dennoch lebte er bis zu seinem Tod in gesicherten und komfortablen Verhältnissen auf einem Landsitz der befreundeten Familie Cavendish. In seinem Todesjahr 1679 setzte ein starkes Parlament seine Vorstellungen in der Habeas-Corpus-Akte gegen Karl II. durch. Hobbes starb in Hardwick Hall/Derbyshire.

Als Philosoph wird Hobbes eher der Aufklärung zugerechnet, als Staatstheoretiker aber dem Absolutismus.

Lehren

Naturwissenschaft

Insbesondere in seinem Werk De Corpore, dem ersten Teil der Trilogie Elementa Philosophiae, von 1655 entwickelt Hobbes zentrale Thesen zu naturwissenschaftlichen Fragen. Ausgehend von einer materialistischen Grundhaltung und dem – exemplarisch durch René Descartes vertretenen – mechanistischen Denken seiner Zeit, schreibt er allein den Körpern und deren Bewegung Wirklichkeit zu. Dabei entsteht keine Bewegung aus sich selbst heraus, sondern ist Folge einer anderen Bewegung. Der Bewegung unterliegen nur Körper; sie können ausschließlich durch andere Körper bewegt werden.

Auf der Grundlage dieser Körper-Lehren entwickelt Hobbes mitunter erstaunlich modern anmutende Theorien etwa zum Phänomen des Lichts, das sich seiner Ansicht gemäß in materieartigen Impulsen bewegt, und veröffentlichte auch ein Werk über Optik. Auch beschäftigte er sich vor diesem Hintergrund mit der Natur des Vakuums.

Dazu kommen einige Werke über Mathematik; in einem davon schlägt er ein Verfahren zur Quadratur des Kreises vor. Begeistern konnte sich Hobbes insbesondere auch für Euklidische Geometrie, die ihm als Vorbild für jegliche exakte Wissenschaft galt und deren Grundsätze er entsprechend dem mos geometricus auch auf seine Philosophie übertragen wollte. Gleichwohl konnte sich Hobbes auf diesem Gebiet nicht durchsetzen; um ihn auch als Philosophen zu diskreditieren, setzte die Kirche Mathematiker ein, um seine Bemühungen der Lächerlichkeit preiszugeben.

Erkenntnistheorie

Im zweiten und dritten Teil der genannten Trilogie, dem 1658 veröffentlichten De Homine, aber auch bereits in seinem Hauptwerk Leviathan von 1651 überträgt Hobbes seine Körpertheorie auf den menschlichen Erkenntnisapparat und entwickelt eine eigene mechanistische Erkenntnistheorie.

Auch die Vorgänge im Bewusstsein sind nach Hobbes lediglich Folge der Bewegung von Körpern. Durch Druck auf die jeweiligen Sinnesorgane lösen sie Sinneswahrnehmungen aus, die wiederum zu „Einbildungen“ (Imagination) führen. Diese setzen schließlich mannigfaltige psychische Prozesse wie Denken, Verstehen, Erinnern und dergleichen in Gang. Neben den geordneten, etwa auf das Auffinden von Kausalbeziehungen gerichteten Gedankengängen gibt es auch ungeordnete, wie sie etwa dem Prozess des Träumens innewohnen.

Anhand der Vorstellung eines von jeder Sinneswahrnehmung abgetrennten, „frei im Raum schwebenden“ Solipsisten zeigt Hobbes, dass die psychischen Prozesse auch bei ausbleibenden Sinneseindrücken weitergehen. Letzte Ursache hierfür sei aber weiterhin der einmal erfolgte Anstoß von außen durch die Bewegung von Körpern. Nur den Bewegungen selbst komme Realität zu, nicht den Wirkungen, die sie im Bewusstsein verursachen. Daraus folge u. a., dass die Eigenschaften, von deren Vorhandensein der Mensch aufgrund seiner Sinneswahrnehmung ausgeht, in Wahrheit nicht vorhanden sind, sondern nur scheinbar und als Erscheinungen auftreten.

Hobbes begründet seine These, dass der menschlichen Wahrnehmung keine gesicherten Erkenntnisse über eine Außenwelt möglich sind. Aufgrund der weitverbreiteten Lehre des Skeptizismus wurde diese Auffassung von seinen Zeitgenossen vielfach geteilt, etwa von René Descartes. Dessen Einwand, dass infolge der eingreifenden Güte Gottes die Wahrnehmung trotzdem weitgehend der Realität entspreche, lässt Hobbes nicht gelten.

Da die Inhalte des menschlichen Bewusstseins letztlich nur die Folge von außen einwirkender Bewegung sind, verneint Hobbes auch konsequent die Freiheit des Willens und gilt damit als Verfechter des Determinismus.

Ethik

Hatten Philosophen in der Tradition Platons und Aristoteles’ sittliche Ideale angenommen, etwa in Form einer Idee des Guten oder eines Summum Bonum, so überwog zu Hobbes’ Lebzeiten ein mehr den Vorstellungen der Sophisten und Kyniker verpflichteter Skeptizismus, der die Existenz universell verbindlicher Moralstandards ablehnt. Als typische Vertreter dieser Auffassung galten etwa Justus Lipsius, René Descartes oder Michel de Montaigne.

Auch Hobbes vertritt diesen moralischen Relativismus und überträgt seine erkenntnistheoretische These, mittels menschlicher Wahrnehmung sei keine gesicherte Erkenntnis über die Welt möglich, auf das Feld der Ethik. So heißt es etwa in den Elements of Law, jedermann nenne „das, was ihm gefällt und Vergnügen bereitet, gut, und das, was ihm missfällt, schlecht“. Entsprechend ihrer unterschiedlichen körperlichen Beschaffenheit unterschieden sich die Menschen auch in ihrer Auffassung von Gut und Böse. Ein ἀγαϑόν ἁπλόος (kontr. ἁπλοῦς) agathón haplóos bzw. haploũs, das schlechthin Gute, gebe es deshalb nicht.

In Anknüpfung an Gedanken seines Zeitgenossen, des Frühaufklärers Hugo Grotius, nimmt Hobbes einschränkend zumindest insofern einen moralischen Minimalkonsens an, als nach allgemeiner Meinung jedes Individuum ein Naturrecht auf Selbsterhaltung hat und sich gegen Angriffe auf seine Person verteidigen darf. Daraus folgt die Verpflichtung, niemanden zu verletzen (Lehre vom Naturgesetz im Leviathan). Anders als Grotius glaubt Hobbes aber, dass – während des Naturzustands – jeder als sein eigener Richter auftreten konnte und musste, d. h. ohne Rücksichtnahme auf das Lebensrecht des Mitmenschen. Dieser Auffassung wurde vielfach widersprochen.

Jenseits des Minimalkonsenses über das Selbsterhaltungsrecht müssen laut Hobbes moralische Konflikte verbindlich durch eine übergeordnete Instanz, den absoluten Herrscher, entschieden werden, womit Hobbes den Grundstein für seine politische Philosophie und insbesondere das absolutistische Staatsmodell des Leviathan legt.

Staatskunde

Hobbes’ staatstheoretische Lehren bilden aus heutiger Sicht den zentralen Teil seines Werkes. Sie sind es, die ihm einen herausgehobenen Platz in der Philosophiegeschichte sichern. Einerseits legt er sie in Elements of Law von 1640 sowie in De Cive von 1642 dar, dem dritten Teil der Trilogie Elementa Philosophiae.

Vor allem aber sind sie Gegenstand seines Hauptwerks, des Leviathan von 1651. Dort beschäftigt er sich mit der Überwindung des von Furcht, Ruhmsucht und Unsicherheit geprägten gesellschaftlichen Naturzustands durch die Gründung des Staates, also der Übertragung der Macht auf einen Souverän. Dies geschieht durch einen Gesellschaftsvertrag, in dem alle Menschen unwiderruflich und freiwillig ihr Selbstbestimmungs- und Selbstverteidigungsrecht auf den Souverän übertragen, der sie im Gegenzug voreinander schützt. Rechtlich gesehen wird der Gesellschaftsvertrag zu Gunsten des kommenden Souveräns geschlossen. Weil dieser aber selbst kein Vertragspartner ist, gibt der Vertrag also den ihn Schließenden gegenüber dem Souverän weder ein Kündigungs- noch ein Widerstandsrecht. Will man den Souverän stürzen, ist dies immer Hochverrat. Stürzt man ihn dennoch und ersetzt ihn, so schließen die kommenden Untertanen einen neuen entsprechenden „Vertrag zu Gunsten Dritter“.

Hobbes wird oft wegen seines Leviathan angeführt, jedoch wird seine Theorie als Rechtfertigung absolutistischer Herrschaft auch kritisiert.

Mit dem Naturzustand hat sich Hobbes schließlich im Gegenstück zum Leviathan befasst, dem Behemoth von 1668, der erst postum 1682 veröffentlicht werden konnte.

Religion

Sein erkenntnistheoretisches Postulat, dass der menschlichen Wahrnehmung eine Erkenntnis der Welt nicht möglich sei, erstreckt Hobbes auch auf Gott; er nimmt also eine agnostische Position ein. Ausgehend von seiner Vorstellung der Welt als geschlossener Kausalzusammenhang, in dem jede Zustandsveränderung auf den Einfluss bewegter Körper zurückzuführen sei, nimmt er aber konsequenterweise eine erste, selbst nicht bewegte Ursache an, die diese Kausalprozesse in Gang setzt, bei der es sich aber nicht notwendigerweise um Gott handeln müsse.

Hobbes zweifelte auch die (alleinige) Urheberschaft Moses am Pentateuch (Tora) an, so stellte er zahlreiche Aussagen aus dem Pentateuch zusammen, aber er sammelte nicht nur die Fakten sondern zog auch den Schluss daraus, dass Mose eben nicht der alleinige Autoren habe sein können.[4]

Hobbes war daher, obwohl ihm dies häufig vorgehalten wurde, nicht Atheist, sondern vertrat eher deistische Positionen. Er unterschied streng zwischen Glauben und Wissen. Religion im Allgemeinen und Christentum im Besonderen lehnte er nicht ab, sondern erklärte sie zu einer Sache des Glaubens, was für ihn in streng rationalistischer Denktradition konkret das Vertrauen auf die fehlerfreie Weitergabe religiös-historischer Tatsachen bedeutet. Von der biblischen Überlieferung betrachtete er nur ein Minimum als verbindlichen Glaubensinhalt, nämlich dass Jesus der Messias sei, der die Menschheit durch seinen Kreuzestod erlöst habe.

Auf der Grundlage der starken Stellung des Staates in Hobbes’ politischer Philosophie weist er als Ahasit diesem auch die Entscheidungsbefugnis in religiösen Dingen zu und fordert insbesondere eine einheitliche Staatskirche. Dementsprechend stand er sowohl dem Papsttum als außerhalb des Nationalstaates stehender Institution und auch den verschiedenen englischen Sekten kritisch gegenüber. Hatte er ursprünglich zumindest noch die Zuständigkeit für die verbindliche Auslegung von Glaubensfragen der Kirche selbst zugesprochen, billigte er im Leviathan erstmals auch diese dem als absolut betrachteten Staat mit seinem Alleinherrscher zu. Im dritten und vierten Buch des Leviathan befasst er sich ausführlich mit der institutionellen Ausgestaltung der anglikanischen Kirche (Kirchenverfassung).

Siehe auch

Werke

  • Eight Books of the Peloponnesian Warre Written by Thucydides … Interpreted (Übersetzung und Interpretation des Peloponnesischen Krieges Thukydides, 1629)
  • A Briefe of the Art of Rhetorique (1637)
  • The Elements of Law, Natural and Politic (1640)
  • Objectiones tertiae ad Cartesii Meditationes, in Descartes: Meditationes de prima philosophia (1641)
  • De Motu, Loco et Tempore (erste Ausgabe im Jahr 1973 unter dem Titel Thomas White’s De Mundo Examined)
  • Of Libertie and Necessitie (1654)
  • Elementa Philosophiae (Trilogie)
    • De Corpore (1655)
    • De homine (1658)
    • De Cive (1642)
  • Leviathan or The Matter, Forme and Power of a Common Wealth Ecclesiasticall and Civil (1651 englische Fassung, 1670 editierte lateinische Fassung)
  • Quadratura circuli, cubatio spherae, duplicatio cubi (1669)
  • A Dialogue between a Philosopher and a Student of the Common Laws of England (1681)
  • Behemoth: the History of the Causes of the Civil Wars of England and of the Counsels and Artifices by which they were carried on from the year 1640 to the year 1662 (vollendet 1668, aber auf Wunsch von Karl II. nicht veröffentlicht; 1681 postum erschienen)
  • Le corps politique ou Les éléments de la loy morale et civile. Avec des reflexions sur la loy de nature, sur les serments, les pacts, & les diverses sortes de gouvernements; leurs changemens, & leurs révolutions. Traduit d’anglais en français par un de s n.O. (1652)

Neuausgaben

  • Vom Menschen. – Vom Bürger. Hrsg. v. Günter Gawlick, 3. Aufl. Meiner, Hamburg 1994, ISBN 978-3-7873-1166-8.
  • Leviathan, oder Stoff, Form und Gewalt eines kirchlichen und bürgerlichen Staates. Teil I und II. Aus dem Englischen von Walter Euchner, hrsg. mit einem Kommentar von Lothar R. Waas, Suhrkamp, Berlin 2011, ISBN 978-3-518-27018-9.
  • Leviathan. Übers. v. Jutta Schlösser, hrsg. v. Hermann Klenner. Meiner, Hamburg 1996, ISBN 978-3-7873-1303-7.
  • Elemente der Philosophie. Erste Abteilung: Der Körper. Übers. u. hrsg. v. Karl Schuhmann. Meiner, Hamburg 1997, ISBN 978-3-7873-1459-1.
  • Leviathan. Eine Auswahl Englisch/Deutsch, Übers. Holger Hanowell, hrsg. v. Jürgen Klein. Reclam, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-15-018595-7.
  • Behemoth oder das Lange Parlament, übersetzt und mit einer Einleitung und Anmerkungen herausgegeben von Peter Schröder. Felix Meiner Verlag, Hamburg 2015, ISBN 978-3-7873-2807-9.

Literatur

  • Georg Geismann, Karlfriedrich Herb (Hrsg.): Hobbes über die Freiheit. Königshausen & Neumann, Würzburg 1988, ISBN 3-88479-337-3.
  • Jean Hampton: Hobbes and the Social Contract Tradition. Cambridge University Press, Cambridge 1988, ISBN 0-521-36827-8.
  • Michael Hanst: Hobbes, Thomas In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 2, Bautz, Hamm 1990, ISBN 3-88309-032-8, Sp. 907–911.
  • Alfred Hirsch: Recht auf Gewalt? Spuren philosophischer Gewaltrechtfertigung nach Hobbes. Fink, München 2004, ISBN 978-3-7705-3869-0.
  • Otfried Höffe: Thomas Hobbes (= Beck'sche Reihe Denker. Bd. 580). Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-60021-0.
  • Dieter Hüning: Freiheit und Herrschaft in der Rechtsphilosophie des Thomas Hobbes. Duncker & Humblot, Berlin 1998, ISBN 3-428-09046-2.
  • Dieter Hüning (Hrsg.): Der lange Schatten des Leviathan. Hobbes’ politische Philosophie nach 350 Jahren. Duncker & Humblot, Berlin 2005, ISBN 3-428-11820-0.
  • Wolfgang Kersting: Thomas Hobbes zur Einführung. 4., aktualisierte Auflage. Junius, Hamburg 2009, ISBN 978-3-88506-673-6.
  • Reinhart Koselleck: Kritik und Krise. Eine Studie zur Pathogenese der bürgerlichen Welt. Suhrkamp, Frankfurt am Main ²1976 (u. a. ein Abschnitt über Thomas Hobbes, der sein Plädoyer für den absolutistischen Staat mit der Angst vor den religiösen Bürgerkriegen erklärt).
  • Bernd Ludwig: Die Wiederentdeckung des Epikureischen Naturrechts. Zu Thomas Hobbes’ philosophischer Entwicklung von „De Cive“ zum „Leviathan“ im Pariser Exil 1640–1651. Klostermann, Frankfurt am Main 1998, ISBN 3-465-02998-4.
  • Herfried Münkler: Thomas Hobbes (Campus-Einführungen). Campus, Frankfurt am Main u. a. 2001, ISBN 3-593-36831-5.
  • Eva Odzuck: Thomas Hobbes' körperbasierter Liberalismus. Eine kritische Analyse des Leviathan. Duncker und Humblot, Beiträge zur Politischen Wissenschaft, Band 184, Berlin, ISBN 978-3-428-14748-9, (Inhaltsverzeichnis).
  • Philip Pettit: Made with Words: Hobbes on Mind, Society and Politics. Princeton University Press, Princeton 2008.
  • Talcott Parsons: The Structure of Social Action. A Study in Social Theory with Special Reference to a Group of Recent European Writers. McGraw Hill, New York 1937.
  • Carl Schmitt: Der Leviathan in der Staatslehre des Thomas Hobbes. Sinn und Fehlschlag eines politischen Symbols. Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1938.
  • Peter Schröder: Hobbes (Grundwissen Philosophie). Reclam, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-15-020271-5.
  • Quentin Skinner: Freiheit und Pflicht. Thomas Hobbes’ politische Theorie. Frankfurter Adorno-Vorlesungen 2005 (Originaltitel: Hobbes and Republican Liberty, übersetzt von Karin Wördemann). Suhrkamp, Frankfurt am Main 2008, ISBN 978-3-518-58498-9 (Inhaltsverzeichnis).
  • Leo Strauss: The Political Philosophy of Hobbes. Its Basis and Its Genesis. Clarendon Press, Oxford 1936.
  • Dieter Thomä: Puer robustus. Eine Philosophie des Störenfrieds. Suhrkamp, Berlin 2016, ISBN 978-3-518-58690-7.
  • Ferdinand Tönnies: Thomas Hobbes, der Mann und der Denker. Frommann, Stuttgart [1896, ²1910] (erw.) ³1924, Faksimile 1971.
  • Richard Tuck: Hobbes. (= Herder Spektrum. Meisterdenker. Bd. 4742). Herder, Freiburg im Breisgau 2004, ISBN 3-926642-41-6.
  • Joachim Stiller: Hobbes:Leben und Werk PDF

Weblinks

Commons: Thomas Hobbes - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Werke

 Wikisource: Thomas Hobbes – Quellen und Volltexte
 Wikisource: Thomas Hobbes – Quellen und Volltexte (english)

Sekundärliteratur

Einzelnachweise

  1. vgl. Paul Noack: Was ist Politik? Droemer Knaur, München 1973, S. 41: „Dieses Ziel vor Augen, ist Hobbes zum Begründer des aufgeklärten Absolutismus geworden.“
  2. zitiert nach: Thomas Hobbes: Leviathan oder Stoff, Form und Gewalt eines bürgerlichen und kirchlichen Staates. Hrsg. und eingeleitet von Iring Fetscher, Luchterhand, Berlin 1966, Einleitung S. XI.
  3. Humane Nature; or the Fundamental Elements of Policie und De Corpore Politico, or the Elements of Law
  4. Richard Elliot Friedman: Wer schrieb die Bibel. So entstand das Alte Testament. Anaconda Verlag, Köln 2007, ISBN 978-3-86647-144-3, S. 21


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