Zuckerkrankheit und Lesen: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Zuckerkrankheit''' oder '''Diabetes mellitus''' ([[Wikipedia:Griechische Sprache|griech.]] διαβήτης, von {{ELSalt|διαβαίνειν}} ''diabainein'', „hindurchgehen“, „hindurchfließen“ und [[Latein|lat.]] ''mellitus'' „honigsüß“) ist die zusammenfassende Bezeichnung für eine Reihe von [[Wikipedia:Stoffwechselerkrankung|Stoffwechselerkrankung]]en, die sich durch einen erhöhten [[Wikipedia:Blutzuckerspiegel|Blutzuckerspiegel]] äußert und früher vornehmlich durch die Ausscheidung von [[Zucker]] im [[Urin]] diagnostiziert wurde. Aus [[geisteswissenschaft]]licher Sicht entsteht die Zuckerkrankheit, wenn es dem [[Organismus]] nicht gelingt, den [[mineral]]ischen Zucker bis zum [[Wärmeäther]] zu verflüchtigen.
[[Datei:Georgios Jakobides Girl reading c1882.jpg|mini|hochkant|''Lesendes Mädchen'' Gemälde von Georgios Jakobides, 1882]]


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'''Lesen''' (von [[Latein|lat.]] ''legere'' = "sammeln, auswählen, auf- oder auslesen, lesen") im engeren Sinn besteht ''heute'' in der [[Fähigkeit]] [[schrift]]lich festgehaltene [[Sprache]] (siehe → [[Schreiben]]) gegebenfalls wieder in zusammenhängend gesprochene [[Wort]]e umzusetzen (''Vorlesen'') und die darin enthaltenen [[Gedanken]] zu erfassen und zu [[verstehen]] (''sinnerfassendes Lesen''), sie gleichsam zu ''erraten'' bzw. zu ''enträtseln'' (vgl. dazu [[Englische Sprache|eng.]] ''to read'' = "lesen", verwandt mit [[Deutsche Sprache|dt.]] ''raten'' bzw. [[Englische Sprache|eng.]] ''riddle'' = "Rätsel").  
"Nehmen Sie an, wir nehmen Mineralisches auf. Alles, was wir an
 
Mineralischem aufnehmen, muß im Menschen so weit getrieben werden,
== Allgemeines ==
daß folgendes Geltung hat. Sie wissen, wir haben eine Eigenwärme; wir
[[Datei:Carl Spitzweg 021.jpg|thumb|230px|[[Wikipedia:Carl Spitzweg|Carl Spitzweg]], Der Bücherwurm, um 1850]]
haben in unserer Blutwärme beim gesunden Menschen ungefähr siebenunddreißig
Lesen hat traditionell auch die Bedeutung des Auslesens. Scheidung der guten Linsen von den nicht guten (Aschenputtel), in moderner Auffassung: Unterscheidung von beachtenstenswerten Mitteilungen von Informationsmüll, Rezeption was relevant dünkt, und Ignoranz für das andere, das dann oft aber nur unzureichend erfaßt ist, oder oft garnicht mal leider.
Grad. Wir haben in unserer Blutwärme etwas, was die äußere
 
Wärme im Mittel überragt. Alles, was wir mineralisch aufnehmen,
Eine sehr wichtige Übung für den [[Geistesschüler]] (vgl. z.B. [[Rudolf Steiner]]: ''[[Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten]]''), heißt: Lerne das Wesentliche von dem Unwesentlichen unterscheiden.
muß aber in unserem Organismus so verwandelt, so metamorphosiert
 
werden, daß das, was in unserer Blutwärme über die mittlere Wärme
Eine gute Linse ist oftmals in einem Misthaufen verborgen, während faule Linsen im Schaufenster des Juweliers usw. vorkommen, oder andersrum. Lesen heißt insofern urteilen, und wenn das nicht möglich ist, entscheiden: z.B. Welches Buch soll/will ich als nächstes lesen?. Genauso die Entscheidung, wie gründlich will ich dieses Buch lesen, will ich es gründlich studieren, oder zur Unterhaltung darin blättern und ein paar Sätze zur Kenntnis nehmen? Usw.
der äußeren Umgebung geht, was höher ist als die mittlere Wärme der
 
äußeren Umgebung, daß das wohlgefällig das Mineralische aufnimmt.
Goethe empfiehlt, im Buch der Natur zu lesen: "Die Natur ist doch das einzige Buch, das auf allen Blättern großen Gehalt bietet." (Italienische Reise, 9.3.1787).
Wenn Sie ein Bröselchen Kochsalz genießen, so muß dieses Kochsalz
 
von Ihrer Eigenwärme, nicht von der Wärme, die Sie mit der äußeren
== Zur Geschichte des Lesens ==
Welt gemein haben, sondern von Ihrer eigenen Wärme aufgesogen werden,
 
muß wohlgefällig aufgenommen werden. Alles Mineralische muß
Im Allgemeinen geht man davon aus, dass in der [[Griechisch-Lateinische Kultur|griechisch-römischen Zeit]] noch bis weit in die ersten [[christlich]]en Jahrhunderte auch ''einsame'' Leser vornehmlich ''laut'' [[Rezitation|rezitierend]] zu lesen pflegten<ref>Eduard Norden: ''Die Antike Kunstprosa vom VI. Jahrhundert v.Chr. bis in die Zeit der Renaissance I'', Leipzig/Berlin 1909</ref><ref>Josef Balogh: ''Voces Paginarum. Beiträge zur Geschichte des lauten Lesens und Schreibens'', Philologus 82 (1927)</ref><ref>G. L. Hendrickson: ''Ancient Reading'' (1929), S 182–196</ref>, obwohl diese These gelegentlich auch angezweifelt wird<ref>B. M. W. Knox: ''Silent Reading in Antiquity'' (1968), S 421–435</ref><ref>A. K. Gavrilov: ''Techniques of Reading in Classical Antiquity'' (1997), S 56–73</ref><ref>M. F. Burnyeat: ''Postscript on Silent Reading'', (1997), S 74–76</ref>. Oft zitiert wird diesbezüglich die Stelle aus den "[[Wikipedia:Confessiones|Bekentnissen]]" des [[Augustinus]], der sich über den leise lesenden Bischof [[Wikipedia:Ambrosius von Mailand|Ambrosius von Mailand]] verwundert:
sich in Wärmeäther verwandeln. Und in dem Augenblicke, wo der
 
Mensch in seinem Organismus etwas hat, was irgendein Mineral verhindert,
{{Zitat|Und wenn er las, schweiften die Augen über die Seiten und das Herz erforschte den Sinn, er selbst aber schwieg. Oft, wenn wir gegenwärtig waren, denn jeder hatte Zutritt, auch pflegte der Kommende nicht angemeldet zu werden, sahen wir ihn schweigend lesen, und nie anders; lange Zeit saßen wir schweigend da - denn wer hätte es gewagt, eine solche Vertiefung zu stören?|Augustinus|Confessiones 6,3}}
daß es sich in Wärmeäther verwandelt, in dem Augenblicke ist
er krank." {{Lit|{{G|230|163|161}}}}
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== Lesenlernen ==
"Also wenn Sie sich vorstellen wollen, wie ein Mineralisches im Menschen
=== Waldorfpädagogik ===
verwendet wird, so müssen Sie sich folgendes sagen (es wird gezeichnet):
Um Lesen zu [[lernen]], geht man in der [[Waldorfpädagogik]] vom [[Schreiben]] aus, das aus einem [[zeichnen]]den [[Malen]] und malendem Zeichnen entwickelt wird und schließt erst daran das Lesen an:
Da ist das Mineralische; dieses Mineralische geht in den
Menschen ein. Im Menschen wird es durch das Flüssige und so weiter
bis zum Wärmeäther verwandelt; da ist es Wärmeäther. Dieser Wärmeäther
hat die größte Neigung, dasjenige, was aus den Weltenweiten an
Kräften hereinstrahlt und hereinströmt, in sich aufzunehmen. Er
nimmt also die Kräfte des Weltenalls auf. Diese Kräfte des Weltenalls
bilden sich nun als die Geistkräfte, die hier die wärmeätherisierte Erdenmaterie
durchgeistigen. Und von da aus dringt dann mit Hilfe der
wärmeätherisierten Erdensubstanz dasjenige erst in den Körper, was
der Körper nun braucht zu seiner Gestaltung." {{Lit|{{G|230|181|179}}}}
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"Sehen Sie, daher braucht der Mensch im Laufe seines Lebens die verschiedensten
"... denn für
Substanzen, um, je nachdem er nach seinem Lebensalter
das Kind ist es gut, wenn es gleich Farben verwendet, es lebt ja in
organisiert ist, das Leblose umwandeln zu können in Wärmeätherisches.
der Farbe, das weiß jeder, der das Kind kennt -, wenn man aus dem
Das Kind könnte überhaupt noch nicht Lebloses in Wärmeätherisches
malenden Zeichnen zum Schreiben übergeht und erst aus dem Schreiben
umwandeln; es hat noch nicht Kraft genug in seinem Organismus. Es
das Lesen gewinnt. Denn das Schreiben ist eine Betätigung des
muß die noch der menschlichen Organisation selbst so nahestehende
ganzen Menschen. Da muß die Hand in Betracht kommen, da muß sich
Milch aufnehmen, um diese nun bis zum Wärmeätherischen zu bringen
der ganze Leib in irgendeiner Weise, wenn auch fein, einfügen, da ist
und seine Kräfte dazu verwenden zu können, das wirklich ausgebreitete
der ganze Mensch daran beteiligt. Das hat noch etwas Konkretes, das
Plastizieren, das notwendig ist während des kindlichen Alters in bezug
Schreiben, das aus dem malenden Zeichnen herausgeholt wird. Das
auf die Körpergestaltung, ausführen zu können. Man sieht erst hinein
Lesen, nun, da sitzt man schon dabei, da ist man schon ein richtiger
in die menschliche Natur, wenn man weiß, daß alles, was von außen
Duckmäuser, da strengt sich nur noch ein Teil des Menschen an, der
aufgenommen wird, gründlich umgearbeitet werden muß. Nehmen Sie
Kopf. Das Lesen ist schon abstrakt geworden. Das muß nach und nach
daher einen äußeren Stoff und wollen Sie ihn auf seinen Wert für das
als eine Teilerscheinung aus dem Ganzen heraus entwickelt werden.
Menschenleben prüfen, so können Sie das zunächst mit der gewöhnlichen
Chemie gar nicht tun, weil Sie wissen müssen, wieviel Kraft der
menschliche Organismus aufwenden muß, um einen äußerlich mineralischen
Stoff bis zu der Flüchtigkeit des Wärmeäthers zu bringen. Kann
er das nicht, dann lagert sich dieser äußere mineralische Stoff in ihm ab,
wird schwerer Erdenstoff, bevor er in Wärme übergegangen ist, und
durchsetzt, als dem menschlichen Organismus fremd gebliebener unorganischer
Stoff, die menschlichen Gewebe.


Ein solches kann zum Beispiel eintreten, wenn der Mensch nicht imstande
Bei diesen Dingen ist es heute außerordentlich schwer, im rein
ist, dasjenige, was mineralisiert - es ist ja ursprünglich organisch
Naturgemäßen standzuhalten gegen die Vorurteile der Gegenwart.
—, aber mineralisiert als Zucker in ihm auftritt, bis zu der Flüchtigkeit des Wärmeätherischen zu bringen. Dann setzt es sich vor jenem
Denn wenn man anfängt, in einer solch ganz naturgemäßen Weise die
Zustande ab im Organismus, zu dem es kommen muß, wenn der ganze
Kinder zu unterrichten, dann lernen sie etwas später lesen, als man
Organismus beteiligt sein soll an alldem, was da in ihm ist, und es entsteht
es heute verlangt. Wenn dann die Kinder von einer solchen Schule
die so schlimme Zuckerruhr, Diabetes mellitus. Man muß also
übertreten in eine andere Schule, dann können sie noch nicht soviel
bei jedem Stoff ins Auge fassen, inwiefern der menschliche Organismus
wie die Kinder der anderen Schule. Ja, aber es kommt doch gar nicht
imstande sein kann, das Unlebendige, das entweder der Stoff schon bildet,
darauf an, was man sich aus dem materialistischen Kulturzeitalter für
wenn wir zum Beispiel Kochsalz essen, oder das es wird, wie beim
eine Vorstellung darüber gebildet hat, was das Kind mit acht Jahren
Zucker, bis zur Wärmematerie hinzubringen, wo dann der Organismus,
können soll. Sondern es kommt darauf an, daß es vielleicht gar nicht
der auf der Erde eingewurzelt ist, seinen Anschluß findet an den geistigen
gut ist für das Kind, wenn es zu früh lesen lernt. Denn da sperrt man
Kosmos." {{Lit|{{G|230|182f|180}}}}
auch wiederum für das spätere Leben etwas zu, wenn das Kind zu
früh lesen lernt. Lernt das Kind zu früh lesen, dann führt man es zu
früh in die Abstraktheit hinein. Und Sie würden unzählige spätere
Sklerotiker beglücken für ihr Leben, wenn Sie ihnen nicht zu früh das
Lesen beibrächten als Kinder. Denn diese Verhärtung des ganzen Organismus
- ich nenne es populär so -, die in der mannigfaltigsten
Form der Sklerose später auftritt, die kann man zurückverfolgen zu
einer falschen Art, das Lesen beizubringen. Natürlich kommen diese
Dinge auch noch von vielen anderen Sachen, aber darum handelt es
sich, daß es diese Dinge durchaus gibt, daß ein naturgemäßer Unterricht
vom Seelisch-Geistigen aus überall hygienisch auf den Leib
wirkt. Erfassen Sie, wie Sie den Unterricht und die Erziehung gestalten
sollen, so erfassen Sie zu gleicher Zeit, wie Sie dem Kinde die
beste Gesundheit fürs Leben geben." {{Lit|{{G|306|81f}}}}
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Durch das verzögerte Lesenlernen wird zumeist die ''Lesekompetenz'' gesteigert, jedenfalls aber nicht beeinträchtigt<ref>    Sebastian P. Suggatea, Elizabeth A. Schaughency, Elaine Reese: ''Children learning to read later catch up to children reading earlier'' (2012) [http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0885200612000397]</ref>.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Diabetes mellitus}}
* {{WikipediaDE|Lesen}}
 
== Literatur ==
 
* Tobias Landwehr: ''Lesefähigkeit - Wie Schrift unsere Art zu denken ändert'', Spektrum der Wissenschaft 17.07.2017 [https://www.spektrum.de/news/wie-schrift-unsere-art-zu-denken-aendert/1479833 online]
* [[Stanislas Dehaene]], Laurent Cohen, José Morais, Régine Kolinsky: ''Illiterate to literate: behavioural and cerebral changes induced by reading acquisition'', in Nature Reviews Neuroscience Vol. 16 (4), April 2015, pp. 234-244 {{doi|10.1038/nrn3924}} [http://www.unicog.org/publications/Dehaene_Cohen_Morais_Kolinsky_IlliteratetoliterateChangesinducedbyreadingacquisitionNa%20ReviewsNeuroscience2015.pdf pdf]
* Rudolf Steiner: ''Die pädagogische Praxis vom Gesichtspunkte geisteswissenschaftlicher Menschenerkenntnis. Die Erziehung des Kindes und jüngeren Menschen.'', [[GA 306]] (1989), ISBN 3-7274-3060-5 {{Vorträge|306}}
 
{{GA}}
 
== Weblinks ==
 
* [http://www.rhm.uni-koeln.de/145/Busch.pdf Stephan Busch: ''Lautes und leises Lesen in der Antike'']
* [http://www.burfeind.eu/texte/texte/lesen.pdf Carsten Burfeind: ''Wen hörte Philippus? Leises Lesen und lautes Vorlesen in der Antike]
 
== Einzelnachweise ==
<references/>


[[Kategorie:Krankheitsbild in der Endokrinologie]]
[[Kategorie:Sprache]] [[Kategorie:Pädagogik]] [[Kategorie:Waldorfpädagogik]] [[Kategorie:Hobby]] [[Kategorie:Lesen|!]] [[Kategorie:Handlung und Verhalten]] [[Kategorie:Soziales Leben]] [[Kategorie:Alltagskultur]]
[[Kategorie:Bauchspeicheldrüse]]
[[Kategorie:Heilkunst]]

Version vom 24. September 2018, 14:55 Uhr

Lesendes Mädchen Gemälde von Georgios Jakobides, 1882

Lesen (von lat. legere = "sammeln, auswählen, auf- oder auslesen, lesen") im engeren Sinn besteht heute in der Fähigkeit schriftlich festgehaltene Sprache (siehe → Schreiben) gegebenfalls wieder in zusammenhängend gesprochene Worte umzusetzen (Vorlesen) und die darin enthaltenen Gedanken zu erfassen und zu verstehen (sinnerfassendes Lesen), sie gleichsam zu erraten bzw. zu enträtseln (vgl. dazu eng. to read = "lesen", verwandt mit dt. raten bzw. eng. riddle = "Rätsel").

Allgemeines

Carl Spitzweg, Der Bücherwurm, um 1850

Lesen hat traditionell auch die Bedeutung des Auslesens. Scheidung der guten Linsen von den nicht guten (Aschenputtel), in moderner Auffassung: Unterscheidung von beachtenstenswerten Mitteilungen von Informationsmüll, Rezeption was relevant dünkt, und Ignoranz für das andere, das dann oft aber nur unzureichend erfaßt ist, oder oft garnicht mal leider.

Eine sehr wichtige Übung für den Geistesschüler (vgl. z.B. Rudolf Steiner: Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten), heißt: Lerne das Wesentliche von dem Unwesentlichen unterscheiden.

Eine gute Linse ist oftmals in einem Misthaufen verborgen, während faule Linsen im Schaufenster des Juweliers usw. vorkommen, oder andersrum. Lesen heißt insofern urteilen, und wenn das nicht möglich ist, entscheiden: z.B. Welches Buch soll/will ich als nächstes lesen?. Genauso die Entscheidung, wie gründlich will ich dieses Buch lesen, will ich es gründlich studieren, oder zur Unterhaltung darin blättern und ein paar Sätze zur Kenntnis nehmen? Usw.

Goethe empfiehlt, im Buch der Natur zu lesen: "Die Natur ist doch das einzige Buch, das auf allen Blättern großen Gehalt bietet." (Italienische Reise, 9.3.1787).

Zur Geschichte des Lesens

Im Allgemeinen geht man davon aus, dass in der griechisch-römischen Zeit noch bis weit in die ersten christlichen Jahrhunderte auch einsame Leser vornehmlich laut rezitierend zu lesen pflegten[1][2][3], obwohl diese These gelegentlich auch angezweifelt wird[4][5][6]. Oft zitiert wird diesbezüglich die Stelle aus den "Bekentnissen" des Augustinus, der sich über den leise lesenden Bischof Ambrosius von Mailand verwundert:

„Und wenn er las, schweiften die Augen über die Seiten und das Herz erforschte den Sinn, er selbst aber schwieg. Oft, wenn wir gegenwärtig waren, denn jeder hatte Zutritt, auch pflegte der Kommende nicht angemeldet zu werden, sahen wir ihn schweigend lesen, und nie anders; lange Zeit saßen wir schweigend da - denn wer hätte es gewagt, eine solche Vertiefung zu stören?“

Augustinus: Confessiones 6,3

Lesenlernen

Waldorfpädagogik

Um Lesen zu lernen, geht man in der Waldorfpädagogik vom Schreiben aus, das aus einem zeichnenden Malen und malendem Zeichnen entwickelt wird und schließt erst daran das Lesen an:

"... denn für das Kind ist es gut, wenn es gleich Farben verwendet, es lebt ja in der Farbe, das weiß jeder, der das Kind kennt -, wenn man aus dem malenden Zeichnen zum Schreiben übergeht und erst aus dem Schreiben das Lesen gewinnt. Denn das Schreiben ist eine Betätigung des ganzen Menschen. Da muß die Hand in Betracht kommen, da muß sich der ganze Leib in irgendeiner Weise, wenn auch fein, einfügen, da ist der ganze Mensch daran beteiligt. Das hat noch etwas Konkretes, das Schreiben, das aus dem malenden Zeichnen herausgeholt wird. Das Lesen, nun, da sitzt man schon dabei, da ist man schon ein richtiger Duckmäuser, da strengt sich nur noch ein Teil des Menschen an, der Kopf. Das Lesen ist schon abstrakt geworden. Das muß nach und nach als eine Teilerscheinung aus dem Ganzen heraus entwickelt werden.

Bei diesen Dingen ist es heute außerordentlich schwer, im rein Naturgemäßen standzuhalten gegen die Vorurteile der Gegenwart. Denn wenn man anfängt, in einer solch ganz naturgemäßen Weise die Kinder zu unterrichten, dann lernen sie etwas später lesen, als man es heute verlangt. Wenn dann die Kinder von einer solchen Schule übertreten in eine andere Schule, dann können sie noch nicht soviel wie die Kinder der anderen Schule. Ja, aber es kommt doch gar nicht darauf an, was man sich aus dem materialistischen Kulturzeitalter für eine Vorstellung darüber gebildet hat, was das Kind mit acht Jahren können soll. Sondern es kommt darauf an, daß es vielleicht gar nicht gut ist für das Kind, wenn es zu früh lesen lernt. Denn da sperrt man auch wiederum für das spätere Leben etwas zu, wenn das Kind zu früh lesen lernt. Lernt das Kind zu früh lesen, dann führt man es zu früh in die Abstraktheit hinein. Und Sie würden unzählige spätere Sklerotiker beglücken für ihr Leben, wenn Sie ihnen nicht zu früh das Lesen beibrächten als Kinder. Denn diese Verhärtung des ganzen Organismus - ich nenne es populär so -, die in der mannigfaltigsten Form der Sklerose später auftritt, die kann man zurückverfolgen zu einer falschen Art, das Lesen beizubringen. Natürlich kommen diese Dinge auch noch von vielen anderen Sachen, aber darum handelt es sich, daß es diese Dinge durchaus gibt, daß ein naturgemäßer Unterricht vom Seelisch-Geistigen aus überall hygienisch auf den Leib wirkt. Erfassen Sie, wie Sie den Unterricht und die Erziehung gestalten sollen, so erfassen Sie zu gleicher Zeit, wie Sie dem Kinde die beste Gesundheit fürs Leben geben." (Lit.: GA 306, S. 81f)

Durch das verzögerte Lesenlernen wird zumeist die Lesekompetenz gesteigert, jedenfalls aber nicht beeinträchtigt[7].

Siehe auch

Literatur

  • Tobias Landwehr: Lesefähigkeit - Wie Schrift unsere Art zu denken ändert, Spektrum der Wissenschaft 17.07.2017 online
  • Stanislas Dehaene, Laurent Cohen, José Morais, Régine Kolinsky: Illiterate to literate: behavioural and cerebral changes induced by reading acquisition, in Nature Reviews Neuroscience Vol. 16 (4), April 2015, pp. 234-244 doi:10.1038/nrn3924 pdf
  • Rudolf Steiner: Die pädagogische Praxis vom Gesichtspunkte geisteswissenschaftlicher Menschenerkenntnis. Die Erziehung des Kindes und jüngeren Menschen., GA 306 (1989), ISBN 3-7274-3060-5 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Eduard Norden: Die Antike Kunstprosa vom VI. Jahrhundert v.Chr. bis in die Zeit der Renaissance I, Leipzig/Berlin 1909
  2. Josef Balogh: Voces Paginarum. Beiträge zur Geschichte des lauten Lesens und Schreibens, Philologus 82 (1927)
  3. G. L. Hendrickson: Ancient Reading (1929), S 182–196
  4. B. M. W. Knox: Silent Reading in Antiquity (1968), S 421–435
  5. A. K. Gavrilov: Techniques of Reading in Classical Antiquity (1997), S 56–73
  6. M. F. Burnyeat: Postscript on Silent Reading, (1997), S 74–76
  7. Sebastian P. Suggatea, Elizabeth A. Schaughency, Elaine Reese: Children learning to read later catch up to children reading earlier (2012) [1]