Freie Energie (Parawissenschaft) und Paranoia: Unterschied zwischen den Seiten

Aus AnthroWiki
(Unterschied zwischen Seiten)
imported>Joachim Stiller
 
imported>Joachim Stiller
 
Zeile 1: Zeile 1:
'''Freie Energie''' ist eine vermeintlich unerschöpflich zur Verfügung stehende [[Energie]]quelle, die etablierte Energiequellen wie [[Fossile Energie|fossile]] oder [[erneuerbare Energie]]n ersetzen können soll. Die Existenz einer solchen Energiequelle ist weder belegt noch wissenschaftlich anerkannt. Menschen, die an ihre Existenz und Nutzbarkeit glauben, beantworten die ihnen entgegengebrachte Skepsis oft mit [[Verschwörungstheorie]]n. Verschwörungstheoretiker behaupten, dass das sogenannte „Wissen um die freie Energie“ von der Regierung oder Organisationen aus wirtschaftlichen Interessen unterdrückt werde.
{{Infobox ICD
| BREITE =
| 01-CODE = F20.0
| 01-BEZEICHNUNG = Paranoide Schizophrenie
| 02-CODE = F22.0
| 02-BEZEICHNUNG = Wahnhafte Störung / Paranoia
| 03-CODE = F22.8
| 03-BEZEICHNUNG = Sonstige wahnhafte Störung / Altersparanoia
| 04-CODE = F23.3
| 04-BEZEICHNUNG = Paranoide Reaktion / Psychogene Psychose
| 05-CODE = F60.0
| 05-BEZEICHNUNG = Paranoide Persönlichkeitsstörung
}}


Originär ist ''[[Freie Energie]]'' ein Begriff der [[Physik]] und bezeichnet dort diejenige Energie, die einem [[Thermodynamik|thermodynamischen]] System maximal als [[Arbeit (Physik)|Arbeit]] entnommen werden kann. Siehe auch [[thermodynamisches Potential]].
'''Paranoia''' ([[Griechische Sprache|griechisch]] {{lang|grc|παράνοια}} ''paránoia'', aus {{lang|grc|παρὰ}} ''parà'' „wider“ und {{lang|grc|νοῦς}} ''noûs'' „Verstand“; wörtlich also „wider den Verstand“, „verrückt“, „wahnsinnig“) ist im engeren Sinn die Bezeichnung für eine [[psychische Störung]], in deren Mittelpunkt [[Wahn]]bildungen stehen. Häufiger taucht der Begriff jedoch in seiner adjektivischen Form ''paranoid'' auf (siehe Infobox ICD 10), der auf Verfolgungsängste oder Verfolgungswahn hinweist. Die Betroffenen leiden an einer verzerrten Wahrnehmung ihrer Umgebung in Richtung auf eine feindselige (im Extrem bösartig verfolgende) Haltung ihrer Person gegenüber. Die Folgen reichen über ängstliches oder aggressives [[Misstrauen]] bis hin zur Überzeugung von einer [[Wikipedia:Verschwörung|Verschwörung]] anderer gegen sich.


== Physikalische Grundlagen ==
Das Spektrum paranoider Reaktionen reicht von [[Wikipedia:Neurose|neurotischen]] Formen einer paranoiden Neigung bis zu schweren [[Wikipedia:Psychose|psychotischen]] Ausprägungen. Die neurotische ''paranoide Persönlichkeit'' ist durch übertriebene Empfindlichkeit gegenüber Zurückweisung, besondere Kränkbarkeit sowie Misstrauen gekennzeichnet. Sie neigt dazu, neutrale oder freundliche Handlungen anderer als feindlich oder verächtlich zu interpretieren ([[Wikipedia:Paranoide Persönlichkeitsstörung|paranoide Persönlichkeitsstörung]]). Häufig werden wiederkehrende und unberechtigte Verdächtigungen hinsichtlich der sexuellen Treue des Ehegatten oder Sexualpartners ([[Wikipedia:Eifersuchtswahn|Eifersuchtswahn]]) und streitsüchtiges Bestehen auf eigenen Rechten gefunden. Betroffene neigen andererseits zu übertriebener [[Wikipedia:Egozentrik|Selbstbezogenheit]] (ICD-10).
Die Anhänger der ''freien Energie'' behaupten, Systeme zu ihrer Nutzbarmachung seien keine [[Perpetuum Mobile|Perpetua-Mobilia]]-Maschinen, die den [[Energieerhaltungssatz]] verletzen und nach den anerkannten Prinzipien der Physik nicht möglich sind. Freie Energie sei vielmehr eine real existierende Form von Energie, die an jedem Ort so reichlich zur Verfügung stehen bzw. aus der Umgebung so ausreichend „nachfließen“ soll, dass ihre „Entnahme“ samt nachfolgender Umwandlung in klassische Energieformen den Energieerhaltungssatz nicht verletze. Dabei wird auch der Begriff der „neuen Physik“ oder „wahren Physik“ verwendet, die dies erklären soll.


Als Grundlage für die Annahmen über ''freie Energie'' wird oft die in der Physik tatsächlich vorhergesagte und experimentell nachgewiesene [[Nullpunktsenergie]] angeführt. Sie ist eine Konsequenz der Quantenfeldtheorie und Folge des nichtverschwindenden Energieterms eines harmonischen Oszillators am absoluten Nullpunkt. Als indirekter Nachweis der Nullpunktsenergie gilt der von [[Hendrik Casimir]] vorhergesagte und nach ihm benannte [[Casimir-Effekt]], der bewirkt, dass zwischen zwei leitfähigen Objekten im [[Vakuum]] eine Kraft wirkt, die beide zusammendrückt. Der Effekt ist zuerst 1956 experimentell nachgewiesen und danach mehrfach bestätigt worden. In der Astronomie gilt die Nullpunktsenergie als ein Kandidat für die sogenannte [[Dunkle Energie]], welche eine Erklärung für die beobachtete beschleunigte [[Expansion des Universums]] bieten würde. Die tatsächliche technische Nutzbarmachung der Nullpunktsenergie gilt als unmöglich, da eine Kraftwirkung allein (wie beim Casimir-Effekt) dem System keine Energie entzieht bzw. die Herstellung des Ausgangszustands (Platten auseinanderziehen) genauso viel Energie verbraucht.
== Überblick ==
Paranoide Symptome sind sehr vielfältig und gesellen sich vielen Grunderkrankungen bei, darunter [[Neurose]]n, [[Psychose]]n, wie der [[Schizophrenie]], vielen Persönlichkeitsstörungen und einigen [[Degeneration|degenerativen]] Erkrankungen. Die Verlaufsformen sind hier jeweils unterschiedlich. Sie zählen auch zur Symptomatik von Menschen, die lange unter echter oder gefühlter Verfolgung leiden mussten, aber nicht eigentlich [[psychotisch]] oder [[Persönlichkeitsstörung|persönlichkeitsgestört]] sind. Paranoide Symptome können auch als Folge von anderen auslösenden Momenten wie [[somatisch]]en Agenzien (Wirkstoffen), [[neurologisch]]en und/oder [[Psychiatrie|psychiatrischen]] Erkrankungen auftreten. Beispiele sind:
* [[Paranoide Persönlichkeitsstörung]]
* [[Borderline-Persönlichkeitsstörung]]
* [[Schizotype Störung]]
* [[Schizoaffektive Störung]]
* [[Schizophrenie]]
* [[Hirntumor]]e
* Hirnschädigungen infolge von [[Alkoholkrankheit|Alkoholmissbrauch]]
* [[Alzheimersche Krankheit]]


Darüber hinaus sind die Angaben zur Natur der freien Energie und zu den Möglichkeiten ihrer Gewinnung und Nutzbarmachung sehr widersprüchlich. Von Verfechtern der ''freien Energie'' werden für die postulierten Phänomene oft physikalische Begriffe verwendet, allerdings mit einer anderen Bedeutung als in der Physik. Dadurch soll der Eindruck erweckt werden, die Existenz der ''freien Energie'' sei wissenschaftlich anerkannt. Unter anderem zählen dazu:<ref name="l1" /><ref name="l3" />
== Auswirkungen ==
Der Patient hat das Gefühl, verfolgt zu werden, und entwickelt [[Verschwörungstheorie]]n. Ein paranoider Mensch glaubt oft, dass andere beabsichtigen, ihn zu schädigen, zu betrügen oder auch zu töten. Oft kann er dafür auch „Beweise“ präsentieren, die für ihn völlig überzeugend scheinen, für Außenstehende dagegen überhaupt nichts besagen. Diese Überzeugungen sind [[wahn]]haft. Der Patient ist durch nichts von ihnen abzubringen, rationale Argumente und Überzeugungsversuche von Außenstehenden haben keinen Erfolg und sind vielmehr kontraproduktiv, da sie das Misstrauen der paranoiden Person nur noch verstärken.


* Skalarwellen
Sofern Paranoia nicht als eigenständiges, sondern als akzessorisches Symptom einer [[Grunderkrankung]] erscheint, wie etwa bei paranoider Schizophrenie oder der [[Bipolare Störung|Bipolaren Störung]], kann sie nur im Kontext dieser Erkrankung [[therapie]]rt werden. Prinzipiell können [[Psychotherapie]], medikamentöse Behandlungen oder sogar Operationen (z.&nbsp;B. bei Hirntumoren) notwendig werden.
* Tesla-Strahlen
* [[Tachyonen]]
* [[Nullpunktsenergie]]
* Vakuumenergie, Vakuumfeldenergie, Raumenergie
* [[Neutrino]]s


Der Wissenschaft ist eine solche ''freie Energie'' nicht bekannt, genauso wenig wie Wechselwirkungen, die eine Umwandlung in bekannte Energieformen ermöglichen könnten. Trotz wiederholter Behauptungen von Verfechtern der ''freien Energie'', ihnen sei die Nutzbarmachung dieser Energieform durch sogenannte „Freie-Energie-Systeme“ gelungen, gibt es bislang keinen wissenschaftlichen Nachweis der tatsächlichen Existenz eines solchen Systems.
Das Objekt des Verfolgungswahns ist von Fall zu Fall sehr verschieden. Manchmal wird beispielsweise der Geheimdienst des jeweiligen Landes hinter der Verfolgung vermutet. Die Methoden etwa der Überwachung im wahnhaften Szenario passen sich dabei tendenziell dem jeweils aktuellen Stand der Technik an. Bei Systemwechseln (z.&nbsp;B. nach dem Zweiten Weltkrieg, nach der Wiedervereinigung Deutschlands) wechselt oft auch der vermeintliche Verfolger (z.&nbsp;B. [[Ministerium für Staatssicherheit|Stasi]] – [[Bundesnachrichtendienst|BND]]). Hierin zeigt sich, dass der Verfolgungswahn vor allem in einer Veränderung der Denkvorgänge besteht, während die Denkinhalte variieren können.


== Verschwörungstheorien ==
Wiederum kann auch [[Organisationstheorie|organisiertes Handeln]] wahnhafte Züge annehmen, indem unmäßige Handlungen als unvermeidlich zur Abwehr von möglichen Gefahren konstruiert werden.<ref>Adam Banner: [http://www.huffingtonpost.com/adam-banner/the-nsa-and-verizon-paran_b_3405406.html ''The NSA and Verizon: Paranoid Delusions or an Assault on Your Rights?''] The Huffington Post, 10. Juni 2013.</ref><ref>John Ericson: [http://www.medicaldaily.com/articles/17037/20130701/nsa-prism-program-benefit-clinically-paranoid-find.htm ''NSA PRISM Program May Benefit The Clinically Paranoid As They Find Out Others Are Being Watched Too''.] Medicaldaily.com, 1. Juli 2013.</ref><ref>James Turnage: [http://guardianlv.com/2013/06/nsa-paranoia-invades-the-worlds-privacy/ ''NSA Paranoia Invades the World’s Privacy?''] Guardian express, 30. Juni 2013.</ref>
Zur Erklärung, warum es nicht nur solche Maschinen nicht gibt, sondern nicht einmal nähere Informationen über ihre Funktionsweise, wird häufig auf [[Verschwörungstheorie]]n zurückgegriffen: So wird behauptet, schon das Wissen über ''freie Energie'' werde durch die [[Energiewirtschaft]] und andere interessierte Kreise unterdrückt, die aus kommerziellem Interesse die Nutzung dieser umweltfreundlichen und unbegrenzt verfügbaren Energieform gezielt verhindern würden.<ref>Helmut Reinalter: ''Verschwörungstheorien. Theorie, Geschichte, Wirkung.'' Studien Verlag, Innsbruck, Wien, Bozen 2002, S. 86; Michael Barkun: ''A culture of conspiracy. Apocalyptic visions in Contemporary America.'' UCP, Berkeley 2003, S. 32, 103 ff., 183 u.ö.; James McConnachie und Robin Tudge: ''Rough Guide to Conspiracy Theories.'' 3. Auflage, Rough Guides, London 2013, S. 271–276.</ref>


Viele Verfechter der ''freien Energie'' sind [[Esoterik]]er. Durch diese Überschneidung wird die ''freie Energie'' auch mit anderen Ansichten in Verbindung gebracht.<ref name="l3" />
== Begriffsgeschichte ==
Der Begriff Paranoia ist bereits seit der Antike gebräuchlich als allgemeiner Begriff für Geistesstörungen. J.C.A. Heinroth (1773–1843) verwendet 1818 den Begriff ebenfalls und versucht ihn [[Moralphilosophie|moralphilosophisch]] als „Unfreyheit des Geistes“ zu definieren, der mit Überspannung (Exaltation) einhergehe, bei dem aber die „Sinnesempfindung“ ungestört sei.<ref>Johann Christian August Heinroth: ''Lehrbuch der Störungen des Seelenlebens oder die Störungen und ihrer Behandlung''. Vogel, Leipzig 1818.</ref><ref name="LPP" /><ref name="KGP">Erwin H. Ackerknecht: ''Kurze Geschichte der Psychiatrie''. 3. Auflage. Enke, Stuttgart 1985, ISBN 3-432-80043-6, S. 60.</ref> Ludwig Snell (1817–1892) berichtete 1865 über Paranoia im Zusammenhang mit [[Wikipedia:Monomanie|Monomanie]], „wobei die Gesamtheit des geistigen Lebens überwiegend intakt bleibt“.<ref>Ludwig Snell: ''Über Monomanie als primäre Form der Seelenstörung.'' In: ''Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie'', 22, 1865, S. 368–381. Bei Google-Bücher.</ref><ref name="LPP">Uwe Peters: ''Lexikon Psychiatrie, Psychotherapie, Medizinische Psychologie''. 6. Auflage. Urban & Fischer, München 2007, ISBN 978-3-437-15061-6, S. 387, [http://books.google.de/books?id=w5Rd6NFbMiAC&printsec=frontcover&dq=W%C3%B6rterbuch+der+Psychiatrie+und+medizinischen+Psychologie+-+Uwe+Henrik+Peters&hl=de&ei=6aieTO_aGYqOjAeH24mWDQ&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=2&ved=0CDIQ6AEwAQ#v=onepage&q&f=false books.google.de].</ref> Erst Emil Kraepelin definierte 1893 mit der 4. Auflage seines Lehrbuchs: „Als Verrücktheit bezeichnen wir die chronische Entwicklung eines dauernden Wahnsystems bei vollkommener Erhaltung der Besonnenheit.“ Damit konnte für Kurt Schneider 1949 die Paranoia in der [[Schizophrenie]] aufgehen bzw. in der [[Wikipedia:Endogene Psychose|Endogenität]].<ref name="LPP" />


== Beispiele ==
Der klinische Begriff Paranoia bezieht sich seit Ludwig Snell häufig auf eine multiple Wahnthematik, der auch andere Merkmale beigesellt sein können wie [[Wikipedia:Fanatismus|Fanatismus]], oder schweres [[Wikipedia:Querulant|Querulant]]entum. Diese Psychose zeichnet sich auch „durch die Entwicklung eines einzelnen [[Wahn]]s oder mehrerer aufeinander bezogener Wahninhalte aus, die im Allgemeinen lange, manchmal lebenslang, andauern; der Inhalt des Wahns oder des Wahnsystems ist sehr unterschiedlich“. Schließlich ist die gravierendste Form, die paranoide Schizophrenie, „durch beständige, häufig paranoide Wahnvorstellungen gekennzeichnet, meist begleitet von akustischen [[Halluzination]]en und [[Wahrnehmungsstörung]]en; Störungen der Stimmung, des Antriebs und der Sprache, katatone Symptome [hingegen] fehlen entweder oder sind wenig auffallend“. Bemerkenswerterweise bleiben die [[Kognition|kognitiven]] Fähigkeiten der paranoiden Person erhalten, mit Ausnahme der verzerrten Wirklichkeitswahrnehmung in Bezug auf den Wahntopos. Paranoia als wahnhafte Störung ist wesentlich durch die Präsenz „nicht-bizarrer“ Wahnvorstellungen charakterisiert, die mindestens einen Monat anhalten (DSM-IV-TR). Im Gegensatz zu bizarren ''könnten'' diese Befürchtungen im Prinzip real sein, sind es aber regelmäßig nicht. Eine unter wahnhafter Störung leidende Person wurde früher oft „Paranoiker“ genannt.
=== Nikola Tesla ===
Bei der ''freien Energie'' spielen auch historisch bedeutende Personen wie [[Nikola Tesla]] eine Rolle. Seine Person und Arbeiten wie der [[Magnifying transmitter]] werden im Bereich der Legendenbildung oft als Beispiel für die praktische Anwendung von ''freier Energie'' erwähnt.


[[Nikola Tesla]] war eine schillernde Persönlichkeit mit guten Kontakten in die gehobene New Yorker Gesellschaft und zu Geldgebern wie [[J. P. Morgan]]. Ab 1890 spekulierte er über Möglichkeiten zur Nutzung der im Weltraum vorhandenen Energie, wobei er betonte, dass nicht die statische, sondern nur die [[kinetische Energie]] nutzbar sei. In der Januar-Ausgabe 1901 des auflagenstarken US-Magazins ''Collier’s Weekly'' behauptete er, bereits 1899 Kontakt mit [[Außerirdisches Leben|Außerirdischen]] gehabt zu haben. Im März 1901 meldete er sein Patent für einen ''Apparat zum Gebrauch von Strahlungsenergie'' an, der „Raumenergie“ auffangen und in elektrische Energie umwandeln soll.<ref name="krause_s244" /> In der eigentlichen Patentschrift findet sich allerdings kein Hinweis auf „freie Energie“ oder „Raumenergie“:
Primär werden heute fünf Formen unterschieden: In der grandiosen, selbst-überwertigen Richtung sind dies [[Wikipedia:Erotomanie (Liebeswahn)|Erotomanie (Liebeswahn)]] und [[Wikipedia:Megalomanie|Größenwahn]]. Demgegenüber stehen Eifersuchtswahn (pathologische [[Wikipedia:Eifersucht|Eifersucht]]), Verfolgungswahn und somatischer Wahn ([[Wikipedia:Hyperchondrie|Hypochondrie]]); daneben gibt es eine Mischvariante und einen unspezifischen Typ.<ref>WHO: ''Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders'', 4. Ausgabe Text Revision 2000 (DSM-IV-TR) und in der von der WHO herausgegebenen International Statistical Classification of Diseases, 10. Ausgabe 1992 (ICD-10).</ref> Paranoia kann eine eigenständige Pathologie oder auch Symptom anderer Krankheiten sein (z.&nbsp;B. [[Bipolare Störung]], [[Altersdemenz]] oder organische [[Wikipedia:Hirnschaden|Hirnschäden]], [[Delirium tremens]]).
{{Zitat
| Text=The apparatus being arranged as shown, it will be found that when the radiations of the sun or of any other source capable of producing the effects before described fall upon the plate P an accumulation of electrical energy in the condenser C will result.
| Autor=Nikola Tesla
| Quelle=US-Patentschrift 685.957, S. 2, Z. 44 ff.
| lang=en
| Übersetzung=Es zeigt sich, dass mit dem wie dargestellt aufgebauten Apparat die Strahlung der Sonne oder einer beliebigen anderen Quelle, die die zuvor beschriebenen Effekte hervorrufen kann, beim Auftreffen auf die Platte P eine Akkumulation elektrischer Energie im Kondensator C bewirkt.
| ref=<ref name="us-pat685.957" />
}}
Durch diese Maschine soll also die elektromagnetische Strahlung der Sonne durch eine [[Photozelle]] („Plate P“) in elektrischen Strom umgewandelt und damit ein [[Kondensator (Elektrotechnik)|Kondensator]] geladen werden.


=== Viktor Schauberger ===
Paranoia als individualpathologisches, psychiatrisches Syndrom ist seit der Mitte des 19. Jahrhunderts gut erforscht worden. Wegweisend war vor allem die Arbeit des deutschen Psychiaters Emil Kraepelin (1856–1926), dessen ''Lehrbuch der Psychiatrie'' in der Ausgabe von 1899 die psychotische Ausprägung definierte als „die aus inneren Ursachen erfolgende, schleichende Entwicklung eines dauernden, unerschütterlichen Wahnsystems, das mit vollkommener Erhaltung der Klarheit und Ordnung im Denken, Wollen und Handeln einhergeht“. Auch [[Sigmund Freud]] beschäftigte sich mit der Paranoia. Früher wurden mit Paranoia eine allgemeine [[Wikipedia:Geistesstörung|Geistesstörung]] oder die [[Wikipedia:Paraphrenie|Paraphrenie]] (paranoide Verlaufsform der Schizophrenie) bezeichnet. Der Begriff der Paraphrenie wird heute noch von der [[Karl Leonhard|Leonhardschen]] Klassifikation verwendet, in der er eine der drei ''systematischen Schizophrenien'' bezeichnet.
Der österreichische Naturforscher [[Viktor Schauberger]] soll eine sogenannte „Forellenturbine“ oder „Repulsine“ erfunden haben, mit der sich angeblich unbegrenzt Energie gewinnen ließ und mit der das [[Zeit des Nationalsozialismus|NS-Regime]] angeblich [[Reichsflugscheibe]]n angetrieben haben soll.<ref>Eduard Gugenberger, Franko Petri, Roman Schweidlenka: ''Weltverschwörungstheorien. Die neue Gefahr von Rechts.'' Deuticke, Wien 1998, S. 158.</ref>


=== Wasserantrieb ===
Max Wertheimer, der Begründer der [[Gestalttheorie]], hat mit dem deutschen Psychiater Heinrich Schulte ein sozialpsychologisches Modell zum Verständnis der Paranoia vorgeschlagen: Demzufolge wäre die Paranoia als Sonderform des Beziehungswahns zu verstehen – ein Mensch, dem es nicht gelingt, Teil eines Wir zu sein und der diese Kluft zwischen sich und den anderen nicht ertragen kann, schlägt eine Brücke zu den anderen, indem er sich mit ihnen zumindest in einem „Ersatz-Wir“ von Verfolgern und Verfolgtem verbunden sieht. Dementsprechend wird die Chance auf Heilung auch primär in der Wiederherstellung guter sozialer Beziehungen gesehen. Hierbei handelt es sich allerdings nur um eines der vielen Modelle, die zum Begriff der „Paranoia“ entwickelt wurden.
Der Wasserantrieb soll mittels ''freier Energie'' als hypothetisches Antriebssystem funktionieren, beispielsweise für Kraftfahrzeuge, die ausschließlich [[Wasser]] als Betriebsstoff nutzen. Nicht zu verwechseln ist dieser Antrieb mit durch [[Wasserstoff]] betriebenen Antriebsmaschinen.


Der als Betrüger verurteilte Stanley Meyer ist Inhaber von neun Patenten, die direkt mit Wasser betriebene Kraftfahrzeuge zum Inhalt haben.<ref name="Times" /><ref name="Narciso" /> Er starb 1998 an einem [[Wikipedia:Hirnschlag|Hirnschlag]].<ref name="Narciso" /> Von Anhängern der ''freien Energie'' wird hingegen behauptet, Meyer sei von der Ölindustrie, arabischen Killern und von US-Regierungsstellen verfolgt und schließlich vergiftet worden, um seine Erfindung nicht publik werden zu lassen.<ref name="WPC-death" /><ref name="Nature" />
== Umgangssprachliche und literarische Verwendungen des Begriffs ==
Trotz der Ernsthaftigkeit von paranoiden Wahrnehmungsstörungen und den oft verheerenden Folgen für die Betroffenen vor allem im sozialen Zusammenleben hält insbesondere der Aspekt des Verfolgungswahns oft als „komisches“ Szenario für Fernsehserien, [[Verschwörungstheorie]]n oder Spiele her. So gibt es zum Beispiel ein satirisches Pen-&-Paper-Rollenspiel namens ''Paranoia''. Auch in der Literatur findet das Thema sehr oft Platz. Andy Grove, Mitbegründer von Intel, nannte seine geschäftliche Autobiographie ''Only the paranoid survive'' (deutsch: ''Nur die Paranoiden überleben''). Bekannt ist auch das Zitat {{" |lang=en |Text=Just because you’re paranoid doesn’t mean they’re not after you |Übersetzung=Nur weil du paranoid bist, heißt das nicht, dass sie nicht hinter dir her sind.}} Es wird in unterschiedlichen Formulierungen unter anderem Joseph Heller (Catch-22) und Henry Kissinger zugeschrieben und von Kurt Cobain ''(Territorial Pissings)'' und Terry Pratchett ''(Strata)'' aufgegriffen.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Freie Energie (Parawissenschaft)}}
* {{WikipediaDE|Paranoia}}
* {{WikipediaDE|Freie Energie}}


== Literatur ==
== Literatur ==
* Norbert Aust: ''Freie Energie und Nullpunktsenergiemaschinen.'' In: ''Skeptiker'' 4/2016, S. 160–168.
* Joseph H. Berke, Stella Pierides, Andrea Sabbadini, Stanley Schneider (Hrsg.): ''Even Paranoids Have Enemies. New Perspectives on Paranoia and Persecution.'' Routledge, London 1998.
* [[Sigmund Freud]]: ''Remarques psychanalytiques sur l’autobiographie d’un cas de paranoïa (dementia paranoïdes). Le président Schreber'', 1911, G. W. VIII. In: ''Cinq psychanalyses''. 20e édition. PUF, Paris 1997, S.&nbsp;263–324.
* Quentin Debray: ''L’Idéalisme passionné.'' PUF, Paris 1989, ISBN 2-13-042160-1
* Farrell John: ''Paranoia and Modernity: Cervantes to Rousseau.'' Cornell University Press, Ithaca NY 2006.
* [[Jacques Lacan]]; ''De la psychose paranoïaque dans ses rapports avec la personnalité''. Editions du Seuil, Paris 1975 (1932).
* Heinrich Schulte, Max Wertheimer: ''Versuch einer Theorie der paranoischen Eigenbeziehung und Wahnbildung''. In: ''Psychologische Forschung'', Jg. 5, 1924, Nr. 1, S. 1–23.
* P. Serieux, J. Capgras: ''Les folies raisonnantes. Les délires d’interprétations.'' Alcan, Paris 1902.
* P. Serieux, J. Capgras: ''Délires systématisés choniques. Traité de Sergent''. In: ''Psychiatrie'', t. 1. Maloine, Paris 1926.
* [[Sigmund Freud]]: ''Communication d’un cas de paranoïa en contradiction avec la théorie psychanalytique (1915)'', traduit par D. Guérineau. In: S. Freud: ''Névrose, Psychose et perversion''. 12e édition. PUF, 2002, S.&nbsp;209–218.
* A. Sims, A. White, ''Coexistence of the Capgras and De Clerambault syndromes a case report''. In: ''British Journal of Psychiatry'', 1973, 123, S.&nbsp;653–657.
* Ernst Kretschmer: ''Paranoïa et sensibilité, Imago Mundi.'' G. Monfort éditeur, 1918, 293 S.
* J. Lacan: ''Séminaire, Livre III, Les psychoses (1955–1956).'' Seuil, Paris 1981
* Alistair Munro: ''Delusional Disorder. Paranoia and Related Illnesses.'' Cambridge University Press, Cambridge 1999.
* David W. Swanson, Philip J. Bohnert, Jackson A. Smith: ''The Paranoid.'' Little, Brown and Company, Boston 1970.
 
'''Hochschularbeiten (online, kostenfrei)'''
 
* Fabian Lamster: ''Paranoia – Entstehungsprozesse und Auswege. Die Rolle von Einsamkeit und sozialkognitiven Mechanismen sowie eine Behandlungskonzeptualisierung zur Therapie paranoiden Wahns.'' Marburg 2016, {{DNB|1116604221}} (Dissertation Universität Marburg 2016, Betreuer: Stephanie Mehl [http://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2016/0673 Volltext online] PDF, kostenfrei )-
* Maike M. Hartmann: ''Einfluss von Stress- und Risikofaktoren auf paranoide Symptome bei Personen mit unterschiedlicher Vulnerabilität.'' Hamburg, 2014 {{DNB|1059859807}} (Dissertation Universität Hamburg 2014, Betreuer: Tania Lincoln [http://ediss.sub.uni-hamburg.de/volltexte/2014/7013/ Volltext online] PDF, kostenfrei zugänglich).
 
== Weblinks ==
{{Wiktionary}}


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references>
<references />
<ref name="l1">
 
{{Literatur
{{Gesundheitshinweis}}
|Autor=Peter Lay
|Titel=Enzyklopädie Freie Energie – Über 200 Fachbegriffe anschaulich erklärt
|Auflage=1.
|Verlag=Michaels-Verlag
|Ort=Peiting
|Datum=2004
|ISBN=3-89539-231-6}}
</ref>
<ref name="l3">
{{Literatur
|Autor=Holm Hümmler
|Titel=Tachyonen – Schnelles Geld mit schnellen Teilchen – oder ohne? Ein missbrauchter Begriff der Physik
|Sammelwerk=Skeptiker
|Nummer=4/2002
|Verlag=GWUP
|Datum=
|ISSN=0936-9244
|Seiten=154–155}}
</ref>
<ref name="us-pat685.957">
{{Patent | Land = US | V-Nr = 685957 | Titel = Apparatus for the Utilization of Radiant Energy | Erfinder = Nikola Tesla}}
</ref>
<ref name="krause_s244">
{{Literatur
|Autor=Michael Krause
|Titel=Wie Nikola Tesla das 20. Jahrhundert erfand
|Auflage=1.
|Verlag=Wiley
|Datum=2010
|ISBN=978-3-527-50431-2
|Seiten=244}}
</ref>
<ref name="Times">
{{cite news
| first=Tony
| last=Edwards
| title= End of road for car that ran on Water
| work= The Sunday Times
| publisher= Times Newspapers Limited
| page= Features 12
| date=1996-12-01
| accessdate=2007-05-16
}}
</ref>
<ref name="Narciso">
{{Internetquelle
|autor        = Dean Narciso
|url          = http://www.dispatch.com/live/content/local_news/stories/2007/07/08/hydroman.ART_ART_07-08-07_A1_4V77MOK.html
|titel        = The Car that Ran on Water
|werk        = The Columbus Dispatch
|datum        = 2007-07-08
|zugriff      = 2008-03-24
|offline      = ja
|archiv-url  = https://web.archive.org/web/20080214190405/http://www.dispatch.com/live/content/local_news/stories/2007/07/08/hydroman.ART_ART_07-08-07_A1_4V77MOK.html
|archiv-datum = 2008-02-14
|archiv-bot  = 2018-04-10 20:55:20 InternetArchiveBot
}}
</ref>
<ref name="WPC-death">
{{Internetquelle
| url=http://waterpoweredcar.com/stanmeyer.html
| titel=Water Powered Car report on Meyer’s death
| werk=waterpoweredcar.com
| zugriff= 2008-03-24
}}
</ref>
<ref name="Nature">
{{Internetquelle
| autor= Philip Ball
| titel=Burning water and other myths
| url= http://www.nature.com/news/2007/070910/full/070910-13.html
| werk= Nature News
| datum= 2007-09-14
| zugriff= 2007-09-14
| kommentar=He died in 1998 after eating at a restaurant; the coroner diagnosed an aneurysm, but the conspiracy web still suspects he was poisoned.
}}
</ref>
</references>


[[Kategorie:Parawissenschaft]]
[[Kategorie:Psychopathologisches Symptom]]
[[Kategorie:Freie Energie|101]]
[[Kategorie:Psychische Störung]]


{{Wikipedia}}
{{Wikipedia}}

Version vom 14. August 2018, 20:06 Uhr

Klassifikation nach ICD-10
F20.0 Paranoide Schizophrenie
F22.0 Wahnhafte Störung / Paranoia
F22.8 Sonstige wahnhafte Störung / Altersparanoia
F23.3 Paranoide Reaktion / Psychogene Psychose
F60.0 Paranoide Persönlichkeitsstörung
ICD-10 online (WHO-Version 2016)

Paranoia (griechisch παράνοια paránoia, aus παρὰ parà „wider“ und νοῦς noûs „Verstand“; wörtlich also „wider den Verstand“, „verrückt“, „wahnsinnig“) ist im engeren Sinn die Bezeichnung für eine psychische Störung, in deren Mittelpunkt Wahnbildungen stehen. Häufiger taucht der Begriff jedoch in seiner adjektivischen Form paranoid auf (siehe Infobox ICD 10), der auf Verfolgungsängste oder Verfolgungswahn hinweist. Die Betroffenen leiden an einer verzerrten Wahrnehmung ihrer Umgebung in Richtung auf eine feindselige (im Extrem bösartig verfolgende) Haltung ihrer Person gegenüber. Die Folgen reichen über ängstliches oder aggressives Misstrauen bis hin zur Überzeugung von einer Verschwörung anderer gegen sich.

Das Spektrum paranoider Reaktionen reicht von neurotischen Formen einer paranoiden Neigung bis zu schweren psychotischen Ausprägungen. Die neurotische paranoide Persönlichkeit ist durch übertriebene Empfindlichkeit gegenüber Zurückweisung, besondere Kränkbarkeit sowie Misstrauen gekennzeichnet. Sie neigt dazu, neutrale oder freundliche Handlungen anderer als feindlich oder verächtlich zu interpretieren (paranoide Persönlichkeitsstörung). Häufig werden wiederkehrende und unberechtigte Verdächtigungen hinsichtlich der sexuellen Treue des Ehegatten oder Sexualpartners (Eifersuchtswahn) und streitsüchtiges Bestehen auf eigenen Rechten gefunden. Betroffene neigen andererseits zu übertriebener Selbstbezogenheit (ICD-10).

Überblick

Paranoide Symptome sind sehr vielfältig und gesellen sich vielen Grunderkrankungen bei, darunter Neurosen, Psychosen, wie der Schizophrenie, vielen Persönlichkeitsstörungen und einigen degenerativen Erkrankungen. Die Verlaufsformen sind hier jeweils unterschiedlich. Sie zählen auch zur Symptomatik von Menschen, die lange unter echter oder gefühlter Verfolgung leiden mussten, aber nicht eigentlich psychotisch oder persönlichkeitsgestört sind. Paranoide Symptome können auch als Folge von anderen auslösenden Momenten wie somatischen Agenzien (Wirkstoffen), neurologischen und/oder psychiatrischen Erkrankungen auftreten. Beispiele sind:

Auswirkungen

Der Patient hat das Gefühl, verfolgt zu werden, und entwickelt Verschwörungstheorien. Ein paranoider Mensch glaubt oft, dass andere beabsichtigen, ihn zu schädigen, zu betrügen oder auch zu töten. Oft kann er dafür auch „Beweise“ präsentieren, die für ihn völlig überzeugend scheinen, für Außenstehende dagegen überhaupt nichts besagen. Diese Überzeugungen sind wahnhaft. Der Patient ist durch nichts von ihnen abzubringen, rationale Argumente und Überzeugungsversuche von Außenstehenden haben keinen Erfolg und sind vielmehr kontraproduktiv, da sie das Misstrauen der paranoiden Person nur noch verstärken.

Sofern Paranoia nicht als eigenständiges, sondern als akzessorisches Symptom einer Grunderkrankung erscheint, wie etwa bei paranoider Schizophrenie oder der Bipolaren Störung, kann sie nur im Kontext dieser Erkrankung therapiert werden. Prinzipiell können Psychotherapie, medikamentöse Behandlungen oder sogar Operationen (z. B. bei Hirntumoren) notwendig werden.

Das Objekt des Verfolgungswahns ist von Fall zu Fall sehr verschieden. Manchmal wird beispielsweise der Geheimdienst des jeweiligen Landes hinter der Verfolgung vermutet. Die Methoden etwa der Überwachung im wahnhaften Szenario passen sich dabei tendenziell dem jeweils aktuellen Stand der Technik an. Bei Systemwechseln (z. B. nach dem Zweiten Weltkrieg, nach der Wiedervereinigung Deutschlands) wechselt oft auch der vermeintliche Verfolger (z. B. StasiBND). Hierin zeigt sich, dass der Verfolgungswahn vor allem in einer Veränderung der Denkvorgänge besteht, während die Denkinhalte variieren können.

Wiederum kann auch organisiertes Handeln wahnhafte Züge annehmen, indem unmäßige Handlungen als unvermeidlich zur Abwehr von möglichen Gefahren konstruiert werden.[1][2][3]

Begriffsgeschichte

Der Begriff Paranoia ist bereits seit der Antike gebräuchlich als allgemeiner Begriff für Geistesstörungen. J.C.A. Heinroth (1773–1843) verwendet 1818 den Begriff ebenfalls und versucht ihn moralphilosophisch als „Unfreyheit des Geistes“ zu definieren, der mit Überspannung (Exaltation) einhergehe, bei dem aber die „Sinnesempfindung“ ungestört sei.[4][5][6] Ludwig Snell (1817–1892) berichtete 1865 über Paranoia im Zusammenhang mit Monomanie, „wobei die Gesamtheit des geistigen Lebens überwiegend intakt bleibt“.[7][5] Erst Emil Kraepelin definierte 1893 mit der 4. Auflage seines Lehrbuchs: „Als Verrücktheit bezeichnen wir die chronische Entwicklung eines dauernden Wahnsystems bei vollkommener Erhaltung der Besonnenheit.“ Damit konnte für Kurt Schneider 1949 die Paranoia in der Schizophrenie aufgehen bzw. in der Endogenität.[5]

Der klinische Begriff Paranoia bezieht sich seit Ludwig Snell häufig auf eine multiple Wahnthematik, der auch andere Merkmale beigesellt sein können wie Fanatismus, oder schweres Querulantentum. Diese Psychose zeichnet sich auch „durch die Entwicklung eines einzelnen Wahns oder mehrerer aufeinander bezogener Wahninhalte aus, die im Allgemeinen lange, manchmal lebenslang, andauern; der Inhalt des Wahns oder des Wahnsystems ist sehr unterschiedlich“. Schließlich ist die gravierendste Form, die paranoide Schizophrenie, „durch beständige, häufig paranoide Wahnvorstellungen gekennzeichnet, meist begleitet von akustischen Halluzinationen und Wahrnehmungsstörungen; Störungen der Stimmung, des Antriebs und der Sprache, katatone Symptome [hingegen] fehlen entweder oder sind wenig auffallend“. Bemerkenswerterweise bleiben die kognitiven Fähigkeiten der paranoiden Person erhalten, mit Ausnahme der verzerrten Wirklichkeitswahrnehmung in Bezug auf den Wahntopos. Paranoia als wahnhafte Störung ist wesentlich durch die Präsenz „nicht-bizarrer“ Wahnvorstellungen charakterisiert, die mindestens einen Monat anhalten (DSM-IV-TR). Im Gegensatz zu bizarren könnten diese Befürchtungen im Prinzip real sein, sind es aber regelmäßig nicht. Eine unter wahnhafter Störung leidende Person wurde früher oft „Paranoiker“ genannt.

Primär werden heute fünf Formen unterschieden: In der grandiosen, selbst-überwertigen Richtung sind dies Erotomanie (Liebeswahn) und Größenwahn. Demgegenüber stehen Eifersuchtswahn (pathologische Eifersucht), Verfolgungswahn und somatischer Wahn (Hypochondrie); daneben gibt es eine Mischvariante und einen unspezifischen Typ.[8] Paranoia kann eine eigenständige Pathologie oder auch Symptom anderer Krankheiten sein (z. B. Bipolare Störung, Altersdemenz oder organische Hirnschäden, Delirium tremens).

Paranoia als individualpathologisches, psychiatrisches Syndrom ist seit der Mitte des 19. Jahrhunderts gut erforscht worden. Wegweisend war vor allem die Arbeit des deutschen Psychiaters Emil Kraepelin (1856–1926), dessen Lehrbuch der Psychiatrie in der Ausgabe von 1899 die psychotische Ausprägung definierte als „die aus inneren Ursachen erfolgende, schleichende Entwicklung eines dauernden, unerschütterlichen Wahnsystems, das mit vollkommener Erhaltung der Klarheit und Ordnung im Denken, Wollen und Handeln einhergeht“. Auch Sigmund Freud beschäftigte sich mit der Paranoia. Früher wurden mit Paranoia eine allgemeine Geistesstörung oder die Paraphrenie (paranoide Verlaufsform der Schizophrenie) bezeichnet. Der Begriff der Paraphrenie wird heute noch von der Leonhardschen Klassifikation verwendet, in der er eine der drei systematischen Schizophrenien bezeichnet.

Max Wertheimer, der Begründer der Gestalttheorie, hat mit dem deutschen Psychiater Heinrich Schulte ein sozialpsychologisches Modell zum Verständnis der Paranoia vorgeschlagen: Demzufolge wäre die Paranoia als Sonderform des Beziehungswahns zu verstehen – ein Mensch, dem es nicht gelingt, Teil eines Wir zu sein und der diese Kluft zwischen sich und den anderen nicht ertragen kann, schlägt eine Brücke zu den anderen, indem er sich mit ihnen zumindest in einem „Ersatz-Wir“ von Verfolgern und Verfolgtem verbunden sieht. Dementsprechend wird die Chance auf Heilung auch primär in der Wiederherstellung guter sozialer Beziehungen gesehen. Hierbei handelt es sich allerdings nur um eines der vielen Modelle, die zum Begriff der „Paranoia“ entwickelt wurden.

Umgangssprachliche und literarische Verwendungen des Begriffs

Trotz der Ernsthaftigkeit von paranoiden Wahrnehmungsstörungen und den oft verheerenden Folgen für die Betroffenen vor allem im sozialen Zusammenleben hält insbesondere der Aspekt des Verfolgungswahns oft als „komisches“ Szenario für Fernsehserien, Verschwörungstheorien oder Spiele her. So gibt es zum Beispiel ein satirisches Pen-&-Paper-Rollenspiel namens Paranoia. Auch in der Literatur findet das Thema sehr oft Platz. Andy Grove, Mitbegründer von Intel, nannte seine geschäftliche Autobiographie Only the paranoid survive (deutsch: Nur die Paranoiden überleben). Bekannt ist auch das Zitat „Just because you’re paranoid doesn’t mean they’re not after you“ (deutsch: „Nur weil du paranoid bist, heißt das nicht, dass sie nicht hinter dir her sind.“) Es wird in unterschiedlichen Formulierungen unter anderem Joseph Heller (Catch-22) und Henry Kissinger zugeschrieben und von Kurt Cobain (Territorial Pissings) und Terry Pratchett (Strata) aufgegriffen.

Siehe auch

Literatur

  • Joseph H. Berke, Stella Pierides, Andrea Sabbadini, Stanley Schneider (Hrsg.): Even Paranoids Have Enemies. New Perspectives on Paranoia and Persecution. Routledge, London 1998.
  • Sigmund Freud: Remarques psychanalytiques sur l’autobiographie d’un cas de paranoïa (dementia paranoïdes). Le président Schreber, 1911, G. W. VIII. In: Cinq psychanalyses. 20e édition. PUF, Paris 1997, S. 263–324.
  • Quentin Debray: L’Idéalisme passionné. PUF, Paris 1989, ISBN 2-13-042160-1
  • Farrell John: Paranoia and Modernity: Cervantes to Rousseau. Cornell University Press, Ithaca NY 2006.
  • Jacques Lacan; De la psychose paranoïaque dans ses rapports avec la personnalité. Editions du Seuil, Paris 1975 (1932).
  • Heinrich Schulte, Max Wertheimer: Versuch einer Theorie der paranoischen Eigenbeziehung und Wahnbildung. In: Psychologische Forschung, Jg. 5, 1924, Nr. 1, S. 1–23.
  • P. Serieux, J. Capgras: Les folies raisonnantes. Les délires d’interprétations. Alcan, Paris 1902.
  • P. Serieux, J. Capgras: Délires systématisés choniques. Traité de Sergent. In: Psychiatrie, t. 1. Maloine, Paris 1926.
  • Sigmund Freud: Communication d’un cas de paranoïa en contradiction avec la théorie psychanalytique (1915), traduit par D. Guérineau. In: S. Freud: Névrose, Psychose et perversion. 12e édition. PUF, 2002, S. 209–218.
  • A. Sims, A. White, Coexistence of the Capgras and De Clerambault syndromes a case report. In: British Journal of Psychiatry, 1973, 123, S. 653–657.
  • Ernst Kretschmer: Paranoïa et sensibilité, Imago Mundi. G. Monfort éditeur, 1918, 293 S.
  • J. Lacan: Séminaire, Livre III, Les psychoses (1955–1956). Seuil, Paris 1981
  • Alistair Munro: Delusional Disorder. Paranoia and Related Illnesses. Cambridge University Press, Cambridge 1999.
  • David W. Swanson, Philip J. Bohnert, Jackson A. Smith: The Paranoid. Little, Brown and Company, Boston 1970.

Hochschularbeiten (online, kostenfrei)

  • Fabian Lamster: Paranoia – Entstehungsprozesse und Auswege. Die Rolle von Einsamkeit und sozialkognitiven Mechanismen sowie eine Behandlungskonzeptualisierung zur Therapie paranoiden Wahns. Marburg 2016, DNB 1116604221 (Dissertation Universität Marburg 2016, Betreuer: Stephanie Mehl Volltext online PDF, kostenfrei )-
  • Maike M. Hartmann: Einfluss von Stress- und Risikofaktoren auf paranoide Symptome bei Personen mit unterschiedlicher Vulnerabilität. Hamburg, 2014 DNB 1059859807 (Dissertation Universität Hamburg 2014, Betreuer: Tania Lincoln Volltext online PDF, kostenfrei zugänglich).

Weblinks

 Wiktionary: Paranoia – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Adam Banner: The NSA and Verizon: Paranoid Delusions or an Assault on Your Rights? The Huffington Post, 10. Juni 2013.
  2. John Ericson: NSA PRISM Program May Benefit The Clinically Paranoid As They Find Out Others Are Being Watched Too. Medicaldaily.com, 1. Juli 2013.
  3. James Turnage: NSA Paranoia Invades the World’s Privacy? Guardian express, 30. Juni 2013.
  4. Johann Christian August Heinroth: Lehrbuch der Störungen des Seelenlebens oder die Störungen und ihrer Behandlung. Vogel, Leipzig 1818.
  5. 5,0 5,1 5,2 Uwe Peters: Lexikon Psychiatrie, Psychotherapie, Medizinische Psychologie. 6. Auflage. Urban & Fischer, München 2007, ISBN 978-3-437-15061-6, S. 387, books.google.de.
  6. Erwin H. Ackerknecht: Kurze Geschichte der Psychiatrie. 3. Auflage. Enke, Stuttgart 1985, ISBN 3-432-80043-6, S. 60.
  7. Ludwig Snell: Über Monomanie als primäre Form der Seelenstörung. In: Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie, 22, 1865, S. 368–381. Bei Google-Bücher.
  8. WHO: Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, 4. Ausgabe Text Revision 2000 (DSM-IV-TR) und in der von der WHO herausgegebenen International Statistical Classification of Diseases, 10. Ausgabe 1992 (ICD-10).
Bitte beachten Sie den Hinweis zu Gesundheitsthemen!


Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel Paranoia aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.