Akronym

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Ein Akronym (von altgriech. ἄκρος ákros „Spitze, Rand“ sowie ὄνομα ónoma, dorisch und äolisch ὄνυμα ónyma, „Name“)[1] ist ein Sonderfall der Abkürzung. Akronyme entstehen dadurch, dass Wörter oder Wortgruppen auf ihre Anfangsbestandteile gekürzt werden.

Definitionen

Für den Begriff Akronym gibt es zwei konkurrierende Definitionen:

Den großen Wörterbüchern des Deutschen zufolge, z. B. Duden und Wahrig, ist ein Akronym ein Kurzwort, das aus den Anfangsbuchstaben mehrerer Wörter zusammengesetzt ist, wobei EDV (elektronische Datenverarbeitung) als Beispiel genannt wird.[2][3] ADAC, PC und TÜV sind demnach Akronyme, da sie aus den Anfangsbuchstaben der ihnen zugrunde liegenden Ausdrücke bestehen. Keine Akronyme sind Abkürzungen wie Abk., lt., Betr. oder kpl.

In Fachlexika der Linguistik finden sich weitere Definitionen: „Aus den Anfangsbuchstaben oder -silben einer Wortgruppe oder eines Kompositums gebildete Abkürzung, die als Wort verwendet wird.“[4] Die Sprachwissenschaftlerin Hadumod Bußmann definiert den Begriff entsprechend.[5] Anders als in der ersten Definition werden hier also nicht nur Anfangsbuchstaben, sondern auch (gekürzte) Anfangssilben berücksichtigt.

Bußmann unterteilt Akronyme in unterschiedliche Typen:

  • Akronyme, die ausbuchstabiert und mit Endbetonung ausgesprochen werden, wie WM
  • Akronyme, deren Buchstaben silbischen Wert annehmen mit Anfangsbetonung, wie NATO
  • Akronyme, deren Initialen sich zu einem phonetischen Wort zusammenfügen, wie AIDS
  • Mischformen aus Initial- und Silbenbildung, wie Azubi oder BAföG.

Formen des Akronyms

Initialwort

Duden, Wahrig sowie Bußmann und Glück[6] behandeln Initialwort als Synonym für Akronym. Nach Duden und Wahrig ist ein Initialwort damit eine Sonderform des Buchstabenworts (siehe unten), die sich nur aus den Anfangsbuchstaben, also den Initialen der Wörter, zusammensetzt. So steht zum Beispiel das Initialwort LASER für Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation. Nach Bußmann und Glück ist auch das Silbenkurzwort ein Akronym.

Es können auch Namen als Grundlage für Initialwörter eingesetzt werden. Bei der nach Axel Lennart Wenner-Gren benannten Alwegbahn war zudem eine Assoziation mit „alle Wege“ durchaus beabsichtigt.[7]

Silbenkurzwort

Silbenkurzwörter (auch Silbenwörter) sind Abkürzungen, die aus den Anfangssilben der zugrundeliegenden Ausdrücke bestehen: Kripo für Kriminalpolizei, Trafo für Transformator, Elko für Elektrolytkondensator. Diese sind verwandt mit den Kopfwörtern, wie Auto für Automobil oder Akku für Akkumulator, und den Schwanzwörtern, wie Bus für Omnibus.

Eine ähnliche Kurzwortform wird aus dem Anfang mehrerer Wörter gebildet. Zum Beispiel steht Haribo für Hans Riegel aus Bonn (Süßwarenhersteller) sowie Chipitts für die Region um die Städte Chicago und Pittsburgh in den USA. Hierbei werden oft Zusammensetzungen genutzt, die gut zu sprechen sind.

Weitere Beispiele von Silbenkurzwörtern:

  • Adidas – Adolf „AdiDassler
  • AldiAlbrecht-Diskont
  • StasiStaatssicherheit
  • UnimogUniversal-Motor-Gerät

Spezielle Formen des Akronyms

Apronym

Als Apronym bezeichnet man ein Akronym, das ein bereits existierendes Wort ergibt. Dies bedeutet, dass potenziell jedes Wort ein Apronym werden kann, wenn die einzelnen Buchstaben als Anfangsbuchstaben einer Phrase stehen können. Die meisten Apronyme haben einen gewollten Bezug zu der Sache, die sie bezeichnen. Beispiele:

  • BIOS, für das Basic Input Output System, Betriebssystem von Computern; damit wird diesen sozusagen Leben (griech. bios) eingehaucht.
  • BUND, für „Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland“ ist eine Umweltschutzorganisation mit Sitz in Deutschland.
  • ELSTER, Abk. für „ELektronische STeuer-ERklärung“; „diebischer“ Rabenvogel, der der Volkssage nach glitzernde Wertsachen an sich bringt und im Nest sammelt, gilt in Teilen Europas auch als Unheilsbote.
  • ECOLO, Abk. für „Écologistes Confédérés pour l’Organisation de Luttes Originales“ ist eine ökologisch (frz. écologique) ausgerichtete Partei in Belgien.

Apronyme dienen oft als Namen für EU-Förderprogramme oder US-amerikanische Gesetze. Zum Beispiel steht ERASMUS für European community action scheme for the mobility of university students oder LEADER für Liaison entre actions de développement de l’économie rurale. Die Abkürzung USA PATRIOT Act steht für Uniting and Strengthening America by Providing Appropriate Tools Required to Intercept and Obstruct Terrorism.

Backronym

Als Backronym [ˈbækɹənɪm] („rückwärts-Apronym“) bezeichnet man Wörter, die erst nachträglich die (oft scherzhafte) Bedeutung einer Abkürzung erhalten haben. Beispiele hierfür:

  • Ehe – scherzhaft: „Errare humanum est.“, lat. für „Irren ist menschlich“
  • Team – scherzhaft: „Toll, ein anderer macht's.“
  • Fiat – scherzhaft: „Fehler in allen Teilen“
  • Drag – ursprünglich vermutlich von langen Rockteilen, die am Boden schleiften; der Begriff verweist heute sowohl auf "Dressed as a girl" (vgl. Dragqueen) als auch auf "Dressed as a guy" (vgl. Dragking).

Mehrschichtiges Akronym

Ein Akronym kann mehrschichtig (verschachtelt) sein. Ein Beispiel hierfür ist BDSM: B&D, D&S, S&M stehen für Bondage & Discipline, Domination & Submission, Sadism & Masochism.

Rekursives Akronym

Als rekursives Akronym bezeichnet man ein Akronym oder eine Abkürzung, die in der Erklärung ihrer Bedeutung auf sich selbst verweist. Rekursive Akronyme findet man häufig in der Computertechnik. Beispiele:

  • GNU: GNU’s Not UNIX
  • PHP: PHP: Hypertext Preprocessor
  • Wine: Wine Is Not an Emulator
  • XNA: XNA’s Not Acronymed

Den Akronymen ähnliche Wortformen

Es gibt verschiedene Wortformen, die den Akronymen ähneln, ohne dass sie einer der beiden angegebenen Definitionen genügen.

Buchstabenwort/Buchstabenkurzwort

Ein Buchstabenwort ähnelt dem Initialwort, setzt sich aber aus beliebigen Einzelbuchstaben der Vollform der Wörter zusammen: zum Beispiel DAX als Abkürzung für Deutscher Aktienindex, wo der letzte Buchstabe des gekürzten Ausgangswortes berücksichtigt ist.[8]

Schreibweise

Die Schreibweise von Akronymen besteht meist aus einer Aneinanderreihung von Großbuchstaben. Bei Akronymen, die wie ein Wort ausgesprochen werden, hat sich aber im Lauf der Zeit auch eine Schreibweise entwickelt, die derjenigen normaler Substantive gleicht (z. B. Radar, Laser, Aids, Nato, Unicef; nicht aber KKW, SMS, HIV, USA). Da Akronyme ohne Punkt geschrieben werden, ist in solchen Fällen weder durch die Aussprache noch durch das Schriftbild erkennbar, dass es sich ursprünglich um ein Kunstwort handelt; jedoch spiegelt sich dadurch die Aussprache im Schriftbild wider.

Akronyme in der Chat-Sprache

Im Internet werden Akronyme häufig verwendet, um eine Handlung oder eine Gemütslage auszudrücken. So ist LOL (Laughing Out Loud) die Bezeichnung, wenn ein Chatter lachen muss. ROFL (Rolling On [the] Floor Laughing) ist noch eine Steigerung, in dem Fall kann sich der Chatter vor Lachen kaum noch halten. Wie diese beiden Beispiele werden die meisten Chat-Akronyme aus der englischen Sprache übernommen. Ein weiteres häufig verwendetes Akronym ist AFK (Away From Keyboard), das verwendet wird, um eine vorübergehende Abwesenheit mitzuteilen. Auch in Foren häufig verwendet werden IMHO (In My Humble/Honest Opinion) und AFAIK (As Far As I Know).

Begriffe wie „cu“ oder „l8r“ sind keine Akronyme, sondern homophone Abkürzungen, das heißt, sie klingen gelesen wie der auszudrückende Satz (see you, later), sind aber keine Initialworte.

Akronyme im WWW

Um auf Webseiten Wörter als Abkürzungen zu markieren, stehen die zwei HTML-Elemente abbr (von englisch abbreviation „Abkürzung“) und acronym zur Verfügung.[9] Screenreader erkennen diese Elemente. Sie brauchen also nicht mehr zu „raten“, ob es sich bei einem Wort um eine Abkürzung handelt, sondern passen die Aussprache entsprechend an. Beiden Elementen kann zugewiesen werden, wofür die Abkürzung steht. Dies kann dann von einem Vorleseprogramm (engl. „screen reader“) anstelle der Kurzform wiedergegeben werden. Die Wahl zwischen abbr und acronym gibt dem Programm einen Hinweis darauf, ob die Abkürzung als Wort – acronym – oder in einzelnen Buchstaben – abbr – vorgelesen werden sollte.

Vom World Wide Web Consortium wird empfohlen, vorrangig abbr zu benutzen. Diese Vereinfachung geht allerdings auf Kosten der Barrierefreiheit. Akronyme, die eigentlich als Wort gesprochen werden sollten, werden nicht mehr als solche erkannt.

Besondere Aspekte der Verwendung von Akronymen

Generell gilt, dass Kurzwörter, also auch Akronyme, bedeutungsgleich mit den Ausdrücken verwendet werden, die ihnen zugrunde liegen (= Vollformen). Abweichend davon kann der Plural auch mit -s gebildet werden.[10] Auch die Wortbildung eröffnet bei Akronymen besondere Möglichkeiten: So kann man eine -ler-Ableitung bilden, die bei der Vollform nicht möglich ist: SPDler.

Das Prinzip der Gleichwertigkeit von Vollform und Akronym hinsichtlich ihrer Bedeutung setzt jedoch voraus, dass dem Verwender die Vollform auch bekannt ist. Wenn dies nicht der Fall ist, kann es zu Bedeutungswandel und Lexikalisierung kommen. Lexikalisierungstendenzen zeigen sich zum Beispiel bei der Bezeichnung BAföG, das meist als monetäre Leistung und nicht länger als das dahinter stehende Bundesausbildungsförderungsgesetz verstanden wird.

Ähnlich verläuft es bei der „SMS“: „SMS“ bedeutet Short Message Services und beschreibt den Dienst, der das Versenden von Kurzmitteilungen ermöglicht. Die Nachricht selbst wäre also eher eine „SM“ (oder „Kurznachricht“). Trotzdem hat es sich eingebürgert, als „SMS“ die Nachricht zu bezeichnen, zumal die korrekte Abkürzung („SM“) im allgemeinen Sprachgebrauch schon vergeben ist.

Redundantes Akronym

Es gibt Kritiker, die Wortbildungen wie LCD-Display ablehnen, da das „D“ in der Abkürzung bereits für Display steht (Liquid Crystal Display). Ähnlich verhält es sich mit dem HIV-Virus, wo das „V“ bereits für „Virus“ steht, der ABM-Maßnahme (ABM = Arbeitsbeschaffungsmaßnahme), dem CSS-Stylesheet (CSS = Cascading Style Sheet), dem PDF-Format (PDF = Portable Document Format) oder der PIN-Nummer (PIN = Persönliche Identifikationsnummer).

Im deutschen Handelsrecht wird aus diesem Grund eine GmbH (Gesellschaft mit beschränker Haftung) als mbH bezeichnet, wenn sich der Begriff „Gesellschaft“ bereits im Eigennamen des Unternehmens befindet (z. B. Württembergische Eisenbahn-Gesellschaft mbH).

Im Englischen wird diese Redundanz rekursiv als „RAS-Syndrom“ (Redundantes-Akronym-Syndrom-Syndrom) bezeichnet. Diese Verdopplungen können rhetorisch als Tautologie (als Aussage) beziehungsweise als Pleonasmus (als Ausdruck) gesehen werden.

Siehe auch

Literatur

  • DIN 2340 (Kurzformen für Benennungen und Namen; Bilden von Abkürzungen und Ersatzkürzungen; Begriffe und Regeln).
  • Hadumod Bußmann (Hrsg.) unter Mitarbeit von Hartmut Lauffer: Lexikon der Sprachwissenschaft. 4., durchgesehene und bibliographisch ergänzte Auflage. Kröner, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-520-45204-7.
  •  Anton Schäfer: Abkürzungen, Begriffe, Zitiervorschläge (Akronyme – internationale Einführung und umfangreiche Abkürzungssammlung). 1. Auflage. Verlag Österreich, Wien 2008, ISBN 978-3-7046-5112-9.

Weblinks

 Wiktionary: Akronym – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Wiktionary: Initialwort – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1.  Wilhelm Gemoll: Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch. G. Freytag Verlag/Hölder-Pichler-Tempsky, München/Wien 1965.
  2. Renate Wahrig-Burfeind (Hrsg.): Wahrig, Deutsches Wörterbuch. Bertelsmann Lexikon Institut, Gütersloh/München 2008, ISBN 978-3-577-10241-4.
  3. Duden. Deutsches Universalwörterbuch. 6., überarbeitete und erweiterte Auflage. Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 2007, ISBN 978-3-411-05506-7.
  4. Helmut Glück (Hrsg.), unter Mitarbeit von Friederike Schmöe: Metzler-Lexikon Sprache. 4. Aufl. Verlag J.B. Metzler, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-476-02335-3.
  5. Hadumod Bußmann: Lexikon der Sprachwissenschaft. 3., aktualisierte und erweiterte Auflage. Kröner, Stuttgart 2002, Stichwort „Abkürzung“, ISBN 3-520-45203-0.
  6. Siehe Literaturverzeichnis und Einzelnachweise.
  7. wisoveg.de
  8. Zum Begriff: Anja Steinhauer: Sprachökonomie durch Kurzwörter. Bildung und Verwendung in der Fachkommunikation. Gunter Narr Verlag, Tübingen 2000, ISBN 3-8233-5361-6, S. 52.
  9. w3.org
  10. Heide Wegener: Die Nominalflexion des Deutschen – verstanden als Lerngegenstand. Niemeyer, Tübingen 1995, ISBN 3-484-31151-7, S. 24.


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