Georg Friedrich Daumer und Anselm von Feuerbach: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Georg Friedrich Daumer''' (* [[5. März]] [[1800]] in [[Nürnberg]]; † [[13. Dezember]] [[1875]] in [[Würzburg]]) war ein deutscher [[Religionsphilosophie|Religionsphilosoph]] und [[Lyriker]]. Bekannt wurde er auch als Erzieher von [[Kaspar Hauser]].


== Biografie ==
'''Paul Johann Anselm Ritter von Feuerbach''' (* [[14. November]] [[1775]] in [[Hainichen (Thüringen)|Hainichen]] bei [[Jena]]; † [[29. Mai]] [[1833]] in [[Frankfurt am Main]]) war ein deutscher Rechtsgelehrter. Er gilt als Begründer der modernen deutschen Strafrechtslehre sowie der Theorie des psychologischen Zwangs und ist Schöpfer des bayerischen Strafgesetzbuches von 1813. Bekannt geworden ist Anselm von Feuerbach auch als Obervormund und Gönner von [[Kaspar Hauser]], über den er 1832 das Buch ''Kaspar Hauser. Beispiel eines Verbrechens am Seelenleben des Menschen'' veröffentlichte.
Georg Friedrich Daumer war der Sohn eines Nürnberger [[Kürschner]]meisters. Er besuchte das [[Aegidianum]] oder Egidiengymnasium  in Nürnberg, wo [[Georg Wilhelm Friedrich Hegel]] damals Rektor war. Seit 1933 heißt es [[Melanchthon-Gymnasium Nürnberg| Melanchthon-Gymnasium]].


Nach seinem Schulabschluss begann er 1817 ein Studium der [[Theologie]] an der [[Universität Erlangen]]. Dort schloss er sich einem [[Pietismus|pietistischen]] Studentenzirkel an, dessen [[Askese|asketisches]] Selbstverständnis Daumer für den Rest seines Lebens prägte: Ein [[Kommilitone]] starb an einer [[Kastration|Selbstkastration]], ein anderer verfiel dem [[Wahnsinn]], in einer parallel dazu agierenden Gemeinschaft kam es zu einem Selbstmord, ein beamteter Theologe wurde wegen eines [[Sittlichkeitsverbrecher|Sittlichkeitsdeliktes]] aus dem Amt entfernt. Daumer selbst versuchte durch neuntägiges [[Fasten]], seinem Leben ein Ende zu machen. Der [[Philosoph]] [[Ludwig Feuerbach]], einer der wenigen Freunde, die er besaß, bezeichnete die Erlanger Studentengemeinschaft damals als ''pietistische Mistpfütze''. Daumers Predigt-Konzepte wurden von seinen Professoren als zu rationalistisch oder zu mystisch kritisiert. Schließlich brach er das Studium ab und wechselte nach [[Leipzig]] zum Fach [[Philologie]].
== Leben ==
Paul Johann Anselm Feuerbach wurde als erstes Kind der Sophie Sibylle Christina Krause (* 18. August 1751; † 20. September 1797) und des Johann Anselm Feuerbach (* 19. Februar 1755; † 1. März 1827) am 14. November 1775 in Hainichen bei Jena unehelich geboren. Nach Abschluss des väterlichen Rechtsstudiums an der Universität Gießen zog die Familie nach Frankfurt am Main, wo der Vater als Advokat arbeitete. Paul Johann Anselm besuchte hier das Gymnasium. Ab 1792 studierte er an der [[Friedrich-Schiller-Universität Jena|Universität von Jena]] [[Philosophie]], dann die Rechte. Er wurde mit seiner ''Untersuchung über das Verbrechen des Hochverrats'' (Erfurt 1798) ehrenvoll [[Habilitation|habilitiert]] und arbeitete anschließend als Privatdozent.


Nach Beendigung seines Philologiestudiums wurde Daumer 1822 Lehrer an der Lateinschule und bald darauf 1823 Professor an seinem ehemaligen Gymnasium in Nürnberg. Konflikte mit seinem Rektor, anhaltende Kränklichkeit und Augenleiden zwangen ihn jedoch schon 1828 zu vorläufiger und 1830 zu endgültiger Pensionierung.
1801 erhielt er an der Universität von Jena eine außerordentliche Professur der Rechte, womit der Eintritt in den dortigen [[Schöppenstuhl]] verbunden war, und bald darauf die ordentliche Professur des Lehnrechts.


Unter anderem betätigte sich Daumer auch als Homöopath.
1802 folgte er einem Ruf nach [[Christian-Albrechts-Universität zu Kiel|Kiel]], 1804 nach [[Universität Landshut|Landshut]], wo er den Auftrag bekam, den Entwurf zu einem bayerischen [[Strafgesetzbuch (Bayern)|Strafgesetzbuch]] auszuarbeiten. Daraufhin wurde er 1805 – auf Betreiben von Minister [[Maximilian von Montgelas|Montgelas]] – als Geheimer Referendar in das Ministerialjustiz- und Polizeidepartement nach [[München]] versetzt, 1806 zum ordentlichen Mitglied jenes Departements und 1808 zum Wirklichen Geheimen Rat ernannt. Bereits 1806 tat Feuerbach durch seinen ''Entwurf zur Abschaffung der Folter'' den ersten Schritt zur Beseitigung der Missstände in der bayerischen Kriminaljustiz.


Im Juli 1828 wurde Daumer vom Nürnberger Rat mit der Erziehung des Findlings [[Kaspar Hauser]] betraut, den er in seiner Wohnung aufnahm. Nachdem Hauser dort im Oktober 1829 Opfer eines Attentats geworden war, schien seine Sicherheit bei Daumer, dessen Gesundheit sich weiter verschlechtert hatte, nicht mehr gewährleistet. Kaspar Hauser wurde bei der Kaufmannsfamilie Biberbach untergebracht. In den folgenden Jahren verfasste Daumer insgesamt vier Publikationen über Hausers mysteriöse Herkunft und über seine Entwicklung.
Die wesentlichste Verbesserung der [[Rechtspflege]] begründete das von ihm entworfene neue ''Strafgesetzbuch für das Königreich Bayern'' (München 1813). Es empfing nach einigen Änderungen am 16. Mai 1813 die königliche Genehmigung, wurde in [[Sachsen-Weimar-Eisenach]], [[Württemberg]] und anderen Staaten bei der Bearbeitung neuer Landesgesetzbücher zugrundegelegt, in [[Oldenburg (Oldenburg)|Oldenburg]] als Gesetzbuch angenommen und auch ins [[Schwedische Sprache|Schwedische]] übersetzt. Für Bayern brachte dieses Gesetzeswerk eine Humanisierung der Strafpraxis und die förmliche Abschaffung der [[Folter]].


1834 heiratete Daumer Marie Friederike Rose, die Schwester von Heinrich Rose, dem Rektor der Nürnberger Gewerbeschule. Die Ehe gestaltete sich durch Geldmangel, schlechte Küche und Eifersucht sehr schwierig. Das Ehepaar lebte öfter getrennt.
Gleichzeitig arbeitete Feuerbach seit 1807 auf königlichen Befehl den [[Code Civil|Code Napoléon]] in ein [[bürgerliches Gesetzbuch]] für [[Bayern]] um, das 1808 und 1809 teilweise im Druck erschien, aber nicht inkrafttrat.


1840 gründete Daumer mit seinem Schwager den 1. Deutschen Tierschutzverein. Sie erhalten eine briefliche Beifallskundgebung von König Ludwig I. von Bayern.
Die ihm 1812 zugewiesene Redaktion des [[Codex Maximilianeus]] besorgte er gemeinschaftlich mit dem Freiherrn von Aretin und dem Staatsrat von Gönner.


1844 wurde die Tochter Ottilie geboren.
Bei der Wiederherstellung der deutschen Unabhängigkeit drückte Feuerbach seinen Nationalsinn durch mehrere Schriften aus, unter anderem durch die ''Über deutsche Freiheit und Vertretung deutscher Völker durch Landstände'' (Leipzig 1814).


1856 zog Daumer mit der Familie nach [[Frankfurt am Main]] und 1860 nach [[Würzburg]]. Er wirkte dort als Privatgelehrter und bestritt seinen Lebensunterhalt mit einer kleinen Pension, geringen Einnahmen aus seinen Schriften und mit finanzieller Unterstützung seiner Brüder.
1814 wurde er zum zweiten Präsidenten des [[Appellationsgericht]]s in [[Bamberg]], 1817 zum ersten Präsidenten des Appellationsgerichts für den Rezatkreis in [[Ansbach]] und 1821 zum Wirklichen Staatsrat befördert, nachdem er bereits 1813 geadelt worden war.


Am 15. August 1858 trat Daumer zum Katholizismus über.
Am 29. Mai 1833 starb Anselm von Feuerbach in Frankfurt am Main an den Folgen eines Schlaganfalls. Sein Grab befindet sich auf dem Frankfurter Hauptfriedhof.
[[Datei:Johann-anselm-von-feuerbach-ffm001.jpg|miniatur|hochkant|Grab in Frankfurt]]
Von Feuerbach hinterließ fünf Söhne, die sich alle durch wissenschaftliche Tätigkeit auf verschiedenen Gebieten ausgezeichnet haben, und drei Töchter:
* [[Joseph Anselm Feuerbach]] (1798–1851), Archäologe und Philologe; dessen Sohn war der Maler [[Anselm Feuerbach]] (1829–1880)
* [[Karl Wilhelm Feuerbach]] (1800–1834), Mathematiker
* [[Eduard August Feuerbach]] (1803–1843), Rechtsgelehrter
* [[Ludwig Feuerbach|Ludwig Andreas Feuerbach]] (1804–1872), Philosoph und Anthropologe
* [[Friedrich Feuerbach|Friedrich Heinrich Feuerbach]] (1806–1880), Philologe und Philosoph
* Rebekka Magdalena, genannt Helene, Feuerbach, geschiedene von Dobeneck (1808–1891)
* Leonore Feuerbach (1809–1885)
* Elise Feuerbach (1813–1883)


Im November 1874 erlitt Daumer einen Schlaganfall. Gottlieb von Tucher, Nürnberg und die Herzogin Marie von Hamilton unterstützen ihn finanziell.  
== Wirken ==
[[Datei:Jena Fürstengraben Denkmal PJA Feuerbach 2.jpg|miniatur|hochkant|Denkmal am Fürstengraben in Jena]]
Feuerbachs erste schriftstellerische Versuche, philosophische Abhandlungen, sind in Meißners Zeitschrift ''Apollo'' und in [[Friedrich Immanuel Niethammer|Niethammers]] ''Philosophischem Journal'' von 1795 enthalten. Sein erstes selbständiges Werk: ''Über die einzig möglichen Beweisgründe gegen das Dasein und die Gültigkeit der natürlichen Rechte'' (Leipzig und Gera 1795), war gegen Rehberg gerichtet.


Seine letzten Lebensjahre verbrachte Daumer mit [[Okkultismus|okkultistischen]] Forschungen zu [[Parapsychologie|parapsychologischen]] Phänomenen.
Noch größeren Beifall fanden seine Werke: ''Kritik des natürlichen Rechts '' (Altona 1796); ''Anti-[[Thomas Hobbes|Hobbes]], oder über die Grenzen der bürgerlichen Gewalt und das Zwangsrecht der Unterthanen gegen ihre Oberherren'' (Gießen 1798); ''Revision der Grundsätze und Grundbegriffe des positiven peinlichen Rechts'' (Erfurt 1799 und Chemnitz 1800, 2 Tle.), worin er, wie schon in der Schrift ''Über die Strafe als Sicherungsmittel vor künftigen Beleidigungen des Verbrechers'' (das. 1799) und in der von ihm mit [[Karl Ludwig Wilhelm von Grolman]] und [[Ludwig Harscher von Almendingen]] herausgegebenen ''Bibliothek für die peinliche Rechtswissenschaft und Gesetzkunde'' (Göttingen 1800 und Gießen 1803, Bd. 2 u. 3), im Gegensatz zur [[Immanuel Kant|Kantschen]] Theorie von der Strafe, als Zweck der Strafe die [[Abschreckung]] bezeichnete.


Am 13. Dezember 1875 starb Georg Friedrich Daumer in Würzburg.
In seinem ''Lehrbuch des gemeinen, in Deutschland geltenden peinlichen Rechts'' (Gießen 1801) legte Feuerbach dar, dass nicht erst die Strafvollstreckung, sondern bereits die Strafandrohung davor abschrecke, Straftaten zu begehen (Abschreckungstheorie oder Feuerbachsche Theorie). Sein Postulat ''[[nulla poena sine lege]]'' („keine Strafe ohne Gesetz“), das eine aufklärerische Forderung von [[Cesare Beccaria]] konkretisierte,<ref>Cesare Beccaria: ''Von den Verbrechen und von den Strafen'', Kapitel 4.</ref> wurde zu einem der Kernelemente des [[Rechtsstaat]]s. Dies bedeutet:
Auf seinem Grabstein in Würzburg stehen die Worte
:Qui quondam Saulus
:Pauli vestigia pressit
(„Der einmal als Saulus die Spur des Paulus betrat“).


== Werk (Auswahl)==
* [[Gesetz]]e müssen allgemein bekannt sein.
[[Datei:Georg Friedrich Daumer.jpg|miniatur|hochkant|Georg Friedrich Daumer]]
* [[Tatbestand|Tatbestände]] müssen klar formuliert sein.
* Die Unrechtsfolgen ([[Strafrahmen]]) müssen von vornherein feststehen.
 
Seinen ''Zivilistischen Versuchen'' (Gießen 1803, 1. Teil) folgte eine ausführliche ''Kritik des [[Gallus Aloys Kaspar Kleinschrod|Kleinschrodschen]] Entwurfs zu einem peinlichen Gesetzbuch für die kurpfalzbayrischen Staaten'' (Gießen 1804, 3 Bände).
 
Durch seine Sammlung ''Merkwürdige Kriminalrechtsfälle'' (Gießen 1808 und 1811, 2 Bände; Gießen 1839<sup>3</sup>) beschrieb er erstmals die psychologischen Implikationen solcher Fälle.
 
Kleinere Schriften aus dieser Periode sind: ''Über Philosophie und [[Empirie]] in ihrem Verhältnis zur positiven Rechtswissenschaft'' (Landshut 1804); ''Blick auf die deutsche Rechtswissenschaft'' (München 1810); ''Themis, oder Beiträge zur Gesetzgebung'' (Landshut 1812).
 
An seine ''Betrachtungen über die Geschwornengerichte'' (Landshut 1813) schlossen sich die ''Erklärung über meine angeblich geänderte Überzeugung in Ansehung der Geschwornengerichte'' (Jena 1819) und ''Über Öffentlichkeit und Mündlichkeit der gerichtlichen Verhandlungen'' (Gießen 1821) an. 1825 erschien in Gießen der zweite Band: ''Über die Gerichtsverfassung und das gerichtliche Verfahren Frankreichs''.
 
Später veröffentlichte er noch die ''Aktenmäßige Darstellung merkwürdiger Verbrechen'' (Gießen 1828–1829, 2 Bände; Frankfurt a. M. 1849<sup>3</sup>) und ''Kleine Schriften vermischten Inhalts'' (Nürnberg 1833, 2 Abteilungen).
 
Schließlich erschien die psychologische Studie: ''[[Kaspar Hauser]], Beispiel eines Verbrechens am Seelenleben des Menschen'' (Ansbach 1832).
 
In seinen Mußestunden beschäftigte er sich mit einer [[Verslehre|metrischen]] Übersetzung und einem Kommentar des indischen Gedichts ''[[Gita Govinda]]''.
 
Sein Sohn [[Ludwig Feuerbach]] schrieb seine Biografie: ''Leben und Wirken A. v. Feuerbachs'' (Leipzig 1852, 2 Bde.).
 
==Einzelnachweise==
 
<references />


*''Aphorismen über Tod und Unsterblichkeit'', 1865
*''Das Geisterreich in Glauben, Vorstellung, Sage und Wirklichkeit'', 1867
*''Das Reich des Wundersamen und Geheimnisvollen. Thatsache und Theorie. Mit Veröffentlichung vieler noch unbekannter, aus zuverlässigen Quellen geschöpfter und mit namhaft gemachten Autoritäten versehner Erscheinungen und Beobachtungen'', 1872
*''Das Wunder. Seine Bedeutung, Wahrheit und Notwendigkeit, den Herren Strauss, Frohschammer, Lang, Renan, Reinkens etc. gegenüber ins Licht gesetzt. Nebst thatsächlichen Belegen aus Geschichte und Überlieferung'', 1874
* ''Mitteilungen über Kaspar Hauser''. Hrsg. und eingeleitet von [[Peter Tradowsky]]. Ungekürzter Nachdruck der 1832 in Nürnberg erschienenen Erstausgabe. Geering, Dornach 1983, ISBN 3-7235-0359-4.
*''Über Thierquälerei und Thiermißhandlungen. Ein Gespräch, herausgegeben und vertheilt durch den Nürnberger Verein zur Verhütung der Thierquälerei''. 1840 (anonym erschienen).
* ''Enthüllungen über Kaspar Hauser''. Neudruck der Ausgabe 1859. Kaspar-Hauser-Verlag, Offenbach am Main 2004, ISBN 3-9806417-7-5.
* ''Kaspar Hauser. Sein Wesen, seine Unschuld''. Hrsg. und eingeleitet von Peter Tradowsky. Ungekürzter Nachdruck der 1873 bei Coppenrath, Regensburg, erschienenen Ausgabe. Geering, Dornach 1984, ISBN 3-7235-0387-X.
* ''Kaspar Hauser speaks for himself. Kaspar's own writings''. TWT, Whitby 1993, ISBN 1-897839-02-2.
* Georg Friedrich Daumer, Anselm von Feuerbach: ''Kaspar Hauser''. Mit einem Bericht von Johannes Mayer und einem Essay von Jeffrey M. Masson. Eichborn, Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-8218-4129-X.


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Version vom 20. März 2013, 13:58 Uhr

Anselm von Feuerbach

Paul Johann Anselm Ritter von Feuerbach (* 14. November 1775 in Hainichen bei Jena; † 29. Mai 1833 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Rechtsgelehrter. Er gilt als Begründer der modernen deutschen Strafrechtslehre sowie der Theorie des psychologischen Zwangs und ist Schöpfer des bayerischen Strafgesetzbuches von 1813. Bekannt geworden ist Anselm von Feuerbach auch als Obervormund und Gönner von Kaspar Hauser, über den er 1832 das Buch Kaspar Hauser. Beispiel eines Verbrechens am Seelenleben des Menschen veröffentlichte.

Leben

Paul Johann Anselm Feuerbach wurde als erstes Kind der Sophie Sibylle Christina Krause (* 18. August 1751; † 20. September 1797) und des Johann Anselm Feuerbach (* 19. Februar 1755; † 1. März 1827) am 14. November 1775 in Hainichen bei Jena unehelich geboren. Nach Abschluss des väterlichen Rechtsstudiums an der Universität Gießen zog die Familie nach Frankfurt am Main, wo der Vater als Advokat arbeitete. Paul Johann Anselm besuchte hier das Gymnasium. Ab 1792 studierte er an der Universität von Jena Philosophie, dann die Rechte. Er wurde mit seiner Untersuchung über das Verbrechen des Hochverrats (Erfurt 1798) ehrenvoll habilitiert und arbeitete anschließend als Privatdozent.

1801 erhielt er an der Universität von Jena eine außerordentliche Professur der Rechte, womit der Eintritt in den dortigen Schöppenstuhl verbunden war, und bald darauf die ordentliche Professur des Lehnrechts.

1802 folgte er einem Ruf nach Kiel, 1804 nach Landshut, wo er den Auftrag bekam, den Entwurf zu einem bayerischen Strafgesetzbuch auszuarbeiten. Daraufhin wurde er 1805 – auf Betreiben von Minister Montgelas – als Geheimer Referendar in das Ministerialjustiz- und Polizeidepartement nach München versetzt, 1806 zum ordentlichen Mitglied jenes Departements und 1808 zum Wirklichen Geheimen Rat ernannt. Bereits 1806 tat Feuerbach durch seinen Entwurf zur Abschaffung der Folter den ersten Schritt zur Beseitigung der Missstände in der bayerischen Kriminaljustiz.

Die wesentlichste Verbesserung der Rechtspflege begründete das von ihm entworfene neue Strafgesetzbuch für das Königreich Bayern (München 1813). Es empfing nach einigen Änderungen am 16. Mai 1813 die königliche Genehmigung, wurde in Sachsen-Weimar-Eisenach, Württemberg und anderen Staaten bei der Bearbeitung neuer Landesgesetzbücher zugrundegelegt, in Oldenburg als Gesetzbuch angenommen und auch ins Schwedische übersetzt. Für Bayern brachte dieses Gesetzeswerk eine Humanisierung der Strafpraxis und die förmliche Abschaffung der Folter.

Gleichzeitig arbeitete Feuerbach seit 1807 auf königlichen Befehl den Code Napoléon in ein bürgerliches Gesetzbuch für Bayern um, das 1808 und 1809 teilweise im Druck erschien, aber nicht inkrafttrat.

Die ihm 1812 zugewiesene Redaktion des Codex Maximilianeus besorgte er gemeinschaftlich mit dem Freiherrn von Aretin und dem Staatsrat von Gönner.

Bei der Wiederherstellung der deutschen Unabhängigkeit drückte Feuerbach seinen Nationalsinn durch mehrere Schriften aus, unter anderem durch die Über deutsche Freiheit und Vertretung deutscher Völker durch Landstände (Leipzig 1814).

1814 wurde er zum zweiten Präsidenten des Appellationsgerichts in Bamberg, 1817 zum ersten Präsidenten des Appellationsgerichts für den Rezatkreis in Ansbach und 1821 zum Wirklichen Staatsrat befördert, nachdem er bereits 1813 geadelt worden war.

Am 29. Mai 1833 starb Anselm von Feuerbach in Frankfurt am Main an den Folgen eines Schlaganfalls. Sein Grab befindet sich auf dem Frankfurter Hauptfriedhof.

Grab in Frankfurt

Von Feuerbach hinterließ fünf Söhne, die sich alle durch wissenschaftliche Tätigkeit auf verschiedenen Gebieten ausgezeichnet haben, und drei Töchter:

Wirken

Denkmal am Fürstengraben in Jena

Feuerbachs erste schriftstellerische Versuche, philosophische Abhandlungen, sind in Meißners Zeitschrift Apollo und in Niethammers Philosophischem Journal von 1795 enthalten. Sein erstes selbständiges Werk: Über die einzig möglichen Beweisgründe gegen das Dasein und die Gültigkeit der natürlichen Rechte (Leipzig und Gera 1795), war gegen Rehberg gerichtet.

Noch größeren Beifall fanden seine Werke: Kritik des natürlichen Rechts (Altona 1796); Anti-Hobbes, oder über die Grenzen der bürgerlichen Gewalt und das Zwangsrecht der Unterthanen gegen ihre Oberherren (Gießen 1798); Revision der Grundsätze und Grundbegriffe des positiven peinlichen Rechts (Erfurt 1799 und Chemnitz 1800, 2 Tle.), worin er, wie schon in der Schrift Über die Strafe als Sicherungsmittel vor künftigen Beleidigungen des Verbrechers (das. 1799) und in der von ihm mit Karl Ludwig Wilhelm von Grolman und Ludwig Harscher von Almendingen herausgegebenen Bibliothek für die peinliche Rechtswissenschaft und Gesetzkunde (Göttingen 1800 und Gießen 1803, Bd. 2 u. 3), im Gegensatz zur Kantschen Theorie von der Strafe, als Zweck der Strafe die Abschreckung bezeichnete.

In seinem Lehrbuch des gemeinen, in Deutschland geltenden peinlichen Rechts (Gießen 1801) legte Feuerbach dar, dass nicht erst die Strafvollstreckung, sondern bereits die Strafandrohung davor abschrecke, Straftaten zu begehen (Abschreckungstheorie oder Feuerbachsche Theorie). Sein Postulat nulla poena sine lege („keine Strafe ohne Gesetz“), das eine aufklärerische Forderung von Cesare Beccaria konkretisierte,[1] wurde zu einem der Kernelemente des Rechtsstaats. Dies bedeutet:

  • Gesetze müssen allgemein bekannt sein.
  • Tatbestände müssen klar formuliert sein.
  • Die Unrechtsfolgen (Strafrahmen) müssen von vornherein feststehen.

Seinen Zivilistischen Versuchen (Gießen 1803, 1. Teil) folgte eine ausführliche Kritik des Kleinschrodschen Entwurfs zu einem peinlichen Gesetzbuch für die kurpfalzbayrischen Staaten (Gießen 1804, 3 Bände).

Durch seine Sammlung Merkwürdige Kriminalrechtsfälle (Gießen 1808 und 1811, 2 Bände; Gießen 18393) beschrieb er erstmals die psychologischen Implikationen solcher Fälle.

Kleinere Schriften aus dieser Periode sind: Über Philosophie und Empirie in ihrem Verhältnis zur positiven Rechtswissenschaft (Landshut 1804); Blick auf die deutsche Rechtswissenschaft (München 1810); Themis, oder Beiträge zur Gesetzgebung (Landshut 1812).

An seine Betrachtungen über die Geschwornengerichte (Landshut 1813) schlossen sich die Erklärung über meine angeblich geänderte Überzeugung in Ansehung der Geschwornengerichte (Jena 1819) und Über Öffentlichkeit und Mündlichkeit der gerichtlichen Verhandlungen (Gießen 1821) an. 1825 erschien in Gießen der zweite Band: Über die Gerichtsverfassung und das gerichtliche Verfahren Frankreichs.

Später veröffentlichte er noch die Aktenmäßige Darstellung merkwürdiger Verbrechen (Gießen 1828–1829, 2 Bände; Frankfurt a. M. 18493) und Kleine Schriften vermischten Inhalts (Nürnberg 1833, 2 Abteilungen).

Schließlich erschien die psychologische Studie: Kaspar Hauser, Beispiel eines Verbrechens am Seelenleben des Menschen (Ansbach 1832).

In seinen Mußestunden beschäftigte er sich mit einer metrischen Übersetzung und einem Kommentar des indischen Gedichts Gita Govinda.

Sein Sohn Ludwig Feuerbach schrieb seine Biografie: Leben und Wirken A. v. Feuerbachs (Leipzig 1852, 2 Bde.).

Einzelnachweise

  1. Cesare Beccaria: Von den Verbrechen und von den Strafen, Kapitel 4.



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