Kataklysmentheorie und Kategorie:Geschichte der Geologie: Unterschied zwischen den Seiten

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Die '''Kataklysmentheorie''' ([[Latein|lat.]] ''cataclysmus'', zu [[Griechische Sprache|griech.]] ''kataklysmos'' „Überschwemmung“), auch Katastrophentheorie oder [[Katastrophismus]], bezeichnet eine geowissenschaftliche [[Theorie]] des 18. und 19. Jahrhunderts, die sich die innerhalb der oberen [[Erdkruste]] beobachtete Aufeinanderfolge von Lebewesen und Lebensgemeinschaften als Ergebnis von wiederholten weltweiten [[Katastrophe]]n ([[Kataklysmus|Kataklysmen]]) mit jeweils nachfolgender Neuschöpfung dachte.
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[[Kategorie:Geschichte der Geologie|!]]
== Definition ==
[[Kategorie:Geologie]]
 
Die Theorie basiert auf der Annahme, dass der Unterschied der Faunen und Floren zwischen den einzelnen geologischen Zeiten nur durch das Eintreten großer Katastrophen (Kataklysmen) erklärbar sei, die plötzlich und ohne alle Zwischenstufen die Mehrzahl der Lebewesen eines Gebietes vernichtet hätten. Im Anschluss daran seien Tiere und Pflanzen entweder durch Neuschöpfung entstanden oder aus anderen Gebieten eingewandert.
 
== Vertreter und Kontrahenten ==
Der exponierteste Vertreter der Kataklysmentheorie war der französische Naturwissenschaftler [[Georges Cuvier]] (1769–1832).<ref>Georges Cuvier: ''Discours sur les Révolutions de la surface du Globe, et sur les changemens qu'elles ont produits dans le règne animal''. Dufour et d'Ocagne, Paris 1825 (deutsch: ''Cuvier's Ansichten von der Urwelt'', Weber, Bonn 1822; ''Die Umwälzungen der Erdrinde in naturwissenschaftlicher und geschichtlicher Beziehung'', 2. Aufl., 2 Bände, Weber, Bonn 1830) - {{Google Buch | BuchID  = o3IOAAAAQAAJ | Linktext = Volltext}}</ref> Cuvier galt lange als der bekannteste Verfechter des Katastrophismus, dem zufolge in der Erdgeschichte wiederholt große Katastrophen einen Großteil der Lebewesen vernichteten und aus den verbliebenen Arten in darauf folgenden Phasen neues Leben entstanden sei. Die Legende, Cuvier habe nach jeder Katastrophe eine Neuschöpfung durch Gott postuliert, wurde von seinem Gegner, dem britischen Geologen [[Charles Lyell]] (1797–1875), verbreitet.
 
Cuvier schloss sich dem [[Carl von Linné|Linné]]schen [[Art (Biologie)|Spezies]]begriff an. Die  einzelnen Arten sind bei ihm unabhängig voneinander erschaffen worden und unveränderlich. Er war ein Gegner der [[Jean-Baptiste de Lamarck#Evolutionstheorie|Lamarck]]schen Deszendenzlehre (Abstammungslehre) und der Theorie von der Vererbbarkeit erworbener Merkmale.<ref>Herbert Wendt: ''Ich suchte Adam. Die Entdeckung des Menschen.'' Neu durchges. u. erw. Ausg., Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1978, 502 S.; ISBN 3-499-16631-3 (rororo-Sachbuch)</ref>
Er vertritt somit konsequent das Prinzip der Artkonstanz. Er erkannte aber bei seinen paläontologischen Forschungen, dass die Formen der einzelnen Schichten der Rezentfauna umso unähnlicher werden, je tiefer gelegene – also ältere – Schichten man betrachtet. Dies interpretierte er so, dass die einzelnen Organismengruppen in den Schichten unabhängig voneinander entstanden seien. Die Geschichte der Erde zerfalle also in völlig voneinander unabhängige, durch Kataklysmen getrennte Perioden. Diese Kataklysmen hätten jeweils zu einem lokalen Massensterben geführt, aus anderen Regionen seien dann fremdartige Formen eingewandert.
 
Cuvier hatte großen gesellschaftlichen Einfluss (siehe hierzu auch [[Pariser Akademiestreit]] von 1830), und seine Kataklysmentheorie fand während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts viele Epigonen. So ist hier z.&nbsp;B. [[Alcide Dessalines d’Orbigny]] (1802–1857) zu nennen, der nach einer mehrjährigen Reise durch Südamerika an das [[Muséum national d’histoire naturelle]] in Paris zurückkehrte und eine mehrbändige Darstellung über die Fossilien  Frankreichs verfasste, darunter einen Band über den [[Jura (Gebirge)|Jura]]. Diesen teilte er in zehn Etappen, die er im Sinne des Katastrophismus durch Kataklysmen klar voneinander abgrenzte. 
 
Lyell führte dagegen den Grundsatz des [[Aktualismus (Geologie)|Aktualismus]] in die [[Geologie]] ein, der besagt, dass in der [[Erdgeschichte]] nur solche Kräfte an der Gestaltung der [[Erde]] gewirkt hätten, die auch heute noch zu beobachten sind. Die oft abrupt wirkenden Übergänge zwischen verschiedenen Schichtfolgen und Faunenschnitte erklärt der Aktualismus nicht als Ergebnis plötzlicher und kurz andauernder weltumwälzender Katastrophen, sondern als Überlieferungslücken und als Folge der außerordentlich langen Dauer geologischer Prozesse. Der Aktualismus war eine der Voraussetzungen für die Entwicklung der [[Evolutionstheorie]] von [[Charles Darwin]].
 
== Bewertung aus heutiger Sicht ==
Eine überraschende Wiederbelebung der Vorstellungen der Kataklysmentheorie und damit eine Relativierung des Prinzips des Aktualismus brachte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Erkenntnis, dass die Erde, wie andere Himmelskörper auch, in ihrer Geschichte viele Male dem [[Impakt|Einschlag]] großer [[Meteorit]]en, [[Asteroid]]en und [[Komet]]en ausgesetzt war, die tatsächlich weltweite Katastrophen allergrößten Ausmaßes bewirkten.
 
Seit einigen Jahren mehren sich die Hinweise, dass neben kosmischen Katastrophen – wie Asteroiden- und Kometentreffern, Strahlungsausbrüchen erdnaher [[Supernova]]-Ereignisse oder Bahnveränderungen im [[Sonnensystem]] – auch erdgebundene Vorgänge kurzfristig gravierende planetenweite Veränderungen im Sinne der Kataklysmentheorie herbeiführen können. Dazu zählen zum Beispiel Calderenausbrüche ([[Yellowstone (Vulkan)|Yellowstone]]-[[Caldera (Krater)|Caldera]]) mit nachfolgendem [[vulkanischer Winter|vulkanischen Winter]], sowie Super-Erdbeben und damit verbundene [[Tsunami]]s.
 
Als gesichert gilt heute, dass es wiederholt erdgeschichtliche Katastrophen gab und dass die [[Massenaussterben]] mit ihnen in Verbindung stehen, wobei viele Einzelheiten noch umstritten sind. Als Erklärungsmodell für das Auftreten neuer Arten hat sich demgegenüber die [[Evolutionstheorie]] durchgesetzt.
 
Aus heutiger Sicht ist der doktrinär geführte akademische Streit überwunden. Die Kataklysmentheorie (Katastrophentheorie) ist als sinnvolle Ergänzung der Evolutionstheorie anzusehen und für das Verständnis der Entwicklung des Lebens auf der Erde unabdingbare Voraussetzung.
 
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Kataklysmentheorie}}
 
== Weblinks ==
* [https://www.zdf.de/sender/zdfinfo/apokalypse-urzeit-100.html Apokalypse Urzeit], Deutschland 2013, zdf info
* [http://www.zdf.de/ZDF/zdfportal/programdata/08f09dee-c131-3898-beea-3efa0cea90b0/20245028 Katastrophen der Erdgeschichte], Großbritannien 2008, zdf info
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
[[Kategorie:Geschichte der Geologie]]
[[Kategorie:Geschichte der Paläontologie]]
[[Kategorie:Evolution]]
[[Kategorie:Überholte Theorie (Geowissenschaften)]]
[[Kategorie:Georges Cuvier]]
 
{{Wikipedia}}

Version vom 7. Dezember 2018, 00:17 Uhr