Friedrich Hölderlin und Brennender Dornbusch: Unterschied zwischen den Seiten

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Ein '''brennender Dornbusch''' ({{HeS|הַסְּנֶה בֹּעֵר|ha-səneh bo'ēr}}) auf dem Berg [[Horeb]] war nach der Schilderung des [[Altes Testament|Alten Testaments]] {{Bibel|2 Mos|3|2|ELB}} der Ort, wo sich [[Jahve]] dem [[Moses]], nachdem er von [[Jethro]] eingeweiht worden war, als der [[Ich-Bin]] ({{HeS|אֶֽהְיֶ֖ה אֲשֶׁ֣ר אֶֽהְיֶ֑ה|ehjeh asher ehjeh}}; «[[Ich bin der Ich-Bin]]») zu erkennen gab. Jahve offenbarte sich dadurch als der Abglanz des sich aus den [[Kosmos|kosmischen]] Sphären nahenden [[Christus]], der der eigentliche Bringer des [[Ich]]s ist.
Johann Christian '''Friedrich Hölderlin''' (* 20. März 1770 in Lauffen am Neckar; † 7. Juni 1843 in Tübingen) zählt zu den bedeutendsten deutschen [[Lyrik#Lyriker|Lyrikern]]. Sein Werk nimmt in der deutschen Literatur um 1800 eine selbstständige Stellung neben [[wikipedia:Weimarer Klassik|Weimarer Klassik]] und [[wikipedia:Romantik|Romantik]] ein.


== Hölderlin in Weimar ==
{{Zitat|1 Mose aber weidete die Herde Jitros, seines Schwiegervaters, des Priesters von Midian. Und er trieb die Herde über die Wüste hinaus und kam an den Berg Gottes, den Horeb.
[[Goethe]] über Hölderlin an Schiller am 23.8.1797<ref>http://www.ammermann.de/Klassik/friedrich_hoelderlin.htm</ref>
2 Da erschien ihm der Engel des HERRN in einer Feuerflamme mitten aus dem Dornbusch. Und er sah hin, und siehe, der Dornbusch brannte im Feuer, und der Dornbusch wurde nicht verzehrt.
3 Und Mose sagte sich: Ich will doch hinzutreten und diese große Erscheinung sehen, warum der Dornbusch nicht verbrennt.
4 Als aber der HERR sah, dass er herzutrat, um zu sehen, da rief ihm Gott mitten aus dem Dornbusch zu und sprach: Mose! Mose! Er antwortete: Hier bin ich.
5 Und er sprach: Tritt nicht näher heran! Zieh deine Sandalen von deinen Füßen, denn die Stätte, auf der du stehst, ist heiliger Boden!
6 Dann sprach er: Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs. Da verhüllte Mose sein Gesicht, denn er fürchtete sich, Gott anzuschauen.
7 Der HERR aber sprach: Gesehen habe ich das Elend meines Volkes in Ägypten, und sein Geschrei wegen seiner Antreiber habe ich gehört; ja, ich kenne seine Schmerzen.
8 Und ich bin herabgekommen, um es aus der Gewalt der Ägypter zu retten und es aus diesem Land hinaufzuführen in ein gutes und geräumiges Land, in ein Land, das von Milch und Honig überfließt, an den Ort der Kanaaniter, Hetiter, Amoriter, Perisiter, Hewiter und Jebusiter.
9 Und nun siehe, das Geschrei der Söhne Israel ist vor mich gekommen; und ich habe auch die Bedrängnis gesehen, mit der die Ägypter sie quälen5.
10 Nun aber geh hin, denn ich will dich zum Pharao senden, damit du mein Volk, die Söhne Israel, aus Ägypten herausführst!
11 Mose aber antwortete Gott: Wer bin ich, dass ich zum Pharao gehen und die Söhne Israel aus Ägypten herausführen sollte?
12 Da sprach er: Ich werde ja mit dir sein. Und dies sei dir das Zeichen, dass ich dich gesandt habe: Wenn du das Volk aus Ägypten herausgeführt hast, werdet ihr an diesem Berg Gott dienen.
13 Mose aber antwortete Gott: Siehe, wenn ich zu den Söhnen Israel komme und ihnen sage: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt, und sie mich fragen: Was ist sein Name?, was soll ich dann zu ihnen sagen?
14 Da sprach Gott zu Mose: "Ich bin, der ich bin." Dann sprach er: So sollst du zu den Söhnen Israel sagen: Der "Ich bin" hat mich zu euch gesandt.
15 Und Gott sprach weiter zu Mose: So sollst du zu den Söhnen Israel sagen: Jahwe, der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs, hat mich zu euch gesandt. Das ist mein Name in Ewigkeit, und das ist meine Benennung von Generation zu Generation.|[[Wikipedia:2. Buch Mose|2. Buch Mose]]|{{BB|Ex|3|1-15|ELB}}}}


"Gestern ist auch Hölterlein bei mir gewesen , er sieht etwas gedrückt und kränklich aus, aber er ist wirklich liebenswürdig und mit Bescheidenheit, ja mit Ängstlichkeit offen. Er ging auf verschiedene Materien, auf eine Weise ein, die ihre Schule verriet, manche Hauptideen hatte er sich recht gut zu eigen gemacht, so daß er manches auch wieder Leicht aufnehmen konnte.
[[Rudolf Steiner]] gibt dazu folgende Erläuterung:


Ich habe ihm besonders geraten kleine Gedichte zu machen und sich zu jedem einen menschlich interessanten Gegenstand zu wählen. Er schien noch Neigung zu den mittleren Zeiten zu haben in der ich ihn nicht bestärken konnte."
{{GZ|So schauen wir zurück auf das Alte Testament und fragen uns : Wen verehrt das althebräische Volk in Wirklichkeit? Wer ist der Gott des alten hebräischen Volkes? - Die Angehörigen der hebräischen Mysterien haben es gewußt: den Christus haben sie verehrt; den Christus haben sie gesehen in dem, der sprach das Wort: «Sage meinem Volke: Ich bin der Ich-bin.» - Aber wenn auch alles das nicht bekannt wäre, die Tatsache, daß sich innerhalb unseres Menschheitszyklus der Gott im Feuer ankündigt, wäre für den, der hineinschaut in die tiefen Geheimnisse der Natur, maßgebend genug, um das zu erkennen, daß die Gottheit des brennenden Dornbusches und die Gottheit, die auf dem Sinai sich ankündigte, dieselbe ist, die aus geistigen Höhen herabkommt, um das Mysterium von Golgatha zu vollziehen durch den Herabstieg in den menschlichen Leib. Denn es besteht ein geheimnisvoller Zusammenhang zwischen dem Feuer, das draußen durch die Elemente der Natur entzündet wird und dem, was als Wärme durch unser Blut pulsiert. Oft wurde schon betont in unserer Geisteswissenschaft, der Mensch sei ein Mikrokosmos, der sich gegenüberstellt der großen Welt, dem Makrokosmos. Es muß daher, wenn wir in richtiger Weise zusehen, das, was im Menschen an innern Vorgängen ist, entsprechen äußeren Vorgängen im Universum. Zu jedem innern Vorgang müssen wir den entsprechenden äußeren Vorgang finden können. Wir müssen tiefe Schächte der Geisteswissenschaft betreten, wenn wir die Bedeutung davon verstehen wollen. Hier berühren wir den Rand eines tiefen Geheimnisses, einer großen Wahrheit, jener Wahrheit, die da Antwort gibt auf die Frage: Was ist es in der großen Außenwelt, was dem Geheimnis der Entstehung des menschlichen Gedankens in uns entspricht?


[[Schiller]] über Hölderlin an Goethe am 17.8.1797<ref>http://www.ammermann.de/Klassik/friedrich_hoelderlin.htm</ref>
Der Mensch ist das einzige wirklich denkende Wesen auf unserer Erde. Durch seine Gedanken erlebt der Mensch eine Welt, die ihn über diese Erde hinausführt. In der Form, in welcher sich im Menschen die Gedanken entzünden, erlebt kein anderes irdisches Wesen die Gedanken. Was entzündet in uns den Gedanken, was spielt sich in uns ab, wenn der einfachste oder herrlichste Gedanke uns durchzuckt?-Zweierlei wirkt in uns zusammen, wenn wir Gedanken durch unsere Seele ziehen lassen: unser Astralleib und unser Ich. Der physische Ausdruck für unser Ich ist das Blut; der physische Ausdruck für unseren Astralleib ist unser Nervensystem, das, was wir Leben nennen in unserem Nervensystem. Und niemals würden unsere Gedanken unsere Seele durchzucken, wenn nicht ein Zusammenwirken wäre zwischen Ich und Astralleib, welches seinen Ausdruck findet im Zusammenwirken zwischen Blut und Nervensystem. Sonderbar wird es einmal einer menschlichen Zukunftswissenschaft vorkommen, wenn die heutige Wissenschaft allein im Nervensystem die Entstehung des Gedankens sucht. Nicht in den Nerven allein ist der Ursprung des Gedankens. Nur in dem lebendigen Zusammenspiel zwischen Blut und Nervensystem haben wir den Vorgang zu erblicken, der den Gedanken entstehen läßt.


"Ich möchte wissen, oh diese Schmidt, diese Richter, diese Hölderlins absolut und unter allen Umständen so subjektivistisch, so überspannt, so einseitig geblieben wären, ob es an etwas primitivem liegt, oder ob nur der Mangel einer ästhetischen Nahrung und Einwirkung von außen und die Opposition der empirischen. Welt in der sie leben gegen ihren idealischen Hang diese unglückliche Wirkung hervorgebracht hat. Ich bin sehr geneigt das letztere zu glauben, und wenn gleich ein mächtiges und glückliches Naturell über alles siegt, so deucht mich doch, daß manches brave Talent auf diese Art verloren geht."
Wenn unser Blut, unser inneres Feuer, und unser Nervensystem, unsere innere Luft, so Zusammenwirken, dann durchzuckt der Gedanke die Seele. Und die Entstehung des Gedankens im Innern der Seele entspricht im Kosmos dem rollenden Donner. Wenn das Blitzesfeuer sich entzündet in den Luftmassen, wenn Feuer und Luft Zusammenspielen und den Donner erzeugen, dann ist das in der großen Welt dasselbe makrokosmische Ereignis, dem entspricht der Vorgang, wenn das Feuer des Blutes und das Spiel des Nervensystems sich entladen im innern Donner, der allerdings sanft und ruhig und unvernehmbar für die Außenwelt erklingt im Gedanken. Was der Blitz in den Wolken, das ist für uns die Wärme unseres Blutes, und die Luft draußen mit allem, was sie an Elementen enthält im Universum, entspricht dem, was unser Nervensystem durchzieht. Und wie der Blitz im Widerspiel mit den Elementen den Donner erzeugt, so erzeugt das Widerspiel von Blut und Nerven den Gedanken, der die Seele durchzuckt. Wir schauen hinaus in die Welt, die uns umgibt: Wir sehen den zuk- kenden Blitz in den Gebilden der Luft und hören den sich entladenden, rollenden Donner. Und dann blicken wir in unsere Seele und spüren die innere Wärme, die in unserem Blute pulsiert und spüren das Leben, das unser Nervensystem durchzieht - dann fühlen wir den Gedanken uns durchzucken und sagen: Beides ist eins.


== Wirkung ==
Wahrhaft und wirklich ist es so! Denn in uns denken wir, und wenn der Donner am Himmel rollt, so ist das nicht nur eine physisch-materielle Erscheinung. Das ist es nur für die materialistische Mythologie. Für den aber, der die geistigen Wesen durchweben und durchwallen sieht das materielle Dasein, für den ist es Wahrheit und Wirklichkeit, wenn der Mensch hinaufschaut und den Blitz sieht und den Donner hört und sich sagt: Jetzt denkt der Gott im Feuer, wie er sich uns verkündigen muß. Das ist der unsichtbare Gott, der das Universum durchwebt und durchwallt, der seine Wärme in dem Blitz und seine Nerven in der Luft und seine Gedanken in dem rollenden Donner hat. Der sprach zu Moses in dem brennenden Dornbusch und auf Sinai in dem Blitzesfeuer.


Hölderlins Poesie, die heute unbestritten als ein Höhepunkt der deutschen und abendländischen Literatur gilt, war bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts durch die Ausgabe der 1826 erschienenen ''Gedichte'' immerhin unter Schriftstellern nicht unbekannt. Nach 1848 wurde sie weitgehend ignoriert; Hölderlin galt als junger romantischer Melancholiker und bloßer Nachahmer [[Friedrich Schiller|Schillers]]. [[Friedrich Nietzsche]] allerdings schätzte ihn hoch; Motive seiner Kritik an einem vereinseitigt [[wikipedia:apollinisch|apollinisch]]en Bild der griechischen Kultur gehen auf Hölderlin zurück. Die große Nachwirkung im 20. Jahrhundert setzte mit [[wikipedia:Stefan George|Stefan George]] ein; die wissenschaftliche Erschließung begann im Jahr 1910 mit der Dissertation von [[wikipedia:Norbert von Hellingrath|Norbert von Hellingrath]], in welcher der Stil des Hölderlinschen Spätwerks und die Eigenart seiner Übersetzungen aus Pindar erstmals in adäquater Weise beschrieben wurden.
Dieselben Elemente Feuer und Luft, die im Makrokosmos sind, sind im Menschen, im Mikrokosmos, Blut und Nerven; und wie im Makrokosmos Blitz und Donner, so sind im Menschen die Gedanken. Und der Gott, den Moses gesehen und gehört hatte im brennenden Dornbusch, der zu ihm sprach in dem Blitzesfeuer auf Sinai, der erscheint als Christus im Blute des Jesus von Nazareth. Im menschlichen Leibe des Jesus von Nazareth erscheint der Christus, der herabsteigt in die menschliche Form. Indem er wie ein Mensch denkt im menschlichen Leibe, wirkt er als das große Vorbild der Menschheitsentwickelung in die Zukunft hinein.


Obwohl Hölderlins hymnischer Stil in der deutschen Literatur einmalig geblieben ist, hat seine kürzere und fragmentarischere Lyrik tiefgehenden Einfluss auf die deutsche Poesie von [[wikipedia:Stefan George|George]], [[wikipedia:Georg Heym|Heym]], [[wikipedia:Georg Trakl|Trakl]], [[wikipedia:Paul Celan|Celan]], [[wikipedia:Ingeborg Bachmann|Bachmann]] und auf viele weitere – von jüngeren Autoren etwa [[wikipedia:Gerhard Falkner|Gerhard Falkner]] – ausgeübt.
So begegnen sich die beiden Pole der Menschheitsentwickelung: der makrokosmische Gott auf dem Sinai, der sich verkündigt im Donner und Blitzesfeuer, und derselbe Gott mikrokosmisch, verkörpert im Menschen von Palästina.|109|96ff}}


Seine [[wikipedia:Patriotismus|patriotischen]] Gedichte (etwa die Ode ''Der Tod fürs Vaterland'') waren während der Zeit des [[wikipedia:Nationalsozialismus|Nationalsozialismus]] und der beiden Weltkriege besonders populär. Ihr freiheitlich-republikanischer Hintergrund wurde in dieser Zeit verschwiegen.
== Literatur ==
* [[Rudolf Steiner]]: ''Das Prinzip der spirituellen Ökonomie im Zusammenhang mit Wiederverkörperungsfragen'', [[GA 109]] (2000), ISBN 3-7274-1090-6 {{Vorträge|109}}


Hölderlins Übersetzungen der Dramen ''[[wikipedia:König Ödipus|König Ödipus]]'' und ''[[wikipedia:Antigone (Sophokles)|Antigone]]'' von [[wikipedia:Sophokles|Sophokles]] fanden nach deren Erscheinen nur geringe, aber zum Teil begeisterte Aufnahme, so vor allem in [[wikipedia:Bettina von Arnim|Bettina von Arnim]]s Buch ''Die Günderode''. Von der Seite der Philologen (vor allem von Heinrich Voß, dem Sohn von [[wikipedia:Johann Heinrich Voß|Johann Heinrich Voß]]) und auch von Schiller sind dagegen scharf ablehnende Äußerungen überliefert. Erst im 20. Jahrhundert wurde ihre Bedeutung als Modell einer poetischen Übersetzung erkannt (beispielsweise beruht [[wikipedia:Bertoltt Brecht|Bertolt Brecht]]s Bearbeitung der ''Antigone'' des Sophokles auf Hölderlins Übertragung), welche die Fremdheit des griechischen Textes sichtbar macht, anstatt sie zu eliminieren.
{{GA}}


=== Hölderlin als Philosoph ===
[[Kategorie:Altes Testament]] [[Kategorie:Tora|C]]
 
Hölderlins philosophische Bedeutung beruht auf seiner Kritik der [[Fichte]]schen Wissenschaftslehre und auf seinem Gegenentwurf, den er in dem zweiseitigen Entwurf ''Urteil und Seyn'' niederlegte, der erst im Jahr 1961 veröffentlicht worden ist. Auch die übrigen philosophischen und poetologischen Ausarbeitungen sind fragmentarisch und außerordentlich schwierig. Insbesondere [[wikipedia:Dieter Henrich|Dieter Henrich]] hat in umfangreichen Studien Hölderlins philosophischen Ansatz herausgearbeitet und die Diskussionszusammenhänge beschrieben, in denen er sich ausbilden konnte. Hölderlins dominierende Rolle in der philosophischen Gemeinschaft mit [[wikipedia:Isaac von Sinclair|Sinclair]] und [[Hegel]] in Frankfurt und Bad Homburg hat zur Ausbildung der Grundgedanken beigetragen, die Hegel schließlich zu seiner Philosophie des Geistes führten. Der gedankliche Gehalt des hymnischen Spätwerks wurde immer wieder zum Anlass philosophischer Auslegungen, so bei [[wikipedia:Martin Heidegger|Martin Heidegger]] und – ablehnend gegenüber Heideggers Deutungen – [[wikipedia:Theodor W. Adorno|Theodor W. Adorno]].
 
Die philosophische Bedeutung auch der Dichtungen Hölderlins läßt sich an einer Zeile wie:
 
'''Ideal ist, was Natur war.<ref>Auch in der Variante "Ideal wird, was Natur war." ([[wikipedia:Hyperion|Hyperion]], Kap. 29)</ref>.'''
 
ermessen. Ist hier von Hölderlin in fünf Worten die Lehre des [[Paulus]] von dem alten und dem neuen [[Adam]] zusammengefaßt, und darüber hinaus, mit den Konnotationen des Wortes "Ideal" eine sogar noch reichere Aussage gegeben?
 
== Siehe auch ==
{{wikipediaDE|Friedrich Hölderlin}}
 
== Weblinks ==
* {{Zeno-Autor|Literatur/M/Hölderlin,+Friedrich}}
* [http://gutenberg.spiegel.de/autor/279 Werke von Friedrich Hölderlin] als Online-Texte im Projekt Gutenberg-DE
* [http://www.welt.de/wams_print/article776836/Hegels-wilde-Jahre-in-der-Philosophen-WG.html Hegels-wilde-Jahre-in-der-Philosophen-WG Tübinger Stift]
*[http://www.berlinerliteraturkritik.de/detailseite/artikel/experte-hoelderlin-bedeutender-als-goethe-und-schiller.html Hölderlin bedeutender als Goethe und Schiller. Im Gegensatz zum „Trivialisator“ Schiller ist Hölderlins Werk frei von Populismus (Die Berliner Literaturkritik 2008)]
*[http://www.zeit.de/1951/38/ein-unbekannter-brief-hoelderlins Ein unbekannter Brief Hölderlins (1951, zeit-online)]
 
== Einzelnachweise ==
<references/>
 
{{wikipedia}}
 
{{DEFAULTSORT:Hölderlin, Friedrich}}
[[Kategorie:Schriftsteller]]
[[Kategorie:Dichter]]
[[Kategorie:Lyriker]]
[[Kategorie:Autor]]
[[Kategorie:Deutscher]]
[[Kategorie:Geboren 1770]]
[[Kategorie:Gestorben 1843]]
[[Kategorie:Mann]]

Version vom 26. Februar 2022, 16:56 Uhr

Sébastien Bourdon: Der brennende Dornbusch, 17. Jahrhundert

Ein brennender Dornbusch (hebr. הַסְּנֶה בֹּעֵר ha-səneh bo'ēr) auf dem Berg Horeb war nach der Schilderung des Alten Testaments (2 Mos 3,2 ELB) der Ort, wo sich Jahve dem Moses, nachdem er von Jethro eingeweiht worden war, als der Ich-Bin (hebr. אֶֽהְיֶ֖ה אֲשֶׁ֣ר אֶֽהְיֶ֑ה ehjeh asher ehjeh; «Ich bin der Ich-Bin») zu erkennen gab. Jahve offenbarte sich dadurch als der Abglanz des sich aus den kosmischen Sphären nahenden Christus, der der eigentliche Bringer des Ichs ist.

„1 Mose aber weidete die Herde Jitros, seines Schwiegervaters, des Priesters von Midian. Und er trieb die Herde über die Wüste hinaus und kam an den Berg Gottes, den Horeb. 2 Da erschien ihm der Engel des HERRN in einer Feuerflamme mitten aus dem Dornbusch. Und er sah hin, und siehe, der Dornbusch brannte im Feuer, und der Dornbusch wurde nicht verzehrt. 3 Und Mose sagte sich: Ich will doch hinzutreten und diese große Erscheinung sehen, warum der Dornbusch nicht verbrennt. 4 Als aber der HERR sah, dass er herzutrat, um zu sehen, da rief ihm Gott mitten aus dem Dornbusch zu und sprach: Mose! Mose! Er antwortete: Hier bin ich. 5 Und er sprach: Tritt nicht näher heran! Zieh deine Sandalen von deinen Füßen, denn die Stätte, auf der du stehst, ist heiliger Boden! 6 Dann sprach er: Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs. Da verhüllte Mose sein Gesicht, denn er fürchtete sich, Gott anzuschauen. 7 Der HERR aber sprach: Gesehen habe ich das Elend meines Volkes in Ägypten, und sein Geschrei wegen seiner Antreiber habe ich gehört; ja, ich kenne seine Schmerzen. 8 Und ich bin herabgekommen, um es aus der Gewalt der Ägypter zu retten und es aus diesem Land hinaufzuführen in ein gutes und geräumiges Land, in ein Land, das von Milch und Honig überfließt, an den Ort der Kanaaniter, Hetiter, Amoriter, Perisiter, Hewiter und Jebusiter. 9 Und nun siehe, das Geschrei der Söhne Israel ist vor mich gekommen; und ich habe auch die Bedrängnis gesehen, mit der die Ägypter sie quälen5. 10 Nun aber geh hin, denn ich will dich zum Pharao senden, damit du mein Volk, die Söhne Israel, aus Ägypten herausführst! 11 Mose aber antwortete Gott: Wer bin ich, dass ich zum Pharao gehen und die Söhne Israel aus Ägypten herausführen sollte? 12 Da sprach er: Ich werde ja mit dir sein. Und dies sei dir das Zeichen, dass ich dich gesandt habe: Wenn du das Volk aus Ägypten herausgeführt hast, werdet ihr an diesem Berg Gott dienen. 13 Mose aber antwortete Gott: Siehe, wenn ich zu den Söhnen Israel komme und ihnen sage: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt, und sie mich fragen: Was ist sein Name?, was soll ich dann zu ihnen sagen? 14 Da sprach Gott zu Mose: "Ich bin, der ich bin." Dann sprach er: So sollst du zu den Söhnen Israel sagen: Der "Ich bin" hat mich zu euch gesandt. 15 Und Gott sprach weiter zu Mose: So sollst du zu den Söhnen Israel sagen: Jahwe, der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs, hat mich zu euch gesandt. Das ist mein Name in Ewigkeit, und das ist meine Benennung von Generation zu Generation.“

2. Buch Mose: 3,1-15 ELB

Rudolf Steiner gibt dazu folgende Erläuterung:

„So schauen wir zurück auf das Alte Testament und fragen uns : Wen verehrt das althebräische Volk in Wirklichkeit? Wer ist der Gott des alten hebräischen Volkes? - Die Angehörigen der hebräischen Mysterien haben es gewußt: den Christus haben sie verehrt; den Christus haben sie gesehen in dem, der sprach das Wort: «Sage meinem Volke: Ich bin der Ich-bin.» - Aber wenn auch alles das nicht bekannt wäre, die Tatsache, daß sich innerhalb unseres Menschheitszyklus der Gott im Feuer ankündigt, wäre für den, der hineinschaut in die tiefen Geheimnisse der Natur, maßgebend genug, um das zu erkennen, daß die Gottheit des brennenden Dornbusches und die Gottheit, die auf dem Sinai sich ankündigte, dieselbe ist, die aus geistigen Höhen herabkommt, um das Mysterium von Golgatha zu vollziehen durch den Herabstieg in den menschlichen Leib. Denn es besteht ein geheimnisvoller Zusammenhang zwischen dem Feuer, das draußen durch die Elemente der Natur entzündet wird und dem, was als Wärme durch unser Blut pulsiert. Oft wurde schon betont in unserer Geisteswissenschaft, der Mensch sei ein Mikrokosmos, der sich gegenüberstellt der großen Welt, dem Makrokosmos. Es muß daher, wenn wir in richtiger Weise zusehen, das, was im Menschen an innern Vorgängen ist, entsprechen äußeren Vorgängen im Universum. Zu jedem innern Vorgang müssen wir den entsprechenden äußeren Vorgang finden können. Wir müssen tiefe Schächte der Geisteswissenschaft betreten, wenn wir die Bedeutung davon verstehen wollen. Hier berühren wir den Rand eines tiefen Geheimnisses, einer großen Wahrheit, jener Wahrheit, die da Antwort gibt auf die Frage: Was ist es in der großen Außenwelt, was dem Geheimnis der Entstehung des menschlichen Gedankens in uns entspricht?

Der Mensch ist das einzige wirklich denkende Wesen auf unserer Erde. Durch seine Gedanken erlebt der Mensch eine Welt, die ihn über diese Erde hinausführt. In der Form, in welcher sich im Menschen die Gedanken entzünden, erlebt kein anderes irdisches Wesen die Gedanken. Was entzündet in uns den Gedanken, was spielt sich in uns ab, wenn der einfachste oder herrlichste Gedanke uns durchzuckt?-Zweierlei wirkt in uns zusammen, wenn wir Gedanken durch unsere Seele ziehen lassen: unser Astralleib und unser Ich. Der physische Ausdruck für unser Ich ist das Blut; der physische Ausdruck für unseren Astralleib ist unser Nervensystem, das, was wir Leben nennen in unserem Nervensystem. Und niemals würden unsere Gedanken unsere Seele durchzucken, wenn nicht ein Zusammenwirken wäre zwischen Ich und Astralleib, welches seinen Ausdruck findet im Zusammenwirken zwischen Blut und Nervensystem. Sonderbar wird es einmal einer menschlichen Zukunftswissenschaft vorkommen, wenn die heutige Wissenschaft allein im Nervensystem die Entstehung des Gedankens sucht. Nicht in den Nerven allein ist der Ursprung des Gedankens. Nur in dem lebendigen Zusammenspiel zwischen Blut und Nervensystem haben wir den Vorgang zu erblicken, der den Gedanken entstehen läßt.

Wenn unser Blut, unser inneres Feuer, und unser Nervensystem, unsere innere Luft, so Zusammenwirken, dann durchzuckt der Gedanke die Seele. Und die Entstehung des Gedankens im Innern der Seele entspricht im Kosmos dem rollenden Donner. Wenn das Blitzesfeuer sich entzündet in den Luftmassen, wenn Feuer und Luft Zusammenspielen und den Donner erzeugen, dann ist das in der großen Welt dasselbe makrokosmische Ereignis, dem entspricht der Vorgang, wenn das Feuer des Blutes und das Spiel des Nervensystems sich entladen im innern Donner, der allerdings sanft und ruhig und unvernehmbar für die Außenwelt erklingt im Gedanken. Was der Blitz in den Wolken, das ist für uns die Wärme unseres Blutes, und die Luft draußen mit allem, was sie an Elementen enthält im Universum, entspricht dem, was unser Nervensystem durchzieht. Und wie der Blitz im Widerspiel mit den Elementen den Donner erzeugt, so erzeugt das Widerspiel von Blut und Nerven den Gedanken, der die Seele durchzuckt. Wir schauen hinaus in die Welt, die uns umgibt: Wir sehen den zuk- kenden Blitz in den Gebilden der Luft und hören den sich entladenden, rollenden Donner. Und dann blicken wir in unsere Seele und spüren die innere Wärme, die in unserem Blute pulsiert und spüren das Leben, das unser Nervensystem durchzieht - dann fühlen wir den Gedanken uns durchzucken und sagen: Beides ist eins.

Wahrhaft und wirklich ist es so! Denn in uns denken wir, und wenn der Donner am Himmel rollt, so ist das nicht nur eine physisch-materielle Erscheinung. Das ist es nur für die materialistische Mythologie. Für den aber, der die geistigen Wesen durchweben und durchwallen sieht das materielle Dasein, für den ist es Wahrheit und Wirklichkeit, wenn der Mensch hinaufschaut und den Blitz sieht und den Donner hört und sich sagt: Jetzt denkt der Gott im Feuer, wie er sich uns verkündigen muß. Das ist der unsichtbare Gott, der das Universum durchwebt und durchwallt, der seine Wärme in dem Blitz und seine Nerven in der Luft und seine Gedanken in dem rollenden Donner hat. Der sprach zu Moses in dem brennenden Dornbusch und auf Sinai in dem Blitzesfeuer.

Dieselben Elemente Feuer und Luft, die im Makrokosmos sind, sind im Menschen, im Mikrokosmos, Blut und Nerven; und wie im Makrokosmos Blitz und Donner, so sind im Menschen die Gedanken. Und der Gott, den Moses gesehen und gehört hatte im brennenden Dornbusch, der zu ihm sprach in dem Blitzesfeuer auf Sinai, der erscheint als Christus im Blute des Jesus von Nazareth. Im menschlichen Leibe des Jesus von Nazareth erscheint der Christus, der herabsteigt in die menschliche Form. Indem er wie ein Mensch denkt im menschlichen Leibe, wirkt er als das große Vorbild der Menschheitsentwickelung in die Zukunft hinein.

So begegnen sich die beiden Pole der Menschheitsentwickelung: der makrokosmische Gott auf dem Sinai, der sich verkündigt im Donner und Blitzesfeuer, und derselbe Gott mikrokosmisch, verkörpert im Menschen von Palästina.“ (Lit.:GA 109, S. 96ff)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.