Nationalliberalismus und Kategorie:Nationalismus: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Nationalliberalismus''' bezeichnet eine politische Haltung, die sich im 19. Jahrhundert im Streben nach individueller Freiheit ([[Liberalismus]]) und nationaler [[Souveränität]] bildete.<ref>[[Lothar Gall]] und [[Dieter Langewiesche]] - ''Liberalismus und Region'', München 1995, S. 4–10.</ref> Im Gegensatz zum [[Sozialliberalismus]] bildete der Nationalliberalismus den eher [[Konservatismus|konservativen]] Flügel des liberalen Milieus. Er war insbesondere in [[Deutschland]] von politischer Bedeutung, weil die anderen europäischen Länder mit größeren liberalen Parteien ihre Nationwerdung bereits abgeschlossen hatten, während die [[Deutsche Frage]] bis weit ins [[20. Jahrhundert]] hinein offenblieb.<ref>[[Ralf Dahrendorf]] - ''Die Chancen der Krise'', Stuttgart 1983, S. 40.</ref>
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[[Kategorie:Nationalismus|!]]  
== Geschichte ==
[[Kategorie:Politische Philosophie]]  
 
[[Kategorie:Politische Bewegung]]
=== Deutschland ===
[[Kategorie:Ideologie]]
[[Datei:Liberales Lager Kaiserreich Wahlergebnisse.png|mini|hochkant=1.6|Wahlergebnisse liberaler Parteien im Deutschen Kaiserreich 1871–1912]]
[[Kategorie:Politik]]
Der politische Ursprung des deutschen Nationalliberalismus geht auf die Folgen des [[Wiener Kongress]] von 1815 zurück. Dort wurde als Nachfolger des [[Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reiches]] mit dem [[Deutscher Bund|Deutschen Bund]] ein System von nur lose miteinander verbundenen unabhängigen Staaten geschaffen, was von vielen Zeitgenossen, die vor dem Hintergrund der Befreiungskriege eine [[nationalstaat]]liche Lösung erwartet hatten, als unbefriedigend empfundene Aufteilung Deutschlands wahrgenommen wurde. Gleichzeitig beherrschte die Forderung nach der Gewährung von [[Bürgerrechte]]n die politische Debatte. Die von der [[Französische Revolution|Französischen Revolution]] beeinflussten, Anfang des 19. Jahrhunderts in einigen deutschen Staaten eingeführten Bürgerrechte waren in den Jahren zwischen 1819 und 1830 durch die [[Karlsbader Beschlüsse]] und weitere [[Restauration (Geschichte)|restaurative]] Maßnahmen beschnitten worden.
 
Die Forderungen nach Bürgerrechten und einem deutschen Nationalstaat wurden von oppositionellen Politikern in ganz Deutschland parallel vertreten und verbanden sich im Kampf gegen die antiliberalen Fürsten der deutschen Staaten miteinander. Frühe Höhepunkte dieser politischen Strömung waren beispielsweise das von [[Burschenschaft]]en veranstaltete [[Wartburgfest]] 1817 und das [[Hambacher Fest]] 1832. Gleichzeitig drückte sich die Begeisterung für Nationalbewegungen anderer Länder in [[Polenschwärmerei]] und [[Philhellenismus]] aus.
 
Im Zuge der [[Deutsche Revolution 1848/1849|Revolution von 1848/1849]] machten sich die bürgerlich-liberalen Kräfte zusammen mit der radikaldemokratischen Bewegung in der [[Frankfurter Nationalversammlung]] an die Umsetzung der beiden Forderungen, scheiterten jedoch letztlich an der gleichzeitigen Umsetzung eines zu definierenden deutschen Nationalstaats und bürgerlicher Freiheiten vor allem an [[Preußen|preußischem]] Widerstand. Gleichzeitig verfolgte Preußen mit der [[Erfurter Union]] eine konservativere Variante des deutschen Nationalstaats. Führende Vertreter der rechtsliberalen [[Casino (Fraktion)|Casino-Fraktion]] trafen sich Ende Juni 1849 im [[Gothaer Nachparlament]], um über die vorgestellte Unionsverfassung zu beraten. Eine Mehrheit sprach sich dafür aus, trotz Bedenken der Nationalstaatsgründung noch eine Chance zu geben. Diese ''Gothaer'' stellten dann im [[Erfurter Unionsparlament]] 1850 die ''Bahnhofspartei''. Das Scheitern der Union bedeutete auch einen erheblichen Ansehensverlust der Liberalen.
 
Nachdem Preußen 1866 im [[Deutscher Krieg|Preußisch-Österreichischen Krieg]] die [[Hegemonie]] über Deutschland errungen hatte, gründete sich 1867 im [[Norddeutscher Bund|Norddeutschen Bund]] die [[Nationalliberale Partei]]. Diese Abspaltung von der Fortschrittspartei sah den [[Preußischer Verfassungskonflikt|Verfassungskonflikt]] als beendet an und wollte mit [[Otto von Bismarck]] zusammenarbeiten. Im Reichstag des Norddeutschen Bundes und dann des Kaiserreichs fanden Bismarck und Nationalliberale echte Kompromisse in der Innen- und Justizpolitik, die Deutschland erheblich modernisierten und vereinheitlichten. Diese Periode dauerte etwa ein Jahrzehnt, bis zum Bruch von 1878, als Bismarck durch Einführung [[Protektionismus|protektionistischer]] Maßnahmen wie der [[Schutzzollpolitik]] eine konservative Wende einläutete, die teilweise als „[[Innere Reichsgründung]]“ bezeichnet wird. Über die Frage, wie weit man Bismarck jeweils entgegenkommen konnte, spalteten sich Teile der Nationalliberalen von der Fraktion ab. Seit 1890 verloren die Nationalliberalen Stimmen; sie erreichten bei den folgenden Reichstagswahlen etwa 13 bis 15 % und waren nicht mehr die dominante Partei.
 
Nach dem Zusammenbruch des deutschen [[Deutsches Kaiserreich|Kaiserreiches]] schlossen sich 1918 die Mehrheit der Nationalliberalen unter [[Gustav Stresemann]] sowie der rechte Flügel der früheren [[Fortschrittliche Volkspartei|Fortschrittlichen Volkspartei]] im Dezember 1918 zur [[Deutsche Volkspartei|Deutschen Volkspartei]] (DVP) zusammen. Gegen Stresemanns pro-republikanischen Kurs bildete sich 1924 die kurzlebige [[Nationalliberale Reichspartei]]. 1933 war mit dem Ende der DVP jedoch die parteibildende Kraft des Nationalliberalismus aufgezehrt.
 
Innerhalb der [[Freie Demokratische Partei|FDP]] gab es vor allem bis in die 50er Jahre teils [[Konservativismus|konservative]], teils [[Reaktion (Politik)|reaktionäre]] nationalliberale Bestrebungen, die insbesondere in einzelnen Landesverbänden stark waren.<ref>Gert-Joachim Glaeßner: ''Politik in Deutschland'', VS Verlag für Sozialwissenschaften 2006, S. 457 [http://books.google.de/books?id=7wWMkK635_AC&lpg=PA457&dq=Nationalliberalismus%20FDP&hl=de&pg=PA457#v=onepage&q=Nationalliberalismus%20FDP&f=false online] auf [[Google Bücher]]</ref> So stimmte sie im Bundestag gegen das von CDU und SPD Ende 1950 eingebrachte [[Entnazifizierung]]sverfahren. Auf ihrem Bundesparteitag 1951 in [[München]] verlangte sie die Freilassung aller „so genannten [[Kriegsverbrecher]]“ und begrüßte die Gründung des [[Verband deutscher Soldaten|Verbands Deutscher Soldaten]] aus ehemaligen [[Wehrmacht]]s- und [[Schutzstaffel|SS]]-Angehörigen, um die Integration der [[Nationalismus|nationalistischen]] Kräfte in die Demokratie voranzubringen. Die nach [[Werner Naumann]] benannte Naumann-Affäre (1953) kennzeichnet den Versuch alter [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]], die Partei zu unterwandern, die in [[Hessen]], [[Nordrhein-Westfalen]] und [[Niedersachsen]] viele rechtskonservative und nationalistische Mitglieder hatte. Nachdem die britischen Besatzungsbehörden sieben prominente Vertreter des [[Naumann-Kreis]]es verhaftet hatten, setzte der FDP-Bundesvorstand eine Untersuchungskommission unter dem Vorsitz von [[Thomas Dehler]] ein, die insbesondere die Zustände in der nordrhein-westfälischen FDP rügte. In den folgenden Jahren verlor der rechte Flügel an Kraft, die extreme Rechte suchte sich zunehmend Betätigungsfelder außerhalb der FDP. Seit Mitte der 1960er Jahre definierte sich die FDP unter [[Walter Scheel]] und [[Hans-Dietrich Genscher]] als Partei der Mitte bzw. mit den [[Freiburger Thesen]] als [[linksliberal]]e Partei. Der Großteil der noch verbliebenen Nationalliberalen verließ die Partei zwischen 1969 und 1972 aus Protest gegen die [[Neue Ostpolitik]] und gründete die kurzlebige [[Kleinpartei]] [[Nationalliberale Aktion]] (NLA).
 
Auch später gab es immer wieder Versuche, die nationalliberale Tradition in der FDP wiederzubeleben, so gründete [[Alexander von Stahl]] gemeinsam mit [[Hermann Oxfort]] 1979 die ''Liberale Gesellschaft'', die sich eine rechtsliberale Erneuerung zum Ziel setzte. Mit [[Achim Rohde]] und [[Heiner Kappel]] gründete er 1995 die ''Liberale Offensive in der FDP''. 2009 wurde ein ''Stresemann Club'' als national- und rechtsliberales Netzwerk innerhalb der FDP ins Leben gerufen, der aber mittlerweile nicht mehr existiert. So trat der ehemalige Vorsitzende [[Sven Tritschler]] inzwischen der AfD bei.<ref>http://www1.wdr.de/fernsehen/westpol/sendungen/afd-nrw-steckbriefe-100.html</ref>
 
Die 2013 gegründete [[Alternative für Deutschland]], die sich programmatisch rechts von CDU/CSU und FDP positioniert und auch ehemalige FDP-Wähler an sich binden konnte, wurde von einigen Beobachtern auch als „nationalliberal“ charakterisiert.<ref>https://www.tagesschau.de/inland/patzelt-sachsen-landtagswahl-100.html</ref> Seit der Abspaltung des liberalen Flügels um [[Bernd Lucke]] im Jahr 2015 neigt die Partei jedoch eher einem [[Nationalkonservatismus]] bzw. [[Rechtspopulismus]] zu.
 
=== Österreich ===
Anders als in Deutschland entwickelten sich im kaiserlichen Österreich nur spärlich liberale Parteien, einzig die [[Deutschliberale Partei]] konnte sich Mitte des 19. Jahrhunderts als nationalliberale Kraft etablieren. Der andauernde Kampf gegen den Katholizismus und die slawischen Bevölkerungsgruppen, sowie der [[Gründerkrach]] führten zum Niedergang der Partei, die sich schließlich in mehrere deutschfreiheitliche und deutschnationale Parteien und Gruppierungen aufsplitterte. In der [[Geschichte Österreichs#Erste Republik und Austrofaschismus (1918–1938)|1. Republik]] spielte dann der Liberalismus nur mehr eine Randerscheinung und wurde zwischen den [[Christlichsoziale Partei (Österreich)|christlichsozialen]] und [[Sozialdemokratische Partei Österreichs#Bis 1934: Sozialdemokratische Arbeiterpartei|sozialdemokratischen]] Blöcken aufgerieben.
 
Derzeit bezeichnet sich die [[Freiheitliche Partei Österreichs|FPÖ]] als nationalliberale Partei in der Tradition des [[Drittes Lager|dritten Lagers]]; sie wird von der Wissenschaft jedoch mehrheitlich als [[Rechtspopulismus|rechtspopulistisch]] eingestuft.
 
== Prominente Vertreter ==
Führende Vertreter der Nationalliberalen waren [[Rudolf von Bennigsen (Politiker)|Rudolf von Bennigsen]], [[Johannes von Miquel]], [[Ludwig Bamberger]], [[Eduard Lasker]], [[Friedrich Hammacher]], [[Gustav Haarmann]] und [[Arthur Johnson Hobrecht]] im 19. Jahrhundert, [[Ernst Bassermann]], [[Robert Friedberg]], [[Gustav Stresemann]], [[Erich Mende]] und [[Alexander von Stahl]] oder nach [[Ralf Dahrendorf]] auch [[Rudolf Augstein]]<ref>Ralf Dahrendorf: ''Rudolf Augstein. Der Nationalliberale'', in: ders. (Hrsg.): ''Liberale und andere. Portraits'', Stuttgart 1994, S. 292–294.</ref> im 20. Jahrhundert.
 
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Nationalliberalismus}}
* {{WikipediaDE|Nationalliberale Reichspartei}}
 
== Literatur ==
* Konstantin Frantz: ''Die Religion des Nationalliberalismus''. 1970, ISBN 978-3-511-00501-6.
* Gerhard Gitzler: ''Der Nationalliberalismus in seiner Epoche: Rudolf von Bennigsen: Gedenkschrift anlässlich der Gründung der Rudolf von Bennigsen-Stiftung''. Nomos Verlag, 1981, ISBN 978-3-789-00735-4.
* {{cite book|title=Liberal Nationalism|last=Tamir|first=Yael|publisher=Princeton University Press|location=Princeton, New Jersey|date=1993|url=http://books.google.com/books?id=fDff811XBHwC|isbn=0-691-00174-X}}.
* Eberhard Kolb/Ludwig Richter: ''Nationalliberalismus in der Weimarer Republik''. Droste Verlag, 1999, ISBN 978-3-7700-5219-6.
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
[[Kategorie:Nationalliberalismus|!]]
[[Kategorie:Liberalismus]]
[[Kategorie:Nationalismus]]
 
{{Wikipedia}}

Version vom 14. Januar 2019, 17:31 Uhr