Quecksilber und Ernst Müller: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Bild:Cinnabarit.jpg|thumb|[[Wikipedia:Cinnabarit|Cinnabarit]] mit Tropfen von gediegenem Quecksilber]]
[[Datei:Ernst Mueller ca.1939.jpg|thumb|Ernst Müller (ca. 1939)]]
'''Quecksilber''' (von [[Wikipedia:althochdeutsch|althochdeutsch]] ''quecsilbar'' zu [[Wikipedia:Germanische Sprachen|germanisch]] ''kwikw'' „(quick)lebendig“, was soviel wie ''lebendiges Silber'' bedeutet), der zum Stoff verdichtete '''[[Mercurius]]''' der [[Alchemist]]en, ist ein [[metall]]isches [[chemisches Element]] mit dem [[Wikipedia:Chemie|chemischen]] Zeichen '''Hg''' ([[Wikipedia:Griechische Sprache|gr.]], [[Wikipedia:Latein|lat.]] ''hydrargyrum'', abgeleitet von [[Wikipedia:Griechische Sprache|griech.]] ''hydor'' „Wasser“ und ''argyros'' „Silber“ und dem lateinischen Suffix ''-um'', was soviel wie ''flüssiges Silber'' bedeutet, eine Namensgebung, die auf [[Wikipedia:Dioskurides|Dioskurides]] zurückgeht). Als einziges [[Metall]] ist Quecksilber unter irdischen [[Wikipedia:Normalbedingungen|Normalbedingungen]] flüssig und zählt nach [[okkult]]er Tradition zu den [[sieben]] [[Planetenmetalle]]n und wird dem [[Merkur]] zugeordnet.
[[Datei:Ernst Mueller Palaestina 1907-1909.jpg|mini|Ernst Müller in Palästina (1907 - 1909)]]
[[Datei:Friederike Mueller geb. Schorr 1900-1995 Jugendbild 1920er Jahre.jpg|mini|Friederike Müller, geb. Schorr (1900 - 1995), Jugendbild aus den 1920er Jahren]]
[[Datei:Ernst und Frieda Mueller 1940er Jahre.jpg|mini|Ernst und Frieda Müller (1940er Jahre, London)]]
[[Datei:Ernst Mueller 1953.jpg|mini|Ernst Müller (1953)]]
'''Ernst Müller''' (* [[Wikipedia:21. November|21. November]] [[Wikipedia:1880|1880]] in [[Wikipedia:Miroslav (Stadt)|Mißlitz]], [[Wikipedia:Mähren|Mähren]]; † [[Wikipedia:5. August|5. August]] [[Wikipedia:1954|1954]] in [[Wikipedia:London|London]]) war ein [[Wikipedia:österreich|österreich]]ischer [[Wikipedia:Zionist|Zionist]] und [[Anthroposoph]].  


Quecksilber findet man in der Natur hauptsächlich in Gegenden mit ehemals [[Wikipedia:Vulkan|vulkanischer]] Aktivität als [[Wikipedia:Zinnober|Zinnober]] ([[Wikipedia:Cinnabarit|Cinnabarit]] = ''Drachenblut'', HgS), aus dem es durch das ''Röstverfahren'' gewonnen werden kann: HgS + O<sub>2</sub> → Hg + SO<sub>2</sub>. Sehr viel seltener kommt Quecksilber auch [[Wikipedia:gediegen|gediegen]] vor.
== Leben ==
Der in seiner mährischen Geburtsregion aufgewachsene Müller schrieb schon als Schüler in [[jüdisch]]en Zeitungen, wobei er Partei für den Zionismus ergriff. 1897 begegnete er in [[Wikipedia:Brünn|Brünn]] erstmals [[Wikipedia:Theodor Herzl|Theodor Herzl]]. 1898 maturierte er in Brünn mit Auszeichnung und begann danach in Wien ein Jura-Studium, das er aber nach einer schweren Krise abbrach. Nach einem Aufenthalt in einer Kaltwasserheilanstalt nach Wien zurückgekehrt, studierte er [[Philosophie]], [[Mathematik]] und [[Naturwissenschaft]]en. 1903 erhielt er die Lehrbefähigung als Gymnasiallehrer und 1905 promovierte er bei [[Laurenz Müllner]] und [[Wikipedia:Friedrich Jodl|Friedrich Jodl]] an der [[Wikipedia:Universität Wien|Universität Wien]] mit einer Arbeit über "Bewusstseinsprobleme".


Vor der Etablierung der [[Wikipedia:Antibiotika|Antibiotika]] wurden "Quecksilberkuren" noch gegen die [[Syphilis]] eingesetzt. Doch nun ist der Hauptanwendungsbereich des "Mercurius" in der HNO-Heilkunde zu finden, etwa als Mercurius cyanatus (D4-D6), als Mercurius bijodatus (D4-D6) und als Zinnober (D6).
Schon 1900 hatte Ernst Müller in Wien [[Wikipedia:Martin Buber|Martin Buber]] kennengelernt und schrieb seither regelmäßig für das von Buber redigierte zionistische Zentralorgan [[Wikipedia:Die Welt (Zionismus)|Die Welt]]. 22-jährig leitete Müller dann die Redaktion der zionistischen Jugendzeitschrift „Unsere Hoffnung“. Zu dieser Zeit war er [[Samuel Hugo Bergman]]  begegnet, einem Klassenkameraden und Freund von [[Wikipedia:Franz Kafka|Franz Kafka]], der später Philosophieprofessor und [[Wikipedia:Rektor|Rektor]] der [[Wikipedia:Hebräische Universität in Jerusalem|Hebräischen Universität]] in Jerusalem wurde.<ref>[http://www.info3.de/ycms/printartikel_228.shtml Hans-Jürgen Bracker: Humanistischer Zionismus. In: Info 3]</ref>


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Ab 1906 lehrte Müller für ein Jahr an einem Gymnasium in Ungarisch-Brod  (Mähren). 1907 ging er nach Palästina, wo er am neu gegründeten  hebräischen Gymnasium in Jaffa lehrte, das er aber wegen ständiger interner Zwistigkeiten bereits ein halbes Jahr später wieder verließ. Für die nächsten  anderthalb Jahre hielt er sich mit Privatstunden und dem Unterricht an einer Landwirtschaftsschule über Wasser.
"Alle unsere jetzigen Metalle sind erst allmählich so geworden, wie
 
sie jetzt sind. Gold, Silber, Platin und so weiter verhalten sich alle so:
Bedingt durch eine [[Wikipedia:Malaria|Malaria]]erkrankung kehrte Ernst Müller 1909 nach Wien zurück, wo ihn sein Bruder Edmund in die [[Theosophie|theosophische]] Gemeinschaft um Frau Reif-Busse einführte, aus der später der erste Zweig der [[Anthroposophische Gesellschaft|Anthroposophischen Gesellschaft]] in Wien hervorging.
Wenn man sie erhitzt, so werden sie zuerst warm, dann flüssig, dann
 
gasförmig. So waren einstmals alle Metalle in der gasförmigen Erde.
1910 hörte Ernst Müller in Wien [[Rudolf Steiner]]s [[Vortragszyklus]] über [[Makrokosmos und Mikrokosmos]] und hatte auch einige persönliche Gespräche mit Steiner. Noch im selben Jahr nahm er in [[Wikipedia:Münschen|München]] an der Uraufführung von Rudolf Steiners erstem [[Mysteriendrama]] ''[[Die Pforte der Einweihung]]'' teil. Auf Anregung Steiners begann sich Müller mit den mathematischen Untersuchungen von [[Oskar Simony]] zur Verallgemeinerung der Rechenoperationen zu beschäftigen. In der Folge studierte er  Simonys Arbeiten zur [[Wikipedia:Topologie (Mathematik)|Topologie]] der Knoten und gefalteten Bänder und deren Zusammenhang mit den [[Wikipedia:Primzahlen|Primzahlen]].
Gold hat sich auch erst verdichtet mit der Erde, es war einstmals ganz
 
ätherisches Gold. Wenn wir zurückgehen zu der Zeit, als die Erde
1911 wurde Müller [[Wikipedia:Bibliothekar|Bibliothekar]] und später Vizedirektor der umfangreichen Bibliothek der [[Wikipedia:Israelitische Kultusgemeinde Wien|Israelitischen Kultusgemeinde Wien]]. Das waren ideale Voraussetzungen für seine Studien zur jüdischen [[Esoterik]], [[Mystik]] und insbesondere zur [[Kabbala]], der er seine ersten Buchveröffentlichungen nach dem 1. Weltkrieg widmete und von wo er die Brücke zu dem anthroposophisch vertieften Christentum zu schlagen vermochte. Darüber hinaus interessierte sich Müller auch für die [[Wikipedia:Sprachwissenschaft|Sprachwissenschaft]]en.
noch mit der Sonne vereinigt war, da gab es da drinnen noch kein
 
festes Gold. Die Teile des weißen Sonnenäthers sind flüssig und dann
Müller publizierte Zeit seines Lebens in unterschiedlichsten Zeitschriften<ref>Ausführliche Bibliografie in: ''Biographien und Bibliographien. Mitarbeiter und Mitwirkende der Mathematisch-Astronomischen Sektion am Goetheanum.'' Dornach 2001, ISBN 3-7235-1112-0</ref>, hielt Vorträge und Kurse in jüdischen und anthroposophischen Zusammenhängen, engagierte sich im christlich-jüdischen Dialog und verfasste zahlreiche Artikel für das [[Wikipedia:Jüdisches Lexikon|Jüdische Lexikon]]. Zudem betätigte er sich als Übersetzer: So erschienen etwa seine Nachdichtungen von Gedichten [[Wikipedia:Chaim Nachman Bialik|Chaim Nachman Bialik]]s<ref>Erstmals 1911 als ''Gedichte'' im Jüdischen Verlag in Köln</ref> und die bis heute immer wieder aufgelegte Übersetzung von Teilen des [[Sohar]].
fest geworden. Das sind die Goldadern, die jetzt in der Erde sind.
 
Gold ist verdichtetes Sonnenlicht, Silber aber ist verdichtetes Mondenlicht.
Während des [[Wikipedia:Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] diente Müller als Verpflegsoffizier ohne Kampfeinsatz zuerst in Baja in [[Wikipedia:Ungarn|Ungarn]] und später in Zelenika an der Boka Kotorska in [[Wikipedia:Montenegro|Montenegro]].
Alle mineralischen Stoffe haben sich allmählich verdichtet.
 
Wenn die Menschen nun sich immer mehr vergeistigen werden,
In den 1920er Jahren drohten latente [[Wikipedia:Antisemitismus|antisemitische]] Untertöne Ernst Müller immer wieder der Anthroposophischen Gesellschaft zu entfremden, wovor er nur durch seinen Freund [[Hans Erhard Lauer]] bewahrt wurde.
dann wird das Quecksilber (Merkur) fest werden. So wie das Wasser
 
jetzt, so bildeten einstmals auch das Gold und das Silber Tropfen.
1924 kam Ernst Müller in engeren Kontakt mit [[Elisabeth Vreede]], der Leiterin der neu gegründeten [[Mathematisch-Astronomische Sektion der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft|Mathematisch-Astronomischen Sektion der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft]] am [[Goetheanum]] in [[Wikipedia:Dornach SO|Dornach]] und auch mit [[George Adams]]. Auch wurde er Mitglied der [[Erste Klasse der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft|Ersten Klasse der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft]].
Es hängt mit dem ganzen Prozeß der Erdenentwickelung zusammen,
 
daß das Merkur jetzt noch flüssig ist. Es wird fest werden, wenn der
An der 1927 gegründeten [[Rudolf Steiner-Schule Wien]], die sich damals im 1. Wiener Gemeindebezirk in der Habsburgergasse 1 befand, gab Ernst Müller Gesangsunterricht und dichtete und komponierte zahlreiche Kinderlieder für die Schüler.
Götterbote Merkur seine Aufgabe erfüllt haben wird. Vom Merkur ist
 
damals, in der Mitte der atlantischen Wurzelrasse, in ätherischer
Nach dem [[Wikipedia:Anschluss (Österreich)|Anschluss Österreichs]] an das [[Wikipedia:Deutsches Reich|Deutsche Reich]] [[Wikipedia:Emigration|emigrierte]] Ernst Müller am 21. Juni 1939, vor allem durch die Hilfe [[George Adams]], über die Schweiz weiter nach [[Wikipedia:London|London]]. Seine spätere Frau Frieda folgte bald nach; die Hochzeit erfolgte 1941.
Form das Quecksilber geholt worden. Hätten wir nicht das Quecksilber,
 
so hätten wir nicht das Christus-Prinzip. In den Tropfen des
Von Krankheit beschwert, verbrachte er hier im Exil seine letzten Lebensjahre in bescheidenen Verhältnissen. Bis zuletzt widmete er sein Leben unermüdlich der Verbindung von [[Judentum]], [[Christentum]] und [[Anthroposophie]] und pflegte einen regen Gedankenaustausch mit jüdischen und anthroposophischen Kreisen und auch mit Priestern der [[Christengemeinschaft]].  
Quecksilbers hat man das zu sehen, was in der Mitte der atlantischen
 
Zeit der Erde einverleibt wurde." {{Lit|{{G|093a|207f}}}}
Ernst Müller starb am [[Wikipedia:5. August|5. August]] [[Wikipedia:1954|1954]] in [[Wikipedia:London|London]]. Der Nachlass befindet sich im Archiv des [[Wikipedia:Leo Baeck Institut|Leo Baeck Instituts]] New York.<ref>Vgl. online-Findhilfe [http://findingaids.cjh.org/?pID=481725]</ref>
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==Werke==
* ''Die Anamnesis: Ein Beitrag zum Platonismus'', in: ''Archiv für Geschichte der Philosophie'', 1912, Nr. 2
* ''Der Sohar und seine Lehre'', Einleitung in die Gedankenwelt der Kabbalah, Löwit, Berlin Wien 1920 
* ''Buch der Einheit'' von [[Wikipedia:Abraham ibn Esra|Abraham ibn Esra]]. Aus dem Hebräischen, Welt-Verlag, Berlin  1921
* ''Kinderlieder'', Wien 1930
* ''Vom Zahlenerleben in der Musik'', in: DD 1930, Nr. 9 und 10
* ''Oskar Simony und seine topologischen  Untersuchungen'', in: ''Mathesis'', Stuttgart 1931
* ''Vom Aufbau des  Dodekaeders'', Stuttgart 1931
* ''History of Jewish Mysticism'', Oxford 1946, London 1948
* ''Mein Weg durch Judentum und Christentum'', in: ''Judaica'', 1952,  Nr. 4
 
'''Übersetzungen:'''
 
* Abraham ibn Esra: ''Buch der Einheit'', Welt-Verlag, Berlin 1921
* Ch. Byaliḳ, Ḥayim Naḥman: ''Ausgewählte Gedichte'',R. Löwit, Wien 1922, 2. Aufl. 4-6. Tsd.
* ''Der Sohar'', Hugendubel, Kreuzlingen 2005, Auf Grundlage der Ausg.  Wien 1932 neu ed.


== Literatur ==
== Literatur ==
#Rudolf Steiner: ''Grundelemente der Esoterik'', [[GA 93a]] (1987), ISBN 3-7274-0935-5 {{Vorträge|093a}}
* Hans Erhard Lauer, ''Dr. Ernst Müller'', in: ''Blätter für Anthroposophie'' 1954, Nr. 9;
* F. Halla: ''Dr.  Ernst Müller zum Gedächtnis'', in: ''Nachrichtenblatt (Was in der Anthroposophischen Gesellschaft vorgeht)'' 1955, Nr. 2
* H.-J. Bracker: ''Ernst  Müller. Porträt eines Mitteleuropäers'', in: ''Novalis'' 1994, Nr. 2/3
* H.-J. Bracker: ''Der Einzelne und die Einheit der Menschheit. Ein Hinweis auf den  Zionisten und Anthroposophen Ernst Müller'', in: ''Novalis'' 1997, Nr. 5
* Renatus Ziegler: ''Biografien und Bibliografien'', Dornach 2001.
 
==Weblinks==
* {{biographie|883}}
*[http://www.david.juden.at/kulturzeitschrift/61-65/62-Riemer.htm Nathanael Riemer: Ein Wanderer zwischen den Welten – 50sten Todesjahr von Ernst Müller. In: David. Jüdische Kulturzeitschrift.]
* {{DNB-Portal|120544679}}
* [https://www.facebook.com/media/set/fbx/?set=a.1653246765105.88248.1055117588&l=94a53f88c7 Fotosammlung von H.-J.Bracker zu Ernst Müller]
 
==Einzelnachweise==
<references/>


{{GA}}
{{DEFAULTSORT:Muller, Ernst}}
[[Kategorie:Anthroposoph]]
[[Kategorie:Person des Zionismus]]
[[Kategorie:Österreicher]]
[[Kategorie:Geboren 1880]]
[[Kategorie:Gestorben 1954]]
[[Kategorie:Mann]]


== Weblinks ==
{{Personendaten
#[http://de.wikipedia.org/wiki/Quecksilber Quecksilber] - Artikel in der deutschen [http://de.wikipedia.org Wikipedia].
|NAME=Müller, Ernst
|ALTERNATIVNAMEN=
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|GEBURTSDATUM=21. November 1880
|GEBURTSORT=[[Miroslav (Stadt)]]
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|STERBEORT=[[London]]
}}


[[Kategorie:Chemie]] [[Kategorie:Chemisches Element]] [[Kategorie:Alchemie]] [[Kategorie:Metall]] [[Kategorie:Planetenmetalle]]
{{Wikipedia}}

Version vom 9. Februar 2017, 12:07 Uhr

Ernst Müller (ca. 1939)
Ernst Müller in Palästina (1907 - 1909)
Friederike Müller, geb. Schorr (1900 - 1995), Jugendbild aus den 1920er Jahren
Ernst und Frieda Müller (1940er Jahre, London)
Ernst Müller (1953)

Ernst Müller (* 21. November 1880 in Mißlitz, Mähren; † 5. August 1954 in London) war ein österreichischer Zionist und Anthroposoph.

Leben

Der in seiner mährischen Geburtsregion aufgewachsene Müller schrieb schon als Schüler in jüdischen Zeitungen, wobei er Partei für den Zionismus ergriff. 1897 begegnete er in Brünn erstmals Theodor Herzl. 1898 maturierte er in Brünn mit Auszeichnung und begann danach in Wien ein Jura-Studium, das er aber nach einer schweren Krise abbrach. Nach einem Aufenthalt in einer Kaltwasserheilanstalt nach Wien zurückgekehrt, studierte er Philosophie, Mathematik und Naturwissenschaften. 1903 erhielt er die Lehrbefähigung als Gymnasiallehrer und 1905 promovierte er bei Laurenz Müllner und Friedrich Jodl an der Universität Wien mit einer Arbeit über "Bewusstseinsprobleme".

Schon 1900 hatte Ernst Müller in Wien Martin Buber kennengelernt und schrieb seither regelmäßig für das von Buber redigierte zionistische Zentralorgan Die Welt. 22-jährig leitete Müller dann die Redaktion der zionistischen Jugendzeitschrift „Unsere Hoffnung“. Zu dieser Zeit war er Samuel Hugo Bergman begegnet, einem Klassenkameraden und Freund von Franz Kafka, der später Philosophieprofessor und Rektor der Hebräischen Universität in Jerusalem wurde.[1]

Ab 1906 lehrte Müller für ein Jahr an einem Gymnasium in Ungarisch-Brod (Mähren). 1907 ging er nach Palästina, wo er am neu gegründeten hebräischen Gymnasium in Jaffa lehrte, das er aber wegen ständiger interner Zwistigkeiten bereits ein halbes Jahr später wieder verließ. Für die nächsten anderthalb Jahre hielt er sich mit Privatstunden und dem Unterricht an einer Landwirtschaftsschule über Wasser.

Bedingt durch eine Malariaerkrankung kehrte Ernst Müller 1909 nach Wien zurück, wo ihn sein Bruder Edmund in die theosophische Gemeinschaft um Frau Reif-Busse einführte, aus der später der erste Zweig der Anthroposophischen Gesellschaft in Wien hervorging.

1910 hörte Ernst Müller in Wien Rudolf Steiners Vortragszyklus über Makrokosmos und Mikrokosmos und hatte auch einige persönliche Gespräche mit Steiner. Noch im selben Jahr nahm er in München an der Uraufführung von Rudolf Steiners erstem Mysteriendrama Die Pforte der Einweihung teil. Auf Anregung Steiners begann sich Müller mit den mathematischen Untersuchungen von Oskar Simony zur Verallgemeinerung der Rechenoperationen zu beschäftigen. In der Folge studierte er Simonys Arbeiten zur Topologie der Knoten und gefalteten Bänder und deren Zusammenhang mit den Primzahlen.

1911 wurde Müller Bibliothekar und später Vizedirektor der umfangreichen Bibliothek der Israelitischen Kultusgemeinde Wien. Das waren ideale Voraussetzungen für seine Studien zur jüdischen Esoterik, Mystik und insbesondere zur Kabbala, der er seine ersten Buchveröffentlichungen nach dem 1. Weltkrieg widmete und von wo er die Brücke zu dem anthroposophisch vertieften Christentum zu schlagen vermochte. Darüber hinaus interessierte sich Müller auch für die Sprachwissenschaften.

Müller publizierte Zeit seines Lebens in unterschiedlichsten Zeitschriften[2], hielt Vorträge und Kurse in jüdischen und anthroposophischen Zusammenhängen, engagierte sich im christlich-jüdischen Dialog und verfasste zahlreiche Artikel für das Jüdische Lexikon. Zudem betätigte er sich als Übersetzer: So erschienen etwa seine Nachdichtungen von Gedichten Chaim Nachman Bialiks[3] und die bis heute immer wieder aufgelegte Übersetzung von Teilen des Sohar.

Während des Ersten Weltkriegs diente Müller als Verpflegsoffizier ohne Kampfeinsatz zuerst in Baja in Ungarn und später in Zelenika an der Boka Kotorska in Montenegro.

In den 1920er Jahren drohten latente antisemitische Untertöne Ernst Müller immer wieder der Anthroposophischen Gesellschaft zu entfremden, wovor er nur durch seinen Freund Hans Erhard Lauer bewahrt wurde.

1924 kam Ernst Müller in engeren Kontakt mit Elisabeth Vreede, der Leiterin der neu gegründeten Mathematisch-Astronomischen Sektion der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft am Goetheanum in Dornach und auch mit George Adams. Auch wurde er Mitglied der Ersten Klasse der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft.

An der 1927 gegründeten Rudolf Steiner-Schule Wien, die sich damals im 1. Wiener Gemeindebezirk in der Habsburgergasse 1 befand, gab Ernst Müller Gesangsunterricht und dichtete und komponierte zahlreiche Kinderlieder für die Schüler.

Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich emigrierte Ernst Müller am 21. Juni 1939, vor allem durch die Hilfe George Adams, über die Schweiz weiter nach London. Seine spätere Frau Frieda folgte bald nach; die Hochzeit erfolgte 1941.

Von Krankheit beschwert, verbrachte er hier im Exil seine letzten Lebensjahre in bescheidenen Verhältnissen. Bis zuletzt widmete er sein Leben unermüdlich der Verbindung von Judentum, Christentum und Anthroposophie und pflegte einen regen Gedankenaustausch mit jüdischen und anthroposophischen Kreisen und auch mit Priestern der Christengemeinschaft.

Ernst Müller starb am 5. August 1954 in London. Der Nachlass befindet sich im Archiv des Leo Baeck Instituts New York.[4]

Werke

  • Die Anamnesis: Ein Beitrag zum Platonismus, in: Archiv für Geschichte der Philosophie, 1912, Nr. 2
  • Der Sohar und seine Lehre, Einleitung in die Gedankenwelt der Kabbalah, Löwit, Berlin Wien 1920
  • Buch der Einheit von Abraham ibn Esra. Aus dem Hebräischen, Welt-Verlag, Berlin 1921
  • Kinderlieder, Wien 1930
  • Vom Zahlenerleben in der Musik, in: DD 1930, Nr. 9 und 10
  • Oskar Simony und seine topologischen Untersuchungen, in: Mathesis, Stuttgart 1931
  • Vom Aufbau des Dodekaeders, Stuttgart 1931
  • History of Jewish Mysticism, Oxford 1946, London 1948
  • Mein Weg durch Judentum und Christentum, in: Judaica, 1952, Nr. 4

Übersetzungen:

  • Abraham ibn Esra: Buch der Einheit, Welt-Verlag, Berlin 1921
  • Ch. Byaliḳ, Ḥayim Naḥman: Ausgewählte Gedichte,R. Löwit, Wien 1922, 2. Aufl. 4-6. Tsd.
  • Der Sohar, Hugendubel, Kreuzlingen 2005, Auf Grundlage der Ausg. Wien 1932 neu ed.

Literatur

  • Hans Erhard Lauer, Dr. Ernst Müller, in: Blätter für Anthroposophie 1954, Nr. 9;
  • F. Halla: Dr. Ernst Müller zum Gedächtnis, in: Nachrichtenblatt (Was in der Anthroposophischen Gesellschaft vorgeht) 1955, Nr. 2
  • H.-J. Bracker: Ernst Müller. Porträt eines Mitteleuropäers, in: Novalis 1994, Nr. 2/3
  • H.-J. Bracker: Der Einzelne und die Einheit der Menschheit. Ein Hinweis auf den Zionisten und Anthroposophen Ernst Müller, in: Novalis 1997, Nr. 5
  • Renatus Ziegler: Biografien und Bibliografien, Dornach 2001.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Hans-Jürgen Bracker: Humanistischer Zionismus. In: Info 3
  2. Ausführliche Bibliografie in: Biographien und Bibliographien. Mitarbeiter und Mitwirkende der Mathematisch-Astronomischen Sektion am Goetheanum. Dornach 2001, ISBN 3-7235-1112-0
  3. Erstmals 1911 als Gedichte im Jüdischen Verlag in Köln
  4. Vgl. online-Findhilfe [1]


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