Kategorie:Postmoderne und Eigenschaft (Philosophie): Unterschied zwischen den Seiten

Aus AnthroWiki
(Unterschied zwischen Seiten)
imported>Odyssee
Keine Bearbeitungszusammenfassung
 
imported>Odyssee
 
Zeile 1: Zeile 1:
{{Vorlage:Seitenkategorien}}
Eine '''Eigenschaft''' ([[Latein|lat.]] ''attributum'', ''proprietas'', ''qualitas''; {{EnS|''property''}}; {{FrS|''propriété''}}) ist ganz allgemein etwas, das einer [[Sache]], einer [[Person]], einem [[Begriff]] oder einer anderen Eigenschaft ''eigen'' ist. Handelt es sich dabei um eine Eigenschaft, die zum [[Wesen]] der Sache gehört, so ist sie eine ''wesentliche Eigenschaft'' oder '''Wesenseigenschaft'''. Alle [[Zufall|zufälligen]] und mithin ''unwesentliche Eigenschaften'', die also nicht unmittelbar das [[Sosein]] berühren, werden auch [[Akzidentien]] genannt.
[[Kategorie:Germanisch-Angelsächsische Kultur]]
 
[[Kategorie:Neuzeit]]
== Primäre und sekundäre Eigenschaften ==
[[Kategorie:Gesellschaft]]
 
[[Kategorie:Kultur]]
{{Hauptartikel|Primäre und sekundäre Sinnesqualitäten}}
[[Kategorie:Kunstgeschichte]]
 
[[Kategorie:Postmoderne|!]]
Seit [[Demokrit]] unterscheidet man zwischen '''primären Eigenschaften''' und '''sekundären Eigenschaften''', so auch bei [[John Locke]]. Primäre Eigenschaften seien dabei Eigenschaften, die den [[Ding]]en unmittelbar und direkt zukommen, sekundäre Eigenschaften hingegen solche, die ihnen "nicht" direkt zukommen, sondern erst eine Konstruktion unseres Gehirns seien, wie [[Farbe]], [[Geruch]] oder [[Geschmack]].
 
{{GZ|Primäre Qualitäten nannte Locke
zum Beispiel alles dasjenige, was sich auf die Gestalt der Körper, auf
deren geometrische Eigentümlichkeit, auf das Zahlenmäßige bezieht,
auf die Bewegung bezieht, auf die Größe und so weiter. Davon unterschied
er dann alles dasjenige, was er die sekundären Qualitäten nennt,
Farbe, Ton, Wärmeempfindung und so weiter. Und während er die primären
Qualitäten in die Dinge selbst hineinverlegt, so daß er annimmt,
es seien räumliche, körperliche Dinge da, welche Gestalt haben, geometrische
Eigentümlichkeiten haben, Bewegungen haben, nimmt er an,
daß alles dasjenige, was sekundäre Qualitäten sind, Farbe, Ton usw.,
nur Wirkungen auf den Menschen seien. Draußen in der Welt seien
nur primäre Qualitäten in den Körpern. Irgend etwas, dem Größe,
Gestalt, Bewegung zukommt, das aber finster, stumm und kalt ist,
irgend etwas übt eine Wirkung aus, und diese Wirkung drückt sich
eben aus darinnen, daß der Mensch einen Ton, eine Farbe, eine Wärmequalität
usw. erlebt.|326|85}}
 
Wie problematisch diese Behauptung ist und keineswegs eine [[Empirie|emprisch]] gesicherte Tatsache darstellt, betonen auch [[Max Bennett]] und [[Peter Hacker]] in „''Die philosophischen Grundlagen der Neurowissenschaften''“:
 
{{LZ|Erstens muss hervorgehoben werden, dass wir es hier nicht
mit einer empirischen Behauptung oder wissenschaftlichen
Hypothese zu tun haben und schon gar nicht mit einer
wissenschaftlichen Theorie, die experimentell untermauert
werden kann oder untermauert wurde, sondern mit einer
''philosophischen'' oder ''begrifflichen Behauptung'', die nur
durch begriffliche Untersuchungen und apriorische
Argumente bekräftigt oder entkräftet werden kann. Es gibt
kein wissenschaftliches Experiment, mit dem man beweisen
könnte, dass Gras, wie es an sich ist, nicht grün ist, sondern
uns nur so vorkommt, dass Zucker nicht wirklich süß ist,
sondern es nur zu sein scheint, oder dass Eis nicht wirklich
kalt ist, sondern nur diesen Anschein in uns hervorruft etc.
Alles, was eine wissenschaftliche Theorie leisten kann,
besteht darin, die Prozesse zu erklären, durch die wir in der
Lage sind, Farben, Klänge und thermische Qualitäten
wahrzunehmen, und zu untersuchen, ob andere Tierspezies
dieselben perzeptuellen Unterscheidungsvermögen haben.
Es ist nicht möglich zu zeigen, dass die Dinge, die wir als
farbige wahrnehmen, in Wahrheit keine Farbe haben, oder
dass die Dinge, die wir als klangerzeugende wahrnehmen,
nicht wirklich Klänge hervorbringen. Man kann zeigen, dass
farbige Objekte Licht bestimmter Wellenlängen reflektieren,
das unsere Augen und Gehirne in der und der Weise
beeinflusst, was dazu führt, dass wir das sehen, was wir ‚ihre
Farbe‘ nennen. Und man kann zeigen, dass ‚lärmende‘
Objekte Schallwellen verursachen, die unsere Ohren und
Gehirne auf eine Weise beeinflussen, dass unser
Hörvermögen zur Entfaltung gelangt. Natürlich wird kein
Geräusch gehört, wenn nicht Schallwellen die Ohren eines
Hörenden erreichen – daraus folgt jedoch nicht, dass es kein
Geräusch gab, das zu hören war, dass Bäume still zu Boden
fallen, wenn kein Hörender dabei ist. Die wissenschaftliche
Forschung zeigt keineswegs, dass Gras nicht wirklich grün
ist oder dass Cellos keinen reichen und vollen Klang haben.
Sie stellt nicht fest, dass es keine Farben gibt, wenn ein
Beobachter ‚fehlt‘, oder dass Klänge auf der Anwesenheit
eines Hörers beruhen.|Bennett, Hacker 2010, S. 289f.}}
 
Dennoch hat Lockes Unterscheidung einen nachvollziehbaren Grund. [[Rudolf Steiner]] nennt [[12 Sinne]] des Menschen, wobei er drei Gruppen unterscheidet, nämlich die [[Willenssinne]], die [[Gefühlssinne]] und die [[Erkenntnissinne]]. Die Willenssinne, zu denen der [[Tastsinn]], der [[Lebenssinn]], der [[Eigenbewegungssinn]] und der [[Gleichgewichtssinn]] zählen, sind auf die Wahrnehmung des eigenen Körpers gerichtet, dessen Zustand sie aber ganz [[objektiv]] wahrnehmen. Obgleich ihre Wahrnehmungen nur sehr dumpf und unterschwellig erlebt werden, vermitteln sie ein starkes [[Realität]]sgefühl. Weil die Wahrnehmung dieser Sinne nur sehr dumpf ist, tritt zugleich das gedankliche Element viel stärker in den Vordergrund und vermittelt den Eindruck unverrückbar scheinender [[Wahrheit]]en, wie wir sie etwa aus der [[Mathematik]] und [[Geometrie]] kennen, die in der objektiven Realität unseres Leibes begründet sind. Daraus resultiert der objektive Charakter, den Locke den primären Sinnesqualitäten zubilligt.
 
Die sekundären Sinnesqualitäten gehören hauptsächlich dem Bereich der Gefühlssinne an, zu denen der [[Geruchssinn]], der [[Geschmackssinn]], der [[Sehsinn]] und der [[Wärmesinn]] gehören. Sie vermitteln zwischen Innerem und Äußerem, [[Subjekt]]ives und [[Objekt]]ives vermischt und durchdringt sich hier beständig, weshalb bezüglich dieser Sinne bereits eine gewisse Erkenntnisunsicherheit aufkommt. Zwar tritt die [[Qualia|qualitative Wahrnehmung]] gegenüber dem gedanklichen Element stärker in den Vordergrund, doch ist sie mit einem deutlich geringeren Realitätsgefühl verbunden wie bei den Willenssinnen.
 
Die Erkenntnissinne ([[Gehörsinn]], [[Sprachsinn]], [[Denksinn]] und [[Ichsinn]]) sind ganz nach außen gerichtet. Wir sind von dem, was wir durch sie wahrnehmen ganz getrennt und mit ihrer eigentlichen [[Objektivität]] nicht unmittelbar verbunden, weshalb Rudolf Steiner gerade die äußeren Sinne mit Recht als [[subjektiv]] bezeichnet: {{"|''... richtig subjektiv sind gerade die ausgesprochen äußeren Sinne. Die müssen dasjenige, was durch sie wahrgenommen wird, im ausgesprochenen Sinne in unsere Menschlichkeit hereinbefördern.''||{{G|206|17}}}} Damit ist keineswegs gesagt, dass die äußeren Sinnesqualitäten selbst, also [[Farben]], [[Töne]] usw., subjektiv ''sind'', wohl aber, dass es uns zunächst schwer fällt, sie objektiv zu „ergreifen“.
 
== Physische und charakterliche Eigenschaften ==
 
Im Allgemeinen unterscheidet man zischen '''physischen Eigenschaften''', also solchen, die den Dingen direkt oder indirekt zukommen, und '''charakterlichen Eigenschaften''', speziell der Menschen. Erstere sind zumeist wertfrei, letztere sind immer auch bewertend, weil sie Aussagen über die als besonderen Wert angesehene Tugendhaftigkeit der Menschen machen.
 
* Siehe auch {{WikipediaDE|Persönlichkeitseigenschaft}}
 
== Wesentliche und unwesentliche Eigenschaften ==
 
Seit [[Aristoteles]] wird in der Philosophie ganz klar zwischen '''wesentlichen Eigenschaften''' ([[Essenz]]/[[Substanz]]) und '''unwesentlichen Eigenschaften''' ([[Akzidenz]]) unterschieden. Wesentliche Eigenschaften kommen einem Ding oder eine Sache "mit Notwendigkeit" zu, unwesentliche Eigenschaften nur "[[Zufall|zufällig]]", gehören also nicht notwendig zum [[Wesen]] des Dings oder der Sache, wie zum Beipiel die Farbe eines Autos. Demgegenüber ist es wesentlich, dass das Auto Räder hat und fahren kann. Andernfalls wäre es kaputt und nicht mehr ganz. Würde es hingegen Autos geben, die mit Hilfe von Antigravition über die Straßen schweben könnten, müsste man den Begriff Auto komplett neue definieren. Aber auch dann hätten wir wieder einen Kern von notwendigen Eigenschaften und eine beliebig große Menge nicht notwendiger, also rein zufälliger Eigenschaften. Aristoteles trifft diese Unterscheidung zwischen wesentlichen und unwesentlichen Eigenschaften vor allem in seiner [[Metaphysik (Aristoteles)|Metaphysik]].
 
== Tropen ==
 
Eine einzelne partikuläre Eigenschaft, z.B. ein ganz bestimmte „Röte“, wird in der zeitgenössischen [[Philosophie]] auch als '''Trope''' (von {{ELSalt|τρόπος}} ''tropos'' „Wende, Veränderung“; {{EnS|trope}}) bezeichnet. Der Begriff wurde [[Wikipedia:1953|1953]] von dem US-amerikanischer [[Philosoph]]en [[Wikipedia:Donald Cary Williams|Donald Cary Williams]] (1899-1983) eingeführt<ref>D.C. Williams: ''On the Elements of Being'', Review of Metaphysics 7: 3-18 & 171-192 (1953)</ref>. Er sah darin eine Alternative zu allen bisherigen nominalistischen und realistischen Versuchen, das [[Universalienproblem]] zu lösen. Seiner Ansicht nach sind die Eigenschaften, d.h. die Tropen, die eigentlichen und einzigen Bestandteile der [[Wirklichkeit]]. Sie bilden gleichsam ein „Alphabet des Seins“ (''Alphabet of Being''), aus dem alle anderen, komplexeren Entitäten aufgebaut sind. Diese seien aber ''keine'' [[Universalien]], sondern ''Partikularien'' (''abstract particulars, individual properties, individual qualities, property instances'') mit einzigartiger räumlich-zeitlicher Struktur.
 
Konkrete [[Ding]]e seien aus Bündeln von Eigenschaften (Tropen) zusammengesetzt, ohne dass dazu eine innere [[Substanz]] nötig wäre, die sie zusammenhält. Universelle Eigenschaften, die vielen Objekten gemeinsam sind, führt Williams auf die Ähnlichkeit der an ihnen beteiligten Tropen zurück. So enthalten etwa verschiedene rote Gegenstände ähnliche Farbtropen, die der Klasse „Rot“ angehören. Haben zwei Gegenstände die gleiche Farbe, so enthalten sie zwar ''numerisch'' unterschiedene, aber exakt gleiche Farbtropen. ''Keith Campbell''<ref>Keith Campbell: ''Abstract Particulars'', Oxford: Blackwell (1990), S. 2</ref> und ''Michael C. LaBossiere''<ref>Michael C. LaBossiere: „Substances and Substrata“, AJP 72: 360-370 (1994)</ref> erläutern den Unterschied zwischen Tropen und Universalien am Beispiel von sechs Erbsen, die exakt den gleichen grünen Farbton haben: Für den Tropen-Theoretiker liegen dann sechs exakt gleiche Grün-Tropen vor, während der Universalien-Realist in ihnen sechs Instanzen der einen und einzigen „Grünheit“ sieht. Letztere Position wurde etwa von [[David Armstrong]] vertreten<ref>[[David Armstrong|D.M. Armstrong]]: ''Universals. An Opinionated Introduction'', Boulder Colo./San Francisco/London 1989</ref>. Williams hingegen bezog eine [[Nominalismus|nominalistisch]]-[[Naturalismus|naturalistische]] Position. Die Existenz eigenständiger überräumlich-überzeitlicher [[idee]]ller Universalien bestritt er. Damit fehlt allerdings das geistige Band, dass die Tropen gesetzmäßig miteinander verbindet.
 
Eine [[Metaphysik|metaphysische]] Theorie die sowohl Tropen als auch Objekte, von denen diese abhängen, umfasst, entwickelte [[Edmund Husserl]] in seinen ''Logischen Untersuchungen''<ref>E. Husserl: ''Logische Untersuchungen'', III, Halle 1900/1901</ref>.
 
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Eigenschaft}}
* {{WikipediaDE|Attribut (Philosophie)}}
* {{WikipediaDE|Sinnesqualität}}
* {{WikipediaDE|Qualität}}
 
== Literatur ==
 
[[Maxwell R. Bennett]], [[Peter M. Hacker]], Axel Walter (Übers.): ''Die philosophischen Grundlagen der Neurowissenschaften'', Wissenschaftliche Buchgesellschaft (WBG) 2010, ISBN 978-3534228775, eBook ASIN B01A16QLUA
* [[Thomas Fuchs]]: ''Das Gehirn - ein Beziehungsorgan. Eine phänomenologisch-ökologische Konzeption.'' Kohlhammer, Stuttgart 2008, ISBN 978-3170297937, eBook {{ASIN|B01N0I5H72}}
* Rudolf Steiner: ''Menschenwerden, Weltenseele und Weltengeist – Zweiter Teil'', [[GA 206]] (1991), ISBN 3-7274-2060-X {{Vorträge|206}}
* Rudolf Steiner: ''Der Entstehungsmoment der Naturwissenschaft in der Weltgeschichte und ihre seitherige Entwickelung'', [[GA 326]] (1977), ISBN 3-7274-3260-8 {{Vorträge|326}}
 
{{GA}}
 
== Einzelnachweise ==
 
<references />
 
[[Kategorie:Philosophie]] [[Kategorie:Erkenntnistheorie]] [[Kategorie:Ontologie]]

Version vom 28. November 2019, 11:22 Uhr

Eine Eigenschaft (lat. attributum, proprietas, qualitas; eng. property; franz. propriété) ist ganz allgemein etwas, das einer Sache, einer Person, einem Begriff oder einer anderen Eigenschaft eigen ist. Handelt es sich dabei um eine Eigenschaft, die zum Wesen der Sache gehört, so ist sie eine wesentliche Eigenschaft oder Wesenseigenschaft. Alle zufälligen und mithin unwesentliche Eigenschaften, die also nicht unmittelbar das Sosein berühren, werden auch Akzidentien genannt.

Primäre und sekundäre Eigenschaften

Seit Demokrit unterscheidet man zwischen primären Eigenschaften und sekundären Eigenschaften, so auch bei John Locke. Primäre Eigenschaften seien dabei Eigenschaften, die den Dingen unmittelbar und direkt zukommen, sekundäre Eigenschaften hingegen solche, die ihnen "nicht" direkt zukommen, sondern erst eine Konstruktion unseres Gehirns seien, wie Farbe, Geruch oder Geschmack.

„Primäre Qualitäten nannte Locke zum Beispiel alles dasjenige, was sich auf die Gestalt der Körper, auf deren geometrische Eigentümlichkeit, auf das Zahlenmäßige bezieht, auf die Bewegung bezieht, auf die Größe und so weiter. Davon unterschied er dann alles dasjenige, was er die sekundären Qualitäten nennt, Farbe, Ton, Wärmeempfindung und so weiter. Und während er die primären Qualitäten in die Dinge selbst hineinverlegt, so daß er annimmt, es seien räumliche, körperliche Dinge da, welche Gestalt haben, geometrische Eigentümlichkeiten haben, Bewegungen haben, nimmt er an, daß alles dasjenige, was sekundäre Qualitäten sind, Farbe, Ton usw., nur Wirkungen auf den Menschen seien. Draußen in der Welt seien nur primäre Qualitäten in den Körpern. Irgend etwas, dem Größe, Gestalt, Bewegung zukommt, das aber finster, stumm und kalt ist, irgend etwas übt eine Wirkung aus, und diese Wirkung drückt sich eben aus darinnen, daß der Mensch einen Ton, eine Farbe, eine Wärmequalität usw. erlebt.“ (Lit.:GA 326, S. 85)

Wie problematisch diese Behauptung ist und keineswegs eine emprisch gesicherte Tatsache darstellt, betonen auch Max Bennett und Peter Hacker in „Die philosophischen Grundlagen der Neurowissenschaften“:

„Erstens muss hervorgehoben werden, dass wir es hier nicht mit einer empirischen Behauptung oder wissenschaftlichen Hypothese zu tun haben und schon gar nicht mit einer wissenschaftlichen Theorie, die experimentell untermauert werden kann oder untermauert wurde, sondern mit einer philosophischen oder begrifflichen Behauptung, die nur durch begriffliche Untersuchungen und apriorische Argumente bekräftigt oder entkräftet werden kann. Es gibt kein wissenschaftliches Experiment, mit dem man beweisen könnte, dass Gras, wie es an sich ist, nicht grün ist, sondern uns nur so vorkommt, dass Zucker nicht wirklich süß ist, sondern es nur zu sein scheint, oder dass Eis nicht wirklich kalt ist, sondern nur diesen Anschein in uns hervorruft etc. Alles, was eine wissenschaftliche Theorie leisten kann, besteht darin, die Prozesse zu erklären, durch die wir in der Lage sind, Farben, Klänge und thermische Qualitäten wahrzunehmen, und zu untersuchen, ob andere Tierspezies dieselben perzeptuellen Unterscheidungsvermögen haben. Es ist nicht möglich zu zeigen, dass die Dinge, die wir als farbige wahrnehmen, in Wahrheit keine Farbe haben, oder dass die Dinge, die wir als klangerzeugende wahrnehmen, nicht wirklich Klänge hervorbringen. Man kann zeigen, dass farbige Objekte Licht bestimmter Wellenlängen reflektieren, das unsere Augen und Gehirne in der und der Weise beeinflusst, was dazu führt, dass wir das sehen, was wir ‚ihre Farbe‘ nennen. Und man kann zeigen, dass ‚lärmende‘ Objekte Schallwellen verursachen, die unsere Ohren und Gehirne auf eine Weise beeinflussen, dass unser Hörvermögen zur Entfaltung gelangt. Natürlich wird kein Geräusch gehört, wenn nicht Schallwellen die Ohren eines Hörenden erreichen – daraus folgt jedoch nicht, dass es kein Geräusch gab, das zu hören war, dass Bäume still zu Boden fallen, wenn kein Hörender dabei ist. Die wissenschaftliche Forschung zeigt keineswegs, dass Gras nicht wirklich grün ist oder dass Cellos keinen reichen und vollen Klang haben. Sie stellt nicht fest, dass es keine Farben gibt, wenn ein Beobachter ‚fehlt‘, oder dass Klänge auf der Anwesenheit eines Hörers beruhen.“ (Lit.: Bennett, Hacker 2010, S. 289f.)

Dennoch hat Lockes Unterscheidung einen nachvollziehbaren Grund. Rudolf Steiner nennt 12 Sinne des Menschen, wobei er drei Gruppen unterscheidet, nämlich die Willenssinne, die Gefühlssinne und die Erkenntnissinne. Die Willenssinne, zu denen der Tastsinn, der Lebenssinn, der Eigenbewegungssinn und der Gleichgewichtssinn zählen, sind auf die Wahrnehmung des eigenen Körpers gerichtet, dessen Zustand sie aber ganz objektiv wahrnehmen. Obgleich ihre Wahrnehmungen nur sehr dumpf und unterschwellig erlebt werden, vermitteln sie ein starkes Realitätsgefühl. Weil die Wahrnehmung dieser Sinne nur sehr dumpf ist, tritt zugleich das gedankliche Element viel stärker in den Vordergrund und vermittelt den Eindruck unverrückbar scheinender Wahrheiten, wie wir sie etwa aus der Mathematik und Geometrie kennen, die in der objektiven Realität unseres Leibes begründet sind. Daraus resultiert der objektive Charakter, den Locke den primären Sinnesqualitäten zubilligt.

Die sekundären Sinnesqualitäten gehören hauptsächlich dem Bereich der Gefühlssinne an, zu denen der Geruchssinn, der Geschmackssinn, der Sehsinn und der Wärmesinn gehören. Sie vermitteln zwischen Innerem und Äußerem, Subjektives und Objektives vermischt und durchdringt sich hier beständig, weshalb bezüglich dieser Sinne bereits eine gewisse Erkenntnisunsicherheit aufkommt. Zwar tritt die qualitative Wahrnehmung gegenüber dem gedanklichen Element stärker in den Vordergrund, doch ist sie mit einem deutlich geringeren Realitätsgefühl verbunden wie bei den Willenssinnen.

Die Erkenntnissinne (Gehörsinn, Sprachsinn, Denksinn und Ichsinn) sind ganz nach außen gerichtet. Wir sind von dem, was wir durch sie wahrnehmen ganz getrennt und mit ihrer eigentlichen Objektivität nicht unmittelbar verbunden, weshalb Rudolf Steiner gerade die äußeren Sinne mit Recht als subjektiv bezeichnet: „... richtig subjektiv sind gerade die ausgesprochen äußeren Sinne. Die müssen dasjenige, was durch sie wahrgenommen wird, im ausgesprochenen Sinne in unsere Menschlichkeit hereinbefördern.“ (GA 206, S. 17) Damit ist keineswegs gesagt, dass die äußeren Sinnesqualitäten selbst, also Farben, Töne usw., subjektiv sind, wohl aber, dass es uns zunächst schwer fällt, sie objektiv zu „ergreifen“.

Physische und charakterliche Eigenschaften

Im Allgemeinen unterscheidet man zischen physischen Eigenschaften, also solchen, die den Dingen direkt oder indirekt zukommen, und charakterlichen Eigenschaften, speziell der Menschen. Erstere sind zumeist wertfrei, letztere sind immer auch bewertend, weil sie Aussagen über die als besonderen Wert angesehene Tugendhaftigkeit der Menschen machen.

Wesentliche und unwesentliche Eigenschaften

Seit Aristoteles wird in der Philosophie ganz klar zwischen wesentlichen Eigenschaften (Essenz/Substanz) und unwesentlichen Eigenschaften (Akzidenz) unterschieden. Wesentliche Eigenschaften kommen einem Ding oder eine Sache "mit Notwendigkeit" zu, unwesentliche Eigenschaften nur "zufällig", gehören also nicht notwendig zum Wesen des Dings oder der Sache, wie zum Beipiel die Farbe eines Autos. Demgegenüber ist es wesentlich, dass das Auto Räder hat und fahren kann. Andernfalls wäre es kaputt und nicht mehr ganz. Würde es hingegen Autos geben, die mit Hilfe von Antigravition über die Straßen schweben könnten, müsste man den Begriff Auto komplett neue definieren. Aber auch dann hätten wir wieder einen Kern von notwendigen Eigenschaften und eine beliebig große Menge nicht notwendiger, also rein zufälliger Eigenschaften. Aristoteles trifft diese Unterscheidung zwischen wesentlichen und unwesentlichen Eigenschaften vor allem in seiner Metaphysik.

Tropen

Eine einzelne partikuläre Eigenschaft, z.B. ein ganz bestimmte „Röte“, wird in der zeitgenössischen Philosophie auch als Trope (von griech. τρόπος tropos „Wende, Veränderung“; eng. trope) bezeichnet. Der Begriff wurde 1953 von dem US-amerikanischer Philosophen Donald Cary Williams (1899-1983) eingeführt[1]. Er sah darin eine Alternative zu allen bisherigen nominalistischen und realistischen Versuchen, das Universalienproblem zu lösen. Seiner Ansicht nach sind die Eigenschaften, d.h. die Tropen, die eigentlichen und einzigen Bestandteile der Wirklichkeit. Sie bilden gleichsam ein „Alphabet des Seins“ (Alphabet of Being), aus dem alle anderen, komplexeren Entitäten aufgebaut sind. Diese seien aber keine Universalien, sondern Partikularien (abstract particulars, individual properties, individual qualities, property instances) mit einzigartiger räumlich-zeitlicher Struktur.

Konkrete Dinge seien aus Bündeln von Eigenschaften (Tropen) zusammengesetzt, ohne dass dazu eine innere Substanz nötig wäre, die sie zusammenhält. Universelle Eigenschaften, die vielen Objekten gemeinsam sind, führt Williams auf die Ähnlichkeit der an ihnen beteiligten Tropen zurück. So enthalten etwa verschiedene rote Gegenstände ähnliche Farbtropen, die der Klasse „Rot“ angehören. Haben zwei Gegenstände die gleiche Farbe, so enthalten sie zwar numerisch unterschiedene, aber exakt gleiche Farbtropen. Keith Campbell[2] und Michael C. LaBossiere[3] erläutern den Unterschied zwischen Tropen und Universalien am Beispiel von sechs Erbsen, die exakt den gleichen grünen Farbton haben: Für den Tropen-Theoretiker liegen dann sechs exakt gleiche Grün-Tropen vor, während der Universalien-Realist in ihnen sechs Instanzen der einen und einzigen „Grünheit“ sieht. Letztere Position wurde etwa von David Armstrong vertreten[4]. Williams hingegen bezog eine nominalistisch-naturalistische Position. Die Existenz eigenständiger überräumlich-überzeitlicher ideeller Universalien bestritt er. Damit fehlt allerdings das geistige Band, dass die Tropen gesetzmäßig miteinander verbindet.

Eine metaphysische Theorie die sowohl Tropen als auch Objekte, von denen diese abhängen, umfasst, entwickelte Edmund Husserl in seinen Logischen Untersuchungen[5].

Siehe auch

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Einzelnachweise

  1. D.C. Williams: On the Elements of Being, Review of Metaphysics 7: 3-18 & 171-192 (1953)
  2. Keith Campbell: Abstract Particulars, Oxford: Blackwell (1990), S. 2
  3. Michael C. LaBossiere: „Substances and Substrata“, AJP 72: 360-370 (1994)
  4. D.M. Armstrong: Universals. An Opinionated Introduction, Boulder Colo./San Francisco/London 1989
  5. E. Husserl: Logische Untersuchungen, III, Halle 1900/1901

Unterkategorien

Diese Kategorie enthält die folgenden 3 Unterkategorien (3 insgesamt):

!

S

Seiten in der Kategorie „Postmoderne“

Diese Kategorie enthält nur die folgende Seite.