Freiheit: Unterschied zwischen den Versionen

Aus AnthroWiki
imported>Michael.heinen-anders
imported>Odyssee
Zeile 113: Zeile 113:


== Freiheit und Karma ==
== Freiheit und Karma ==
Im [[Leben zwischen Tod und neuer Geburt]] legt der [[Mensch]] seinen Schicksalskern, sein [[Karma]], in der [[Mondensphäre]] ab, über die er durch die Nachwirkung des [[Christus]]-Impulses hinausschreitet und sich aus der Sternensphäre die nötigen Kräfte holt, um sich beim Herabstieg zu einem neuen Erdenleben durch eine ''freie Geistestat'' diesen Schicksalskern so wieder einzuverleiben, dass er dadurch in ''selbständiger'' Weise sein Schicksal mit seiner geistig fortschreitenden Wesenheit in Zusammenhang bringt. Das irdische Nachbild dieser im kosmischen Dasein vollbrachten Tat ist das Freiheitsgefühl während des Erdendlebens.
<div style="margin-left:20px">
"... es ist der Christus-Impuls, der
über den Tod hinaus nachwirkt, unter dessen Einfluß der Mensch sich
der Mondensphäre entringt, in die Sternen-Sonnensphäre eindringt und
dort aus den Impulsen, die ihm die Wesen der Sternenwelt geben, arbeiten
kann an der Herausgestaltung des physischen Organismus seines
nächsten Erdenlebens. Aber er entringt sich der Mondensphäre durch
die Kräfte, die er in seinem Ich aufgespeichert hat durch die Hinneigung
zu dem Christus-Wesen und zu dem Mysterium von Golgatha. Er
entringt sich der Mondensphäre in einer solchen Art, daß er nun auch
in der Sternensphäre so arbeiten kann, daß er, wenn er wieder zur
Mondensphäre zurückkehrt und ihm sein Schicksalskern begegnet, in
einer freien Weise als eine freie Geistestat sich diesen Schicksalskern
eingliedert, weil er sich sagen muß: Die Weltentwickelung kann nur in
der richtigen Weise verfließen, wenn der Mensch sich diesen seinen
Schicksalskern eingliedert und dasjenige, was er als sein Schicksal zubereitet
hat, auch in ausgleichenden künftigen Erdenleben wiederum zurechtbringt.
Das ist das Wesentliche im Neu-Erleben des nachtodlichen Mondensphären-
Erlebens, daß es da im kosmischen Dasein einen Augenblick
gibt, wo der Mensch in selbständiger Weise sein Schicksal, sein Karma,
mit seiner fortschreitenden Wesenheit in Zusammenhang bringt. Und
das irdische Abbild dieser im Überirdischen vollbrachten Tat im nachherigen
irdischen Leben ist die menschliche Freiheit, das Freiheitsgefühl
während des Erdendaseins. Das richtige Verstehen der Schicksalsidee
und ihr Verfolgen bis in die geistigen Welten hinauf begründet nicht
eine Determinationsphilosophie, sondern eine wirkliche Philosophie
der Freiheit, wie ich sie in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts
in meinem Buche «Philosophie der Freiheit» zu geben hatte." {{Lit|{{G|215|177f}}}}
</div>


Taten, die aus der [[Vollheit|vollen]] Freiheit des [[Mensch]]en gesetzt werden, sind nicht durch das [[Karma]] bedingt:
Taten, die aus der [[Vollheit|vollen]] Freiheit des [[Mensch]]en gesetzt werden, sind nicht durch das [[Karma]] bedingt:
Zeile 125: Zeile 158:


Was der Mensch in [[Vollheit|voller]] Freiheit tut, schafft auch kein neues [[Karma]]. Im [[Okkultismus]] wird das auch als das Handeln aus dem [[Nirvana]] bezeichnet. Solange allerdings der Mensch das Karma aus seinen früheren [[Inkarnation]]en nicht [[Vollständigkeit|vollständig]] ausgeglichen hat, kann er nicht in [[Vollkommenheit|vollkommener]] Freiheit leben - ein Teil seiner Taten wird notwendig durch die Vergangenheit (Bedingungen sowie Nebenwirkungen) - neues Karma begründend - bestimmt sein, d. h. [[allmählich freies Handeln zu realisieren]] ist heutzutage und in der Zukunft ein großes, ideales Ziel der menschlichen Evolution.
Was der Mensch in [[Vollheit|voller]] Freiheit tut, schafft auch kein neues [[Karma]]. Im [[Okkultismus]] wird das auch als das Handeln aus dem [[Nirvana]] bezeichnet. Solange allerdings der Mensch das Karma aus seinen früheren [[Inkarnation]]en nicht [[Vollständigkeit|vollständig]] ausgeglichen hat, kann er nicht in [[Vollkommenheit|vollkommener]] Freiheit leben - ein Teil seiner Taten wird notwendig durch die Vergangenheit (Bedingungen sowie Nebenwirkungen) - neues Karma begründend - bestimmt sein, d. h. [[allmählich freies Handeln zu realisieren]] ist heutzutage und in der Zukunft ein großes, ideales Ziel der menschlichen Evolution.


== Freiheit und Determinismus ==
== Freiheit und Determinismus ==

Version vom 16. Juni 2013, 19:15 Uhr

Die Freiheit des Menschen, sein freier Wille, liegt nach Rudolf Steiner darin begründet, dass er die Gesetze seines eigenen Handelns erkennen kann. Die Erkenntnis dieser Gesetzmäßigkeiten ist zunächst nur ein Sonderfall des Erkennens überhaupt, doch indem die Erkenntnis sich auf die bewußte Tätigkeit des Ichs richtet, liegt diese Gesetzmäßigkeit nicht außerhalb des erkannten Objektes, des Ichs, sondern ist der Inhalt des im lebendigen Tun begriffenen Ich selbst, das diese Gesetze aus sich und der Einsicht in die Gegebenheiten hervorbringt. Erkennender und Erkanntes, Subjekt und Objekt, 'fallen in eins', werden identisch, und damit beherrschen uns nicht mehr von außen gegebene sittliche Gebote und Gesetze, auch nicht mehr von innen aufgedrungene Handlungsweisen, sondern wir nehmen erstere in unser eigenes Wesen auf oder wir klären, was uns letztere abverlangen und vollziehen nur das, was wir uns selbst befehlen, d. h. was wir selbst zu bewußten Handlungsmotiven erhoben haben.

"Wahrhaft unsere Handlungen sind ja doch nur diejenigen, wo wir, den Pflichtbegriff vollkommen beiseite setzend, rein unsere Individualität walten lassen." (Lit.: GA 038, S. 143)

Dadurch wird im Sinne Steiners die sittliche Autonomie und der ethische Individualismus und eine durchgreifende Toleranz im Zusammenspiel von Mensch, Gesellschaft und Welt begründet. Voraussetzung dafür ist, dass man das liebt, was man aus Einsicht tut, d.h. sich in freier Hingabe mit dem Auszuführenden identifiziert und dabei die sozialen und natürlichen Bedingungen beachtet. Daraus folgt die Grundmaxime der freien Menschen, die Rudolf Steiner in seiner Philosophie der Freiheit so formuliert hat:

"Leben in der Liebe zum Handeln und Lebenlassen im Verständnisse des fremden Wollens ist die Grundmaxime der freien Menschen." (Lit.: GA 004, S. 166)

Seine Gedanken zur Freiheit hat Rudolf Steiner ausführlich in seinen grundlegenden philosophischen Schriften dargestellt, vor allem am Anfang seines öffentlichen schriftstellerischen Wirkens in "Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung mit besonderer Rücksicht auf Schiller", "Wahrheit und Wissenschaft" und in "Die Philosophie der Freiheit" und später, da die Verwirklichung der Freiheitsidee schon eine lange Entwicklung der Bewußtseinskräfte innerhalb der Weltanschauungssysteme und damit des immer universeller werdenden individuellen Denkens in der Menschheit durchgemacht hat, aus der reifen Erfahrung seines jahrzehntelangen Umgangs mit dem in seinen frühen Werken konzipierten Erkenntnisweg in "Die Rätsel der Philosophie".

Der «Streit am Himmel» ermöglichte die Freiheit

In der Übergangszeit von der alten Sonne zum alten Mond fand der sogenannte Streit am Himmel statt. Dabei wurden Wesenheiten aus der Hierarchie der Dynameis (Geister der Bewegung) gleichsam "abkommandiert", um als Widersacher die fortschreitende Entwicklung zu hemmen, aber gerade dadurch einen neuen wesentlichen Evolutionssprung zu bewirken. Diese Mächte waren an sich noch nicht böse und hätten auch nicht aus eigenem Willen zu hemmenden Kräften werden können. Aber indem sie Sturm liefen gegen die normale Entwicklung und der Evolution dadurch neue Wege eröffneten, wurde sie letzlich auch zu Erzeugern des Bösen, ermöglichten aber gerade dadurch die Freiheit. Sie selbst hatten zwar diese Freiheit noch nicht, aber ein Teil der Engelwesenheiten, die auf dem alten Mond ihre Menschheitsstufe, d.h. ihre Ich-Entwicklung absolvierten, konnte sich durch den hemmenden Einfluss der Dynameis aus dem Willen der Gottheit befreien und eigene Ziele verfolgen. Sie wurden dadurch zu luziferischen Geistern.

"So sehen wir, daß in einer gewissen Beziehung erst dadurch, daß die Mächte abkommandiert wurden, dem Menschen die Möglichkeit gegeben wurde, aus sich selbst heraus das Ziel zu erreichen, das selbst die höchsten Seraphim nicht aus sich selbst erreichen können. Das ist das Wesentliche. Sie können gar nicht anders handeln, die Seraphim, Cherubim, Throne, als unmittelbar den Impulsen folgen, die die Gottheit gibt. Die Herrschaften, die ganze zweite Hierarchie kann auch nicht anders handeln. Von den Mächten war eine Anzahl abkommandiert; also auch diese Mächte, die sozusagen sich in den Weg der Entwickelung warfen, konnten nicht anders als den Befehlen der Gottheit folgen. Auch in dem, was man nennen könnte den Ursprung des Bösen, auch da vollziehen sie nur den Willen der Gottheit; indem sie sich zu Dienern des Bösen machen, vollziehen sie nur den Willen der Gottheit, die durch den Umweg des Bösen das starke Gute entwickeln will. Und steigen wir jetzt herunter zu denjenigen Wesenheiten, die wir die Gewalten nennen: Durch sich selbst hätten sie das nicht erreichen können. Auch sie hätten nicht böse werden können durch sich selbst; auch nicht die Geister der Persönlichkeit, auch nicht die Feuergeister. Denn als diese auf der Sonne Menschen waren, da waren ja die Mächte noch nicht abkommandiert, da war überhaupt noch keine Möglichkeit vorhanden, böse zu werden. Die ersten, die die Möglichkeit hatten, böse zu werden, waren die Engel, denn diese Möglichkeit war erst von der Mondenentwickelung aus vorhanden. Da, von der Sonne zum Mond, hat der Streit am Himmel stattgefunden. Ein Teil der Engel hat nun diese Möglichkeit ausgeschlagen, hat sozusagen sich nicht verführen lassen durch die Kräfte, die in die Hemmnisse hineinführen sollten; die blieben bei der alten Natur. So daß wir bis zu den Engeln herab und noch in einem Teil der Engel solche Wesenheiten der geistigen Hierarchien vor uns haben, die unbedingt nicht anders können, als dem göttlichen Willen folgen, bei denen es keine Möglichkeit gibt, dem göttlichen Willen nicht zu folgen. Das ist das Wesentliche.

Und nun kommen wir zu zwei Kategorien von Wesenheiten: Erstens denjenigen Engeln, die sich hineingestürzt haben in das, was die Mächte während des Streites am Himmel angerichtet haben. Das waren solche Wesenheiten, die wir eben wegen ihrer weiteren Taten die luziferischen Wesenheiten nennen. Diese Wesenheiten haben sich dann herangemacht an den menschlichen Astralleib während der Erdenentwickelung und dem Menschen die Möglichkeit des Bösen gegeben, aber damit auch die Möglichkeit, aus eigener freier Kraft sich zu entwickeln. So daß wir innerhalb der ganzen Stufenfolge der Hierarchien nur bei einem Teil der Engel und beim Menschen die Möglichkeit der Freiheit haben. Sozusagen mitten in der Reihe der Engel beginnt die Möglichkeit der Freiheit; im Menschen ist sie aber doch erst in der richtigen Weise ausgebildet. Als der Mensch die Erde betrat, hat er allerdings zunächst verfallen müssen der großen Gewalt der luziferischen Geister. Sie durchdrangen den Astralleib des Menschen mit ihren Kräften, und das Ich wurde dadurch einbezogen in diese Kräfte; so daß wir während der lemurischen und atlantischen Entwickelung, und auch nachher noch, das Ich wie in einer Wolke haben, wie in eine Wolke gehüllt, die herbeigeführt worden ist durch die Einflüsse Luzifers. Der Mensch ist nur dadurch bewahrt worden vor der Überwältigung durch die ihn herabziehenden Kräfte, daß frühere Wesenheiten ihn überschattet haben, daß die Engel, die oben geblieben waren, und die Erzengel oben, in besonderen Individuen sich verkörpert und ihn geführt haben. Und das geschah bis in jene Zeit hinein, wo etwas ganz Besonderes eintrat, wo eine Wesenheit, welche bis dahin nur verbunden war mit dem Sonnendasein, so weit gekommen war, daß sie jetzt nicht nur, wie frühere Wesenheiten der höheren Welten, in den physischen Leib, Ätherleib und Astralleib des Menschen hineintreten konnte, sondern daß sie eindringen konnte in den Menschen bis in das Ich." (Lit.: GA 110, S. 166f)

Die luziferischen Geister ermöglichten es dem Menschen, während der Erdentwicklung die Freiheit zu erlangen, nämlich die Freiheit, sich aus dem Willen der Gottheit zu befreien. Das ist aber nur die eine, die negative Seite der Freiheit. Der Mensch wäre dadurch allerdings den luziferischen Mächten verfallen, die in seinem Astralleib wirkten. Das konnte nur dadurch verhindert werden, dass sich der Christus selbst auf Erden inkarnierte. Der Christus wirkt unmittelbar durch das Ich des Menschen, aber er entäußert sich dabei jeglichen Machtanspruchs und ermöglicht es dadurch dem Menschen, sich aus freiem Entschluss zum Geistigen zu erheben. Erst dadurch wird die volle Freiheit verwirklicht.

"... diese Tat ist eine solche, daß sie auf keinen Menschen anders wirkt, als wenn er sich selbst dazu entschließt, sie auf sich wirken zu lassen, das heißt, wenn sie mit dem absolut freien Charakter seines individuellen Ich vereinbar ist. Denn nicht genügt es, daß der Christus anwesend wird im menschlichen Astralleib, sondern der Christus muß, wenn er wirklich verstanden werden soll, im menschlichen Ich anwesend werden. Und das Ich muß sich frei entschließen, den Christus aufzunehmen. Das ist es, worauf es ankommt. Aber gerade dadurch nimmt dieses menschliche Ich, wenn es sich mit dem Christus verbindet, eine Realität in sich auf, eine göttliche Kraft, nicht bloß eine Lehre. Daher kann hundertmal bewiesen werden, daß alle Lehren des Christentums schon zu finden sind da oder dort; aber darauf kommt es nicht an, sondern darauf, daß das Wesentliche im Christentum die Tat ist, die nur durch eine freiwillige Erhebung in die höheren Welten zum eigenen Besitz werden kann. Dadurch also nimmt der Mensch die Christus-Kraft auf, daß er sie freiwillig aufnimmt, und keiner kann sie aufnehmen, der sie nicht freiwillig aufnimmt. Dies ist aber dem Menschen nur dadurch möglich geworden, daß der Christus auf der Erde Mensch geworden ist, daß er berufen war, auf der Erde Mensch zu werden." (Lit.: GA 110, S. 170)

Freiheit und Karma

Im Leben zwischen Tod und neuer Geburt legt der Mensch seinen Schicksalskern, sein Karma, in der Mondensphäre ab, über die er durch die Nachwirkung des Christus-Impulses hinausschreitet und sich aus der Sternensphäre die nötigen Kräfte holt, um sich beim Herabstieg zu einem neuen Erdenleben durch eine freie Geistestat diesen Schicksalskern so wieder einzuverleiben, dass er dadurch in selbständiger Weise sein Schicksal mit seiner geistig fortschreitenden Wesenheit in Zusammenhang bringt. Das irdische Nachbild dieser im kosmischen Dasein vollbrachten Tat ist das Freiheitsgefühl während des Erdendlebens.

"... es ist der Christus-Impuls, der über den Tod hinaus nachwirkt, unter dessen Einfluß der Mensch sich der Mondensphäre entringt, in die Sternen-Sonnensphäre eindringt und dort aus den Impulsen, die ihm die Wesen der Sternenwelt geben, arbeiten kann an der Herausgestaltung des physischen Organismus seines nächsten Erdenlebens. Aber er entringt sich der Mondensphäre durch die Kräfte, die er in seinem Ich aufgespeichert hat durch die Hinneigung zu dem Christus-Wesen und zu dem Mysterium von Golgatha. Er entringt sich der Mondensphäre in einer solchen Art, daß er nun auch in der Sternensphäre so arbeiten kann, daß er, wenn er wieder zur Mondensphäre zurückkehrt und ihm sein Schicksalskern begegnet, in einer freien Weise als eine freie Geistestat sich diesen Schicksalskern eingliedert, weil er sich sagen muß: Die Weltentwickelung kann nur in der richtigen Weise verfließen, wenn der Mensch sich diesen seinen Schicksalskern eingliedert und dasjenige, was er als sein Schicksal zubereitet hat, auch in ausgleichenden künftigen Erdenleben wiederum zurechtbringt.

Das ist das Wesentliche im Neu-Erleben des nachtodlichen Mondensphären- Erlebens, daß es da im kosmischen Dasein einen Augenblick gibt, wo der Mensch in selbständiger Weise sein Schicksal, sein Karma, mit seiner fortschreitenden Wesenheit in Zusammenhang bringt. Und das irdische Abbild dieser im Überirdischen vollbrachten Tat im nachherigen irdischen Leben ist die menschliche Freiheit, das Freiheitsgefühl während des Erdendaseins. Das richtige Verstehen der Schicksalsidee und ihr Verfolgen bis in die geistigen Welten hinauf begründet nicht eine Determinationsphilosophie, sondern eine wirkliche Philosophie der Freiheit, wie ich sie in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in meinem Buche «Philosophie der Freiheit» zu geben hatte." (Lit.: GA 215, S. 177f)

Taten, die aus der vollen Freiheit des Menschen gesetzt werden, sind nicht durch das Karma bedingt:

"Nur solche Handlungen sind frei, bei denen der Mensch gar nicht auf Grund der Vergangenheit arbeiten würde, sondern bei denen er nur dem gegenübersteht, was durch die kombinierende und produktive Tätigkeit seiner Vernunft an Handlungen in die Welt hineinkommen kann. Solche Handlungen nennt man im Okkultismus: Aus dem Nichts heraus schaffen. Alle anderen Handlungen sind aus dem Karma heraus geschaffen." (Lit.: GA 093a, S. 123)

Was der Mensch in voller Freiheit tut, schafft auch kein neues Karma. Im Okkultismus wird das auch als das Handeln aus dem Nirvana bezeichnet. Solange allerdings der Mensch das Karma aus seinen früheren Inkarnationen nicht vollständig ausgeglichen hat, kann er nicht in vollkommener Freiheit leben - ein Teil seiner Taten wird notwendig durch die Vergangenheit (Bedingungen sowie Nebenwirkungen) - neues Karma begründend - bestimmt sein, d. h. allmählich freies Handeln zu realisieren ist heutzutage und in der Zukunft ein großes, ideales Ziel der menschlichen Evolution.

Freiheit und Determinismus

Für das Verhältnis des Menschen in seiner Freiheit zum Karma gilt die Beachtung der beiden Doppelströme der Zeit[1], die Lebenssituationen sind dann entweder durch altes Karma, durch Freiheit, oder durch neues (künftiges) Karma bestimmt. Es sind im Hinblick auf den naturwissenschaftlichen Determinismus klare Positionen von seiten der herrschenden Wissenschaft bezogen worden: Diese angebliche Freiheit des Menschen wäre nur eine Illusion, es gäbe sie nicht wirklich (herrschende Auffassung, es gibt auch Gegenauffassungen).

Zu beachten ist auch der Gegenstrom der Zeit in der Evolution.[2]

In der Argumentation, das fällt unter die Philosophie des Geistes, spielt eine wichtige Rolle, daß eine Willensregung physiologisch zeitlich schon früher gemessen werden kann, als sie dann im Bewußtsein als ein "Ich will" relevant wird. Diese durchaus plausible Begründung berücksichtigt freilich nicht, daß ja der menschliche Wille etwas anderes sei, als das Bewußtsein von einem menschlichen Willen, insbesondere freiem Willen.

Allerdings kann dieser Wille, wenn er als ein freier soll gelten, nur ein bewußter freier Wille sein. Bewußtsein, das nach der physiologischen Gehirnforschung später kommt, als die motorische Handlungsabsicht.

Nur die Befragung des zeitlichen Charakters von Wollen, und der physiologischen Manifestation des Wollens kann da auf eine Lösung hinweisen.

Der unsterbliche Teil des Menschen ist sein Willens-Gefühlswesen, daher entstammt alle nichtdeterminierte Freiheit, dem Höheren Ich, insoweit es sich durch Wille und Gefühl in Entschluß- und Gedankenform realisieren kann.[3]

Freiheit und Liebe

Dass Freiheit und Liebe untrennbar miteinander verbunden sind, hat Rudolf Steiner schon in seinen Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften (GA 1, 1884-1897) ganz entschieden betont:

"Wir wissen daß die Ideenwelt die unendliche Vollkommenheit selbst ist; wir wissen, daß mit ihr die Antriebe unseres Handelns in uns liegen; und wir müssen demzufolge nur ein solches Handeln als ethisch gelten lassen, bei dem die Tat nur aus der in uns liegenden Idee derselben fließt. Der Mensch vollbringt von diesem Gesichtspunkte aus nur deshalb eine Handlung, weil deren Wirklichkeit für ihn Bedürfnis ist. Er handelt, weil ein innerer (eigener) Drang, nicht eine äußere Macht, ihn treibt. Das Objekt seines Handelns, sobald er sich einen Begriff davon macht, erfüllt ihn so, daß er es zu verwirklichen strebt. In dem Bedürfnis nach Verwirklichung einer Idee, in dem Drange nach der Ausgestaltung einer Absicht soll auch der einzige Antrieb unseres Handelns sein. In der Idee soll sich alles ausleben, was uns zum Tun drängt. Wir handeln dann nicht aus Pflicht, wir handeln nicht einem Triebe folgend, wir handeln aus Liebe zu dem Objekt, auf das unsere Handlung sich erstrecken soll. Das Objekt, indem wir es vorstellen, ruft in uns den Drang nach einer ihm angemessenen Handlung hervor. Ein solches Handeln ist allein ein freies. Denn müßte zu dem Interesse, das wir an dem Objekt nehmen, noch ein zweiter anderweitiger Anlaß kommen, dann wollten wir nicht dieses Objekt um seiner selbst willen, wir wollten ein anderes und vollbrächten dieses, was wir nicht wollen; wir vollführten eine Handlung gegen unseren Willen. Das wäre etwa beim Handeln aus Egoismus der Fall. Da nehmen wir an der Handlung selbst kein Interesse; sie ist uns nicht Bedürfnis, wohl aber der Nutzen, den sie uns bringt. Dann aber empfinden wir es auch zugleich als Zwang, daß wir jene Handlung, nur dieses Zweckes willen, vollbringen müssen. Sie selbst ist uns nicht Bedürfnis; denn wir unterließen sie, wenn sie den Nutzen nicht im Gefolge hätte. Eine Handlung aber, die wir nicht um ihrer selbst willen vollbringen, ist eine unfreie. Der Egoismus handelt unfrei. Unfrei handelt überhaupt jeder Mensch, der eine Handlung aus einem Anlaß vollbringt, der nicht aus dem objektiven Inhalt der Handlung selbst folgt. Eine Handlung um ihrer selbst willen ausführen, heißt aus Liebe handeln. Nur derjenige, den die Liebe zum Tun, die Hingabe an die Objektivität leitet, handelt wahrhaft frei. Wer dieser selbstlosen Hingabe nicht fähig ist, wird seine Tätigkeit nie als eine freie ansehen können." (Lit.: GA 001, S. 202f)

Solange wir uns mit unserem Denken an die Aussenwelt hingegeben, müssen wir deren Gesetzmäßigkeiten folgen und sind daher, insofern wir uns dadurch in unseren Handlungen leiten lassen, unfrei. Frei werden wir, wenn wir, völlig losgelöst von der Aussenwelt, Gedanken im rein inneren geistigen Erleben fassen und mit unserem Willen durchstrahlen. Das reine, d.h. sinnlichkeitsfreie Denken ist zugleich als reiner schöpferischer Wille tätig.

"Wenn wir Gedanken von der äußeren physisch-sinnlichen Welt aufnehmen - und wir können ja nur solche aufnehmen zwischen Geburt und Tod - , dann werden wir dadurch, wie Sie leicht einsehen können, unfrei, denn wir werden hingegeben an die Zusammenhänge der äußeren Welt; wir müssen dann so denken, wie es uns die äußere Welt vorschreibt, insofern wir nur den Gedankeninhalt ins Auge fassen; erst in der inneren Verarbeitung werden wir frei.

Nun gibt es eine Möglichkeit, ganz frei zu werden, frei zu werden in seinem inneren Leben, wenn man den Gedankeninhalt, insofern er von außen kommt, möglichst ausschließt, immer mehr und mehr ausschließt, und das Willenselement, das im Urteilen, im Schlüsseziehen unsere Gedanken durchstrahlt, in besondere Regsamkeit versetzt. Dadurch aber wird unser Denken in denjenigen Zustand versetzt, den ich in meiner «Philosophie der Freiheit» genannt habe das reine Denken. Wir denken, aber im Denken lebt nur Wille. Ich habe das besonders scharf betont in der Neuauflage der «Philosophie der Freiheit » 1918. Dasjenige, was da in uns lebt, lebt in der Sphäre des Denkens. Aber wenn es reines Denken geworden ist, ist es eigentlich ebensogut als reiner Wille anzusprechen. So daß wir aufsteigen dazu, uns vom Denken zum Willen zu erheben, wenn wir innerlich frei werden, daß wir gewissermaßen unser Denken so reif machen, daß es ganz und gar durchstrahlt wird vom Willen, nicht mehr von außen aufnimmt, sondern eben im Willen lebt. Gerade dadurch aber, daß wir immer mehr und mehr den Willen im Denken stärken, bereiten wir uns vor für das, was ich in der «Philosophie der Freiheit» die moralische Phantasie genannt habe, was aber aufsteigt zu den moralischen Intuitionen, die dann unseren gedankegewordenen Willen oder willegewordenen Gedanken durchstrahlen, durchsetzen. Auf diese Weise heben wir uns heraus aus der physisch-sinnlichen Notwendigkeit, durchstrahlen uns mit dem, was uns eigen ist und bereiten uns vor für die moralische Intuition. Und auf solchen moralischen Intuitionen beruht doch alles das, was den Menschen von der geistigen Welt aus zunächst erfüllen kann. Es lebt also auf dasjenige, was Freiheit ist, dann, wenn wir gerade in unserem Denken immer mächtiger und mächtiger werden lassen den Willen." (Lit.: GA 202, S. 201f)

Damit wird aber zugleich der Wille mit den in voller Freiheit bewusst aus dem Geist geschöpften Gedanken durchstrahlt. Was so aus dem Geist geschöpft wird, fließt in voller Hingabe durch unsere Handlungen in die Aussenwelt, denn es liegt notwendig im Wesen des Geistes, sich zu verschenken - das ist aber nichts anderes als reine Liebe. Geist ist Liebe in ihrer vollkommensten Form.

"Sie sehen, wir werden immer innerlicher und innerlicher, indem wir unsere Eigenkraft als Wille in das Denken hineinschicken, das Denken gewissermaßen ganz vom Willen durchstrahlen lassen. Wir bringen den Willen in das Denken hinein und gelangen dadurch zur Freiheit. Wir gelangen dazu, indem wir immer mehr und mehr unser Handeln ausbilden, in dieses Handeln die Gedanken hineinzutragen. Wir durchstrahlen unser Handeln, das ja aus unserem Willen hervorgeht, mit unseren Gedanken. Auf der einen Seite, nach innen, leben wir ein Gedankenleben: das durchstrahlen wir mit dem Willen und finden so die Freiheit. Auf der anderen Seite, nach außen, fließen unsere Handlungen von uns aus dem Willen heraus; wir durchsetzen sie mit unseren Gedanken.

Freiheit und Liebe, Tafel 19 (GA 202, S 204)
Freiheit und Liebe, Tafel 19 (GA 202, S 204)

Aber wodurch werden denn unsere Handlungen immer ausgebildeter? Wodurch, wenn wir den allerdings anzufechtenden Ausdruck gebrauchen wollen, kommen wir denn zu einem immer vollkommeneren Handeln? - Wir kommen zu einem immer vollkommeneren Handeln eigentlich dadurch, daß wir diejenige Kraft in uns ausbilden, die man nicht anders nennen kann als Hingabe an die Außenwelt. Je mehr unsere Hingabe an die Außenwelt wächst, desto mehr regt uns diese Außenwelt an zum Handeln. Dadurch aber gerade, daß wir den Weg finden, um hingegeben zu sein an die Außenwelt, gelangen wir dazu, dasjenige, was in unserem Handeln liegt, mit Gedanken zu durchdringen. Was ist Hingabe an die Außenwelt? Hingabe an die Außenwelt, die uns durchdringt, die unser Handeln mit den Gedanken durchdringt, ist nichts anderes als Liebe.

Geradeso wie wir zur Freiheit kommen durch die Durchstrahlung des Gedankenlebens mit dem Willen, so kommen wir zur Liebe durch die Durchsetzung des Willenslebens mit Gedanken. Wir entwickeln in unserem Handeln Liebe dadurch, daß wir die Gedanken hineinstrahlen lassen in das Willensgemäße; wir entwickeln in unserem Denken Freiheit dadurch, daß wir das Willensgemäße hineinstrahlen lassen in die Gedanken. Und da wir als Mensch eine Ganzheit, eine Totalität sind, so wird, wenn wir dazu kommen, in dem Gedankenleben die Freiheit und in dem Willensleben die Liebe zu finden, in unserem Handeln die Freiheit, in unserem Denken die Liebe mitwirken. Sie durchstrahlen einander, und wir vollziehen ein Handeln, ein gedankenvolles Handeln in Liebe, ein willensdurchsetztes Denken, aus dem wiederum das Handlungsgemäße in Freiheit entspringt." (Lit.: GA 202, S. 203ff)

Schiller sagt zu dem Thema: "Lieben heißt in Freiheit setzen."

"Im Spannungsfeld zwischen Geist und Materie und im Bewußtsein der Grenzen seiner Existenz ist der Mensch verkörperte Freiheitsfähigkeit. Der Lebensstrom aus der Vergangenheit verwandelt sich in ihm in das Licht der Erkenntnis, der Gestaltungsstrom aus der Zukunft in die Liebe der hingebungsvollen Tat. - Eine in diesem Sinne aufgefasste Liebe kann nur aus Freiheit erwachsen." (Lit.: Christoph J. Hueck, S. 211)

Wahre Liebe ist nur aus Freiheit möglich. Der Auftrag Christi: Liebet einander, ist ein Gebot, aber ein Gebot an den "Freien Menschen", zu dem sich die allgemeine Menschheit erst noch hinentwickeln muß. Dieses Wechselverhältnis von Freiheit und Liebe wurde thematisiert, im Rahmen der Diskussion über die Prädestinationslehre etc.

Was Schiller sagte, gilt wohl auch umgekehrt: Frei sein ist lieben.

Siehe auch

Freiheit

Willensfreiheit

Einzelnachweise

  1. Wenn eine Erklärung durch angebliches altes Karma nicht stimmig ist, bietet sich die Erklärung vorweggenommenes "neues" Karma: "Die Ursache liegt in der Zukunft" (Joseph Beuys) an. Siehe dazu: http://www.ursache-zukunft.net/fileadmin/ursache-zukunft/Ursache_Zukunft.pdf
  2. Christoph J. Hueck: "Evolution im Doppelstrom der Zeit", Vlg. am Goetheanum, Dornach 2012
  3. Vgl. GA 25 und GA 168

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften, GA 1 (1987), ISBN 3-7274-0011-0; Tb 649, ISBN 978-3-7274-6490-4 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  2. Rudolf Steiner: Die Philosophie der Freiheit, GA 4 (1978)
  3. Rudolf Steiner: Die Rätsel der Philosophie, GA 18 (1985)
  4. Rudolf Steiner: Briefe Band I: 1881 – 1890, GA 38 (1985), ISBN 3-7274-0380-2 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  5. Rudolf Steiner: Grundelemente der Esoterik, GA 93a (1987)
  6. Rudolf Steiner: Geistige Hierarchien und ihre Widerspiegelung in der physischen Welt, GA 110 (1991), ISBN 3-7274-1100-7 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  7. Rudolf Steiner: Die Brücke zwischen der Weltgeistigkeit und dem Physischen des Menschen, GA 202 (1993), ISBN 3-7274-2020-0 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  8. Christoph J. Hueck: Evolution im Doppelstrom der Zeit, Vlg. am Goetheanum, Dornach 2012
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.