Fjodor Michailowitsch Dostojewski und Brotvermehrung: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:Vasily Perov - Портрет Ф.М.Достоевского - Google Art Project.jpg|mini|Dostojewski, 1872. Er stellte in diesem Jahr den Roman ''Die Dämonen'' fertig. Porträt von [[Wikipedia:Wassili Grigorjewitsch Perow|Wassili Perow]]]]
Die wundersame '''Brotvermehrung''' ist ein [[Bibel|biblisches Motiv]], das im [[Altes Testament|Alten Testament]] und im [[Neues Testament]] vorkommt.
'''Fjodor Michailowitsch Dostojewski''' (auch '''Dostojewskij''', {{lang|ru|{{Audio|ru-Dostoevsky.ogg|Фёдор Михайлович Достоевский}}}} [{{IPA|ˈfʲodər mʲɪˈxajləvʲɪtɕ dəstʌˈjɛfskʲɪj}}], wissenschaftliche [[Transliteration]] ''{{lang|ru-Latn|Fëdor Mihajlovič Dostoevskij}}''; * [[11. November]] [[1821]] in [[Moskau]]; † [[9. Februar]] [[1881]] in [[Sankt Petersburg]])<ref>Alle Datumsangaben in diesem Artikel basieren, wenn nicht anders angegeben, auf dem [[Gregorianischer Kalender|Gregorianischen Kalender]].</ref> gilt als einer der bedeutendsten russischen [[Schriftsteller]]. Seine schriftstellerische Laufbahn begann 1844; die Hauptwerke, darunter ''[[Schuld und Sühne]]'', ''[[Der Idiot]]'', ''[[Die Dämonen (Dostojewski)|Die Dämonen]]'' und ''[[Die Brüder Karamasow]]'', entstanden jedoch erst in den 1860er und 1870er Jahren. Dostojewski schrieb neun Romane, zahlreiche Novellen und Erzählungen und ein umfangreiches Korpus an nichtfiktionalen Texten. Das literarische Werk beschreibt die politischen, sozialen und spirituellen Verhältnisse zur Zeit des [[Russisches Kaiserreich|Russischen Kaiserreiches]], das sich im 19. Jahrhundert fundamental im Umbruch befand. Dostojewski war ein Seismograph der Konflikte, in die der Mensch mit dem Anbruch der [[Moderne]] geriet. Zentraler Gegenstand seiner Werke war die menschliche Seele, deren Regungen, Zwängen und Befreiungen er mit den Mitteln der Literatur nachgespürt hat; Dostojewski gilt als einer der herausragenden [[Psychologie|Psychologen]] der Weltliteratur.<ref>{{Literatur |Autor=[[Reinhard Lauer]] |Titel=Geschichte der russischen Literatur. Von 1700 bis zur Gegenwart |Verlag=C. H. Beck |Ort=München |Datum=2000 |ISBN=3-406-50267-9 |Seiten=365}}<br /> {{Literatur |Autor=Stefan Zweig |Titel=Drei Meister. Balzac – Dickens – Dostojewski |Verlag=Insel Verlag |Ort=Leipzig |Datum=1922 |Seiten=113 |Online={{Google Buch |BuchID=5RAAk0Mtg4IC |Linktext=eingeschränkte Online-Version}}}}<br /> {{Literatur |Autor=Steven G. Marks |Titel=How Russia Shaped the Modern World. From Art to Anti-Semitism, Ballet to Bolshevism |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, NJ |Datum=2003 |ISBN=0-691-09684-8 |Seiten=100 |Online=[https://books.google.de/books?id=WGTncmPlUHQC&pg=PA100#v=onepage&q&f=false books.google.de]}}</ref> Fast sein gesamtes Romanwerk erschien in Form von [[Feuilletonroman]]en und weist darum die für dieses Genre typischen kurzen Spannungsbögen auf, wodurch es trotz seiner Vielschichtigkeit und Komplexität selbst für unerfahrene Leser leicht zugänglich ist. Seine Bücher wurden in mehr als 170 Sprachen übersetzt.<ref>{{Literatur |Autor=Geir Kjetsaa |Titel=Dostojewskij: Sträfling – Spieler – Dichterfürst |Verlag=VMA |Ort=Wiesbaden |Datum=1992 |ISBN=978-3-928127-02-8 |Kapitel=Vorwort}}</ref>


In der zweiten Hälfte der 1840er Jahre stand Dostojewski dem [[Frühsozialismus]] nahe und nahm an Treffen des revolutionären [[Petraschewzen|Petraschewski-Zirkel]] teil. Dies führte 1849 zu seiner Festnahme, Verurteilung zunächst zum Tode und dann – nach Umwandlung der Strafe – zu Haft und anschließendem Militärdienst in [[Sibirien]]. Nach der Entlassung 1859 begann er zunächst mit kleineren Arbeiten und dann mit den ''[[Aufzeichnungen aus einem Totenhaus]]'' seine Reputation als Schriftsteller wiederherzustellen. Mit seinem Bruder Michail gründete er zwei Zeitschriften (''Wremja'' und ''Epocha''). Die erste wurde verboten; der Ruin der zweiten zwang ihn zur Flucht vor den Gläubigern ins Ausland, wo er drei Jahre lang bleiben sollte. Dostojewski litt an [[Epilepsie]] und war einige Jahre der [[Pathologisches Spielen|Spielsucht]] verfallen. Während seine Zeitgenossen [[Lew Nikolajewitsch Tolstoi|Lew Tolstoi]], [[Iwan Sergejewitsch Turgenew|Iwan Turgenew]]<ref>{{Literatur |Autor=Anton Seljak |Titel=Ivan Turgenevs Ökonomien |TitelErg=Eine Schriftstellerexistenz zwischen Aristokratie, Künstlertum und Kommerz |Verlag=Pano |Ort=Zürich |Datum=2004 |ISBN=3-907576-65-9}}</ref> und [[Iwan Alexandrowitsch Gontscharow|Iwan Gontscharow]] unter Bedingungen materieller Sorglosigkeit schreiben konnten, waren die äußeren Umstände von Dostojewskis Schreibtätigkeit fast zeitlebens von finanzieller Not geprägt.<ref>{{Literatur |Autor=Andreas Guski |Titel=„Geld ist geprägte Freiheit“ – Paradoxien des Geldes bei Dostoevskij |Sammelwerk=Dostoevsky Studies |Band=16 |Verlag=Narr |Ort=Tübingen |Datum=2012 |ISSN=1013-2309 |Seiten=7–57}}<br /> {{Literatur |Autor=Christian Kühn |Titel=Dostojewskij und das Geld |Sammelwerk=Deutsche Dostojewskij-Gesellschaft |Band=11 |Verlag=Clasen |Ort=Flensburg |Datum=2004 |ISSN=1437-5265 |Seiten=111–138}}</ref> In den letzten zehn Jahren seines Lebens lebte er in finanziell geordneten Verhältnissen und genoss Anerkennung im ganzen Land.
== Altes Testament ==


== Leben und Werk ==
=== Speisung durch Elisa ===
=== Kindheit und Jugend ===
{{Mehrere Bilder
| Fußzeile = Die Eltern: Michail Dostojewski, Marija Dostojewskaja
| Breite  = 100
| Bild1    = Mikhail Andreyevich Dostoyevsky.jpg
| Bild2    = Maria Fyodorovna Dostoyevskaya.jpg
}}
Der [[Adel]]s<nowiki />name Dostojewski weist auf das heute weißrussische Dorf [[Dostojewo]] bei [[Pinsk]] hin, mit dem einer der Vorfahren von Dostojewski belehnt wurde.<ref>[http://www.enzyklo.de/Begriff/Dostojewski ''Dostojewski'']. In: ''Enzyklo.de Deutsche Enzyklopädie''. Abgerufen am 17. September 2014.</ref> Dostojewskis Vater, Michail Andrejewitsch Dostojewski, war Arzt an der Moskauer Mariinski-Klinik für die Armen und Sohn und Enkel von [[Katholische Ostkirchen|ostkatholischen]] Priestern, die die Autorität des [[Papst]]es anerkannten, aber gleichzeitig dem [[Göttliche Liturgie|orthodoxen Ritus]] folgten. Die Vorfahren hatten einem litauischen Adelszweig der [[Szlachta]] angehört.<ref>Andreas Kappeler: ''Rußland als Vielvölkerreich: Entstehung – Geschichte – Zerfall'', S. 72.<br /> {{Literatur |Autor=Neil Heims |Titel=Biography of Fyodor Dostoevsky |Sammelwerk=Fyodor Dostoevsky |Verlag=Chelsea House |Ort=Langhorne, Pennsylvania |Datum=2005 |ISBN=0-7910-8117-6 |Seiten=9&nbsp;f. |Online={{Google Buch |BuchID=1C1K-BnFGFIC |Linktext=eingeschränkte Online-Version |Land=US}}}}<br /> {{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=108}}<br /> Detaillierte Informationen zu Dostojewskis Genealogie bietet die Webseite: {{Internetquelle |url=http://de.rodovid.org/wk/Person:341394 |titel=Fjodor Michailowitsch Dostojewski bei Rodovid |zugriff=2013-12-11}}</ref> Die Mutter, Marija Fjodorowna, geb. Netschajewa, stammte aus einer wohlhabenden Moskauer Kaufmannsfamilie. Das Paar hatte acht Kinder, von denen sieben das Erwachsenenalter erreichten. Nach [[Michail Michailowitsch Dostojewski|Michail]] (1820–1864) war der am 11. November 1821 (im [[Julianischer Kalender|julianischen Kalender]]: 30. Oktober 1821) geborene Fjodor das zweite Kind. Es folgten Warwara (1822–1892), [[Andrei Michailowitsch Dostojewski|Andrei]] (1825–1897), Wera (1829–1896), Nikolai (1831–1883) und Alexandra (1835–1889).<ref>{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=106&nbsp;f}}</ref> Nach einer Beförderung und [[Nobilitierung]] konnte Michail Dostojewski 1831 das vor Moskau gelegene Gut Darowoje erwerben, auf dem die Familie einige Jahre lang die Sommerferien verbrachte.<ref>{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=80&nbsp;f., 108}}</ref>


Der ehrgeizige Vater strebte nach sozialem und finanziellem Aufstieg und betrieb mit großem Einsatz die Ausbildung der Kinder.<ref>{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=108}}</ref> Elementarunterricht erhielt Dostojewski zunächst durch die Mutter, die ihre Kinder auch [[Französische Sprache|Französisch]] lehrte.<ref>{{Literatur |Autor=Konstantin Mochulsky |Titel=Dostoevsky. His Life and Work |Verlag=Princeton University Press |Datum=1967 |ISBN=0-691-06027-4 |Seiten=8 |Online={{Google Buch |BuchID=mDKphT8_XLsC |Linktext=eingeschränkte Online-Version}}}}<br /> {{Literatur |Autor=Neil Heims |Titel=Biography of Fyodor Dostoevsky |Sammelwerk=Fyodor Dostoevsky |Verlag=Chelsea House |Ort=Langhorne, Pennsylvania |Datum=2005 |ISBN=0-7910-8117-6 |Seiten=10}}</ref> Der russisch-orthodoxe Glaube spielte in der Familie eine große Rolle. Die Mutter hatte die Söhne mit religiösen Kinderbüchern alphabetisiert, und für ihre weitere religiöse Ausbildung kam ein [[Diakon]] ins Haus.<ref>{{Literatur |Autor=Victor Terras |Hrsg=Harold Bloom |Titel=The Art of Crime and Punishment |Sammelwerk=Fyodor Dostoevsky’s Crime and Punishment |Verlag=Chelsea House/Infobase Publishing |Ort=New York |Datum=2004 |ISBN=0-7910-7579-6 |Seiten=275}}<br /> {{Literatur |Autor=Katya Tolstaya |Titel=Kaleidoscope. F. M. Dostoevsky and the Early Dialectical Theology |Verlag=Brill |Datum=2013 |ISBN=978-90-04-24458-0 |Seiten=50 |Online={{Google Buch |BuchID=LUEyAQAAQBAJ |Linktext=eingeschränkte Online-Version}}}}<br /> {{Literatur |Autor=Bruce Kinsey Ward |Titel=Dostoyevsky’s Critique of the West. The Quest for the Earthly Paradise |Verlag=Wilfrid Laurier University Press |Ort=Waterloo, Ontario |Datum=1986 |ISBN=0-88920-190-0 |Seiten=16 |Online={{Google Buch |BuchID=OCZKiNmYGsMC |Linktext=eingeschränkte Online-Version}}}}<br /> {{Literatur |Autor=Robert L. Belknap |Titel=The Genesis of The Brothers Karamazov. The Aesthetics, Ideology, and Psychology of Making a Text |Verlag=Northwestern University Press |Ort=Evanston, Illinois |Datum=1990 |ISBN=0-8101-0845-3 |Seiten=19 |Online={{Google Buch |BuchID=URpTOwSTFBwC |Linktext=eingeschränkte Online-Version}}}}</ref> Besonders bewegt war das Kind Dostojewski vom Buch [[Ijob]].<ref>{{Literatur |Autor=Katya Tolstaya |Titel=Kaleidoscope. F. M. Dostoevsky and the Early Dialectical Theology |Verlag=Brill |Datum=2013 |ISBN=978-90-04-24458-0 |Seiten=50}}</ref> Er war ein Vielleser und verschlang u.&nbsp;a. [[Gawriil Romanowitsch Derschawin|Derschawin]], [[Nikolai Michailowitsch Karamsin|Karamsin]], [[Wassili Andrejewitsch Schukowski|Schukowski]] und [[Alexander Sergejewitsch Puschkin|Puschkin]], aber auch [[Walter Scott]] und populäre Unterhaltungsliteratur der Zeit.<ref>{{Literatur |Autor=Konstantin Mochulsky |Titel=Dostoevsky. His Life and Work |Verlag=Princeton University Press |Datum=1967 |ISBN=0-691-06027-4 |Seiten=9&nbsp;f}}</ref> Französisch lernte er u.&nbsp;a. durch die Lektüre von [[Voltaire]]s ''Henriade''.<ref>{{Literatur |Autor=Bruce Kinsey Ward |Titel=Dostoyevsky’s Critique of the West. The Quest for the Earthly Paradise |Verlag=Wilfrid Laurier University Press |Ort=Waterloo, Ontario |Datum=1986 |ISBN=0-88920-190-0 |Seiten=16}}</ref> Von 1833 an besuchten Dostojewski und sein Bruder Michail zunächst das französische Internat von Monsieur Souchard, wechselten 1834 aber auf das Internat von Leonti Iwanowitsch Tschermak, das als das beste in Moskau galt.<ref>{{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky. The Seeds of Revolt, 1821–1849 |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=1976 |ISBN=0-691-06260-9 |Seiten=33 |Online={{Google Buch |BuchID=pDEAXltygUIC |Linktext=eingeschränkte Online-Version}}}}</ref>
Im [[w:2. Buch der Könige|2. Buch der Könige]] heißt es:


=== Studium und Dienst als Militäringenieur ===
{{Zitat|38 Als aber Elisa wieder nach Gilgal kam, war Hungersnot im Lande. Und als die Prophetenjünger vor ihm saßen, sprach er zu seinem Diener: Setze einen großen Topf auf und koche ein Gemüse für die Prophetenjünger! 39 Da ging einer aufs Feld, um Kraut zu sammeln, und fand ein Rankengewächs und pflückte sein Kleid voll mit wilden Gurken. Und als er kam, schnitt er's in den Topf zum Gemüse – sie kannten's aber nicht – 40 und legte es den Männern zum Essen vor. Als sie nun von dem Gemüse aßen, schrien sie und sprachen: O Mann Gottes, der Tod im Topf! Denn sie konnten's nicht essen. 41 Er aber sprach: Bringt Mehl her! Und er tat's in den Topf und sprach: Lege es den Leuten vor, dass sie essen! Da war nichts Böses mehr in dem Topf. 42 Es kam aber ein Mann von Baal-Schalischa und brachte dem Mann Gottes Erstlingsbrot, nämlich zwanzig Gerstenbrote, und neues Getreide in seinem Beutel. Er aber sprach: Gib's den Leuten, dass sie essen! 43 Sein Diener sprach: Wie soll ich davon hundert Mann geben? Er sprach: Gib den Leuten, dass sie essen! Denn so spricht der HERR: Man wird essen und es wird noch übrig bleiben. 44 Und er legte es ihnen vor, dass sie aßen; und es blieb noch übrig nach dem Wort des HERRN.|[[w:2. Buch der Könige|2. Buch der Könige]]|{{BB|2 Könige|4|38-44|LUT}}}}
[[Datei:Saint Michael's Castle South.jpg|mini|Die Militärische ingenieurtechnische Universität, an der Dostojewski studierte, hatte ihren Sitz im Petersburger [[Michaelsburg|Michailowski-Schloss]].]]
Am 27. Februar 1837 starb Dostojewskis Mutter im Alter von 36 Jahren an [[Tuberkulose]].<ref name="ReferenceA">{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=xviii}}</ref> Kurz darauf absolvierte Dostojewski die Aufnahmeprüfung für die angesehene [[Militärische ingenieurtechnische Universität]] in St.&nbsp;Petersburg und begann sein Studium im Januar 1838.<ref>{{Literatur |Autor=Donald W. Treadgold |Titel=The West in Russia and China. Religious and Secular Thought in Modern Times. Volume 1: Russia 1472–1917 |Verlag=Cambridge University Press |Ort=London, New York |Datum=1973 |ISBN=0-521-08552-7 |Seiten=203 |Online={{Google Buch |BuchID=Fg04AAAAIAAJ |Linktext=eingeschränkte Online-Version}}}}<br /> {{Literatur |Autor=Konstantin Mochulsky |Titel=Dostoevsky. His Life and Work |Verlag=Princeton University Press |Datum=1967 |ISBN=0-691-06027-4 |Seiten=10&nbsp;f}}</ref> Neben den technischen Fächern studierte er auch [[Russische Literatur|russische]] und [[französische Literatur]], darunter [[Nikolai Gogol|Gogol]], [[Victor Hugo|Hugo]] und [[Honoré de Balzac|Balzac]].<ref>{{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky. The Seeds of Revolt, 1821–1849 |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=1976 |ISBN=0-691-06260-9 |Seiten=127}}<br /> {{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=1}}</ref> [[George Sand]] regte ihn durch ihre Schriften zur Idee eines [[Christlicher Sozialismus|christlichen Sozialismus]] an.<ref>{{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky. The Seeds of Revolt, 1821–1849 |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=1976 |ISBN=0-691-06260-9 |Seiten=130}}<br /> {{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky. A Writer in His Time |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=2010 |ISBN=978-0-691-12819-1 |Seiten=72}}<br /> {{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=382}}</ref> Prägenden Eindruck hinterließ bei ihm die Lektüre [[Friedrich Schiller|Schillers]].<ref>{{Literatur |Autor=Christiane Schulz |Titel=„Ich habe Schiller auswendig gelernt“ – Das „geistige Ferment“ Schiller im Erzählwerk Dostojewskijs |Sammelwerk=Jahrbuch der Deutschen Dostojewskij-Gesellschaft |Band=Jahrbuch 17 |Datum=2010 |ISSN=1437-5265 |Seiten=10–41}}<br /> {{Literatur |Autor=Konstantin Mochulsky |Titel=Dostoevsky. His Life and Work |Verlag=Princeton University Press |Datum=1967 |ISBN=0-691-06027-4 |Seiten=14}}<br /> Zu Dostojewskis Schiller-Rezeption: {{Literatur |Autor=Michael Wegner |Hrsg=Michael Wegner |Titel=Fedor Dostoevsky und Friedrich Schiller |Sammelwerk=Erbe und Verpflichtung. Zur internationalen Wirkung der russischen und sowjetischen Literatur im 19. und 20. Jahrhundert |Verlag=Schiller Universität |Ort=Jena |Datum=1985}}</ref>


Am 6.&nbsp;Juni 1839 starb nach einem [[Schlaganfall]] auch Dostojewskis Vater <ref>{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=109}}</ref> auf seinem Landsitz. Ein Nachbar, Pawel Chotjainzew, beschuldigte die [[Leibeigenschaft|Leibeigenen]] des Verstorbenen, diesen umgebracht zu haben; Dostojewskis Bruder Andrei glaubte daher später, sein Vater sei erschlagen worden.<ref>{{Literatur |Autor=Andrei Dostoevsky |Hrsg=Peter Sekirin |Titel=The Father’s Death |Sammelwerk=The Dostoevsky Archive – Firsthand Accounts of the Novelist from Contemporaries’ Memoirs and Rare Periodicals |Datum=1997 |Seiten=60}}</ref> [[Sigmund Freud]] vermutete nach einer Analyse der Lebensgeschichte Dostojewskis und des Vatermordes in ''Die Brüder Karamasow'' in dem Aufsatz ''Dostojewski und die Vatertötung'' (1928), dass sich Dostojewski am Tode seines vermeintlich ermordeten Vaters schuldig gefühlt und darum einen ersten epileptischen Anfall erlitten habe.<ref>Sigmund Freud: ''Dostojewski und die Vatertötung.'' In: ''Die Urgestalt der Brüder Karamasoff. Dostojewskis Quellen, Entwürfe und Fragmente.'' Piper-Verlag, München 1928, S.&nbsp;XIX.<br /> siehe auch {{Literatur |Autor=Fritz Schmidl |Titel=Freud and Dostoevsky |Sammelwerk=Journal of the American Psychoanalytic Association |Band=13 |Datum=1965 |Seiten=518–532}}<br /> {{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Freud’s Case History of Dostoevsky |Sammelwerk=Through the Russian Prism – Essays on Literature and Culture |Verlag=Princeton |Ort=New Jersey |Datum=1990 |Seiten=109–121}}</ref> Die Dostojewski-Forschung hat dies bis heute nicht bestätigt.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-41471477.html |titel=Ende eines Traumas |zugriff=2013-12-06}} Der Spiegel, 14. Juli 1975<br /> {{Literatur |Autor=Karel van het Reve |Titel=Dr. Freud und Sherlock Holmes |Verlag=Fischer |Ort=Frankfurt am Main |Datum=1994}} Rezension: {{Internetquelle |url=http://www.ppfi.de/buchbesp/reve.htm |titel=Reve, Karel van het: Dr.&nbsp;Freud und Sherlock Holmes |zugriff=2013-12-06}}<br /> {{Literatur |Autor=Maike Schult |Titel=Verlockende Vatertötung – Freuds Phantasien zu Dostojewskij |Sammelwerk=Jahrbuch der Deutschen Dostojewskij-Gesellschaft |Band=10 |Datum=2003 |ISSN=1437-5265 |Seiten=44–55}}<br /> {{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky. The Seeds of Revolt, 1821–1849 |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=1976 |ISBN=0-691-06260-9 |Seiten=80}}</ref> Für den mit 17 Jahren noch minderjährigen Dostojewski wurden Alexander Kumanin (Schwager der Mutter) und Pjotr Karpenin (Mann seiner Schwester Warwara) als [[Vormundschaft|Vormünder]] bestellt.<ref>{{Literatur |Autor=Robert Bird |Titel=Fyodor Dostoevsky |Verlag=Reaktion Books |Ort=London |Datum=2012 |ISBN=978-1-86189-900-2 |Seiten=21 |Online={{Google Buch |BuchID=tG-dAlx26akC |Linktext=eingeschränkte Online-Version}}}}</ref> Im August 1841 wurde er zum [[Fähnrich (NVA)|Fähnrich]] befördert. Als Externer konnte er sich privat eine Wohnung mieten, die er sich zunächst mit Adolph Totleben teilte, dessen älterer Bruder [[Eduard Iwanowitsch Totleben]] sich später sowohl bei der Rückkehr aus Sibirien wie auch bei der Genehmigung, wieder nach St.&nbsp;Petersburg zu ziehen, für ihn einsetzte.<ref>siehe insb. Brief 107 vom 24. März 1856, auf deutsch in: {{Literatur |Hrsg=Friedr. Hitzler |Titel=Gesammelte Briefe 1833–1881 |Verlag=Piper |Ort=München |Datum=1966}}</ref> Nach dem Unterricht las und schrieb er dort. Zwölf Monate später wurde er zum Leutnant befördert, und noch ein Jahr später schloss er das Studium ab.<ref name="ReferenceA" /> Am 6.&nbsp;August 1843 begann Dostojewski seinen Dienst als Militäringenieur. Um in St.&nbsp;Petersburg bleiben zu können und Zeit zum Schreiben zu haben, nahm er einen unbedeutenden Posten als Militärzeichner an. Als schließlich doch eine Versetzung zu einem entlegenen Militärstützpunkt drohte, entschloss er sich, die Laufbahn als Militäringenieur zu beenden. Sein Abschiedsgesuch wurde am 19. Oktober 1844 angenommen.<ref>{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=3}}</ref> Da die kleine Erbschaft nicht ausreichte, um seinen Lebensunterhalt sicherzustellen, musste er sich nun Geld durch Schreiben verdienen.<ref>{{Literatur |Autor=Robert Bird |Titel=Fyodor Dostoevsky |Verlag=Reaktion Books |Ort=London |Datum=2012 |ISBN=978-1-86189-900-2 |Seiten=22}}</ref>
== Neues Testament ==


=== Schriftstellerische Anfänge ===
=== Speisung der Fünftausend ===
[[Datei:Trutovsky 004.jpg|mini|hochkant|Dostojewski, 1847]]
Bereits seit Anfang 1844 hatte Dostojewski sich mit der Übersetzung französischer Prosa beschäftigt; seine Übertragung von Balzacs ''[[Eugénie Grandet]]'' erschien im Sommer in der Zeitschrift ''Repertuar i Panteon''.<ref>{{Literatur |Autor=Julian W. Connolly |Titel=Dostoevsky’s The Brothers Karamazov |Verlag=Bloomsbury |Ort=New York / London |Datum=2013 |ISBN=978-1-4411-0847-0 |Seiten=2 |Online={{Google Buch |BuchID=VmlVAgAAQBAJ |Linktext=eingeschränkte Online-Version}}}}</ref> Aus [[Fjodor Michailowitsch Dostojewskis Briefe|Briefen]] ist bekannt, dass er daneben eigene schriftstellerische Versuche unternahm, die jedoch verloren gegangen sind.<ref>{{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky. The Seeds of Revolt, 1821–1849 |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=1976 |ISBN=0-691-06260-9 |Seiten=127}}<br /> {{Literatur |Autor=Konstantin Mochulsky |Titel=Dostoevsky. His Life and Work |Verlag=Princeton University Press |Datum=1967 |ISBN=0-691-06027-4 |Seiten=22}}</ref> Dostojewskis erstes erhaltenes Werk ist der zwischen April 1844 und März 1845 entstandene [[Briefroman]] ''[[Arme Leute]]''.<ref name="ReferenceA" /> [[Dmitri Wassiljewitsch Grigorowitsch|Dmitri Grigorowitsch]], mit dem er seit der Studienzeit befreundet war und seit 1844 auch die Wohnung teilte, reichte das Manuskript an seinen Bekannten [[Nikolai Alexejewitsch Nekrassow|Nikolai Nekrassow]] weiter, über den es zum einflussreichen Kritiker [[Wissarion Grigorjewitsch Belinski|Wissarion Belinski]] gelangte.<ref>{{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky. The Seeds of Revolt, 1821–1849 |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=1976 |ISBN=0-691-06260-9 |Seiten=137&nbsp;ff}}</ref> Nekrassow und Grigorowitsch machten Dostojewski mit [[Awdotja Jakowlewna Panajewa|Awdotja]] und [[Iwan Iwanowitsch Panajew|Iwan Panajew]] bekannt, in deren [[Literarischer Salon|Salon]] er aus seinem Werk erstmals vor Fachpublikum vorlas.<ref name="lantz">{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=303 |Online={{Google Buch |BuchID=XfDOcmJisn0C |Linktext=eingeschränkte Online-Version}}}}</ref> Nekrassow veröffentlichte den Roman am 15. Januar 1846 in seiner Zeitschrift ''[[Peterburgski Sbornik|Peterburger Anthologie]]''. ''Arme Leute'' wurde ein enormer Erfolg.<ref>{{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky. The Seeds of Revolt, 1821–1849 |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=1976 |ISBN=0-691-06260-9 |Seiten=159}}</ref> Es war das erste Werk in der russischen Literatur, das Menschen in Armut und Elend mit der ganzen Zartheit und Komplexität ihrer Gefühle und ihres Leidens porträtierte. Die russische Intelligentia begrüßte es enthusiastisch.<ref>{{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky. The Stir of Liberation, 1860–1865 |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=1986 |ISBN=0-691-01452-3 |Seiten=67 |Online={{Google Buch |BuchID=QJj6qb6Rh3AC |Linktext=eingeschränkte Online-Version}}}}</ref>


Dostojewskis Förderer Belinski war Vertreter eines [[Atheismus|atheistischen]] [[Sozialismus]] und warb bei seinem 24-jährigen Protégé erfolgreich für die Lektüre von [[Étienne Cabet|Cabet]], [[Pierre Leroux|Leroux]], [[Pierre-Joseph Proudhon|Proudhon]] und [[Ludwig Feuerbach|Feuerbach]].<ref>{{Literatur |Autor=Malcolm Jones |Titel=Dostoevsky and the Dynamics of Religious Experience |Verlag=Anthem Press |Ort=London |Datum=2005 |ISBN=1-84331-205-0 |Seiten=4 |Online={{Google Buch |BuchID=L52TNlWprfcC |Linktext=eingeschränkte Online-Version}}}}<br /> {{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=32–38}}</ref> In der Zeitschrift ''[[Otetschestwennye Sapiski|Vaterländische Annalen]]'' veröffentlichte er Anfang Februar 1846 auch Dostojewskis Novelle ''[[Der Doppelgänger (Dostojewski)|Der Doppelgänger]]''. Die Begeisterung, die Belinski und seine Freunde für den Debütroman gezeigt hatten, war jedoch schon wieder verflogen; das zweite Werk nahmen sie weitaus kühler auf.<ref>{{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky. The Seeds of Revolt, 1821–1849 |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=1976 |ISBN=0-691-06260-9 |Seiten=175}}</ref> Dostojewski fühlte sich im Belinski-Kreis bald offen abgelehnt.<ref>{{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky. A Writer in His Time |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=2010 |ISBN=978-0-691-12819-1 |Seiten=89 |Online={{Google Buch |BuchID=lp1RpM8o9BQC |Linktext=eingeschränkte Online-Version}}}}</ref> Zuflucht fand er im Kreis von Nikolai Beketow, der [[Charles Fourier]] und dem [[Frühsozialismus|utopischen Sozialismus]] nahestand.<ref>{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=31&nbsp;f}}<br /> {{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky. The Seeds of Revolt, 1821–1849 |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=1976 |ISBN=0-691-06260-9 |Seiten=206&nbsp;ff}}</ref> Bei den Brüdern Betekow lernte er die Brüder Maikow und [[Alexei Nikolajewitsch Pleschtschejew]] kennen, deren Gedichte [[Pjotr Iljitsch Tschaikowski]] später vertonte. Mit ihnen besuchte Dostojewski vom Winter 1846/47 an Treffen des Kreises von [[Michail Wassiljewitsch Butaschewitsch-Petraschewski|Michail Petraschewski]].<!--Petraschewski besaß viele verbotene Bücher; darin informierte Dostojewski sich über die aktuellsten sozialen und politischen Ideen der Zeit, besonders über die von Fourier und [[Louis de Rouvroy, duc de Saint-Simon|Saint-Simon]].--><ref>{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=310&nbsp;ff.}}<br /> {{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky. The Seeds of Revolt, 1821–1849 |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=1976 |ISBN=0-691-06260-9 |Seiten=239&nbsp;ff}}</ref><!-- Gemeinsam mit Sergej Durow und Nikolai Speschnjow gehörte Dostojewski zum radikalen Flügel der [[Petraschewzen]], der eine Revolution gegen die zaristische [[Despotie]] befürwortete.<ref>{{Literatur |Autor=Konstantin Mochulsky |Titel=Dostoevsky. His Life and Work |Verlag=Princeton University Press |Datum=1967 |ISBN=0-691-06027-4 |Seiten=126 }}</ref>-->
Die '''Speisung der Fünftausend''' wird in allen vier [[Evangelium|Evangelien]] erwähnt. Im [[Johannesevangelium]] heißt es:


Vom Herbst 1846 bis zum Frühjahr 1849 veröffentlichte er eine Reihe kleinerer Prosaarbeiten: ''[[Herr Prochartschin]]'', ''Eine Novelle in neun Briefen'', ''[[Die Wirtin (Dostojewski)|Die Wirtin]]'', ''[[Die fremde Frau und der Mann unter dem Bett]]'', ''[[Das schwache Herz]]'', ''Polsunkow'', ''Der ehrliche Dieb'', ''Weihnachtsbaum und Hochzeit'' und ''[[Weiße Nächte (Dostojewski)|Weiße Nächte]]''. Die meisten dieser Erzählungen erschienen in den ''[[Otetschestwennye Sapiski|Vaterländische Annalen]]''.<ref>{{Literatur |Autor=Konstantin Mochulsky |Titel=Dostoevsky. His Life and Work |Verlag=Princeton University Press |Datum=1967 |ISBN=0-691-06027-4 |Seiten=40‒139}}</ref> Im Frühjahr 1849 kamen dort auch die ersten Teile von Dostojewskis Roman ''[[Njetotschka Neswanowa]]'' heraus.<ref>{{Literatur |Autor=William Mills Todd |Hrsg=W.&nbsp;J. Leatherbarrow |Titel=Dostoevsky as a Professional Writer |Sammelwerk=The Cambridge Companion to Dostoevskii |Verlag=Cambridge University Press |Ort=Cambridge |Datum=2002 |ISBN=0-521-65253-7 |Seiten=75 |Online={{Google Buch |BuchID=4Lf0xf3a6s4C |Linktext=eingeschränkte Online-Version |Land=US}}}}</ref>
{{Zitat|1 Danach ging Jesus weg ans andre Ufer des Galiläischen Meeres, das auch See von Tiberias heißt. 2 Und es zog ihm viel Volk nach, weil sie die Zeichen sahen, die er an den Kranken tat. 3 Jesus aber ging hinauf auf einen Berg und setzte sich dort mit seinen Jüngern. 4 Es war aber kurz vor dem Passa, dem Fest der Juden. 5 Da hob Jesus seine Augen auf und sieht, dass viel Volk zu ihm kommt, und spricht zu Philippus: Wo kaufen wir Brot, damit diese zu essen haben? 6 Das sagte er aber, um ihn zu prüfen; denn er wusste wohl, was er tun wollte. 7 Philippus antwortete ihm: Für zweihundert Silbergroschen Brot ist nicht genug für sie, dass jeder auch nur ein wenig bekomme. 8 Spricht zu ihm einer seiner Jünger, Andreas, der Bruder des Simon Petrus: 9 Es ist ein Knabe hier, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische. Aber was ist das für so viele? 10 Jesus aber sprach: Lasst die Leute sich lagern. Es war aber viel Gras an dem Ort. Da lagerten sich etwa fünftausend Männer. 11 Jesus aber nahm die Brote, dankte und gab sie denen, die sich gelagert hatten; desgleichen auch von den Fischen, so viel sie wollten. 12 Als sie aber satt waren, spricht er zu seinen Jüngern: Sammelt die übrigen Brocken, damit nichts umkommt. 13 Da sammelten sie und füllten zwölf Körbe mit Brocken von den fünf Gerstenbroten, die denen übrig blieben, die gespeist worden waren. 14 Als nun die Menschen das Zeichen sahen, das Jesus tat, sprachen sie: Das ist wahrlich der Prophet, der in die Welt kommen soll. 15 Da Jesus nun merkte, dass sie kommen würden und ihn ergreifen, um ihn zum König zu machen, entwich er wieder auf den Berg, er allein.|[[Johannesevangelium|Johannes]]|{{BB|Joh|6|1-15}}}}


=== Verhaftung und Prozess ===
=== Speisung der Viertausend ===
[[Datei:B pokrovsky kazn 1849.jpg|mini|Für die Scheinhinrichtung wurden die Verurteilten in Dreiergruppen eingeteilt. Dostojewski, Pleschtschejew und Durow bildeten die (im Bild nicht dargestellte) zweite Gruppe.]]


Das Werk blieb unvollendet. Dostojewski wurde in den frühen Morgenstunden des 23. April 1849 verhaftet.<ref>{{Literatur |Autor=Konstantin Mochulsky |Titel=Dostoevsky. His Life and Work |Verlag=Princeton University Press |Datum=1967 |ISBN=0-691-06027-4 |Seiten=133}}</ref> Das Innenministerium hatte die Petraschewzen durch einen [[Agent Provocateur]], Pjotr Antonelli, auskundschaften lassen.<ref>{{Literatur |Autor=Philip S. Taylor |Titel=Anton Rubinstein. A Life in Music |Verlag=Indiana University Press |Ort=Bloomington, Indiana |Datum=2007 |ISBN=0-253-34871-4 |Seiten=24 |Online={{Google Buch |BuchID=OAFO9dJEFIsC |Linktext=eingeschränkte Online-Version}}}}</ref> Die Niederschlagung der Gruppe war eine Reaktion auf die [[Europäische Revolutionen von 1848/1849|Europäischen Revolutionen von 1848/1849]]; die Behörde wollte verhindern, dass sich die Erhebungen bis nach Russland ausdehnten.<ref>{{Literatur |Autor=André Gide |Titel=Dostoievsky |Verlag=Telegraph Books |Datum=1981 |ISBN=0-89760-319-2 |Seiten=29 |Online=[https://books.google.de/books?id=3QVnrgnMtnAC&pg=PA29 books.google.de]}}</ref> Mit Dostojewski waren 14 weitere Petraschewzen in der [[Peter-und-Paul-Festung]] für Staatsverbrecher inhaftiert worden.<ref>{{Literatur |Autor=Reinhard Lauer |Titel=Geschichte der russischen Literatur. Von 1700 bis zur Gegenwart |Verlag=C.&nbsp;H. Beck |Ort=München |Datum=2000 |ISBN=3-406-50267-9 |Seiten=365}}<br /> {{Literatur |Hrsg=Peter Sekirin |Titel=Socialist Circle, Arrest and Investigation, 1846–1849 |Sammelwerk=The Dostoevsky Archive. Firsthand Accounts of the Novelist from Contemporaries’ Memoirs and Rare Periodicals |Verlag=McFarland |Ort=Jefferson, North Carolina |Datum=1997 |ISBN=0-7864-0264-4 |Seiten=77&nbsp;f. |Online={{Google Buch |BuchID=EExUdTF7iLYC |Linktext=eingeschränkte Online-Version |Land=US}}}}</ref> Im Gefängnis schrieb Dostojewski die Erzählung ''Ein kleiner Held'', die erst 1857 veröffentlicht wurde.<ref>{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=245}}</ref> Vor dem [[Militärgericht]] wurde Dostojewski vorgeworfen, an Treffen der Petraschewzen teilgenommen und Belinskis berüchtigten ''Brief an Gogol'' vorgelesen zu haben, in dem [[Autokratie]], [[Leibeigenschaft]] und Religion scharf angegriffen wurden.<ref>{{Literatur |Autor=Neil Heims |Titel=Biography of Fyodor Dostoevsky |Sammelwerk=Fyodor Dostoevsky |Verlag=Chelsea House |Ort=Langhorne, Pennsylvania |Datum=2005 |ISBN=0-7910-8117-6 |Seiten=7&nbsp;f}}<br /> Wortlaut des Briefes: {{Internetquelle |url=http://www.marxists.org/subject/art/lit_crit/works/belinsky/gogol.htm |titel=V. G. Belinsky 1847: Letter to N. V. Gogol |zugriff=2013-11-19}}</ref> Alle Angeklagten wurden [[Todesstrafe|zum Tode verurteilt]].<ref>{{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky. A Writer in His Time |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=2010 |ISBN=978-0-691-12819-1 |Seiten=173}}<br /> {{Literatur |Autor=Nikolai Beltischikow |Titel=Dostojewski im Prozeß der Petraschewzen |Verlag=Reclam |Datum=1977 |Seiten=206}} Wortlaut: {{"|Das Militärgericht hat deshalb den Ingenieur-Leutnant … unter Aberkennung des militärischen Ranges und aller Vermögensrechte zum Tode … verurteilt.}}</ref> Dostojewski war 28&nbsp;Jahre alt.
Die Speisung der Viertausend findet sich nur im [[Matthäusevangelium]] und im [[Markusevangelium]].


Die [[Hinrichtung|Exekution]] am 22.&nbsp;Dezember 1849 auf dem Paradeplatz der Semjonowski-Garde erwies sich als [[Scheinhinrichtung]].<ref>Zur Scheinhinrichtung siehe den Bericht des Mitgefangenen {{Literatur |Autor=Dmitri Dmitrowitsch Ascharumow |Titel=Memoiren |Sammelwerk=Nord und Süd |Datum=1902 |Seiten=70, 361}}<br /> Siehe dazu auch Brief # 88 Dostojewskis an seinen Bruder Michail vom 22. Dezember 1849: {{Literatur |Hrsg=Friedr. Hitzer |Titel=Dostojewski. Gesammelte Briefe 1833–1881 |Verlag=Piper |Ort=München |Datum=1966}}</ref> Die Verurteilten wurden in weiße Leichenkittel und Kappen eingekleidet; als die ersten drei (Petraschewski, Speschnjeff, Mombelli) bereits an den Pflöcken festgebunden waren, wurde ein Erlass verlesen, den das Generalauditoriat dem Zaren bereits am 19. November vorgelegt hatte. Es empfahl, Dostojewski „…&nbsp;alle Vermögensrechte abzusprechen und ihn für acht Jahre zur Zwangsarbeit in Festungshaft zu schicken.[[Nikolaus I. (Russland)|Zar Nikolaus]] vermerkte unter dem Urteilsentwurf: „Für vier Jahre. Danach gemeiner Soldat.“<ref>{{Literatur |Autor=Nikolai Beltischikow |Titel=Dostojewski im Prozeß der Petraschewzen |Verlag=Reclam |Datum=1977 |Seiten=207&nbsp;f}}<br /> {{Literatur |Hrsg=Peter Sekirin |Titel=Socialist Circle, Arrest and Investigation, 1846–1849 |Sammelwerk=The Dostoevsky Archive. Firsthand Accounts of the Novelist from Contemporaries’ Memoirs and Rare Periodicals |Verlag=McFarland |Ort=Jefferson, North Carolina |Datum=1997 |ISBN=0-7864-0264-4 |Seiten=79}}<br /> {{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky. The Years of Ordeal. 1850–1859 |Auflage=4. |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=1990 |ISBN=0-691-06576-4 |Seiten=50 |Online={{Google Buch |BuchID=K98hhw0IEHgC |Linktext=eingeschränkte Online-Version}}}}</ref> Der österreichische Schriftsteller [[Stefan Zweig]] schildert die Empfindungen Dostojewskis während dieses Ereignisses in einem Kapitel seines Buchs ''[[Sternstunden der Menschheit]]'' in [[Lyrik|lyrischer]] Form.
{{Zitat|32 Jesus rief seine Jünger zu sich und sagte: Ich habe Mitleid mit diesen Menschen; sie sind schon drei Tage bei mir und haben nichts mehr zu essen. Ich will sie nicht hungrig wegschicken, sonst brechen sie auf dem Weg zusammen. 33 Da sagten die Jünger zu ihm: Wo sollen wir in dieser Wüste so viel Brot hernehmen, um so viele Menschen satt zu machen? 34 Jesus sagte zu ihnen: Wie viele Brote habt ihr? Sie antworteten: Sieben - und ein paar Fische. 35 Da forderte er die Leute auf, sich auf den Boden zu setzen. 36 Und er nahm die sieben Brote und die Fische, sprach das Dankgebet, brach sie und gab sie den Jüngern und die Jünger gaben sie den Menschen. 37 Und alle aßen und wurden satt. Und sie sammelten die übrig gebliebenen Stücke ein, sieben Körbe voll. 38 Es waren viertausend Männer, die gegessen hatten, dazu noch Frauen und Kinder. 39 Danach schickte er die Menge nach Hause, stieg ins Boot und fuhr in die Gegend von Magadan.|[[Matthäusevangelium|Matthäus]]|{{BB|Mt|15|32-39}}}}


=== Straflager und Militärdienst ===
[[Kategorie:Bibel]]
[[Datei:Dostoyevsky New Testament.PNG|mini|Das Exemplar des [[Neues Testament|Neuen Testaments]], das Dostojewski ins Straflager mitnehmen durfte. Es war seine einzige Lektüre.<ref>Das Buch hatte ihm in [[Tobolsk]] Natalja Dmitrijewna Fonwizina geschenkt, die Ehefrau des [[Dekabristen]] Michail Fonwizin, die ihrem Mann ins Exil folgte. Quelle: {{Literatur |Autor=Robin Feuer Miller |Titel=Dostoevsky’s Unfinished Journey |Verlag=Yale University Press |Ort=New Haven |Datum=2007 |ISBN=978-0-300-12015-8 |Seiten=191 |Online={{Google Buch |BuchID=9zFkHBqIAwkC |Linktext=eingeschränkte Online-Version}}}}</ref>]]
'''Arbeitslager'''
 
Dostojewski trat die über 3000&nbsp;km weite Reise nach [[Sibirien]] am 24. Dezember 1849 an.<ref>{{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky. The Years of Ordeal. 1850–1859 |Auflage=4. |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=1990 |ISBN=0-691-06576-4 |Seiten=64}}</ref> Im Arbeitslager, der [[Omsk]]er [[Katorga]], traf er am 23. Januar 1850 ein. Die [[Politischer Gefangener|politischen Häftlinge]] waren zusammen mit gewöhnlichen Straftätern untergebracht. Die Bedingungen, unter denen die Männer untergebracht und gehalten wurden, waren sehr dürftig. Dostojewski wurde während seiner gesamten Haftzeit in Ketten gehalten. Er durfte nicht schreiben, verbrachte aber einige Zeit in der Krankenstation, wo er heimlich ein Notizbuch führen konnte.<ref>{{Literatur |Hrsg=Peter Sekirin |Titel=Prison, Army Service and Exile. Ten Years in Siberia: 1849–1859 |Sammelwerk=The Dostoevsky Archive. Firsthand Accounts of the Novelist from Contemporaries’ Memoirs and Rare Periodicals |Verlag=McFarland |Ort=Jefferson, North Carolina |Datum=1997 |ISBN=0-7864-0264-4 |Seiten=108&nbsp;f}}<br /> {{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky. The Years of Ordeal. 1850–1859 |Auflage=4. |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=1990 |ISBN=0-691-06576-4 |Seiten=69&nbsp;ff}}</ref>
 
Der Revolutionsidee und seinen früheren politischen Überzeugungen schwor Dostojewski während der Gefangenschaft und des anschließenden Militärdienstes vollständig ab.<ref>Dostojewski nahm die Petraschewzen allerdings zeitlebens in Schutz: {{Literatur |Hrsg=Michael Wegner |Titel=Tagebuch eines Schriftstellers 1873–1881. Ein alter Mann über die Petraschewzen |Verlag=Aufbau |Ort=Berlin |Datum=2003 |ISBN=3-351-02976-4 |Seiten=252}}<br /> {{Literatur |Hrsg=Alexander Eliasberg |Titel=Tagebuch eines Schriftstellers |Band=Band&nbsp;1, ''Eine der modernen Unterstellungen'' |Verlag=Musarion |Ort=München |Datum=1924 |Seiten=240}}<br /> {{Literatur |Titel=Tagebuch eines Schriftstellers |Band=Band&nbsp;2, ''Für einen Verstorbenen'' |Datum=1921 |Seiten=216 (April&nbsp;IV)}}</ref> Sein Leben lang hielt er jedoch am Ideal eines christlichen Sozialismus fest, d.&nbsp;h. an der Idee, dass Menschlichkeit durch ihre spirituelle Kraft ein Paradies auf Erden schaffen könne.<ref>{{Literatur |Autor=Wil van den Bercken |Titel=Christian Fiction and Religious Realism in the Novels of Dostoevsky |Verlag=Anthem Press |Datum=2011 |ISBN=978-0-85728-976-6 |Seiten=129 |Online={{Google Buch |BuchID=tXDAzwAlSrIC |Linktext=eingeschränkte Online-Version}}}}<br /> {{Literatur |Autor=David Walsh |Hrsg=Richard Avramenko, Lee Trepanier |Titel=Dostoevsky’s Discovery of the Christian Foundation of Politics |Sammelwerk=Dostoevsky’s Political Thought |Verlag=Lexington Books |Ort=Lanham, Maryland |Datum=2013 |ISBN=978-0-7391-7376-3 |Seiten=24 |Online={{Google Buch |BuchID=1KyEPbqpq4sC |Linktext=eingeschränkte Online-Version |Land=US}}}}</ref>
 
'''Militärdienst'''
[[Datei:Valikhanov.jpg|mini|hochkant|Zu den Freunden, die Dostojewski (rechts) in der Verbannung fand, gehörte auch der kasachische Gelehrte Schokan Walikhanow (links). Foto von 1858.]]
Am 15. Februar 1854 wurde er aus der Katorga entlassen. Aus gesundheitlichen Gründen blieb er in Omsk noch bis Mitte März und reiste dann ins kasachische [[Semei|Semipalatinsk]], wo er sich dem 7.&nbsp;Sibirischen Linienbataillon anschließen musste. Weil sich Freunde für ihn einsetzten, brauchte er nicht in der Kaserne zu wohnen. Vom Frühjahr 1855 an teilte er sich eine [[Datsche]] mit [[Alexander Jegorowitsch Wrangel|Alexander Wrangel]], einem einflussreichen neuen Freund, der Dostojewski in die bessere Gesellschaft des Ortes einführte; dank Wrangels Hilfe wurde Dostojewski im November 1855 auch zum Offizier befördert.<ref>{{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky. A Writer in His Time |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=2010 |ISBN=978-0-691-12819-1 |Seiten=223, 226&nbsp;f., 230&nbsp;f., 234}}<br /> {{Literatur |Autor=Alexander E. Vrangel |Hrsg=Peter Sekirin |Titel=About Dostoevsky’s Army Service and Exile in Siberia |Sammelwerk=The Dostoevsky Archive. Firsthand Accounts of the Novelist from Contemporaries’ Memoirs and Rare Periodicals |Verlag=McFarland |Ort=Jefferson, North Carolina |Datum=1997 |ISBN=0-7864-0264-4 |Seiten=124}}</ref> Im Frühjahr 1856 erreichte Wrangel sogar, dass Dostojewski wieder erlaubt wurde, literarische Arbeiten zu veröffentlichen.<ref>{{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky. A Writer in His Time |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=2010 |ISBN=978-0-691-12819-1 |Seiten=236}}</ref>
 
Bereits 1854 hatte Dostojewski die Familie Issajew kennengelernt. Nachdem Alexander Issajew 1855 gestorben war, warb Dostojewski um [[Marija Dmitrijewna Dostojewskaja|Marija Issajewas]] Hand. Sie willigte schließlich ein, und am 6.&nbsp;Februar 1857 wurde das Paar in [[Kusnezk]], wo Marija zu diesem Zeitpunkt lebte, getraut. Marija brachte ihren 9-jährigen Sohn Pawel mit in die Ehe. Auf der Heimreise nach Semipalatinsk, wo das Paar sich dann niederließ, erlitt Dostojewski seinen ersten schweren epileptischen Anfall und bekam erstmals auch die Diagnose [[Epilepsie]] gestellt.<ref>{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=103–106 |Online={{Google Buch |BuchID=XfDOcmJisn0C |Linktext=eingeschränkte Online-Version}}}}<br /> {{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky. A Writer in His Time |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=2010 |ISBN=978-0-691-12819-1 |Seiten=231&nbsp;f}}</ref> Unter auffälligen Symptomen wie [[Bewusstseinsstörung|Bewusstseinsverlusten]] hatte er bereits in St.&nbsp;Petersburg gelitten und im Mai 1846 deswegen einen Arzt, [[Stepan Dmitrijewitsch Janowski|Stepan Janowski]], konsultiert.<ref>{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=198&nbsp;ff}}<br /> {{Literatur |Autor=Jolan Neufeld |Titel=Dostojewski. Skizze zu seiner Psychoanalyse |Verlag=Europäischer Hochschulverlag |Ort=Bremen |Datum=2010 |ISBN=978-3-86741-578-1 |Seiten=16 |Online={{Google Buch |BuchID=vfQvkjFRclkC |Linktext=eingeschränkte Online-Version}}}}</ref>
 
Am 18. April 1857 erhielt Dostojewski seine Bürgerrechte zurück.<ref>{{Literatur |Autor=Miriam Taylor Šajković |Titel=F. M. Dostoevsky. His Image of Man |Verlag=University of Pennsylvania Press |Datum=1962 |Seiten=71}}</ref> Auch zu schreiben begann er wieder. 1858 entstanden die Novellen ''[[Onkelchens Traum]]'' und ''[[Das Gut Stepantschikowo und seine Bewohner]]''.<ref>{{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky. A Writer in His Time |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=2010 |ISBN=978-0-691-12819-1 |Seiten=256&nbsp;f}}</ref> Danach schrieb er die Prosaarbeit ''[[Aufzeichnungen aus einem Totenhaus]]'' und den Roman ''[[Erniedrigte und Beleidigte]]''.<ref>{{Literatur |Autor=Konstantin Mochulsky |Titel=Dostoevsky. His Life and Work |Verlag=Princeton University Press |Datum=1967 |ISBN=0-691-06027-4 |Seiten=198&nbsp;f}}</ref> Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich so sehr, dass er am 18. März 1859 aus dem Militärdienst entlassen wurde. Er durfte in den europäischen Teil Russlands zurückkehren; allerdings war es ihm verboten, sich in St.&nbsp;Petersburg oder Moskau niederzulassen. Er wurde unter Polizeiaufsicht gestellt. Im Juli siedelte er nach [[Twer]] über.<ref>{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=xxi, 105}}</ref>
 
=== Sankt Petersburg ===
[[Datei:Image dost 01.jpg|mini|hochkant|Dostojewski, 1859]]
Nachdem er selbst<ref>Official Correspondence # 7 between Oct. 10 and Oct. 18, 1859 in: Fyodor Dostoevsky: ''Complete Letters,'' Bd.&nbsp;1, ''1832–1859.'' Ardis, Ann Arbor 1988.</ref> und Freunde<ref>siehe insb. seine Briefe an Eduard Totleben, den Held von Sevastopol, der sich bereits für die Entlassung aus Sibirien für ihn eingesetzt hatte: Brief #&nbsp;107 v.&nbsp;24. März 56, Brief #&nbsp;157 v.&nbsp;4.&nbsp;Oktober 1859, Brief #&nbsp;167 v.&nbsp;2.&nbsp;November 1859; alle abgedruckt in: Fyodor Dostoevsky: ''Complete Letters, 1832–1859.'' Ardis, Ann Arbor, 1988.</ref> [[Petition]]en an den [[Alexander II. (Russland)|neuen Zaren]] geschrieben hatten, durfte Dostojewski Mitte Dezember 1859 schließlich von Twer nach St.&nbsp;Petersburg zurückkehren.<ref>{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=105}}</ref> Nach dem Tode Nikolaus’&nbsp;I. hatte sich das politische Klima stark verändert: Die Presse konnte freier arbeiten; 1861 wurde die Leibeigenschaft abgeschafft.<ref name="dk">{{Internetquelle |url=http://www.dartmouth.edu/~karamazov/resources/?page_id=513 |titel=The Brothers Karamazov |zugriff=2013-11-22}}</ref> Die Arbeiten, die Dostojewski in der Verbannung geschrieben hatte, wurden gedruckt, zuerst ''Onkelchens Traum'' in der Zeitschrift ''Russki Mir'' (März 1859). ''Das Gut Stepantschikowo und seine Bewohner'' brachte Dostojewski nur mit Mühe in den ''Vaterländischen Annalen'' unter (Ende 1859).<ref>{{Literatur |Autor=Konstantin Mochulsky |Titel=Dostoevsky |Verlag=Princeton University Press |Datum=1967 |ISBN=0-691-06027-4 |Seiten=173}}</ref> Von September 1860 bis Anfang 1861 erschienen in der Zeitschrift ''Russki Mir'' die Einleitung und die ersten vier Kapitel der ''Aufzeichnungen aus einem Totenhaus''; die Veröffentlichung der folgenden Kapitel scheiterte jedoch an der [[Zensur (Informationskontrolle)|Zensur]].<ref>Dostojewski hatte befürchtet, dass die Zensur an seiner Enthüllung der Grausamkeit der Lagerrealität Anstoß nehmen würde. Das war jedoch nicht der Fall. Im Gegenteil, einer der Zensoren kritisierte, dass potenzielle Straftäter durch Dostojewskis Schilderung nicht ausreichend abgeschreckt würden. {{Literatur |Autor=Fyodor Dostoevsky |Titel=Notes from the House of the Dead |Verlag=William B. Eerdmans |Ort=Grand Rapids, Michigan |Datum=2013 |ISBN=978-0-8028-6647-9 |Seiten=xii (Einleitung) |Online={{Google Buch |BuchID=r2bIFOdn5gEC |Linktext=eingeschränkte Online-Version}}}}<br /> Geoffrey Chew, Robert Vilain: ''[http://digilib.phil.muni.cz/bitstream/handle/11222.digilib/112062/H_Musicologica_33-1998-1_3.pdf Evasive Realism.] Narrative Construction in Dostoyevsky’s and Janáček’s ‘From the House of the Dead’,'' S. 14</ref> Die „Aufzeichnungen“ waren die erste Arbeit in der russischen Literaturgeschichte, die vom Leben der Häftlinge und ihrem Kampf um elementare Würde in einem brutalen, menschenverachtenden Umfeld in den sibirischen Strafkolonien handelte.<ref>{{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky. The Stir of Liberation, 1860–1865 |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=1986 |ISBN=0-691-01452-3 |Seiten=28}}<br /> {{Literatur |Hrsg=Peter Sekirin |Titel=The Dostoevsky Archive. Firsthand Accounts of the Novelist from Contemporaries’ Memoirs and Rare Periodicals |Verlag=McFarland |Ort=Jefferson, North Carolina |Datum=1997 |ISBN=0-7864-0264-4 |Kapitel=4th Chapter, ''Introduction'' |Seiten=110}}</ref>
 
=== Zeitschriften: Wremja und Epocha ===
Dostojewskis Bruder Michael hatte die Umbruchstimmung Ende der 50er Jahre genutzt, um die Konzession für eine neue Zeitschrift zu erlangen.<ref>{{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky |TitelErg=The Years of Ordeal 1850-1859 |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=1983 |ISBN=0-86051-242-8 |Seiten=299}}</ref> Er bat Dostojewski um einen Beitrag für die neue Zeitschrift, den Dostojewski ihm noch aus der Verbannung versprach.<ref>{{Literatur |Titel=Dostoevsky Letters Volume I |TitelErg=1832-1859 |Verlag=Ardis |Ort=Ann Arbor |Datum=1988 |ISBN=0-88233-898-6 |Seiten=Brief # 135 vom 18. Januar 1858}}</ref> Anfang 1861<ref>Subskriptionsanzeige für die Zeitschrift "Wremja" für 1861: {{Literatur |Titel=Dostojewski – Eine verfängliche Frage |TitelErg=Aufsätze, Feuilletons |Verlag=Aufbau |Ort=Berlin und Weimar |Datum=1988 |Seiten=55–63}}</ref> erschien die Monatsschrift, ''[[Wremja]]'', in der von Januar bis Juli sein Roman ''Erniedrigte und Beleidigte'' veröffentlicht wurde.<ref>{{Literatur |Autor=Konstantin Mochulsky |Titel=Dostoevsky |TitelErg=His Life and Work |Verlag=Princeton University Press |Datum=1967 |ISBN=0-691-06027-4 |Seiten=198}}; Einleitung zu {{Literatur |Autor=Fyodor Dostoevsky |Titel=The Best Short Stories of Fyodor Dostoevsky |Verlag=Random House |Datum=2012 |ISBN=978-0-307-82408-0 |Seiten=xvi}}</ref> Vom Herbst 1861 bis Ende 1862 publizierte er hier nach und nach auch den gesamten Text der ''Aufzeichnungen aus einem Totenhaus''<ref>{{Literatur |Autor=Victor Terras |Hrsg=Harold Bloom |Titel=The Art of Crime and Punishment |Sammelwerk=Fyodor Dostoevsky’s Crime and Punishment |Verlag=Chelsea House/Infobase Publishing |Ort=New York |Datum=2004 |ISBN=0-7910-7579-6 |Seiten=280}} ({{Google Buch|BuchID=RGPXpSWFDT8C |Seite=|Linktext=eingeschränkte Online-Version|Land= }}); {{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky |TitelErg=The Stir of Liberation, 1860–1865 |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=1986 |ISBN=0-691-01452-3 |Seiten=213}}</ref> und ebenfalls 1862 die kleine Erzählung ''Eine dumme Geschichte''.<ref>{{Literatur |Autor=Mikhail Bakhtin |Hrsg=Harold Bloom |Titel=Characteristics of Genre and Plot Composition in Dostoevsky’s Works |Sammelwerk=Fyodor Dostoevsky’s Crime and Punishment |Verlag=Chelsea House/Infobase Publishing |Ort=New York |Datum=2004 |ISBN=0-7910-7579-6 |Seiten=67 f.}}</ref>
 
{{Mehrere Bilder
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| Richtung = vertical
| Fußzeile = Die Spielhallen in Wiesbaden (oben) und in Baden-Baden (unten). Beide besuchte Dostojewskis erstmals 1862.<ref>Als Standardwerk zum Thema „Dostojewski und Glücksspiel“ gilt: {{Literatur |Hrsg=René Fülöp-Miller, Friedrich Eckstein |Titel=Dostojewski am Roulette |Verlag=Piper |Ort=München |Datum=1925}}</ref>
| Breite  = 200
| Bild1    = Spielbank Wiesbaden (DerHexer) 2013-02-27 76.jpg
| Bild2    = Baden-Baden 10-2015 img59 Casino.jpg
}}
1862 ging es Dostojewski finanziell so gut, dass er sich seine erste Auslandsreise erlauben konnte. Sie begann am 7. Juni 1862 und führte ihn über Deutschland und Belgien nach [[Paris]], wo er zwei Wochen blieb und die Gelegenheit auch nutzte, um gute Ärzte zu konsultieren.<ref>{{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky |TitelErg=A Writer in His Time |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=2010 |ISBN=978-0-691-12819-1 |Seiten=351 f.}}</ref> Im Juli war er in London, wo er [[Alexander Iwanowitsch Herzen|Alexander Herzen]] und [[Michail Alexandrowitsch Bakunin]]<ref>Leonid Grossman, Dostoevsky, London 1974, S. 269 unter Verweis auf Aussagen von Agenten der Dritten Abteilung</ref> traf und das neu errichtete und erweiterte Gebäude der ersten [[Weltausstellung]] –&nbsp;den [[Crystal Palace (Gebäude)|Kristallpalast]]&nbsp;– besichtigte.<ref>{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=180}}; {{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky |TitelErg=A Writer in His Time |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=2010 |ISBN=978-0-691-12819-1 |Seiten=376 ff.}}</ref> Gemeinsam mit [[Nikolai Nikolajewitsch Strachow|Nikolai Strachow]] bereiste er anschließend die Schweiz und Oberitalien.<ref>{{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky |TitelErg=A Writer in His Time |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=2010 |ISBN=978-0-691-12819-1 |Seiten=356 f,}}; für eine Übersichtskarte mit sämtlichen Reisen Dostojewskis siehe
{{Internetquelle |url=http://www.dostojewski.eu/PDF%20downloads/Dostojewski_Reisen.pdf |titel=Die Reisen des Fjodor Michailowitsch Dostojewski (1821–1881) |zugriff=2013-11-22 |format=PDF; 215&nbsp;kB}}</ref> Auf dieser Reise lernte er das [[Roulette]]spiel kennen,<ref>Strachow, Biographie, S 62 in "Literarische Schriften", II. Abt., 12. Band der Piper-Gesamtausgabe, 1923, ebenso Frank, Stir of Liberation, S. 183, 258 mit unterschiedlichen Angaben über den Gewinn (1.000 Franken/11.000 Franken)</ref> das in Russland wie alle Glücksspiele streng verboten war.
 
Am 14. September 1862 kehrte Dostojewski zurück nach Sankt Petersburg und schrieb ‒ von der Reiseerfahrung angeregt ‒ einen Essay ''Winterliche Aufzeichnungen über sommerliche Eindrücke'', der im folgenden Februar in ''Wremja'' erschien. Er schilderte darin auch den Abscheu, den er gegenüber dem [[Materialismus]] europäischer Städte – besonders in London – empfunden hatte.<ref>{{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky |TitelErg=A Writer in His Time |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=2010 |ISBN=978-0-691-12819-1 |Seiten=357}}; {{Literatur |Autor=Fyodor Dostoevsky |Titel=Winter Notes on Summer Impressions |Auflage=2 |Verlag=Northwestern University Press |Ort=Evanston, Illinois |Datum=1997 |ISBN=0-8101-1518-2 |Seiten=vvi}}, Einleitung ({{Google Buch|BuchID=UFLsy9JR-RsC |Seite=|Linktext=eingeschränkte Online-Version|Land= }})</ref> Nachdem Strachow für ''Wremja'' einen Artikel über das russisch-polnische Verhältnis geschrieben hatte, den die Zensur als regierungskritisch empfand, wurde die Zeitschrift am 24. Mai 1863 verboten.<ref>{{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky |TitelErg=A Writer in His Time |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=2010 |ISBN=978-0-691-12819-1 |Seiten=361}}</ref>
 
[[Datei:Dostoevskij 1863.jpg|mini|hochkant|Dostojewski in Paris (1863)]]
Vermutlich bereits im Winter hatte Dostojewski eine Liebesbeziehung mit der jungen [[Apollinaria Prokofjewna Suslowa|Polina Suslowa]] begonnen.<ref>{{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky |TitelErg=A Writer in His Time |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=2010 |ISBN=978-0-691-12819-1 |Seiten=385 f.}}; {{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky |TitelErg=The Miraculous Years, 1865–1871 |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=1995 |ISBN=0-691-04364-7 |Seiten=26}}</ref> Von August bis Oktober 1863 unternahm er seine zweite Auslandsreise, die wieder nach Paris führte, wo er sich diesmal mit Suslowa traf. Sie begleitete ihn nach [[Baden-Baden]], wo er die [[Casino Baden-Baden|Spielbank]] besuchte.<ref>{{Literatur |Autor=Walter Moss |Titel=Russia in the age of Alexander II, Tolstoy and Dostoevsky |Verlag=Anthem Press |Ort=London |Datum=2002 |ISBN=1-898855-59-5 |Seiten=105 |Online={{Google Buch|BuchID=PS3_6phMOS0C }}}}; {{Literatur |Hrsg=Peter Sekirin |Titel=Chapter 6, Introduction |Sammelwerk=The Dostoevsky Archive |WerkErg=Firsthand Accounts of the Novelist from Contemporaries’ Memoirs and Rare Periodicals |Verlag=McFarland |Ort=Jefferson, North Carolina |Datum=1997 |ISBN=0-7864-0264-4 |Seiten=168}}</ref> Im November 1863 zog Dostojewski mit seiner an [[Tuberkulose]] erkrankten Frau nach Moskau, um sie dort ärztlich behandeln zu lassen.<ref>{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=103–106}}</ref>
 
Im Januar 1864 gründete er, wieder zusammen mit seinem Bruder Michail, das Monatsblatt ''[[Epocha]]'', das die Nachfolge der verbotenen ''Wremja'' antreten sollte. Dostojewski startete die Zeitschrift am 21. März mit der ersten Folge seiner Prosaarbeit ''[[Aufzeichnungen aus dem Kellerloch]]''.<ref>{{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky |TitelErg=A Writer in His Time |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=2010 |ISBN=978-0-691-12819-1 |Seiten=7 f.}}</ref> Er führte darin [[Nikolai Gawrilowitsch Tschernyschewski|Tschernyschewskis]] Idee eines „vernünftigen Egoismus“ ad absurdum.<ref>{{Literatur |Autor=Reinhard Lauer |Titel=Geschichte der russischen Literatur |TitelErg=Von 1700 bis zur Gegenwart |Verlag=C. H. Beck |Ort=München |Datum=2000 |ISBN=3-406-50267-9 |Seiten=299, 373}}</ref> [[Walter Kaufmann (Philosoph)|Walter Kaufmann]] nannte das Buch später ''„die beste Ouvertüre zum [[Existenzialismus]], die jemals geschrieben worden ist“''.<ref>{{Literatur |Autor=Walter Kaufmann |Titel=Existentialism from Dostoevsky to Sartre |Verlag=New American Library |Datum=1975 |ISBN=0-452-00930-8 |Seiten=14}}</ref> Literarisch weist [[Orhan Pamuk]] auf die Bedeutung der Novelle für die folgenden Werke hin.<ref>{{Literatur |Autor=Orhan Pamuk |Titel=Erst Dostojewski lehrt, wie man Erniedrigung genießt |Sammelwerk=Frankfurter Allgemeine Zeitung |Datum=2001-01-06 |Seiten=44}} sagt: " Ich sehe in dieser kleinen Episode alle bestimmenden Elemente der späteren Romane."</ref> Am 15. April starb seine Ehefrau und am 22. Juli überraschend auch der 43-jährige Michail; Dostojewski willigte ein, seine Witwe und die Kinder zu ernähren.<ref>{{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky |TitelErg=The Miraculous Years, 1865–1871 |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=1995 |ISBN=0-691-04364-7 |Seiten=26}}; {{Literatur |Autor=Alexander Burry |Titel=Multi-Mediated Dostoevsky |TitelErg=Transposing Novels Into Opera, Film, and Drama |Verlag=Northwestern University Press |Ort=Evanston, Illinois |Datum=2011 |ISBN=978-0-8101-2715-9 |Seiten=9}}</ref> ''Epocha'' hatte nie den kommerziellen Erfolg von ''Wremja'' erreicht und war hoch verschuldet. Im Juni 1865 musste Dostojewski den Betrieb einstellen; die satirische Erzählung ''[[Das Krokodil]]'', die er im Februar zu veröffentlichen begonnen hatte, blieb unvollendet.<ref>{{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky |TitelErg=The Stir of Liberation, 1860–1865 |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=1986 |ISBN=0-691-01452-3 |Seiten=348‒351, 361}}</ref> Anschließend reiste Dostojewski ein drittes Mal in den Westen, wo er, wiederum in Gesellschaft von Polina Suslowa, in Wiesbaden Ende Juli 3000 Rubel verspielte.<ref>{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=472}}; {{Literatur |Autor=Konstantin Mochulsky |Titel=Dostoevsky |TitelErg=His Life and Work |Verlag=Princeton University Press |Datum=1967 |ISBN=0-691-06027-4 |Seiten=270}}; {{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky |TitelErg=The Miraculous Years, 1865–1871 |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=1995 |ISBN=0-691-04364-7 |Seiten=32}}; Einleitung zu {{Literatur |Autor=Fyodor Dostoevsky |Titel=The Devils |Verlag=Penguin books |Datum=1971 |Seiten=vii}}</ref>
 
=== Sechs große Romane ===
==== Schuld und Sühne ====
[[Datei:Raskolnikov House SPB.jpg|mini|Vorlage für den Wohnblock, in dem Raskolnikow gelebt hat, war das in der Nähe von Dostojewskis Wohnung gelegene [[Raskolnikow-Haus|Haus]] an der Ecke Grazhdanskaja und Stoliarnyj.<ref>{{Literatur |Autor=Eva Gerberding |Titel=Sankt Petersburg |Auflage=2. |Verlag=Dumont |Datum=2011 |ISBN=978-3-7701-7269-6 |Seiten=187 f.}} ({{Google Buch|BuchID=yWMvSOfJwzQC |Seite=|Linktext=eingeschränkte Online-Version|Land= }})</ref>]]
Bereits seit 1864 hatte Dostojewski sich mit seinem nächsten Werk, ''[[Schuld und Sühne]]'', beschäftigt. Der Roman erschien von Januar bis Dezember 1866 in der Monatsschrift ''[[Russki Westnik]]'' und 1867 in Buchform; beim Publikum war er ebenso erfolgreich wie bei der Kritik.<ref>{{Literatur |Autor=Harold Bloom |Hrsg=Harold Bloom |Titel=Chronology |Sammelwerk=Fyodor Dostoevsky’s Crime and Punishment |Verlag=Chelsea House |Ort=New York |Datum=2004 |ISBN=0-7910-7579-6 |Seiten=280}} ({{Google Buch|BuchID=RGPXpSWFDT8C |Seite=|Linktext=eingeschränkte Online-Version|Land=US}}); {{Literatur |Autor=Fyodor Dostoevsky |Titel=Crime and Punishment |Verlag=Prestwick House |Ort=Clayton, Delaware |Datum=2005 |ISBN=978-1-58049-397-0}} Vorwort, S. 7 ({{Google Buch|BuchID=g433LoUS8yQC |Seite=|Linktext=eingeschränkte Online-Version|Land=US}})</ref> ''Schuld und Sühne'' erzählt die Geschichte des Studenten Rodion Raskolnikow, der aus Hochmut in dauerndem Geldmangel zum Mörder einer Verleiherin wird, im Straflager und durch die Liebe einer Frau aber zu einer neuen ethischen Grundhaltung findet. Es war der erste der großen Ideenromane, die im Zentrum von Dostojewskis Schaffen stehen. Alle  behandeln die Auswirkung der Wirklichkeit auf die heranwachsende Generation; ihr Anliegen war eine Diagnose der Gegenwart, d.&nbsp;h. der Jahre 1865–1875, die in Russland von einem fundamentalen geistigen Umbruch geprägt waren.<ref>Nachwort von Horst-Jürgen Gerigk in: {{Literatur |Autor=Fjodor M. Dostojewskij |Titel=Schuld und Sühne |Verlag=dtv |Ort=München |Datum=1977 |ISBN=3-538-05052-X |Seiten=709 f.}}</ref>
 
==== Der Spieler ====
1866 begann Dostojewski parallel zur Arbeit an „Schuld und Sühne“ den deutlich kürzeren Roman ''[[Der Spieler]]''. Dostojewski hatte sich im Juni 1865 nach dem Zusammenbruch der Zeitschrift „Epocha“ in einer finanziell ausweglosen Situation befunden. Um weitere 3.000 Rubel aufzutreiben, schloss er mit dem Verleger Stellowski einen Vertrag, der ihn u.&nbsp;a. verpflichtete, bis zum 31. Oktober 1866 einen Roman mit einem Umfang von mindestens zehn Druckbögen abzuliefern.<ref>zu dem Vertrag mit Stellowski siehe div. Briefe an Maikow: {{Literatur |Hrsg=David A. Lowe |Titel=Dostoevsky Letters |Band=Bd. 3, 1868–1871 |Verlag=Ardis |Ort=Ann Arbor |Datum=1990 |Kommentar=Brief # 402 vom 15/27. Dezember 1870; # 403 vom 30. Dezember 1870; # 413 vom 2./14. März 1871}}; Briefe 403, 413 auch auf dt. in {{Literatur |Hrsg=Friedr. Hitzer |Titel=F. M. Dostojewski |TitelErg=Gesammelte Briefe 1833-1881 |Verlag=Piper |Ort=München |Datum=1966}}</ref> Nachdem er ein Jahr für diesen Roman noch keine Zeile geschrieben hatte, engagierte er in letzter Minute am 4. Oktober eine [[Stenographie|Stenographin]], die 20-jährige [[Anna G. Dostojewskaja|Anna Snitkina]], mit deren Hilfe er den Roman pünktlich ablieferte. ''Der Spieler'' war Dostojewskis einziger Roman, der nicht als Feuilletonroman erschien. Stellowski war Buchhändler und bereitete die erste Gesamtausgabe von Dostojewskis Werk vor, die den kurzen Roman als Bonustext enthalten sollte.<ref>{{Literatur |Autor=Richard Peace |Hrsg=Richard Peace |Titel=Introduction |Sammelwerk=Fyodor Dostoevsky's Crime and Punishment |WerkErg=A Casebook |Verlag=Oxford University Press |Datum=2005 |ISBN=0-19-517562-X |Seiten=8}} ({{Google Buch|BuchID=zurdwu5tSeYC |Seite=|Linktext=eingeschränkte Online-Version|Land=US}})</ref> Dostojewski und Snitkina kamen sich durch die Arbeit nahe. Am 8. November machte er ihr einen Heiratsantrag.<ref>{{Literatur |Hrsg=René Fülöp Miller, Friedr. Eckstein |Titel=Die Lebenserinnerungen der Gattin Dostojewskis |Verlag=Piper |Ort=München |Datum=1925 |Seiten=41}}</ref> Die Trauung fand am 15. Februar 1867 in der [[Dreifaltigkeitskathedrale (Sankt Petersburg)|Dreifaltigkeitskathedrale]] statt.<ref>{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=97 f.}}; {{Literatur |Autor=Mara Vorhees |Titel=Petersburg |TitelErg=City Guide |Verlag=Lonely Planet |Datum=2008 |ISBN=1-74059-827-X |Seiten=98}} ({{Google Buch|BuchID= MYVCQYIJafsC |Seite=|Linktext=eingeschränkte Online-Version|Land= }})</ref>
 
==== Der Idiot ====
[[Datei:Anna Dostoyevskaya in 1871.jpg|mini|hochkant|Anna Grigorjewna Dostojewskaja, geb. Snitkina, 1871]]
Dostojewski konnte mit Geld nicht umgehen, hatte Schulden und eine Anzahl von Verwandten, die versorgt werden wollten. Anna wollte die Kontrolle über das Geld selbst in die Hand nehmen und war überzeugt, dass dies leichter gelingen würde, wenn sie eine Zeitlang außer Landes gingen; geplant waren zunächst drei Monate. Um die Reise zu finanzieren, [[Pfandhaus|verpfändete]] sie ihre [[Mitgift]]. Kurz vor der Abreise stellten zwei der Gläubiger Forderungen. Das Paar beschloss, so lange im Ausland zu bleiben, bis Dostojewski sich durch neue Arbeiten finanziell besser stellte. Die Reise begann am 14. April 1867 und führte zunächst nach [[Dresden]]. Wieder jedoch zog es Dostojewski zum [[Roulette]]spiel nach [[Bad Homburg vor der Höhe|Homburg vor der Höhe]] und Baden-Baden, wo er erneut Geld verlor.<ref>{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=98}}</ref> In Baden-Baden überwarf er sich obendrein mit Turgenew, der ihn bis dahin gelegentlich unterstützt hatte.<ref>{{Literatur |Autor=Liza Knapp |Titel=Dostoevsky's The Idiot |TitelErg=A Critical Companion |Verlag=Northwestern University Press |Ort=Evanston, Illinois |Datum=1998 |ISBN=0-8101-1533-6 |Seiten=7 f.}} ({{Google Buch|BuchID=HWG68wcxFVQC |Seite=|Linktext=eingeschränkte Online-Version|Land= }})</ref> Über [[Basel]] reiste das Paar Mitte August weiter nach [[Genf]], wo Anna am 5. März 1868 Sonja zur Welt brachte, die bereits nach drei Monaten verstarb.<ref>{{Literatur |Autor=Liza Knapp |Titel=Dostoevsky's The Idiot |TitelErg=A Critical Companion |Verlag=Northwestern University Press |Ort=Evanston, Illinois |Datum=1998 |ISBN=0-8101-1533-6 |Seiten=7}}; Zu Dostojewskis Aufenthalten in Deutschland und in der Schweiz siehe: {{Literatur |Autor=Karla Hielscher |Titel=Dostojewski in Deutschland |Verlag=Insel |Ort=Frankfurt am Main, Leipzig |Datum=1999 |ISBN=978-3-458-34276-2}}; {{Literatur |Autor=Ilma Rakusa (Hrsg.) |Titel=Dostojewskij in der Schweiz |Verlag=Insel |Datum=1981 |ISBN=3-458-14841-8}}</ref>
 
[[Datei:Dostoyevsky house in Vevey.jpg|mini|Das Haus, in dem die Dostojewskis in Vevey wohnten]]
Bereits seit dem Sommer 1867 hatte Dostojewski den Plan für einen neuen Roman, ''[[Der Idiot]]''.<ref>{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=194}}</ref> Mit dem Schreiben begann er in Genf, der größte Teil entstand aber in [[Vevey]], wo das Paar sich im Mai 1868 niederließ.<ref>{{Literatur |Autor=Brian Johnson |Titel=The Art of Dostoevsky's Falling Sickness |Ort=Ann Arbor |Datum=2008 |Seiten=82}} ({{Google Buch|BuchID=OpWzPu8E8EoC |Seite=|Linktext=eingeschränkte Online-Version|Land= }})</ref> Von Januar 1868 an erschien der Roman in Fortsetzungen in ''Russki Westnik''.<ref>{{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky |TitelErg=The Miraculous Years, 1865–1871 |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=1995 |ISBN=0-691-04364-7 |Seiten=276}}</ref> Spätere Teile entstanden in [[Mailand]] und in [[Florenz]], wo Dostojewski das Werk im Januar 1869 abschloss.<ref>{{Literatur |Autor=Edward Wasiolek |Titel=Dostoevsky |TitelErg=The major fiction |Verlag=M. I. T. Press |Datum=1971 |Seiten=207}}</ref> Das gedankliche Experiment, das er in ''Der Idiot'' durchführte, bestand darin, einen ''„vollkommen guten und schönen Menschen“'' – den jungen Fürsten Myschkin – nach einem langen Auslandaufenthalt in die zeitgenössische russische Umwelt zu stellen, was nach einer komplizierten Handlung natürlich im größtmöglichen Debakel endet.<ref>{{Literatur |Autor=Reinhard Lauer |Titel=Geschichte der russischen Literatur |TitelErg=Von 1700 bis zur Gegenwart |Verlag=C. H. Beck |Ort=München |Datum=2000 |ISBN=3-406-50267-9 |Seiten=377 f.}}</ref> Wie all seinen Arbeiten war auch diesem Roman eine hohe [[Intertextualität]] zu eigen: mit seinem Porträt eines „guten Menschen“ verwies Dostojewski ausgiebig nicht nur auf das Neue Testament und die Christus-Deutungen von [[Ernest Renan]] und [[David Friedrich Strauß]], sondern auch die Helden von [[Miguel de Cervantes]], [[Charles Dickens]] und [[Victor Hugo]].<ref>{{Literatur |Autor=Alexander Burry |Titel=Multi-Mediated Dostoevsky |TitelErg=Transposing Novels Into Opera, Film, and Drama |Verlag=Northwestern University Press |Ort=Evanston, Illinois |Datum=2011 |ISBN=978-0-8101-2715-9 |Seiten=7}}</ref>
 
==== Die Dämonen ====
[[Datei:Dostoyevsky The Demons Manuscript.jpg|mini|hochkant|Eine Seite aus dem Manuskript des Romans ''Die Dämonen'']]
Von Mitte August 1869 bis Ende 1870 lebten Anna und Fjodor Dostojewski in [[Dresden]].<ref>{{Literatur |Autor=Richard Freeborn |Titel=Dostoevsky |Verlag=Haus Publishing |Ort=London |Datum=2003 |ISBN=1-904341-27-6 |Seiten=93}} ({{Google Buch|BuchID= DxhhgrjR7cEC |Seite=|Linktext=eingeschränkte Online-Version|Land= }})</ref> Am 26. September 1869 kam die Tochter [[Ljubow Fjodorowna Dostojewskaja|Ljubow Fjodorowna]] zur Welt, die später Schriftstellerin wurde.<ref>Ljubow Dostojewskaja hat eine Biografie über ihren Vater geschrieben, die u.a. aufgrund ihrer literarischen Qualität oft gelesen wird, in vielen Punkten aber als unzuverlässig gilt: {{Literatur |Autor=Ljubow (Aimee) Fjodorowna Dostojewskaja |Titel=Dostojewski. Geschildert von seiner Tochter |Verlag=Ernst Reinhardt Verlag |Ort=München |Datum=1920}}</ref> Kurz zuvor hatte er mit dem Schreiben der Novelle ''Der ewige Gatte'' begonnen, die er im Dezember abschloss und Anfang 1870 in Strachows Zeitschrift ''Saria'' veröffentlichte.<ref>{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=xxvii, 83}}</ref>
 
In Moskau ereignete sich am 21. November 1869 der Mord an Iwan Iwanow, einem Studenten, der der ''Narodnaja Rasprawa'' angehörte, einer von [[Sergei Gennadijewitsch Netschajew|Sergei Netschajew]] gegründeten revolutionären Untergrundorganisation. Umgebracht hatten ihn, nach einer Meinungsverschiedenheit, seine eigenen Kampfgenossen.<ref>{{Literatur |Autor=Mark Leier |Titel=Bakunin: The Creative Passion |TitelErg=A Biography |Verlag=Seven Stories Press |Ort=New York |Datum=2006 |ISBN=978-1-58322-894-4 |Seiten=225}} ({{Google Buch|BuchID=vSp6NmJvTswC |Seite=|Linktext=eingeschränkte Online-Version|Land= }}); {{Literatur |Autor=David C. Fisher |Hrsg=Frank W. Thackeray |Titel=The Rise of the racidal Intelligentsia, 1862–1881 |Sammelwerk=Events that Changed Russia Since 1855 |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2007 |ISBN=978-0-313-32815-2 |Seiten=35}} ({{Google Buch|BuchID=memSLRVjpn4C |Seite=|Linktext=eingeschränkte Online-Version|Land=US}})</ref> Der Vorfall, von dem man auch in Dresden erfuhr, regte Dostojewskis Fantasie enorm an; er sah den [[Nihilismus|Nihilisten]] Netschajew als ideologischen Abkömmling des liberalen Denkers, der er selbst in den 1840er Jahren gewesen war. Netschajew, der offenbar bereit war, für die Revolution die scheußlichsten Verbrechen zu begehen, bestätigte in dieser Hinsicht Dostojewskis schlimmste Erwartungen, worauf die materialistische und atheistische Position Tschernyschewskis ‒&nbsp;konsequent zu Ende gedacht&nbsp;‒ hinauslief. Aus diesen Überlegungen entstand der nächste große Roman, ''[[Die Dämonen (Dostojewski)|Die Dämonen]]'', an dem Dostojewski vom Dezember 1869 bis November 1872 arbeitete.<ref>{{Literatur |Autor=Gary Adelman |Titel=Retelling Dostoyevsky |TitelErg=Literary Responses and Other Observations |Verlag=Rosemont Publishing/Associated University Presses |Ort=Cranbury, New Jersey |Datum=2001 |ISBN=0-8387-5473-2 |Seiten=53}} ({{Google Buch|BuchID=ZaP8vRAJZuQC |Seite=|Linktext=eingeschränkte Online-Version|Land= }}); {{Literatur |Autor=Fyodor Dostevsky |Titel=Complete Letters |Band=Volume 3: 1868–1871 |Verlag=Ardis |Datum=1990 |Seiten=235}}</ref> Er erschien in Fortsetzungen in ''Russki Westnik'' von Januar 1871 bis Dezember 1872.<ref name="ReferenceB">{{Literatur |Autor=Robert F. Byrnes |Hrsg=John Shelton Curtiss |Titel=Dostoevskij and Pobedonostsev |Sammelwerk=Essays in Russian and Soviet History |WerkErg=In Honor of Geroid Tanquary Robinson |Verlag=Columbia University Press |Datum=1963 |Seiten=88}} ({{Google Buch|BuchID=m84UAAAAIAAJ |Seite=|Linktext=eingeschränkte Online-Version|Land=US}})</ref>
 
Nach ''Aufzeichnungen aus dem Kellerloch'' und ''Schuld und Sühne'' waren ''Die Dämonen'' Dostojewskis dritte und letzte anti-nihilistische Arbeit.<ref>{{Literatur |Autor=Reinhard Lauer |Titel=Geschichte der russischen Literatur |TitelErg=Von 1700 bis zur Gegenwart |Verlag=C. H. Beck |Ort=München |Datum=2000 |ISBN=3-406-50267-9 |Seiten=299}}</ref> Seine Diagnose der geistigen Situation der Zeit erreichte hier den Tiefpunkt an Hoffnungslosigkeit.<ref>Nachwort von Horst-Jürgen Gerigk in: {{Literatur |Autor=Fjodor M. Dostojewskij |Titel=Die Dämonen |Auflage=5 |Verlag=dtv |Ort=München |Datum=1982 |ISBN=3-423-02027-X |Seiten=815}}</ref> Aus dem Mord entwickelte Dostojewski in diesem Roman das verzwickte und [[Surrealismus|surrealistische]] Szenario einer aus den Fugen geratenen Welt, an der fast alle Beteiligten früher oder später verzweifeln. Mit der komplex angelegten Hauptfigur Stawrogin, einem amoralischen, jenseits von Gut und Böse agierenden [[Übermensch]]en, hat Dostojewski ein dunkles Gegenstück zu dem [[Jesus Christus|Christus]]-gleichen Fürst Myschkin geschaffen. Klar ist die ideengeschichtliche Genealogie herausgearbeitet, die die [[Aufklärung|aufgeklärte]] Generation der 1840er Jahre als die Ziehväter der Nihilisten der 1860er Jahre benennt.<ref>{{Literatur |Autor=Reinhard Lauer |Titel=Geschichte der russischen Literatur |TitelErg=Von 1700 bis zur Gegenwart |Verlag=C. H. Beck |Ort=München |Datum=2000 |ISBN=3-406-50267-9 |Seiten=378‒381}}</ref> Andererseits kommt gerade Stepan Werchowjenski ‒ im Roman der wichtigste Repräsentant der 1840er&nbsp;‒ Dostojewskis Ideal des christlichen Sozialismus sehr nahe.<ref>{{Literatur |Autor=David Walsh |Hrsg=Richard Avramenko, Lee Trepanier |Titel=Dostoevsky’s Discovery of the Christian Foundation of Politics |Sammelwerk=Dostoevsky’s Political Thought |Verlag=Lexington Books |Ort=Lanham, Maryland |Datum=2013 |ISBN=978-0-7391-7376-3 |Seiten=24}}</ref>
 
Im April 1871 fuhr Dostojewski ein letztes Mal nach Wiesbaden zum Glücksspiel.<ref>{{Literatur |Autor=Robin Feuer Miller |Titel=Dostoevsky’s Unfinished Journey |Verlag=Yale University Press |Ort=New Haven |Datum=2007 |ISBN=978-0-300-12015-8 |Seiten=190}}</ref> Im Juli erhielt er 1000 Rubel Vorschuss für ''Die Dämonen'', was es ihm ermöglichte, mit seiner Familie nach Sankt Petersburg zurückzukehren.<ref>{{Literatur |Autor=Konstantin Mochulsky |Titel=Dostoevsky |TitelErg=His Life and Work |Verlag=Princeton University Press |Datum=1967 |ISBN=0-691-06027-4 |Seiten=8}}</ref> Wenige Tage nach der Ankunft, am 16. Juli 1871, wurde der Sohn Fjodor geboren.<ref>{{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky |TitelErg=The Mantle of the Prophet, 1871–1881 |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=2002 |ISBN=0-691-11569-9 |Seiten=15}} ({{Google Buch|BuchID= mQqonU-pweEC |Seite=|Linktext=eingeschränkte Online-Version|Land= }})</ref> Das Manuskript für den Roman ''Die Dämonen'' schloss Dostojewski im November 1872 ab.<ref>{{Literatur |Autor=Fyodor Dostevsky |Titel=Complete Letters |Band=Volume 3: 1868–1871 |Verlag=Ardis |Datum=1990 |Seiten=235}}</ref> Er erschien in Fortsetzungen in ''Russki Westnik'' von Januar 1871 bis Dezember 1872.<ref name="ReferenceB" />
 
==== Der Jüngling ====
[[Datei:Dostoyevsky in prison.jpg|mini|Dostojewski (links) während seiner kurzen Haft im Wachhaus am [[Sennaja Ploschtschad|Sennaja-Platz]], 21.‒23. März 1874]]
Seit er wieder in Sankt Petersburg lebte, hatte Dostojewski die Freundschaft einiger einflussreicher Persönlichkeiten gewonnen, darunter die von [[Konstantin Petrowitsch Pobedonoszew|Konstantin Pobedonoszew]], der später die „[[graue Eminenz]]“ [[Alexander III. (Russland)|Alexanders III.]] wurde. Pobedonoszew verhalf Dostojewski im März 1878 zu einer Einladung zum Wohnsitz des [[Alexander II. (Russland)|Zaren]], wo er mit dessen Söhnen, [[Sergei Alexandrowitsch Romanow|Sergei]] und [[Pawel Alexandrowitsch Romanow|Pawel]], mehrere Lehrgespräche führen durfte.<ref>{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=xxxi, 322}}</ref> Freundschaften schloss Dostojewski auch mit dem jungen Philosophen [[Wladimir Sergejewitsch Solowjow|Wladimir Solowjow]] und mit Sofja Andrejewna Tolstaja, der Witwe des Dichters [[Alexei Konstantinowitsch Tolstoi]].<ref>{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=407}}; {{Literatur |Autor=Walter Moss |Titel=Russia in the Age of Alexander II, Tolstoy and Dostoevsky |Verlag=Anthem Press |Ort=London |Datum=2002 |ISBN=1-898855-59-5 |Seiten=217}}</ref>
 
Fürst Wladimir Meschtscherski vertraute Dostojewski Anfang 1873 die Schriftleitung seiner konservativen Wochenzeitung ''[[Graschdanin]]'' an.<ref>{{Literatur |Autor=Richard Freeborn |Titel=Dostoevsky |Verlag=Haus Publishing |Ort=London |Datum=2003 |ISBN=1-904341-27-6 |Seiten=109}}</ref> In unregelmäßigen Abständen veröffentlichte Dostojewski darin die Kolumne ''[[Tagebuch eines Schriftstellers]]'', die sich mit einer großen Bandbreite politischer, religiöser und philosophischer Themen beschäftigte und die in ihrer Zeit äußerst populär war, im 20. Jahrhundert wegen Dostojewskis [[Antisemitismus (bis 1945)|antisemitischer]] Position aber auch Kritik fand.<ref>{{Literatur |Autor=Reinhard Lauer |Titel=Geschichte der russischen Literatur |TitelErg=Von 1700 bis zur Gegenwart |Verlag=C. H. Beck |Ort=München |Datum=2000 |ISBN=3-406-50267-9 |Seiten=382 f.}}</ref> In der sechsten Ausgabe des Jahrgangs 1873 erschien hier auch seine kleine Erzählung ''Bobok''.<ref>{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=38 ff.}}; für Einzelheiten der Antisemitismus-Kontroverse siehe den Artikel [[Tagebuch eines Schriftstellers]]</ref>
 
Nachdem Dostojewski wegen eines Verstoßes gegen Zensurbestimmungen zwei Tage im Gefängnis verbracht hatte, schied er im April 1874 aus dem ''Graschdanin'' aus.<ref>{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=225}}</ref> Bereits seit Februar bereitete er einen neuen großen Roman vor, ''[[Der Jüngling]]'', und begann Anfang November mit der Niederschrift.<ref>{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=xxixf}}</ref> Seine Analyse der russischen Wirklichkeit entwickelte er darin an einem ichbezogenen jungen Mann, Arkadij Dolgorukij, der alles daran setzt, Geld, gesellschaftliche Macht und darüber unbegrenzte persönliche [[Autonomie]] zu erlangen. Die Petersburger Welt aus Bürgern und Adligen, in der Arkadij sich bewegt, erweist sich dabei als aus der Ordnung geraten und moralisch verkommen.<ref>{{Literatur |Autor=Reinhard Lauer |Titel=Geschichte der russischen Literatur |TitelErg=Von 1700 bis zur Gegenwart |Verlag=C. H. Beck |Ort=München |Datum=2000 |ISBN=3-406-50267-9 |Seiten=381 f.}}</ref> Zentrales Element des Romans ist das sich allmählich entwickelnde Verhältnis Arkadijs zu seinem leiblichen Vater, um den seine Gedanken und Sehnsüchte kreisen. Der Roman erschien von Januar 1875 an in den ''[[Otetschestwennye Sapiski|Vaterländischen Annalen]]''.<ref>{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=139}}</ref>
 
[[Datei:Dostoevsky house.jpg|mini|Das Haus der Dostojewskis in Staraja Russa]]
Bereits seit 1872 verbrachten die Dostojewskis jeden Sommer in dem Kurort [[Staraja Russa]].<ref name="ReferenceC">{{Literatur |Autor=Robert Bird |Titel=Fyodor Dostoevsky |Verlag=Reaktion Books |Ort=London |Datum=2012 |ISBN=978-1-86189-900-2 |Seiten=174}}</ref> Am 10. August 1875 wurde dort der Sohn Alexei („Aljoscha“) geboren.<ref>{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=100}}</ref> 1876 erwarb Dostojewski in Staraja Russa auch ein kleines Haus.<ref name="ReferenceC" /> Da er an einem [[Lungenemphysem]] erkrankt war, hatte er zu Therapiezwecken schon seit 1874 mehrfach [[Bad Ems]] besucht.<ref>{{Literatur |Autor=Neil Heims |Titel=Biography of Fyodor Dostoevsky |Sammelwerk=Fyodor Dostoevsky |Verlag=Chelsea House |Ort=Langhorne, Pennsylvania |Datum=2005 |ISBN=0-7910-8117-6 |Seiten=54}}</ref>
 
==== Die Brüder Karamasow ====
[[Datei:Fyodor Mikhailovich Dostoyevsky 1876.jpg|mini|hochkant|Dostojewski, 1876]]
Im Januar 1876 begann Dostojewski das ''Tagebuch eines Schriftstellers'', das nach seinem Ausscheiden bei ''Graschdanin'' nicht mehr erschienen war, auf eigene Rechnung zu verlegen.<ref>{{Literatur |Autor=Gary Saul Morson |Titel=The Boundaries of Genre |TitelErg=Dostoevsky's Diary of a Writer and the Traditions of Literary Utopia |Verlag=Northwestern University Press |Ort=Evanston, Illinois |Datum=1981 |ISBN=0-292-70732-0 |Seiten=4}} ({{Google Buch|BuchID=PpLiINhO83MC|Seite=|Linktext=eingeschränkte Online-Version|Land= }})</ref> Im November 1876 veröffentlichte er im ''Tagebuch'' seine Novelle ''[[Die Sanfte]]'' und im April 1877 im ''Graschdanin'' die Erzählung ''[[Der Traum eines lächerlichen Menschen]]''.<ref>Einleitung zu: {{Literatur |Autor=Fyodor Dostoevsky |Titel=A Gentle Creature and Other Stories |Verlag=Oxford University Press |Ort=Oxford |Datum=2009 |ISBN=978-0-19-955508-6 |Seiten=xv}} ({{Google Buch|BuchID=Iq8OqYJH8n4C |Seite=|Linktext=eingeschränkte Online-Version|Land= }}); {{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky |TitelErg=The Mantle of the Prophet, 1871–1881 |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=2002 |ISBN=0-691-11569-9 |Seiten=318}}</ref>
 
Den Sommer 1877 verbrachte die Familie in Mali Prikol bei [[Kursk]], wo Annas Bruder Iwan einen Landsitz besaß.<ref>{{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky |TitelErg=The Mantle of the Prophet, 1871–1881 |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=2002 |ISBN=0-691-11569-9 |Seiten=244}}</ref> Am 16. Mai 1878 verstarb überraschend das jüngste Kind, der knapp dreijährige Aljoscha.<ref>{{Literatur |Autor=Peter Leithard |Titel=Dostoevsky |Verlag=Nelson |Ort=Nashville, Tennessee |Datum=2011 |ISBN=978-1-59555-034-7 |Seiten=143}} ({{Google Buch|BuchID=zApeG2B0dkgC|Seite=|Linktext=eingeschränkte Online-Version|Land= }})</ref> Außer sich vor Schmerz pilgerte Dostojewski im Juni zum [[Optina-Kloster]] bei [[Koselsk]], wo er Trost beim [[Starez]] Amwrosi suchte; seine Eindrücke von diesem Mann hat Dostojewski später in seinem Roman ''[[Die Brüder Karamasow]]'' für die Figur des Starez Sosima verwendet.<ref>{{Literatur |Autor=John Dunlop |Titel=Staretz Amvrosy |TitelErg=Model for Dostoevsky’s Staretz Zosima |Verlag=Nordland Publishing |Ort=Belmont, Massachusetts |Datum=1972}}</ref> Mit den Notizen für diesen Roman hatte er schon im April begonnen; Anfang November 1880 schloss er ihn ab.<ref>{{Literatur |Autor=Joseph Frank |Titel=Dostoevsky |TitelErg=The Mantle of the Prophet, 1871–1881 |Verlag=Princeton University Press |Ort=Princeton, New Jersey |Datum=2002 |ISBN=0-691-11569-9 |Seiten=390}}; {{Literatur |Autor=Jean Kellogg |Titel=Dark Prophets of Hope |TitelErg=Dostoevsky, Sartre, Carmus, Faulkner |Verlag=Loyola University Press |Datum=1975 |Seiten=182}}</ref> Der Roman ''Die Brüder Karamasow'', der umfangreichste unter Dostojewskis Romanen, ist durch die immense Anzahl von Figuren und die vielen Handlungsstränge, in denen Dostojewski sämtliche Ideen und Menschenentwürfe, die ihn bis dahin bewegt hatten, erneut behandelte, hochkomplex. Die zentralen Fragen, die von den Protagonisten auf jeweils eigene Weise beantwortet werden, sind die nach der Existenz Gottes und dem Sinn des Lebens. Das Sujet ist kriminalistisch: Fjodor Karamasow, ein liederlicher Greis, wird von seinen äußerst unterschiedlichen vier Söhnen gehasst und in Gedanken getötet. Nach seiner Ermordung sind zwei von ihnen tatverdächtig, aber die beiden anderen fühlen sich moralisch mitverantwortlich. Die künstlerische Anthropologie Dostojewskis erreicht hier ihren Höhepunkt, was Sigmund Freud zu dem Urteil veranlasst hat, dies sei ''„der großartigste Roman, der je geschrieben wurde“''.<ref>{{Literatur |Autor=Reinhard Lauer |Titel=Geschichte der russischen Literatur |TitelErg=Von 1700 bis zur Gegenwart |Verlag=C. H. Beck |Ort=München |Datum=2000 |ISBN=3-406-50267-9 |Seiten=383 f.}}; {{Literatur |Autor=Sigmund Freud |Hrsg=Alexander Mitscherlich u.&nbsp;a. |Titel=Dostojewski und die Vatertötung (1928) |Sammelwerk=Sigmund Freud: Studienausgabe |WerkErg=Band X: Bildende Kunst und Literatur |Auflage=2000 |Verlag=Fischer |Ort=Frankfurt am Main |Datum=2000 |Seiten=271}}</ref> Publiziert wurde der Roman in vielen Folgen von Januar 1879 bis November 1880 in ''Russki Westnik''.<ref>{{Literatur |Autor=Edward Peters |Titel=Inquisition |Verlag=University of California Press |Ort=Berkeley, Los Angeles |Datum=1989 |ISBN=0-520-06630-8 |Seiten=254}} ({{Google Buch|BuchID=TnqLow3iKd4C|Seite=|Linktext=eingeschränkte Online-Version|Land= }})</ref>
 
=== Die letzten Lebensjahre ===
[[Datei:Fyodor Mikahailovich Dostoyevsky's Study in St Petersburg.jpg|mini|hochkant|Dostojewskis Arbeitszimmer in der Wohnung 5/2 Kuznechy Pereulok, die er von 1878 bis zu seinem Tode bewohnte]]
[[Datei:Санкт-Петербург, Тихвинское кладбище, могила Ф.М. Достоевского.JPG|mini|hochkant|Dostojewskis Grab in Sankt Petersburg]]
In seinen letzten Lebensjahren, in denen er zunehmend krank war, wurden Dostojewski viele Ehrungen zuteil. Als im November 1877 Nikolai Nekrassow starb, hielt Dostojewski die [[Trauerrede]].<ref>{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=275}}</ref> Am 2. Dezember 1878 wurde er zum Korrespondenzmitglied der [[Russische Akademie der Wissenschaften|Russischen Akademie der Wissenschaften]] gewählt.<ref>{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=xxxi}}</ref> Am 3. Februar 1880 wählte die Slawische Wohltätigkeitsgesellschaft in Sankt Petersburg ihn zu ihrem Vizepräsidenten.<ref>{{Literatur |Hrsg=Peter Sekirin |Titel=Chronology of Dostoevsky’s Life |Sammelwerk=The Dostoevsky Archive |WerkErg=Firsthand Accounts of the Novelist from Contemporaries’ Memoirs and Rare Periodicals |Verlag=McFarland |Ort=Jefferson, North Carolina |Datum=1997 |ISBN=0-7864-0264-4 |Seiten=319}}</ref> Anlässlich der Einweihung eines Puschkin-Denkmals hielt Dostojewski am 8. Juni 1880 eine [[Puschkin-Rede|Rede über den Dichter]], in der er Puschkin als Propheten des Russentums feierte.<ref>{{Literatur |Autor=Robert Louis Jackson |Titel=Dialogues with Dostoevsky |TitelErg=The Overwhelming Questions |Verlag=Stanford University Press |Ort=Stanford, California |Datum=1993 |Seiten=168}} ({{Google Buch|BuchID=AemeAAAAIAAJ |Seite=|Linktext=eingeschränkte Online-Version|Land= }})</ref>
 
[[Datei:Dostoyevsky on his Bier, Kramskoy.jpg|mini|hochkant|Dostojewski auf dem Totenbett, Zeichnung von [[Iwan Nikolajewitsch Kramskoi|Iwan Kramskoi]], 29. Januar 1881]]
Dostojewskis gesundheitlicher Zustand verschlechterte sich rapide. Vom 7. Februar 1881 an erlitt er Lungenblutungen, die am Abend des 9. Februar (im [[Julianischer Kalender|julianischen Kalender]]: 28. Januar) zu seinem Tode führten.<ref>{{Literatur |Hrsg=Peter Sekirin |Titel=Dostoevsky’s Last Month: January 1881 |Sammelwerk=The Dostoevsky Archive |WerkErg=Firsthand Accounts of the Novelist from Contemporaries’ Memoirs and Rare Periodicals |Verlag=McFarland |Ort=Jefferson, North Carolina |Datum=1997 |ISBN=0-7864-0264-4 |Seiten=256 ff.}}; {{Literatur |Hrsg=Peter Sekirin |Titel=Chronology of Dostoevsky’s Life |Sammelwerk=The Dostoevsky Archive |WerkErg=Firsthand Accounts of the Novelist from Contemporaries’ Memoirs and Rare Periodicals |Verlag=McFarland |Ort=Jefferson, North Carolina |Datum=1997 |ISBN=0-7864-0264-4 |Seiten=287 ff., 327}}; {{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=101}}</ref>
 
An der Trauerprozession, die am 12. Februar von Dostojewskis Wohnung über den [[Newski-Prospekt]] zur Kirche des [[Alexander-Newski-Kloster]]s führte, nahmen Zehntausende von Menschen teil.<ref>{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=xxxiv}}; die Schätzungen über die Zahl der Teilnehmer reichen je nach Quelle von 30.000 bis 100.000.</ref> Die Beerdigung, bei der Solowjow die Rede hielt, fand einen Tag später auf dem zum Kloster gehörigen [[Tichwiner Friedhof]] statt.<ref>{{Literatur |Autor=Kenneth A. Lantz |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia |Verlag=Greenwood Press |Ort=Westport, Connecticut |Datum=2004 |ISBN=0-313-30384-3 |Seiten=xxxiv}}; {{Literatur |Autor=Marina Kostalevsky |Titel=Dostoevsky and Soloviev |TitelErg=The Art of Integral Vision |Verlag=Yale University Press |Datum=1997 |Seiten=78}}</ref> Sein Grabstein trägt als Inschrift das Christuswort:
 
{{Zitat|Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht.| Neues Testament |{{Bibel|Johannes|12|24|LUT}}}}
 
== Literarischer Stil ==
Dostojewskis Schreiben ist durch eine große Synthese künstlerischer Stile und Ausdrucksformen gekennzeichnet. So hat er Einflüsse der [[Aufklärung]] (Voltaire), des [[Sentimentalismus]] (Rousseau), Schillers, [[E. T. A. Hoffmann]]s, Puschkins, Gogols, [[Michail Jurjewitsch Lermontow|Lermontows]], Balzacs, George Sands und Charles Dickens’ aufgenommen und in neue Zusammenhänge gestellt. Dasselbe gilt für das von den [[Naturalismus (Literatur)|Naturalisten]] entdeckte großstädtische Armutsmilieu und die –&nbsp;sonst im Sensationsroman beheimateten&nbsp;– kriminalistischen Sujets.<ref>{{Literatur |Autor=Reinhard Lauer |Titel=Geschichte der russischen Literatur |TitelErg=Von 1700 bis zur Gegenwart |Verlag=C. H. Beck |Ort=München |Datum=2000 |ISBN=3-406-50267-9 |Seiten=365 f.}}</ref> [[Michail Michailowitsch Bachtin|Michail Bachtin]] hat Dostojewskis Schreiben mit der [[Satire#Menippeische Satire|Menippeischen Satire]] verglichen, einer „karnevalisierten“ Literatur, die Ernstes mit Lächerlichem vermischt und auf diese Weise das Exzentrische, Extreme und Ambivalente, das Dostojewski so sehr interessiert hat, prägnant zum Ausdruck bringt, wobei die Grenzen des Realismus immer wieder überschritten werden.<ref>{{Literatur |Autor=Reinhard Lauer |Titel=Geschichte der russischen Literatur |TitelErg=Von 1700 bis zur Gegenwart |Verlag=C. H. Beck |Ort=München |Datum=2000 |ISBN=3-406-50267-9 |Seiten=366 f.}}</ref>
 
Über den Rahmen der literarischen Schulen, von denen er gelernt hat, ging Dostojewski stets hinaus. Dies gilt bereits für den Erstling, ''Arme Leute'', dessen minuziöse Beschreibung des Milieuraums zwar stark vom Naturalismus geprägt war; die Akribie, mit der Dostojewski dieses Milieu nicht nur von außen darstellte, sondern auch in den feinsten Gedanken und Gefühlsregungen der beiden Protagonisten, war jedoch seine persönliche Zutat, die er mit der naturalistischen Darstellung des Äußeren kunstfertig ins Gleichgewicht setzte.<ref>{{Literatur |Autor=Reinhard Lauer |Titel=Geschichte der russischen Literatur |TitelErg=Von 1700 bis zur Gegenwart |Verlag=C. H. Beck |Ort=München |Datum=2000 |ISBN=3-406-50267-9 |Seiten=368 f.}}</ref>
 
Wie [[Wolf Schmid]] aufgezeigt hat, kamen die narrativen Verfahren moderner Prosa erstmals in Dostojewskis zweitem Roman, ''Der Doppelgänger'', zur vollen Entfaltung. Erzählvorgang und Plot befinden sich hier in einer komplexen wechselseitigen Abhängigkeit, und mit kalkulierter Unbestimmtheit wird der Leser bis zum Schluss im Unklaren gehalten, ob er es mit der Geschichte einer [[Paranoia]] oder mit einem rein fantastischen Geschehen zu tun hat.<ref>{{Literatur |Autor=Wolf Schmid |Titel=Der Textaufbau in den Erzählungen Dostojewskis |Verlag=Werner Fink |Ort=München |Datum=1973}}; {{Literatur |Autor=Reinhard Lauer |Titel=Geschichte der russischen Literatur |TitelErg=Von 1700 bis zur Gegenwart |Verlag=C. H. Beck |Ort=München |Datum=2000 |ISBN=3-406-50267-9 |Seiten=369 f.}}</ref> Die aufwändig verflochtene Struktur erlaubt es, den ''Doppelgänger'' auf ganz unterschiedlichen Ebenen zu [[Textinterpretation|interpretieren]], etwa als psychologischen, analytischen, sozialkritischen oder philosophischen Roman.<ref>{{Literatur |Autor=Rudolf Neuhäuser |Titel=Das Frühwerk Dostoevskijs |TitelErg=Literarische Tradition und gesellschaftlicher Anspruch |Verlag=Carl Winter |Ort=Heidelberg |Datum=1979}}</ref>
 
Den nächsten Höhepunkt erreichte Dostojewskis Romankomposition in ''Schuld und Sühne'', in dem auch die Technik der [[Erlebte Rede|erlebten Rede]], die szenische Darbietung, die „Karnevalisierung“ und die Zeichnung unbewusster Vorgänge in vollem Umfang gemeistert waren.<ref>{{Literatur |Autor=Reinhard Lauer |Titel=Geschichte der russischen Literatur |TitelErg=Von 1700 bis zur Gegenwart |Verlag=C. H. Beck |Ort=München |Datum=2000 |ISBN=3-406-50267-9 |Seiten=375 f.}}</ref> In ''Der Idiot'' war es das Sprechverhalten und der Dialog der Figuren, dem Dostojewski seine besondere Aufmerksamkeit geschenkt hat.<ref>{{Literatur |Autor=Reinhard Lauer |Titel=Geschichte der russischen Literatur |TitelErg=Von 1700 bis zur Gegenwart |Verlag=C. H. Beck |Ort=München |Datum=2000 |ISBN=3-406-50267-9 |Seiten=378}}</ref> In den folgenden beiden Werken, ''Die Dämonen'' und ''Der Jüngling'', verwendete er [[Typologisches Modell der Erzählsituationen#Ich-Erzählsituation|Ich-Erzähler]]. Deren Wahrnehmung war jeweils subjektiv verzerrt – in den ''Dämonen'' durch die biedere Mentalität des Erzählers, im ''Jüngling'' durch dessen altersgemäße Überforderung –, wodurch die Geschichten fast bis zum Schluss verrätselt bleiben und die Verwirrung der Figuren, die sich in gänzlich aus den Fugen geratenen Welten bewegen, mit der Erzählsituation komplex rückgekoppelt ist. Die Diagnose des gesellschaftlichen Zustandes als Chaos wurde zum Strukturprinzip dieser beiden Romane, insbesondere im wenig gelesenen ''Jüngling''.<ref>{{Literatur |Autor=Reinhard Lauer |Titel=Geschichte der russischen Literatur |TitelErg=Von 1700 bis zur Gegenwart |Verlag=C. H. Beck |Ort=München |Datum=2000 |ISBN=3-406-50267-9 |Seiten=378–381}}; {{Literatur |Autor=Rudolf Neuhäuser |Titel=Nachwort |Sammelwerk=Fjodor M. Dostojewski: Der Jüngling |Auflage=2. |Verlag=Deutscher Taschenbuch Verlag |Ort=München |Datum=1981 |ISBN=3-538-05049-X |Seiten=760 f.}}</ref> Der Roman ''Die Brüder Karamasow'' schließlich ist mit seinen vielen Personen, Episoden und Entwicklungssträngen Dostojewskis komplexeste Arbeit und diejenige, in der die von Bachtin beschriebene „polyphone“ Struktur am deutlichsten sichtbar wird.<ref>{{Literatur |Autor=Victor Terras |Titel=A Karamazov Companion |TitelErg=Commentary of the Genesis, Language, and Style of Dostoevsky’s Novel |Verlag=University of Wisconsin Press |Ort=Madison, Wisconsin |Datum=2002 |ISBN=0-299-08310-1 |Seiten=85}} ({{Google Buch|BuchID=eaoZZ10VgekC |Seite=|Linktext=eingeschränkte Online-Version|Land= }})</ref> Jedem der Brüder ist ein selbstständiger Schlüsseltext zugeordnet, dessen berühmtester die ''[[Der Großinquisitor|Legende vom Großinquisitor]]'' (= Iwans Selbstdarstellung) ist.<ref>{{Literatur |Autor=Reinhard Lauer |Titel=Geschichte der russischen Literatur |TitelErg=Von 1700 bis zur Gegenwart |Verlag=C. H. Beck |Ort=München |Datum=2000 |ISBN=3-406-50267-9 |Seiten=383‒386}}</ref> Aufgrund seiner wohlkalkulierten Komplexität kann der Roman als [[Allegorie]], als [[Theodizee]], als Familiendrama, als Sozialroman, als philosophischer, als psychologischer Roman, ja selbst als Kriminalroman gelesen und interpretiert werden.<ref>{{Literatur |Autor=Victor Terras |Titel=A Karamazov Companion |TitelErg=Commentary of the Genesis, Language, and Style of Dostoevsky’s Novel |Verlag=University of Wisconsin Press |Ort=Madison, Wisconsin |Datum=2002 |ISBN=0-299-08310-1 |Seiten=40‒83}}</ref>
 
[[Rosa Luxemburg]] hat auf die dramatischen Elemente von Dostojewskis Romanen hingewiesen: sie strotzten derart von Handlung, Erlebnis und Spannung, dass ihre sich übereinanderstürmende sinnverwirrende Fülle das epische Element des Romans zu erdrücken, seine Schranken jeden Augenblick zu sprengen drohe.<ref>Rosa Luxemburg im Vorwort zu {{Literatur |Autor=[[Wladimir Korolenko]] |Titel=Die Geschichte meines Zeitgenossen |Verlag=Paul Cassirer |Ort=Berlin |Datum=1919}}</ref> [[Horst-Jürgen Gerigk]] hat diese Wirkungsweise untersucht und als machiavellistisch bezeichnet. Verbrechen, Krankheit, Sexualität, Religion und Politik würden gezielt eingesetzt, um den Leser zu fesseln.<ref>{{Literatur |Autor=[[Horst-Jürgen Gerigk]] |Titel=Die Gründe für die Wirkung Dostojewskijs |Sammelwerk=Dostoevsky Studies |Band=3 |Datum=1981 |Seiten=3}}</ref> Die Spannung erreicht Dostojewski durch Polarisation (arm/reich; alter Mann/junge Frau; Schurke/guter Mensch). Dinge und Charaktere werden nicht vollständig erzählt. Der Leser muss sich durch eine Reihe von Zügen, Andeutungen und Gesprächen etwas zusammenkonstruieren, was aber nie hinreicht, eine vollkommen logische Erwartung zu schaffen. Oft tritt ein Erzähler auf, der das Ganze nicht versteht, vieles nicht bemerkt und von Gerüchten berichtet. Das Verschweigen oder das unklare Andeuten von Motiven sind weitere Elemente der gezielt aufgebauten Spannung. Oft gibt Geld dem Geschehen eine ganz unerwartete Richtung. Viele der Personen haben einen Stich ins Verrückte oder sonderbare Allüren. Unverständliches wird übertrieben.<ref>{{Literatur |Autor=[[Paul Ernst]] |Titel=Zur Technik Dostojewskis |Sammelwerk=Das Magazin für Litteratur |Band=59. Jhrg. |Datum=1890 |Seiten=644–646}}</ref>
 
== Siehe auch ==
 
* {{WikipediaDE|Fjodor Michailowitsch Dostojewski}}
 
== Dostojewskis Werke ==
=== Romane ===
* (1846) ''[[Wikipedia:Arme Leute|Arme Leute]]'' (russisch: Бедные люди, wissenschaftliche Transliteration: ''Bednye ljudi'')
* (1849) ''[[Wikipedia:Njetotschka Neswanowa|Njetotschka Neswanowa]]'' (Неточка Незванова, ''Netočka Nezvanova''; Fragment)
* (1861) ''[[Wikipeida:Erniedrigte und Beleidigte|Erniedrigte und Beleidigte]]'' (Униженные и оскорбленные, ''Unižennye i oskorblënnye'')
* (1866) ''[[Wikipedia:Schuld und Sühne|Schuld und Sühne]]'' (Преступление и наказание, ''Prestuplenie i nakazanie'')
* (1867) ''[[Wikipeida:Der Spieler|Der Spieler]]'' (Игрок, ''Igrok'')
* (1869) ''[[Wikipedia:Der Idiot|Der Idiot]]'' (Идиот, ''Idiot'')
* (1872) ''[[Wikipedia:Die Dämonen (Dostojewski)|Die Dämonen]]'' (Бесы, ''Besy'')
* (1875) ''[[Wikipedia:Der Jüngling:Der Jüngling]]'' (Подросток, ''Podrostok'')
* (1880) ''[[Wikipedia:Die Brüder Karamasow|Die Brüder Karamasow]]'' (Братья Карамазовы, ''Brat’ja Karamazovy'')
 
=== Novellen ===
* (1846) ''[[Wikipedai:Der Doppelgänger (Dostojewski)|Der Doppelgänger]]'' (Двойник, ''Dvojnik'')
* (1847) ''Eine Novelle in neun Briefen'' (Роман в девяти письмах, ''Roman v devjati pis’mach'')
* (1847) ''[[Wikipedia:Die Wirtin (Dostojewski)|Die Wirtin]]'' (Хозяйка, ''Chozjajka'')
* (1848) ''[[Wikipedia:Das schwache Herz|Das schwache Herz]]'' (Слабое сердце, ''Slaboje serdce'')
* (1848) ''Weihnachtsbaum und Hochzeit'' (Ёлка и свадьба, ''Ëlka i svad’ba'')
* (1848) ''[[Wikipedia:Weiße Nächte (Dostojewski)|Weiße Nächte]]'' (Белые ночи, ''Belye noči'')
* (1859) ''[[Wikipedia:Onkelchens Traum:Onkelchens Traum]]'' (Дядюшкин сон, ''Djaduškin son'')
* (1859) ''[[Wikipedia:Das Gut Stepantschikowo und seine Bewohner|Das Gut Stepantschikowo und seine Bewohner]]'' (Село Степанчиково и его обитатели, ''Selo Stepančikovo i ego obitateli'')
* (1864) ''[[Wikipedia:Aufzeichnungen aus dem Kellerloch|Aufzeichnungen aus dem Kellerloch]]'' (Записки из подполья, ''Zapiski iz podpolʹja'')
* (1870) ''Der ewige Gatte'' (Вечный муж, ''Večnyj muž'')<ref>weitere Titel, je nach Übersetzer: Der Hahnrei; Der lebenslängliche Ehemann; Der ewige Ehemann. Sekundärliteratur: Horst-Jürgen Gerigk: ''Elemente des Skurrilen in Dostoevskijs Erzählung "Der ewige Gatte".'' In: Ulrich Busch u.a. Hg.: ''Gogol, Turgenev, Dostojewskij, Tolstoj. Zur russischen Literatur des 19. Jahrhunderts''. Fink, München 1966, S. 37–49. Adaption als Theaterstück, von Wolfgang Seidenberg, Inszenierung Silvia Armbruster, Co-Produktion mit dem Theaterhaus Stuttgart, [http://www.theater-wahlverwandte.de/der-ewige-gatte-eine-boese-geschichte/ Theater Wahlverwandte], Januar 2016 an versch. Orten</ref>
* (1876) ''[[Wikipedia:Die Sanfte|Die Sanfte]]'' (Кроткая, ''Krotkaja'')
 
=== Erzählungen ===
* (1846) ''[[Wikipedia:Herr Prochartschin|Herr Prochartschin]]'' (Господин Прохарчин, ''Gospodin Procharčin'')
* (1848) ''Die fremde Frau'' (Чужая жена, ''Čužaja žena'')
* (1848) ''Der eifersüchtige Ehemann'' (Ревнивый муж, ''Revnivyi muž'')
* (1848) ''Polsunkow'' (Ползунков, ''Polzunkov'')
* (1848) ''Der ehrliche Dieb'' (Честный вор, ''Čestnyj vor'')
* (1849) ''Ein kleiner Held'' (Маленький герой, ''Malen’kij geroj'')
* (1860) ''[[Wikipedia:Die fremde Frau und der Mann unter dem Bett|Die fremde Frau und der Mann unter dem Bett]]'' (Чужая жена и муж под кроватью, ''Čužaja žena i muž pod krovat’ju'')<ref>Es gibt zwei CD-Einspielungen davon, eine gelesen von Dieter Mann (Argon), die zweite mit dem Titel ''Die fremde Frau und der Ehemann unter dem Bett'', gelesen von Klaus Jürgen Mad (Asconto)</ref>
* (1862) ''[[Wikipedia:Aufzeichnungen aus dem Totenhaus|Aufzeichnungen aus einem Totenhaus]]'' (Записки из Мёртвого дома, ''Zapiski iz mërtvogo doma'')
* (1862) ''[[Wikipedia:Eine dumme Geschichte|Eine dumme Geschichte]]'' (Скверный анекдот, ''Skvernyj anekdot'')
* (1865) ''[[Wikipedia:Das Krokodil|Das Krokodil – Ein ungewöhnliches Ereignis]]'' (Крокодил, ''Krokodil''; Fragment)
* (1873) ''[[Wikipedia:Bobok (Dostojewski)|Bobok]]'' (Бобок)
* (1876) ''[[Wikopedia:Der Junge bei Herrn Jesus zur Weihnacht|Der Junge beim Herrn Jesus zur Weihnacht]]'' (Мальчик у Христа на ёлке, ''Mal'čik u Christa na ëlke'')
* (1876) ''[[Wikipedia:Die Hundertjährige|Die Hundertjährige]]'' (Столетняя, ''Stoletnjaja'')
* (1877) ''[[Wikipedia:Der Traum eines lächerlichen Menschen|Der Traum eines lächerlichen Menschen]]'' (Сон смешного человека, ''Son smešnogo čeloveka'')
 
=== Aktuelle Gesamtausgaben ===
Russisch:
* {{Literatur
  |Hrsg=V. G. Bazanov
  |Titel=Polnoe sobranie sočinenij. V tridcati tomach (Полное собрание сочинении в тридцати томах)
  |Verlag=Izdat. Nauka
  |Ort=Leningrad
  |Datum=
  |ISBN=5-02-027952-8
  |Kommentar=1972–1990, Sämtliche Werke in dreißig Bänden}}
 
Deutsch:
* {{Literatur
  |Titel=Sämtliche Romane und Erzählungen
  |Band=13 Bände
  |Verlag=Aufbau
  |Ort=Berlin
  |Datum=1994
  |ISBN=3-351-02300-6}}
* {{Literatur
  |Titel=Sämtliche Werke
  |Band=10 Bände
  |Verlag=Piper
  |Ort=München
  |Datum=2008
  |ISBN=978-3-492-25265-2
  |Kommentar=Deutsch von E. K. Rahsin}}
* {{Literatur
  |Titel=Sämtliche Werke
  |TitelErg=37 Bände auf einem USB-Stick inkl. Tagebücher
  |Verlag=anker-eBooks
  |Datum=2011
  |ISBN=978-3-942963-00-8
  |Kommentar=digitale Ausgabe}}
 
== Literaturhinweise ==
 
== Literatur über Dostojewski ==
=== Nachschlagewerke ===
* {{Literatur
  |Autor=Richard Chapple
  |Titel=A Dostoevsky Dictionary
  |Verlag=Ardis Publishers
  |Ort=Ann Arbor, Michigan
  |Datum=1983
  |ISBN=0-88233-616-9
  |Sprache=en}}
* {{Literatur
  |Autor=Kenneth A. Lantz
  |Titel=The Dostoevsky Encyclopedia
  |Verlag=Greenwood Publishing Group
  |Datum=2004
  |ISBN=0-313-30384-3
  |Sprache=en
  |Online={{Google Buch|BuchID=XfDOcmJisn0C }}}}
 
=== Fachzeitschriften ===
* {{Literatur
  |Titel=Materialy i issledovanija (MiI)
  |TitelErg=„Offizielles Fachblatt“ der sowjetischen Dostojewski-Forschung
  |Datum=
  |Kommentar=seit 1974}}
* {{Literatur
  |Titel=The Dostoevsky Journal. An Independent Review
  |Verlag=Charles Schlacks
  |Ort=Idyllwild, CA
  |Datum=
  |ISSN=1521-1975
  |Kommentar=seit 2000
  |Online=[http://www.dostoevskyjournal.com/ dostoevskyjournal.com]}}
* International Dostoevsky Society (Hrsg.): ''Dostoevsky Studies.'' Band 1–9, University of Toronto, 1980–1988 ({{Webarchiv|url=http://www.utoronto.ca/tsq/DS/issues.shtml|wayback=20131221062257|text=utoronto.ca}}).
* {{Literatur
  |Titel=Dostoevsky Studies – The Journal of the International Dostoevsky Society
  |Band=New Series Band 1–16
  |Verlag=Attempto
  |Ort=Tübingen
  |Datum=
  |ISSN=1013-2309
  |Kommentar=seit 1998}}
* {{Literatur
  |Titel=Jahrbuch der Deutschen Dostojewskij-Gesellschaft
  |Verlag=Otto Sagner
  |Ort=München / Berlin / Washington D.C.
  |Datum=
  |ISSN=1437-5265
  |Kommentar=seit 1993}}
 
=== Biografien ===
'''Zum Einstieg'''
* {{Literatur
  |Autor=[[Vitali Konstantinov]]
  |Titel=FMD: Leben und Werk von Dostojewski
  |Verlag=Knesebeck
  |Ort=München
  |Datum=2016
  |ISBN=978-3-86873-850-6}}
* {{Literatur
  |Autor=Ulrike Elsässer-Feist
  |Titel=Fjodor M. Dostojewski
  |Verlag=Brockhaus
  |Ort=München
  |Datum=1991
  |ISBN=3-417-21110-7}}
* {{Literatur
  |Autor=Janko Lavrin
  |Titel=Dostojewski
  |Reihe=Rowohlts Monographien
  |NummerReihe=50088
  |Auflage=29.
  |Verlag=Rowohlt Taschenbuch Verlag
  |Ort=Reinbek bei Hamburg
  |Datum=2010
  |ISBN=978-3-499-50088-6}}
* {{Literatur
  |Autor=[[Zenta Mauriņa]]
  |Titel=Dostojewskij. Menschengestalter und Gottsucher
  |Verlag=Maximilian Dietrich
  |Datum=1997
  |ISBN=978-3-87164-100-8
  |Originaltitel=Dostojevskis
  |Originalsprache=lv
  |Originaljahr=1931}}
 
'''Zum genauen Studium'''
* {{Literatur
  |Autor=Nina Hoffmann
  |Titel=Th. M. Dostojewsky
  |Verlag=Ernst Hofmann & Co.
  |Ort=Berlin
  |Datum=1899}}
* {{Literatur
  |Autor=[[Julius Meier-Graefe]]
  |Titel=Dostojewski Der Dichter
  |Verlag=Ernst Rowohlt
  |Ort=Berlin
  |Datum=1926}}
* {{Literatur
  |Autor=Geir Kjetsaa
  |Titel=Dostojewski
  |Verlag=Heyne
  |Datum=1993
  |ISBN=3-453-03530-5
  |Originaltitel=Fjodor Dostojevskij, et dikterliv
  |Originalsprache=no
  |Originaljahr=1985
  |Übersetzer=Astrid Arz}}
* {{Literatur
  |Autor=Konstantin Mochulsky
  |Titel=Dostoevsky
  |TitelErg=His Life and Work
  |Verlag=Princeton University Press
  |Datum=1967
  |ISBN=0-691-06027-4
  |Sprache=en
  |Originaltitel=Достоевский: Жизнь и творчество
  |Originalsprache=ru
  |Originaljahr=1947
  |Originalort=Paris}}
* {{Literatur
  |Autor=Joseph Frank
  |Titel=Dostoevsky
  |TitelErg=A Writer in His Time
  |Verlag=Princeton University Press
  |Datum=2009
  |ISBN=978-0-691-12819-1
  |Sprache=en
  |Kommentar=Kompaktversion des 5-bändigen Werkes}}
* Joseph Frank: ''Dostoevsky'', [[Princeton University Press]].<br />5 Bände: {{Literatur |Titel=The Seeds of Revolt, 1821–1849 |Datum=1976 |ISBN=0-86051-015-8}}; {{Literatur |Titel=The Years of Ordeal, 1850–1859 |Datum=1983 |ISBN=0-86051-242-8}}; {{Literatur |Titel=The Stir of Liberation, 1860–1865 |Datum=1986}}; {{Literatur |Titel=The Miraculous Years, 1865–1871 |Datum=1995}}; {{Literatur |Titel=The Mantle of the Prophet, 1871–1881 |Datum=2002 |Sprache=en}}
* {{Literatur
  |Autor=Horst-Jürgen Gerigk
  |Titel=Dostojewskijs Entwicklung als Schriftsteller
  |TitelErg=Vom „Toten Haus“ zu den „Brüdern Karamasow“
  |Verlag=Fischer Taschenbuch Verlag
  |Datum=2013
  |ISBN=978-3-596-90558-4}}
 
=== Religion und Philosophie ===
In deutscher Sprache:
* {{Literatur
  |Autor=[[Nikolai Alexandrowitsch Berdjajew|Nikolai Berdjajew]]
  |Titel=Die Weltanschauung Dostojewskis
  |Verlag=C.H. Becksche
  |Ort=München
  |Datum=1924
  |Originaltitel=Миросозерцание Достоевского
  |Originalsprache=ru}}
* {{Literatur
  |Autor=[[Maximilian Braun (Slawist)|Maximilian Braun]]
  |Titel=Dostojewski
  |TitelErg=Das Gesamtwerk als Vielfalt und Einheit
  |Verlag=Vandenhoek & Ruprecht
  |Datum=1976
  |ISBN=3-525-01210-1}}
* {{Literatur
  |Autor=[[Eugen Drewermann]]
  |Titel=Daß auch der Allerniedrigste mein Bruder sei
  |TitelErg=Dostojewski – Dichter der Menschlichkeit
  |Verlag=Walter Verlag
  |Ort=Zürich
  |Datum=1998
  |ISBN=3-530-40048-3}}
* {{Literatur
  |Autor=[[Fedor Stepun]]
  |Titel=Dostojewski
  |TitelErg=Weltschau und Weltanschauung
  |Verlag=Carl Pfeffer Verlag
  |Ort=Heidelberg
  |Datum=1950}}
* {{Literatur
  |Autor=[[Frank Thiess]]
  |Titel=Dostojewski
  |TitelErg=Realismus am Rande der Transzendenz
  |Verlag=Seewald Verlag
  |Ort=Stuttgart
  |Datum=1971}}
 
Englisch:
* {{Literatur
  |Autor=Wil van den Bercken
  |Titel=Christian Fiction and Religious Realism in the Novels of Dostoevsky
  |Verlag=Anthem Press
  |Datum=2011
  |ISBN=978-0-85728-976-6
  |Sprache=en}}
* {{Literatur
  |Autor=Steven Cassedy
  |Titel=Dostoevsky’s Religion
  |Verlag=Stanford University Press
  |Datum=2005
  |ISBN=978-0-8047-5137-7
  |Sprache=en}}
* {{Literatur
  |Autor=George Pattison, Diane Oenning Thompson (Hrsg.)
  |Titel=Dostoevsky and the Christian Tradition
  |Verlag=Cambridge University Press
  |Datum=2001
  |ISBN=978-0-521-78278-4
  |Sprache=en}}
* {{Literatur
  |Autor=James Patrick Scanlan
  |Titel=Dostoevsky the Thinker
  |Verlag=Cornell University Press
  |Datum=2002
  |ISBN=978-0-8014-7670-9
  |Sprache=en}}
* {{Literatur
  |Autor=[[Rowan Williams]]
  |Titel=Dostoevsky, Language, Faith and Fiction
  |Verlag=Baylor University Press
  |Datum=2008
  |ISBN=978-1-84706-425-7
  |Sprache=en}}
*{{Literatur
  |Autor=[[René Girard]]
  |Titel=Resurrection From The Underground: Feodor Dostoevsky
  |Verlag=The Crossroad Publishing Company
  |Ort=New York
  |Datum=1997
  |ISBN=0-8245-1608-7
  |Sprache=en}}
 
=== Literaturwissenschaftliche Perspektive ===
* {{Literatur
  |Autor=[[Michail Michailowitsch Bachtin|Michail Bachtin]]
  |Titel=Probleme der Poetik Dostojewskis
  |Verlag=Ullstein
  |Datum=1988
  |ISBN=3-548-35228-6}}, erstmals 1929
* {{Literatur
  |Autor=Rudolf Neuhäuser
  |Titel=Fjodor M. Dostojewskij
  |TitelErg=Leben – Werk – Wirkung. 15 Essays
  |Verlag=Böhlau
  |Ort=Wien
  |Datum=2013
  |ISBN=978-3-205-78925-3}}
* {{Literatur
  |Autor=Malcolm V. Jones, Garth M. Terry
  |Titel=New essays on Dostoyevsky
  |Verlag=Cambridge University Press
  |Datum=2010
  |Sprache=en}}
* {{Literatur
  |Autor=Rudolf Neuhäuser
  |Titel=F. M. Dostojevskij: Die großen Romane und Erzählungen
  |TitelErg=Interpretationen und Analysen
  |Verlag=Böhlau
  |Ort=Wien, Köln, Weimar
  |Datum=1993
  |ISBN=3-205-98112-X}}
 
=== Rezeption und Wirkung ===
* {{Literatur
  |Autor=Olga Caspers
  |Titel=Ein Schriftsteller im Dienst der Ideologie
  |TitelErg=Zur Dostoevskij-Rezeption in der Sowjetunion
  |Verlag=Otto Sagner
  |Ort=München, Berlin, Washington D.C.
  |Datum=2012
  |ISBN=978-3-86688-159-4}}
* {{Literatur
  |Autor=Horst-Jürgen Gerigk
  |Titel=Dostojewskij, der vertrackte Russe
  |TitelErg=Die Geschichte seiner Wirkung im deutschen Sprachraum
  |Verlag=Attempto
  |Ort=Tübingen
  |Datum=2000}}
* {{Literatur
  |Hrsg=Hans Rothe
  |Titel=Dostojevskij und die Literatur
  |TitelErg=Vorträge zum 100. Todesjahr des Dichters auf der 3. internationalen Tagung des „Slavenkomittees“ in München
  |Verlag=Böhlau
  |Ort=Köln Wien
  |Datum=1983
  |ISBN=3-412-10882-0
  |Seiten=505}}
* {{Literatur
  |Autor=Horst-Jürgen Gerigk
  |Titel=Ein Meister aus Russland
  |TitelErg=Beziehungsfelder der Wirkung Dostojewskijs. Vierzehn Essays
  |Verlag=Universitätsverlag Winter
  |Ort=Heidelberg
  |Datum=2010
  |ISBN=978-3-8253-5782-5}}
 
== Weblinks ==
{{Commonscat|Fyodor Dostoyevsky|Fjodor Dostojewski}}
{{Wikiquote|Fjodor Dostojewski}}
'''Deutschsprachige Seiten'''
* [http://www.dostojewski.eu/ www.dostojewski.eu] Umfangreiche Seite zu Leben und Werk
* Orest Miller: [http://gutenberg.spiegel.de/buch/2094/4 Zur Lebensgeschichte Dostojewskis]
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
{{Normdaten|TYP=p|GND=118527053|LCCN=n/79/29930|NDL=00438157|VIAF=104023256}}
 
{{SORTIERUNG:Dostojewski, Fjodor Michailowitsch}}
[[Kategorie:Dostojewski|!]]
[[Kategorie:Autor]]
[[Kategorie:Schriftsteller]]
[[Kategorie:Russe]]
[[Kategorie:Geboren 1821]]
[[Kategorie:Gestorben 1881]]
[[Kategorie:Mann]]
 
{{Personendaten
|NAME=Dostojewski, Fjodor Michailowitsch
|ALTERNATIVNAMEN=Достоевский, Фёдор Михайлович (russisch)
|KURZBESCHREIBUNG=russischer Schriftsteller
|GEBURTSDATUM=11. November 1821
|GEBURTSORT=[[Moskau]]
|STERBEDATUM=9. Februar 1881
|STERBEORT=[[Sankt Petersburg]]
}}
 
{{Wikipedia}}

Version vom 11. März 2020, 19:15 Uhr

Die wundersame Brotvermehrung ist ein biblisches Motiv, das im Alten Testament und im Neues Testament vorkommt.

Altes Testament

Speisung durch Elisa

Im 2. Buch der Könige heißt es:

„38 Als aber Elisa wieder nach Gilgal kam, war Hungersnot im Lande. Und als die Prophetenjünger vor ihm saßen, sprach er zu seinem Diener: Setze einen großen Topf auf und koche ein Gemüse für die Prophetenjünger! 39 Da ging einer aufs Feld, um Kraut zu sammeln, und fand ein Rankengewächs und pflückte sein Kleid voll mit wilden Gurken. Und als er kam, schnitt er's in den Topf zum Gemüse – sie kannten's aber nicht – 40 und legte es den Männern zum Essen vor. Als sie nun von dem Gemüse aßen, schrien sie und sprachen: O Mann Gottes, der Tod im Topf! Denn sie konnten's nicht essen. 41 Er aber sprach: Bringt Mehl her! Und er tat's in den Topf und sprach: Lege es den Leuten vor, dass sie essen! Da war nichts Böses mehr in dem Topf. 42 Es kam aber ein Mann von Baal-Schalischa und brachte dem Mann Gottes Erstlingsbrot, nämlich zwanzig Gerstenbrote, und neues Getreide in seinem Beutel. Er aber sprach: Gib's den Leuten, dass sie essen! 43 Sein Diener sprach: Wie soll ich davon hundert Mann geben? Er sprach: Gib den Leuten, dass sie essen! Denn so spricht der HERR: Man wird essen und es wird noch übrig bleiben. 44 Und er legte es ihnen vor, dass sie aßen; und es blieb noch übrig nach dem Wort des HERRN.“

Neues Testament

Speisung der Fünftausend

Die Speisung der Fünftausend wird in allen vier Evangelien erwähnt. Im Johannesevangelium heißt es:

„1 Danach ging Jesus weg ans andre Ufer des Galiläischen Meeres, das auch See von Tiberias heißt. 2 Und es zog ihm viel Volk nach, weil sie die Zeichen sahen, die er an den Kranken tat. 3 Jesus aber ging hinauf auf einen Berg und setzte sich dort mit seinen Jüngern. 4 Es war aber kurz vor dem Passa, dem Fest der Juden. 5 Da hob Jesus seine Augen auf und sieht, dass viel Volk zu ihm kommt, und spricht zu Philippus: Wo kaufen wir Brot, damit diese zu essen haben? 6 Das sagte er aber, um ihn zu prüfen; denn er wusste wohl, was er tun wollte. 7 Philippus antwortete ihm: Für zweihundert Silbergroschen Brot ist nicht genug für sie, dass jeder auch nur ein wenig bekomme. 8 Spricht zu ihm einer seiner Jünger, Andreas, der Bruder des Simon Petrus: 9 Es ist ein Knabe hier, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische. Aber was ist das für so viele? 10 Jesus aber sprach: Lasst die Leute sich lagern. Es war aber viel Gras an dem Ort. Da lagerten sich etwa fünftausend Männer. 11 Jesus aber nahm die Brote, dankte und gab sie denen, die sich gelagert hatten; desgleichen auch von den Fischen, so viel sie wollten. 12 Als sie aber satt waren, spricht er zu seinen Jüngern: Sammelt die übrigen Brocken, damit nichts umkommt. 13 Da sammelten sie und füllten zwölf Körbe mit Brocken von den fünf Gerstenbroten, die denen übrig blieben, die gespeist worden waren. 14 Als nun die Menschen das Zeichen sahen, das Jesus tat, sprachen sie: Das ist wahrlich der Prophet, der in die Welt kommen soll. 15 Da Jesus nun merkte, dass sie kommen würden und ihn ergreifen, um ihn zum König zu machen, entwich er wieder auf den Berg, er allein.“

Johannes: 6,1-15 EU

Speisung der Viertausend

Die Speisung der Viertausend findet sich nur im Matthäusevangelium und im Markusevangelium.

„32 Jesus rief seine Jünger zu sich und sagte: Ich habe Mitleid mit diesen Menschen; sie sind schon drei Tage bei mir und haben nichts mehr zu essen. Ich will sie nicht hungrig wegschicken, sonst brechen sie auf dem Weg zusammen. 33 Da sagten die Jünger zu ihm: Wo sollen wir in dieser Wüste so viel Brot hernehmen, um so viele Menschen satt zu machen? 34 Jesus sagte zu ihnen: Wie viele Brote habt ihr? Sie antworteten: Sieben - und ein paar Fische. 35 Da forderte er die Leute auf, sich auf den Boden zu setzen. 36 Und er nahm die sieben Brote und die Fische, sprach das Dankgebet, brach sie und gab sie den Jüngern und die Jünger gaben sie den Menschen. 37 Und alle aßen und wurden satt. Und sie sammelten die übrig gebliebenen Stücke ein, sieben Körbe voll. 38 Es waren viertausend Männer, die gegessen hatten, dazu noch Frauen und Kinder. 39 Danach schickte er die Menge nach Hause, stieg ins Boot und fuhr in die Gegend von Magadan.“

Matthäus: 15,32-39 EU