Simon Conway Morris und Konvergenztheorie (Evolution): Unterschied zwischen den Seiten

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'''Simon Conway Morris''' (* [[6. November]] [[1951]] in [[WikipediaEN:Carshalton|Carshalton]], [[w:Surrey|Surrey]]; Nachname: ''Conway Morris'') ist ein britischer [[Paläontologie|Paläontologe]]. Er wurde international bekannt als Erforscher der [[w:Fossil|Fossil]]ien des [[w:Burgess-Schiefer|Burgess-Schiefer]]s und als Hauptvertreter der [[Konvergenztheorie der Evolution]].
Die '''Konvergenztheorie der Evolution''' beschäftigt sich mit den langfristigen erdgeschichtlichen Formen der Entstehung des Lebens. Sie besagt, dass das Leben auf der Erde so entstehen musste wie es ist.
[[File:Heliconius mimicry.png|thumb|right|Heliconius Arten. Die Flügelmuster sind konvergent entstanden. Sie sind keine Variation eines gemeinsamen Vorfahren]]
Der Hauptvertreter der Konvergenztheorie ist der britische [[Paläontologie|Paläontologe]] und Evolutionsbiologe [[Simon Conway Morris]].<ref name="Conway-Morris-2008">Conway Morris, Simon: Jenseits des Zufalls. Wir Menschen im einsamen Universum. Berlin University Press 2008</ref> Die Konvergenztheorie geht von der Annahme aus, dass viele Funktionalitäten in der Evolution unabhängig entstanden sind. Beispiele sind die Flügel von Vögeln, Fledermäusen oder Hautflüglern oder das Auge. Selbst innerhalb bestimmter [[Taxon|Taxa]] wird konvergente Evolution angenommen, etwa bei den Flügelmustern von Schmetterlingen oder den [[Mundwerkzeuge]]n von Insekten. Hier ist es von ursprünglich beißend-kauenden Mundwerkzeugen zu verschiedenen abgeleiteten Funktionstypen gekommen, einerseits bei blütenbesuchenden Insekten die Ausbildung von [[Saugrüssel (Schmetterling)|Saugrüsseln]], die sehr effizient Nektar aufnehmen können, andererseits die Ausbildung unterschiedlicher stechend-saugender Mundwerkzeuge.


==Leben und Werk==
Flügel mussten entstehen, weil Luft existiert, Flossen mussten entstehen, weil Wasser existiert. [[Simon Conway Morris|Conway Morris]] spricht hier auf Grund der physikalischen Bedingungen auf der Erde von ''funktionalen Zwängen''.<ref name="Conway-Morris-2003">Conway Morris, Simon: Die Konvergenz des Lebens. In Fischer, Ernst Peter& Wiegandt, Klaus: Evolution. Geschichte und Zukunft des Lebens. Fischer TB 2003</ref> Das Leben entwickelt sich stabil, weil die Natur den Rahmen dafür bereitstellt. Die Richtung, die das Leben nimmt, ist damit auch zu einem bestimmten Grad voraussagbar, da sie unvermeidlich den selektiv-adaptiven Regeln folgt. Die Konvergenztheorie leugnet nicht den Einfluss von Kontingenzereignissen auf die Entwicklung des Lebens, wie etwa durch den Meteoriteneinschlag an der [[Kreide-Tertiär-Grenze]], argumentiert aber, dass solche Zufallsereignisse allenfalls aufschiebende Wirkung haben.


Conway Morris studierte Geologie an der [[w:University of Bristol|University of Bristol]] mit dem Bachelor-Abschluss 1972 und wurde 1975 bei [[w:Harry Blackmore Whittington|Harry Blackmore Whittington]] an der [[w:Universität Cambridge|Universität Cambridge]] promoviert. Im selben Jahr heiratete er Zoe Helen James, mit der er zwei Söhne hat. 1975 bis 1979 war er Research Fellow des St. Johns College in Cambridge und danach Lecturer an der Open University in Cambridge und ab 1991 Reader. 1987 wurde er Fellow des St. Johns College.  Er ist seit 1995 Professor of Evolutionary Palaeobiology am Department of Earth Sciences der britischen Universität Cambridge.
Bezüglich der Entstehung des Menschen geht Conway Morris so weit zu sagen, dass der Mensch bereits mit dem Urknall angelegt war. Früher oder später musste die Evolution zwangsläufig bei einer intelligenten Spezies ankommen. Die Entwicklung zu [[Komplexität]] und [[Intelligenz]] ist Programm.<ref name = "Conway Morris-2004" >Conway Morris, Simon: Aliens wie du und ich. In DIE ZEIT, 19. August 2004</ref>


1981 war er Gastwissenschaftler an der University of Calgary, 1988 Gastprofessor an der University of Kansas und 1992 Selby Fellow bei der Australian Academy of Sciences.
== Kritik ==
Die Konvergenztheorie steht im Widerspruch zur [[Kontingenztheorie (Evolution)|Kontingenztheorie]]. Da sie streng adaptionistisch argumentiert ([[Evolutionäre Anpassung]]), wird sie von solchen Evolutionstheoretikern negiert, die eine durchgängig adaptionistische Argumentation in der Evolution ablehnen, wie sie hauptsächlich in den USA vorherrscht ([[Synthetische Evolutionstheorie]]). Ein entschiedener Gegner der Theorie war [[Stephen Jay Gould]], der sich streng gegen jeden immanenten Fortschritt in der Evolution aussprach.<ref name="Gould-2004">Gould, Stephen J.: Illusion Fortschritt. Die vielfältigen Wege der Evolution. Fischer TB 3. Aufl. 2004</ref>


Neben der Burgess-Shale untersuchte er Fossilien aus dem Kambrium (und der [[Kambrische Explosion|Kambrischen Explosion]] weltweit. Er bezog auch die Molekularbiologie in paläontologische Forschung ein (molekulare Uhren u.&nbsp;a.).
Die Konvergenztheorie muss ferner die [[Analogie (Biologie)|Analogie]], also Unabhängigkeit in der evolutionären Entwicklung von Merkmalen, nachweisen bzw. sie muss nachweisen, dass solchen makroevolutionären Merkmalen keine nahen, gemeinsamen, [[Homologie (Biologie)|homologen]] sondern vielmehr analoge Entwicklungspfade zugrunde liegen.<ref name="Powell-2008">Powell, Russel: Reading the book of life: Contingency and Convergence in Macroevolution. (Diss. Duke University) 2008</ref> Je besser ihr das empirisch gelingt, desto überzeugender schafft sie die Grundlage für ihre adaptionistische Argumentation.


Mit Jean-Bernard Caron beschrieb er 2008 ''[[w:Metaspriggina|Metaspriggina]] walcotti'' aus dem Burgess Shale (schon von Walcott gefunden aber erst von Morris genauer untersucht), die sie mit einem Alter von 518 Millionen Jahren für das älteste Fischfossil halten.<ref>[http://theconversation.com/the-oldest-fish-in-the-world-lived-500-million-years-ago-27710 The oldest fish in the world lived 500 million years ago, The Conversation, 11. Juni 2014]</ref><ref>[http://www.nature.com/nature/journal/vaop/ncurrent/full/nature13414.html Morris, Caron, A primitive fish from the Cambrian of North America, Nature, Letter, 11. Juni 2014]</ref>
== Einzelnachweise ==
 
<references />
Er wurde zum Fellow der [[w:Royal Society|Royal Society]] gewählt. 1987 wurde er mit der [[w:Charles Doolittle Walcott Medal|Charles Doolittle Walcott Medal]] der [[w:National Academy of Sciences|National Academy of Sciences]] und 1998 mit der [[w:Lyell-Medaille|Lyell-Medaille]] der [[w:Geological Society of London|Geological Society of London]] ausgezeichnet. 1989 erhielt er den [[w:Charles Schuchert Award|Charles Schuchert Award]]. 1996 hielt  er die [[w:Weihnachtsvorlesung (Royal Institution)|Weihnachtsvorlesung der Royal Institution]] (The History in our Bones).
 
Conway Morris ist der Hauptvertreter der [[Konvergenztheorie (Evolution)|Konvergenztheorie]] in der Evolution. Danach entwickeln sich Tiere in der Evolution zu ähnlichen Formen, die sich optimal in ihrer ökologischen Nische behaupten, unabhängig von ihrer stammesgeschichtlichen Herkunft. Seiner Ansicht nach ist sogar die Entwicklung von Leben im Universum stark eingeschränkt auf ähnliche Formen wie auf der Erde.
 
{{LZ|Der in Cambridge lehrende Paläontologe Simon Conway
Morris legte 2003 ein viel beachtetes Buch vor, dessen deutscher und
auch amerikanischer Titel sein Forschungsprogramm deutlich machen:
''Jenseits des Zufalls, Life's Solution. Inevitable Humans in a Lonely Universe.'' Nicht nur die naturwissenschaftlichen Thesen, sondern
auch das letzte Kapitel seines Buches unter der Überschrift „Auf dem
Weg zu einer Theologie der Evolution“ stellen eine Provokation für die
atheistische Zufallsgläubigkeit dar. „Der Mensch ist kein Zufallsprodukt,
sondern das zwangsläufige und somit vorbestimmte Ergebnis
der kosmischen Evolution“ - so seine zentrale These. Wenn aber der
Mensch ein „unvermeidliches“ Ergebnis der Evolution wäre, dann könne
man in ihrem Wechselspiel von Variabilität und Selektion durchaus
eine anhaltende Schöpfung verstehen, die nicht des Eingriffs eines Intelligenten
Designers bedarf.
 
Der Schlüsselbegriff, mit dem Conway Morris eine Zwangsläufigkeit
der Evolution zu begründen sucht, ist der Begriff der „Konvergenz“.
Man versteht darunter die unabhängige Entwicklung ähnlicher Organe
oder Baupläne in stammesgeschichtlich nur entfernt verwandten
Gruppen von Lebewesen als Ergebnis vergleichbarer Anpassungsleistungen.
Zu den bekanntesten Erzeugnissen konvergenter Entwicklung
zählen die Linsenaugen von Wirbeltieren, Kopffüßern und manchen
Ringelwürmern. Obwohl die genannten Tiergruppen in der biologischen
Systematik weit voneinander entfernt sind und sich wahrscheinlich
schon 540 Millionen Jahre lang, also seit der kambrischen Explosion,
getrennt entwickelt haben, weisen ihre Augen einen sehr ähnlichen
Aufbau und eine praktisch identische Funktion auf.|A. Ziemke, S. 84}}
 
== Schriften (Auswahl)==
* ''A new metazoan from the Cambrian Burgess Shale of British Columbia.'' In: ''Palaeontology.'' Band 20, 1977, S. 623–640.
* ''The Crucible of Creation: The Burgess Shale and the Rise of Animals.'' Oxford University Press, 1998.
* ''Jenseits des Zufalls. Wir Menschen im einsamen Universum.'' Berlin University Press, 2008, ISBN 978-3-940432-07-0 (deutsche Fassung von: ''Life’s Solution: Inevitable humans in a Lonely Universe.'' Cambridge University Press, 2003).
*mit K. W. Barthel, N. H. M. Swinburne: Solnhofen. A study in mesozoic paleontology, Cambridge University Press 1990 (beruhend auf dem deutschen Buch von K. Werner Barthel 1978)
*The question of metazoan monophyly and the fossil record, in Werner E. G. Müller, Molecular evolution: towards the origin of metazoa, Springer 1998, S. 1–20
*Herausgeber: The Deep Structure of Biology. Is convergence sufficiently ubiquitous to give a directional signal ?, Templeton Foundation Press 2008
*Herausgeber mit J. D. George, R. Gibson, H. M. Platt: The origins and relationships of lower invertebrates, Clarendon Press 1985
 
==Literatur==
*Alexander E. Gates: Earth Scientists from A to Z, Facts on File, 2003
* Axel Ziemke: ''Alle Schöpfung ist Werk der Natur: Die Wiedergeburt von Goethes Metamorphosenidee in der Evolutionären Entwicklungsbiologie'', Info3 Verlag 2015, ISBN 978-3957790309


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://www.esc.cam.ac.uk/directory/simon-conway-morris Persönliche Webseite am ''Department of Earth Sciences'' der Universität Cambridge]
* [http://re-visionen.net/eckart-loehr-rezension-gluecksfall-mensch-von-jonathan-losos/ Determinismus und Kontingenz. Eckart Löhr über das Buch ''Glücksfall Mensch'' von Jonathan B. Losos]
* {{DDB|Person|129430471}}
* [http://www.dradio.de/dlf/sendungen/forschak/497473/ Interview ''Überlebende des Umbruchs''] auf [[w:Deutschlandfunk|Deutschlandfunk]]
* [http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/thema/392795/ Interview, Deutschlandradio Kultur 2005]
 
==Einzelnachweise==
<references />
 
{{Normdaten|TYP=p|GND=129430471|LCCN=n/85/284883|VIAF=79541116}}


{{SORTIERUNG:Conway Morris, Simon}}
[[Kategorie:Evolution]]
[[Kategorie:Paläontologe]]
[[Kategorie:Brite]]
[[Kategorie:Geboren 1951]]
[[Kategorie:Mann]]


{{Wikipedia}}
{{Wikipedia}}

Version vom 1. Dezember 2018, 09:10 Uhr

Die Konvergenztheorie der Evolution beschäftigt sich mit den langfristigen erdgeschichtlichen Formen der Entstehung des Lebens. Sie besagt, dass das Leben auf der Erde so entstehen musste wie es ist.

Heliconius Arten. Die Flügelmuster sind konvergent entstanden. Sie sind keine Variation eines gemeinsamen Vorfahren

Der Hauptvertreter der Konvergenztheorie ist der britische Paläontologe und Evolutionsbiologe Simon Conway Morris.[1] Die Konvergenztheorie geht von der Annahme aus, dass viele Funktionalitäten in der Evolution unabhängig entstanden sind. Beispiele sind die Flügel von Vögeln, Fledermäusen oder Hautflüglern oder das Auge. Selbst innerhalb bestimmter Taxa wird konvergente Evolution angenommen, etwa bei den Flügelmustern von Schmetterlingen oder den Mundwerkzeugen von Insekten. Hier ist es von ursprünglich beißend-kauenden Mundwerkzeugen zu verschiedenen abgeleiteten Funktionstypen gekommen, einerseits bei blütenbesuchenden Insekten die Ausbildung von Saugrüsseln, die sehr effizient Nektar aufnehmen können, andererseits die Ausbildung unterschiedlicher stechend-saugender Mundwerkzeuge.

Flügel mussten entstehen, weil Luft existiert, Flossen mussten entstehen, weil Wasser existiert. Conway Morris spricht hier auf Grund der physikalischen Bedingungen auf der Erde von funktionalen Zwängen.[2] Das Leben entwickelt sich stabil, weil die Natur den Rahmen dafür bereitstellt. Die Richtung, die das Leben nimmt, ist damit auch zu einem bestimmten Grad voraussagbar, da sie unvermeidlich den selektiv-adaptiven Regeln folgt. Die Konvergenztheorie leugnet nicht den Einfluss von Kontingenzereignissen auf die Entwicklung des Lebens, wie etwa durch den Meteoriteneinschlag an der Kreide-Tertiär-Grenze, argumentiert aber, dass solche Zufallsereignisse allenfalls aufschiebende Wirkung haben.

Bezüglich der Entstehung des Menschen geht Conway Morris so weit zu sagen, dass der Mensch bereits mit dem Urknall angelegt war. Früher oder später musste die Evolution zwangsläufig bei einer intelligenten Spezies ankommen. Die Entwicklung zu Komplexität und Intelligenz ist Programm.[3]

Kritik

Die Konvergenztheorie steht im Widerspruch zur Kontingenztheorie. Da sie streng adaptionistisch argumentiert (Evolutionäre Anpassung), wird sie von solchen Evolutionstheoretikern negiert, die eine durchgängig adaptionistische Argumentation in der Evolution ablehnen, wie sie hauptsächlich in den USA vorherrscht (Synthetische Evolutionstheorie). Ein entschiedener Gegner der Theorie war Stephen Jay Gould, der sich streng gegen jeden immanenten Fortschritt in der Evolution aussprach.[4]

Die Konvergenztheorie muss ferner die Analogie, also Unabhängigkeit in der evolutionären Entwicklung von Merkmalen, nachweisen bzw. sie muss nachweisen, dass solchen makroevolutionären Merkmalen keine nahen, gemeinsamen, homologen sondern vielmehr analoge Entwicklungspfade zugrunde liegen.[5] Je besser ihr das empirisch gelingt, desto überzeugender schafft sie die Grundlage für ihre adaptionistische Argumentation.

Einzelnachweise

  1. Conway Morris, Simon: Jenseits des Zufalls. Wir Menschen im einsamen Universum. Berlin University Press 2008
  2. Conway Morris, Simon: Die Konvergenz des Lebens. In Fischer, Ernst Peter& Wiegandt, Klaus: Evolution. Geschichte und Zukunft des Lebens. Fischer TB 2003
  3. Conway Morris, Simon: Aliens wie du und ich. In DIE ZEIT, 19. August 2004
  4. Gould, Stephen J.: Illusion Fortschritt. Die vielfältigen Wege der Evolution. Fischer TB 3. Aufl. 2004
  5. Powell, Russel: Reading the book of life: Contingency and Convergence in Macroevolution. (Diss. Duke University) 2008

Weblinks


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