Konvergenztheorie (Evolution) und Mary Jane West-Eberhard: Unterschied zwischen den Seiten

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Die '''Konvergenztheorie der Evolution''' beschäftigt sich mit den langfristigen erdgeschichtlichen Formen der Entstehung des Lebens. Sie besagt, dass das Leben auf der Erde so entstehen musste wie es ist.
'''Mary Jane West-Eberhard''' (* [[20. August]] [[1941]] in [[w:Pontiac (Michigan)|Pontiac]], [[w:Michigan|Michigan]])<ref>Lebens- und Karrieredaten nach ''American Men and Women of Science'', Thomson Gale 2004</ref> ist eine [[w:Vereinigte Staaten|US-amerikanische]] [[Entomologe|Entomologin]] und Evolutionsbiologin. Sie gilt als bedeutende Vertreterin der [[Evolutionäre Entwicklungsbiologie|Evolutionären Entwicklungsbiologie]] und als einer der Hauptvertreter der [[Erweiterte Synthese (Evolutionstheorie)|Erweiterten Synthese in der Evolutionstheorie]].
[[File:Heliconius mimicry.png|thumb|right|Heliconius Arten. Die Flügelmuster sind konvergent entstanden. Sie sind keine Variation eines gemeinsamen Vorfahren]]
Der Hauptvertreter der Konvergenztheorie ist der britische [[Paläontologie|Paläontologe]] und Evolutionsbiologe [[Simon Conway Morris]].<ref name="Conway-Morris-2008">Conway Morris, Simon: Jenseits des Zufalls. Wir Menschen im einsamen Universum. Berlin University Press 2008</ref> Die Konvergenztheorie geht von der Annahme aus, dass viele Funktionalitäten in der Evolution unabhängig entstanden sind. Beispiele sind die Flügel von Vögeln, Fledermäusen oder Hautflüglern oder das Auge. Selbst innerhalb bestimmter [[Taxon|Taxa]] wird konvergente Evolution angenommen, etwa bei den Flügelmustern von Schmetterlingen oder den [[Mundwerkzeuge]]n von Insekten. Hier ist es von ursprünglich beißend-kauenden Mundwerkzeugen zu verschiedenen abgeleiteten Funktionstypen gekommen, einerseits bei blütenbesuchenden Insekten die Ausbildung von [[Saugrüssel (Schmetterling)|Saugrüsseln]], die sehr effizient Nektar aufnehmen können, andererseits die Ausbildung unterschiedlicher stechend-saugender Mundwerkzeuge.


Flügel mussten entstehen, weil Luft existiert, Flossen mussten entstehen, weil Wasser existiert. [[Simon Conway Morris|Conway Morris]] spricht hier auf Grund der physikalischen Bedingungen auf der Erde von ''funktionalen Zwängen''.<ref name="Conway-Morris-2003">Conway Morris, Simon: Die Konvergenz des Lebens. In Fischer, Ernst Peter& Wiegandt, Klaus: Evolution. Geschichte und Zukunft des Lebens. Fischer TB 2003</ref> Das Leben entwickelt sich stabil, weil die Natur den Rahmen dafür bereitstellt. Die Richtung, die das Leben nimmt, ist damit auch zu einem bestimmten Grad voraussagbar, da sie unvermeidlich den selektiv-adaptiven Regeln folgt. Die Konvergenztheorie leugnet nicht den Einfluss von Kontingenzereignissen auf die Entwicklung des Lebens, wie etwa durch den Meteoriteneinschlag an der [[Kreide-Tertiär-Grenze]], argumentiert aber, dass solche Zufallsereignisse allenfalls aufschiebende Wirkung haben.
== Leben ==
West-Eberhard studierte an der [[w:University of Michigan|University of Michigan]] Zoologie mit dem Bachelor-Abschluss 1963, dem Master-Abschluss 1964 und der Promotion bei [[w:Richard D. Alexander|Richard D. Alexander]] 1967. Als [[w:Post-Doktorand|Post-Doktorand]]in war sie an der [[w:Harvard University|Harvard University]] bei [[w:Howard Ensign Evans|Howard Ensign Evans]]. 1969 bis 1979 forschte sie an der [[w:Universidad del Valle|Universidad del Valle]] in [[w:Cali|Cali]] in [[w:Kolumbien|Kolumbien]]. Seit 1973 war sie auch mit dem [[w:Smithsonian Tropical Research Institute|Smithsonian Tropical Research Institute]] in [[w:Panama|Panama]] verbunden, an dem sie seit 1975 fest angestellt war. Außerdem steht sie in Zusammenarbeit mit der Universität von [[w:Costa Rica|Costa Rica]].


Bezüglich der Entstehung des Menschen geht Conway Morris so weit zu sagen, dass der Mensch bereits mit dem Urknall angelegt war. Früher oder später musste die Evolution zwangsläufig bei einer intelligenten Spezies ankommen. Die Entwicklung zu [[Komplexität]] und [[Intelligenz]] ist Programm.<ref name = "Conway Morris-2004" >Conway Morris, Simon: Aliens wie du und ich. In DIE ZEIT, 19. August 2004</ref>
Sie forscht vor allem über soziale Wespen der Tropen und studierte daran Mechanismen der Evolution. Zum Beispiel betonte sie die Rolle sexueller Auslese (soziale Konkurrenz unter Männern) für die Artbildung und die Rolle alternativer Phänotypen ([[Polymorphismus]], [[Polyphänismus]]) als Basis für die natürliche Auslese in der Evolutionstheorie, wofür sie den Begriff [[Erweiterte Synthese (Evolutionstheorie)#Entwicklungsplastizität|''Phänotypische Plastizität'']] prägte und eine Monographie schrieb. Phänotypische Plastizität ist dabei eine angeborene Fähigkeit der Individuen, ihre äußere Erscheinung (Phänotyp) während der Entwicklung zum Erwachsenenstadium ([[Ontogenese]]) zu ändern und eventuell geänderten Umweltbedingungen anzupassen (Anpassung des Phänotyps, ''Developmental Recombination'', ohne genetische Veränderung). Das ist nach ihr der primäre Ansatzpunkt der natürlichen Auslese, die Übernahme in den genetischen ''Bauplan'' erfolgt dann sukzessive durch zufällige Mutationen, wobei Individuen, in denen der geänderte Phänotyp schon genetisch verankert ist selektive Vorteile haben ([[Genetische Assimilation|''Genetic Accomodation'']]).<ref>Siehe zum Beispiel ihren Aufsatz ''Developmental plasticity and the origin of species differences'', Proc. Nat. Acad. 2005, siehe Literatur</ref>


== Kritik ==
== Eintreten für die Erweiterung der Synthese in der Evolutionstheorie ==
Die Konvergenztheorie steht im Widerspruch zur [[Kontingenztheorie (Evolution)|Kontingenztheorie]]. Da sie streng adaptionistisch argumentiert ([[Evolutionäre Anpassung]]), wird sie von solchen Evolutionstheoretikern negiert, die eine durchgängig adaptionistische Argumentation in der Evolution ablehnen, wie sie hauptsächlich in den USA vorherrscht ([[Synthetische Evolutionstheorie]]). Ein entschiedener Gegner der Theorie war [[Stephen Jay Gould]], der sich streng gegen jeden immanenten Fortschritt in der Evolution aussprach.<ref name="Gould-2004">Gould, Stephen J.: Illusion Fortschritt. Die vielfältigen Wege der Evolution. Fischer TB 3. Aufl. 2004</ref>
In Ihrem Hauptwerk mit 800 Seiten, an dem ca. 100 Biologen mitwirkten und das zahlreiche empirische Studien enthält, liefert West-Eberhard eine umfassenden Kritik an der auf Darwin basierenden [[Synthetische Evolutionstheorie|Synthetischen Evolutionstheorie]] und fordert ein neues Rahmenkonzept für eine vereinte Evolutionstheorie, die Entwicklung, Umwelt und Plastizität als ursächliche Faktoren der Evolution aufgreift.<ref>Mary Jane West-Eberhard. Developmental Plasticity and Evolution. Oxford University Press. 2003</ref>


Die Konvergenztheorie muss ferner die [[Analogie (Biologie)|Analogie]], also Unabhängigkeit in der evolutionären Entwicklung von Merkmalen, nachweisen bzw. sie muss nachweisen, dass solchen makroevolutionären Merkmalen keine nahen, gemeinsamen, [[Homologie (Biologie)|homologen]] sondern vielmehr analoge Entwicklungspfade zugrunde liegen.<ref name="Powell-2008">Powell, Russel: Reading the book of life: Contingency and Convergence in Macroevolution. (Diss. Duke University) 2008</ref> Je besser ihr das empirisch gelingt, desto überzeugender schafft sie die Grundlage für ihre adaptionistische Argumentation.
== Schriften ==
* The Social Biology of Polistine Wasps. Misc. Publ. Univ. Mich. Mus. Zool. 140, 1969, S.&nbsp;1–101.
* mit Howard E. Evans: Wasps, University of Michigan Press, Ann Arbor 1970
* The evolution of social behavior by kin selection, Quart. Rev. Biol., 50, 1975, S.&nbsp;1–33.
* Sexual selection, social competition, and speciation, Quart. Rev. Biol., Band 58, 1983, S.&nbsp;155–183.
* Flexible strategy and social evolution, in: Y. Ito, J. L. Brown, J. Kikkawa (Herausgeber), Animal societies: Theories and facts, Japan Scientific Societies Press, Tokio 1987, S.&nbsp;35–51.
* Phenotypic plasticity and the origins of diversity, Ann. Rev. Ecol. Syst., Band 20, 1989, S.&nbsp;249–278.
* Developmental plasticity and the origin of species differences Proceedings National Academy of Sciences USA 102, 2005, Suppl. 1, S.&nbsp;6543–6549, [https://chd.ucsd.edu/_files/winter2009/west-eberhard.2005.pdf PDF]
* Wasp societies as microcosms for the study of development and evolution, in: M.-J. West-Eberhard, S. Turilazzi (Herausgeber), Natural history and evolution of paper wasps, Oxford University Press, 1996, S.&nbsp;290–317.
* Developmental Plasticity and Evolution, Oxford University Press 2003
* The maintenance of sex as a developmental trap due to sexual selection, Quarterly Review of Biology, Band 80, 2005, S.&nbsp;47–53.
* Phenotypic Accommodation: Adaptive Innovation Due to Developmental Plasticity, Journal of Experimental Zoology, Part B: Molecular and Developmental Evolution, Band 304, 2005, S.&nbsp;610–618.
* Toward a Modern Revival of Darwin's Theory of Evolutionary Novelty, Philosophy of Science, Band 75, 2008, S.&nbsp;899–908.


== Einzelnachweise ==
== Siehe auch ==
* [[Evolutionäre Entwicklungsbiologie]]
 
== Weblinks ==
* [http://www.stri.si.edu/english/scientific_staff/staff_scientist/scientist.php?id=35 Webseite am Smithsonian Tropical Research Institute]
 
== Einzelnachweise und Anmerkungen ==
<references />
<references />


== Weblinks ==
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* [http://re-visionen.net/eckart-loehr-rezension-gluecksfall-mensch-von-jonathan-losos/ Determinismus und Kontingenz. Eckart Löhr über das Buch ''Glücksfall Mensch'' von Jonathan B. Losos]


[[Kategorie:Evolution]]
{{SORTIERUNG:WestEberhard, Mary Jane}}
[[Kategorie:Entomologe]]
[[Kategorie:Evolutionsbiologe]]
[[Kategorie:Hochschullehrer]]
[[Kategorie:US-Amerikaner]]
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[[Kategorie:Frau]]


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{{Wikipedia}}

Version vom 2. Dezember 2018, 17:32 Uhr

Mary Jane West-Eberhard (* 20. August 1941 in Pontiac, Michigan)[1] ist eine US-amerikanische Entomologin und Evolutionsbiologin. Sie gilt als bedeutende Vertreterin der Evolutionären Entwicklungsbiologie und als einer der Hauptvertreter der Erweiterten Synthese in der Evolutionstheorie.

Leben

West-Eberhard studierte an der University of Michigan Zoologie mit dem Bachelor-Abschluss 1963, dem Master-Abschluss 1964 und der Promotion bei Richard D. Alexander 1967. Als Post-Doktorandin war sie an der Harvard University bei Howard Ensign Evans. 1969 bis 1979 forschte sie an der Universidad del Valle in Cali in Kolumbien. Seit 1973 war sie auch mit dem Smithsonian Tropical Research Institute in Panama verbunden, an dem sie seit 1975 fest angestellt war. Außerdem steht sie in Zusammenarbeit mit der Universität von Costa Rica.

Sie forscht vor allem über soziale Wespen der Tropen und studierte daran Mechanismen der Evolution. Zum Beispiel betonte sie die Rolle sexueller Auslese (soziale Konkurrenz unter Männern) für die Artbildung und die Rolle alternativer Phänotypen (Polymorphismus, Polyphänismus) als Basis für die natürliche Auslese in der Evolutionstheorie, wofür sie den Begriff Phänotypische Plastizität prägte und eine Monographie schrieb. Phänotypische Plastizität ist dabei eine angeborene Fähigkeit der Individuen, ihre äußere Erscheinung (Phänotyp) während der Entwicklung zum Erwachsenenstadium (Ontogenese) zu ändern und eventuell geänderten Umweltbedingungen anzupassen (Anpassung des Phänotyps, Developmental Recombination, ohne genetische Veränderung). Das ist nach ihr der primäre Ansatzpunkt der natürlichen Auslese, die Übernahme in den genetischen Bauplan erfolgt dann sukzessive durch zufällige Mutationen, wobei Individuen, in denen der geänderte Phänotyp schon genetisch verankert ist selektive Vorteile haben (Genetic Accomodation).[2]

Eintreten für die Erweiterung der Synthese in der Evolutionstheorie

In Ihrem Hauptwerk mit 800 Seiten, an dem ca. 100 Biologen mitwirkten und das zahlreiche empirische Studien enthält, liefert West-Eberhard eine umfassenden Kritik an der auf Darwin basierenden Synthetischen Evolutionstheorie und fordert ein neues Rahmenkonzept für eine vereinte Evolutionstheorie, die Entwicklung, Umwelt und Plastizität als ursächliche Faktoren der Evolution aufgreift.[3]

Schriften

  • The Social Biology of Polistine Wasps. Misc. Publ. Univ. Mich. Mus. Zool. 140, 1969, S. 1–101.
  • mit Howard E. Evans: Wasps, University of Michigan Press, Ann Arbor 1970
  • The evolution of social behavior by kin selection, Quart. Rev. Biol., 50, 1975, S. 1–33.
  • Sexual selection, social competition, and speciation, Quart. Rev. Biol., Band 58, 1983, S. 155–183.
  • Flexible strategy and social evolution, in: Y. Ito, J. L. Brown, J. Kikkawa (Herausgeber), Animal societies: Theories and facts, Japan Scientific Societies Press, Tokio 1987, S. 35–51.
  • Phenotypic plasticity and the origins of diversity, Ann. Rev. Ecol. Syst., Band 20, 1989, S. 249–278.
  • Developmental plasticity and the origin of species differences Proceedings National Academy of Sciences USA 102, 2005, Suppl. 1, S. 6543–6549, PDF
  • Wasp societies as microcosms for the study of development and evolution, in: M.-J. West-Eberhard, S. Turilazzi (Herausgeber), Natural history and evolution of paper wasps, Oxford University Press, 1996, S. 290–317.
  • Developmental Plasticity and Evolution, Oxford University Press 2003
  • The maintenance of sex as a developmental trap due to sexual selection, Quarterly Review of Biology, Band 80, 2005, S. 47–53.
  • Phenotypic Accommodation: Adaptive Innovation Due to Developmental Plasticity, Journal of Experimental Zoology, Part B: Molecular and Developmental Evolution, Band 304, 2005, S. 610–618.
  • Toward a Modern Revival of Darwin's Theory of Evolutionary Novelty, Philosophy of Science, Band 75, 2008, S. 899–908.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Lebens- und Karrieredaten nach American Men and Women of Science, Thomson Gale 2004
  2. Siehe zum Beispiel ihren Aufsatz Developmental plasticity and the origin of species differences, Proc. Nat. Acad. 2005, siehe Literatur
  3. Mary Jane West-Eberhard. Developmental Plasticity and Evolution. Oxford University Press. 2003


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