Optische Täuschung und Roger Penrose: Unterschied zwischen den Seiten

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Eine '''optische Täuschung''' oder auch '''visuelle Illusion''' ist eine [[Wahrnehmungstäuschung]] des [[Visuelle Wahrnehmung|Gesichtssinns]].
[[Datei:Roger Penrose 9560.JPG|miniatur|hochkant|Roger Penrose (2011)]]
Sir '''Roger Penrose''' [[w:Order of Merit|OM]] (* [[8. August]] [[1931]] in [[w:Colchester|Colchester]], [[w:Essex|Essex]]) ist ein englischer [[Mathematiker]] und [[Theoretische Physik|theoretischer Physiker]], dessen Arbeiten auf den Gebieten der [[Mathematische Physik|mathematischen Physik]] und der [[Kosmologie]] hoch geachtet sind. Er hat sich auch in zahlreichen populärwissenschaftlichen Büchern zu Themen der [[Philosophie]] geäußert.


[[Optik|Optische]] Täuschungen können nahezu alle Aspekte des Sehens betreffen. Es gibt Tiefenillusionen, Farbillusionen, geometrische Illusionen, Bewegungsillusionen und einige mehr. In all diesen Fällen scheint das [[Visuelles System|Sehsystem]] falsche Annahmen über die Natur des Sehreizes zu treffen, wie sich unter Zuhilfenahme weiterer [[Sinn (Wahrnehmung)|Sinne]] oder durch Entfernen der auslösenden Faktoren zeigen lässt.
== Leben ==
Roger Penrose ist der Sohn des medizinischen Genetikers [[w:Lionel Penrose|Lionel Penrose]] (Begründer des ''Colchester Surveys'' zur Aufdeckung genetischer bzw. Umwelt-Ursachen von geistigen Erkrankungen) und von Margaret Leathes, einer Ärztin. Er ist Bruder des Physikers [[w:Oliver Penrose|Oliver Penrose]] und des zehnfachen (1958–1969) britischen [[Schach]]meisters und Psychologen [[w:Jonathan Penrose|Jonathan Penrose]]. Sein Vater wanderte 1939 nach London in [[w:Ontario|Ontario]], [[w:Kanada|Kanada]], aus (er war dort Direktor der psychiatrischen Klinik am Hospital), wo Penrose die Schule besuchte. 1945 kehrte die Familie nach England zurück, und Penrose besuchte das [[w:University College London|University College London]], wo sein Vater Professor für Genetik war.  


Optische Täuschungen werden in der [[Wahrnehmungspsychologie]] untersucht, da aus ihnen Rückschlüsse über die Verarbeitung von Sinnesreizen im Gehirn gewonnen werden können. Optische Täuschungen beruhen auf der Tatsache, dass Wahrnehmung auf unvollständiger Information beruht. Systematisch produziert und analysiert wurden optische Täuschungen zuerst in der [[Gestaltpsychologie]].
Nach dem Bachelor wechselte er an die [[w:Universität Cambridge|Universität Cambridge]], um in [[Algebraische Geometrie|algebraischer Geometrie]] bei [[w:William Vallance Douglas Hodge|William Vallance Douglas Hodge]] zu arbeiten, wechselte dann aber zu [[John Arthur Todd]], bei dem er 1957 promovierte. Daneben hörte er auch Physik-Kurse bei [[w:Paul Dirac|Paul Dirac]] und [[w:Hermann Bondi|Hermann Bondi]] und wurde außerdem stark durch den Kosmologen [[w:Dennis Sciama|Dennis Sciama]] beeinflusst. 1956/57 war er Assistenzprofessor am [[w:Bedford College|Bedford College]] in London, wechselte danach als ''Research Fellow'' an das [[w:St John’s College (Cambridge)|St. John's College]] in Cambridge. 1959–1961 war er in den [[USA]] an der [[w:Princeton University|Princeton University]] und an der [[w:Syracuse University|Syracuse University]], danach 1961–1963 am [[w:King’s College (Cambridge)|King's College]] in Cambridge und 1963/4 als Gastprofessor an der [[w:University of Texas at Austin|University of Texas at Austin]]. 1964 wurde er Dozent am [[w:Birkbeck, University of London|Birkbeck College]] in London und 1966 dort Professor für angewandte Mathematik.


== Beispiele ==
Penrose war von 1973 bis 1998 [[w:Rouse Ball Professor|Rouse Ball Professor]] an der [[w:Oxford University|Oxford University]]. Danach wurde er Geometrie-Professor am [[w:Gresham College|Gresham College]] in [[w:London|London]].
=== Relativität von Linien ===
{{Anker|Bild1}}[[Datei:Straightlines.svg|miniatur|hochkant|Die scheinbar wellenförmigen senkrechten und waagerechten Linien sind Geraden.]]
{{Anker|Bild2}}[[Datei:Café wall.svg|miniatur|hochkant|Die waagerechten Linien sind exakt parallel.]]
{{Anker|Bild4}}[[Datei:Zollner illusion.svg|miniatur|hochkant|Die diagonalen Linien erscheinen in ihrem Verlauf zueinander geneigt, aber tatsächlich sind sie parallel.]]


Das Quadrat im Bild gnaz oben besteht aus schachbrettartig angeordneten dunklen und hellen Teilquadraten. In einigen der dunklen Teilquadrate sind die Ecken durch kleine helle Quadrate gestört. Es entsteht der Eindruck, als seien die – nachweislich geraden – Trennlinien zwischen den Teilquadraten wellenförmig gekrümmt. Dabei spielt deren Helligkeit und Dicke eine wesentliche Rolle.
Von 1992 bis 1995 war er Präsident der International Society on General Relativity and Gravitation.


Im Beispiel in der Mitte scheinen die Querbalken keilförmig zu sein – in Wahrheit sind alle horizontalen Linien exakt parallel, und die Querstreifen sind Rechtecke. Diese Täuschung wurde 1874 erstmals von Hugo Münsterberg (1863–1916), der sie auf einer amerikanischen Pferdebahnabokarte vorfand, beschrieben und im Jahre 1894/1897 als ''verschobene Schachbrettfigur'' (eccentric chess illusion) veröffentlicht. Sie heißt deshalb auch ''Münsterberg-Täuschung.'' Andere Forscher wie A. H. Pierce nannten sie 1898 ''Kindergarten-Flechtmuster-Täuschung'' (''illusion of the kindergarten patterns'' in ''Psychological Review'' Nr. 5, 233–253). Der jüngste Name stammt von Richard L. Gregory, der sie 1973 nach einer schwarz-weiß gefliesten Wand in einem Café aus dem 19.&nbsp;Jahrhundert in der Innenstadt Bristols als ''Kaffeehaus-Täuschung'' („café wall illusion“) beschrieb. Nach McCourt<ref>M. E. McCourt: ''Brightness induction and the Café Wall illusion.'' „Perception“ Nr. 12, 1983. S. 131–142.</ref> kann die Café Wall Illusion über einen Helligkeitskontrast erklärt werden. Sind die Reihen schwarzer und weißer Felder durch schmale graue Linien getrennt, dann nimmt man diese zwischen schwarzen Feldern als deutlich heller wahr und zwischen hellen Feldern dunkler. Die Wahrnehmung verbindet nun die hell erscheinenden Linienabschnitte mit den Ecken der hellen Felder und entsprechend die dunkel erscheinenden Liniensegmente mit den Ecken der dunklen Felder. Diese subjektiven Konturen werden als zur Horizontalen geneigt wahrgenommen und lassen deshalb die Rechtecke keilförmig erscheinen. Der Effekt ist nicht auf ein Muster abwechselnd schwarzer und weißer Fliesen beschränkt, er tritt z.&nbsp;B. auch bei einer abgestuften oder kontinuierlichen Schattierung der Fliesen zwischen schwarz und weiß auf<ref>A. Kitaoka, B. Pinna, G. Breistaff: ''Contrast polarities determine the direction of Café Wall tilts.'' „Perception“ Nr. 33, 2004. S. 11–20.</ref>. Die Illusion ist stark von der Breite und dem Grauwert der Trennlinie abhängig und erreicht ihr Maximum, wenn die Breite der Linie um einen Faktor zwei bis drei kleiner ist als das Auflösungsvermögen des Auges<ref name="resolution">[http://vts.uni-ulm.de/doc.asp?id=8314. Subjective contours triggered by border lines below the resolution limit.] bei uni-ulm.de</ref> (eine Bogenminute = 2,91×10<sup>−4</sup> rad). Der Eindruck wellenförmig verlaufender Abgrenzungen kann auch entstehen, wenn Reihen mit ungleicher Periodenlänge kombiniert werden.<ref name="resolution" /> Es gibt auch farbige Versionen.<ref>R. L. Gregory: ''Vision with isoluminant color contrast: 1. A projection technique and observations.'' Perception Nr. 6, 1977. S. 113–119.</ref>
Er war in erster Ehe von 1959 bis zur Scheidung 1981 mit der Amerikanerin Joan Isabel Wedge verheiratet, mit der er drei Kinder hat, in zweiter Ehe heiratete er 1988 die Schullehrerin Vanessa Thomas, mit der er zwei Kinder hat.<ref>[http://prabook.com/web/person-view.html?profileId=536286 Penrose, Biographie bei prabook]</ref>


Im dritten Beispiel unten entsteht der Eindruck, die diagonalen Linien verliefen in einem spitzen Winkel zueinander, tatsächlich jedoch sind sie exakt gerade und parallel. Diese Illusion heißt auch [[Zöllner-Täuschung]]. [[Tauben]] empfinden diese Illusion im Vergleich zum Menschen genau umgekehrt, sie unterschätzen die Winkel zwischen den Linien.<ref>S. Watanabe, N. Nakamura, K. Fujita (2011). ''Pigeons perceive a reversed Zöllner illusion.'' „Cognition“ Nr. 119 (1). S. 137–141.</ref>
== Öffentlichkeit ==
{{Absatz}}
In der Öffentlichkeit ist Penrose durch seine populärwissenschaftlichen Arbeiten bekannt:
In mehreren Büchern (''[[w:The Emperor's New Mind|The Emperor's New Mind]]''<ref>{{Literatur | Autor = Roger Penrose | Titel = Computerdenken: Die Debatte um Künstliche Intelligenz, Bewusstsein und die Gesetze der Physik | Verlag = Spektrum Akademischer Verlag | Jahr = 2001 | ISBN = 3-8274-1332-X}}</ref>, ''Shadows of the Mind''<ref>{{Literatur | Autor = Roger Penrose | Titel = Schatten des Geistes | Verlag = Spektrum Verlag | Jahr = 1995 | ISBN = 3-86025-260-7}}</ref>, ''The Large, the Small and the Human Mind''<ref>{{Literatur | Autor = Roger Penrose, Abner Shimony, Nancy Cartwright, Stephen W. Hawking | Titel = Das Große, das Kleine und der menschliche Geist | Verlag = Spektrum Akademischer Verlag | Jahr = 2002 | ISBN = 3-8274-1331-1}}</ref>) setzt er sich mathematisch-physikalisch mit Problemen des [[Bewusstsein]]s und der [[Künstliche Intelligenz|künstlichen Intelligenz]] auseinander.


=== Relativität von Farben ===
== Leistungen ==
[[Datei:Nachbild.png|miniatur|Ein Nachbild entsteht, wenn man länger auf ein grellfarbiges Quadrat und anschließend auf eine helle Fläche schaut.]]
=== Physik ===
Wenn man etwa eine halbe Minute lang auf das grüne Quadrat im Bild rechts starrt und anschließend auf die freie Fläche daneben blickt, so erscheint darauf als [[Nachbild]] ein Quadrat in der [[Komplementärfarbe]] rot.
[[Datei:WMAP 2010.png|miniatur|Temperaturschwankungen der kosmischen Hintergrund&shy;strahlung, gemessen durch WMAP.]]
{{Absatz}}


=== Relativität von Helligkeit ===
Penrose führte [[Spin-Netzwerk]]e ein, aus denen später die Theorie der [[Loop-Quantengravitation]] und die [[Twistor-Theorie]] entwickelt wurde. Insbesondere der Ausbau der Twistor-Theorie, die er begründete und die er als Basis einer umfassenden physikalischen Theorie der fundamentalen Wechselwirkungen und Teilchen sieht, war ihm eines der Hauptanliegen in seiner Wissenschaftler-Karriere. Eine weitere grundlegende Erkenntnis in der Kosmologie geht auf ihn und [[Stephen Hawking]] zurück: der Satz von Hawking-Penrose, nach dem in den Einsteinschen Feldgleichungen notwendig Lösungen mit [[Singularität (Astronomie)|Singularitäten]] (z.&nbsp;B. [[Urknall]] oder [[Schwarzes Loch|Schwarze Löcher]]) existieren (siehe [[Singularitäten-Theorem]]). Nach Penrose sind Singularitäten aber immer durch Ereignishorizonte abgeschirmt und ''nackte Singularitäten'' kommen nicht vor ([[Cosmic Censorship]] Hypothese von Penrose). Schließlich machte Penrose 1979 mit der [[Weylkrümmungshypothese]] auch einen Vorschlag, wie der [[Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik|Zweite Hauptsatz der Thermodynamik]] in der [[Kosmologie]] verwurzelt sein könnte, und wie somit einerseits der kosmologische [[Zeitpfeil]], andererseits die beeindruckende beobachtete räumliche Homogenität und Isotropie des [[Universum]]s erklärt werden könnte. Im Zusammenhang mit der [[Allgemeine Relativitätstheorie|allgemeinen Relativitätstheorie]] entwickelte er auch das [[Penrose-Diagramm]], mit dem man die globale Struktur einer [[Raumzeit]] graphisch darstellen kann.
[[Datei:Gradient-optical-illusion.svg|miniatur|links|Der graue Balken erscheint links heller, besitzt aber überall den gleichen Grauwert, es sei denn, er wird im Winkel mittels eines [[Flachbildschirm]]s betrachtet, bei dem generell eine tatsächliche Farbabweichung stattfindet. Außerdem scheint die Kontur an allen Stellen deutlich erkennbar zu sein, obwohl das Bild in der Basisgröße einen mehrere Pixel breiten Bereich hat, in dem der Grauwert des Streifens mit dem des Hintergrundes identisch ist.]]
[[Datei:Grey square optical illusion.PNG|miniatur|Hell ist relativ: Die Quadrate A und B sind gleich hell.]]
[[Datei:Optical.greysquares.arp-animated.gif|miniatur|Beweis: die Quadrate A und B sind gleich hell.]]


Die Wahrnehmung von Helligkeitsunterschieden ist sehr subjektiv. Ein Farbton, der in der Dämmerung als hell wahrgenommen wird, erscheint bei Sonnenlicht dunkel, und anders. Physikalisch ist diese Interpretation korrekt. Das Gehirn greift beim Betrachten der Beispiele auf der linken und rechten Seite auf diese Erfahrung zurück. Links erscheint ''Grau'' bei dunkler Umgebung heller, in heller Umgebung dunkler, obwohl der graue Balken überall den gleichen Grauwert besitzt.
Penrose fordert die Entwicklung einer Theorie der [[Quantengravitation]] unter Berücksichtigung einer gewissen [[Berechenbarkeit|Nichtberechenbarkeit]] in der Welt der [[Quantenphysik|Quantenphänomene]] bzw. deren Deutungen und der Integration der Prinzipien der [[Allgemeine Relativitätstheorie|allgemeinen Relativitätstheorie]] Einsteins. Diese neue Physik nennt er ''OR-Physik''.


Das Quadrat ''B'' rechts im Bild liegt im Schatten. Dem Muster folgend muss es ein ''weißes'' Quadrat sein, viel heller als das ''dunkle'' Quadrat ''A''. Absolut betrachtet sind beide Quadrate jedoch gleich hell.
Im Jahr 2010 interpretierte Penrose, gemeinsam mit Vahe Gurzadyan, Anomalien (nach ihnen konzentrische Kreise) in den [[Wilkinson Microwave Anisotropy Probe|WMAP]]-Daten der kosmischen [[Hintergrundstrahlung]] als Beweis für Aktivitäten vor dem Urknall (Kollisionen supermassiver schwarzer Löcher).<ref>Gurzadyan, Penrose: On CCC-predicted concentric low-variance circles in the CMB sky, Eur. Phys. J. Plus, Band 128, 2013, S. 22, [https://arxiv.org/abs/1302.5162 Arxiv]</ref> Er sieht das als Bestätigung eines von ihm vorgeschlagenen Modells zyklischer Universen (CCC, Conformal Cyclic Cosmology), das aufeinander folgende Universen vorsieht und somit im Gegensatz zum Modell der [[Parallelwelt#Modelle zum Urknall|Paralleluniversen]] steht.<ref>[http://www.wienerzeitung.at/themen_channel/wissen/natur/753278_Das-zyklische-Universum.html Das zyklische Universum]</ref> Demnach folgt auf das Ende eines expandierten Universums ein neuer Urknall, was eine Symmetrie bzw. konforme Transformation (das heißt im Wesentlichen skalenunabhängige) zwischen Anfang und Ende voraussetzt (das steht mit seiner Weylkrümmungshypothese zur Erklärung der Entropie des Universums in Verbindung). Da aber im bekannten Universum massive Teilchen vorhanden sind und dadurch Skalen definiert werden, postuliert er zudem, dass die Teilchen in der Endphase ihre Masse verlieren. Auch postuliert er zur Erklärung von Temperaturfluktuationen in der kosmischen Hintergrundstrahlung masselose Teilchen, die Gravitation vermitteln und [[Dunkle Materie]] ausmachen, und nennt sie Erebon nach [[Erebos]].<ref>Roger Penrose: The basic ideas of conformal cyclic cosmology, AIP Conference Proceedings 1446, 233 (2012)</ref>
{{Absatz}}


=== Überbetonung von Kontrasten – das Hermann-Gitter ===
=== Mathematik ===
[[Datei:Grid illusion.svg|miniatur|links|Weiße und schwarze Punkte]]
[[Datei:Roger-Penrose-Kachelstruktur.jpg|miniatur|Umsetzung der 5-fachen symmetrischen Kachelstruktur von Roger Penrose]]
[[Datei:Penta plexity.png|miniatur|Penta Plexity]]
Noch als Student entdeckte Penrose 1955 die [[Pseudoinverse|Penrose-Inversen]] von Matrizen.


Das Hermann-Gitter wurde von [[Ludimar Hermann]] im Jahre 1870 vorgestellt. Da dieses Phänomen auch von [[Ewald Hering]] bemerkt wurde, bezeichnet man es auch als Hering-Gitter. Beim Gitternetz glaubt der Betrachter, in den Schnittpunkten eines Liniengitters schattenartige Flecken zu sehen. Sie flackern und sind nur wahrzunehmen, solange man seinen Blick nicht darauf konzentriert. Der Effekt kann noch verstärkt werden, wenn die Linien grau sind und sich in ihren Schnittpunkten Punkte befinden, die die komplementäre Farbe zum Hintergrund haben. Im nebenstehenden Beispiel sind es graue Linien auf schwarzem Grund mit weißen Kreisen in den Schnittpunkten. Der Betrachter sieht die Schnittpunkte im Fokusbereich als weiß, außerhalb jedoch schwarz flackernd.
Penrose entdeckte 1974 mehrere zueinander verwandte kleine nicht-periodische Mengen von Kacheln, insbesondere auch mehrere ''aperiodische Paare''. Mit solchen Kacheln  kann die Ebene parkettiert werden, aber keine dieser [[Parkettierung]]en ist periodisch (das heißt wiederholt sich auf exakt dieselbe Weise). Sie besitzen aber stets eine gewisse Ordnung und sind fünfzählig drehsymmetrisch. Sie werden daher ''quasiperiodisch'' genannt. Diese [[Penrose-Parkettierung]]en sind aus einer hierarchisch strukturierten Packung regelmäßiger Fünfecke (s. u.) abgeleitet. Eine Penrose-Pflasterung befindet sich im Eingangsbereich des Matheturms der [[TU Dortmund]]. 1984 wurden ähnliche Strukturen bei [[Quasikristall]]en gefunden.


Bisher wurde angenommen, dass die Überbetonung der Kontraste auf [[Laterale Hemmung|lateraler Hemmung]] beruht,<ref name="Baumgartner">{{cite journal |doi=10.1007/BF00680926 |author=G. Baumgartner |year=1960 |title=Indirekte Größenbestimmung der rezeptiven Felder der Retina beim Menschen mittels der Hermannschen Gittertäuschung. |journal=Pflügers Arch ges Physiol |volume=272 |pages=21–22}}</ref>
<!-- Auf Penrose geht auch das [[Penta Plexity]] zurück: -->
und in gängigen Lehrbüchern wird dies auch so dargestellt. Inzwischen gilt diese Theorie jedoch als widerlegt.<ref name="Lingelbach_1985">{{cite journal | last=Lingelbach | first=B. |coauthors= B. Block, B. Hatzky, E. Reisinger |year=1985 |title= The Hermann grid illusion–retinal or cortical?|journal=Perception |volume=14 |issue=1 |pages=A7 }}</ref>
Roger Penrose hat unter anderem das [[Penrose-Dreieck]], ein Dreieck mit drei aufeinander stehenden rechten Winkeln, erfunden. Die Konstruktion, die in der Realität nicht möglich ist, hat den niederländischen Grafiker [[M. C. Escher]] zu den Bildern ''Wasserfall'' und ''Belvedere'' animiert.
<ref name="Geier_2004">{{cite journal |last=Geier |first=J. |coauthors=L. Bernáth |year=2004 |title= Stopping the Hermann grid illusion by simple sine distortion |journal=Perception |volume=33 | pages=53 }}</ref>
<ref name="Schiller">{{cite journal | last1=Schiller | first1=Peter H. | last2=Carvey | first2=Christina E. | title=The Hermann grid illusion revisited | journal=Perception | year=2005 |volume=34 | issue=11 | pages=1375–1397 | url=http://www.perceptionweb.com/abstract.cgi?id=p5447 | doi=10.1068/p5447}}</ref>
<ref name="Geier_2008">{{cite journal |doi=10.1068/p5622 |last=Geier |first=J. |coauthors=L. Bernáth, M. Hudák, L. Séra |year=2008 |title=Straightness as the main factor of the Hermann grid illusion |journal=Perception |volume=37 |issue=5 |pages=651–665 |pmid=18605141}}</ref>
<ref>{{cite web |url=http://www.geier.hu/Hermann/index.html |title=Stopping the Hermann grid illusion by sine distortion |first=János |last=Geier |year=2008}}</ref>
<ref name="Bach_2008">{{cite journal |author=Bach, Michael |year=2008 |title= Die Hermann-Gitter-Täuschung: Lehrbucherklärung widerlegt (The Hermann grid illusion: the classic textbook interpretation is obsolete) | journal=Ophthalmologe | doi=10.1007/s00347-008-1845-5 |volume=106 |pages=913–917}}</ref>
Ändert man nämlich die Täuschung nur leicht ab, z.&nbsp;B. durch sinusförmige Balken, so verschwindet die Illusion.<ref name="Geier_2004" /> Dieser Effekt widerspricht der Theorie der lateralen Hemmung.
{{Absatz}}


=== Relativität von Größe ===
In der Mathematik wird Schönheit oft mit Einfachheit in Verbindung gebracht. Penrose kommt hier zu dem Ergebnis, dass in der Mathematik nicht Einfachheit als solche schön ist, sondern vor allem ''unerwartete Einfachheit''.<ref>Roger Penrose: ''The Role of Aesthetics in Pure and Applied Mathematical Research''. In: ''Bull. Inst. Math. Appl.'' Band 10, 1974, S. 266–271.</ref>
[[Datei:Wahrnehmung gesetzt Kontext.jpg|miniatur|'''Ebbinghaus-Illusion''': Die blauen Kugeln haben die gleiche Größe.]]
[[Datei:Opt taeuschung groesse.jpg|miniatur|Größe wird abhängig von der Umgebung bewertet. Alle drei Schwesternpaare sind gleich groß.]]


Das Bild links ist ein Beispiel für viele ähnliche Schemazeichnungen, die die menschliche Wahrnehmung verwirren. Die linke blaue Kugel ist kleiner als die umgebenden roten, bei der rechten ist es umgekehrt. Die Übertragung von ''relativ kleiner'' und ''relativ größer'' auf die beiden blauen Kugeln in direkten Vergleich ist falsch. Beide blauen Kugeln sind gleich groß.
=== Physik und Bewusstsein, Arbeiten zu den Grundlagen der Quantenmechanik ===
Penrose versucht in mehreren Werken mit einer [[Drei-Welten-Lehre]] [[Metaphysik|metaphysische]] Probleme populärwissenschaftlich zu beschreiben und seine Lösungsvorschläge zu erklären. Aus der ersten Welt des platonisch-mathematischen Logos ist die physikalische Realität nur ein kleiner Ausschnitt (es wären andere Naturgesetze denkbar). Die dritte, geistige Welt ist das Bewusstsein des Einzelnen.


Das Bild rechts zeigt einen Säulengang und drei Schwesternpaare. Das Paar im Vordergrund erscheint kleiner als das mittlere Paar. Das hintere Paar erscheint am größten. Nachmessen beweist, dass alle drei Paare gleich groß sind. Das Auge liefert das Bild auf der Netzhaut, seine Bedeutung erschließt sich jedoch erst durch die Verarbeitung der Bildinformationen im Gehirn. Obwohl das Bild zweidimensional ist, wird ein Weg erkannt, der von vorn nach hinten verläuft und den Eindruck räumlicher Tiefe vermittelt. Daraus wird geschlossen, dass sich Gegenstände am unteren Rand in der Nähe befinden und Gegenstände in der Bildmitte weiter entfernt sind.
Wie auch [[Stuart Hameroff]] auf der Suche nach „einer physikalischen Heimat für Bewusstsein“, schlägt Penrose ein –&nbsp;kontrovers diskutiertes&nbsp;– Modell vor, nach dem dieses im Wesentlichen auf derzeit im Einzelnen noch unbekannten [[Quantenmechanik|quantenmechanischen]] Effekten wie [[Einstein-Podolsky-Rosen-Paradoxon|EPR-Phänomenen]], [[Quantenverschränkung]] oder [[Quanten-Nichtlokalität]] und [[Dekohärenz|Quantenkohärenz]] beruht, die er in den [[Mikrotubuli]] des [[Cytoskelett|Zellskeletts]] und der Schnittstelle mit dem [[Nervenzelle|Neuron]] lokalisiert.


Die Bildverarbeitung im Gehirn geht davon aus, dass Gegenstände mit zunehmender Entfernung kleiner werden. So verwundert es nicht, dass die Frau hinten rechts im roten [[Mantel]] verglichen mit den Personen links im Bild extrem klein ist, obwohl sie nur weiter entfernt als die Personen im Vordergrund steht.
Nach dieser Theorie führen subtile physikalische Prozesse auf Nanometerskala (10<sup>−9</sup> m) im Grenzgebiet zwischen klassischer Physik und Quantenmechanik in einem hochentwickelten Nervensystem zu dem, was wir „[[Geist]]“ und „[[Bewusstsein]]“ nennen. Von anderen Quantenphysikern, Neurobiologen und Philosophen, wie [[Thomas Metzinger|Metzinger]], [[Gerhard Roth (Biologe)|Roth]] oder [[Christof Koch|Koch]], wird das Hameroff-Penrose-Modell allerdings abgelehnt.


Das Paar im Vordergrund wirkt sehr klein, denn die Entfernung wird als gering interpretiert. Wäre es in Wirklichkeit genauso groß wie das mittlere Paar, müsste es auf dem Bild größer erscheinen. Da es auf dem Bild aber exakt genauso groß wie das mittlere Paar ist, folgert das [[Gehirn]], dass die Personen in Wirklichkeit kleiner sein müssen. Das Gleiche gilt für das hintere Paar. Eigentlich müsste seine Größe der der Frau im roten Mantel entsprechen. Stattdessen wird es in mehr als doppelter Größe gesehen. Der [[Bildverarbeitung]]sprozess erfasst diese beiden Personen im Hintergrund als Riesen.
Penrose schlug 2003 mit dem niederländischen Experimentalphysiker [[Dirk Bouwmeester]] vor, seine Hypothese des Einflusses der gravitativen Raumkrümmung auf die Superposition quantenmechanischer Zustände<ref> {{Cite journal | last = Penrose | first = Roger | title = On Gravity's Role in Quantum State Reduction | journal = General Relativity and Gravitation | volume = 28 | issue = 5 | pages = 581–600 | year = 1996 | doi = 10.1007/BF02105068|bibcode = 1996GReGr..28..581P }}</ref>
an Nano-Spiegeln zu testen.<ref>
[http://www.news.leiden.edu/news-2011/roger-penrose.html Universität Leiden 2011 zu Penrose]</ref><ref>
W. Marshall, C. Simon, Penrose, Bouwmeester: ''Towards the quantum superposition of a tiny mirror.'' In: ''Phys. Rev. Lett.'' Band 91, 2003, S. 130401–1, [http://pitp.physics.ubc.ca/confs/7pines2010/individualreadings/10-bouwmeester.pdf pdf]</ref>


Die Relativität von Größe ist in der ''Ponzo-Täuschung'' bedeutungsvoll. Diese Illusion ist auch unter dem Namen ''Railway Lines Illusion'' bekannt, da die Figur an Eisenbahnschienen erinnert. Sie wurde vom italienischen Psychologen Mario Ponzo 1913 entwickelt. Zwei Balken werden gleich groß auf zwei (oder mehr Linien, die wie gerade Zuggleise verlaufen) gemalt. Der obere Balken wirkt größer. Haupterklärung ist das Prinzip der [[Größenkonstanz]]. Die zusammenlaufenden Schienenlinien werden als eigentlich parallele Linien aufgefasst, die in großer Tiefe ihren Fluchtpunkt haben. So entsteht der Eindruck räumlicher Tiefe.
== Veröffentlichungen (Auswahl) ==
Der obere Balken wird aufgrund der räumlichen Interpretation dadurch als weiter entfernt wahrgenommen und müsste deshalb eigentlich wesentlich kleiner sein als der untere Balken, um als gleich groß wahrgenommen zu werden. Da aber die Netzhautbilder beider Balken gleich groß sind, wirkt der obere Balken größer.
*''Collected Works'', 6 Bände, Oxford University Press 2011
* ''Tensor Methods in Algebraic Geometry''. [[University of Cambridge]] 1956. ([[Dissertation]])
* ''Geometrical Algebras: A New Approach to Invariant Theory''. [[Bedford College]], London 1957. (Dissertation)
*''Techniques of Differential Topology in Relativity'', SIAM, Philadelphia 1972
* mit [[Wolfgang Rindler]]: ''Spinors and Space-Time. Volume 1: Two-Spinor Calculus and Relativistic Fields.'' Cambridge Monographs on Mathematical Physics. Cambridge University Press, ISBN 0-521-33707-0.
* mit Wolfgang Rindler: ''Spinors and Space-Time. Volume 2: Spinor and Twistor Methods in Space-Time Geometry.'' Cambridge Monographs on Mathematical Physics. Cambridge University Press, ISBN 0-521-34786-6.
* ''The Emperor's New Mind. Concerning Computers, Minds, and the Laws of Physics.'' Oxford University Press, 1989, ISBN 0-14-014534-6.
** dt. Ausgabe: ''Computerdenken. Des Kaisers neue Kleider oder Die Debatte um Künstliche Intelligenz, Bewusstsein und die Gesetze der Natur.'' Spektrum der Wissenschaft, Heidelberg 1991, ISBN 3-8274-1332-X.
* ''Shadows of the Mind. A Search for the Missing Science of Consciousness.'' Oxford University Press, 1994, ISBN 0-19-853978-9.
** dt. Ausgabe: ''Schatten des Geistes. Wege zu einer neuen Physik des Bewusstseins.'' Spektrum, Heidelberg/ Berlin/ Oxford 1995, ISBN 3-86025-260-7.
* mit [[Stephen Hawking]]: ''The Nature of Space and Time.'' Princeton University Press, 1996, ISBN 0-691-03791-4.
** dt. Ausgabe: ''Raum und Zeit.'' Rowohlt, Reinbek 1998, ISBN 3-498-02934-7.
** Hawkings Teil des Buches ist frei erhältlich unter: {{arxiv|hep-th|9409195}}
* ''The Large, the Small and the Human Mind.'' Cambridge University Press, 1997, ISBN 0-521-56330-5.
** dt. Ausgabe: ''Das Große, das Kleine und der menschliche Geist.'' Spektrum, Heidelberg/ Berlin 2002
* ''Quantum Computation, Entanglement and State Reduction.'' In: ''Philosophical Transactions of the Royal Society of London.'' Series A, 356, 1998, S. 1927–1939.
* ''The Road to Reality. A Complete Guide to the Laws of the Universe.'' Jonathan Cape, London 2004, ISBN 0-224-04447-8.
*''Cycles of Time.'' Bodley Head, 2010, ISBN 978-0-224-08036-1.
** deutsch: ''Zyklen der Zeit. Eine neue ungewöhnliche Sicht des Universums.'' übersetzt von Thomas Filk. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2011, ISBN 978-3-8274-2801-1.
*''Fashion, Faith, and Fantasy in the New Physics of the Universe'', Princeton University Press, Princeton, New Jersey, USA 2016, ISBN 978-0-69111-979-3.


[[Datei:LargeTribarGotschuchenAustria.JPG|miniatur|Skulptur eines [[Penrose-Dreieck]]es, Gotschuchen/Kärnten/Österreich.]]
== Einzelnachweise ==
 
<references />
Diese optische Täuschung macht man sich in Architektur, Fotografie und Film unter dem Begriff [[erzwungene Perspektive]] zu nutze, um Objekte im Auge des Betrachters größer oder entfernter erscheinen zu lassen.
{{Absatz}}
 
=== Relativität des Blickwinkels ===
 
Eine andere Art der optischen Täuschung entsteht durch den [[Blickwinkel]] des Betrachters. Man kann zum Beispiel Objekte bauen, die nur aus einem ganz bestimmten Blickwinkel gesehen wie ein gewöhnlicher Gegenstand, etwa ein Stuhl oder ein Klavier, aussehen, obwohl sie in Wahrheit eine völlig andere, verzerrte, räumliche Form haben. Oder man kann Objekte bauen, die aus einem ganz bestimmten Blickwinkel gesehen räumliche Figuren simulieren, die in der Realität gar nicht möglich sind, etwa das nebenstehende [[Penrose-Dreieck]].
 
[[Datei:Mond a.JPG|miniatur|„Falsche“ Mondneigung]]
Unter das Stichwort „Relativität des Blickwinkels“ kann auch die „falsche“ Mondneigung eingeordnet werden. Dieses Phänomen kann beobachtet werden, wenn Mond und Sonne tagsüber gleichzeitig am Himmel zu sehen sind. Man würde erwarten, dass der Mond seine beleuchtete Seite, die Sichel, der Sonne zuwendet, weil sie von dort ihr Licht erhält. Stattdessen weicht die Sichel mit ihrer Symmetrieachse deutlich und manchmal sogar stark nach oben von der erwarteten Richtung ab. Die Sichel schaut über die Sonne hinweg, wie das nebenstehende Bild zeigt. Ebenso unerwartet zeigt die Sichel nachts trotz untergegangener Sonne manchmal nach oben statt nach unten. Diese Erscheinung ist eine Optische Täuschung, für die es unterschiedliche Erklärungen gibt, unter anderem die, dass die Täuschung von der Blickrichtung abhängt.<ref>[http://falsche-mondneigung.jimdo.com/ Darstellung der „falschen“ Mondneigung mit Skizzen und geometrischen Berechnungen] bei jimdo.com</ref><ref>[http://www.psy-mayer.de/links/mondneigung.pdf Astronomisch-psychologische Erklärung zur „falschen“ Mondneigung] (PDF; 1,1&nbsp;MB) bei psy-mayer.de</ref><ref>Bernhard Schölkopf: [http://www.perceptionweb.com/abstract.cgi?id=p271229 ''The moon tilt illusion.''] Zeitschrift ''Perception'' Nr. 27 (10), S. 1229–1232</ref><ref>Georg Glaeser, Karlheinz Schott: [http://hrcak.srce.hr/file/73428 ''Geometric Considerations About Seemingly Wrong Tilt of Crescent Moon.''] „KoG“ Nr. 13, S. 19–26</ref>
 
=== Nicht vorhandene Objekte ===
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Datei:Optische_taeuschung_5.png|Durchbrochene Linien der [[Walter Ehrenstein|Ehrenstein]]-Täuschung
Datei:Nocube.svg|Flecke, Linien, Würfel?
Datei:Kanizsa triangle.svg|''Kanizsa-Dreieck''
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Bei manchen Sinneseindrücken glaubt der Betrachter Objekte wahrzunehmen, die nicht vorhanden sind. Ein Beispiel dafür ist das nebenstehende Muster (links) aus durchbrochenen Linien. Der Betrachter glaubt an den Schnittstellen weiße Scheiben zu sehen.
 
Im Beispiel in der Mitte sieht der Betrachter einen Würfel. Die Kanten, die auf dem Bild gar nicht vorhanden sind, werden bei der Bildverarbeitung im Gehirn ergänzt. Beim Kanizsa-Dreieck (benannt nach [[Gaetano Kanizsa]]) im Bild ganz rechts glaubt der Betrachter, ein weißes Dreieck zu entdecken, obwohl das Bild nur Linien und Kreissegmente zeigt. Die gedachten Linien sind in der Literatur auch als „[[Kognition|kognitive]] [[Kontur]]en“ (''cognitive contours'') bekannt geworden.
 
Ähnlich lassen sich auch die [[Marskanäle]] oder das [[Cydonia Mensae|Marsgesicht]] auf das Bestreben des Gehirns zurückführen, bei der Mustererkennung Bekanntes wiederzuentdecken.
{{Absatz}}
 
=== Mehrfach wahrgenommene Objekte ===
[[Datei:Necker-wuerfelrp.png|miniatur|[[Kippfigur|Necker-Würfel]]]]
[[Kippfigur]]en wie der [[Kippfigur#Der Necker-Würfel|Necker-Würfel]] sind ein Beispiel für [[multistabile Wahrnehmung]]. Dabei bestimmt die Erfahrung die Lage, in der die Figur vorzugsweise wahrgenommen wird. Bei längerem Betrachten des Bildes kippt der Necker-Würfel.
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[[Datei:Revolving circles.svg|miniatur|Bewegte Kreise, wenn der Betrachter sich vor und zurück bewegt.]]
 
=== Bewegungsillusionen ===
 
Es gibt eine lange Reihe optischer Täuschungen, in denen der Betrachter meint, dass sich Teile des Bildes bewegen. Dabei muss manchmal der Kopf selbst bewegt werden und manchmal nicht. Letztere Variante funktioniert am besten mit ''[[Peripheres Sehen|peripherem Sehen]]'', das heißt, die Bewegung ist an den Stellen zu erkennen, die gerade nicht fokussiert werden.
 
Eine Bewegungsillusion tritt auch auf, wenn man ein kleines Objekt vor einer Umgebung betrachtet, die keine Anhaltspunkte für die räumliche Lage gibt. Ein einsamer Stern am dunklen Himmel scheint sich zu bewegen.
 
Auch können statische Bilder eine Bewegungsillusion hervorrufen, ohne dass man seinen Kopf bewegt. Die Ursache findet sich in wiederholten Mustern, innerhalb derer sich unterschiedlich starke Kontraste befinden. Durch die unterschiedlich schnelle Weiterleitung von unterschiedlich starken Kontrasten und Helligkeiten in der Peripherie der Retina kommt es in den nachgeschalteten Ebenen der visuellen Verarbeitung (Stichwort: [[Bewegungssehen#Reichardt-Detektor|Reichardt-Detektoren]]) zur Falschverarbeitung und somit zur Fehlinterpretation. Die „Rotating Snake“ ist ein sehr gutes Beispiel dafür.
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=== Weitere Beispiele ===
[[Datei:Barber-pole-01.gif|miniatur|Barber-Pole-Illusion]]
Ein [[Ames-Raum]], benannt nach [[Adelbert Ames, Jr.]] (1880–1955), ist ein Raum mit einer speziellen [[Geometrie]], in dem sich eine Reihe von optischen Täuschungen realisieren lassen.
 
Eine Reihe weitere optischer Täuschungen sind teils seit der Antike bekannt, teils erst im 19. Jahrhundert und in jüngster Vergangenheit beschrieben. Dazu gehören:
 
* [[Anamorphose]]
* [[Barber-Pole-Illusion]]
* [[Delboeuf-Täuschung]]
* [[Fehlendes-Quadrat-Rätsel]]
* [[Fraser-Spirale]]
* [[Hollow-Face-Illusion]]
* [[Hybridbild]]
* [[Machsche Streifen]] ([[Ernst Mach]], 1865)
* [[Mondtäuschung]]
* [[Mueller-Lyer-Illusion]] ([[Franz Müller-Lyer]], 1889)
* [[Poggendorff-Täuschung]] ([[Johann Christian Poggendorff]], 1860)
* [[Pulfrich-Effekt]] ([[Carl Pulfrich]], 1922)
* [[Stürzende Linien#Wahrnehmungstäuschung|Stürzende Linien und Sonnenstrahlen]]
* [[T-Figur-Illusion]]
* [[Unmögliche Figur]]
* [[Vexierbild]]
* [[Wasserfarbeneffekt]] (Baingio Pinna, John S. Werner und [[Lothar Spillmann]], 2003)
 
== Optische Täuschungen im Alltag ==
Dass optische Täuschungen auch im Alltag auftreten können, zeigen diese Beispiele:
 
* Beim [[Bewegte Bilder|Film]] erzeugt das schnelle Hintereinander von statischen Einzelbildern die Illusion einer Bewegung. Es sieht oft so aus, als würden die Räder des Autos sich rückwärts bewegen, obwohl es nicht so ist. Siehe [[Stroboskopeffekt|stroboskopischer Effekt]].
* Unter bestimmten landschaftlichen Gegebenheiten scheinen Straßen, die in Wirklichkeit bergabwärts verlaufen, bergaufwärts zu führen und umgekehrt (beispielsweise der [[Electric Brae]] in [[Schottland]]).
* In der illusionistischen Malerei werden mittels [[Trompe-l’œil]]-Technik Räume optisch vergrößert.
* Auch die [[Op-Art]] setzt optische Täuschungen gezielt als Stilmittel ein.
 
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Datei:Aer.lingus.a320-200.ei-cva.planform.arp.jpg|Die rote Linie scheint gekrümmt, tatsächlich ist sie gerade.
Datei:FerromagnetischerWerkstoff.png|Die Umrandung der Grafik ist ein Rechteck, scheint sich aber nach rechts zu verjüngen.
Datei:Hahnentrittmuster.jpg|Das Bild des Hahnentrittmusters scheint nach rechts gekippt.
Datei:Wandbekleidung2.jpg|Bei dieser textilen Wandbekleidung scheinen die tatsächlich parallelen Linien sich zu verjüngen.
Datei:Optische illusion.jpg|Der Text erscheint unscharf, tatsächlich sind aber nur zusätzliche parallele, scharfe Linien eingezeichnet.
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== Mögliche Erklärungen für optische Täuschungen ==
Ein möglicher Lösungsansatz für „optische Täuschungen“ ist die Theorie des Amerikaners Mark Changizi. Dieser spricht von einem „Blick in die Zukunft“, die das Gehirn jede Sekunde vornimmt. Die visuellen Informationen der Außenwelt gelangen über die Netzhaut und die Sehnervenkreuzung ins Gehirn. Jedoch ist nur in einem kleinen Teil der Netzhaut scharfes Sehen möglich. Beim Betrachten einer visuellen Szene führt das Auge gezielte Bewegungen aus (Willkürsakkaden). Die unscharfen Bilder während der Augenbewegung werden vom Gehirn unbewusst ausgeblendet. Aus den verschiedenen Seheindrücken gelangen die Impulse über einen Teil des [[Thalamus]] (''Corpus Geniculatum Laterale'') und danach in das primäre Sehzentrum am Hinterhauptspol, dem primären Sehzentrum. Es gibt jedoch bereits auf dieser Ebene Rückkopplungschleifen, so dass bereits im Sehzentrum nur noch ca. 10 % der Nervenfasern vom Auge kommen. Bereits auf dieser Ebene findet eine essentielle Vorverarbeitung der Signale aufgrund biologischer Parameter und Vorerfahrungen statt. Im Wesentlichen erschafft das Gehirn also die visuelle Repräsentation des Gesehenen aus relativ schwachen Signalen selbst.<ref>Chris Frith: ''Wie das Gehirn die Welt erschafft.'' Spektrum Wissenschaftlicher Verlag, Sachbuch 2010</ref> Dieser Mechanismus ist störanfällig, was die optischen Täuschungen verdeutlichen. Das Hirn wertet die Informationen dann weiter aus und errechnet die erwartete Veränderung für die Zukunft, dies ist evolutionär gesehen wichtig. Beispielsweise suggerieren Fluchtpunkte eine Bewegung, das [[Gehirn]] berechnet die Umgebung daraus neu. Da sich die reale Position jedoch nicht verändert, entsteht die optische Täuschung, dass Linien verbogen werden. Laut Changizi lassen sich so bis zu 50 Täuschungen erklären.<ref>Heike Le Ker: [http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,559033,00.html ''Optische Täuschungen: Blick in die Zukunft trickst das Auge aus.''] Spiegel Online, 2008 (abgerufen am 11. Juni 2008)</ref>
 
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Kategorie:Optische Täuschung}}
* {{WikipediaDE|Optische Täuschung}}
 
== Literatur ==
*Brad Honeycutt: ''Optische Illusionen'', ars edition, 2013, 160 S., ISBN 978-3-8458-0042-4
* Ernst Mach: ''Über die Wirkung der räumlichen Verteilung des Lichtreizes auf die Netzhaut.'' In: ''Sitzungsberichte der mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften'' Nr. 52, 1865, S. 303–322.
* Ludimar Hermann: ''Eine Erscheinung simultanen Contrastes.'' In: ''Pflügers Archiv für die gesamte Physiologie'' Nr. 3, 1870, S. 13–15.
* William H. Ittelson: ''The Ames Demonstrations in Perception.'' Princeton University Press, Princeton 1952.
* Franz C. Müller-Lyer: ''Optische Urtheilstäuschungen.'' In: ''Archiv für Physiologie Supplement-Band.'' 1889, S. 263–270.
* Hugo Münsterberg: ''Die verschobene Schachbrettfigur.'' In: ''Zeitschrift für Psychologie'' Nr. 15, 1897, S. 184–188.
* Jürg Nänni: ''Visuelle Wahrnehmung / Visual Perception.'' Niggli Verlag, Sulgen/Zürich 2008, ISBN 978-3-7212-0618-0.
* Nigel Rodgers: ''Unglaubliche optische Illusionen.'' Bechtermünz-Verlag, 1999, 228 Seiten, ISBN 978-3828923188.
* Romana Karla Schuler: ''Seeing Motion. A History of Visual Perception in Art and Science.'' De Gruyter, Berlin/Boston 2016, ISBN 978-3-11-042696-0
* Uwe Stoklossa: ''Blicktricks. Anleitung zur Visuellen Verführung.'' Hermann Schmidt, Mainz 2005, ISBN 978-3-87439-681-3.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{commonscat|Optical illusions|Optische Täuschung}}
{{Commonscat}}
* [https://www.youtube.com/watch?v=TYKdolhBlDg Video der Hochschule Aalen]
{{Wikiquote}}
; Sammlungen mit Hintergrundinformationen:
* {{DNB-Portal|120520567}}
* [http://www.michaelbach.de/ot/index-de.html 48 optische Täuschungen zusammengestellt und kommentiert von Michael Bach]
* {{MacTutor Biography|id=Penrose}}
* [http://www.patrickwagner.de/Illusion/OptischeTaeuschungen.html Ausführlicher Fachartikel über Optische Täuschungen]
* {{internetquelle|url=http://fac-web.spsu.edu/math/tile/aperiodic/penrose/penrose1.htm|titel=Penrose Tilings|datum=2011-08-15|zugriff=2012-01-16|hrsg=Southern Polytechnic State University}}
* A. Strahl: [http://www.strahl.info/_vortraege/2010_Strahl_Taeuschung_des_Gesichtssinns_pdf.pdf ''Täuschung des Gesichtssinns.''] Vortrag (PDF-Datei, 2,1&nbsp;MB) oder als [http://www.strahl.info/_vortraege/2010_Strahl_Taeuschung_des_Gesichtssinns.swf Flash-Animation]. strahl.info
* {{internetquelle|url=http://doug-pc.itp.ucsb.edu/online/plecture/penrose/|titel=Science and the Mind|kommentar=Audio-Vortrag von Roger Penrose zum ''Orch OR''-Modell des Bewusstseins|datum=1999-05-12|zugriff=2012-01-16|sprache=englisch}}
; Arbeiten über einzelne Phänomene:
* [http://www.leinroden.de/index.php?do=showtext&item=24 Die Münsterberg-Täuschung]
* [http://www.die-scheune.info/das-hermann-gitter-und-die-folgen/ Das Hermann-Gitter und die Folgen]
* [http://www.fh-fulda.de/~grams/OptIllu/OptIllu.htm Prägnanztendenz]
* [https://www.youtube.com/watch?v=iv3NVlP9NTg 23 optische Täuschungen] YpuTube
* [https://www.youtube.com/watch?v=StIBjbYgo_w 10 optische Täuschungen] YouTube
* [https://www.youtube.com/watch?v=N3_I-WbBROw 08 optische Täuschungen] YouTube


== Einzelnachweise ==
{{Normdaten|TYP=p|GND=120520567|LCCN=n/82/139094|NDL=00515478|VIAF=108188624}}
<references />


[[Kategorie:Wahrnehmungstäuschung]]
{{SORTIERUNG:Penrose, Roger}}
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[[Kategorie:Kognitionswissenschaftler]]
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Version vom 11. Dezember 2018, 15:35 Uhr

Roger Penrose (2011)

Sir Roger Penrose OM (* 8. August 1931 in Colchester, Essex) ist ein englischer Mathematiker und theoretischer Physiker, dessen Arbeiten auf den Gebieten der mathematischen Physik und der Kosmologie hoch geachtet sind. Er hat sich auch in zahlreichen populärwissenschaftlichen Büchern zu Themen der Philosophie geäußert.

Leben

Roger Penrose ist der Sohn des medizinischen Genetikers Lionel Penrose (Begründer des Colchester Surveys zur Aufdeckung genetischer bzw. Umwelt-Ursachen von geistigen Erkrankungen) und von Margaret Leathes, einer Ärztin. Er ist Bruder des Physikers Oliver Penrose und des zehnfachen (1958–1969) britischen Schachmeisters und Psychologen Jonathan Penrose. Sein Vater wanderte 1939 nach London in Ontario, Kanada, aus (er war dort Direktor der psychiatrischen Klinik am Hospital), wo Penrose die Schule besuchte. 1945 kehrte die Familie nach England zurück, und Penrose besuchte das University College London, wo sein Vater Professor für Genetik war.

Nach dem Bachelor wechselte er an die Universität Cambridge, um in algebraischer Geometrie bei William Vallance Douglas Hodge zu arbeiten, wechselte dann aber zu John Arthur Todd, bei dem er 1957 promovierte. Daneben hörte er auch Physik-Kurse bei Paul Dirac und Hermann Bondi und wurde außerdem stark durch den Kosmologen Dennis Sciama beeinflusst. 1956/57 war er Assistenzprofessor am Bedford College in London, wechselte danach als Research Fellow an das St. John's College in Cambridge. 1959–1961 war er in den USA an der Princeton University und an der Syracuse University, danach 1961–1963 am King's College in Cambridge und 1963/4 als Gastprofessor an der University of Texas at Austin. 1964 wurde er Dozent am Birkbeck College in London und 1966 dort Professor für angewandte Mathematik.

Penrose war von 1973 bis 1998 Rouse Ball Professor an der Oxford University. Danach wurde er Geometrie-Professor am Gresham College in London.

Von 1992 bis 1995 war er Präsident der International Society on General Relativity and Gravitation.

Er war in erster Ehe von 1959 bis zur Scheidung 1981 mit der Amerikanerin Joan Isabel Wedge verheiratet, mit der er drei Kinder hat, in zweiter Ehe heiratete er 1988 die Schullehrerin Vanessa Thomas, mit der er zwei Kinder hat.[1]

Öffentlichkeit

In der Öffentlichkeit ist Penrose durch seine populärwissenschaftlichen Arbeiten bekannt: In mehreren Büchern (The Emperor's New Mind[2], Shadows of the Mind[3], The Large, the Small and the Human Mind[4]) setzt er sich mathematisch-physikalisch mit Problemen des Bewusstseins und der künstlichen Intelligenz auseinander.

Leistungen

Physik

Temperaturschwankungen der kosmischen Hintergrund­strahlung, gemessen durch WMAP.

Penrose führte Spin-Netzwerke ein, aus denen später die Theorie der Loop-Quantengravitation und die Twistor-Theorie entwickelt wurde. Insbesondere der Ausbau der Twistor-Theorie, die er begründete und die er als Basis einer umfassenden physikalischen Theorie der fundamentalen Wechselwirkungen und Teilchen sieht, war ihm eines der Hauptanliegen in seiner Wissenschaftler-Karriere. Eine weitere grundlegende Erkenntnis in der Kosmologie geht auf ihn und Stephen Hawking zurück: der Satz von Hawking-Penrose, nach dem in den Einsteinschen Feldgleichungen notwendig Lösungen mit Singularitäten (z. B. Urknall oder Schwarze Löcher) existieren (siehe Singularitäten-Theorem). Nach Penrose sind Singularitäten aber immer durch Ereignishorizonte abgeschirmt und nackte Singularitäten kommen nicht vor (Cosmic Censorship Hypothese von Penrose). Schließlich machte Penrose 1979 mit der Weylkrümmungshypothese auch einen Vorschlag, wie der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik in der Kosmologie verwurzelt sein könnte, und wie somit einerseits der kosmologische Zeitpfeil, andererseits die beeindruckende beobachtete räumliche Homogenität und Isotropie des Universums erklärt werden könnte. Im Zusammenhang mit der allgemeinen Relativitätstheorie entwickelte er auch das Penrose-Diagramm, mit dem man die globale Struktur einer Raumzeit graphisch darstellen kann.

Penrose fordert die Entwicklung einer Theorie der Quantengravitation unter Berücksichtigung einer gewissen Nichtberechenbarkeit in der Welt der Quantenphänomene bzw. deren Deutungen und der Integration der Prinzipien der allgemeinen Relativitätstheorie Einsteins. Diese neue Physik nennt er OR-Physik.

Im Jahr 2010 interpretierte Penrose, gemeinsam mit Vahe Gurzadyan, Anomalien (nach ihnen konzentrische Kreise) in den WMAP-Daten der kosmischen Hintergrundstrahlung als Beweis für Aktivitäten vor dem Urknall (Kollisionen supermassiver schwarzer Löcher).[5] Er sieht das als Bestätigung eines von ihm vorgeschlagenen Modells zyklischer Universen (CCC, Conformal Cyclic Cosmology), das aufeinander folgende Universen vorsieht und somit im Gegensatz zum Modell der Paralleluniversen steht.[6] Demnach folgt auf das Ende eines expandierten Universums ein neuer Urknall, was eine Symmetrie bzw. konforme Transformation (das heißt im Wesentlichen skalenunabhängige) zwischen Anfang und Ende voraussetzt (das steht mit seiner Weylkrümmungshypothese zur Erklärung der Entropie des Universums in Verbindung). Da aber im bekannten Universum massive Teilchen vorhanden sind und dadurch Skalen definiert werden, postuliert er zudem, dass die Teilchen in der Endphase ihre Masse verlieren. Auch postuliert er zur Erklärung von Temperaturfluktuationen in der kosmischen Hintergrundstrahlung masselose Teilchen, die Gravitation vermitteln und Dunkle Materie ausmachen, und nennt sie Erebon nach Erebos.[7]

Mathematik

Umsetzung der 5-fachen symmetrischen Kachelstruktur von Roger Penrose
Penta Plexity

Noch als Student entdeckte Penrose 1955 die Penrose-Inversen von Matrizen.

Penrose entdeckte 1974 mehrere zueinander verwandte kleine nicht-periodische Mengen von Kacheln, insbesondere auch mehrere aperiodische Paare. Mit solchen Kacheln kann die Ebene parkettiert werden, aber keine dieser Parkettierungen ist periodisch (das heißt wiederholt sich auf exakt dieselbe Weise). Sie besitzen aber stets eine gewisse Ordnung und sind fünfzählig drehsymmetrisch. Sie werden daher quasiperiodisch genannt. Diese Penrose-Parkettierungen sind aus einer hierarchisch strukturierten Packung regelmäßiger Fünfecke (s. u.) abgeleitet. Eine Penrose-Pflasterung befindet sich im Eingangsbereich des Matheturms der TU Dortmund. 1984 wurden ähnliche Strukturen bei Quasikristallen gefunden.

Roger Penrose hat unter anderem das Penrose-Dreieck, ein Dreieck mit drei aufeinander stehenden rechten Winkeln, erfunden. Die Konstruktion, die in der Realität nicht möglich ist, hat den niederländischen Grafiker M. C. Escher zu den Bildern Wasserfall und Belvedere animiert.

In der Mathematik wird Schönheit oft mit Einfachheit in Verbindung gebracht. Penrose kommt hier zu dem Ergebnis, dass in der Mathematik nicht Einfachheit als solche schön ist, sondern vor allem unerwartete Einfachheit.[8]

Physik und Bewusstsein, Arbeiten zu den Grundlagen der Quantenmechanik

Penrose versucht in mehreren Werken mit einer Drei-Welten-Lehre metaphysische Probleme populärwissenschaftlich zu beschreiben und seine Lösungsvorschläge zu erklären. Aus der ersten Welt des platonisch-mathematischen Logos ist die physikalische Realität nur ein kleiner Ausschnitt (es wären andere Naturgesetze denkbar). Die dritte, geistige Welt ist das Bewusstsein des Einzelnen.

Wie auch Stuart Hameroff auf der Suche nach „einer physikalischen Heimat für Bewusstsein“, schlägt Penrose ein – kontrovers diskutiertes – Modell vor, nach dem dieses im Wesentlichen auf derzeit im Einzelnen noch unbekannten quantenmechanischen Effekten wie EPR-Phänomenen, Quantenverschränkung oder Quanten-Nichtlokalität und Quantenkohärenz beruht, die er in den Mikrotubuli des Zellskeletts und der Schnittstelle mit dem Neuron lokalisiert.

Nach dieser Theorie führen subtile physikalische Prozesse auf Nanometerskala (10−9 m) im Grenzgebiet zwischen klassischer Physik und Quantenmechanik in einem hochentwickelten Nervensystem zu dem, was wir „Geist“ und „Bewusstsein“ nennen. Von anderen Quantenphysikern, Neurobiologen und Philosophen, wie Metzinger, Roth oder Koch, wird das Hameroff-Penrose-Modell allerdings abgelehnt.

Penrose schlug 2003 mit dem niederländischen Experimentalphysiker Dirk Bouwmeester vor, seine Hypothese des Einflusses der gravitativen Raumkrümmung auf die Superposition quantenmechanischer Zustände[9] an Nano-Spiegeln zu testen.[10][11]

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Collected Works, 6 Bände, Oxford University Press 2011
  • Tensor Methods in Algebraic Geometry. University of Cambridge 1956. (Dissertation)
  • Geometrical Algebras: A New Approach to Invariant Theory. Bedford College, London 1957. (Dissertation)
  • Techniques of Differential Topology in Relativity, SIAM, Philadelphia 1972
  • mit Wolfgang Rindler: Spinors and Space-Time. Volume 1: Two-Spinor Calculus and Relativistic Fields. Cambridge Monographs on Mathematical Physics. Cambridge University Press, ISBN 0-521-33707-0.
  • mit Wolfgang Rindler: Spinors and Space-Time. Volume 2: Spinor and Twistor Methods in Space-Time Geometry. Cambridge Monographs on Mathematical Physics. Cambridge University Press, ISBN 0-521-34786-6.
  • The Emperor's New Mind. Concerning Computers, Minds, and the Laws of Physics. Oxford University Press, 1989, ISBN 0-14-014534-6.
    • dt. Ausgabe: Computerdenken. Des Kaisers neue Kleider oder Die Debatte um Künstliche Intelligenz, Bewusstsein und die Gesetze der Natur. Spektrum der Wissenschaft, Heidelberg 1991, ISBN 3-8274-1332-X.
  • Shadows of the Mind. A Search for the Missing Science of Consciousness. Oxford University Press, 1994, ISBN 0-19-853978-9.
    • dt. Ausgabe: Schatten des Geistes. Wege zu einer neuen Physik des Bewusstseins. Spektrum, Heidelberg/ Berlin/ Oxford 1995, ISBN 3-86025-260-7.
  • mit Stephen Hawking: The Nature of Space and Time. Princeton University Press, 1996, ISBN 0-691-03791-4.
  • The Large, the Small and the Human Mind. Cambridge University Press, 1997, ISBN 0-521-56330-5.
    • dt. Ausgabe: Das Große, das Kleine und der menschliche Geist. Spektrum, Heidelberg/ Berlin 2002
  • Quantum Computation, Entanglement and State Reduction. In: Philosophical Transactions of the Royal Society of London. Series A, 356, 1998, S. 1927–1939.
  • The Road to Reality. A Complete Guide to the Laws of the Universe. Jonathan Cape, London 2004, ISBN 0-224-04447-8.
  • Cycles of Time. Bodley Head, 2010, ISBN 978-0-224-08036-1.
    • deutsch: Zyklen der Zeit. Eine neue ungewöhnliche Sicht des Universums. übersetzt von Thomas Filk. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2011, ISBN 978-3-8274-2801-1.
  • Fashion, Faith, and Fantasy in the New Physics of the Universe, Princeton University Press, Princeton, New Jersey, USA 2016, ISBN 978-0-69111-979-3.

Einzelnachweise

  1. Penrose, Biographie bei prabook
  2.  Roger Penrose: Computerdenken: Die Debatte um Künstliche Intelligenz, Bewusstsein und die Gesetze der Physik. Spektrum Akademischer Verlag, 2001, ISBN 3-8274-1332-X.
  3.  Roger Penrose: Schatten des Geistes. Spektrum Verlag, 1995, ISBN 3-86025-260-7.
  4.  Roger Penrose, Abner Shimony, Nancy Cartwright, Stephen W. Hawking: Das Große, das Kleine und der menschliche Geist. Spektrum Akademischer Verlag, 2002, ISBN 3-8274-1331-1.
  5. Gurzadyan, Penrose: On CCC-predicted concentric low-variance circles in the CMB sky, Eur. Phys. J. Plus, Band 128, 2013, S. 22, Arxiv
  6. Das zyklische Universum
  7. Roger Penrose: The basic ideas of conformal cyclic cosmology, AIP Conference Proceedings 1446, 233 (2012)
  8. Roger Penrose: The Role of Aesthetics in Pure and Applied Mathematical Research. In: Bull. Inst. Math. Appl. Band 10, 1974, S. 266–271.
  9. Roger Penrose: On Gravity's Role in Quantum State Reduction. In: General Relativity and Gravitation. 28, Nr. 5, 1996, S. 581–600. bibcode:1996GReGr..28..581P. doi:10.1007/BF02105068.
  10. Universität Leiden 2011 zu Penrose
  11. W. Marshall, C. Simon, Penrose, Bouwmeester: Towards the quantum superposition of a tiny mirror. In: Phys. Rev. Lett. Band 91, 2003, S. 130401–1, pdf

Weblinks

Commons: Roger Penrose - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema


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