Primaten und Seekühe: Unterschied zwischen den Seiten

Aus AnthroWiki
(Unterschied zwischen Seiten)
imported>Odyssee
Keine Bearbeitungszusammenfassung
 
imported>Joachim Stiller
(Die Seite wurde neu angelegt: „<!-- Für Informationen zum Umgang mit dieser Vorlage siehe bitte Wikipedia:Taxoboxen. --> {{Taxobox | Taxon_Name = Seekühe | Taxon_WissName = Sir…“)
 
Zeile 1: Zeile 1:
<!-- Für Informationen zum Umgang mit dieser Vorlage siehe bitte [[Wikipedia:Taxoboxen]]. -->
<!-- Für Informationen zum Umgang mit dieser Vorlage siehe bitte [[Wikipedia:Taxoboxen]]. -->
{{Taxobox
{{Taxobox
| Taxon_Name      = Primaten
| Taxon_Name      = Seekühe
| Taxon_WissName  = Primates
| Taxon_WissName  = Sirenia
| Taxon_Rang      = Ordnung
| Taxon_Rang      = Ordnung
| Taxon_Autor      = [[Carl von Linné|Linnaeus]], 1758
| Taxon_Autor      = [[Johann Karl Wilhelm Illiger|Illiger]], 1811
| Taxon2_WissName  = Primatomorpha
| Taxon2_WissName  = Tethytheria
| Taxon2_Rang      = ohne Rang
| Taxon2_Rang      = ohne Rang
| Taxon3_WissName  = Euarchonta
| Taxon3_WissName  = Paenungulata
| Taxon3_Rang      = ohne Rang
| Taxon3_Rang      = ohne Rang
| Taxon4_WissName  = Euarchontoglires
| Taxon4_WissName  = Afrotheria
| Taxon4_Rang      = Überordnung
| Taxon4_Rang      = Überordnung
| Taxon5_Name      = Höhere Säugetiere
| Taxon5_Name      = Höhere Säugetiere
Zeile 17: Zeile 17:
| Taxon6_WissName  = Mammalia
| Taxon6_WissName  = Mammalia
| Taxon6_Rang      = Klasse
| Taxon6_Rang      = Klasse
| Bild            = Schimpanse zoo-leipig.jpg
| Bild            = Manatee photo.jpg
| Bildbeschreibung = [[Gemeiner Schimpanse]] (''Pan troglodytes'')
| Bildbeschreibung = [[Karibik-Manati]] (''Trichechus manatus'')
| Subtaxa_Rang    = Unterordnung
| Subtaxa_Rang    = Familie
| Subtaxa          = * [[Feuchtnasenprimaten]] (Strepsirrhini)
| Subtaxa          = *[[Gabelschwanzseekühe]] (Dugongidae)
* [[Trockennasenprimaten]] (Haplorrhini)
* [[Rundschwanzseekühe]] (Trichechidae)
}}
}}
 
Die '''Seekühe''' (Sirenia) sind eine [[Ordnung (Biologie)|Ordnung]] pflanzenfressender [[Säugetiere]] mit heute noch vier lebenden Arten. Sie werden zur Überordnung der [[Afrotheria]] gezählt; unter den heute noch lebenden Tieren sind die [[Elefanten]] ihre nächsten Verwandten. Neben den [[Wale]]n und den [[Robben]] sind Seekühe das dritte größere [[Taxon]] meeresbewohnender Säugetiere ([[Meeressäuger]]). Anders als Robben haben sie keine geeigneten Gliedmaßen, um sich an Land zu bewegen. Im Gegensatz zu den Walen halten sich Seekühe stets in Küstennähe oder gar im Süßwasser und oft in sehr flachem Wasser auf.
Die '''Primaten''' (Primates) oder '''Herrentiere''' sind eine zu der Überordnung der [[Wikipedia:Euarchontoglires|Euarchontoglires]] gehörige [[Ordnung (Biologie)|Ordnung]] innerhalb der [[Klasse (Biologie)|Unterklasse]] der [[Säugetiere|Höheren Säugetiere]]. Ihre Erforschung ist Gegenstand der '''Primatologie'''. Der Ausdruck „Affen“ wird bisweilen für diese Ordnung verwendet, ist aber missverständlich, da [[Affen]] nur eine Untergruppe darstellen. Primaten werden in die beiden Unterordnungen der [[Feuchtnasenprimaten]] (Strepsirrhini) und [[Trockennasenprimaten]] (Haplorrhini) eingeteilt, wobei letztere gemäß der biologischen Systematik auch die [[Menschenaffen]] (Hominidae) inklusive des [[Mensch]]en (''Homo sapiens'') mit einschließen. Die Bezeichnung stammt vom lateinischen ''primus'' (der Erste) und bezieht sich auf den Menschen als „[[Krone der Schöpfung]]“.
 
== Verbreitung ==
[[Datei:Ring tailed lemurs.jpg|mini|[[Lemuren]] kommen nur auf Madagaskar vor]]
 
Mit Ausnahme des [[Mensch]]en, der eine weltweite Verbreitung erreicht hat, sind die Verbreitungsgebiete anderer Primaten größtenteils auf die [[Tropen]] und [[Subtropen]] [[Amerika]]s, [[Afrika]]s und [[Asien]]s beschränkt. Auf dem amerikanischen Doppelkontinent reicht ihr heutiges Verbreitungsgebiet vom südlichen [[Mexiko]] bis ins nördliche [[Argentinien]]. Die Arten auf den [[Karibik|Karibischen Inseln]], die [[Antillenaffen]] (Xenotrichini), sind ausgestorben, heute gibt es dort nur vom Menschen eingeschleppte Tiere. In Afrika sind sie weit verbreitet, die größte Artendichte erreichen sie in den Regionen südlich der [[Sahara]]. Auf der Insel [[Madagaskar]] hat sich eine eigene Primatenfauna (ausschließlich Feuchtnasenprimaten) entwickelt, die [[Lemuren]]. In Asien umfassen die Verbreitungsgebiete der Primaten die [[Arabische Halbinsel]] (der dort lebende [[Mantelpavian]] wurde jedoch möglicherweise vom Menschen eingeschleppt), den [[Indischer Subkontinent|indischen Subkontinent]], die [[Volksrepublik China]], [[Japan]] und [[Südostasien]]. Die östliche Grenze ihres Vorkommens bilden die Inseln [[Sulawesi]] und [[Timor]]. In Europa kommt frei lebend eine einzige Art vor, der [[Berberaffe]] in [[Gibraltar]], doch ist auch diese Population wahrscheinlich vom Menschen eingeführt.
 
Nicht-menschliche Primaten fehlen in [[Nordamerika]], dem größten Teil [[Europa]]s, den nördlichen und zentralen Teilen Asiens, dem [[Australien (Kontinent)|australisch-ozeanischen Raum]] sowie auf abgelegenen Inseln und in den Polarregionen.
 
Anders als andere Säugetiergruppen sind Primaten nicht im großen Ausmaß vom Menschen in anderen Regionen sesshaft gemacht worden, außer den bereits erwähnten Mantelpavianen auf der Arabischen Halbinsel und den Berberaffen in Gibraltar betrifft das nur kleine Gruppen, beispielsweise eine Population der [[Grüne Meerkatze|Grünen Meerkatze]], die von afrikanischen Sklaven auf die Karibikinsel [[Saint Kitts]] mitgebracht wurde, oder eine Gruppe [[Rhesusaffe]]n in [[Florida]].


== Merkmale ==
== Merkmale ==
[[Datei:Primate skull series with legend.png|mini|Vergleichende Anatomie: Schädel von Mensch, Schimpanse, Orang-Utan und eines Makaken mit Angabe des durchschnittlichen Hirngewichts]]
=== Äußere Anatomie ===
Obwohl die Primaten eine relativ klar definierte Säugetierordnung sind, gibt es relativ wenig Merkmale, die bei allen Tieren dieser Ordnung und sonst bei keinem anderen Säugetier zu finden sind. Dennoch lassen sich laut dem Biologen Robert Martin neun Merkmale der Primatenordnung festhalten:<ref>Robert Boyd, Joan B. Silk: ''How Humans Evolved.'' Norton, 2006 (Fourth Edition). S. 116–118.</ref>
[[Datei:Dugong Marsa Alam.jpg|miniatur|links|[[Dugong]]]]
 
# Der große Zeh ist [[Opposition (Anatomie)|opponierbar]] (Ausnahme: Mensch) und die Hände sind zum Greifen geeignet.
# Die [[Nagel (Anatomie)|Nägel]] an den Händen und Füßen der meisten Arten sind flach (keine [[Kralle]]n). Zudem haben Primaten [[Fingerabdruck|Fingerabdrücke]].
# Die Fortbewegung ist von den Hinterbeinen dominiert, der [[Massenmittelpunkt|Schwerpunkt]] liegt näher an den hinteren Gliedmaßen.
# Die [[olfaktorische Wahrnehmung]] ist unspezialisiert und bei tagaktiven Primaten reduziert.
# Die [[visuelle Wahrnehmung]] ist hochentwickelt. Die Augen sind groß und nach vorne gerichtet ([[Stereoskopie]]).
# Die Weibchen haben geringe Wurfgrößen. [[Schwangerschaft]] und [[Abstillen]] dauern länger als bei anderen Säugetieren vergleichbarer Größe.
# Die [[Gehirn]]e sind verhältnismäßig größer als bei anderen Säugetieren und weisen einige einzigartige anatomische Merkmale auf.
# Die [[Backenzahn|Backenzähne]] sind relativ unspezialisiert und es gibt maximal drei; sowie maximal zwei [[Schneidezahn|Schneidezähne]], einen [[Eckzahn]], und drei [[Prämolar]]e.
# Es gibt weitere (für Systematiker nützliche) subtile anatomische Besonderheiten, die sich jedoch nur schwer funktionell einordnen lassen.


=== Körpergröße ===
Seekühe sind massige Tiere mit einem zylindrischen Körper. Die [[Rezent#Biologie|rezenten]] Arten erreichen Körperlängen von 2,50 bis vier Metern, [[Stellers Seekuh]] (''Hydrodamalis gigas''), die im 18. Jahrhundert innerhalb von nur 27 Jahren nach ihrer Entdeckung ausgerottet wurde, wurde sogar bis 8 Meter lang. Dabei variiert das Gewicht bei den rezenten Arten zwischen 250 und maximal 1500 Kilogramm. Die Vorderbeine der Tiere sind zu [[Flosse]]n umgewandelt, die Hinterbeine sind gänzlich rückgebildet. Eine Rücken[[Finne (Flosse)|finne]] wie bei den meisten Walen gibt es nicht, der Schwanz ist zu einer waagerechten Flosse umgebildet. Dabei bildet ein umgebildeter [[Hautmuskel]], der dorsale [[Musculus panniculus carnosus]], den Hauptschlagmuskel der Schwanzflosse. Die Form der Schwanzflosse ist das deutlichste äußere Unterscheidungsmerkmal zwischen den zwei rezenten Familien. Während [[Gabelschwanzseekühe]] eine halbmondförmige [[Fluke]] besitzen, ist sie bei den [[Rundschwanzseekühe]]n kreis- oder spatenförmig.


[[Datei:PrimateFeet.jpg|mini|Die sehr unterschiedlichen Füße verschiedener Primaten]]
Die Schnauze ist deutlich vom Kopf abgesetzt und stumpf. Sie ist von harten [[Vibrisse|Tasthaaren]] umgeben. Die Nasenlöcher liegen auf der Oberseite der Schnauze. Verglichen mit dem [[Rumpf (Anatomie)|Rumpf]] ist der Kopf verhältnismäßig groß, das [[Gehirn]] zählt aber mit einem Gewicht von nur 250 bis 350 Gramm im Verhältnis zur Körpergröße zu den kleinsten, die man unter Säugetieren finden kann.
Die kleinste Primatenart ist der [[Berthe-Mausmaki]] mit weniger als 10 Zentimetern Kopfrumpflänge und maximal 38&nbsp;g Gewicht. Am größten sind die bis zu 275&nbsp;kg schweren [[Gorillas]]. Generell sind Feuchtnasenprimaten mit einem Durchschnittsgewicht um 500&nbsp;g kleiner als die Trockennasenprimaten mit einem Durchschnittsgewicht von 5&nbsp;kg. Dies gründet auch auf den unterschiedlichen Aktivitätszeiten (siehe unten). Einige Arten haben einen ausgeprägten [[Geschlechtsdimorphismus]], wobei die Männchen mancher Arten doppelt so schwer wie die Weibchen sein können und sich auch in der Fellfarbe unterscheiden können (zum Beispiel beim [[Mantelpavian]]).


=== Behaarung ===
Die [[Haut]] ist sehr dick und faltig, wobei bei den heute noch lebenden Seekühen, die in tropischen Gewässern leben, die [[Epidermis (Wirbeltiere)|Epidermis]] sehr dünn ist. Stellers Seekuh hatte dagegen als Anpassung an die polaren Gewässer eine sehr dichte Epidermis mit bis zu 7,5 Zentimetern Dicke, der sie auch den Namen „Borkentier“ verdankte. Das [[Fell]] der Seekühe ist auf wenige Borsten im Bereich der Mundöffnung sowie einzelne Haare am Rumpf beschränkt, [[Embryo]]nen haben dagegen noch ein vollständiges Haarkleid, und auch bei Neugeborenen sind deutlich mehr Haare vorhanden als bei den ausgewachsenen Tieren.
Der Körper der meisten Primaten ist mit Fell bedeckt, dessen Färbung von weiß über grau bis zu braun und schwarz variieren kann. Die Handflächen und Fußsohlen sind meistens unbehaart, bei manchen Arten auch das Gesicht oder der ganze Kopf (zum Beispiel [[Uakaris]]). Am wenigsten behaart ist der [[Mensch]].


=== Gesicht ===
=== Bau des Skeletts ===
Die größten Augen aller Primaten haben die [[Koboldmakis]]. Bei den größtenteils nachtaktiven Feuchtnasenprimaten ist zusätzlich eine lichtreflektierende Schicht hinter der [[Netzhaut]], das [[Tapetum lucidum]] vorhanden.
[[Datei:Sirenia Skulls.jpg|miniatur|hochkant=1.2|Schädel verschiedener Seekühe: [[Karibik-Manati]], [[Afrikanischer Manati]], [[Dugong]] (nach Johann Andreas Fleischmann)]]


Namensgebender Unterschied der beiden Unterordnungen ist der [[Nasenspiegel]] (Rhinarium), der bei den Feuchtnasenprimaten feucht und drüsenreich ist und sich in einem gut entwickelten Geruchssinn widerspiegelt. Die Trockennasenprimaten hingegen besitzen einfache, trockene Nüstern und ihr Geruchssinn ist weit weniger gut entwickelt.
Wie bei den [[Wale]]n kam es auch bei den Seekühen zu einer starken [[Pachyostose]], also einer Dickenzunahme der Knochen des Skeletts, sowie einer Verdichtung der Knochensubstanz, indem die [[Havers-Kanal|Haversschen Kanäle]] sowie die [[Knochenmark|Markhöhle]] reduziert wurden. Das Skelett, und damit das gesamte Tier, wurde dadurch schwerer und der [[Statischer Auftrieb|statische Auftrieb]] im Wasser verringert, zugleich sind die Knochen weniger flexibel und brechen leichter. Der Schädel besitzt eine sehr stark verlängerte, durch das [[Zwischenkieferbein|Praemaxillare]] gebildete Schnauzenregion ([[Schnauze|Rostrum]]), welche beim [[Dugong]] noch zusätzlich vorn nach unten abgeknickt ist. Die [[Jochbogen]] sind sehr breit und liegen relativ hoch am Schädel. An diesen inseriert die sehr massive [[Kaumuskulatur]] mit dem großen [[Musculus masseter]]. Die [[Nase]]nöffnungen liegen sehr weit nach hinten verschoben auf der Dorsalseite des Schädels. Der hintere Teil des Schädels, der aus [[Schädel|Hirn-]] und [[Schläfe]]nregion gebildet wird, ist vergleichsweise klein.


=== Zähne ===
[[Datei:Rhytinae Stelleri dentes.jpg|miniatur|links|Bezahnung der ausgestorbenen [[Stellersche Seekuh|Stellerschen Seekuh]]]]
Die ältesten gefundenen fossilen Primaten besaßen eine [[Zahnformel]] von 2-1-4-3, das bedeutet pro Kieferhälfte zwei [[Schneidezahn|Schneidezähne]], einen [[Eckzahn]], vier [[Prämolar]]en und drei [[Molar (Zahn)|Molaren]], insgesamt also 40 Zähne. Die maximale Zahnformel der [[Rezent#Biologie|rezenten]] Primaten lautet jedoch 2-1-3-3, die beispielsweise bei den [[Gewöhnliche Makis|Gewöhnlichen Makis]] und [[Kapuzinerartige]]n auftritt. Manche Gattungen haben ernährungsbedingt weitere Zähne eingebüßt, so besitzen die [[Wieselmakis]] keine Schneidezähne im Oberkiefer. Die wenigsten Zähne aller lebenden Arten hat mit 18 das [[Fingertier]], das keine Eckzähne und nur mehr einen Schneidezahn pro Kieferhälfte besitzt. Die [[Altweltaffen]], einschließlich des [[Mensch]]en, haben die Zahnformel 2-1-2-3, also 32 Zähne.


Die Form insbesondere der Backenzähne gibt Aufschluss über die Ernährung. Vorwiegend fruchtfressende Arten haben abgerundete, insektenfressende Arten haben auffallend spitze Molaren. Bei Blätterfressern haben die Backenzähne scharfe Kanten, die zur Zerkleinerung der harten Blätter dienen.
Die Bezahnung ist bei den einzelnen Taxa unterschiedlich. Bei den Rundschwanzseekühen sind die [[Schneidezahn|Schneidezähne]] zurückgebildet, bei den Dugongs bildet der erste Schneidezahn bei den Männchen einen kurzen [[Stoßzahn]], beim Weibchen bleibt er im [[Kiefer (Anatomie)|Kiefer]]. Die [[Eckzahn|Eckzähne]] fehlen bei allen [[Rezent#Biologie|rezenten]] Arten ganz. Der [[Dentition|Zahnwechsel]] erfolgt wie bei den Elefanten horizontal ([[Horizontaler Zahnwechsel]]), dies hat sich in beiden Gruppen allerdings unabhängig voneinander entwickelt. Dabei wachsen die [[Backenzahn|Backenzähne]] ([[Prämolar]]en und [[Molar (Zahn)|Molaren]]) nacheinander aus dem Kiefer aus und werden an der Vorderkante abgenutzt. Bei den fossilen Stammgruppenvertretern ist das Gebiss noch vollständig erhalten, und damit war nur ein normaler Zahnwechsel möglich. Der vordere Teil des [[Gaumen]]s ist mit Hornplatten ausgekleidet, die vermutlich beim Fressen helfen. Auch die kurze Zunge ist verhornt.


=== Gliedmaßen ===
Die Anzahl der [[Wirbel (Anatomie)|Wirbel]] ist je nach Art unterschiedlich. Die Rundschwanzseekühe besitzen als einzige Säugergruppe neben dem [[Hoffmann-Zweifingerfaultier]] (''Choloepus hoffmanni'') nur sechs [[Halswirbel]], der Dugong und auch die ausgestorbene Stellers Seekuh haben sieben Halswirbel. Darauf folgen 17 (''Trichechus'', ''Hydrodamalis'') oder 19 (''Dugong'') [[Brustwirbel]] und zwei (''Trichechus'') bzw. vier bis fünf (''Dugong'') [[Lendenwirbel]]. Die Rudimente des [[Becken (Anatomie)|Beckens]] sind nicht oder nur durch ein [[Band (Anatomie)|Band]] mit der [[Wirbelsäule]] verbunden, entsprechend ist nur ein [[Kreuzbein|Sakralwirbel]] vorhanden. Der Schwanz besteht aus 22 bis 24 (''Trichechus'') bzw. 28 bis 29 (''Dugong'') [[Schwanz]]wirbeln.
[[Datei:Weisshandgibbon tierpark berlin.jpg|mini|Gibbons haben die längsten Arme aller Primaten]]
Da die meisten Primatenarten Baumbewohner sind, sind ihre Gliedmaßen an die Lebensweise angepasst. Die Hinterbeine sind fast immer länger und stärker als die Vorderbeine (Ausnahmen sind die [[Gibbons]] und die nicht-menschlichen [[Menschenaffen]]) und tragen den größeren Anteil der Bewegung. Besonders ausgeprägt ist das bei den springenden Primaten und beim Menschen. Bei Arten, die sich hangelnd durch die Äste bewegen, ist der Daumen zurückgebildet (beispielsweise bei den [[Klammeraffen]] und [[Stummelaffen]]). Feuchtnasenprimaten haben an der zweiten Zehe eine Putz- oder Toilettenkralle, die der Fellpflege dient. Die Unterseite der Hände und Füße ist unbehaart und mit sensiblen Tastfeldern versehen.


=== Schwanz ===
Das Becken ist bis auf ein Rudiment vollständig reduziert, dabei handelt es sich um eine Spange des [[Sitzbein]]s, die im Muskelgewebe eingebettet ist. Die Hinterextremitäten fehlen vollständig. Die Vorderextremitäten sind zu paddelähnlichen Flossen umgebildet. In der [[Schulter]] ist das [[Schlüsselbein]] (Clavicula) reduziert, und das [[Schulterblatt]] (Scapula) kann dreieckig (''Trichechus'') oder sichelförmig (''Dugong'') sein. Die [[Hand]] besitzt fünf knöcherne Fingerstrahlen, die in Muskulatur eingebettet sind, und alle Gelenke sind im Gegensatz zu denen der Flossen der Wale beweglich.
Für viele baumbewohnende Säugetiere ist ein langer Schwanz ein wichtiges Gleichgewichts- und Balanceorgan, so auch bei den meisten Primaten. Jedoch kann der Schwanz rückgebildet sein oder ganz fehlen. Mit Ausnahme der [[Menschenartige]]n, die generell schwanzlos sind, ist die Schwanzlänge kein Verwandtschaftsmerkmal, da Stummelschwänze bei zahlreichen Arten unabhängig von der Entwicklung vorkommen. Sogar innerhalb einer Gattung, der [[Makaken]], gibt es schwanzlose Arten (zum Beispiel der [[Berberaffe]]) und Arten, deren Schwanz länger als der Körper ist (zum Beispiel der [[Javaneraffe]]). Einen Greifschwanz haben nur einige Gattungen der [[Neuweltaffen]] ausgebildet (die [[Klammerschwanzaffen]] und die [[Brüllaffen]]). Dieser ist an der Unterseite unbehaart und mit sensiblen Nervenzellen ausgestattet.


== Lebensweise ==
=== Innere Anatomie ===
=== Lebensraum ===
Die [[Lunge]] nimmt bei den Seekühen, wie bei den anderen Säugern auch, den gesamten Raum oberhalb des [[Zwerchfell]]s ein. Dieses ist jedoch sehr stark in die horizontale Ebene gestreckt und reicht dabei bis kurz vor die Beckenrudimente, wodurch die Lunge im Rückenbereich liegt. Durch diese Lage wird der Auftrieb, der durch die luftgefüllten Lungen erzeugt wird, über die Horizontalebene der Tiere verteilt, was es ihnen ermöglicht, stabil im Wasser zu liegen und zu schwimmen. Das Herz liegt in Kopfnähe zwischen den Lungen und besitzt wie das der Elefanten einen tiefen Einschnitt zwischen den beiden [[Herz#Räume und Gefäße|Ventrikeln]] an der Herzspitze. Dadurch ist es zweizipfelig – ein Merkmal, das sich nur bei ihnen und den [[Rüsseltiere]]n findet und ihre Verwandtschaft begründet ([[Autapomorphie]]).
Man vermutet, dass sich die Primaten aus baumbewohnenden Tieren entwickelt haben und noch heute sind viele Arten reine Baumbewohner, die kaum jemals auf den Boden kommen. Andere Arten sind zum Teil [[terrestrisch]] (auf dem Boden lebend), dazu zählen beispielsweise [[Paviane]] und [[Husarenaffe]]n. Nur wenige Arten sind reine Bodenbewohner, darunter der [[Dschelada]] und der [[Mensch]]. Primaten finden sich in den verschiedensten Waldformen, darunter [[Regenwald|Regenwälder]], [[Mangrove (Ökosystem)|Mangrovenwälder]], aber auch Gebirgswälder bis über 3000&nbsp;m Höhe. Obwohl man diesen Tieren generell nachsagt, wasserscheu zu sein, finden sich Arten, die gut und gerne schwimmen, darunter der [[Nasenaffe]] oder die [[Sumpfmeerkatze]], die sogar kleine Schwimmhäute zwischen den Fingern entwickelt hat. Für einige [[hemerophil]]e Arten (Kulturfolger) sind auch Städte und Dörfer Heimat geworden, zum Beispiel den [[Rhesusaffe]]n und den [[Hanuman-Langur]].


=== Aktivitätszeiten ===
Der [[Verdauungstrakt|Magen-Darm-Trakt]] besteht aus einem einkammerigen [[Magen]] mit anschließendem [[Duodenum|Zwölffingerdarm]] (Duodenum), der eine große Ausbuchtung, die Ampulla duodeni, besitzt, sowie einem daran anschließenden [[Darm]], der etwa das 20-Fache der Körperlänge des Tieres ausmacht. Der Magen und die Ampulla dienen vor allem der Speicherung der aufgenommenen und sehr gut durchgekauten Nahrung, die eigentliche [[Verdauung]] findet im anschließenden Darm statt. Die Nahrung braucht im Schnitt fünf Tage, bis sie fertig verdaut ist und ausgeschieden wird.
Vereinfacht gesagt sind Feuchtnasenprimaten meist nachtaktiv (Ausnahmen: [[Indri]], [[Sifakas]] und [[Varis]]), während Trockennasenprimaten meist tagaktiv sind (Ausnahmen: [[Koboldmakis]] und [[Nachtaffen]]). Die unterschiedlichen Aktivitätszeiten haben sich auch im Körperbau niedergeschlagen, so sind in beiden Untergruppen nachtaktive Tiere durchschnittlich kleiner als tagaktive. Eine weitere Anpassung an die Nachtaktivität stellt der bessere Geruchssinn der Feuchtnasenprimaten dar. Vergleichbar mit anderen Säugetieren ist die Tatsache, dass Arten, die sich vorwiegend von Blättern ernähren, längere Ruhezeiten einlegen, um den niedrigen Nährwert ihrer Nahrung zu kompensieren.


=== Fortbewegung ===
Die [[Eierstock|Eierstöcke]] der Weibchen befinden sich nahe der Bauchwand. Die [[Gebärmutter]] ist zweihörnig (Uterus bicornis), wodurch die beiden Hälften durch eine Scheidewand (Septum) getrennt sind. Auch die [[Hoden]] der Männchen liegen im Bauchraum, der [[Penis]] liegt unter der Bauchhaut in einer eigenen Penisfalte. Die Muskulatur des Penis setzt am Sitzbeinrudiment des Beckens an.
[[Datei:Hamadryas Baboon.jpg|mini|Mantelpaviane sind typische Vertreter des vierbeinigen Gehens am Boden]]
Primaten verwenden unterschiedliche Arten der Fortbewegung, die sich in verschiedenen Anpassungen im Körperbau widerspiegeln und auch vom Lebensraum abhängig sind. Es lassen sich folgende Formen unterscheiden:
* Vierbeiniges Gehen in den Bäumen: Bei dieser Form der Fortbewegung werden vorwiegend waagrechte Äste ausgenutzt.
* Senkrechtes Klettern und Springen: Dazu werden vorwiegend die senkrechten Stämme ausgenutzt. Springfähige Primaten haben besonders starke hintere Gliedmaßen.
* Langsames Klettern: Diese Form haben insbesondere die [[Loris]] perfektioniert, die behäbig durch die Äste klettern, deren fester Klammergriff um die Äste aber kaum mit Gewalt gelöst werden kann.
* Vierbeiniges Gehen am Boden: Hände und Füße dienen der Fortbewegung am Boden. Dabei können sich die Details unterscheiden: Während [[Paviane]] alle drei Fingerglieder am Boden aufsetzen, stützen sich [[Gorillas]] und [[Schimpansen]] auf die zweiten Fingerglieder (sogenannter [[Knöchelgang]]).
* [[Brachiation|Schwinghangeln]]: Bei dieser Methode schwingen sich die Tiere mit Hilfe ihrer kräftigen Arme durch das Geäst. Schwinghangeln lässt sich beispielsweise bei [[Spinnenaffe]]n und [[Orang-Utan]]s beobachten. Perfektioniert haben diese Methode die [[Gibbons]] (Brachiation).
* [[Bipedie]]: Den zweibeinigen, aufrechten Gang auf dem Boden praktizieren zeitweise mehrere Primatenarten, in Reinform kommt diese Methode nur beim Menschen und dessen Vorfahren ([[Hominini]]) vor.


=== Sozialverhalten ===
[[Datei:Mapa distribuicao Trichechus.png|miniatur|hochkant=1.1|Verbreitung der Rundschwanzseekühe (grün: [[Karibik-Manati]]; rot: [[Amazonas-Manati]]; orange: [[Afrikanischer Manati]])]]
Primaten haben in den meisten Fällen ein komplexes Sozialverhalten entwickelt. Reine Einzelgänger sind selten, auch bei Arten, die vorwiegend einzeln leben (zum Beispiel der [[Orang-Utan]]), überlappen sich die Reviere von Männchen und Weibchen, und bei der Fortpflanzung werden Tiere aus solchen überlappenden Territorien bevorzugt. Andere Arten leben in langjährigen monogamen Beziehungen (zum Beispiel [[Indriartige]] oder [[Gibbons]]). Vielfach leben Primaten jedoch in Gruppen. Diese können entweder Harems- oder Einzelmännchengruppen sein, wo ein Männchen zahlreiche Weibchen um sich schart, oder gemischte Gruppen, in denen mehrere geschlechtsreife Männchen und Weibchen zusammenleben. In Gruppen etabliert sich meist eine [[Wikipedia:Rangordnung (Biologie)|Rangordnung]], die durch Alter, Verwandtschaft, Kämpfe und andere Faktoren bestimmt ist. Vermutlich im Zusammenhang mit dem zunehmenden Gehirnvolumen ist die [[Wikipedia:Brutpflege|elterliche Fürsorge]] relativ hoch entwickelt.<ref>Neil A. Campbell, Jane B. Reece: Biologie. Spektrum-Verlag Heidelberg-Berlin 2003, ISBN 3-8274-1352-4. Seite 845.</ref>


Auch die [[Kommunikation]] und [[Interaktion]] spielt eine bedeutende Rolle. Etliche Arten haben eine Vielzahl von Lauten, die zur Markierung des Territoriums, zur Suche nach Gruppenmitgliedern, zur Drohung oder zur Warnung vor Fressfeinden dienen kann. Besonders bekannt sind die Urwaldkonzerte der [[Brüllaffen]] und die Duettgesänge der [[Wikipedia:Gibbons|Gibbonpärchen]]. Der Mensch ist der einzige, der wirklich ein hochkomplexes Lautsystem ([[Sprache]]) benutzt. Auch Körperhaltungen und Grimassen können eine Kommunikationsform darstellen, eine weitere wichtige Form der Interaktion ist die gegenseitige Fellpflege. Bei den Feuchtnasenprimaten spielt der Geruchssinn eine bedeutendere Rolle, oft wird das Revier mit Duftdrüsen oder Urin markiert.
== Verbreitung und Lebensraum ==
[[Datei:Dugong-range.png|miniatur|hochkant=1.1|Verbreitungsgebiet des [[Dugong]]s (blau)]]


=== Ernährung ===
Die Verbreitungsgebiete der heute lebenden Seekühe überschneiden sich nicht und liegen teilweise sehr weit voneinander entfernt. So findet man die einzige heute noch lebende Art der [[Gabelschwanzseekühe]] (Dugongidae), den [[Dugong]] (''Dugong dugon''), ausschließlich an Meeresküsten des [[Indischer Ozean|Indischen Ozeans]], einschließlich des [[Rotes Meer|Roten Meeres]], und des süd-westlichen [[Pazifischer Ozean|Pazifischen Ozeans]] vor. Die Arten der [[Rundschwanzseekühe]] (Trichechidae) leben zum einen im [[Golf von Mexiko]] vor den Küsten [[Florida]]s und den südöstlichen USA, den Küsten [[Mittelamerika]]s und der [[Westindische Inseln|Karibischen Inseln]] sowie den nördlichen Küsten Südamerikas ([[Karibik-Manati]], ''Trichechus manatus''), daneben im Gebiet des [[Amazonas]] in Südamerika ([[Amazonas-Manati]], ''Trichechus inunguis'') und schließlich an den Küsten Westafrikas zwischen dem [[Senegal]] und dem nördlichen [[Angola]] und in den dortigen Flusssystemen wie dem [[Niger (Fluss)|Niger]] und anderen westafrikanischen Flüssen ([[Afrikanischer Manati]], ''Trichechus senegalensis'').
[[Datei:Gorilla zoo-leipzig.jpg|mini|Größere Primatenarten tendieren dazu, auf Blatternährung spezialisiert zu sein]]
Unter den Primaten besteht eine erhebliche Variabilität in der Ernährungsweise. Folgende Verallgemeinerungen lassen sich dennoch treffen:<ref name=boydsilk>Robert Boyd, Joan B. Silk: ''How Humans Evolved''. Norton, 2006 (Fourth Edition). S. 136–144.</ref>


# Alle Primaten greifen auf mindestens ein Nahrungsmittel mit hohem Proteingehalt und auf mindestens ein Nahrungsmittel mit hohem Kohlenhydratgehalt zurück. Insekten bzw. Pflanzengummi und Früchte sind die Hauptprotein- bzw. Kohlenhydratquelle von [[Halbaffen]]. Insekten und junge Blätter bzw. Früchte sind meist die Hauptprotein- bzw. Kohlenhydratquelle der [[Affen]] und [[Menschenartige]]n.
Während alle heute noch lebenden Arten in tropischen Gewässern leben, lag der Lebensraum der ausgestorbenen [[Stellers Seekuh|Stellerschen Seekuh]] in den polaren Gewässern des [[Beringmeer]]es.
# Die meisten Primaten ernähren sich stärker von bestimmten Nahrungsmitteln als von anderen. Wissenschaftler verwenden die Begriffe [[Frugivore]]n, [[Folivore]]n, [[Insektivore]]n und [[Gumnivore]]n, um Arten zu bezeichnen, die sich vorrangig von Früchten, Blättern, Insekten bzw. Pflanzengummi ernähren.
# Insektivoren sind meist kleiner als Frugivoren, und Frugivoren sind kleiner als Folivoren. Dies liegt daran, dass kleinere Tiere relativ mehr Energie benötigen als größere. Sie brauchen schnell verfügbare, qualitativ hochwertige Nahrung, während größere Tiere nicht so eingeschränkt sind, da sie es sich erlauben können, qualitativ minderwertige Nahrung langsamer aufzunehmen.


Vermutlich waren die Vorfahren der Primaten Insektenfresser, die Mehrzahl der Arten ist heute jedoch vorrangig Pflanzenfresser. Früchte stellen für viele Arten den Hauptbestandteil der Nahrung dar, ergänzt werden sie durch Blätter, Blüten, Knollen, Pilze, Samen, Nüsse, Baumsäfte und andere Pflanzenteile. Viele Arten sind jedoch Allesfresser, die neben pflanzlicher auch tierische Nahrung zu sich nehmen, insbesondere Insekten, Spinnen, Vogeleier und kleine Wirbeltiere. Zu den Gattungen, die gelegentlich Jagd auf größere Säugetiere ([[Hasen]], kleine Primaten, junge [[Paarhufer]]) machen, gehören [[Paviane]] und [[Schimpansen]].
== Lebensweise ==
Sowohl über die Lebensweise als auch über das Sozialverhalten der Seekühe ist nur sehr wenig bekannt. Sie leben im Normalfall einzeln oder in kleinen Familienverbänden, manchmal kommt es auch zur Bildung größerer Gruppen mit mehreren hundert Tieren. Dabei gibt es kaum soziale Bindungen mit Ausnahme der Mutter-Kind-Beziehung, die etwa zwei Jahre andauert. Ein Tag-Nacht-Rhythmus ist nicht ausgeprägt, diese Tiere können sowohl am Tag als auch in der Nacht aktiv sein. Die Kommunikation erfolgt vor allem akustisch und [[Oberflächensensibilität|taktil]]. Zwischen Mutter und Kind kommt es zu so genannten Mutter-Kind-Duetten, die in einem [[Frequenz]]bereich von 600 bis 6.000 [[Hertz (Einheit)|Hertz]] erfolgen.


Primaten gehören zu den wenigen Wirbeltieren, die das wichtige [[Vitamin C]] nicht selbst produzieren können. Sie müssen es deshalb mit der Nahrung aufnehmen.<ref>S. Englard, S. Seifter (1986): ''The biochemical functions of ascorbic acid.'' Ann. Rev. Nutr. 6: 365–406, {{doi|10.1146/annurev.nu.06.070186.002053}}.</ref>
Seekühe bewegen sich stets langsam treibend und schwimmend. Dabei kommen ausgewachsene Seekühe etwa alle ein bis fünf Minuten an die Wasseroberfläche, um zu atmen. Ausgedehntere Tauchgänge können bis etwa 20 Minuten dauern. Außer dem Menschen haben Seekühe nur sehr wenige natürliche Feinde. Dazu gehören in den Meeresgebieten vor allem größere [[Haie]] und der [[Schwertwal|Große Schwertwal]], in den Flüssen vor allem [[Krokodile]] und in Südamerika zusätzlich der [[Jaguar]].


Folivore Arten weisen besondere Anpassungen auf: so haben die [[Stummelaffen]] einen mehrkammerigen Magen, in welchem Mikroorganismen die [[Zellulose]] abbauen. Dieses Konzept ähnelt dem der [[Wiederkäuer]] oder mancher [[Kängurus|Känguruarten]]. Andere, wie die [[Brüllaffen]] oder die [[Gorillas]], haben einen vergrößerten [[Dickdarm]], der demselben Zweck dient.
== Ernährung ==
[[Datei:Hpim0279.jpg|miniatur|Karibik-Manati]]


Reine Fleischfresser sind selten unter den Primaten, dazu gehören beispielsweise die insektenfressenden [[Koboldmakis]] und [[Bärenmakis]].
Seekühe ernähren sich vorwiegend pflanzlich, ihre Nahrung besteht aus Seegras, Algen und anderen Wasserpflanzen sowie für sie erreichbaren Blättern von [[Mangrove (Baum)|Mangrovenbäumen]]. Manatis brauchen etwa 90 Kilogramm pflanzliche Nahrung an einem Tag, sie sind im Schnitt täglich sechs bis acht Stunden mit Fressen beschäftigt. Während die Manatis vor allem im Bereich der Wasseroberfläche fressen und die Süßwasserarten vor allem [[Wasserhyazinthen]] und Grasinseln auch von oben abweiden, fressen Dugongs ausschließlich am Meeresboden. Stellers Seekuh ernährte sich vor allem von [[Seetang|Tang]].


Da das Nahrungsangebot für Folivoren dazu tendiert, zeitlich und räumlich uniform und vorhersehbar zu sein, sind ihre [[Aktionsraum|Aktionsräume]] meist kleiner als die von Frugivoren und Insektivoren.<ref name=boydsilk/>
Unklar ist, in welchem Ausmaß sie auch tierische Nahrung zu sich nehmen. Wohl unbeabsichtigt verzehren sie mit der pflanzlichen Nahrung auch kleine [[Wirbellose]], welche die Tiere mit [[Protein]] versorgen. Es gibt Berichte, wonach Tiere in Gefangenschaft mit Begeisterung Fische gefressen haben. In [[Jamaika]] wurden Karibik-Manatis beobachtet, die Fische aus Netzen geholt und verzehrt haben.


=== Fortpflanzung ===
[[Datei:Manatee with calf.PD.jpg|miniatur|links|hochkant=1.1|Karibik-Manati mit Kalb]]
Generell zeichnen sich Primaten durch eine lange Trächtigkeitsdauer, eine lange Entwicklungszeit der Jungen und eine eher hohe Lebenserwartung aus. Die Jungtiere werden in der Regel von der Mutter umhergetragen und halten sich hierzu als aktive [[Tragling]]e in deren Fell fest. Die Strategie dieser Tiere liegt darin, viel Zeit in die Aufzucht der Jungtiere zu investieren, dafür ist die Fortpflanzungsrate gering. Die kürzeste Tragzeit haben [[Katzenmakis]] mit rund 60 Tagen, bei den meisten Arten liegt sie zwischen vier und sieben Monaten. Die längste Trächtigkeitsdauer haben der [[Mensch]] und die [[Gorillas]] mit rund neun Monaten.


Bei den meisten Arten überwiegen Einzelgeburten, und auch bei den Arten, die üblicherweise Mehrfachgeburten aufweisen (darunter Katzenmakis, [[Wikipedia:Galagos|Galagos]] und [[Wikipedia:Krallenaffen|Krallenaffen]]) liegt die Wurfgröße selten über zwei oder drei Neugeborenen.
== Fortpflanzung und Entwicklung ==
Bei den Seekühen gibt es weder eine zeitlich begrenzte Paarungszeit noch ein spezifisches Paarungsverhalten. Das Weibchen hat mehrfach im Jahr einen Eisprung und verpaart sich im Wasser mit mehreren Männchen, wobei keine Rivalenkämpfe ausgetragen werden. Die [[Zygote]] bettet sich zentral in die [[Gebärmutter]] ein. Die Versorgung des [[Embryo]]s bzw. [[Fötus]] erfolgt über eine Gürtel[[plazenta]] (Placenta zonaria). Das Jungtier wird nach etwa 12 bis 14 Monaten [[Wikipedia:Trächtigkeit|Tragezeit]] im Wasser geboren und schwimmt direkt aktiv zur Wasseroberfläche. Es wiegt zu diesem Zeitpunkt zwischen 10 und 30 Kilogramm. Während der folgenden 18 Monate wird das Jungtier von der Mutter gesäugt, danach bleibt es noch einige Monate im direkten Umfeld der Mutter. Mit sechs bis zehn Jahren werden Seekühe [[Wikipedia:Geschlechtsreife|geschlechtsreif]], insgesamt erreichen Manatis ein Lebensalter von etwa 40 Jahren und Dugongs eines von 60 Jahren.


== Zur Systematik und zur Stammesgeschichte siehe auch ==
== Zur Systematik und zur Stammesgeschichte siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Primaten}}
* {{WikipediaDE|Seekühe}}


== Zum Thema Primaten und Menschen siehe auch ==
== Zum Thema Seekühe und Mensch siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Primaten}}
* {{WikipediaDE|Seekühe}}


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Primaten}}
* {{WikipediaDE|Seekühe}}


== Literatur ==
== Literatur ==
* Louis de Bonis: ''Vom Affen zum Menschen 1 & 2. Spektrum Compact 2004,1''. Verlag Spektrum der Wissenschaft, Heidelberg 2004, ISBN 3-936278-70-9.
* Martin S. Fischer: ''Sirenia, Seekühe.'' In: W. Westheide, R. Rieger: ''Spezielle Zoologie.'' Teil 2. Wirbel- oder Schädeltiere. Spektrum Akademischer Verlag, München 2004, ISBN 3-8274-0307-3.
* Thomas Geissmann: ''Vergleichende Primatologie''. Springer, Berlin 2003, ISBN 3-540-43645-6.
* Ronald M. Nowak: ''[[Walker’s Mammals of the World]]''. Johns Hopkins University Press, Baltimor 1999, ISBN 0-8018-5789-9.
* Colin Groves: ''Primate Taxonomy''. Smithsonian Institution Press, Washington 2001, ISBN 1-56098-872-X.
* J. Ripple, D. Perrine: ''Manatees and Dugongs of the world.'' Voyagour Press, Stillwater 1999. ISBN 0-89658-528-X.<!-- nicht benutzt -->
* Andreas Paul: ''Von Affen und Menschen''. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1998, ISBN 3-534-13869-4.
* Ann Forsten, Phillip M. Youngman: ''[http://www.science.smith.edu/departments/Biology/VHAYSSEN/msi/pdf/i0076-3519-165-01-0001.pdf Hydrodamalis gigas.]'' In: ''[[Mammalian Species]].'' The American Society of Mammalogists, New York 1982,165 (pdf; 278&nbsp;kB). {{ISSN|0076-3519}}
* Daris Swindler: ''Introduction to the Primates''. University of Washington Press, Washington 1998, ISBN 0-295-97704-3.
* Sandra L. Husar: ''[http://www.science.smith.edu/departments/Biology/VHAYSSEN/msi/pdf/i0076-3519-089-01-0001.pdf Trichechus senegalensis.]'' In: ''[[Mammalian Species]].'' The American Society of Mammalogists, New York 1978,89 (PDF; 407&nbsp;kB). {{ISSN|0076-3519}}
* Thomas S. Kemp: ''The Origin and Evolution of Mammals''. Oxford University Press, Oxford 2005, ISBN 0-19-850761-5.
* Sandra L. Husar: ''[http://www.science.smith.edu/departments/Biology/VHAYSSEN/msi/pdf/i0076-3519-072-01-0001.pdf Trichechus inunguis.]'' In: ''[[Mammalian Species]].'' The American Society of Mammalogists, New York 1977,72 (pdf; 411&nbsp;kB). {{ISSN|0076-3519}}
* Sandra L. Husar: ''[http://www.science.smith.edu/departments/Biology/VHAYSSEN/msi/pdf/i0076-3519-093-01-0001.pdf Trichechus manatus.]'' In: ''[[Mammalian Species]].'' The American Society of Mammalogists, New York 1978,93 (pdf; 642&nbsp;kB). {{ISSN|0076-3519}}
* Sandra L. Husar: ''[http://www.science.smith.edu/departments/Biology/VHAYSSEN/msi/pdf/i0076-3519-088-01-0001.pdf Dugong dugon.]'' In: ''[[Mammalian Species]].'' The American Society of Mammalogists, New York 1978,88 (pdf; 861&nbsp;kB). {{ISSN|0076-3519}}


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commons|Primates|Primaten}}
{{Commonscat|Sirenia|Seekühe}}
{{Wiktionary|Primat}}
* [http://www.sirenian.org/ Sirenian International] (englisch)
* [http://pin.primate.wisc.edu/ Primate Info Net] (englisch)
* [http://www.wissenschaft.de/wissen/news/250464.html Zerbrechliche Meeresriesen. Seekühe haben extrem brüchige Knochen], ''wissenschaft.de'', 21. März 2005
* [http://members.tripod.com/cacajao/index.html The Primata – Fakten und Links zu zahlreichen Arten] (englisch)
* [http://www.nytimes.com/2006/08/29/science/29mana.html?ei=5090&en=e6a8ae2c418ce63a&ex=1314504000&partner=rssuserland&emc=rss&pagewanted=all „Sleek? Well, No. Complex? Yes, Indeed.“] [[The New York Times|New York Times]], 29. August 2006, mit [http://www.nytimes.com/packages/khtml/2006/08/28/science/20060829_MANA_AUDIOSS.html Audio-Dia-Schau] (2:37 Min.)
* [http://www.euprim-net.eu EUPRIM-Net: European Primate Network] (englisch)
* [http://www.sueddeutsche.de/wissen/kleines-hirn-und-grosser-koerper-empfindsamer-koloss-1.913085 „Die Seekuh ist zwar groß, fett und faul – aber nicht dumm“], [[Süddeutsche Zeitung]], 29. August 2006, Kurzfassung des NYT-Artikels


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references/>
<references />


{{Normdaten|TYP=s|GND=4047256-5}}
{{Normdaten|TYP=s|GND=4180650-5}}


[[Kategorie:Säugetiere|102]]
[[Kategorie:Säugetiere|!102]]
[[Kategorie:Primaten|!]]
[[Kategorie:Seekühe|!]]


{{Wikipedia}}
{{Wikipedia}}

Version vom 10. Januar 2018, 03:06 Uhr

Seekühe

Karibik-Manati (Trichechus manatus)

Klasse: Säugetiere (Mammalia)
Unterklasse: Höhere Säugetiere (Eutheria)
Überordnung: Afrotheria
ohne Rang: Paenungulata
ohne Rang: Tethytheria
Ordnung: Seekühe
Sirenia
Illiger, 1811
Familien

Die Seekühe (Sirenia) sind eine Ordnung pflanzenfressender Säugetiere mit heute noch vier lebenden Arten. Sie werden zur Überordnung der Afrotheria gezählt; unter den heute noch lebenden Tieren sind die Elefanten ihre nächsten Verwandten. Neben den Walen und den Robben sind Seekühe das dritte größere Taxon meeresbewohnender Säugetiere (Meeressäuger). Anders als Robben haben sie keine geeigneten Gliedmaßen, um sich an Land zu bewegen. Im Gegensatz zu den Walen halten sich Seekühe stets in Küstennähe oder gar im Süßwasser und oft in sehr flachem Wasser auf.

Merkmale

Äußere Anatomie

Dugong

Seekühe sind massige Tiere mit einem zylindrischen Körper. Die rezenten Arten erreichen Körperlängen von 2,50 bis vier Metern, Stellers Seekuh (Hydrodamalis gigas), die im 18. Jahrhundert innerhalb von nur 27 Jahren nach ihrer Entdeckung ausgerottet wurde, wurde sogar bis 8 Meter lang. Dabei variiert das Gewicht bei den rezenten Arten zwischen 250 und maximal 1500 Kilogramm. Die Vorderbeine der Tiere sind zu Flossen umgewandelt, die Hinterbeine sind gänzlich rückgebildet. Eine Rückenfinne wie bei den meisten Walen gibt es nicht, der Schwanz ist zu einer waagerechten Flosse umgebildet. Dabei bildet ein umgebildeter Hautmuskel, der dorsale Musculus panniculus carnosus, den Hauptschlagmuskel der Schwanzflosse. Die Form der Schwanzflosse ist das deutlichste äußere Unterscheidungsmerkmal zwischen den zwei rezenten Familien. Während Gabelschwanzseekühe eine halbmondförmige Fluke besitzen, ist sie bei den Rundschwanzseekühen kreis- oder spatenförmig.

Die Schnauze ist deutlich vom Kopf abgesetzt und stumpf. Sie ist von harten Tasthaaren umgeben. Die Nasenlöcher liegen auf der Oberseite der Schnauze. Verglichen mit dem Rumpf ist der Kopf verhältnismäßig groß, das Gehirn zählt aber mit einem Gewicht von nur 250 bis 350 Gramm im Verhältnis zur Körpergröße zu den kleinsten, die man unter Säugetieren finden kann.

Die Haut ist sehr dick und faltig, wobei bei den heute noch lebenden Seekühen, die in tropischen Gewässern leben, die Epidermis sehr dünn ist. Stellers Seekuh hatte dagegen als Anpassung an die polaren Gewässer eine sehr dichte Epidermis mit bis zu 7,5 Zentimetern Dicke, der sie auch den Namen „Borkentier“ verdankte. Das Fell der Seekühe ist auf wenige Borsten im Bereich der Mundöffnung sowie einzelne Haare am Rumpf beschränkt, Embryonen haben dagegen noch ein vollständiges Haarkleid, und auch bei Neugeborenen sind deutlich mehr Haare vorhanden als bei den ausgewachsenen Tieren.

Bau des Skeletts

Schädel verschiedener Seekühe: Karibik-Manati, Afrikanischer Manati, Dugong (nach Johann Andreas Fleischmann)

Wie bei den Walen kam es auch bei den Seekühen zu einer starken Pachyostose, also einer Dickenzunahme der Knochen des Skeletts, sowie einer Verdichtung der Knochensubstanz, indem die Haversschen Kanäle sowie die Markhöhle reduziert wurden. Das Skelett, und damit das gesamte Tier, wurde dadurch schwerer und der statische Auftrieb im Wasser verringert, zugleich sind die Knochen weniger flexibel und brechen leichter. Der Schädel besitzt eine sehr stark verlängerte, durch das Praemaxillare gebildete Schnauzenregion (Rostrum), welche beim Dugong noch zusätzlich vorn nach unten abgeknickt ist. Die Jochbogen sind sehr breit und liegen relativ hoch am Schädel. An diesen inseriert die sehr massive Kaumuskulatur mit dem großen Musculus masseter. Die Nasenöffnungen liegen sehr weit nach hinten verschoben auf der Dorsalseite des Schädels. Der hintere Teil des Schädels, der aus Hirn- und Schläfenregion gebildet wird, ist vergleichsweise klein.

Bezahnung der ausgestorbenen Stellerschen Seekuh

Die Bezahnung ist bei den einzelnen Taxa unterschiedlich. Bei den Rundschwanzseekühen sind die Schneidezähne zurückgebildet, bei den Dugongs bildet der erste Schneidezahn bei den Männchen einen kurzen Stoßzahn, beim Weibchen bleibt er im Kiefer. Die Eckzähne fehlen bei allen rezenten Arten ganz. Der Zahnwechsel erfolgt wie bei den Elefanten horizontal (Horizontaler Zahnwechsel), dies hat sich in beiden Gruppen allerdings unabhängig voneinander entwickelt. Dabei wachsen die Backenzähne (Prämolaren und Molaren) nacheinander aus dem Kiefer aus und werden an der Vorderkante abgenutzt. Bei den fossilen Stammgruppenvertretern ist das Gebiss noch vollständig erhalten, und damit war nur ein normaler Zahnwechsel möglich. Der vordere Teil des Gaumens ist mit Hornplatten ausgekleidet, die vermutlich beim Fressen helfen. Auch die kurze Zunge ist verhornt.

Die Anzahl der Wirbel ist je nach Art unterschiedlich. Die Rundschwanzseekühe besitzen als einzige Säugergruppe neben dem Hoffmann-Zweifingerfaultier (Choloepus hoffmanni) nur sechs Halswirbel, der Dugong und auch die ausgestorbene Stellers Seekuh haben sieben Halswirbel. Darauf folgen 17 (Trichechus, Hydrodamalis) oder 19 (Dugong) Brustwirbel und zwei (Trichechus) bzw. vier bis fünf (Dugong) Lendenwirbel. Die Rudimente des Beckens sind nicht oder nur durch ein Band mit der Wirbelsäule verbunden, entsprechend ist nur ein Sakralwirbel vorhanden. Der Schwanz besteht aus 22 bis 24 (Trichechus) bzw. 28 bis 29 (Dugong) Schwanzwirbeln.

Das Becken ist bis auf ein Rudiment vollständig reduziert, dabei handelt es sich um eine Spange des Sitzbeins, die im Muskelgewebe eingebettet ist. Die Hinterextremitäten fehlen vollständig. Die Vorderextremitäten sind zu paddelähnlichen Flossen umgebildet. In der Schulter ist das Schlüsselbein (Clavicula) reduziert, und das Schulterblatt (Scapula) kann dreieckig (Trichechus) oder sichelförmig (Dugong) sein. Die Hand besitzt fünf knöcherne Fingerstrahlen, die in Muskulatur eingebettet sind, und alle Gelenke sind im Gegensatz zu denen der Flossen der Wale beweglich.

Innere Anatomie

Die Lunge nimmt bei den Seekühen, wie bei den anderen Säugern auch, den gesamten Raum oberhalb des Zwerchfells ein. Dieses ist jedoch sehr stark in die horizontale Ebene gestreckt und reicht dabei bis kurz vor die Beckenrudimente, wodurch die Lunge im Rückenbereich liegt. Durch diese Lage wird der Auftrieb, der durch die luftgefüllten Lungen erzeugt wird, über die Horizontalebene der Tiere verteilt, was es ihnen ermöglicht, stabil im Wasser zu liegen und zu schwimmen. Das Herz liegt in Kopfnähe zwischen den Lungen und besitzt wie das der Elefanten einen tiefen Einschnitt zwischen den beiden Ventrikeln an der Herzspitze. Dadurch ist es zweizipfelig – ein Merkmal, das sich nur bei ihnen und den Rüsseltieren findet und ihre Verwandtschaft begründet (Autapomorphie).

Der Magen-Darm-Trakt besteht aus einem einkammerigen Magen mit anschließendem Zwölffingerdarm (Duodenum), der eine große Ausbuchtung, die Ampulla duodeni, besitzt, sowie einem daran anschließenden Darm, der etwa das 20-Fache der Körperlänge des Tieres ausmacht. Der Magen und die Ampulla dienen vor allem der Speicherung der aufgenommenen und sehr gut durchgekauten Nahrung, die eigentliche Verdauung findet im anschließenden Darm statt. Die Nahrung braucht im Schnitt fünf Tage, bis sie fertig verdaut ist und ausgeschieden wird.

Die Eierstöcke der Weibchen befinden sich nahe der Bauchwand. Die Gebärmutter ist zweihörnig (Uterus bicornis), wodurch die beiden Hälften durch eine Scheidewand (Septum) getrennt sind. Auch die Hoden der Männchen liegen im Bauchraum, der Penis liegt unter der Bauchhaut in einer eigenen Penisfalte. Die Muskulatur des Penis setzt am Sitzbeinrudiment des Beckens an.

Verbreitung der Rundschwanzseekühe (grün: Karibik-Manati; rot: Amazonas-Manati; orange: Afrikanischer Manati)

Verbreitung und Lebensraum

Verbreitungsgebiet des Dugongs (blau)

Die Verbreitungsgebiete der heute lebenden Seekühe überschneiden sich nicht und liegen teilweise sehr weit voneinander entfernt. So findet man die einzige heute noch lebende Art der Gabelschwanzseekühe (Dugongidae), den Dugong (Dugong dugon), ausschließlich an Meeresküsten des Indischen Ozeans, einschließlich des Roten Meeres, und des süd-westlichen Pazifischen Ozeans vor. Die Arten der Rundschwanzseekühe (Trichechidae) leben zum einen im Golf von Mexiko vor den Küsten Floridas und den südöstlichen USA, den Küsten Mittelamerikas und der Karibischen Inseln sowie den nördlichen Küsten Südamerikas (Karibik-Manati, Trichechus manatus), daneben im Gebiet des Amazonas in Südamerika (Amazonas-Manati, Trichechus inunguis) und schließlich an den Küsten Westafrikas zwischen dem Senegal und dem nördlichen Angola und in den dortigen Flusssystemen wie dem Niger und anderen westafrikanischen Flüssen (Afrikanischer Manati, Trichechus senegalensis).

Während alle heute noch lebenden Arten in tropischen Gewässern leben, lag der Lebensraum der ausgestorbenen Stellerschen Seekuh in den polaren Gewässern des Beringmeeres.

Lebensweise

Sowohl über die Lebensweise als auch über das Sozialverhalten der Seekühe ist nur sehr wenig bekannt. Sie leben im Normalfall einzeln oder in kleinen Familienverbänden, manchmal kommt es auch zur Bildung größerer Gruppen mit mehreren hundert Tieren. Dabei gibt es kaum soziale Bindungen mit Ausnahme der Mutter-Kind-Beziehung, die etwa zwei Jahre andauert. Ein Tag-Nacht-Rhythmus ist nicht ausgeprägt, diese Tiere können sowohl am Tag als auch in der Nacht aktiv sein. Die Kommunikation erfolgt vor allem akustisch und taktil. Zwischen Mutter und Kind kommt es zu so genannten Mutter-Kind-Duetten, die in einem Frequenzbereich von 600 bis 6.000 Hertz erfolgen.

Seekühe bewegen sich stets langsam treibend und schwimmend. Dabei kommen ausgewachsene Seekühe etwa alle ein bis fünf Minuten an die Wasseroberfläche, um zu atmen. Ausgedehntere Tauchgänge können bis etwa 20 Minuten dauern. Außer dem Menschen haben Seekühe nur sehr wenige natürliche Feinde. Dazu gehören in den Meeresgebieten vor allem größere Haie und der Große Schwertwal, in den Flüssen vor allem Krokodile und in Südamerika zusätzlich der Jaguar.

Ernährung

Karibik-Manati

Seekühe ernähren sich vorwiegend pflanzlich, ihre Nahrung besteht aus Seegras, Algen und anderen Wasserpflanzen sowie für sie erreichbaren Blättern von Mangrovenbäumen. Manatis brauchen etwa 90 Kilogramm pflanzliche Nahrung an einem Tag, sie sind im Schnitt täglich sechs bis acht Stunden mit Fressen beschäftigt. Während die Manatis vor allem im Bereich der Wasseroberfläche fressen und die Süßwasserarten vor allem Wasserhyazinthen und Grasinseln auch von oben abweiden, fressen Dugongs ausschließlich am Meeresboden. Stellers Seekuh ernährte sich vor allem von Tang.

Unklar ist, in welchem Ausmaß sie auch tierische Nahrung zu sich nehmen. Wohl unbeabsichtigt verzehren sie mit der pflanzlichen Nahrung auch kleine Wirbellose, welche die Tiere mit Protein versorgen. Es gibt Berichte, wonach Tiere in Gefangenschaft mit Begeisterung Fische gefressen haben. In Jamaika wurden Karibik-Manatis beobachtet, die Fische aus Netzen geholt und verzehrt haben.

Karibik-Manati mit Kalb

Fortpflanzung und Entwicklung

Bei den Seekühen gibt es weder eine zeitlich begrenzte Paarungszeit noch ein spezifisches Paarungsverhalten. Das Weibchen hat mehrfach im Jahr einen Eisprung und verpaart sich im Wasser mit mehreren Männchen, wobei keine Rivalenkämpfe ausgetragen werden. Die Zygote bettet sich zentral in die Gebärmutter ein. Die Versorgung des Embryos bzw. Fötus erfolgt über eine Gürtelplazenta (Placenta zonaria). Das Jungtier wird nach etwa 12 bis 14 Monaten Tragezeit im Wasser geboren und schwimmt direkt aktiv zur Wasseroberfläche. Es wiegt zu diesem Zeitpunkt zwischen 10 und 30 Kilogramm. Während der folgenden 18 Monate wird das Jungtier von der Mutter gesäugt, danach bleibt es noch einige Monate im direkten Umfeld der Mutter. Mit sechs bis zehn Jahren werden Seekühe geschlechtsreif, insgesamt erreichen Manatis ein Lebensalter von etwa 40 Jahren und Dugongs eines von 60 Jahren.

Zur Systematik und zur Stammesgeschichte siehe auch

Zum Thema Seekühe und Mensch siehe auch

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Commons: Seekühe - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise



Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel Seekühe aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.