Auferstehung

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Die Auferstehung Christi (hê anastasis), Mosaik rechts neben dem Durchgang vom westlichen Vorraum zum großen Kirchenraum in der großen Kirche des Klosters Hosios Lukas, 11. Jahrhundert.
Christus erscheint in dieser Darstellung zuerst im Totenreich, erwartet von alttestamentarischen Königen, vermutlich David und Salomon, überwindet den Tod, zersprengte die Pforte zum Totenreich unter seinen Füßen und ergreift den Arm des knienden alten Adam, hinter dem Eva in Gebetshaltung zu sehen ist.

Die Auferstehung (griech. αναστασις, anastasis; lat. resurrectio) des Leibes bedeutet die Wiedervereinigung der zuvor durch den Tod vom Leib getrennten Seele mit ihrem nunmehr wiederhergestellten, aber nicht mehr verweslichen Leib. Sie setzt die Unsterblichkeit der entkörperten Seele voraus, ist aber mehr als diese, indem sie darüber hinaus auch die Unvergänglichkeit bzw. Wiedererrichtung der Leibesgestalt garantiert.

Nach den Worten des Paulus ist die leibliche Auferstehung des Jesus Christus das zentrale Ereignis des Christentums:

Gibt es keine Auferstehung der Toten, so ist auch Christus nicht auferstanden. Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich. 1. Kor 15,13

Auferstehung ist mehr als bloße Unsterblichkeit, ist aber auch mehr als die Wiedergeburt in wiederholten Erdenleben. Unsterblichkeit bedeutet das bewusste Fortbestehen des geistigen Wesenskerns des Menschen, des Ich, im rein geistigen Leben nach dem Tod. Wiedergeburt im Sinne der Reinkarnation bedeutet das wiederholte Wiedererscheinen dieses geistigen Wesenskernes in einem sterblichen irdischen Leib.

Auferstehung hingegen bedeutet die Wiedergeburt des ganzen Menschen im Geistigen. Was aber ist der ganze Mensch? Der ganze Mensch umfasst das Ich und die drei niederen Wesensglieder, nämlich Astralleib, Ätherleib und physischer Leib, die das Ich umhüllen. Das Ich ist zwar unser geistiger Wesenskern, aber noch nicht der ganze Mensch – und die Wesensglieder alleine natürlich noch weniger. Ohne seine wesenhaften Hüllen hat das Ich keine Entwicklungsmöglichkeiten, denn das Ich wächst und reift nur dadurch, dass es an der Vergeistigung seiner Hüllen arbeitet und sie zu Geistselbst, Lebensgeist und Geistesmensch verwandelt. Es verwirklicht sich, indem es seine Hüllen wirksam durchdringt. Die Integrität der Wesenshüllen des Menschen muss gewahrt werden, wenn sich das Ich voll entfalten soll – darum dreht sich letztlich die ganze Erdenentwicklung. Nur durch die Auferstehung wird gewährleistet, dass der Mensch auch später, wenn er nicht mehr zu einem irdischen Dasein heruntersteigen wird, auch im rein geistigen Dasein seine Entwicklung fortsetzen kann. Nur so wird das menschliche Ich den Untergang der Erdenwelt, der notwendig einmal geschehen muss, überdauern können.

Die Schattenwelt des Totenreichs

Datei:Sterbender Achilles Achilleion Korfu.jpg In der antiken griechischen Kultur hatte man die Schrecknisse des Todes erstmals ganz tief innerlich erfahren. Im Griechentum hatte sich die Menschheit ganz intensiv in die Schönheiten der sinnlichen Welt eingelebt und der Tod erschien als schmerzlichster Verlust dieser wunderschönen äußeren Erdenwelt, als ein hinübergehen in das düstere Reich der Schatten. Der in der Unterwelt weilende Achilles spricht es in Homers Odyssee deutlich aus:

Lieber möcht' ich als Knecht einem anderen dienen im Taglohn,
Einem dürftigen Mann, der selber keinen Besitz hat,
Als hier Herrscher sein aller abgeschiedenen Seelen.

(Lit.: Odyssee, 11. Gesang, Vers 489 - 491)

Die ganze sinnliche griechische Kultur stellte zunächst überall das in voller Jugendkraft blühende Leben dar, den Jüngling, die Jungfrau, aber niemals den alternden Greis. Erst in späteren Zeiten trat dann das Bild des Todes auch immer mehr hervor, aber man hatte vor diesen Bildern auch immer große Furcht. In früheren Kulturen war zwar auch schon der Tod als entscheidender Einschnitt des Lebens erfahren worden, aber man hatte noch ein deutliches Erleben davon, dass man mit dem Tod in eine lichtvolle geistige Welt hinübertrat. So lichtvoll konnte der Grieche das nicht mehr sehen; er konnte die nachtodliche Welt zunächst nur mehr ganz schattenhaft und bald gar nicht mehr erleben. Der Tod wurde ihm dadurch zur furchtbarsten Lebenstragik, die ihm all das nahm, was ihm das Leben lebenswert machte. Das war etwas, was ihn zutiefst innerlich erschütterte. Darum fiel auch gerade das christliche Bild der Auferstehung des Leibes, der auch der Mensch teilhaftig werden sollte, gerade im griechischen Kulturraum auf so fruchtbaren Boden. Ein bloß seelisch-geistiges Fortbestehen nach dem Tod in einem schattenhaften Jenseits erschien den Menschen damals – und auch heute noch vielen, sofern sie überhaupt noch an die Unsterblichkeit der menschlichen Seele glauben – unerträglich. Aber handelt es sich bei dem Glauben an die Auferstehung nicht um ein bloßes Wunschdenken, das allem modernen Naturverständnis spottet?

Grundlegendes zum geisteswissenschaftlichen Verständnis der Auferstehung

Isenheimer Altar, rechter Flügel der aufgeklappten zweiten Schauseite: Christi Auferstehung von den Toten als Sonnengeburt, 1512 - 1516, Meister Mathis Nithart bzw. Gothart (Matthias Grünewald)

Etwa drei Tage nach dem Tod löst sich der Ätherleib des Menschen bis auf einen kleinen Extrakt, der mitgenommen werden kann, in der allgemeinen Ätherwelt auf. Innerhalb dieser drei Tage ist u. U. noch eine Wiedererweckung des Toten möglich, danach nicht mehr. Der Mensch lebt dann für eine längere Zeit, die etwa einem Drittel des vorangegangenen Erdenlebens entspricht, im Kamaloka, wo aus dem Astralleib all das ausgeschieden wird, was den Menschen noch begierdenhaft an die Erdenwelt kettet. Nur der verbleibende Rest kann in ein höheres Dasein mitgenommen werden. Der physische Leib aber, der dem Grab übergeben wird, löst sich durch Verbrennung schnell oder durch Verwesung allmählich in der Erdenwelt auf.

Wie also hat man sich die leibliche Auferstehung konkret vorzustellen? Versammeln sich dann auf wundersame Weise und gegen alle Naturgesetzlichkeit die längst in alle Winde zerstreuten Gebeine wieder, die einstmals dem Grab übergeben wurden, und umkleiden sie sich von neuem mit Fleisch? Wenn die Auferstehung kurz nach dem Tode erfolgt, solange der Leichnam noch nicht der Verwesung anheim gefallen ist, mag das noch irgendwie glaubhaft erscheinen. Aber für die Mehrzahl der Menschen soll sich die Auferstehung ja erst in einer ferneren Zukunft, zur Zeit des Jüngsten Gerichts, verwirklichen. Und wie verhält es sich, wenn der Leichnam verbrannt wurde? Aber selbst wenn es dann doch irgendwie gelänge, den physischen Leib vollständig wieder zu errichten, wäre er dann nicht wieder bloß ein verweslicher Leib – oder aus welchem Wunderstoff sollte er gewoben sein, dass er nie mehr vernichtet werden könnte? Und in welcher Gestalt sollte dieser Leib wieder auferstehen – etwa in der, die er, vielleicht schon alt, krank und siech, im Moment des Todes hatte? Rätselfragen auf Rätselfragen häufen sich, wenn man versucht, sich eine konkrete Vorstellung vom Prozess der Auferstehung zu bilden. Oder ist alles doch nur als mythologisches Bild gemeint, dem keine reale Tatsache entspricht?

Dass es so nicht gemeint sein kann, machen schon die Worte des Paulus deutlich:

35 Es könnte aber jemand fragen: Wie werden die Toten auferstehen, und mit was für einem Leib werden sie kommen? 36 Du Narr: Was du säst, wird nicht lebendig, awenn es nicht stirbt. 37 Und was du säst, ist ja nicht der Leib, der werden soll, sondern ein bloßes Korn, sei es von Weizen oder etwas anderem. 38 Gott aber gibt ihm einen Leib, wie er will, einem jeden Samen seinen eigenen Leib. 39 Vögel, ein anderes die Fische. 40 Und es gibt himmlische Körper und irdische Körper; aber eine andere Herrlichkeit haben die himmlischen und eine andere die irdischen. 41 Einen andern Glanz hat die Sonne, einen andern Glanz hat der Mond, einen andern Glanz haben die Sterne; denn ein Stern unterscheidet sich vom andern durch seinen Glanz. 42 So auch die Auferstehung der Toten. Es wird gesät verweslich und wird auferstehen unverweslich. 43 Es wird gesät in Niedrigkeit und wird auferstehen in bHerrlichkeit. Es wird gesät in Armseligkeit und wird auferstehen in Kraft. 44 Es wird gesät ein natürlicher Leib und wird auferstehen ein geistlicher Leib. Gibt es einen natürlichen Leib, so gibt es auch einen geistlichen Leib. 45 Wie geschrieben steht: Der erste Mensch, Adam, «wurde zu einem lebendigen Wesen» (1. Mose 2,7), und der letzte Adam zum Geist, der lebendig macht. 46 Aber der geistliche Leib ist nicht der erste, sondern der natürliche; danach der geistliche. 47 Der erste Mensch ist von der Erde und irdisch; der zweite Mensch ist vom Himmel. 48 Wie der irdische ist, so sind auch die irdischen; und wie der himmlische ist, so sind auch die himmlischen. 49 Und wie wir getragen haben das Bild des irdischen, so werden wir auch tragen das Bild des himmlischen.

50 Das sage ich aber, liebe Brüder, daß Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht ererben können; auch wird das Verwesliche nicht erben die Unverweslichkeit. 51 Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden nicht alle entschlafen, awir werden aber alle verwandelt werden; 52 und das plötzlich, in einem Augenblick, zur Zeit der letzten Posaune. Denn bes wird die Posaune erschallen, und die Toten werden auferstehen unverweslich, und wir werden verwandelt werden. 53 Denn dies Verwesliche muß anziehen die Unverweslichkeit, und dies Sterbliche muß anziehen die Unsterblichkeit. 54 Wenn aber dies Verwesliche anziehen wird die Unverweslichkeit und dies Sterbliche anziehen wird die Unsterblichkeit, dann wird erfüllt werden das Wort, das geschrieben steht (Jesaja 25,8; Hosea 13,14): «Der Tod ist verschlungen vom Sieg. 55 Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?» 56 Der Stachel des Todes aber ist die Sünde, die Kraft aber der Sünde ist das Gesetz. 57 Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unsern Herrn Jesus Christus! 1. Kor 15,35

Wir werden uns der Tatsache der Auferstehung erkenntnismäßig nur nähern können, wenn wir verstehen lernen, wie der unverwesliche physische Leib beschaffen ist, der durch die Auferstehung vollkommen wieder hergestellt wird. Dass es sich dabei nicht einfach um den verweslichen stofflichen Leib handelt, in dem der Mensch bis zu seinem irdischen Tod gelebt hat, liegt auf der Hand; Paulus spricht deutlich vom unverweslichen Leib. Wie aber ist dieser beschaffen?

Hier hat Rudolf Steiner entscheidende Hinweise zu einem tieferen Verständnis gegeben. Auferstehung bedeutet nach geisteswissenschaftlicher Auffassung die vollständige Wiederherstellung des menschlichen Phantoms, der individuellen geistigen Formgestalt des physischen Leibes. Diese Formgestalt des Menschen war zunächst nur übersinnlich sichtbar. Durch die luziferische Versuchung und den Sündenfall, durch den der Mensch nun auch in den Einflussbereich Ahrimans kam, wurde das Phantom nach und nach zerstört. Dadurch lagerte sich irdische Materie, die in gewissem Sinn nichts anderes ist als zerbrochene, zerstörte Form, in die physische Formgestalt ein und machte so den physischen Leib sinnlich sichtbar. Wir müssen also streng unterscheiden zwischen physischem Leib und stofflichem Leib. Zur Zeit des Mysteriums von Golgatha hatte die Verstofflichung des physischen Leibes ihren Höhepunkt erreicht.

Dadurch, dass der Christus mit seiner ganzen weltenschöpferischen Kraft für drei Jahre in dem Leib des Jesus von Nazareth gelebt hatte und durch den Tod auf Golgatha gegangen war, konnte aus dem Grab erstmals ein vollständiges, unzerstörtes Phantom als reine, immaterielle physische Formgestalt aus dem Grab auferstehen. Indem sich der Phantomleib des Jesus Christus in der Folge vervielfältigt, können seine Formkräfte von jedem Menschen aufgenommen werden, der sich mit dem Christus verbindet. Die zerstörten Phantomleiber der Menschen werden dadurch allmählich geheilt und nach und nach der Auferstehung teilhaftig.

"Am Ende der Erdenentwicklung wird die Kraft, die verloren gegangen ist durch den Sündenfall, die den Menschenleib auflöst, wiedergewonnen sein, wird durch die Kraft des Christus wieder zurückgegeben sein und die Menschenleiber werden dann wirklich in ihrer physischen Gestalt erscheinen." (Lit.: GA 175, S 228)

Die Alchemisten deuten auf die Wiederherstellung der physischen Formgestalt des Menschen hin mit der Bereitung des Steins der Weisen.

Vom todesähnliche Einweihungsschlaf in den vorchristlichen Mysterien zur Tatsache der Auferstehung

Weitreichende Angaben zum Verständnis der Auferstehung des Christus und den damit verbundenen objektiven Folgen für die Menschheit hat Rudolf Steiner vor allem in dem im Oktober 1911 in Karlsruhe gehaltenen Vortragszyklus "Von Jesus zu Christus" (Zyklus 19) gegeben. Tod und Auferstehung des Gottes, wie sie auch in vorchristlichen Zeiten in den imaginativen Schilderungen vieler Mythen und Kulte vorkommen, etwa im Adonis-Kult oder im Mithras-Kult, wurden in bildhaft kultischer Form auch im Einweihungsweg vieler Mysterienstätten durchlebt, wo der Einzuweihende durch einen drei Tage währenden todesähnlichen Zustand hindurchging, wie es etwa auch in den ägyptischen Mysterien der Fall war. Was in den Mysterienstätten bildhaft erfahren werden konnte, wurde durch den Tod und die Auferstehung des Christus zur einmaligen historischen Tatsache auf dem physischen Plan. Dass es sich hierbei um eine Tatsache und nicht nur um ein seelisch-bildhaftes Erleben handelt, legen auch schon die detailreichen Schilderungen der Evangelien nahe. Dabei wird zugleich deutlich, dass Auferstehung nicht einfach die Wiederauferweckung des sterblichen fleischlichen Leibes bedeutet. Denn merkwürdig muss es jedenfalls erscheinen, dass der Auferstandene seinen Getreuen, wie deutlich geschildert wird, in physischer Gestalt erscheint, dass sie ihn, mit dem sie ständig beisammen waren, aber dennoch zunächst nicht erkennen. Auch Maria Magdalena, die als erste dem Auferstandenen begegnet, hält ihn zunächst für den Gärtner und erkennt ihn erst, als der Christus sie anspricht. Nicht mit sinnlichen Augen sehen Maria und die Jünger den Auferstandenen, sondern sie erleben den auferstandenen physischen Leib des Christus Jesus als zunächst noch unverstandene Imagination, deren Bedeutung sich erst durch die Stimme der Inspiration, die von dem Christus selbst ausgeht, enthüllt.

"Was als die größten Tatsachen in den Evangelien geschildert ist, sind im Grunde genommen Einweihungstatsachen, Vorgänge, welche sich zunächst im Innern des Tempelgeheimnisses der Mysterien abgespielt haben, wenn dieser oder jener Mensch, der dafür würdig erachtet worden war, durch die Hierophanten eingeweiht wurde. Da hat ein solcher Mensch, nachdem er lange Zeit hindurch dazu vorbereitet worden war, eine Art Tod und eine Art Auferstehung durchgemacht; und auch gewisse Lebensverhältnisse mußte er durchmachen, welche uns in den Evangelien wiedererscheinen — zum Beispiel als die Versuchungsgeschichte, als die Geschichte auf dem Ölberg und dergleichen. Weil sich das so verhält, erscheinen auch die Beschreibungen der alten Eingeweihten, die nicht Biographien im gewöhnlichen Sinne des Wortes sein wollen, so ähnlich den Evangeliengeschichten von dem Christus Jesus...

Aber wenn wir auch zugeben müssen, daß wir auf diese Art für wichtige Vorgänge, die uns in den Evangelien dargestellt werden, die Vorbilder zu suchen haben in den Einweihungszeremonien der alten Mysterien, so sehen wir doch auf der anderen Seite handgreiflich, daß die großen Lehren des Christus-Jesus-Lebens überall durchtränkt sind in den Evangelien mit Einzelangaben, die nun nicht eine bloße Wiederholung der Einweihungszeremonien sein wollen, sondern die uns recht sehr darauf hinweisen, daß unmittelbar Tatsächliches geschildert wird. Oder müssen wir nicht sagen, daß es in einer merkwürdigen Weise einen tatsächlichen Eindruck macht, wenn uns im Johannes-Evangelium folgendes geschildert wird (Kapitel 20, 1-17):

«Am ersten "Wochentage aber kommt Maria, die von Magdala, morgens frühe, da es noch dunkel war, zu dem Grabe, und sieht den Stein vom Grabe weggenommen. Da läuft sie und geht zu Simon Petrus und zu dem anderen Jünger, welchen Jesus lieb hatte, und sagt zu ihnen: Sie haben den Herrn aus dem Grabe genommen, und wir wissen nicht, wo sie ihn hingelegt haben. Da ging Petrus hinaus und der andere Jünger, und gingen zum Grabe. Es liefen aber die beiden miteinander und der andere Jünger lief voraus, schneller als Petrus, und kam zuerst an das Grab, und beugte sich vor und sieht die Leintücher da liegen, hinein ging er jedoch nicht. Da kommt Simon Petrus hinter ihm drein, und er trat in das Grab hinein und sieht die Leintücher liegen, und das Schweißtuch, das auf seinem Kopf gelegen war, nicht bei den Leintüchern liegen, sondern für sich zusammengewickelt an einem besonderen Ort. Hierauf ging denn auch der andere Jünger hinein, der zuerst zum Grab gekommen war, und sah es und glaubte. Denn noch hatten sie die Schrift nicht verstanden, daß er von den Toten auferstehen müsse. Da gingen die Jünger wieder heim. Maria aber stand außen am Grabe weinend. Indem sie so weinte, beugte sie sich vor in das Grab, und schaut zwei Engel in weißen Gewändern da sitzend, einen zu Häupten und einen zu Füßen, wo der Leichnam Jesu gelegen war. Dieselben sagen zu ihr: Weib, was weinst du? Sagt sie zu ihnen: weil sie meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben. Als sie dies gesagt hatte, kehrte sie sich um und schaut Jesus dastehend, und erkannte ihn nicht. Sagt Jesus zu ihr: Weib, was weinst du? Wen suchst du? Sie, in der Meinung, es sei der Gartenhüter, sagt zu ihm: Herr, wenn du ihn fortgetragen, sage mir, wo du ihn hingelegt, so werde ich ihn holen. Sagt Jesus zu ihr: Maria! Da wendet sie sich und sagt zu ihm hebräisch: Rabbuni! das heißt: Meister. Sagt Jesus zu ihr: Rühre mich nicht an; denn noch bin ich nicht aufgestiegen zu dem Vater!»

Da haben wir eine Situation so mit Einzelheiten geschildert, daß wir kaum etwas vermissen, wenn wir uns in unserer Imagination ein Bild machen wollen, so, wenn zum Beispiel gesagt wird, daß der eine Jünger schneller läuft als der andere, daß das Schweißtuch, das den Kopf bedeckt hatte, fortgelegt ist an eine andere Stelle und so weiter. In allen Einzelheiten sehen wir etwas geschildert, was keinen Sinn hätte, wenn es sich nicht auf Tatsachen beziehen würde. Auf eins wurde auch schon bei anderer Gelegenheit aufmerksam gemacht, daß uns erzählt wird: Maria erkannte den Christus Jesus nicht. Und es wurde darauf aufmerksam gemacht, wie es möglich wäre, daß man jemanden, den man vorher gekannt hat, nach drei Tagen nicht in derselben Gestalt wiedererkennen würde? Daß der Christus also in einer veränderten Gestalt der Maria erschienen ist, das muß auch berücksichtigt werden; denn sonst hätten diese Worte auch keinen Sinn.

Zweierlei können wir daher sagen: Die Auferstehung müssen wir tatsächlich auffassen als das Historischwerden der Auferweckung in den heiligen Mysterien zu allen Zeiten — nur mit dem Unterschiede, daß wir sagen müssen: Der, welcher die einzelnen Mysterienschüler auferweckt hat, war in den Mysterien der Hierophant; in den Evangelien wird aber darauf hingewiesen, wie der, der den Christus auferweckt hat, die Wesenheit ist, die wir mit dem Vater bezeichnen, daß der Vater selber den Christus auferweckt hat. Wir werden damit auch darauf hingewiesen, daß das, was sich sonst in einem kleineren Maßstabe in den Tiefen der Mysterien zugetragen hat, von den göttlichen Geistern hingestellt worden ist für die Menschheit einmal auf Golgatha, und daß die Wesenheit, die als der Vater bezeichnet wird, selber als Hierophant aufgetreten ist zur Erweckung des Christus Jesus. So haben wir also ins höchste gesteigert, was sonst im kleineren in den Mysterien aufgetreten ist. Das ist das eine. Das andere ist, daß mit den Dingen, die auf die Mysterien zurückführen, verwoben sind Beschreibungen von solchen Einzelheiten, daß wir uns die Situationen auch heute noch an den Evangelien bis in die Einzelheiten — wie wir an dem angeführten Bilde gesehen haben — rekonstruieren können." (Lit.: GA 131, S 135ff)

Die Engelerscheinungen am Grab und die ersten Begegnungen mit dem Auferstandenen

In allen Evangelienberichten sind es zuerst die Frauen, die die ersten Zeichen der sich vollziehenden Auferstehung wahrnehmen. Die empfindsamere weibliche Seele öffnet sich leichter der sich entfaltenden Schau. Es kommt aber nicht unmittelbar zur Schau des Auferstandenen, sondern er enthüllt sich erst nach und nach aus der Mitte der ihn umschwebenden höheren Hierarchien , indem diese Hülle für den geistigen Blick immer durchsichtiger wird. Stufenweise nacheinander enthüllen die Evangelien das Geschehen, wobei jedes einzelne einen besonderen Aspekt hervorhebt, und erst in der Gesamtheit aller vier Evangelien wird das ganze Bild deutlich, wie es Emil Bock sehr ausführlich in seinen Evangelienbetrachtungen geschildert hat (Lit.: Bock, S 411ff).

Am Grab des Christus erscheinen den Frauen folgende Gestalten:

Matthäus
Markus
Lukas
Johannes

Gewalten (Exusiai, Geister der Form)
Urbeginne (Archai)
Erzengel (Archangeloi)
Engel (Angeloi)

Der Engel des Herrn
Der Jüngling mit dem weißen Gewand
Zwei Männer mit glänzenden Kleidern
Zwei Engel in weißen Gewändern

Die Wesenheiten der 3. Hierarchie, also Angeloi, Archangeloi und Archai sind die unmittelbaren Vorläufer des Menschen und daher mit ihm aufs engste verbunden. Sie haben ihre Menschheitsstufe, d.h. ihr Ich-Bewusstsein, auf den früheren planetarischen Verkörperungen unserer Erde erreicht - die Urbeginne auf dem alten Saturn, die Erzengel auf der alten Sonne und die Angeloi auf dem alten Mond. Das Ich, das auf Erden zum innersten Wesenskern des Menschen wird, ist eine Opfergabe der Geister der Form - der Elohim in der Sprache des Alten Testamentes.

Matthäus-Evangelium

Die Schilderung bleibt hier zunächst ganz draußen in der Natur. Die österlichen Frühlingsstürme haben ihren Höhepunkt erreicht, das Erdbeben, das von Karfreitag an die Erde erschüttert hat, kulminiert in letzten Stößen von elementarer Stärke. Der Felsen vor dem Grab wird weggerollt. Die Frauen bleiben außerhalb des Grabes:

1 Als aber der Sabbat vorüber war und der erste Tag der Woche anbrach, kamen Maria von Magdala und die andere Maria, um nach dem Grab zu sehen. 2 Und siehe, es geschah ein großes Erdbeben. Denn der Engel des Herrn kam vom Himmel herab, trat hinzu und wälzte den Stein weg und setzte sich darauf. 3 Seine Gestalt war wie der Blitz und sein Gewand weiß wie der Schnee. 4 Die Wachen aber erschraken aus Furcht vor ihm und wurden, als wären sie tot. 5 Aber der Engel sprach zu den Frauen: Fürchtet euch nicht! Ich weiß, daß ihr Jesus, den Gekreuzigten, sucht. 6 Er ist nicht hier; er ist auferstanden, wie er gesagt hat. Kommt her und seht die Stätte, wo er gelegen hat; 7 und geht eilends hin und sagt seinen Jüngern, daß er auferstanden ist von den Toten. Und siehe, er wird vor euch hingehen nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen. Siehe, ich habe es euch gesagt. (Mt 28,1)

Der "Engel des Herrn" wirkt bis in die Naturkräfte herein. Er stammt aus der Hierarchie der Geister der Form (Exusiai oder Gewalten). Ähnlich finden wir in der Apoklaypse des Johannes die Schilderung des Menschensohnes:

9 Ich, Johannes, euer Bruder und Mitgenosse an der Bedrängnis und am Reich und an der Geduld in Jesus, war auf der Insel, die Patmos heißt, um des Wortes Gottes willen und des Zeugnisses von Jesus. 10 Ich wurde vom Geist ergriffen am Tag des Herrn und hörte hinter mir eine große Stimme wie von einer Posaune, 11 die sprach: Was du siehst, das schreibe in ein Buch und sende es an die sieben Gemeinden: nach Ephesus und nach Smyrna und nach Pergamon und nach Thyatira und nach Sardes und nach Philadelphia und nach Laodizea. 12 Und ich wandte mich um, zu sehen nach der Stimme, die mit mir redete. Und als ich mich umwandte, sah ich sieben goldene Leuchter 13 und mitten unter den Leuchtern einen, der war einem Menschensohn gleich, angetan mit einem langen Gewand und gegürtet um die Brust mit einem goldenen Gürtel. 14 Sein Haupt aber und sein Haar war weiß wie weiße Wolle, wie der Schnee, und seine Augen wie eine Feuerflamme 15 und seine Füße wie Golderz, das im Ofen glüht, und seine Stimme wie großes Wasserrauschen; 16 und er hatte sieben Sterne in seiner rechten Hand, und aus seinem Munde ging ein scharfes, zweischneidiges Schwert, und sein Angesicht leuchtete, wie die Sonne scheint in ihrer Macht. 17 Und als ich ihn sah, fiel ich zu seinen Füßen wie tot; und er legte seine rechte Hand auf mich und sprach zu mir: Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte 18 und der Lebendige. Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle. 19 Schreibe, was du gesehen hast und was ist und was geschehen soll danach. 20 Das Geheimnis der sieben Sterne, die du gesehen hast in meiner rechten Hand, und der sieben goldenen Leuchter ist dies: Die sieben Sterne sind Engel der sieben Gemeinden, und die sieben Leuchter sind sieben Gemeinden. (Offb 1,9)

In diese Richtung weist auch die Schilderung des Mystikers und Naturforschers Pierre Teilhard de Jardin, wie er sie in seinem Buch "Das Herz der Materie" (Lit.: Teilhard de Jardin, S 91ff) gibt.

Markus-Evangelium

Auch hier beginnt die Szene am Grab, aber alles ist stiller. Das Erdbeben wird in den drei weiteren Evangelien nicht mehr erwähnt:

1 Und als der Sabbat vergangen war, kauften Maria von Magdala und Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um hinzugehen und ihn zu salben. 2 Und sie kamen zum Grab am ersten Tag der Woche, sehr früh, als die Sonne aufging. 3 Und sie sprachen untereinander: Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür? 4 Und sie sahen hin und wurden gewahr, daß der Stein weggewälzt war; denn er war sehr groß. 5 Und sie gingen hinein in das Grab und sahen einen Jüngling zur rechten Hand sitzen, der hatte ein langes weißes Gewand an, und sie entsetzten sich. 6 Er aber sprach zu ihnen: Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Siehe da die Stätte, wo sie ihn hinlegten. 7 Geht aber hin und sagt seinen Jüngern und Petrus, daß er vor euch hingehen wird nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat. 8 Und sie gingen hinaus und flohen von dem Grab; denn Zittern und Entsetzen hatte sie ergriffen. Und sie sagten niemandem etwas; denn sie fürchteten sich.

9 Als aber Jesus auferstanden war früh am ersten Tag der Woche, erschien er zuerst Maria von Magdala, von der er sieben böse Geister ausgetrieben hatte. 10 Und sie ging hin und verkündete es denen, die mit ihm gewesen waren und Leid trugen und weinten. 11 Und als diese hörten, daß er lebe und sei ihr erschienen, glaubten sie es nicht. 12 Danach offenbarte er sich in anderer Gestalt zweien von ihnen unterwegs, als sie über Land gingen. 13 Und die gingen auch hin und verkündeten es den andern. Aber auch denen glaubten sie nicht.

14 Zuletzt, als die Elf zu Tisch saßen, offenbarte er sich ihnen und schalt ihren Unglauben und ihres Herzens Härte, daß sie nicht geglaubt hatten denen, die ihn gesehen hatten als Auferstandenen. 15 Und er sprach zu ihnen: Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur. 16 Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden. 17 Die Zeichen aber, die folgen werden denen, die da glauben, sind diese: in meinem Namen werden sie böse Geister austreiben, in neuen Zungen reden, 18 Schlangen mit den Händen hochheben, und wenn sie etwas Tödliches trinken, wird's ihnen nicht schaden; auf Kranke werden sie die Hände legen, so wird's besser mit ihnen werden.

19 Nachdem der Herr Jesus mit ihnen geredet hatte, wurde er aufgehoben gen Himmel und setzte sich zur Rechten Gottes. 20 Sie aber zogen aus und predigten an allen Orten. Und der Herr wirkte mit ihnen und bekräftigte das Wort durch die mitfolgenden Zeichen. (Mk 16,1)

Der Jüngling wird schon einmal zuvor im Markus-Evangelium erwähnt, nämlich bei der Verhaftung des Christus in Gethsemane:

43 Und alsbald, während er noch redete, kam herzu Judas, einer von den Zwölfen, und mit ihm eine Schar mit Schwertern und mit Stangen, von den Hohenpriestern und Schriftgelehrten und Ältesten. 44 Und der Verräter hatte ihnen ein Zeichen genannt und gesagt: Welchen ich küssen werde, der ist's; den ergreift und führt ihn sicher ab. 45 Und als er kam, trat er alsbald zu ihm und sprach: Rabbi! und küßte ihn. 46 Die aber legten Hand an ihn und ergriffen ihn. 47 Einer aber von denen, die dabeistanden, zog sein Schwert und schlug nach dem Knecht des Hohenpriesters und hieb ihm ein Ohr ab. 48 Und Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Ihr seid ausgezogen wie gegen einen Räuber mit Schwertern und mit Stangen, mich zu fangen. 49 Ich bin täglich bei euch im Tempel gewesen und habe gelehrt, und ihr habt mich nicht ergriffen. Aber so muß die Schrift erfüllt werden. 50 Da verließen ihn alle und flohen. 51 Ein junger Mann aber folgte ihm nach, der war mit einem Leinengewand bekleidet auf der bloßen Haut; und sie griffen nach ihm. 52 Er aber ließ das Gewand fahren und afloh nackt davon. (Mk 14,43)

Die Terminologie des Evangeliums ist immer ganz exakt. Das Wort "Jüngling" deutet Erneuerung, Neubeginn an und verweist damit sehr deutlich auf eine Engelwesenheit aus der Hierarchie der Urbeginne oder Archai (Geister der Persönlichkeit).

Lukas-Evangelium

Im Lukas-Evangelium treten die Frauen in das dunkle Grab ein:

1 Aber am ersten Tag der Woche sehr früh kamen sie zum Grab und trugen bei sich die wohlriechenden Öle, die sie bereitet hatten. 2 Sie fanden aber den Stein weggewälzt von dem Grab 3 und gingen hinein und fanden den Leib des Herrn Jesus nicht. 4 Und als sie darüber bekümmert waren, siehe, da traten zu ihnen zwei Männer mit glänzenden Kleidern. 5 Sie aber erschraken und neigten ihr Angesicht zur Erde. Da sprachen die zu ihnen: Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? 6 Er ist nicht hier, er ist auferstanden. Gedenkt daran, wie er euch gesagt hat, als er noch in Galiläa war: 7 Der Menschensohn muß überantwortet werden in die Hände der Sünder und gekreuzigt werden und am dritten Tage auferstehen. 8 Und sie gedachten an seine Worte. 9 Und sie gingen wieder weg vom Grab und verkündigten das alles den elf Jüngern und den andern allen. 10 Es waren aber Maria von Magdala und Johanna und Maria, des Jakobus Mutter, und die andern mit ihnen; die sagten das den Aposteln. 11 Und es erschienen ihnen diese Worte, als wär's Geschwätz, und sie glaubten ihnen nicht. 12 Petrus aber stand auf und lief zum Grab und bückte sich hinein und sah nur die Leinentücher und ging davon und wunderte sich über das, was geschehen war. (Lk 24,1)

Diese zwei Männer mit glänzenden Kleidern werden später in der ebenfalls von Lukas niedergeschriebenen Apostelgeschichte in der Himmelfahrtsszene nochmals erwähnt:

9 Und als er das gesagt hatte, wurde er zusehends aufgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf vor ihren Augen weg. 10 Und als sie ihm nachsahen, wie er gen Himmel fuhr, siehe, da standen bei ihnen zwei Männer in weißen Gewändern. 11 Die sagten: Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht zum Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen. (Apg 1,1)

Die zwei Männer mit glänzenden Kleidern sind Wesenheiten aus der Hierarchie der Erzengel, die auch im Alten Testament immer konsequent als "Männer" bezeichnet werden, etwa wenn die drei Erzengel Raphael, Gabriel und Michael dem Abraham im Hain Mamre begegnen.

Im Lukas-Evangelium finden wir dann geschildert, wie der Auferstandene den Emmaus-Jüngern begegnet. Sie erkennen den Auferstandenen erst, als er mit ihnen ins Haus tritt und gemeinsam mit ihnen das Brot bricht:

13 Und siehe, zwei von ihnen gingen an demselben Tage in ein Dorf, das war von Jerusalem etwa zwei Wegstunden entfernt; dessen Name ist Emmaus. 14 Und sie redeten miteinander von allen diesen Geschichten. 15 Und es geschah, als sie so redeten und sich miteinander besprachen, da nahte sich Jesus selbst und ging mit ihnen. 16 Aber ihre Augen wurden gehalten, daß sie ihn nicht erkannten. 17 Er sprach aber zu ihnen: Was sind das für Dinge, die ihr miteinander verhandelt unterwegs? Da blieben sie traurig stehen. 18 Und der eine, mit Namen Kleopas, antwortete und sprach zu ihm: Bist du der einzige unter den Fremden in Jerusalem, der nicht weiß, was in diesen Tagen dort geschehen ist? 19 Und er sprach zu ihnen: Was denn? Sie aber sprachen zu ihm: Das mit Jesus von Nazareth, der ein Prophet war, mächtig in Taten und Worten vor Gott und allem Volk; 20 wie ihn unsre Hohenpriester und Oberen zur Todesstrafe überantwortet und gekreuzigt haben. 21 Wir aber hofften, er sei es, der Israel erlösen werde. Und über das alles ist heute der dritte Tag, daß dies geschehen ist. 22 Auch haben uns erschreckt einige Frauen aus unserer Mitte, die sind früh bei dem Grab gewesen, 23 haben seinen Leib nicht gefunden, kommen und sagen, sie haben eine Erscheinung von Engeln gesehen, die sagen, er lebe. 24 Und einige von uns gingen hin zum Grab und fanden's so, wie die Frauen sagten; aber ihn sahen sie nicht.

25 Und er sprach zu ihnen: O ihr Toren, zu trägen Herzens, all dem zu glauben, was die Propheten geredet haben! 26 Mußte nicht Christus dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen? 27 Und er fing an bei Mose und allen Propheten und legte ihnen aus, was in der ganzen Schrift von ihm gesagt war. 28 Und sie kamen nahe an das Dorf, wo sie hingingen. Und er stellte sich, als wollte er weitergehen. 29 Und sie nötigten ihn und sprachen: Bleibe bei uns; denn es will Abend werden, und der Tag hat sich geneigt. Und er ging hinein, bei ihnen zu bleiben.

30 Und es geschah, als er mit ihnen zu Tisch saß, nahm er das Brot, dankte, brach's und gab's ihnen. 31 Da wurden ihre Augen geöffnet, und sie erkannten ihn. Und er verschwand vor ihnen. 32 Und sie sprachen untereinander: Brannte nicht unser Herz in uns, als er mit uns redete auf dem Wege und uns die Schrift öffnete? 33 Und sie standen auf zu derselben Stunde, kehrten zurück nach Jerusalem und fanden die Elf versammelt und die bei ihnen waren; 34 die sprachen: Der Herr ist wahrhaftig auferstanden und Simon erschienen. 35 Und sie erzählten ihnen, was auf dem Wege geschehen war und wie er von ihnen erkannt wurde, als er das Brot brach.

36 Als sie aber davon redeten, trat er selbst, Jesus, mitten unter sie und sprach zu ihnen: Friede sei mit euch! 37 Sie erschraken aber und fürchteten sich und meinten, sie sähen einen Geist. 38 Und er sprach zu ihnen: Was seid ihr so er-schrocken, und warum kommen solche Gedanken in euer Herz? 39 Seht meine Hände und meine Füße, ich bin's selber. Faßt mich an und seht; denn ein Geist hat nicht Fleisch und Knochen, wie ihr seht, daß ich sie habe. 40 Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und Füße. 41 Als sie aber noch nicht glaubten vor Freude und sich verwunderten, sprach er zu ihnen: Habt ihr hier etwas zu essen? 42 Und sie legten ihm ein Stück gebratenen Fisch vor. 43 Und er nahm's und aß vor ihnen. 44 Er sprach aber zu ihnen: Das sind meine Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch bei euch war: Es muß alles erfüllt werden, was von mir geschrieben steht im Gesetz des Mose, in den Propheten und in den Psalmen. 45 Da öffnete er ihnen das Verständnis, so daß sie die Schrift verstanden, 46 und sprach zu ihnen: So steht's geschrieben, daß Christus leiden wird und auferstehen von den Toten am dritten Tage; 47 und daß gepredigt wird in seinem Namen Buße zur Vergebung der Sünden unter allen Völkern. Fangt an in Jerusalem, 48 und seid dafür Zeugen. 49 Und siehe, ich will auf euch herabsenden, was mein Vater verheißen hat. Ihr aber sollt in der Stadt bleiben, bis ihr ausgerüstet werdet mit Kraft aus der Höhe. (Lk 24,13)

Johannes-Evangelium

Hier finden wir die vielschichtigste Schilderung und hier steht zunächst Maria Magdalena im Mittelpunkt des Geschehens:

1 Am ersten Tag der Woche kommt Maria von Magdala früh, als es noch finster war, zum Grab und sieht, daß der Stein vom Grab weg war. 2 Da läuft sie und kommt zu Simon Petrus und zu dem andern Jünger, den Jesus liebhatte, und spricht zu ihnen: Sie haben den Herrn weggenommen aus dem Grab, und wir wissen nicht, wo sie ihn hingelegt haben. 3 Da ging Petrus und der andere Jünger hinaus, und sie kamen zum Grab. 4 Es liefen aber die zwei miteinander, und der andere Jünger lief voraus, schneller als Petrus, und kam zuerst zum Grab, 5schaut hinein und sieht die Leinentücher liegen; er ging aber nicht hinein. 6 Da kam Simon Petrus ihm nach und ging in das Grab hinein und sieht die Leinentücher liegen, 7 aber das Schweißtuch, das Jesus um das Haupt gebunden war, nicht bei den Leinentüchern liegen, sondern daneben, zusammengewickelt an einem besonderen Ort. 8 Da ging auch der andere Jünger hinein, der zuerst zum Grab gekommen war, und sah und glaubte. 9 Denn sie verstanden die Schrift noch nicht, daß er von den Toten auferstehen müßte. 10 Da gingen die Jünger wieder heim.

11 Maria aber stand draußen vor dem Grab und weinte. Als sie nun weinte, schaute sie in das Grab 12 und sieht zwei Engel in weißen Gewändern sitzen, einen zu Häupten und den andern zu den Füßen, wo sie den Leichnam Jesu hingelegt hatten. 13 Und die sprachen zu ihr: Frau, was weinst du? Sie spricht zu ihnen: Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben. 14 Und als sie das sagte, wandte sie sich um und sieht Jesus stehen und weiß nicht, daß es Jesus ist. 15 Spricht Jesus zu ihr: Frau, was weinst du? Wen suchst du? Sie meint, es sei der Gärtner, und spricht zu ihm: Herr, hast du ihn weggetragen, so sage mir, wo du ihn hingelegt hast; dann will ich ihn holen. 16 Spricht Jesus zu ihr: Maria! Da wandte sie sich um und spricht zu ihm auf hebräisch: Rabbuni!, das heißt: Meister! 17 spricht Jesus zu ihr: Rühre mich nicht an! Denn ich bin noch nicht aufgefahren zum Vater. Geh aber hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott. 18 Maria von Magdala geht und verkündigt den Jüngern: Ich habe den Herrn gesehen, und das hat er zu mir gesagt. (Joh 20,1)

Mit den zwei Engeln in weißen Gewändern, einen zu Häupten und den andern zu den Füßen, werden wir nun direkt an die Hierarchie der Angeloi herangeführt und gleich weiter zur menschlichen Gestalt des Auferstandenen. Noch hat sich der Prozess der Auferstehung aber nicht vollendet, noch ist der Christus nicht aufgefahren zum Vater. Erst durch die Durchdringung mit der Vaterkraft kann sich die Vergeistigung des physischen Leibes, durch die das höchste geistige Wesensglied des Menschen, der Geistesmensch oder Atma ausgebildet wird, vollenden. So ist der Auferstandene zwar dem imaginativen Blick der Maria Magdalena sichtbar, aber noch nicht greifbar. Am Abend des gleichen Tages erscheint der Auferstandene auf ähnliche Weise im Kreise der Jünger, aber erst acht Tage später, als der ungläubige Thomas seine Hände in die Wundmale des Christus legen darf, hat sich der Auferstehungsleib des Christus bis zur tastbaren Imagination verdichtet:

19 Am Abend aber dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger versammelt und die Türen verschlossen waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und trat mitten unter sie und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch! 20 Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und seine Seite. Da wurden die Jünger froh, daß sie den Herrn sahen. 21 Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. 22 Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmt hin den heiligen Geist! 23 Welchen ihr die Sünden erlaßt, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.

24 Thomas aber, der Zwilling genannt wird, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. 25 Da sagten die andern Jünger zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er aber sprach zu ihnen: Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und meinen Finger in die Nägelmale lege und meine Hand in seine Seite lege, kann ich's nicht glauben. 26 Und nach acht Tagen waren seine Jünger abermals drinnen versammelt, und Thomas war bei ihnen. Kommt Jesus, als die Türen verschlossen waren, und tritt mitten unter sie und spricht: Friede sei mit euch! 27 Danach spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! 28 Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott! 29 Spricht Jesus zu ihm: Weil du mich gesehen hast, Thomas, darum glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben! (Joh 20,19)

Der erste und der zweite Adam

Paulus sprach vom ersten und vom zweiten Adam - und das zurecht.

In der frühen lemurischen Zeit, als sich der Mond noch nicht von der Erde getrennt hatte, war die Erde – und damit auch der Menschenleib – durch die Mondenkräfte in eine immer stärkere Verhärtung gekommen, sodass es für die Menschenseelen immer schwieriger wurde, sich zu inkarnieren. Freilich waren diese damaligen verhärteten Menschenleiber noch ganz dünn und ätherisch im Vergleich zu unserem heutigen Leib, aber damals herrschten noch ganz andere Inkarnationsbedingungen als heute. Schließlich war es soweit gekommen, dass es im wesentlichen nur mehr ein einziges Hauptpaar gab, das die "widerspenstige Menschensubstanz" zu bezwingen vermochte, jenes Paar eben, das in der Bibel als Adam und Eva bezeichnet wird. Alle anderen Menschenseelen waren nach und nach auf die verschiedenen Planetensphären abgewandert und sie kamen erst nach und nach zurück, nachdem sich der Mond von der Erde abgetrennt hatte; dieser Vorgang dauerte bis weit in die atlantische Zeit hinein.

Das menschliche Hauptpaar war zwar stark genug, um die Menschensubstanz so zu bezwingen, dass es sich verkörpern konnte, aber es war nicht stark genug, um dem luziferischen Einfluss Widerstand zu leisten. In die Zeit des Mondenaustritts fällt daher auch der Sündenfall, die luziferische Versuchung, der der Mensch erlegen ist. Zugleich wurde Jahve, einer der sieben Elohim, der Schöpfergötter, zum Herrn der neu entstandenen Mondensphäre und griff von hier regelnd in die Abstammungsverhältnisse ein.

Als Folge des Sündenfalls wurde Adam ein Teil der Kräfte seines Ätherleibs entzogen; nachdem er vom Baum der Erkenntnis gegessen hatte, sollte er nicht auch noch vom Baum des Lebens kosten, wie es in der Genesis heißt. Der luziferische Einfluss erstreckte seine Wirkungen auch in den Astralleib dieses Hauptpaares Adam und Eva, so dass es unmöglich war, alle die Kräfte, die in Adam und Eva waren, auch herunterfließen zu lassen durch das Blut der Nachkommen. Den physischen Leib musste man durch alle die Geschlechter herunter sich fortpflanzen lassen, aber von dem Ätherleib behielt man in der Leitung der Menschheit etwas zurück.

Ein Teil der Kräfte des Ätherleibs wurde also Adam genommen und ging folglich auch nicht auf seine Nachkommen über. Dieser Teil wurde, wie sich Rudolf Steiner ausdrückt, aufbewahrt in der großen Mutterloge der Menschheit. Der unschuldige Teil der Adamseele, gleichsam der unschuldigen himmlischen Schwesterseele des irdischen Adam, wurde später, viel später, dem nathanischen Jesusknaben als „provisorisches Ich“, wie Rudolf Steiner sagt, eingegliedert. Der von den luziferischen Mächten frei gebliebene Teil des Stammvaters der Menschheit, der alte Adam, wurde nun als neuer Adam in dem nathanischen Jesuskindlein zur Zeitenwende wiedergeboren.

Bis zu seiner ersten irdischen Inkarnation als nathanischer Jesus lebte diese unschuldig gebliebene Schwesterseele des Adam als erzengelartige Wesenheit, wie Rudolf Steiner oft betont hat, in der geistigen Welt und wirkte im wesentlichen nur bis zum Ätherleib herab. Mit ihr verband sich der Christus schon in der fernen Vergangenheit mehrmals, um wichtige Aufgaben für die Menschheit zu erfüllen. Durch ein den Menschen weit überragendes Geistwesen, durch Luzifer, wurde der Mensch in den Sündenfall getrieben, nur durch eine übermenschliche Tat konnten seine Folgen wieder ausgeglichen werden. Daher entschloss sich der Christus, seine Sonnenheimat zu verlassen und sich durch einen Menschen mit der Erde zu verbinden. Das musste aber schrittweise vorbereitet werden, indem der Einfluss der Widersacher auf den physischen Leib, den Ätherleib und den Astralleib gemildert wurde. Durch drei Vorstufen zum Mysterium von Golgatha, die der Christus vollbrachte, indem er die Wesenheit des späteren nathanischen Jesus durchdrang, wurde das spätere Erdenwirken des Christus und die Auferstehung von den Toten vorbereitet.

Die erzengelartige Wesenheit des späteren nathanischen Jesusknaben wurde erst zur Zeitenwende in einen Menschenleib geführt, der in der Blutsverwandtschaft seinen physischen Leib hinaufleitete bis zu dem alten Adam – und „der war Gottes“, wie es im Geschlechtsregister des Lukas-Evangeliums (Lk 3,38) heißt, d.h. er war der unmittelbaren und ungetrübten Schöpfung der Elohim entsprungen. Der nathanische Jesus hängt also nicht nur in einfacher, sondern in zweifacher Weise mit dem alten Adam zusammen. Einerseits dadurch, dass in ihm der von der luziferischen Versuchung unberührte, unschuldig gebliebene Teil des Adam verblieben war, und anderseits dadurch, dass sein physischer Leib in direkter Blutslinie vom Leib des alten Adam abstammte, jenes Leibes, in dem ein Mensch erstmals die feste physische Erde betreten hatte. Dieses auserwählte Leibesgefäß bot dem Christus die Möglichkeit, sich mit der Jordan-Taufe im 30. Lebensjahr des Jesus von Nazareth auf Erden zu inkarnieren. Nur dieser ganz besonders vorbereitete Leib, der Leib des zweiten Adam, konnte, erfüllt von der Christuskraft, der Auferstehung teilhaftig werden. Mehr noch, dieser Leib konnte zum fruchtbaren Samen werden, durch den nach und nach immer mehr Menschen die Auferstehung erleben können.

Literatur

  1. Emil Bock: Das Evangelium, Urachhaus Verlag, Stuttgart 1984
  2. Homer: Ilias und Odyssee, Deutsch von Johann Heinrich Voss, Rheingauer Verlagsgesellschaft, Eltville am Rhein, 1980, S 651
  3. Pierre Teilhard de Jardin, Das Herz der Materie, Walter Verlag, Olten 1990
  4. Rudolf Steiner: Von Jesus zu Christus, GA 131 (1988)
  5. Rudolf Steiner: Bausteine zu einer Erkenntnis des Mysteriums von Golgatha, GA 175 (1996)
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.