Maria (Mutter Jesu) und Ernst Haeckel: Unterschied zwischen den Seiten

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[[File:RAFAEL - Madonna Sixtina (Gemäldegalerie Alter Meister, Dresde, 1513-14. Óleo sobre lienzo, 265 x 196 cm).jpg|thumb|300px|[[Raffael]]: ''[[Wikipedia:Sixtinische Madonna|Sixtinische Madonna]], Gemäldegalerie Alte Meister ([[Wikipedia:Dresden|Dresden]])]]
[[Datei:Ernst Haeckel 2.jpg|miniatur|Ernst Haeckel]]
'''Maria''' ({{HeS|מרים}}, [[Wikipedia:Aramäische Sprachen|aram.]] {{lang|arc|<big><big>ܡܪܝܡ</big></big>}}, {{ELSalt|Μαριάμ}} ''Mariam''), namentlich in der [[Kunst|künstlerischen Darstellung]] auch '''Madonna''' ({{ItS|}} „meine Dame“) genannt, ist nach der Überlieferung des [[Neues Testament|Neuen Testaments]] und des [[Koran]]s die Mutter des [[Jesus von Nazareth]]. Nach ihrer himmlischen Verklärung wird sie als '''Himmelskönigin''' ([[lat.]] ''regina caeli'') im Bild der „Frau, mit der Sonne bekleidet, und dem Mond unter ihren Füßen und auf ihrem Haupt eine Krone von zwölf Sternen“ {{Bibel|Off|12|1|LUT}} verehrt.
'''Ernst Heinrich Philipp August Haeckel''' (* [[Wikipedia:16. Februar|16. Februar]] [[Wikipedia:1834|1834]] in [[Wikipedia:Potsdam|Potsdam]]; † [[Wikipedia:9. August|9. August]] [[Wikipedia:1919|1919]] in [[Wikipedia:Jena|Jena]]) war ein [[Wikipedia:Deutschland|deutscher]] [[Wikipedia:Zoologe|Zoologe]], [[Philosoph]] und [[Wikipedia:Freidenker|Freidenker]], der die Arbeiten von [[Charles Darwin]] in Deutschland bekannt machte und zu einer speziellen [[Abstammung]]slehre ausbaute. Im Rahmen seiner Auseinandersetzungen mit der Übertragbarkeit rassischer Kategorien auf die gesellschaftliche Entwicklung des Menschen zählt Haeckel – hier klarer Gegner seines Lehrers Virchow – zu den schließlich entschiedenen Vertretern einer „eugenischen“ Sozialpolitik.<ref>Gunter Mann: ''Biologismus – Vorstufen und Elemente einer Medizin im NS''. In: J. Bleker et al.: (Hg.): ''Medizin im „Dritten Reich“'', Köln 1993, S. 25 ff.</ref>


Wie ihr Mann [[Josef von Nazaret|Josef]] stammte Maria aus der Kleinstadt [[Wikipedia:Nazaret|Nazaret]] in [[Wikipedia:Galiläa|Galiläa]]. Nach dem [[Lukas-Evangelium]] wurde Maria die Geburt Jesu durch den [[Erzengel Gabriel]] verkündigt:
Haeckel war [[Wikipedia:Arzt|Arzt]], später Professor für [[Wikipedia:vergleichende Anatomie|vergleichende Anatomie]]. Er prägte einige heute geläufige Begriffe der [[Wikipedia:Biologie|Biologie]] wie ''[[Wikipedia:Stamm (Systematik)|Stamm]]'' oder ''[[Wikipedia:Ökologie|Ökologie]]''. Auch bezeichnete Haeckel die [[Wikipedia:Politik|Politik]] als angewandte Biologie.<ref>Richard Langton Gregory: ''The Oxford companion to the mind'', Oxford University Press, 2004, S. 385; Heinz Brücher, Karl Astel: ''Ernst Haeckels Bluts- und Geisteserbe: eine kulturbiologische Monographie'', J. F. Lehmann, 1936, S. 9.</ref> Ernst Haeckel vertrat einen [[Monismus]] auf naturwissenschaftlicher Grundlage (''Entwicklungs-Monismus'') und gründete am 11. Januar 1906 den [[Deutscher Monistenbund|Deutschen Monistenbund]] in [[Wikipedia:Jena|Jena]].


{{Zitat|26 Und im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott gesandt in eine Stadt in Galiläa, die heißt Nazareth,
Haeckel trug durch seine populären Schriften sehr zur Verbreitung des [[Darwinismus]] in Deutschland bei. Darüber hinaus erarbeitete er eine ausführliche [[Embryologie|embryologische]] Argumentation für die Evolutionstheorie und formulierte in diesem Zusammenhang das [[Biogenetische Grundregel|biogenetische Grundgesetz]]. Er gilt als Wegbereiter der [[Eugenik|Eugenik und Rassenhygiene]], weil er fortschrittsoptimistisch von der Evolution eine Höherentwicklung und keine „Degeneration“ erwartete. Der Deutsche Monistenbund wurde wie auch andere [[Freidenker]]organisationen 1933 von den [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] verboten. Nationalsozialistische Ideologen zogen Ausschnitte seiner Aussagen später als Begründung für ihren [[Rassismus]] und [[Sozialdarwinismus]] heran, erklärten gleichzeitig aber wesentliche Teile von Haeckels Weltbild als unvereinbar mit der [[Wikipedia:Völkische Bewegung|völkisch]]-biologischen Sichtweise des Nationalsozialismus.<ref>R. J. Richards: ''The tragic sense of life: Ernst Haeckel and the struggle over evolutionary thought.'' The University of Chicago Press (2008) S. 446.</ref>
27 zu einer Jungfrau, die vertraut war einem Mann mit Namen Josef vom Hause David; und die Jungfrau hieß Maria.
28 Und der Engel kam zu ihr hinein und sprach: Sei gegrüßt, du Begnadete! Der Herr ist mit dir!
29 Sie aber erschrak über die Rede und dachte: Welch ein Gruß ist das?
30 Und der Engel sprach zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria, du hast Gnade bei Gott gefunden.
31 Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, und du sollst ihm den Namen Jesus geben.
32 Der wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden; und Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David geben,
33 und er wird König sein über das Haus Jakob in Ewigkeit, und sein Reich wird kein Ende haben.
34 Da sprach Maria zu dem Engel: Wie soll das zugehen, da ich doch von keinem Mann weiß?
35 Der Engel antwortete und sprach zu ihr: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, das geboren wird, Gottes Sohn genannt werden.
36 Und siehe, Elisabeth, deine Verwandte, ist auch schwanger mit einem Sohn, in ihrem Alter, und ist jetzt im sechsten Monat, von der man sagt, dass sie unfruchtbar sei.
37 Denn bei Gott ist kein Ding unmöglich.
38 Maria aber sprach: Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast. Und der Engel schied von ihr.|[[Lukas-Evangelium]]|{{BB|Luk|1|26-38}}}}


== Die Jungfrau Sophia ==
== Leben ==
[[Datei:ErnstHaeckel.jpg|miniatur|Ernst Haeckel]]
=== Kindheit und Jugend ===
Ernst Haeckel wurde 1834 als zweiter Sohn des Regierungsrates Philipp August Haeckel und seiner Frau Charlotte, geb. Sethe, die aus einer Juristenfamilie stammte, in Potsdam geboren. Ein Jahr nach Haeckels Geburt zog die Familie nach [[Wikipedia:Merseburg|Merseburg]], einer Regierungsbezirkshauptstadt in der [[Wikipedia:Provinz Sachsen|Provinz Sachsen]], wo er das örtliche Domgymnasium besuchte. Durch die naturwissenschaftlichen Interessen seines Vaters und die gezielte Förderung seines Lehrers Otto Gandters kam Haeckel früh mit den Schriften von [[Wikipedia:Matthias Jacob Schleiden|Matthias Jacob Schleiden]], [[Wikipedia:Alexander von Humboldt|Alexander von Humboldt]] und [[Charles Darwin]] in Kontakt. Einer autobiographischen Skizze zufolge war insbesondere die Reiseliteratur Humboldts und Darwins entscheidend für Haeckels spätere Berufswahl.<ref>''Biographische Notizen'', 3, Haeckel Papers, Haeckel-Haus, Jena</ref>


{{Hauptartikel|Jungfrau Sophia}}
=== Studium ===
Nach dem Abitur 1852 nahm Haeckel das Studium der Medizin in [[Wikipedia:Humboldt-Universität zu Berlin|Berlin]] auf, wechselte jedoch auf Drängen seines Vaters noch im gleichen Jahr an die [[Wikipedia:Julius-Maximilians-Universität Würzburg|Universität Würzburg]], deren medizinische Fakultät aufgrund der Professoren [[Wikipedia:Albert von Kölliker|Albert von Kölliker]], [[Wikipedia:Franz von Leydig|Franz von Leydig]] und [[Wikipedia:Rudolf Virchow|Rudolf Virchow]] einen hervorragenden Ruf besaß. Die von Virchow entworfene [[Wikipedia:Zellularpathologie|Zellularpathologie]] wurde zu einem entscheidenden Element in Haeckels Denken (eine persönliche Freundschaft entwickelte sich zwischen Haeckel und Virchow aber nie). In bewusster Abgrenzung zur [[Idealismus (Philosophie)|idealistischen]] [[Naturphilosophie]] erklärte Virchow, dass sich alle körperlichen Funktionen durch die Interaktion der Zellen erklären ließen. Diesen Ansatz fasste Haeckel als offensiv [[Materialismus|materialistisch]] auf, da er ohne die Annahme einer immateriellen [[Lebenskraft]] auskam und den Körper [[Mechanistisches Weltbild|mechanistisch]] durch seine Zusammensetzung erklärte. Haeckel war begeistert von Virchows empirischen Erklärungsansätzen, sah in ihnen jedoch zugleich eine Gefahr für seinen Glauben. In einem 1856 verfassten Brief an seine Tante Bertha erklärte Haeckel, dass man zwischen den Bereichen des Wissens und des Glaubens unterscheiden müsse, da auch die erfolgreichsten wissenschaftlichen Erklärungen an ihre Grenzen stießen. An dieser Grenze beginne der christliche Glaube.<ref> Ernst Haeckel: ''Briefe an die Eltern''. K. F. Koehler, Leipzig 1921, S. 177 f. </ref>


Im [[Christliche Esoterik|esoterischen Christentum]] wurde die Mutter Jesu stets als «[[Jungfrau Sophia]]» bezeichnet, so auch von [[Johannes (Evangelist)|Johannes]], dem Evangelisten; nur exoterisch nennt er sie die «Mutter des Jesus». Gemeint ist damit in der christlichen Esoterik der von niederen sinnlichen Begierden gereinigete (→ [[Katharsis]]) und zum [[Geistselbst]] erhöhte [[Astralleib]]. Dass die Jungfräulichkeit Marias nicht als äußeres Mirakel im leiblichen Sinn missverstanden werden darf, betont auch das der [[Valentinianer|valentinianischen]] [[Gnosis]] zuzurechnende [[Apokryphen|apokryphe]] [[Philippusevangelium]]:
=== Reise nach Italien ===
Nach dem Abschluss seines Medizinstudiums im März 1858 plante Haeckel die Habilitation bei dem Physiologen und Meeresbiologen [[Johannes Peter Müller|Johannes Müller]]. Der überraschende und von Haeckel als [[Wikipedia:Suizid|Suizid]] interpretierte Tod Müllers zwang Haeckel zur Änderung seiner Pläne. [[Wikipedia:Carl Gegenbaur|Carl Gegenbaur]], ein Freund aus Würzburg und neu berufener Professor in Jena, schlug Haeckel eine gemeinsame Italienfahrt vor, die gleichermaßen dem Ideal einer [[Wikipedia:Forschungsreise|Bildungsreise]] und der Vorbereitung der Habilitation dienen sollte. Haeckel sagte zu, musste jedoch letztlich ohne den erkrankten Gegenbaur aufbrechen. Der erste Teil seiner Reise gestaltete sich nicht besonders erfolgreich. Von der religiösen Kunst, den Prozessionen und dem Papsttum abgestoßen, schrieb Haeckel an seine Verlobte Anna Sethe, dass er bei einem längeren Aufenthalt in Rom sicherlich zum Heiden werde.<ref>Ernst Haeckel: Italienfahrt: Briefe an die Braut, K. F. Koehler, Leipzig 1921, S. 8.</ref> Auch der Aufenthalt am [[Wikipedia:Golf von Neapel|Golf von Neapel]] war zunächst von Rückschlägen bestimmt, und Haeckel wandte sich unter dem Einfluss [[Wikipedia:Hermann Allmers|Hermann Allmers]] der Kunst zu. Erst im November 1859 beschloss Haeckel, sich den [[Wikipedia:Strahlentierchen|Radiolarien]] zu widmen, einer Gruppe von einzelligen Tieren, an denen Johannes Müller unmittelbar vor seinem Tod gearbeitet hatte. In kurzer Zeit sammelte Haeckel 101 neue Arten.


{{Zitat|vor=|nach=|Einige sagten: „Maria ist vom heiligen Geist schwanger geworden.“ Sie sind im Irrtum. Sie wissen nicht, was sie sagen. Wann ist je eine Frau von einer Frau schwanger geworden? Maria ist die Jungfrau, die keine Macht befleckte. Sie ist ein großes Heiligtum für die Hebräer, das sind die Apostel und die Apostelschüler. Diese Jungfrau, die keine Macht befleckte, die Mächte befleckten sich selbst. Und der Herr hätte nicht gesagt: „Mein Vater, der im Himmel ist“, wenn er nicht noch einen anderen Vater gehabt hätte, sondern er hätte einfach gesagt: „Mein Vater!“|Philippusevangelium|Spruch 17}}
=== Professur, Reisen, politische Tätigkeit ===
1861 wurde Haeckel mit der Schrift ''De Rizopodum finibus et ordinibus'' habilitiert. 1862 hielt er die erste Vorlesung über die Entstehung der Arten. 1865 erhielt er die Ehrendoktorwürde in Philosophie und eine Professur für Zoologie in Jena, die damals zur Philosophischen Fakultät gehörte.


== Die zwei Jesusknaben und die beiden Marien-Gestalten ==
1866 bis 1867 unternahm Haeckel eine Reise zu den [[Wikipedia:Kanarische Inseln|Kanarischen Inseln]] und nahm dort an der winterlichen Erstbesteigung des [[Teide]] teil. In dieser Zeit traf Haeckel mit [[Charles Darwin]], [[Wikipedia:Thomas Huxley|Thomas Huxley]] und [[Wikipedia:Charles Lyell|Charles Lyell]] zusammen.


[[Rudolf Steiner]] hat darauf hingewiesen, dass um die Zeitenwende nicht nur ein, sondern [[Die zwei Jesusknaben|zwei Jesusknaben]] geboren wurden, der [[Nathanischer Jesus|nathanische Jesus]] und der [[Salomonischer Jesus|salomonische Jesus]]. Demgemäß gab es auch zwei Elternpaare. Nach Rudolf Steiner hießen die Eltern beider Jesusknaben Josef und Maria, was nicht ungewöhnlich ist, da diese Namen damals in [[Wikipedia:Palästina|Palästina]] weit verbreitet waren. Die Gestalt, die gemeinhin mit Maria identifiziert wird, ist die Mutter des nathanischen Jesusknaben, dessen Geburtsgeschichte im [[Lukas-Evangelium]] geschildert wird. Der nathanische Jesus stammte, wie aus dem Geschlechtsregister des Lukasevangeliums deutlich wird, aus der nathanischen Linie des Hauses [[Wikipedia:David (Israel)|David]]. Er stieg zur Zeitenwende zum allerersten Mal zu einer irdischen Geburt herab, hatte aber schon lange vorher in der [[Geistige Welt|geistigen Welt]] eine enge Beziehung zu dem [[Christus]] und bereitete mit diesem durch die [[Vorstufen zum Mysterium von Golgatha]] dessen irdische [[Inkarnation]] vor, die erst mit der [[Jordan-Taufe]] im 30. Lebensjahr des [[Jesus von Nazareth]] erfolgte. Die Geschichte des zweiten Jesusknaben, des salomonischen Jesus, der aus der [[salomon]]ischen Linie Davids abstammte, wird im [[Matthäus-Evangelium]] geschildert. Er war nach der Angabe Rudolf Steiners der wiedergeborene hohe persische [[Einweihung|Eingeweihte]] [[Zarathustra]].
Nach dem Tod seiner Frau Anna im Jahr 1864 heirateten 1867 Haeckel und Agnes Huschke, die Tochter des Anatomen, Zoologen und Embryologen [[Wikipedia:Emil Huschke|Emil Huschke]] (1797–1858). Aus dieser Ehe stammten drei Kinder: Der Sohn [[Wikipedia:Walter Haeckel|Walter]] wurde 1868, die Tochter Elisabeth 1871 und die Tochter Emma 1873 geboren.


{{GZ|Nehmen wir einmal die Tatsachen. Der Schreiber des Matthäus-
1869 reiste er nach [[Wikipedia:Norwegen|Norwegen]], 1871 nach [[Wikipedia:Dalmatien|Dalmatien]], 1873 nach [[Wikipedia:Ägypten|Ägypten]], in die [[Wikipedia:Türkei|Türkei]] und nach [[Wikipedia:Griechenland|Griechenland]].
Evangeliums schildert, daß vorherverkündet wird die Geburt des
Schöpfers des Christentums, daß diese Geburt erfolgt, daß Magier
kommen aus dem Morgenlande, die den Stern wahrgenommen haben,
daß der Stern sie geführt hat an die Stätte, wo der Erlöser geboren
wird. Er schildert ferner, daß Herodes dadurch aufmerksam gemacht
wird und daß, um zu entgehen der Maßnahme des Herodes, die in dem
bethlehemitischen Kindermord besteht, das Elternpaar des Erlösers mit
dem Kinde nach Ägypten flieht. Als Herodes tot ist, wird Joseph, dem
Vater des Jesus, angezeigt, daß er wieder zurückkehren kann, und er
kehrt nun aus Furcht vor dem Nachfolger des Herodes nicht zurück
nach Bethlehem, sondern er geht nach Nazareth. - Ich will heute noch
absehen von der Ankündigung des Täufers. Ich will aber schon darauf
aufmerksam machen, daß, wenn wir das Lukas-Evangelium und das
Matthäus-Evangelium miteinander vergleichen, in den beiden Evangelien
die Vorverkündigung des Jesus von Nazareth ganz verschieden
erfolgt: das eine Mal erfolgt sie dem Joseph, das andere Mal der Maria.
Wir sehen dann aus dem Lukas-Evangelium, wie die Eltern des Jesus
von Nazareth ursprünglich in Nazareth wohnen und dann bei einer
Gelegenheit nach Bethlehem gehen, nämlich zur Zählung. Während sie
dort sind, wird der Jesus geboren. Dann erfolgt nach acht Tagen die
Beschneidung - nichts von einer Flucht nach Ägypten - ; und nach
einiger Zeit, die nicht weit danach liegt, wird das Kind dargestellt im
Tempel. Wir sehen, daß das Opfer dargebracht wird, das üblich ist, und
daß danach die Eltern mit dem Kinde nach Nazareth zurückziehen
und dort leben. Und dann wird uns ein merkwürdiger Zug erzählt, der
Zug, wie der zwölfjährige Jesus bei einem Besuch, den seine Eltern in
Jerusalem gemacht haben, im Tempel zurückbleibt, wie sie ihn suchen,
wie sie ihn dann wiederfinden im Tempel zwischen denen, welche die
Schrift auslegen, wie er ihnen da entgegentritt als ein Kundiger in der
Schriftauslegung, wie er sich verständig und weise im Kreise der Schriftgelehrten
ausnimmt. Dann wird erzählt, wie sie das Kind wiederum
mit nach Hause nehmen, wie es heranwächst; und wir hören nichts
Besonderes mehr von ihm bis zur Johannes-Taufe.


Da haben wir zwei Geschichten des Jesus von Nazareth vor der
Von 1876 an war Haeckel [[Wikipedia:Prorektor|Prorektor]] der [[Wikipedia:Universität Jena|Universität Jena]] und unternahm Vortragsreisen durch Deutschland.
Aufnahme des Christus.|114|27f}}
Bis 1879 folgten mehrere Reisen nach England und Schottland, in deren Verlauf es zu weiteren Begegnungen mit [[Charles Darwin]] kam, sowie eine Reise nach [[Wikipedia:Korfu|Korfu]].


{{GGZ|So sehen wir zwei Jesuskinder heranwachsen, einmal den Sohn des
Von 1881 bis 1882 bereiste Haeckel erstmals die Tropen, unter anderem auch die Insel [[Wikipedia:Sri Lanka|Ceylon]].
nathanischen Elternpaares Joseph und Maria, und wir sehen diesen
[[Datei:Ernst Haeckel, Arbeitszimmer.jpg|miniatur|Das Arbeitszimmer in der Villa Medusa, Jena, 2007]]
Sohn geboren werden von einer jungen Mutter - im Hebräischen würde
1882 war Haeckel am Bau der Villa Medusa und der Einrichtung des Zoologischen Institutes der Universität Jena beteiligt, deren Prorektor er 1884 erneut wurde.
man das Wort Alma dafür gebraucht haben - ; denn das, was als eine
1887 reiste Haeckel nach [[Wikipedia:Palästina (Region)|Palästina]], [[Wikipedia:Syrien|Syrien]] und [[Wikipedia:Kleinasien|Kleinasien]], 1890 nach [[Wikipedia:Algerien|Algerien]], 1897 durch Süd[[Wikipedia:finnland|finnland]] und [[Wikipedia:Russland|Russland]], 1899 nach [[Wikipedia:Korsika|Korsika]] und 1900 zum zweiten Mal in die [[Wikipedia:Tropen|Tropen]]. In dieser Zeit begann auch seine Freundschaft mit [[Wikipedia:Frida von Uslar-Gleichen|Frida von Uslar-Gleichen]] (1864–1903).
junge Seele wirken sollte, mußte von einer ganz jungen Mutter geboren
werden. Mit diesem Sohne wohnte das Elternpaar nach der Rückkehr
aus Bethlehem wieder in Nazareth. Sie hatten keine anderen
Kinder. Es war der Mutter aufgespart, einzig und allein die Mutter
dieses Jesus zu sein.- Dann haben wir den Jesus des Elternpaares Joseph
und Maria aus der salomonischen Linie. Nachdem dieses Elternpaar aus
Ägypten zurückgekehrt und nach Nazareth übergesiedelt war, bekam
es noch eine Reihe von Kindern, die Sie im Markus-Evangelium angeführt
finden: Simon, Judas, Joses, Jakobus und auch zwei Schwestern
{{Bibel|Mk|6|3|LUT}}. — Die beiden Jesuskinder wachsen heran. Das Kind,
welches die Zarathustra-Individualität in sich birgt, entwickelt nach
und nach mit einer ungeheuer schnellen Reifung diejenigen Kräfte,
die es entwickeln muß, wenn eine so mächtige Individualität in dem
Körper tätig ist. Die Individualität, die in dem Körper des anderen
Jesus tätig ist, ist von anderer Art. Das Wichtigste ist ja an ihr der
Nirmanakaya des Buddha. Das ist etwas, was auf diesem Kinde ruht.
Daher wird uns auch gesagt, als die Eltern von Jerusalem zurückkommen:
Das Kind ist voll Weisheit - das heißt, in seinem Ätherleibe
ist es durchströmt von Weisheit - , und die Gnade des Gottes ist über
ihm {{Bibel|Lk|2|40|LUT}}. Aber es wuchs so heran, daß es die gewöhnlichen
menschlichen Eigenschaften, die sich auf Verstehen und Erkennen in
der äußeren Welt beziehen, außerordentlich langsam entwickelte. Der
triviale Mensch würde gerade dieses Jesuskind ein «verhältnismäßig zurückgebliebenes Kind» genannt haben, wenn er nur auf das gesehen
hätte, was Kräfte zum Verstehen und Begreifen der äußeren Welt
sind. Dafür aber entwickelte sich gerade in diesem Kinde das, was herunterströmte
aus dem es beschattenden [[Nirmanakaya]] des [[Buddha]]. Es
entwickelte eine Tiefe der Innerlichkeit, die sich mit nichts an Innerlichkeit
in der Welt vergleichen läßt. Es entwickelte sich eine Gefühlstiefe
in dem Knaben, die auf die ganze Umgebung in außerordentlicher
Art wirkte. — So sehen wir eine gefühlstiefe Wesenheit in dem nathanischen
Jesus heranwachsen, und wir sehen eine Individualität mit
einer ungeheuren Reife, mit einem tiefen Weltverständnis in dem salomonischen
Jesus heranwachsen.


Nun war der Mutter des nathanischen Jesus, jenes gefühlstiefen
Haeckel betätigte sich auch politisch: So war er Mitglied des [[Wikipedia:Alldeutscher Verband|Alldeutschen Verbandes]] und wurde 1905 Ehrenmitglied der [[Wikipedia:Gesellschaft für Rassenhygiene|Gesellschaft für Rassenhygiene]], ebenso war er ab 1889 Ehrenmitglied des [[Studentenverbindung|korporativen]] „Medizinischen Vereins“ der Universität Jena (heute [[Wikipedia:Landsmannschaft Rhenania zu Jena und Marburg|Landsmannschaft Rhenania zu Jena und Marburg]]).<ref>CC-Blätter 1/2007, S. 23.</ref>
Kindes, Bedeutsames gesagt worden. Schon als Simeon dem neugeborenen
Kinde gegenüberstand und es überstrahlt sah von dem, den er
einst in Indien als Buddha noch nicht hatte sehen können, da sagte er
voraus das Große und Gewaltige, was sich jetzt vollziehen sollte; aber
er sagte auch die großen, bedeutungsvollen Worte von dem «Schwert,das der Mutter durch das Herz gehen» sollte (Lukas 2, 35). Auch dieses
Wort bezieht sich auf etwas, was wir heute noch verstehen lernen
wollen.


In unmittelbarer Nachbarschaft und unter den freundschaftlichen
Um seine monistische Weltanschauung zu verbreiten, gründete Haeckel 1906 den Monistenbund am Jenaer Zoologischen Institut. Daneben setzte er sich stark für den Pazifismus ein, etwa indem er 1910 zusammen mit anderen bedeutenden Persönlichkeiten wie [[Wikipedia:Friedrich Naumann|Friedrich Naumann]] und [[Max Weber]] einen in deutschen Zeitungen veröffentlichten „Aufruf zur Begründung eines [[Wikipedia:Verband für internationale Verständigung|Verbandes für internationale Verständigung]]“ unterzeichnete, der Abkommen mit anderen Nationen fördern sollte, um den Weltfrieden zu garantieren.<ref>Roger Chickering: ''A Voice of Moderation in Imperial Germany: The "Verband für internationale Verständigung" 1911–1914.'' In: ''Journal of Contemporary History.'' Vol. 8, No. 1 (1973), S. 147–164.</ref><ref>Siehe auch Bundesarchiv Koblenz. Nachlass Hans Wehberg, „Aufruf zur Begründung eines Verbandes für internationale Verständigung“.</ref>
Beziehungen der Eltern wuchsen die beiden Kinder heran und entwickelten
sich beide ungefähr bis zu ihrem zwölften Jahre. Als das
zwölfte Jahr des nathanischen Jesus herankam, begaben sich dessen
Eltern nach Jerusalem, wie gesagt wird, der Sitte gemäß, um an dem
Osterfeste teilzunehmen, und sie nahmen das Kind mit, wie es gebräuchlich
war, wenn die Kinder reif wurden. Nun findet sich im
Lukas-Evangelium in außerordentlich geheimnisvoller Weise eine Erzählung
von dem zwölfjährigen Jesus im Tempel. Es heißt da: Als sich
die Eltern wieder zurückbegaben von dem Fest, vermißten sie plötzlich
den Knaben, und als sie ihn nirgends unter der Reisegesellschaft
fanden, da begaben sie sich wieder zurück und fanden ihn im Tempel
mitten unter den großen Lehrern, alle erstaunend durch seine Weisheit
{{Bibel|Lk|2|41-50|LUT}}.


Was war da geschehen? Fragen wir darüber die unvergängliche
1907 unternahm der Forscher seine letzte große Reise nach [[Wikipedia:Schweden|Schweden]]. 1908 stiftete Haeckel das [[Wikipedia:Phyletisches Museum|Phyletische Museum]] in Jena.
Akasha-Chronik. Die Tatsachen der Welt sind nicht so ganz einfach.
Was hier geschehen war, das geschieht in anderer Weise auch sonst in
der Welt. Es kommt vor, daß eine Individualität auf einer gewissen
Entwickelungsstufe andere Bedingungen braucht, als sie ihr von Anfang
an gegeben wurden. Daher kommt es immer wieder vor, daß ein
Mensch bis zu einem gewissen Lebensalter heranwächst - und dann auf
einmal in Ohnmacht fällt und wie tot ist. Da geht dann eine Umwandlung
vor sich: es verläßt ihn sein eigenes Ich, und ein anderes Ich
nimmt in seiner Körperlichkeit Platz. Eine solche Umlagerung des Ich
findet auch in anderen Fällen statt; das ist eine Erscheinung, die jeder
Okkultist kennt. Hier, bei dem zwölfjährigen Jesus war folgendes
geschehen: Jene Ichheit, die bis dahin als Zarathustra-Ichheit den Körper
des Jesus aus der königlichen Linie des davidischen Geschlechtes
gebrauchte, um auf die Höhe seiner Zeit zu kommen, drang aus dem
Körper des salomonischen Jesusknaben heraus und übertrug sich auf
den nathanischen Jesus, der daher wie ein Verwandelter erschien. Die
Eltern erkannten ihn nicht wieder, sie verstanden seine Worte nicht.
Denn jetzt sprach aus dem nathanischen Jesus das Zarathustra-Ich,
das sich auf ihn übertragen hatte. Das war der Zeitpunkt, als der
Nirmanakaya des Buddha sich mit dem ausgeschiedenen astraüschen
Mutterleibe vereinigte, und das war auch der Zeitpunkt, da sich das
Zarathustra-Ich mit dem nathanischen Jesus vereinigte. Jetzt lebte das
Zarathustra-Ich in dem nathanischen Jesus. Und dieses Kind, das so
verwandelt war, daß es die Eltern nicht verstehen konnten, das nahmen
sie jetzt mit nach Hause.


In nicht zu ferner Zeit starb dann die Mutter dieses Jesuskindes, so
1909 endete Haeckels [[Wikipedia:Professur|Lehrtätigkeit]], 1910 trat er aus der [[Wikipedia:Evangelische Kirche|evangelischen Kirche]] aus.
daß dieses Kind, in dem das Zarathustra-Ich jetzt wohnte, von mütterlicher
Seine Frau Agnes starb 1915. Haeckels Gebrechlichkeit nahm in dieser Zeit erheblich zu ([[Wikipedia:Schenkelhalsfraktur|Oberschenkelhalsbruch]], Armbruch).
Seite her verwaist war. Wir werden sehen, daß die Tatsache, daß
1918 verkaufte er die Villa Medusa an die [[Wikipedia:Carl-Zeiss-Stiftung|Carl-Zeiss-Stiftung]].
diese Mutter starb und das Kind verwaist zurückließ, noch auf einen
Ernst Haeckel starb am 9. August 1919.
besonders tiefen Zusammenhang hinweist. - Auch das andere Kind
konnte nicht unter gewöhnlichen Verhältnissen fortleben, als das Zarathustra-
Ich es verlassen hatte. Der Joseph aus der salomonischen Linie
war schon früher gestorben, und die Mutter des salomonischen Jesuskindes
mit ihren Kindern, dem Jakobus, Joses, Judas, Simon und den
beiden Töchtern, wurde in dem Hause des nathanischen Joseph aufgenommen,
so daß also der Zarathustra jetzt wieder zusammenlebte
mit derjenigen Familie, in die er sich hineininkarniert hatte, bis auf den
Vater. Auf diese Weise haben sich die beiden Familien in eine zusammengesetzt,
und so lebt denn die Mutter der Geschwister - wir können
sie Geschwister nennen, denn nach dem Ich hin sind sie Geschwister -
in dem Hause des nathanischen Joseph mit dem Jesus, der aber seiner
Vaterstadt nach, leiblich, in Nazareth heimisch war. So lebte er mit
ihnen zusammen.


So sehen wir im Konkreten den Zusammenfluß des Buddhismus und
== Haeckel als populärer Forscher ==
des Zarathustrismus.|114|108ff}}
[[Datei:Haeckel1866 Deckblatt.jpg|miniatur|hohchkant=0.8|''Generelle Morphologie der Organismen'' (Berlin 1866): In diesem Werk definierte Haeckel den Begriff ''[[Ökologie]]'']]
Haeckels Ideen sind für die Geschichte der [[synthetische Evolutionstheorie|Evolutionstheorie]] von großer Bedeutung. Er definierte unter anderem den Begriff ''[[Ökologie]]'' und erwies seine Kompetenz als Anatom. Haeckel beschrieb Hunderte von neuen Arten. Inspiriert durch den Linguisten [[August Schleicher]], mit dem er in Jena eng befreundet war, führte er [[Stammbaum|Stammbäume]] zur Darstellung des historischen Verlaufes der Evolution in die Biologie ein. Diese Idee gilt heute als überholt; stattdessen verwenden aktuelle Systematiken [[Kladistik|Kladogramme]] und [[Kladistik|Phylogramme]]. Haeckel postulierte zudem erstmals den gemeinsamen Ursprung aller Organismen, wobei er allerdings die Abstammung aus dem Bereich dreier Gruppen für wahrscheinlicher hielt. Die meisten dieser Überlegungen sind mittlerweile jedoch wissenschaftlich falsifiziert.


=== Das Gespräch mit der Stiefmutter vor der Jordan-Taufe ===
== Die Hauptwerke ==
[[Datei:Haeckel Stephoidea.jpg|miniatur|rechts|Radiolarien ([[Strahlentierchen]]): Bildtafel Nr. 71 aus ''Kunstformen der Natur'', 1899]]
[[Datei:Haeckel Discomedusae 8.jpg|miniatur|links|Discomedusae: Bildtafel Nr. 8 aus ''Kunstformen der Natur'', 1899]]
Haeckels Werke, die seinen Ruf in der Fachwelt begründeten, sind grundlegende [[Meeresbiologie|meeresbiologische]] Monographien über [[Strahlentierchen|Radiolarien]] (1862, 1887), [[Kalkschwämme]] (1872), [[Medusen]] (1879–1880) und [[Staatsquallen]] (1869, 1888). Diese Arbeiten brachten ihm letztlich die Berufung zum Professor, später zum ersten [[Lehrstuhl|Ordinarius]] für [[Zoologie]] in Jena ein. Bei der Beschreibung der von der britischen [[Challenger-Expedition]] gesammelten Radiolarien benannte Haeckel über 3500 neue Arten. Sein Teil des Challenger-Reports umfasst drei Bände mit 2750 Druckseiten und 140 detaillierten Bildtafeln. Haeckel war nicht nur ein hervorragender Forscher, sondern auch ein begnadeter Zeichner, wie sämtliche aus seiner Hand stammenden Darstellungen und Bildtafeln auch heute noch durch ihre Naturtreue und Plastizität eindrucksvoll belegen. Diese besitzen aufgrund ihrer Materialfülle auch heute noch wissenschaftlichen Wert.


Die vier [[Evangelium|Evangelien]] geben keine Auskunft über die Zeit zwischen dem 12. und dem 30. Lebensjahr des [[Jesus von Nazareth]]. [[Rudolf Steiner]] berichtet darüber in seinen Vorträgen über das sog. [[Fünftes Evangelium|Fünfte Evangelium]].
Nach 1859 nahm Haeckel die Gedanken von Darwins ''[[Entstehung der Arten]]'' auf. Haeckels ''Generelle Morphologie'' (1866) ist ein epochales Werk, das den Beginn zahlreicher noch folgender Synthesen verschiedener Teilgebiete der Biologie im Rahmen der [[synthetische Evolutionstheorie|Evolutionstheorie]] markiert. Nach der ''Generellen Morphologie'' begann Haeckel, gemeinverständliche, also an Laien gerichtete Bücher – oft verschriftlichte Vortragsreihen – zu publizieren. Diese gingen vom Gedanken der Abstammungslehre aus und thematisierten sowohl wissenschaftliche als auch philosophische Aspekte, die sich in einer monistischen Weltanschauung verdichten. Auflagenstärkstes Buch wurde der Weltbestseller ''Die Welträthsel'' von 1899.


Kurz vor der [[Jordan-Taufe]] führte Jesus demnach ein intimes Gespräch mit seiner Stiefmutter leiblicherseits, in der er ihr erstmals von all den Zweifeln sprach, die in seiner Seele lebten und wie all die alte überlieferte Weisheit das Elend der Menschen nicht lindern könnte. Er wusste noch nicht genau, dass er die Zarathustra-Seele in sich trug, aber die alte Zarathustra-Lehre, die Zarathustra-Weisheit, der alte Zarathustra-Impuls stiegen während des Gespräches in ihm auf. Von all seinen Erlebnissen sprach er zu seiner Stiefmutter, von den Irrtümern der [[Schriftgelehrte]]n und von der Stimme der [[Bath-Kol]], die er vernommen hatte. Und merkwürdig ruhig hörte sie ihm zu, wie er von der Wertlosigkeit all dessen sprach, was ihr das Heiligste war, aber sie war eben von tiefster Liebe zu ihm erfüllt. Auch von seinen Erlebnissen bei den [[Essäer]]n erzählte er, insbesondere davon, wie er [[Luzifer]] und [[Ahriman]] vom Tor des Essäertempels hatte fliehen sehen und plötzlich verstand er, was das zu bedeuten hatte:
Um 1900 endete Haeckels wissenschaftliche Arbeit; danach popularisierte er im Grunde nur noch seine eigenen Gedanken. Es erschienen Reiseberichte und ein Band mit Aquarellen. Den wichtigsten Überblick über Haeckels populäre Schriften bietet eine posthum erschienene sechsbändige Ausgabe der ''Gemeinverständlichen Werke''.


{{GZ|Als ich einstmals nach einem intimen, wichtigsten Gespräch mit den Essäern wegging, da sah ich am Haupttore, wie Luzifer und Ahriman davonliefen. Seit jener Zeit, liebe Mutter, weiß ich, daß die Essäer durch ihre Lebensweise, durch ihre Geheimlehre sich selber vor ihnen schützen, so daß Luzifer und Ahriman vor ihren Toren fliehen müssen. Aber sie schicken dadurch Luzifer und Ahriman weg von sich zu den anderen Menschen hin. Die Essäer werden glücklich in ihren Seelen auf Kosten der anderen Menschen; sie werden glücklich, weil sie sich selber vor Luzifer und Ahriman retten!|148|83}}
=== Natürliche Schöpfungsgeschichte (1868) ===
[[Datei:Erstausgaben für Wikipedia I 135.jpg|miniatur|400px|Erstdruck]]
Mit der ''Natürlichen Schöpfungsgeschichte'' (1868) unternahm Haeckel den ersten Versuch, seine in der ''Generellen Morphologie'' entwickelten Gedanken auch für Laien verständlich zusammenzufassen. Trotz der großen Mängel, die Haeckel später bemerkte, erlebte die ''Natürliche Schöpfungsgeschichte'' bis zur Publikation der ''Welträthsel'' (1899) neun Auflagen und wurde in zwölf Sprachen übersetzt. Die ''Welträthsel'' und die ''Lebenswunder'' (1904) setzten diese Linie fort, überschritten jedoch zunehmend den Rahmen der Deutung biologischer Tatsachen im Kontext der Evolutionstheorie.


Tief erschüttert war die Mutter von diesen Worten des Jesus, in denen seine ganze Seele, sein ganzes Ich lag. Sein ganzer Schmerz ergoss sich in die Seele der Mutter und sie fühlte sich wie eins mit ihm. Jesus aber fühlte, als ob alles, was seit seinem zwölften Jahre in ihm lebte, fortgegangen wäre während dieses Gespräches. Wie außer sich fühlte er sich, wie wenn sein Ich weggegangen wäre. Die Mutter aber fühlte, wie wenn sich ein neues Ich in sie hineinversenkt hätte; sie war eine neue Persönlichkeit geworden. Eine bedeutsame Verwandlung begann sich mit dem Jesus zu vollziehen und ebenso mit seiner Mutter.
Unter anderem spekulierte er in diesem Werk über den Erdteil, in dem sich der Mensch entwickelt hatte. Haeckel ging davon aus, dass „die meisten Anzeichen auf das südliche Asien“ hindeuteten, räumte aber zugleich ein: „Vielleicht war aber auch das östliche Afrika der Ort, an welchem zuerst die Entstehung des Urmenschen aus den menschenähnlichen Affen erfolgte; vielleicht auch ein jetzt unter den Spiegel des indischen Oceans versunkener Kontinent [→ „[[Lemuria]]“], welcher sich im Süden des jetzigen Asiens einerseits östlich bis nach den Sunda-Inseln, andrerseits westlich bis nach Madagaskar und Afrika erstreckte.“ Den hypothetischen Urmenschen nannte Haeckel „[[Archaischer Homo sapiens|''Homo primigenius'']] oder ''Pithecanthropus primigenius''“.<ref>Ernst Haeckel: ''Natürliche Schöpfungsgeschichte. Gemeinverständliche wissenschaftliche Vorträge über die Entwickelungslehre im Allgemeinen und diejenige von Darwin, Goethe und Lamarck im Besonderen, über die Anwendung derselben auf den Ursprung des Menschen und andere damit zusammenhängende Grundfragen der Naturwissenschaft. '' Georg Reimer, Berlin 1868, Kapitel 19 ({{Biolib|1=haeckel/natuerliche/kapitel_19.html|2=Volltext}})</ref>


{{GGZ|Je mehr er davon sprach, desto mehr wurde die Mutter voll von all der Weisheit, die in ihm lebte. Und alle die Erlebnisse, die seit seinem zwölften Jahre in ihm gelebt hatten, sie lebten jetzt auf in der Seele der liebenden Mutter! Aber von ihm waren sie wie hingeschwunden; er hatte gleichsam in die Seele, in das Herz der Mutter dasjenige hineingelegt, was er selber erlebt hatte seit seinem zwölften Jahre. Dadurch wandelte sich die Seele der Mutter um.|148|84}}
=== Anthropogenie (1874) ===
[[Datei:Pedigree of man (Haeckel 1874).jpg|miniatur|links|Stammbaum des Menschen nach Haeckel (1874)]]
Haeckel wendet in seiner Schrift ''Anthropogenie'' (1874, rund 730 Seiten) die in der ''Generellen Morphologie'' entwickelten Methoden auf den [[Mensch]]en an. Nach einer historischen Einleitung in die Geschichte der Evolutionstheorien untersucht er die [[Ontogenese|Keimesgeschichte]] des Menschen, indem er die [[Eizelle]], [[Befruchtung]], die Anlage der [[Keimblatt|Keimblätter]] und des [[Blutkreislauf]]es im Sinne der [[Ontogenese]] darstellt. Der dritte Abschnitt umfasst die Stammesgeschichte oder [[Phylogenie]]. Hier stellt Haeckel zunächst einfache Wirbeltiere vor, dann verschiedene Stufen der Ahnenreihe des Menschen:


Tagelang ging nun der Jesus wie traumverloren, wie von Sinnen im Haus herum, so dass seine Brüder schon meinten, er hätte den Verstand verloren. Dann ging er, wie von einer inneren Notwendigkeit getrieben, zum Jordan hin, wo Johannes seine Jünger taufte. Und mit der Jordan-Taufe geschah es nun, dass sich die Christus-Wesenheit in ihn herabsenkte.
: I. vom Moner zur Gastraea,<ref>vgl. [[s:Ernst Haeckel’s Gasträa-Theorie|Ernst Haeckel’s Gasträa-Theorie]]</ref>
: II. vom Urwurm bis zum Schädelthier,
: III. vom Urfisch bis zum Amnionthier (Gruppe aus Reptilien, Vögeln und Säugern) und
: IV. vom [[Kloakentiere|Ursäuger]] bis zum [[Affen]].


{{GGZ|Seit jenem Gespräche mit seiner Mutter war gewichen das Ich des Zarathustra und dasjenige, was vorher gewesen war, was er bis zum zwölften Jahre war, das war wiederum da, nur gewachsen, noch größer geworden. Und hinein in diesen Leib, der jetzt nur in sich trug die unendliche Tiefe des Gemütes, das Gefühl des Offenseins für unendliche Weiten, senkte sich der Christus. Der Jesus war jetzt durchdrungen vom Christus; die Mutter aber hatte auch ein neues Ich, das sich in sie hineinversenkt hatte, erlangt; sie war eine neue Persönlichkeit geworden.|148|84}}
Der vierte Abschnitt behandelt die Entwicklungsgeschichte einzelner Organsysteme: [[Haut]]decke und [[Nervensystem]], [[Sinnesorgan]]e, Bewegungsorgane, [[Darm]]system, Gefäßsystem und [[Urogenitalsystem]]. Es folgt ein zusammenfassendes Kapitel, in welchem Haeckel die dualistische Auffassung, besonders den [[Kreationismus|Schöpfungsglauben]] und die Auffassung von einer von den Hirnfunktionen unabhängigen [[Seele]], für widerlegt erklärt und seinen [[Monismus]] in kurzen Zügen umreißt. (Nahezu zeitgleich zu Haeckels Buch erschien Darwins Schrift ''[[Wikipedia:Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl|Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl]]'', die sich methodisch allerdings völlig anders ausrichtete.)


=== Die geistige Vereinigung der beiden Marien ===
{{GZ|Studieren Sie heute, indem Sie von
dem hier gemeinten rosenkreuzerischen Initiationsprinzip berührt
worden sind, den Haeckelismus mit all seinem Materialismus, studieren
Sie ihn, und lassen Sie sich durchdringen von dem, was Erkenntnismethoden
sind nach «[[Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?]]»: Was Sie in Haeckels «Anthropogenie» über die
menschlichen Vorfahren in einer Sie vielleicht abstoßenden Weise
lernen, lernen Sie es in dieser abstoßenden Weise, lernen Sie alles
dasjenige darüber, was man durch äußere Naturwissenschaft lernen
kann, und tragen Sie das dann den Göttern entgegen, und Sie bekommen
dasjenige, was in meinem Buche «[[Geheimwissenschaft]]»
über die Evolution erzählt ist.|233a|89f}}


Da zeigt nun die okkulte Forschung eine weitere bedeutsame Tatsache, welche die Mutter betrifft und die sich zugleich mit der Jordan-Taufe abspielte und die Verwandlung der Mutter zur Vollendung brachte. Sie war damals fünfundvierzig oder sechsundvierzig Jahre alt, da fühlte sie sich in ihrer Seele durchdrungen von dem Ich der Mutter des nathanischen Jesus, die schon früh gestorben war, so wie sich zugleich der Jesus von dem Christus durchdrungen fühlte. Sie fühlte sich seitdem ganz so wie jene junge Mutter, die einstmals den Lukas-Jesusknaben geboren hatte. Es war wie eine Wiedergeburt zur [[Jungfräulichkeit]], zu einer [[begierde]]losen Reinheit der [[Seele]].
=== Die Welträthsel (1899)===
Im Gegensatz zu den vorherigen Schriften mit rein naturwissenschaftlichem Fokus bietet Haeckel mit seinem gemeinverständlichen Werk Die Welträthsel neben der breit angelegten Darstellung des zeitgenössischen Forschungssstandes in vielen Einzelwissenschaften eine philosophisch-weltanschauliche Deutung desselben.  In vier Kapiteln behandelt er die Gegenstände Mensch, Seele, Welt und Gott. Das Buch ist in insgesamt 20 Unterkapitel gegliedert, welche die vier Hauptteile in analoger Weise strukturieren. Dabei erscheinen Hierarchie, Deszendenz und die evolutionäre Entwicklung als Strukturprinzipien der einzelnen Kapitel.  


{{GZ|In  demselben
Der erste Teil beginnt mit einer Reflexion auf Wissenschafts – und Gesellschaftstrends. Gegenüber Missständen in der Wissenskultur und der Gesellschaft plädiert er für einen philosophischen Monismus als zu favorisierender Weltanschauung. Im weiteren Verlauf wird eine anatomische, physiologische, ontogenetische und phylogenetische Bestimmung des Menschen vorgenommen.
Augenblicke,  als diese Taufe im Jordan geschah, fühlte auch die Mutter  etwas  wie  das  Ende  ihrer  Verwandlung. Sie  fühlte  -  sie  war  damals  im  fünfundvierzigsten, sechsundvierzigsten  Lebensjahre  -, sie
Der zweite Teil bietet eine Betrachtung der Seele sowie eine Darstellung psychologischer Methoden und Konzepte. Gegenüber der etablierten Dualistischen Psychologie positioniert er sich aufseiten des psychologischen Monismus und stellt die Vergleichende Psychologie als überlegenen methodischen Ansatz vor. Dann folgt eine Bestimmung einzelner Seelenfunktionen und des Bewusstseins und ein Vergleich von Mensch – und Tierseele. Grundsätzlich verfolgt er eine reduktionistische Interpretation der Seele.
fühlte  sich mit  einem  Male  wie  durchdrungen  von der Seele jener
Im dritten Teil beschreibt Haeckel zunächst das Substanzgesetz als monistisches Erklärungsmodell gegenüber dualistischen Theorien von Materie und Geist. Der gesamte Kosmos bestehe aus einer Substanz, welche sich aus Masse und Äther zusammensetzen, die alle in den Naturwissenschaften beobachtbaren Phänomene verursache. Seiner Auffassung zufolge ist der Kosmos unendlich und hat keinen Anfang. Gegenüber dem Kantschen Idealismus vertritt er die vom Beobachter unabhängige Realität von Raum und Zeit. Gemäß dem Darwinschen Evolutionsparadigma vertritt er die Meinung, dass teleologische Prozesse die biologische Materie konfigurieren.
Mutter, welche die Mutter  des  Jesusknaben war, der in  seinem  zwölften  Jahre  das  Zarathustra-Ich  empfangen  hatte,  und die gestorben
Der vierte Teil handelt von seinem modifizierten Religionskonzept. Aus der Evaluierung der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse folge der Pantheismus als überzeugende religiöse Anschauung. Die moderne Religiosität sei naturalistisch und ethische Werte wie Altruismus aus biologischen Erkenntnissen ableitbar.
war. So  wie  der  Christus-Geist  auf Jesus  von Nazareth herabgekommen war,  so war der Geist der anderen Mutter,  die mittlerweile in der
geistigen  Welt  weilte, herniedergekommen  auf  die Ziehmutter,  mit
der Jesus  jenes  Gespräch hatte. Sie fühlte sich seitdem wie jene junge
Mutter,  die  einstmals  den Lukas-Jesusknaben geboren hatte.|148|85}}


== Siehe auch ==
Das Werk wird in die Gattung der Weltanschauungsliteratur eingeordnet. Es zeichnet sich dadurch aus, dass separate Wissenschaftsbereiche durch komplexe Darstellungsformen zu einer einheitlichen Wirklichkeitsdeutung zusammengeführt werden. In dieser Gattung werden Weltanschauungen literarisch vermittelt, weswegen das textliche Ich zur Rechtfertigungsinstanz wird. Durch Strukturierungsverfahren, rhetorische Mittel und exzessiven Gebrauch von Fachtermini gelingt es Haeckel den teilweise spekulativen Charakter seines Werkes zu verschleiern und Wissenschaftlichkeit zu suggerieren.


* [[Unbefleckte Empfängnis]]
== Wissenschaftliche und weltanschauliche Positionen ==
* [[Jungfräuliche Geburt]]
[[Datei:Haeckel Actiniae.jpg|miniatur|links|[[Seeanemonen]]: Bildtafel Nr. 49 aus ''Kunstformen der Natur'', 1899]]
* [[Immerwährende Jungfräulichkeit Marias]]
[[Datei:Haeckel Ascidiae.jpg|miniatur|rechts|[[Seescheiden|Ascidiacea]]: Bildtafel Nr. 85 aus ''Kunstformen der Natur'', 1904]]
 
=== Kunst und Natur ===
Haeckel sah die Biologie in vielem mit der [[Kunst]] verwandt. Seine künstlerische Begabung wurde durch [[Symmetrie (Geometrie)|Symmetrien]] in der Natur stark angesprochen, unter anderem der von [[Einzeller]]n wie den [[Radiolarien]]. Besondere Berühmtheit erlangten seine Abbildungen von [[Plankton]]organismen und [[Quallen]], die die biologische Welt in eindrucksvoller Schönheit darstellten. Dies war schon in seinen wissenschaftlichen Monographien der Fall, besonders aber seine populären ''[[Kunstformen der Natur]]'', die er von 1899 bis 1904 in mehreren Heften veröffentlichte, gehörten – wie [[Alfred Edmund Brehm|Brehms]] [[Brehms Tierleben|Tierleben]] – in den Haushalt eines jeden Bildungsbürgers.
Seine Darstellungen beeinflussten die Kunst des beginnenden 20. Jahrhunderts. So beruhen die Glaslüster im Ozeanischen Museum [[Monaco]] von [[Constant Roux]] ebenso auf Vorlagen Haeckels wie das monumentale Tor des französischen Architekten [[René Binet]] auf der [[Pariser Weltausstellung]] 1900. Binets von Haeckel inspiriertes Tafelwerk ''Esquisses décoratives'' wurde zu einer Grundlage des [[Art nouveau]] ([[Jugendstil]]).
 
Auch Haeckels Wohnhaus (Villa Medusa, heute das Ernst-Haeckel-Museum) und das von ihm gestiftete Gebäude des [[Phyletisches Museum|Phyletischen Museums]], beides in Jena, führen Kunst und Wissenschaft zusammen, in dem z.&nbsp;B. Ornamente der Fassade und Innenausstattung Tafelwerke zu den [[Medusen]] zitieren. Haeckel war unglaublich arbeitsam. So beschrieb er allein von der britischen Challenger-Expedition über 3500 neue [[Radiolarien]]-[[Art (Biologie)|Arten]]. Haeckels Challenger-Report umfasst drei Bände mit 2750 Druckseiten und 140 detailliert gestochenen Tafeln dieser fragilen Organismen. Insbesondere nach dem Tod seiner ersten Frau arbeitete er vielfach mehr als 18 Stunden am Tag.
 
=== Biogenetische Grundregel ===
Haeckels Beobachtungen der Parallelen zwischen [[Ontogenese]] und [[Phylogenese]] waren Grundlage für die Postulierung eines kausalen Zusammenhangs zwischen ontogenetischen und evolutionären Prozessen; seine Theorie lässt sich in dem Satz „[[Biogenetische Grundregel|Die Ontogenese rekapituliert die Phylogenese]]“ zusammenfassen. Die bereits von [[Karl Ernst von Baer|Baer]] gemachte Beobachtung, dass sich frühe Ontogenese-Stadien nahe verwandter Organismen stärker ähneln als die späteren Adultformen, ist nach wie vor gültig. Die von Haeckel daraus gezogene Schlussfolgerung eines kausalen Zusammenhangs ist jedoch lange umstritten gewesen und wird von Biologen inzwischen weitgehend abgelehnt.
 
Die übereinstimmenden Grundmerkmale phylogenetisch verwandter Organismen lassen sich im Rahmen der Evolutionstheorie verstehen, da neue Merkmale in der Regel auf bereits existierenden Merkmalen aufbauen. Ein modernes Verständnis der biogenetischen Grundregel setzt das Verständnis des Organismus als sich kontinuierlich anpassendes, stets im Umbau befindliches System voraus.
 
=== Evolution und Monismus ===
[[Philosophie|Philosophisch]] verfocht Haeckel eine [[Monismus|monistische Naturphilosophie]], unter der er eine „Einheit von Materie und Geist“ verstand. So schrieb er in ''[[Die Welträtsel]]'':<!--sic!-->
: „Die Verschmelzung der anscheinenden Gegensätze, und damit der Fortschritt zur Lösung des fundamentalen Welträthsels, wird uns aber durch das stetig zunehmende Wachsthum der Natur-Erkenntniß mit jedem Jahre näher gelegt. So dürfen wir uns denn der frohen Hoffnung hingeben, daß<!--sic!--> das anbrechende zwanzigste Jahrhundert immer mehr jene Gegensätze ausgleichen und durch Ausbildung des reinen Monismus die ersehnte Einheit der Weltanschauung in weiten Kreisen verbreiten wird.“
 
Dabei war Haeckel kein strenger [[Atheismus|Atheist]]. Zwar lehnte er jeden [[Schöpfung]]sakt strikt ab (daher die Schärfe seiner Auseinandersetzung mit den [[Kreationisten]], etwa mit [[Arnold Braß]] und dem [[Keplerbund]]), er kam jedoch aus einem christlichen Elternhaus und sah die Natur – bis hin zu [[anorganisch]]en [[Kristall]]en – als beseelt an. Sein Monismus war der einer durch[[geist]]igten Materie; er sah [[Gott]] als identisch mit dem allgemeinen [[Physikalisches Gesetz|Naturgesetz]] und vertrat einen durch [[Johann Wolfgang von Goethe]] und [[Spinoza]] inspirierten [[Pantheismus]]. In diesem Zusammenhang sprach er uner anderem von einem „Zellgedächtnis“ ([[Mneme]]) und „Kristallseelen“.
 
In ''Die Welträtsel'' zitiert Ernst Haeckel mehrmals seinen (heute wesentlich weniger bekannten) Kollegen [[Johann Gustav Vogt]], vor allem bezüglich seiner Vorstellungen über [[Elektromagnetismus]] und einen universellen [[Äther (Physik)|Äther]].<ref>Ernst Haeckel: [http://www.zeno.org/Philosophie/M/Haeckel,+Ernst/Die+Welträtsel/12.+Das+Substanzgesetz ''zeno.org'': Die Welträtsel (1899)], Kapitel 12: Das Substanzgesetz</ref> Gemäß Haeckel und Vogt besitzen Masse und Äther sowohl [[Empfindung]] als auch [[Wille]]n, sie „empfinden [[Lust]] bei [[Kompressionsmodul|Verdichtung]], Unlust bei [[Spannung (Mechanik)|Spannung]]; sie streben nach der ersteren und kämpfen gegen letztere“. Wegen dieses [[Weltbild]]es werden die beiden auch als [[Hylozoismus|hylozoistische]] Naturphilosophen bezeichnet.<ref>siehe [http://www.textlog.de/1213.html ''textlog.de'']</ref>
 
Haeckel nahm im September 1904 am Internationalen Freidenker-Kongress in Rom teil, den 2000 Menschen besuchten. Dort wurde er anlässlich eines gemeinsamen Frühstücks feierlich zum „[[Gegenpapst]]“ ausgerufen. Bei einer folgenden Demonstration der Teilnehmer auf dem Campo de’ Fiori vor dem Denkmal [[Giordano Bruno]]s befestigte Haeckel einen Lorbeerkranz am Denkmal. Haeckel nahm diese Ehrungen gerne an: „Noch nie sind mir so viele persönliche Ehrungen erwiesen worden, wie auf diesem internationalen Kongreß.“ Diese Provokation am Sitz des Papstes löste eine massive Kampagne und Anfeindungen von kirchlicher Seite aus. Insbesondere wurde seine wissenschaftliche Integrität in Frage gestellt, und er wurde als Fälscher und Betrüger dargestellt sowie als „Affen-Professor“ verhöhnt. Allerdings gaben 46 bekannte Professoren eine Ehrenerklärung für Haeckel ab.
 
Am 11. Januar 1906 wurde auf Haeckels Initiative der [[Deutscher Monistenbund|Deutsche Monistenbund]] in Jena gegründet, den Ernst Haeckel schon im September 1904 in Rom vorgeschlagen hatte. Mit dem Monistenbund fanden die bereits seit kurzer Zeit bestehenden, sehr heterogenen monistischen Bestrebungen einen übergreifenden organisatorischen Rahmen, der sich dezidiert auf eine naturwissenschaftliche Basis im Sinne Haeckels stellte, in den aber nicht alle Vertreter des Monismus eingebunden wurden. Haeckel wurde Ehrenpräsident des Deutschen Monistenbundes.
 
Ernst Haeckel gehörte zu den führenden Freidenkern und Vertretern eines naturwissenschaftlich orientierten Fortschrittsgedankens, wodurch seine Ideen nicht nur für rechte und national gesinnte, sondern auch für bürgerlich-liberale sowie linke Kreise attraktiv waren. Die Monisten um Haeckel hatten damals viele Anhänger; so zählten beispielsweise [[Ferdinand Tönnies]], [[Henry van de Velde]], [[Alfred Hermann Fried]], [[Otto Lehmann-Rußbüldt]], [[Helene Stöcker]], [[Magnus Hirschfeld]] und [[Carl von Ossietzky]] dazu. Teile seiner Ideen wurden von Nationalsozialisten übernommen, die zwar den Monismus ablehnten, die sozialdarwinistischen Aspekte Haeckels jedoch gut für ihre Ideologie verwenden konnten.
 
=== Pazifismus und Friedensbewegung ===
Ernst Haeckel vertrat [[Pazifismus|pazifistische]] Ideen. So unterstützte er die [[Friedensbewegung]] [[Bertha von Suttner]]s (die die Werke Haeckels und Darwins las und die Evolutionslehre vertrat) durch Glückwunschadressen und Briefe.<ref name="Hamann, 1987">Brigitte Hamann: ''Berta von Suttner. Ein Leben für den Frieden.'' 2. Auflage. München 1987, S. 71, 140, 158, 165, ISBN 3-492-03037-8.</ref> Im Jahr 1913 gründete Haeckel zusammen mit der französischen Sozialistin [[Henriette Meyer]] die internationale Friedensvereinigung [[L'Institut Franco-Allemand de la Réconciliation]] und die Zeitschrift ''La Réconciliation'', welche für einen andauernden Frieden zwischen Deutschland und Frankreich eintreten sollte. In einem Leitartikel „Vernunft und Krieg“ in ''La Réconciliation'' identifizierte er das Wettrüsten als Problem, das unaufhaltsam zu einem Krieg führen könne, und verurteilte den nationalen [[Chauvinismus]], der Deutschland, Frankreich und Großbritannien erfasst hatte.
 
Zu Beginn des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] verteidigte Haeckel jedoch die deutsche Beteiligung am Krieg und äußerte sich zunehmend [[Nationalismus|nationalistisch]]. In Haeckels Sichtweise<ref>siehe beispielsweise Ernst Haeckel: ''Englands Blutschuld am Weltkriege'' in Victor Franz (Hrsg.): ''Ernst Haeckel: Sein Leben, Denken und Wirken. Eine Schriftenfolge für seine zahlreichen Freunde und Anhänger''</ref> war vor allem England für den Ausbruch des Krieges verantwortlich, den Haeckel 1916 in einem Brief an seinen Neffen Konrad Huschke<ref>K. Huschke (Hrsg.): ''Ernst und Agnes Haeckel: ein Briefwechsel'', S. 215.</ref> einen „schrecklichen Weltkrieg“ mit „furchtbaren Verlusten“ nannte. Haeckel unterzeichnete am 2. Oktober 1914 den kriegsbejahenden Aufruf „[[Manifest der 93|An die Kulturwelt]]“, der von weiteren 92 Intellektuellen, darunter dem Physiker [[Max Planck]] und dem Schriftsteller [[Gerhart Hauptmann]], unterschrieben wurde.<ref name="Horst Groschopp, 1997, S. 393">Rolf Groschopp, ''Dissidenten'', 1997, S. 393.</ref>
 
=== Ethik und Zukunft ===
Die in den Welträtseln beschriebene monistische Ethik bleibt bei allem revolutionären Anspruch, wie [[Iring Fetscher]] anmerkt, im Umkreis erfüllbarer bürgerlicher Alltagstugenden stecken. Haeckel leitet aus dieser Ethik allerdings eine Utopie ab, die die Fortschritte von Wissenschaft und Technik auch gesellschaftlich nutzen möchte. Haeckel schreibt:
: „Die höhere Kultur, der wir erst jetzt entgegen zu gehen anfangen, wird voraussichtlich die Aufgabe stets im Auge behalten müssen, allen Menschen eine möglichst glückliche, d.h. zufriedene Existenz zu verschaffen. Die vervollkommnete Moral, frei von allem religiösen Dogma und auf die klare Erkenntnis der Naturgesetze gegründet, lehrt uns die alte Weisheit der goldenen Regel (''Die Welträthsel'', Kap. 19), mit den Worten des Evangeliums: ‚Liebe deinen nächsten als dich selbst.‘ Die Vernunft führt uns zu der Einsicht, daß ein möglichst vollkommenes Staatswesen zugleich die möglichst große Summe von Glück für jedes Einzelwesen, das ihm angehört, schaffen muß. Das vernünftige Gleichgewicht zwischen Eigenliebe und Nächstenliebe, zwischen Egoismus und Altruismus, wird das Ziel unserer monistischen Ethik. Viele barbarische Sitten und alte Gewohnheiten, die jetzt noch als unentbehrlich gelten: Krieg, Duell, Kirchenzwang usw. werden verschwinden. Schiedsgerichte werden hinreichen, um in allen Rechtsstreitigkeiten der Völker und Personen den Ausgleich herbeizuführen. Das Hauptinteresse des Staates wird nicht, wie jetzt, in der Ausbildung einer möglichst starken Militärmacht liegen, sondern in einer möglichst vollkommenen Jugenderziehung auf Grund der ausgedehntesten Pflege von Kunst und Wissenschaft. Die Vervollkommnung der Technik, aufgrund der Erfindungen in der Physik und Chemie, wird die Lebensbedürfnisse allgemein befriedigen; die künstliche Synthese vom Eiweiß wird reiche Nahrung für alle liefern. Eine vernünftige Reform der Eheverhältnisse wird das Familienleben glücklich gestalten.“ (''Die Lebenswunder'', 1904, Kap. 17, Abschnitt IV c, vollständig)
 
Haeckel zählt [[Mitleid]] und Sympathie zu den edelsten Gehirnfunktionen, welche zu den wichtigsten Bedingungen des sozialen Zusammenlebens sowohl bei Menschen als auch bei höheren Tieren gehören (''Die Lebenswunder'', 1904, S. 131). Er sieht das Gebot der [[Nächstenliebe]], wenn auch nicht von [[Jesus Christus|Christus]] zuerst entdeckt, so doch zu Recht vom Christentum in den Vordergrund gestellt. Darin liegt nach ihm der hohe ethische Wert des Christentums, der auch dann noch fortdauern werde, wenn dessen übrige „morsche Dogmen“ längst in Trümmern zerfallen seien. Insbesondere wendet er sich gegen einen reinen [[Egoismus]]:
 
:„Daher sind die Propheten des&nbsp; r e i n e n&nbsp; E g o i s m u s,&nbsp; [[Friedrich Nietzsche|F r i e d r i c h&nbsp; N i e t z s c h e]],&nbsp; [[Max Stirner|M a x&nbsp;  S t i r n e r&nbsp;]] u. s. w.&nbsp; [Hervorhebung im Original] in biologischem Irrthum, wenn sie allein ihre ‚Herrenmoral‘ an Stelle der allgemeinen Menschenliebe setzen wollen und wenn sie das Mitleid als eine Schwäche des Charakters oder als einen moralischen Irrthum des Christenthums verspotten.“ (''Die Lebenswunder'', 1904, [http://archive.org/stream/dielebenswunder01haecgoog#page/n149/mode/2up S. 131 f.])
 
=== Eugenik und Sozialdarwinismus ===
Weil sich Ernst Haeckel sehr dezidiert zu eugenischen Fragestellungen äußerte und dabei Selektionsmechanismen und Züchtungsgedanken ansprach, wird er von verschiedenen Historikern als einer der wichtigsten Wegbereiter der Rassenhygiene und Eugenik in Deutschland betrachtet.<ref>Helmut Zander, ''Biologie des vollkommenen Menschen – Wissenschaft und Ethik im Monistenbund um 1900'', in Neue Zürcher Zeitung, Nr. 167, 21. Juli 2001, S. 73.</ref><ref>Rolf Winau, ''100 Jahre Sozialhygiene, Sozialmedizin und Public Health in Deutschland'', auf CD-ROM Hrsg. v. Udo Schagen u. Sabine Schleiermacher, Berlin 2005</ref><ref>William H. Tucker, ''The Science and Politics of Racial Research'', University of Illinois Press 1996, S. 111.</ref>
 
Auch [[Wilhelm Schallmayer]], ein Schüler Haeckels, bescheinigte seinem ehemaligen Lehrer, wesentliche Grundgedanken der Eugenik ausgesprochen zu haben.<ref>Wilhelm Schallmayer: ''Ernst Haeckel und die Eugenik'', in: ''Was wir Ernst Haeckel verdanken: Ein Buch der Verehrung und Dankbarkeit.'' Hrsg. Heinrich Schmidt, Jena 1914, S. 368.</ref>
 
In Haeckels Buch ''Die Lebenswunder'' (1904) heißt es etwa:
 
: „Es kann daher auch die Tötung von neugeborenen verkrüppelten Kindern, wie sie z.&nbsp;B. die Spartaner behufs der Selection des Tüchtigsten übten, vernünftiger Weise gar nicht unter den Begriff des ‚''Mordes''‘ fallen, wie es noch in unseren modernen Gesetzbüchern geschieht. Vielmehr müssen wir dieselbe als eine zweckmäßige, sowohl für die Betheiligten wie für die Gesellschaft nützliche Maßregel billigen.“ (''Die Lebenswunder'', 1904, S. 23)
 
Oder:
 
: „Hunderttausende von unheilbaren Kranken, namentlich Geisteskranke, Aussätzige, Krebskranke u.s.w. werden in unseren modernen Culturstaaten künstlich am Leben erhalten und ihre beständigen Qualen sorgfältig verlängert, ohne irgend einen Nutzen für sie selbst oder für die Gesammtheit.“ (''Die Lebenswunder'', 1904, S. 134)
 
Haeckel griff die Idee auf, die Ausschaltung der Selektion durch die Medizin würde zu degenerativen Erscheinungen führen, und popularisierte sie in Deutschland. Dabei entwickelte er diese Überlegungen jedoch nicht wie Francis Galton in systematischer Weise. Vor allem vollzog er nicht wie sein Schüler Wilhelm Schallmayer und sein Freund [[Alfred Ploetz]] die „entscheidende Wende von der bloßen Diagnostik degenerativer Tendenzen zu einer therapeutischen Programmatik“.<ref>Peter Weingart, Jürgen Kroll, Kurt Bayertz: ''Rasse, Blut und Gene. Geschichte der Eugenik und Rassenhygiene in Deutschland.'' Suhrkamp Taschenbuch, Frankfurt am Main 1992, S. 77.</ref> Haeckel blieb auf der Basis der Theorie Darwins bei der [[Deduktion|deduktiven]] Feststellung angeblicher degenerativer Tendenzen in den zivilisierten Gesellschaften und stellte noch keine Überlegungen über eine Gegenstrategie an. Zu stark war bei Haeckel der Glaube an die natürlichen Regulationsmechanismen im Evolutionsprozess ausgeprägt. Die Furcht vor einer längerfristigen „Entartung“ war bei späteren Eugenikern, vor allem im Dritten Reich, als Hauptmotiv viel stärker vorherrschend. Das von Haeckel vielzitierte Beispiel von [[Sparta]] und die von ihm bewunderte spartanische Praxis der „Beseitigung anormal geborener Säuglinge“ ordnen die Historiker Peter Weingart, Jürgen Kroll und Kurt Bayertz wie folgt ein:
 
: „Haeckels Interesse etwa war rein theoretischer Art. Er führte die spartanische Menschenzüchtung als ein Beispiel für die Wirksamkeit des Selektionsprinzips in der menschlichen Gesellschaft an. Den so naheliegenden, sich aufdrängenden Schritt von der Theorie zur Praxis ging er nicht; obwohl er auf die kontraselektorischen Wirkungen der Zivilisation verwies, kam ihm nicht die Idee, die spartanische Menschenzüchtung als ein nachahmenswertes Vorbild zu nehmen, dem es auf der Basis und mit den Mitteln der modernen Selektionstheorie nachzueifern gelte.“<ref>Peter Weingart, Jürgen Kroll und Kurt Bayertz: ''Rasse, Blut und Gene. Geschichte der Eugenik und Rassenhygiene in Deutschland.'' Suhrkamp Taschenbuch, Frankfurt am Main 1992, S. 89&nbsp;f.</ref>
 
Der Historiker R. J. Richards bescheinigt Haeckel darüber hinaus, die Position vertreten zu haben, dass die Evolutionstheorie keine praktischen politischen Implikationen habe.<ref>R. J. Richards: The Tragic Sense of Life: Ernst Haeckel and the Struggle over Evolutionary Thought. The University of Chicago Press (2008) S. 327.</ref> So antwortet Haeckel etwa auf einen Angriff von Rudolf Virchow, welcher der Abstammungslehre sozialistische Tendenzen vorwirft:
: „Übrigens möchten wir bei dieser Gelegenheit nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, wie gefährlich eine derartige unmittelbare Übertragung naturwissenschaftlicher Theorien auf das Gebiet der praktischen Politik ist. Die höchst verwickelten Verhältnisse unseres heutigen Kulturlebens erfordern von dem praktischen Politiker eine so umsichtige und unbefangene Berücksichtigung, eine so gründliche historische Vorbildung und kritische Vergleichung, dass derselbe immer nur mit grösster Vorsicht und Zurückhaltung eine derartige Nutzanwendung eines 'Naturgesetzes' auf die Praxis des Kulturlebens wagen wird.“ (''Freie Wissenschaft und freie Lehre'', 2. Auflage. 1908, S. 69)
 
[[Otto Speck]] vertritt dagegen die Auffassung, dass Ernst Haeckel 1911 in Dresden eine eugenische Beratungsstelle eröffnete und sich sehr wohl um eine praktische Umsetzung der Rassenhygiene und Eugenik in der Politik bemühte. Er schreibt:
„Konkrete Ziele waren eine rassenhygienische Eheberatung und in politischer Hinsicht die Durchsetzung gesetzlicher Regelungen zur Sterilisierung fortpflanzungsunwürdiger Personen aus den unteren sozialen Schichten.“<ref>Otto Speck (em. Ordinarius für Sonderpädagogik an der Ludwig-Maximilians-Universität München): Soll der Mensch biotechnisch machbar werden? Eugenik, Behinderung und Pädagogik. Reinhardt Verlag, München 2005, S. 22</ref>
 
Durch die Übertragung des darwinistischen Evolutions- und Selektionsprinzips auf menschliche Gesellschaften bereitete Ernst Haeckel in Deutschland, so verschiedene Wissenschaftler, den Boden für den [[Sozialdarwinismus]].<ref>Manuela Lenzen, ''Evolutionstheorien in den Natur- und Sozialwissenschaften'', Campus 2003, S. 138.</ref><ref>Andreas Frewer, ''Medizin und Moral in der Weimarer Republik und Nationalsozialismus.'' Campus Verlag 2000, S. 30.</ref><ref>Paul Weindling, ''Health, Race and German Politics Between National Unification and Nazism, 1870–1945'', Cambridge University Press 1989, S. 41.</ref> Der Soziologe [[Fritz Corner]] bezeichnete ihn 1975 als Vater des deutschen Sozialdarwinismus.<ref name="Iwand, Wolf Michael, 1997, S. 330">Wolf Michael Iwand, ''Paradigma Politische Kultur'', Leske und Budrich VS Verlag, 1997, S. 330.</ref>
 
Im Jahre 1900 fungierte Haeckel als Vorsitzender eines Gremiums in einem von der Familie [[Krupp (Familie)|Krupp]] finanzierten Wettbewerb. Dort wurden Aufsätze bewertet, in denen das Thema „Rassenhygiene“ im Hinblick auf innenpolitische und gesetzgeberische Konsequenzen abgehandelt wurde. Das Gremium behauptete, dass die Idee von der [[Gleichheit]] aller Menschen eine „Entartung“ und Degeneration der „[[Zivilisation]]“ nach sich zöge.<ref>John Weiss, ''Der lange Weg zum Holocaust. Die Geschichte der Judenfeindschaft in Deutschland und Österreich'', Ullstein, Berlin 1998, S. 185&nbsp;f.</ref> Das Preisausschreiben gewann Wilhelm Schallmayer mit seiner Arbeit ''Was lernen wir aus den Prinzipien der Descendenztheorie in Beziehung auf die innerpolitische Entwickelung und Gesetzgebung der Staaten?''. Diese Arbeit spielte für die Verbreitung der sozialdarwinistischen Ideen in Deutschland eine besondere Rolle, weil sie in großem Maße zu einer Politisierung anthropologischer Themen beitrug.<ref>Uwe Hoßfeld, ''Rasse-Bilder in Thüringen 1863–1945.'' In: Blätter zur Landeskunde,Nr. 63, Thüringer Landeszentrale für Politische Bildung, Erfurt 2006, S. 4.</ref>
 
1905 wurde Haeckel Mitglied in der von Alfred Ploetz gegründeten [[Gesellschaft für Rassenhygiene]]. Satzung und Ziel der Gesellschaft sahen die Förderung der „Theorie und Praxis der Rassenhygiene unter den weißen Völkern“ vor. Die Gesellschaft trug in Deutschland wesentlich zur Institutionalisierung der Rassenhygiene als wissenschaftliches Fach bei.
 
=== Euthanasie ===
Als einer der ersten deutschsprachigen Autoren, der die Tötung Schwerkranker – auf ihren Wunsch – und Schwerbehinderter – ohne ihre Zustimmung – forderte, wurde Haeckel auch zum Vordenker und Wegbereiter der freiwilligen und unfreiwilligen „[[Nationalsozialistische Rassenhygiene|Euthanasie]]“ in Deutschland. Schon drei Jahre vor der Programmschrift ''Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens'' von [[Alfred Hoche]] und [[Karl Binding]] (1920) hatte er in ''Ewigkeit'' (1917) über „die unheilbar an Geisteskrankheit, an Krebs oder Aussatz Leidenden, die selbst ihre Erlösung wünschen“, „neugeborene Kinder mit Defekten“ und „Mißgeburten“ unmissverständlich geschrieben: „Eine kleine Dosis [[Morphium]] oder [[Cyankali]] würde nicht nur diese bedauernswerten Geschöpfe selbst, sondern auch ihre Angehörigen von der Last eines langjährigen, wertlosen und qualvollen Daseins befreien“ (S. 35). Darin klingt Hoches Begriff der „Ballastexistenzen“ bereits an, und mit seinen Ausführungen über den angeblich geringeren „Lebenswert“ verschiedener Menschengruppen (''Lebenswunder'', 1904, S. 291–315) hatte Haeckel schon zuvor maßgeblich zur Idee von „lebensunwertem Leben“ beigetragen.
 
=== Kritik ===
Haeckel wird vorgeworfen, immer wieder seine [[Autorität]] als Naturwissenschaftler missbraucht zu haben, um seine politischen Ideen zu legitimieren. Allerdings verneinte Haeckel eine politische Rolle: „Ich selbst bin nichts weniger als Politiker. .. Ich werde daher weder in Zukunft eine Rolle spielen, noch habe ich früher jemals einen Versuch dazu gemacht.“ (''Freie Wissenschaft und freie Lehre'', 2. Auflage. 1908, S. 69)
 
Sein [[biogenetisches Grundgesetz]] von 1866 wird von der modernen Biologie in seiner Schlussfolgerung als widerlegt betrachtet. Es ist keinesfalls ein Naturgesetz, wie zunächst von [[Karl Ernst von Baer|Baer]] und Haeckel postuliert wurde. Dennoch hat die Beobachtung einer scheinbaren Rekapitulation der Entwicklungsstadien der Organismen nach wie vor eine Bedeutung. Sie zeigt eine Verwandtschaft der betrachteten Arten auf und ist, wenn auch kein Gesetz, so doch eine wiederholbare und belegbare morphologische Beobachtung. Auch die bekannten Lehrbuchautoren [[Rüdiger Wehner]] und [[Walter Gehring]] schreiben in ihrem Lehrbuch ''Zoologie'':
: „Die Form freilich, die Haeckel (1834–1919) in seiner ‚biogenetischen Grundregel‘ (1866) diesem Sachverhalt prägnant, aber stark vergröbernd gegeben hat, daß nämlich die Ontogenese eines Organismus die Rekapitulation seiner Phylogenese bedeute, beschreibt die Verhältnisse zu einseitig. Die Embryonalentwicklung jedes Organismus ist reich an Eigenanpassungen (Caenogenesen), die – wie die Keimhülle der Amnioten (Abb.&nbsp;3.20) – den spezifischen Bedingungen des sich entwickelnden Embryos Rechnung tragen.“
 
Die Haeckel zugeschriebene Neigung zur philosophischen Bewertung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse soll mit dafür verantwortlich sein, dass seine Abbildungen biologischer Objekte teilweise bewusst verfälscht sind. In der [[Embryonenkontroverse]] unterstellte ihm daher unter anderem [[Wilhelm His (Anatom)|Wilhelm His]] bewussten Wissenschaftsbetrug. Andere Beobachter vermuten dagegen, dass die tendenzielle Deutung seiner embryologischen Beobachtungen als zu starke Schematisierung verstanden werden kann.
 
Haeckel entwickelte im hohen Alter während des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieges]] zudem einen polemischen deutschnationalen [[Chauvinismus]], der sich besonders deutlich in seinem Text ''Ewigkeit'' äußert: „Ein einziger feingebildeter deutscher Krieger […] hat einen höheren intellektuellen und moralischen Lebenswert als hunderte von den rohen Naturmenschen, welche England und Frankreich, Russland und Italien ihnen gegenüberstellen.“<ref name="Haeckel, 1915">Ernst Haeckel: ''Ewigkeit. Weltkriegsgedanken über Leben und Tod, Religion und Entwicklungslehre.'' Berlin 1915, S. 36.</ref> 1917 war er an der Gründung der [[Deutsche Vaterlandspartei|Deutschen Vaterlandspartei]] beteiligt, die einen [[Siegfrieden]] propagierte. In der ''Generellen Morphologie'' heißt es zudem: „Die Unterschiede zwischen den höchsten und den niedersten Menschen [sind] grösser, als diejenigen zwischen den niedersten Menschen und den höchsten Thieren.“ Dies folgerte er allerdings ausdrücklich nicht aus der Genetik, sondern aus der sozialdarwinistischen Theorie.
 
== Wirkungsgeschichte: weltanschauliche Bedeutung und Ausbeutung ==
{{Belege fehlen}}
In der Historiographie bestehen zwei Extrempositionen zur politischen Einordnung des Darwinismus bzw. Sozialdarwinismus. Hans-Günther Zmarzlik (1963)<ref>Zmarzlik, Hans-Günter (1963): ''Der Sozialdarwinismus in Deutschland als geschichtliches Problem.'' In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 11, 1963, S. 246–273 zu finden unter: http://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1963_3_3_zmarzlik.pdf</ref> zieht eine Linie von sozialdarwinistischen Entwürfen zu rechtsradikalen Ideologien. David Gasmann (1971) und unabhängig davon Richard Weikart sehen in Haeckel gar einen Vordenker des Nationalsozialismus. In Bezug auf den Darwinismus kommt dagegen etwa Gunter Mann (1973) zu dem Urteil, der Darwinismus sei ein integraler Bestandteil der „marxistisch-kommunistisch-materialistischen Weltanschauung“ (Mann). Diese unterschiedlichen Zuschreibungen finden sich vereinnahmend oder ablehnend auch bei Gegnern und Befürwortern Haeckels.
 
[[Günter Altner]] (1981) schlägt ein Stufenmodell eines nicht zwangsläufigen Weges von Darwinismus zum Nationalsozialismus vor, das auch geeignet ist, Haeckels Beitrag zu bestimmen. Nach dem wissenschaftlichen Darwinismus bilden danach Sozialdarwinismus, Rassenhygiene und Rassenanthropologie die entscheidenden und zeitlich und logisch aufeinander folgenden Schritte. Rasse ist in der ursprünglichen Bedeutung von Rassenhygiene kein Begriff des [[Rassenkampf]]es, sondern wird im Sinne der englischen Sprache als Synonym für die gesamte Menschheit gebraucht. Haeckel liefert in diesem Modell relevante Beiträge zu den ersten drei Stufen: Im Rahmen des wissenschaftlichen Darwinismus bestimmt er die Stellung des Menschen innerhalb der Primaten. Auf der Stufe des Sozialdarwinismus überträgt er biologische Vorstellungen auf gesellschaftliche Verhältnisse – wobei oftmals seine antiklerikale bzw. antikatholische Haltung den Ausschlag gibt. In der Rassenhygiene bleibt Haeckel im 19. Jahrhundert verfangen. Er fördert vor allem die Arbeit anderer Autoren.<ref>Conrad-Martius, Hedwig: ''Utopien der Menschenzüchtung.'' Kösel-Verlag München, 1955, S. 74.</ref> Bei dem Preisausschreiben „Was lernen wir von den Prinzipien der Deszendenztheorie?“ 1900 fördert er den Arzt [[Wilhelm Schallmayer]], der Haeckels Thesen radikalisierte und dessen Schriften später zu einem der Grundpfeiler der angewandten Rassenhygiene in der Zeit des Nationalsozialismus wurden.
 
=== Die sozialistische Rezeption bis 1933 ===
{{Belege fehlen}}
Haeckel wurde von verschiedenen Sozialdemokraten, Sozialisten und Anarchisten<ref>„Verwunderlicher ist die Begeisterung der Linken für den ‚General-Feldmarschall des Darwinismus‘ (Haeckel über sich selbst). August Bebel, Carl v. Ossietzky, Kropotkin und W.I. Lenin waren nicht die einzigen, die Haeckels Thesen begierig aufgriffen und glaubten, mit ihnen eine Waffe für den Klassenkampf in der Hand zu halten. Dies gelang nur, indem sie – im Gegensatz zu den Nazis, die die Selektionsaspekte und den ‚Kampf ums Dasein‘ der Evolutionstheorie überbetonten – das Prinzip der ständigen Fortentwicklung im Tier- und Pflanzenreich auf die Menschen übertrugen, und zwar zum einen auf die Menschen als biologische Wesen (die Eugenik als Verbesserung des Menschen war auch unter Sozialisten vor 100 Jahren sehr beliebt und das nicht nur in der politischen Polemik, wie bei Bebel, der sich gegen den Krieg mit dem Argument aussprach, dass dabei die stärksten, wehrtüchtigen Männer sterben würden und somit das eigene Volk degenerieren), zum anderen auf die menschlichen Gesellschaftsformation: Es schien ein natürliches Gesetz der Evolution zu sein, dass der Kapitalismus quasi von alleine vom Kommunismus abgelöst würde.“ Martin Vogt: ''Der Rassismus-Papst. Ernst Haeckel und die Etablierung des wissenschaftlichen Rassismus‘ in Deutschland.'' In: ''ZAG.'' Nr. 41 (elektronisch bei [http://www.nadir.org/nadir/initiativ/antira-leipzig/archiv/a26.htm Nadir.org])</ref> wie etwa [[Alfred Hermann Fried]], [[Magnus Hirschfeld]], [[Friedrich Albert Lange]], [[August Bebel]], [[Lenin]], [[Otto Lehmann-Rußbüldt]], [[Julius Schaxel]], [[Helene Stöcker]], [[Ferdinand Tönnies]] oder [[Henry van de Velde]] gelesen und diskutiert.<ref>Unter anderem eine Auswahl von Autoren des Buches ''Was wir Ernst Haeckel verdanken'', herausgegeben von Heinrich Schmidt, Jena 1914</ref>
[[Karl Kautsky]] arbeitete programmatisch zu Rassenfragen, wobei er sich auf Haeckel bezog.<ref>Karl Kautsky, ''Rasse und Judentum'' (1914). Siehe auch die Übersetzung ''Are the Jews a Race?'' (1926) bei [http://www.marxists.org/archive/kautsky/1914/jewsrace/ch04.htm Marxists.org], hier Kapitel 4 mit Bezugnahme auf Haeckel)</ref>
 
In der politischen Linken war man sich in Bezug auf die Einschätzung Haeckels keineswegs einig. So finden sich etwa im ersten Jahrgang der populärwissenschaftlich-sozialistischen Zeitschrift ''[[Urania-Verlag|Urania]]'' (1925) bei drei Bezugnahmen auf Haeckel drei unterschiedliche Positionen. [[Robert Niemann]] würdigt Haeckel als nachbürgerlichen, entwicklungsgeschichtlich orientierten Freigeist, für [[Karl August Wittfogel]] ist Haeckel ein Ahnherr zur Zerstörung der alten Ideologie, „die das geistige Bollwerk der kapitalistischen Besitzverhältnisse bildet“. [[K. Schäfer]] kritisiert den Sozialdarwinismus bei der Rückführung der Ethik auf die Naturwissenschaft. Es könne nichts anderes als „waschechte kapitalistische Ethik“ herauskommen und belegt dieses mit einem Zitat von Haeckel. „Der Darwinismus ist alles andere eher als sozialistisch“ (S. 258). Allerdings stammt dieses Zitat Haeckels aus einer Verteidigungsschrift Haeckels<ref>[http://openlibrary.org/b/OL17598723M/Freie-Wissenschaft-und-freie-Lehre Ernst Haeckel: ''Freie Wissenschaft und freie Lehre, eine Entgegnung auf Rudolf Virchows Münchener Rede über „Die Freiheit der Wissenschaft im modernen Staat“'' (1878)]</ref> gegen die heftigen Angriffe Rudolf Virchows.<ref>Rudolf Virchow: [http://www.archive.org/details/diefreiheitderw01vircgoog ''Die Freiheit der Wissenschaft im modernen Staat.'' 1877]</ref> Virchow wandte sich, entgegen dem Bestreben Haeckels, gegen die Einführung darwinistischer Inhalte in Lehrpläne für höhere Schulen und Universitäten und versuchte den Darwinismus dadurch zu diskreditieren, indem er ihn mit Sozialismus und Kommunismus in Verbindung brachte, ein in der unter dem Eindruck der chaotischen Geschehnisse während der [[Pariser Kommune]] stehenden Zeit schwerwiegender Vorwurf.<ref>R. J. Richards: ''The Tragic Sense of Life: Ernst Haeckel and the Struggle over Evolutionary Thought.'' The University of Chicago Press, 2008, S. 318&nbsp;ff.</ref>
 
Für Lenin spielte Haeckel keine große Rolle, er findet lediglich in seiner Schrift ''Empiriokritizismus und historischer Materialismus'' ausführlicher Erwähnung, in Bezug auf Haeckels Buch ''Welträtsel''. Dabei schließt sich Lenin der Kritik [[Franz Mehring]]s an, nach der die Unzulänglichkeit Haeckels darin bestehe, „daß er keine Ahnung vom historischen Materialismus hat und sich so zu einer Reihe haarsträubender Absurditäten sowohl über Politik als auch über eine monistische Religion usw. usf. versteigt“. Das Buch dient als Beweis für die Unfähigkeit des „naturwissenschaftlichen Materialismus, bei gesellschaftlichen Fragen mitzureden“. Die „starke Seite“ des Buches sei die Darstellung, die Haeckel „vom Siegeszug des naturwissenschaftlichen Materialismus gibt“.<ref>W. I. Lenin, Werke, Bd. 14 (Materialismus und Empiriokritizismus), S. 351–361, Berlin 1987</ref>
 
Magnus Hirschfeld gewann Haeckel nach einem Besuch als Autor seiner ''[[Zeitschrift für Sexualwissenschaft]]'' zum Thema menschliche [[Hermaphroditismus|Hermaphroditen]].<ref>Beitrag in: ''Was wir Ernst Haeckel verdanken'', Hrsg. Heinrich Schmidt, Jena 1914</ref>
 
Bedeutend sind auch die Beiträge, die Haeckels Nachlassverwalter [[Heinrich Schmidt (Philosoph)|Heinrich Schmidt]] für die Buchreihen des marxistischen Urania Verlages zum Thema Affenabstammung des Menschen, Kampf ums Dasein oder Fortpflanzung schrieb.
 
=== Die nationalsozialistische Rezeption ===
Haeckels Privatsekretär [[Heinrich Schmidt (Philosoph)|Heinrich Schmidt]] wurde nach dem Tod Haeckels [[1920]] dessen Nachlassverwalter und Direktor des Ernst-Haeckel-Hauses der [[Friedrich-Schiller-Universität Jena]] sowie Herausgeber der „Monistischen Monatshefte“. Nach dem Verbot dieser Zeitschrift 1933 aus politisch-inhaltlichen Motiven gründete Schmidt die Zeitschrift „Natur und Geist, Monatshefte für Wissenschaft, Weltanschauung und Weltgestaltung“. Schmidt entwickelte sich zunehmend radikal-nationalistisch.<ref name="Hoßfeld, Uwe, 2005, S. 282">Uwe Hoßfeld, ''Haeckels „Eckermann“: Heinrich Schmidt (1874–1935).'' In: [[Matthias Steinbach]], Stefan Gerber (Hrsg.): ''Klassische Universität und akademische Provinz: Die Universität Jena von der Mitte des 19. bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts.'' Jena: Bussert & Stadeler, 2005, S. 282.</ref> In diesem Zusammenhang griff er auf zum Teil [[Rassismus|rassistische]] und [[Nationalismus|nationalistische]] Argumente zurück, welche in ihrer Radikalität die Meinungen seiner Kollegen [[Ludwig Plate (Zoologe)|Ludwig Plate]] oder [[Hans F. K. Günther]] bei weitem übertrafen.<ref name="Hoßfeld, Uwe, 2005, S. 284">Uwe Hoßfeld, ''Haeckels „Eckermann“: Heinrich Schmidt (1874–1935).'' In: Matthias Steinbach, Stefan Gerber (Hrsg.): ''Klassische Universität und akademische Provinz: Die Universität Jena von der Mitte des 19. bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts.'' Jena: Bussert & Stadeler, 2005, S. 284.</ref> Sein Versuch, das Ernst-Haeckel-Haus sowie die Person Haeckels im [[Nationalsozialismus|nationalsozialistischen]] Sinne umzugestalten beziehungsweise umzudeuten, scheiterte letztendlich.<ref name="Hoßfeld, Uwe, 2005, S. 284">Uwe Hoßfeld, ''Haeckels „Eckermann“: Heinrich Schmidt (1874–1935).'' In: Matthias Steinbach, Stefan Gerber (Hrsg.): ''Klassische Universität und akademische Provinz: Die Universität Jena von der Mitte des 19. bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts.'' Jena: Bussert & Stadeler, 2005, S. 284.</ref> Über den Umweg der Zeitschrift ''Natur und Geist'' fanden weltanschauliche Argumente Einzug in das ''Standardwerk zur menschlichen Erblichkeitslehre und Rassenhygiene'' von [[Erwin Baur]], [[Eugen Fischer (Mediziner)|Eugen Fischer]] und [[Fritz Lenz]].<ref name="Fangerau, Heiner, 2000">Heiner Fangerau, ''Das Standardwerk zur menschlichen Erblichkeitslehre und Rassenhygiene von Erwin Baur, Eugen Fischer und Fritz Lenz im Spiegel der zeitgenössischen Rezensionsliteratur 1921–1941,'' Dissertation, Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Medizin, 2000, S. 66.</ref>
 
Weitere Wissenschaftler, die Haeckels Werk und dessen Popularität nach 1933 im nationalsozialistischen Sinne zu verwerten versuchten, waren beispielsweise [[Karl Astel]] (1898–1945), [[Lothar Stengel von Rutkowski]] (1908–1991), [[Heinz Brücher]] (1915–1991), [[Victor Julius Franz]] (1883–1950) oder der nach dem Dritten Reich bedeutende Evolutionsbiologe [[Gerhard Heberer]] (1901–1973). Sie sammelten und publizierten nationalistische Texte und Bücher oder verwerteten antisozialistische, rassenkundliche oder eugenische Textstellen aus dem Gesamtwerk Haeckels. Den für die NS-Ideologie zentralen [[Judenfeindlichkeit|Antisemitismus]] konnte Brücher, der Haeckel attestierte, „engstirniger Judenhaß sei ihm fremd“<ref>Brücher 1936, S. 117.</ref>, in einem Gespräch Haeckels mit [[Hermann Bahr]] finden. Haeckel habe sich gegen die Einwanderung russischer Juden gewandt, die „unserer Gesittung unverträglich“ seien. Dagegen befürwortete Haeckel aber grundsätzlich eine „rassische Vermischung von Juden und [[Arier]]n“ und hielt die deutschen Juden für ein wichtiges Element der deutschen Kultur, welche immer tapfer für [[Aufklärung]] und Freiheit und gegen [[Reaktion (Politik)|reaktionäre]] und [[Okkultismus|okkulte]] Kräfte eingestanden seien.<ref>Hermann Bahr: ''Der Antisemitismus. Ein internationales Interview.'' In: ''Deutsche Zeitung.'' Wien, 23, 1893, #7664, 1-2. (30. April 1893) Buchausgabe: S. Fischer 1894, S. 62–69. Häufige Neuauflagen, zuletzt 2010, ISBN 978-1-149-17667-2 [http://books.google.com/books?id=8BQRAAAAIAAJ&dq=Der+Antisemitismus:+Ein+internationales+Interview&printsec=frontcover&source=bl&ots=vkVPPXFFiv&sig=4MbfGsUbXN0Hfj2DfpUfSaJ8Q2g&hl=en&ei=CYjiSaLkH8vtlQeKgI3gDg&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=1 Link]</ref><ref>Ernst Haeckel: [http://www.zum.de/stueber/haeckel/weltraethsel/die_weltraethsel.html ''Die Welträthsel. Gemeinverständliche Studien über monistische Philosophie.''] 1. Auflage. Strauß, Bonn 1899.<sup style="background:#FCC">[[Vorlage:Quelle|genauer Beleg?]]</sup></ref>
 
Für Brücher ist Haeckels Spätwerk „Die Kristallseelen“ ein Musterbeispiel germanischer ganzheitlicher Forscherkunst, daher sei Haeckel nicht [[Materialismus|materialistisch]]. Er legte daneben eine umfangreiche Sippenforschung vor, in der er Haeckel auch rassenkundlich begutachtete.<ref>Heinz Brücher: ''Ernst Haeckels Bluts- und Geisteserbe. Eine kulturbiologische Monographie.''  [[Lehmanns Fachbuchhandlung|J. F. Lehmanns]], München 1936.</ref> Haeckel sei vom Wesen her nordisch. Allerdings sieht er Probleme bei der 'Erbgesundheit' von dessen Familie (Haeckel war Vater einer [[Behinderung|behinderten]] Tochter).
 
Ganz anders der NS-Funktionär Günter Hecht, Repräsentant des Rassenpolitischen Amtes der NSDAP. Dieser erklärt den materialistischen Monismus Haeckels als unvereinbar mit dem Nationalsozialismus und durch die völkisch-biologische Sichtweise des Nationalsozialismus widerlegt.<ref>Günter Hecht, ''Biologie und Nationalsozialismus'' Zeitschrift für die gesammte Naturwissenschaft 3, (1937-38), 285</ref> Ähnlich auch [[Kurt Hildebrandt]], ein der NS-Ideologie nahestehender Theoretiker der [[Nationalsozialistische Rassenhygiene#Der Begriff Rassenhygiene|Rassenhygiene]], der einen „ästhetischen Fundamentalismus“ in Engführung von Ideen des [[George-Kreis]]es vertrat und eine „deutsche Kultur als Erfüllung des arischen Wesens“ heranzüchten wollte, um einem „westlichen Mechanismus“ zu begegnen.<ref>Vgl. [[Stefan Breuer]]: ''Ästhetischer Fundamentalismus und Eugenik bei Kurt Hildebrandt.'' In: Bernhard Böschenstein u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Wissenschaftler im George-Kreis''. Die Welt des Dichters und der Beruf der Wissenschaft, de Gruyter, Berlin 2005, S. 291–310, hier 306.</ref> Hildebrandt nannte es eine „Illusion“ Haeckels, dass dieser an die „mechanistische Lösung“ der Welträtsel durch Darwins Abstammungslehre glaubte.<ref>Kurt Hildebrandt, ''Die Bedeutung der Abstammungslehre für die Weltanschauung'' Zeitschrift für die gesammte Naturwissenschaft 3, (1937-38), 17</ref> Die weltanschaulichen Artikel Heberers etwa in „Volk und Rasse“ oder den „Nationalsozialistischen Monatsheften“ versuchen diesen Vorwurf abzuwehren und erinnern vor allem an die antiklerikale Position Haeckels, um diese im nationalsozialistischen Kirchenkampf zu nutzen. Letztlich kommt es im NS nicht zu einer einheitlichen von der NSDAP festgelegten Einschätzung des Werkes Haeckels.
 
Die Nationalsozialisten beriefen sich immer wieder auf vermeintlich wissenschaftliche Grundlagen, wobei insbesondere auch der „Sozialdarwinismus“ Haeckels vereinnahmt wurde. Haeckel setzte die Kulturgeschichte mit der Naturgeschichte gleich, da beide seiner Meinung nach den gleichen Naturgesetzen gehorchten. Diese Vorstellung soll [[Adolf Hitler|Hitler]] stark beeindruckt haben — so jedenfalls die These von Daniel Gasman, The Scientific Origins of National Socialism, 1971:
: „Hitler's views on [...] nature, eugenics [...] and evolution [...] coincide for the most part with those of Haeckel and are more than occasionally expressed in very much the same language.“
 
Die Thesen D. Gasmans sind allerdings in den letzten Jahren stark in Kritik geraten, so beispielsweise durch den Wissenschaftshistoriker R.&nbsp;J. Richards.<ref>Robert J. Richards: ''Myth: That Darwin and Haeckel were Complicit in Nazi Biology'', in: Ronald L. Numbers (ed.): ''Galileo Goes to Jail and Other Myths about Science and Religion'', Cambridge: Harvard University Press, 2009. [http://home.uchicago.edu/~rjr6/articles/Myth.pdf (online)] (PDF; 50&nbsp;kB)</ref> Richards weist unter anderem auf eine Richtlinie für Bibliotheken und Büchereien der sächsischen Regierung im Jahr 1935 hin,<ref>[http://www.library.arizona.edu/exhibits/burnedbooks/documents.htm „Richtlinien für die Bestandsprüfung in den Volksbüchereien Sachsens“ Die Bücherei 2 (1935): 279–80.]</ref> in der Schriften, welche die „oberflächliche wissenschaftliche Aufklärung eines primitiven Darwinismus und Monismus“ verteidigen, „wie diejenigen Ernst Haeckels“, verurteilt und als untauglich für die nationalsozialistische Bildung im Dritten Reich bezeichnet werden.
 
=== Haeckel in der DDR ===
[[Datei:Stralsund, Meeresmuseum, Model ERNST HAECKEL (2012-04-10), by Klugschnacker in Wikipedia.jpg|miniatur|Modell des Schiffs ''Ernst Haeckel'' im [[Meeresmuseum Stralsund]]]]
[[Datei:Ernst Haeckel statue (aka).jpg|miniatur|Haeckel-Statue im [[Botanischer Garten Chemnitz|Botanischen Garten Chemnitz]]]]
Das [[Ernst-Haeckel-Haus]] wurde in der DDR als wissenschaftshistorische Forschungsstätte weiterbetrieben und überstand auch die Wiedervereinigung.
In ideologischer Hinsicht wurde bei der Rezeption Haeckels versucht, das revolutionäre Element seiner Biographie zu betonen. So interpretierte [[Georg Schneider (Funktionär)|Georg Schneider]] 1950 eine Zeichnung des 16-jährigen Haeckel von 1850 mit dem Titel „Nationalversammlung der Vögel“ als Anteilnahme Haeckels an der innerpolitischen revolutionären Entwicklung Deutschlands, Erika Krauße (1987) wiederum stellte z.&nbsp;B. eine Verbindung der Schullehrer Haeckels mit der [[Revolution von 1848]] her. Am 17. Mai 1963 stellte die DDR das Fischereiforschungsschiff ''[[Ernst Haeckel (1963)|Ernst Haeckel]]'' in Dienst, das 1987 durch einen Neubau gleichen Namens ersetzt wurde.
 
== Auszeichnungen ==
Die [[Royal Society]] verlieh ihm 1900 die [[Darwin-Medaille]] „für seine langanhaltende und hochbedeutsame Arbeit in der Zoologie, die stets vom Geist des Darwinismus inspiriert war“ (Original: ''{{lang|en|For his long-continued and and highly important work in zoology all of which has been inspired by the spirit of Darwinism}}'').<ref>[http://royalsociety.org/page.asp?id=1761 Verleihungsbegründungen bei der Royal Society]</ref>
 
1894 wurde Haeckel zum Ehrenmitglied des [[Nassauischer Verein für Naturkunde|Nassauischen Vereins für Naturkunde]] ernannt. Die [[Accademia dei Lincei]] führte ihn seit 1899 als auswärtiges Mitglied.
 
== Werke ==
* ''Über die Eier Scomberesoces.'' In: ''J. Müllers Archiv für Anatomie und Physiologie.'' 1855, S. 23–32 Tafel IV, V.
* ''Über die Beziehungen des Typhus zur Tuberkulose.'' In: ''Wiener medizinische Wochenschrift.'' Bd. VI, 1856, S. 1–5, 17-20.
* ''Fibrois des Uterus.'' In: ''Wiener medizinische Wochenschrift.'' Bd. VI, 1856, S. 97–101.
* ''De telis quibusdam Astaci fluviatilis''. Dissertio inauguralis histologica, die VII M. Martini A. Berolini, 1857.
* ''Über die Gewebe des Flußkrebses.'' In: ''Müllers Archiv für Anatomie und Physiologie.'' 1857, S. 469–568 Tafel XVIII, XIX.
* ''Beiträge zur normalen und pathologischen Anatomie der Plexus chlorioides.'' In: ''Vierchows Archiv für pathologische Anatomie.'' Bd. XVI, 1858, S. 253–289, Tafel VIII.
* ''Über Augen und Nerven der Sterntiere.'' In: ''Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie.'' Band 1859, 1859, S. 183–190 Tafel XI.
* ''Reiseskitzen aus Sizilien.'' In: ''Zeitschrift für allgemeine Erdkunde.'' Bd. VIII, 1860, S. 433–486.
* ''Über neue lebende Radiolarien des Mittelmeers.'' In: ''Monatsbericht der Königlichen Akademie der Wissenschaften Berlin.'' 13. Dezember 1860, S. 794–817.
* ''Abbildung und Diagnosen neuer Gattungen und Arten von lebenden Radiolarien des Mittelmeers.'' In: ''Monatsbericht der Königlichen Akademie der Wissenschaften Berlin.'' 20. Dezember 1860, S. 835–845.
* ''De Rizopodum finibus et ordinibus. Dissertio pro venia legendi impetranda in litterarum universitate Jenensi''. Die IV. M. Martini 1861, Berlin 1861.
* ''Die Radiolarien (Rhizopoda radiata). Eine Monographie''. Bd. 1 (Text) XVI und Bd. 2 (Atlas), Berlin 1862.
* ''Über die Entwicklungstheorie Darwins''. Öffentlicher Vortrag in der Allgemeinen Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte zu Stettin, am 19. September 1862 (Amtlicher Bericht über die 37. Versammlung S. 17), 1863.
* ''Beiträge zur Kenntnis der Corycaeiden (Copepoden).'' In: ''Jenaische Zeitschrift für Medizin und Naturwissenschaft.'' Band 1, 1864, S. 61–112, Tafel I–III.
* ''Beschreibung neuer craspedoter Medusen aus dem Golf von Nizza''. ''Jenaische Zeitschrift für Medizin und Naturwissenschaft.'' Band 1, 1864, S. 325–342.''
* ''Die Familie der Rüsselquallen (Medusae Geryonidae).'' In: ''Jenaische Zeitschrift für Medizin und Naturwissenschaft.'' Band 1. 1864, S. 435–469 Tafel XI, XII.
* ''Über eine neue Form des Generationswechsels bei Medusen und über die Verwandtschaft der Geryoiniden und Äginiden.'' In: ''Monatsbericht der Berliner Akademie.'' 1865, S. 85–94.
* ''Über den Sarcodekörper der Rhizopoden.'' In: ''Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie.'' Band XV. 1865, S. 342-370.
* ''Über fossile Medusen.'' In: ''Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie.'' Band XV. 1865, S. 504-514.
* ''Die Familie der Rüsselquallen (Medusae Geryonidae).'' In: ''Jenaische Zeitschrift für Medizin und Naturwissenschaft.'' Band 2. 1865, S. 93-322. (Fortsetzung und Schluss)
* ''Beiträge zur Naturgeschichte der Hydromedusen.'' Heft I. ''Die Familie der Rüsselquallen (Medusae Geryonidae).'' Eine Monographie. Leipzig 1865.
* ''Generelle Morphologie der Organismen.'' Berlin 1866.
* ''Arabische Korallen. ein Ausflug nach den Korallenbänken des Rothen Meeres und ein Blick in das Leben der Korallenthiere''. Berlin 1876 [[doi:10.5962/bhl.title.10156]]
* ''Die Perigenesis der Plastidule oder die Wellenerzeugung der Lebenstheilchen.'' Berlin 1876. ({{DTAW|haeckel_plastidule_1876}})
* ''[[Die Welträtsel|Die Welträthsel]]. Gemeinverständliche Studien über Monistische Philosophie.'' Bonn 1899. ({{DTAW|haeckel_weltraethsel_1899}})
* ''Kunstformen der Natur : niedere Tiere''. 2. Aufl. Leipzig : Bibliographisches Inst., 1924. [http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:hbz:061:2-170858 Digitalisierte Ausgabe] der [[Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf]]
* ''Kunstformen der Natur.'' Marix, Wiesbaden 2004, ISBN 3-937715-17-7, nach der Originalausgabe von 1904, neu gesetzt, überarbeitet & eingeleitet


== Literatur ==
== Literatur ==
#Rudolf Steiner: ''Das Lukas-Evangelium'', [[GA 114]] (2001), ISBN 3-7274-1140-6 {{Vorträge|114}}
<!--chronologisch, Neueste zuerst-->
* Winfried Krakau: ''Ernst Haeckel. Der naturwissenschaftliche Monist und Philosoph, evolutionäre Humanist und Kirchenkritiker im »Gespräch« mit Winfried Krakau zu Fragen unserer Zeit.'' Karin Fischer Verlag, Aachen 2011, ISBN 978-3-8422-3916-6.
* Birk Engmann: ''Ernst Haeckel zum neunzigsten Todestag. Seine Überlegungen zu Theophysis, Kristallseele und Bewusstsein und deren heutige Bedeutung.'' In: ''Ärzteblatt Thüringen.'' 11/2009, {{ISSN|0863-5412}}, S. 681–684. [http://www.aerzteblatt-thueringen.de/pdf/thu09_681.pdf (online)] (PDF; 988&nbsp;kB)
* Robert J. Richards: ''The Tragic Sense of Life, Ernst Haeckel and the Struggle over Evolutionary Thought.'' The University of Chicago Press, Chicago/ London 2008, ISBN 978-0-226-71214-7.
* Volker Mueller, Arnher E. Lenz: ''Darwin, Haeckel und die Folgen. Monismus in Vergangenheit und Gegenwart.'' Angelika Lenz Verlag, Neustadt am Rübenberge 2006, ISBN 3-933037-56-5.
* Bernhard Kleeberg: ''Theophysis. Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen.'' Böhlau, Köln/Weimar 2005, ISBN 3-412-17304-5.
* Mario DiGregorio: ''From Here to Eternity. Ernst Haeckel and Scientific Faith.'' Göttingen 2005, ISBN 3-535-56972-9.
* Daniel Gasman: ''Haeckel's Monism and the Birth of Fascist Ideology''. Peter Lang, New York 1998, ISBN 0-8204-4108-2.
* Rüdiger Wehner, Walter Gehring: ''Zoologie.'' 23. Auflage. Thieme Verlag, Stuttgart 1995, ISBN 3-13-367423-4, Kap. 11.1.4, S. 573–575.
* {{NDB|7|423|425|Haeckel, Ernst Heinrich Philipp August|Georg Uschmann|118544381}}
* Johannes Hemleben: ''Rudolf Steiner und Ernst Haeckel'', Vlg. Freies Geistesleben, Stuttgart 1965
* Rudolf Steiner: ''Mysterienstätten des Mittelalters'', [[GA 233a]] (1991), ISBN 3-7274-2335-8 {{Vorträge|233a}}


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== Zitate über Ernst Haeckel ==
* [[Charles Darwin]]: „Wäre die ''Natürliche Schöpfungsgeschichte'' erschienen, bevor meine Arbeit niedergeschrieben war, dann würde ich sie wahrscheinlich nie zu Ende geführt haben. Fast alle Schlüsse, zu denen ich gekommen, finde ich durch diesen Naturforscher bestätigt, dessen Kenntnisse in vielen Punkten viel vollkommener sind als die meinen.“ (Einleitung zu ''Die Abstammung des Menschen'', Auflage 1870)
* [[Wikipedia:Franz Mehring|Franz Mehring]]: „Uns scheint das Buch von sehr aktuellem Interesse auch für die sozialdemokratische Partei zu sein“ (zu Haeckels Buch ''Die Welträthsel'', 1899/1900)
* [[Wikipedia:Thomas Alva Edison|Thomas Alva Edison]]: „Haeckel ist der größte unter den lebenden Menschen. Ich glaube absolut an seine Theorie.“
* [[Rudolf Steiner]]: „In ... widerspruchsvoller Art leben zwei Wesen in Haeckel. Ein Mensch mit mildem, liebeerfülltem Natursinn, und dahinter etwas wie ein Schattenwesen mit unvollendet gedachten, engumgrenzten Ideen, die Fanatismus atmeten ... Ein Menschenrätsel, das man nur lieben konnte, wenn man es sah; über das man oft in Zorn geraten konnte, wenn es urteilte.“ (''Mein Lebensgang'', 1925)


== Weblinks ==
== Weblinks ==
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{{Wikisource}}
{{Wikiversity|Haeckel, Ernst (1868)|Abb. Titelblatt und Frontispiz Ernst Haeckel: Natürliche Schöpfungsgeschichte (1868)}}
{{Wikiversity|Haeckel, Ernst (1899)|Abb. Titelblatt und zeitgenössischer Einband Ernst Haeckel: Die Welträthsel (1899)}}
* {{DNB-Portal|118544381}}
* [http://www.vifabio.de/vifabio-search.html?searchID=vKBio&lang=de&query=haeckel,%20ernst* Literatur von und über Ernst Haeckel] im Katalog der [http://www.vifabio.de/ Virtuellen Fachbibliothek Biologie (vifabio)]
* {{Zeno-Künstler|Kunstwerke/A/Haeckel,+Ernst}}
'''Von Ernst Haeckel:'''
* [http://www.zum.de/stueber/haeckel/weltraethsel/die_weltraethsel.html Die Welträthsel]
* [http://www.zum.de/stueber/haeckel/natuerliche/ Natürliche Schöpfungsgeschichte (Menschenaffen, Menschwerdung)]
* [http://www.zum.de/stueber/haeckel/anthropogenie/index.html Anthropogenie oder Entwicklungsgeschichte des Menschen. Keimes- und Stammes-Geschichte des Menschen. Prometheus, 1874] <ref>Bis Kapitel 10; damit unvollständig, seit 2008 nicht mehr bearbeitet</ref>
* [http://www.zum.de/stueber/haeckel/kunstformen/natur.html „Kunstformen der Natur“. Kunstbände, Volltext] (sehenswert!)
* [http://www.zum.de/stueber/haeckel/insulinde/capitel_01.html Volltext: Malayische Reisebriefe,] oder ''Indische Reisebriefe aus Insulinde.'' 1901<ref>Kapitel 1. Die folgenden Kapitel: durch Änderung der Zahl in der URL. Mit den Abb. der Printausgabe, Ges. Werke 6, 1924</ref>
'''Über Ernst Haeckel:'''
* [http://www.bnv-bamberg.de/home/ba2282/main/faecher/biologie/haeckel.htm Dr. Angelika Weiß-Merklein: Ernst Haeckel]
* [http://www/<!--sic!-->.gkpn.de/hofmann.htm Dr. Klaus Hofmann: Der Naturforscher, Philosoph und Aufklärer Ernst Haeckel]
* [http://www.wdr.de/radio/wdr3/bilder/sendung/lebenszeichen/060507ms-findeisen.pdf „Gegenpapst und Designer des Darwinismus“ – Wer kennt heute eigentlich noch Ernst Haeckel?] von Hans-Volkmar Findeisen, Sendemanuskript des [[WDR]]
* [http://www.thueringen.de/imperia/md/content/lzt/haeckel_.pdf Hoßfeld & Breidbach] [[Uwe Hoßfeld]] und [[Olaf Breidbach]]: ''Ernst Haeckels Politisierung der Biologie.'' Thüringen, LZpB, Blätter zur Landeskunde Nr. 54, 2005<ref>Nur noch online verfügbar</ref>
'''Ernst-Haeckel-Haus und Museum in Jena:'''
* [http://www2.uni-jena.de/biologie/ehh/museum/fuehrungen.htm Ernst-Haeckel-Haus] – Institut für Geschichte der Medizin, Naturwissenschaft und Technik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena
* [http://www.phyletisches-museum.uni-jena.de/ Phyletisches Museum Jena]
== Einzelnachweise ==
<references />
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*[http://www.gerd-albrecht.de/Die%20Gnostischen%20Schriften/Das%20Philippusevangelium.htm Das Philippusevangelium] (Gerd Albrecht)
[[Kategorie:Philosoph (19. Jahrhundert)]]
* [http://web.archive.org/web/20070912010206/http://wwwuser.gwdg.de/~rzellwe/nhs/node87.html#SECTION000190000000000000000 Das Philippusevangelium] (deutsche Übersetzung von Gerd Lüdemann und Martina Janßen)
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Version vom 5. Juli 2016, 10:10 Uhr

Ernst Haeckel

Ernst Heinrich Philipp August Haeckel (* 16. Februar 1834 in Potsdam; † 9. August 1919 in Jena) war ein deutscher Zoologe, Philosoph und Freidenker, der die Arbeiten von Charles Darwin in Deutschland bekannt machte und zu einer speziellen Abstammungslehre ausbaute. Im Rahmen seiner Auseinandersetzungen mit der Übertragbarkeit rassischer Kategorien auf die gesellschaftliche Entwicklung des Menschen zählt Haeckel – hier klarer Gegner seines Lehrers Virchow – zu den schließlich entschiedenen Vertretern einer „eugenischen“ Sozialpolitik.[1]

Haeckel war Arzt, später Professor für vergleichende Anatomie. Er prägte einige heute geläufige Begriffe der Biologie wie Stamm oder Ökologie. Auch bezeichnete Haeckel die Politik als angewandte Biologie.[2] Ernst Haeckel vertrat einen Monismus auf naturwissenschaftlicher Grundlage (Entwicklungs-Monismus) und gründete am 11. Januar 1906 den Deutschen Monistenbund in Jena.

Haeckel trug durch seine populären Schriften sehr zur Verbreitung des Darwinismus in Deutschland bei. Darüber hinaus erarbeitete er eine ausführliche embryologische Argumentation für die Evolutionstheorie und formulierte in diesem Zusammenhang das biogenetische Grundgesetz. Er gilt als Wegbereiter der Eugenik und Rassenhygiene, weil er fortschrittsoptimistisch von der Evolution eine Höherentwicklung und keine „Degeneration“ erwartete. Der Deutsche Monistenbund wurde wie auch andere Freidenkerorganisationen 1933 von den Nationalsozialisten verboten. Nationalsozialistische Ideologen zogen Ausschnitte seiner Aussagen später als Begründung für ihren Rassismus und Sozialdarwinismus heran, erklärten gleichzeitig aber wesentliche Teile von Haeckels Weltbild als unvereinbar mit der völkisch-biologischen Sichtweise des Nationalsozialismus.[3]

Leben

Ernst Haeckel

Kindheit und Jugend

Ernst Haeckel wurde 1834 als zweiter Sohn des Regierungsrates Philipp August Haeckel und seiner Frau Charlotte, geb. Sethe, die aus einer Juristenfamilie stammte, in Potsdam geboren. Ein Jahr nach Haeckels Geburt zog die Familie nach Merseburg, einer Regierungsbezirkshauptstadt in der Provinz Sachsen, wo er das örtliche Domgymnasium besuchte. Durch die naturwissenschaftlichen Interessen seines Vaters und die gezielte Förderung seines Lehrers Otto Gandters kam Haeckel früh mit den Schriften von Matthias Jacob Schleiden, Alexander von Humboldt und Charles Darwin in Kontakt. Einer autobiographischen Skizze zufolge war insbesondere die Reiseliteratur Humboldts und Darwins entscheidend für Haeckels spätere Berufswahl.[4]

Studium

Nach dem Abitur 1852 nahm Haeckel das Studium der Medizin in Berlin auf, wechselte jedoch auf Drängen seines Vaters noch im gleichen Jahr an die Universität Würzburg, deren medizinische Fakultät aufgrund der Professoren Albert von Kölliker, Franz von Leydig und Rudolf Virchow einen hervorragenden Ruf besaß. Die von Virchow entworfene Zellularpathologie wurde zu einem entscheidenden Element in Haeckels Denken (eine persönliche Freundschaft entwickelte sich zwischen Haeckel und Virchow aber nie). In bewusster Abgrenzung zur idealistischen Naturphilosophie erklärte Virchow, dass sich alle körperlichen Funktionen durch die Interaktion der Zellen erklären ließen. Diesen Ansatz fasste Haeckel als offensiv materialistisch auf, da er ohne die Annahme einer immateriellen Lebenskraft auskam und den Körper mechanistisch durch seine Zusammensetzung erklärte. Haeckel war begeistert von Virchows empirischen Erklärungsansätzen, sah in ihnen jedoch zugleich eine Gefahr für seinen Glauben. In einem 1856 verfassten Brief an seine Tante Bertha erklärte Haeckel, dass man zwischen den Bereichen des Wissens und des Glaubens unterscheiden müsse, da auch die erfolgreichsten wissenschaftlichen Erklärungen an ihre Grenzen stießen. An dieser Grenze beginne der christliche Glaube.[5]

Reise nach Italien

Nach dem Abschluss seines Medizinstudiums im März 1858 plante Haeckel die Habilitation bei dem Physiologen und Meeresbiologen Johannes Müller. Der überraschende und von Haeckel als Suizid interpretierte Tod Müllers zwang Haeckel zur Änderung seiner Pläne. Carl Gegenbaur, ein Freund aus Würzburg und neu berufener Professor in Jena, schlug Haeckel eine gemeinsame Italienfahrt vor, die gleichermaßen dem Ideal einer Bildungsreise und der Vorbereitung der Habilitation dienen sollte. Haeckel sagte zu, musste jedoch letztlich ohne den erkrankten Gegenbaur aufbrechen. Der erste Teil seiner Reise gestaltete sich nicht besonders erfolgreich. Von der religiösen Kunst, den Prozessionen und dem Papsttum abgestoßen, schrieb Haeckel an seine Verlobte Anna Sethe, dass er bei einem längeren Aufenthalt in Rom sicherlich zum Heiden werde.[6] Auch der Aufenthalt am Golf von Neapel war zunächst von Rückschlägen bestimmt, und Haeckel wandte sich unter dem Einfluss Hermann Allmers der Kunst zu. Erst im November 1859 beschloss Haeckel, sich den Radiolarien zu widmen, einer Gruppe von einzelligen Tieren, an denen Johannes Müller unmittelbar vor seinem Tod gearbeitet hatte. In kurzer Zeit sammelte Haeckel 101 neue Arten.

Professur, Reisen, politische Tätigkeit

1861 wurde Haeckel mit der Schrift De Rizopodum finibus et ordinibus habilitiert. 1862 hielt er die erste Vorlesung über die Entstehung der Arten. 1865 erhielt er die Ehrendoktorwürde in Philosophie und eine Professur für Zoologie in Jena, die damals zur Philosophischen Fakultät gehörte.

1866 bis 1867 unternahm Haeckel eine Reise zu den Kanarischen Inseln und nahm dort an der winterlichen Erstbesteigung des Teide teil. In dieser Zeit traf Haeckel mit Charles Darwin, Thomas Huxley und Charles Lyell zusammen.

Nach dem Tod seiner Frau Anna im Jahr 1864 heirateten 1867 Haeckel und Agnes Huschke, die Tochter des Anatomen, Zoologen und Embryologen Emil Huschke (1797–1858). Aus dieser Ehe stammten drei Kinder: Der Sohn Walter wurde 1868, die Tochter Elisabeth 1871 und die Tochter Emma 1873 geboren.

1869 reiste er nach Norwegen, 1871 nach Dalmatien, 1873 nach Ägypten, in die Türkei und nach Griechenland.

Von 1876 an war Haeckel Prorektor der Universität Jena und unternahm Vortragsreisen durch Deutschland. Bis 1879 folgten mehrere Reisen nach England und Schottland, in deren Verlauf es zu weiteren Begegnungen mit Charles Darwin kam, sowie eine Reise nach Korfu.

Von 1881 bis 1882 bereiste Haeckel erstmals die Tropen, unter anderem auch die Insel Ceylon.

Das Arbeitszimmer in der Villa Medusa, Jena, 2007

1882 war Haeckel am Bau der Villa Medusa und der Einrichtung des Zoologischen Institutes der Universität Jena beteiligt, deren Prorektor er 1884 erneut wurde. 1887 reiste Haeckel nach Palästina, Syrien und Kleinasien, 1890 nach Algerien, 1897 durch Südfinnland und Russland, 1899 nach Korsika und 1900 zum zweiten Mal in die Tropen. In dieser Zeit begann auch seine Freundschaft mit Frida von Uslar-Gleichen (1864–1903).

Haeckel betätigte sich auch politisch: So war er Mitglied des Alldeutschen Verbandes und wurde 1905 Ehrenmitglied der Gesellschaft für Rassenhygiene, ebenso war er ab 1889 Ehrenmitglied des korporativen „Medizinischen Vereins“ der Universität Jena (heute Landsmannschaft Rhenania zu Jena und Marburg).[7]

Um seine monistische Weltanschauung zu verbreiten, gründete Haeckel 1906 den Monistenbund am Jenaer Zoologischen Institut. Daneben setzte er sich stark für den Pazifismus ein, etwa indem er 1910 zusammen mit anderen bedeutenden Persönlichkeiten wie Friedrich Naumann und Max Weber einen in deutschen Zeitungen veröffentlichten „Aufruf zur Begründung eines Verbandes für internationale Verständigung“ unterzeichnete, der Abkommen mit anderen Nationen fördern sollte, um den Weltfrieden zu garantieren.[8][9]

1907 unternahm der Forscher seine letzte große Reise nach Schweden. 1908 stiftete Haeckel das Phyletische Museum in Jena.

1909 endete Haeckels Lehrtätigkeit, 1910 trat er aus der evangelischen Kirche aus. Seine Frau Agnes starb 1915. Haeckels Gebrechlichkeit nahm in dieser Zeit erheblich zu (Oberschenkelhalsbruch, Armbruch). 1918 verkaufte er die Villa Medusa an die Carl-Zeiss-Stiftung. Ernst Haeckel starb am 9. August 1919.

Haeckel als populärer Forscher

Generelle Morphologie der Organismen (Berlin 1866): In diesem Werk definierte Haeckel den Begriff Ökologie

Haeckels Ideen sind für die Geschichte der Evolutionstheorie von großer Bedeutung. Er definierte unter anderem den Begriff Ökologie und erwies seine Kompetenz als Anatom. Haeckel beschrieb Hunderte von neuen Arten. Inspiriert durch den Linguisten August Schleicher, mit dem er in Jena eng befreundet war, führte er Stammbäume zur Darstellung des historischen Verlaufes der Evolution in die Biologie ein. Diese Idee gilt heute als überholt; stattdessen verwenden aktuelle Systematiken Kladogramme und Phylogramme. Haeckel postulierte zudem erstmals den gemeinsamen Ursprung aller Organismen, wobei er allerdings die Abstammung aus dem Bereich dreier Gruppen für wahrscheinlicher hielt. Die meisten dieser Überlegungen sind mittlerweile jedoch wissenschaftlich falsifiziert.

Die Hauptwerke

Radiolarien (Strahlentierchen): Bildtafel Nr. 71 aus Kunstformen der Natur, 1899
Discomedusae: Bildtafel Nr. 8 aus Kunstformen der Natur, 1899

Haeckels Werke, die seinen Ruf in der Fachwelt begründeten, sind grundlegende meeresbiologische Monographien über Radiolarien (1862, 1887), Kalkschwämme (1872), Medusen (1879–1880) und Staatsquallen (1869, 1888). Diese Arbeiten brachten ihm letztlich die Berufung zum Professor, später zum ersten Ordinarius für Zoologie in Jena ein. Bei der Beschreibung der von der britischen Challenger-Expedition gesammelten Radiolarien benannte Haeckel über 3500 neue Arten. Sein Teil des Challenger-Reports umfasst drei Bände mit 2750 Druckseiten und 140 detaillierten Bildtafeln. Haeckel war nicht nur ein hervorragender Forscher, sondern auch ein begnadeter Zeichner, wie sämtliche aus seiner Hand stammenden Darstellungen und Bildtafeln auch heute noch durch ihre Naturtreue und Plastizität eindrucksvoll belegen. Diese besitzen aufgrund ihrer Materialfülle auch heute noch wissenschaftlichen Wert.

Nach 1859 nahm Haeckel die Gedanken von Darwins Entstehung der Arten auf. Haeckels Generelle Morphologie (1866) ist ein epochales Werk, das den Beginn zahlreicher noch folgender Synthesen verschiedener Teilgebiete der Biologie im Rahmen der Evolutionstheorie markiert. Nach der Generellen Morphologie begann Haeckel, gemeinverständliche, also an Laien gerichtete Bücher – oft verschriftlichte Vortragsreihen – zu publizieren. Diese gingen vom Gedanken der Abstammungslehre aus und thematisierten sowohl wissenschaftliche als auch philosophische Aspekte, die sich in einer monistischen Weltanschauung verdichten. Auflagenstärkstes Buch wurde der Weltbestseller Die Welträthsel von 1899.

Um 1900 endete Haeckels wissenschaftliche Arbeit; danach popularisierte er im Grunde nur noch seine eigenen Gedanken. Es erschienen Reiseberichte und ein Band mit Aquarellen. Den wichtigsten Überblick über Haeckels populäre Schriften bietet eine posthum erschienene sechsbändige Ausgabe der Gemeinverständlichen Werke.

Natürliche Schöpfungsgeschichte (1868)

Erstdruck

Mit der Natürlichen Schöpfungsgeschichte (1868) unternahm Haeckel den ersten Versuch, seine in der Generellen Morphologie entwickelten Gedanken auch für Laien verständlich zusammenzufassen. Trotz der großen Mängel, die Haeckel später bemerkte, erlebte die Natürliche Schöpfungsgeschichte bis zur Publikation der Welträthsel (1899) neun Auflagen und wurde in zwölf Sprachen übersetzt. Die Welträthsel und die Lebenswunder (1904) setzten diese Linie fort, überschritten jedoch zunehmend den Rahmen der Deutung biologischer Tatsachen im Kontext der Evolutionstheorie.

Unter anderem spekulierte er in diesem Werk über den Erdteil, in dem sich der Mensch entwickelt hatte. Haeckel ging davon aus, dass „die meisten Anzeichen auf das südliche Asien“ hindeuteten, räumte aber zugleich ein: „Vielleicht war aber auch das östliche Afrika der Ort, an welchem zuerst die Entstehung des Urmenschen aus den menschenähnlichen Affen erfolgte; vielleicht auch ein jetzt unter den Spiegel des indischen Oceans versunkener Kontinent [→ „Lemuria“], welcher sich im Süden des jetzigen Asiens einerseits östlich bis nach den Sunda-Inseln, andrerseits westlich bis nach Madagaskar und Afrika erstreckte.“ Den hypothetischen Urmenschen nannte Haeckel „Homo primigenius oder Pithecanthropus primigenius“.[10]

Anthropogenie (1874)

Stammbaum des Menschen nach Haeckel (1874)

Haeckel wendet in seiner Schrift Anthropogenie (1874, rund 730 Seiten) die in der Generellen Morphologie entwickelten Methoden auf den Menschen an. Nach einer historischen Einleitung in die Geschichte der Evolutionstheorien untersucht er die Keimesgeschichte des Menschen, indem er die Eizelle, Befruchtung, die Anlage der Keimblätter und des Blutkreislaufes im Sinne der Ontogenese darstellt. Der dritte Abschnitt umfasst die Stammesgeschichte oder Phylogenie. Hier stellt Haeckel zunächst einfache Wirbeltiere vor, dann verschiedene Stufen der Ahnenreihe des Menschen:

I. vom Moner zur Gastraea,[11]
II. vom Urwurm bis zum Schädelthier,
III. vom Urfisch bis zum Amnionthier (Gruppe aus Reptilien, Vögeln und Säugern) und
IV. vom Ursäuger bis zum Affen.

Der vierte Abschnitt behandelt die Entwicklungsgeschichte einzelner Organsysteme: Hautdecke und Nervensystem, Sinnesorgane, Bewegungsorgane, Darmsystem, Gefäßsystem und Urogenitalsystem. Es folgt ein zusammenfassendes Kapitel, in welchem Haeckel die dualistische Auffassung, besonders den Schöpfungsglauben und die Auffassung von einer von den Hirnfunktionen unabhängigen Seele, für widerlegt erklärt und seinen Monismus in kurzen Zügen umreißt. (Nahezu zeitgleich zu Haeckels Buch erschien Darwins Schrift Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, die sich methodisch allerdings völlig anders ausrichtete.)

„Studieren Sie heute, indem Sie von dem hier gemeinten rosenkreuzerischen Initiationsprinzip berührt worden sind, den Haeckelismus mit all seinem Materialismus, studieren Sie ihn, und lassen Sie sich durchdringen von dem, was Erkenntnismethoden sind nach «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?»: Was Sie in Haeckels «Anthropogenie» über die menschlichen Vorfahren in einer Sie vielleicht abstoßenden Weise lernen, lernen Sie es in dieser abstoßenden Weise, lernen Sie alles dasjenige darüber, was man durch äußere Naturwissenschaft lernen kann, und tragen Sie das dann den Göttern entgegen, und Sie bekommen dasjenige, was in meinem Buche «Geheimwissenschaft» über die Evolution erzählt ist.“ (Lit.:GA 233a, S. 89f)

Die Welträthsel (1899)

Im Gegensatz zu den vorherigen Schriften mit rein naturwissenschaftlichem Fokus bietet Haeckel mit seinem gemeinverständlichen Werk Die Welträthsel neben der breit angelegten Darstellung des zeitgenössischen Forschungssstandes in vielen Einzelwissenschaften eine philosophisch-weltanschauliche Deutung desselben. In vier Kapiteln behandelt er die Gegenstände Mensch, Seele, Welt und Gott. Das Buch ist in insgesamt 20 Unterkapitel gegliedert, welche die vier Hauptteile in analoger Weise strukturieren. Dabei erscheinen Hierarchie, Deszendenz und die evolutionäre Entwicklung als Strukturprinzipien der einzelnen Kapitel.

Der erste Teil beginnt mit einer Reflexion auf Wissenschafts – und Gesellschaftstrends. Gegenüber Missständen in der Wissenskultur und der Gesellschaft plädiert er für einen philosophischen Monismus als zu favorisierender Weltanschauung. Im weiteren Verlauf wird eine anatomische, physiologische, ontogenetische und phylogenetische Bestimmung des Menschen vorgenommen. Der zweite Teil bietet eine Betrachtung der Seele sowie eine Darstellung psychologischer Methoden und Konzepte. Gegenüber der etablierten Dualistischen Psychologie positioniert er sich aufseiten des psychologischen Monismus und stellt die Vergleichende Psychologie als überlegenen methodischen Ansatz vor. Dann folgt eine Bestimmung einzelner Seelenfunktionen und des Bewusstseins und ein Vergleich von Mensch – und Tierseele. Grundsätzlich verfolgt er eine reduktionistische Interpretation der Seele. Im dritten Teil beschreibt Haeckel zunächst das Substanzgesetz als monistisches Erklärungsmodell gegenüber dualistischen Theorien von Materie und Geist. Der gesamte Kosmos bestehe aus einer Substanz, welche sich aus Masse und Äther zusammensetzen, die alle in den Naturwissenschaften beobachtbaren Phänomene verursache. Seiner Auffassung zufolge ist der Kosmos unendlich und hat keinen Anfang. Gegenüber dem Kantschen Idealismus vertritt er die vom Beobachter unabhängige Realität von Raum und Zeit. Gemäß dem Darwinschen Evolutionsparadigma vertritt er die Meinung, dass teleologische Prozesse die biologische Materie konfigurieren. Der vierte Teil handelt von seinem modifizierten Religionskonzept. Aus der Evaluierung der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse folge der Pantheismus als überzeugende religiöse Anschauung. Die moderne Religiosität sei naturalistisch und ethische Werte wie Altruismus aus biologischen Erkenntnissen ableitbar.

Das Werk wird in die Gattung der Weltanschauungsliteratur eingeordnet. Es zeichnet sich dadurch aus, dass separate Wissenschaftsbereiche durch komplexe Darstellungsformen zu einer einheitlichen Wirklichkeitsdeutung zusammengeführt werden. In dieser Gattung werden Weltanschauungen literarisch vermittelt, weswegen das textliche Ich zur Rechtfertigungsinstanz wird. Durch Strukturierungsverfahren, rhetorische Mittel und exzessiven Gebrauch von Fachtermini gelingt es Haeckel den teilweise spekulativen Charakter seines Werkes zu verschleiern und Wissenschaftlichkeit zu suggerieren.

Wissenschaftliche und weltanschauliche Positionen

Seeanemonen: Bildtafel Nr. 49 aus Kunstformen der Natur, 1899
Ascidiacea: Bildtafel Nr. 85 aus Kunstformen der Natur, 1904

Kunst und Natur

Haeckel sah die Biologie in vielem mit der Kunst verwandt. Seine künstlerische Begabung wurde durch Symmetrien in der Natur stark angesprochen, unter anderem der von Einzellern wie den Radiolarien. Besondere Berühmtheit erlangten seine Abbildungen von Planktonorganismen und Quallen, die die biologische Welt in eindrucksvoller Schönheit darstellten. Dies war schon in seinen wissenschaftlichen Monographien der Fall, besonders aber seine populären Kunstformen der Natur, die er von 1899 bis 1904 in mehreren Heften veröffentlichte, gehörten – wie Brehms Tierleben – in den Haushalt eines jeden Bildungsbürgers. Seine Darstellungen beeinflussten die Kunst des beginnenden 20. Jahrhunderts. So beruhen die Glaslüster im Ozeanischen Museum Monaco von Constant Roux ebenso auf Vorlagen Haeckels wie das monumentale Tor des französischen Architekten René Binet auf der Pariser Weltausstellung 1900. Binets von Haeckel inspiriertes Tafelwerk Esquisses décoratives wurde zu einer Grundlage des Art nouveau (Jugendstil).

Auch Haeckels Wohnhaus (Villa Medusa, heute das Ernst-Haeckel-Museum) und das von ihm gestiftete Gebäude des Phyletischen Museums, beides in Jena, führen Kunst und Wissenschaft zusammen, in dem z. B. Ornamente der Fassade und Innenausstattung Tafelwerke zu den Medusen zitieren. Haeckel war unglaublich arbeitsam. So beschrieb er allein von der britischen Challenger-Expedition über 3500 neue Radiolarien-Arten. Haeckels Challenger-Report umfasst drei Bände mit 2750 Druckseiten und 140 detailliert gestochenen Tafeln dieser fragilen Organismen. Insbesondere nach dem Tod seiner ersten Frau arbeitete er vielfach mehr als 18 Stunden am Tag.

Biogenetische Grundregel

Haeckels Beobachtungen der Parallelen zwischen Ontogenese und Phylogenese waren Grundlage für die Postulierung eines kausalen Zusammenhangs zwischen ontogenetischen und evolutionären Prozessen; seine Theorie lässt sich in dem Satz „Die Ontogenese rekapituliert die Phylogenese“ zusammenfassen. Die bereits von Baer gemachte Beobachtung, dass sich frühe Ontogenese-Stadien nahe verwandter Organismen stärker ähneln als die späteren Adultformen, ist nach wie vor gültig. Die von Haeckel daraus gezogene Schlussfolgerung eines kausalen Zusammenhangs ist jedoch lange umstritten gewesen und wird von Biologen inzwischen weitgehend abgelehnt.

Die übereinstimmenden Grundmerkmale phylogenetisch verwandter Organismen lassen sich im Rahmen der Evolutionstheorie verstehen, da neue Merkmale in der Regel auf bereits existierenden Merkmalen aufbauen. Ein modernes Verständnis der biogenetischen Grundregel setzt das Verständnis des Organismus als sich kontinuierlich anpassendes, stets im Umbau befindliches System voraus.

Evolution und Monismus

Philosophisch verfocht Haeckel eine monistische Naturphilosophie, unter der er eine „Einheit von Materie und Geist“ verstand. So schrieb er in Die Welträtsel:

„Die Verschmelzung der anscheinenden Gegensätze, und damit der Fortschritt zur Lösung des fundamentalen Welträthsels, wird uns aber durch das stetig zunehmende Wachsthum der Natur-Erkenntniß mit jedem Jahre näher gelegt. So dürfen wir uns denn der frohen Hoffnung hingeben, daß das anbrechende zwanzigste Jahrhundert immer mehr jene Gegensätze ausgleichen und durch Ausbildung des reinen Monismus die ersehnte Einheit der Weltanschauung in weiten Kreisen verbreiten wird.“

Dabei war Haeckel kein strenger Atheist. Zwar lehnte er jeden Schöpfungsakt strikt ab (daher die Schärfe seiner Auseinandersetzung mit den Kreationisten, etwa mit Arnold Braß und dem Keplerbund), er kam jedoch aus einem christlichen Elternhaus und sah die Natur – bis hin zu anorganischen Kristallen – als beseelt an. Sein Monismus war der einer durchgeistigten Materie; er sah Gott als identisch mit dem allgemeinen Naturgesetz und vertrat einen durch Johann Wolfgang von Goethe und Spinoza inspirierten Pantheismus. In diesem Zusammenhang sprach er uner anderem von einem „Zellgedächtnis“ (Mneme) und „Kristallseelen“.

In Die Welträtsel zitiert Ernst Haeckel mehrmals seinen (heute wesentlich weniger bekannten) Kollegen Johann Gustav Vogt, vor allem bezüglich seiner Vorstellungen über Elektromagnetismus und einen universellen Äther.[12] Gemäß Haeckel und Vogt besitzen Masse und Äther sowohl Empfindung als auch Willen, sie „empfinden Lust bei Verdichtung, Unlust bei Spannung; sie streben nach der ersteren und kämpfen gegen letztere“. Wegen dieses Weltbildes werden die beiden auch als hylozoistische Naturphilosophen bezeichnet.[13]

Haeckel nahm im September 1904 am Internationalen Freidenker-Kongress in Rom teil, den 2000 Menschen besuchten. Dort wurde er anlässlich eines gemeinsamen Frühstücks feierlich zum „Gegenpapst“ ausgerufen. Bei einer folgenden Demonstration der Teilnehmer auf dem Campo de’ Fiori vor dem Denkmal Giordano Brunos befestigte Haeckel einen Lorbeerkranz am Denkmal. Haeckel nahm diese Ehrungen gerne an: „Noch nie sind mir so viele persönliche Ehrungen erwiesen worden, wie auf diesem internationalen Kongreß.“ Diese Provokation am Sitz des Papstes löste eine massive Kampagne und Anfeindungen von kirchlicher Seite aus. Insbesondere wurde seine wissenschaftliche Integrität in Frage gestellt, und er wurde als Fälscher und Betrüger dargestellt sowie als „Affen-Professor“ verhöhnt. Allerdings gaben 46 bekannte Professoren eine Ehrenerklärung für Haeckel ab.

Am 11. Januar 1906 wurde auf Haeckels Initiative der Deutsche Monistenbund in Jena gegründet, den Ernst Haeckel schon im September 1904 in Rom vorgeschlagen hatte. Mit dem Monistenbund fanden die bereits seit kurzer Zeit bestehenden, sehr heterogenen monistischen Bestrebungen einen übergreifenden organisatorischen Rahmen, der sich dezidiert auf eine naturwissenschaftliche Basis im Sinne Haeckels stellte, in den aber nicht alle Vertreter des Monismus eingebunden wurden. Haeckel wurde Ehrenpräsident des Deutschen Monistenbundes.

Ernst Haeckel gehörte zu den führenden Freidenkern und Vertretern eines naturwissenschaftlich orientierten Fortschrittsgedankens, wodurch seine Ideen nicht nur für rechte und national gesinnte, sondern auch für bürgerlich-liberale sowie linke Kreise attraktiv waren. Die Monisten um Haeckel hatten damals viele Anhänger; so zählten beispielsweise Ferdinand Tönnies, Henry van de Velde, Alfred Hermann Fried, Otto Lehmann-Rußbüldt, Helene Stöcker, Magnus Hirschfeld und Carl von Ossietzky dazu. Teile seiner Ideen wurden von Nationalsozialisten übernommen, die zwar den Monismus ablehnten, die sozialdarwinistischen Aspekte Haeckels jedoch gut für ihre Ideologie verwenden konnten.

Pazifismus und Friedensbewegung

Ernst Haeckel vertrat pazifistische Ideen. So unterstützte er die Friedensbewegung Bertha von Suttners (die die Werke Haeckels und Darwins las und die Evolutionslehre vertrat) durch Glückwunschadressen und Briefe.[14] Im Jahr 1913 gründete Haeckel zusammen mit der französischen Sozialistin Henriette Meyer die internationale Friedensvereinigung L'Institut Franco-Allemand de la Réconciliation und die Zeitschrift La Réconciliation, welche für einen andauernden Frieden zwischen Deutschland und Frankreich eintreten sollte. In einem Leitartikel „Vernunft und Krieg“ in La Réconciliation identifizierte er das Wettrüsten als Problem, das unaufhaltsam zu einem Krieg führen könne, und verurteilte den nationalen Chauvinismus, der Deutschland, Frankreich und Großbritannien erfasst hatte.

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs verteidigte Haeckel jedoch die deutsche Beteiligung am Krieg und äußerte sich zunehmend nationalistisch. In Haeckels Sichtweise[15] war vor allem England für den Ausbruch des Krieges verantwortlich, den Haeckel 1916 in einem Brief an seinen Neffen Konrad Huschke[16] einen „schrecklichen Weltkrieg“ mit „furchtbaren Verlusten“ nannte. Haeckel unterzeichnete am 2. Oktober 1914 den kriegsbejahenden Aufruf „An die Kulturwelt“, der von weiteren 92 Intellektuellen, darunter dem Physiker Max Planck und dem Schriftsteller Gerhart Hauptmann, unterschrieben wurde.[17]

Ethik und Zukunft

Die in den Welträtseln beschriebene monistische Ethik bleibt bei allem revolutionären Anspruch, wie Iring Fetscher anmerkt, im Umkreis erfüllbarer bürgerlicher Alltagstugenden stecken. Haeckel leitet aus dieser Ethik allerdings eine Utopie ab, die die Fortschritte von Wissenschaft und Technik auch gesellschaftlich nutzen möchte. Haeckel schreibt:

„Die höhere Kultur, der wir erst jetzt entgegen zu gehen anfangen, wird voraussichtlich die Aufgabe stets im Auge behalten müssen, allen Menschen eine möglichst glückliche, d.h. zufriedene Existenz zu verschaffen. Die vervollkommnete Moral, frei von allem religiösen Dogma und auf die klare Erkenntnis der Naturgesetze gegründet, lehrt uns die alte Weisheit der goldenen Regel (Die Welträthsel, Kap. 19), mit den Worten des Evangeliums: ‚Liebe deinen nächsten als dich selbst.‘ Die Vernunft führt uns zu der Einsicht, daß ein möglichst vollkommenes Staatswesen zugleich die möglichst große Summe von Glück für jedes Einzelwesen, das ihm angehört, schaffen muß. Das vernünftige Gleichgewicht zwischen Eigenliebe und Nächstenliebe, zwischen Egoismus und Altruismus, wird das Ziel unserer monistischen Ethik. Viele barbarische Sitten und alte Gewohnheiten, die jetzt noch als unentbehrlich gelten: Krieg, Duell, Kirchenzwang usw. werden verschwinden. Schiedsgerichte werden hinreichen, um in allen Rechtsstreitigkeiten der Völker und Personen den Ausgleich herbeizuführen. Das Hauptinteresse des Staates wird nicht, wie jetzt, in der Ausbildung einer möglichst starken Militärmacht liegen, sondern in einer möglichst vollkommenen Jugenderziehung auf Grund der ausgedehntesten Pflege von Kunst und Wissenschaft. Die Vervollkommnung der Technik, aufgrund der Erfindungen in der Physik und Chemie, wird die Lebensbedürfnisse allgemein befriedigen; die künstliche Synthese vom Eiweiß wird reiche Nahrung für alle liefern. Eine vernünftige Reform der Eheverhältnisse wird das Familienleben glücklich gestalten.“ (Die Lebenswunder, 1904, Kap. 17, Abschnitt IV c, vollständig)

Haeckel zählt Mitleid und Sympathie zu den edelsten Gehirnfunktionen, welche zu den wichtigsten Bedingungen des sozialen Zusammenlebens sowohl bei Menschen als auch bei höheren Tieren gehören (Die Lebenswunder, 1904, S. 131). Er sieht das Gebot der Nächstenliebe, wenn auch nicht von Christus zuerst entdeckt, so doch zu Recht vom Christentum in den Vordergrund gestellt. Darin liegt nach ihm der hohe ethische Wert des Christentums, der auch dann noch fortdauern werde, wenn dessen übrige „morsche Dogmen“ längst in Trümmern zerfallen seien. Insbesondere wendet er sich gegen einen reinen Egoismus:

„Daher sind die Propheten des  r e i n e n  E g o i s m u s,  F r i e d r i c h  N i e t z s c h eM a x  S t i r n e r  u. s. w.  [Hervorhebung im Original] in biologischem Irrthum, wenn sie allein ihre ‚Herrenmoral‘ an Stelle der allgemeinen Menschenliebe setzen wollen und wenn sie das Mitleid als eine Schwäche des Charakters oder als einen moralischen Irrthum des Christenthums verspotten.“ (Die Lebenswunder, 1904, S. 131 f.)

Eugenik und Sozialdarwinismus

Weil sich Ernst Haeckel sehr dezidiert zu eugenischen Fragestellungen äußerte und dabei Selektionsmechanismen und Züchtungsgedanken ansprach, wird er von verschiedenen Historikern als einer der wichtigsten Wegbereiter der Rassenhygiene und Eugenik in Deutschland betrachtet.[18][19][20]

Auch Wilhelm Schallmayer, ein Schüler Haeckels, bescheinigte seinem ehemaligen Lehrer, wesentliche Grundgedanken der Eugenik ausgesprochen zu haben.[21]

In Haeckels Buch Die Lebenswunder (1904) heißt es etwa:

„Es kann daher auch die Tötung von neugeborenen verkrüppelten Kindern, wie sie z. B. die Spartaner behufs der Selection des Tüchtigsten übten, vernünftiger Weise gar nicht unter den Begriff des ‚Mordes‘ fallen, wie es noch in unseren modernen Gesetzbüchern geschieht. Vielmehr müssen wir dieselbe als eine zweckmäßige, sowohl für die Betheiligten wie für die Gesellschaft nützliche Maßregel billigen.“ (Die Lebenswunder, 1904, S. 23)

Oder:

„Hunderttausende von unheilbaren Kranken, namentlich Geisteskranke, Aussätzige, Krebskranke u.s.w. werden in unseren modernen Culturstaaten künstlich am Leben erhalten und ihre beständigen Qualen sorgfältig verlängert, ohne irgend einen Nutzen für sie selbst oder für die Gesammtheit.“ (Die Lebenswunder, 1904, S. 134)

Haeckel griff die Idee auf, die Ausschaltung der Selektion durch die Medizin würde zu degenerativen Erscheinungen führen, und popularisierte sie in Deutschland. Dabei entwickelte er diese Überlegungen jedoch nicht wie Francis Galton in systematischer Weise. Vor allem vollzog er nicht wie sein Schüler Wilhelm Schallmayer und sein Freund Alfred Ploetz die „entscheidende Wende von der bloßen Diagnostik degenerativer Tendenzen zu einer therapeutischen Programmatik“.[22] Haeckel blieb auf der Basis der Theorie Darwins bei der deduktiven Feststellung angeblicher degenerativer Tendenzen in den zivilisierten Gesellschaften und stellte noch keine Überlegungen über eine Gegenstrategie an. Zu stark war bei Haeckel der Glaube an die natürlichen Regulationsmechanismen im Evolutionsprozess ausgeprägt. Die Furcht vor einer längerfristigen „Entartung“ war bei späteren Eugenikern, vor allem im Dritten Reich, als Hauptmotiv viel stärker vorherrschend. Das von Haeckel vielzitierte Beispiel von Sparta und die von ihm bewunderte spartanische Praxis der „Beseitigung anormal geborener Säuglinge“ ordnen die Historiker Peter Weingart, Jürgen Kroll und Kurt Bayertz wie folgt ein:

„Haeckels Interesse etwa war rein theoretischer Art. Er führte die spartanische Menschenzüchtung als ein Beispiel für die Wirksamkeit des Selektionsprinzips in der menschlichen Gesellschaft an. Den so naheliegenden, sich aufdrängenden Schritt von der Theorie zur Praxis ging er nicht; obwohl er auf die kontraselektorischen Wirkungen der Zivilisation verwies, kam ihm nicht die Idee, die spartanische Menschenzüchtung als ein nachahmenswertes Vorbild zu nehmen, dem es auf der Basis und mit den Mitteln der modernen Selektionstheorie nachzueifern gelte.“[23]

Der Historiker R. J. Richards bescheinigt Haeckel darüber hinaus, die Position vertreten zu haben, dass die Evolutionstheorie keine praktischen politischen Implikationen habe.[24] So antwortet Haeckel etwa auf einen Angriff von Rudolf Virchow, welcher der Abstammungslehre sozialistische Tendenzen vorwirft:

„Übrigens möchten wir bei dieser Gelegenheit nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, wie gefährlich eine derartige unmittelbare Übertragung naturwissenschaftlicher Theorien auf das Gebiet der praktischen Politik ist. Die höchst verwickelten Verhältnisse unseres heutigen Kulturlebens erfordern von dem praktischen Politiker eine so umsichtige und unbefangene Berücksichtigung, eine so gründliche historische Vorbildung und kritische Vergleichung, dass derselbe immer nur mit grösster Vorsicht und Zurückhaltung eine derartige Nutzanwendung eines 'Naturgesetzes' auf die Praxis des Kulturlebens wagen wird.“ (Freie Wissenschaft und freie Lehre, 2. Auflage. 1908, S. 69)

Otto Speck vertritt dagegen die Auffassung, dass Ernst Haeckel 1911 in Dresden eine eugenische Beratungsstelle eröffnete und sich sehr wohl um eine praktische Umsetzung der Rassenhygiene und Eugenik in der Politik bemühte. Er schreibt: „Konkrete Ziele waren eine rassenhygienische Eheberatung und in politischer Hinsicht die Durchsetzung gesetzlicher Regelungen zur Sterilisierung fortpflanzungsunwürdiger Personen aus den unteren sozialen Schichten.“[25]

Durch die Übertragung des darwinistischen Evolutions- und Selektionsprinzips auf menschliche Gesellschaften bereitete Ernst Haeckel in Deutschland, so verschiedene Wissenschaftler, den Boden für den Sozialdarwinismus.[26][27][28] Der Soziologe Fritz Corner bezeichnete ihn 1975 als Vater des deutschen Sozialdarwinismus.[29]

Im Jahre 1900 fungierte Haeckel als Vorsitzender eines Gremiums in einem von der Familie Krupp finanzierten Wettbewerb. Dort wurden Aufsätze bewertet, in denen das Thema „Rassenhygiene“ im Hinblick auf innenpolitische und gesetzgeberische Konsequenzen abgehandelt wurde. Das Gremium behauptete, dass die Idee von der Gleichheit aller Menschen eine „Entartung“ und Degeneration der „Zivilisation“ nach sich zöge.[30] Das Preisausschreiben gewann Wilhelm Schallmayer mit seiner Arbeit Was lernen wir aus den Prinzipien der Descendenztheorie in Beziehung auf die innerpolitische Entwickelung und Gesetzgebung der Staaten?. Diese Arbeit spielte für die Verbreitung der sozialdarwinistischen Ideen in Deutschland eine besondere Rolle, weil sie in großem Maße zu einer Politisierung anthropologischer Themen beitrug.[31]

1905 wurde Haeckel Mitglied in der von Alfred Ploetz gegründeten Gesellschaft für Rassenhygiene. Satzung und Ziel der Gesellschaft sahen die Förderung der „Theorie und Praxis der Rassenhygiene unter den weißen Völkern“ vor. Die Gesellschaft trug in Deutschland wesentlich zur Institutionalisierung der Rassenhygiene als wissenschaftliches Fach bei.

Euthanasie

Als einer der ersten deutschsprachigen Autoren, der die Tötung Schwerkranker – auf ihren Wunsch – und Schwerbehinderter – ohne ihre Zustimmung – forderte, wurde Haeckel auch zum Vordenker und Wegbereiter der freiwilligen und unfreiwilligen „Euthanasie“ in Deutschland. Schon drei Jahre vor der Programmschrift Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens von Alfred Hoche und Karl Binding (1920) hatte er in Ewigkeit (1917) über „die unheilbar an Geisteskrankheit, an Krebs oder Aussatz Leidenden, die selbst ihre Erlösung wünschen“, „neugeborene Kinder mit Defekten“ und „Mißgeburten“ unmissverständlich geschrieben: „Eine kleine Dosis Morphium oder Cyankali würde nicht nur diese bedauernswerten Geschöpfe selbst, sondern auch ihre Angehörigen von der Last eines langjährigen, wertlosen und qualvollen Daseins befreien“ (S. 35). Darin klingt Hoches Begriff der „Ballastexistenzen“ bereits an, und mit seinen Ausführungen über den angeblich geringeren „Lebenswert“ verschiedener Menschengruppen (Lebenswunder, 1904, S. 291–315) hatte Haeckel schon zuvor maßgeblich zur Idee von „lebensunwertem Leben“ beigetragen.

Kritik

Haeckel wird vorgeworfen, immer wieder seine Autorität als Naturwissenschaftler missbraucht zu haben, um seine politischen Ideen zu legitimieren. Allerdings verneinte Haeckel eine politische Rolle: „Ich selbst bin nichts weniger als Politiker. .. Ich werde daher weder in Zukunft eine Rolle spielen, noch habe ich früher jemals einen Versuch dazu gemacht.“ (Freie Wissenschaft und freie Lehre, 2. Auflage. 1908, S. 69)

Sein biogenetisches Grundgesetz von 1866 wird von der modernen Biologie in seiner Schlussfolgerung als widerlegt betrachtet. Es ist keinesfalls ein Naturgesetz, wie zunächst von Baer und Haeckel postuliert wurde. Dennoch hat die Beobachtung einer scheinbaren Rekapitulation der Entwicklungsstadien der Organismen nach wie vor eine Bedeutung. Sie zeigt eine Verwandtschaft der betrachteten Arten auf und ist, wenn auch kein Gesetz, so doch eine wiederholbare und belegbare morphologische Beobachtung. Auch die bekannten Lehrbuchautoren Rüdiger Wehner und Walter Gehring schreiben in ihrem Lehrbuch Zoologie:

„Die Form freilich, die Haeckel (1834–1919) in seiner ‚biogenetischen Grundregel‘ (1866) diesem Sachverhalt prägnant, aber stark vergröbernd gegeben hat, daß nämlich die Ontogenese eines Organismus die Rekapitulation seiner Phylogenese bedeute, beschreibt die Verhältnisse zu einseitig. Die Embryonalentwicklung jedes Organismus ist reich an Eigenanpassungen (Caenogenesen), die – wie die Keimhülle der Amnioten (Abb. 3.20) – den spezifischen Bedingungen des sich entwickelnden Embryos Rechnung tragen.“

Die Haeckel zugeschriebene Neigung zur philosophischen Bewertung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse soll mit dafür verantwortlich sein, dass seine Abbildungen biologischer Objekte teilweise bewusst verfälscht sind. In der Embryonenkontroverse unterstellte ihm daher unter anderem Wilhelm His bewussten Wissenschaftsbetrug. Andere Beobachter vermuten dagegen, dass die tendenzielle Deutung seiner embryologischen Beobachtungen als zu starke Schematisierung verstanden werden kann.

Haeckel entwickelte im hohen Alter während des Ersten Weltkrieges zudem einen polemischen deutschnationalen Chauvinismus, der sich besonders deutlich in seinem Text Ewigkeit äußert: „Ein einziger feingebildeter deutscher Krieger […] hat einen höheren intellektuellen und moralischen Lebenswert als hunderte von den rohen Naturmenschen, welche England und Frankreich, Russland und Italien ihnen gegenüberstellen.“[32] 1917 war er an der Gründung der Deutschen Vaterlandspartei beteiligt, die einen Siegfrieden propagierte. In der Generellen Morphologie heißt es zudem: „Die Unterschiede zwischen den höchsten und den niedersten Menschen [sind] grösser, als diejenigen zwischen den niedersten Menschen und den höchsten Thieren.“ Dies folgerte er allerdings ausdrücklich nicht aus der Genetik, sondern aus der sozialdarwinistischen Theorie.

Wirkungsgeschichte: weltanschauliche Bedeutung und Ausbeutung

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In der Historiographie bestehen zwei Extrempositionen zur politischen Einordnung des Darwinismus bzw. Sozialdarwinismus. Hans-Günther Zmarzlik (1963)[33] zieht eine Linie von sozialdarwinistischen Entwürfen zu rechtsradikalen Ideologien. David Gasmann (1971) und unabhängig davon Richard Weikart sehen in Haeckel gar einen Vordenker des Nationalsozialismus. In Bezug auf den Darwinismus kommt dagegen etwa Gunter Mann (1973) zu dem Urteil, der Darwinismus sei ein integraler Bestandteil der „marxistisch-kommunistisch-materialistischen Weltanschauung“ (Mann). Diese unterschiedlichen Zuschreibungen finden sich vereinnahmend oder ablehnend auch bei Gegnern und Befürwortern Haeckels.

Günter Altner (1981) schlägt ein Stufenmodell eines nicht zwangsläufigen Weges von Darwinismus zum Nationalsozialismus vor, das auch geeignet ist, Haeckels Beitrag zu bestimmen. Nach dem wissenschaftlichen Darwinismus bilden danach Sozialdarwinismus, Rassenhygiene und Rassenanthropologie die entscheidenden und zeitlich und logisch aufeinander folgenden Schritte. Rasse ist in der ursprünglichen Bedeutung von Rassenhygiene kein Begriff des Rassenkampfes, sondern wird im Sinne der englischen Sprache als Synonym für die gesamte Menschheit gebraucht. Haeckel liefert in diesem Modell relevante Beiträge zu den ersten drei Stufen: Im Rahmen des wissenschaftlichen Darwinismus bestimmt er die Stellung des Menschen innerhalb der Primaten. Auf der Stufe des Sozialdarwinismus überträgt er biologische Vorstellungen auf gesellschaftliche Verhältnisse – wobei oftmals seine antiklerikale bzw. antikatholische Haltung den Ausschlag gibt. In der Rassenhygiene bleibt Haeckel im 19. Jahrhundert verfangen. Er fördert vor allem die Arbeit anderer Autoren.[34] Bei dem Preisausschreiben „Was lernen wir von den Prinzipien der Deszendenztheorie?“ 1900 fördert er den Arzt Wilhelm Schallmayer, der Haeckels Thesen radikalisierte und dessen Schriften später zu einem der Grundpfeiler der angewandten Rassenhygiene in der Zeit des Nationalsozialismus wurden.

Die sozialistische Rezeption bis 1933

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Haeckel wurde von verschiedenen Sozialdemokraten, Sozialisten und Anarchisten[35] wie etwa Alfred Hermann Fried, Magnus Hirschfeld, Friedrich Albert Lange, August Bebel, Lenin, Otto Lehmann-Rußbüldt, Julius Schaxel, Helene Stöcker, Ferdinand Tönnies oder Henry van de Velde gelesen und diskutiert.[36] Karl Kautsky arbeitete programmatisch zu Rassenfragen, wobei er sich auf Haeckel bezog.[37]

In der politischen Linken war man sich in Bezug auf die Einschätzung Haeckels keineswegs einig. So finden sich etwa im ersten Jahrgang der populärwissenschaftlich-sozialistischen Zeitschrift Urania (1925) bei drei Bezugnahmen auf Haeckel drei unterschiedliche Positionen. Robert Niemann würdigt Haeckel als nachbürgerlichen, entwicklungsgeschichtlich orientierten Freigeist, für Karl August Wittfogel ist Haeckel ein Ahnherr zur Zerstörung der alten Ideologie, „die das geistige Bollwerk der kapitalistischen Besitzverhältnisse bildet“. K. Schäfer kritisiert den Sozialdarwinismus bei der Rückführung der Ethik auf die Naturwissenschaft. Es könne nichts anderes als „waschechte kapitalistische Ethik“ herauskommen und belegt dieses mit einem Zitat von Haeckel. „Der Darwinismus ist alles andere eher als sozialistisch“ (S. 258). Allerdings stammt dieses Zitat Haeckels aus einer Verteidigungsschrift Haeckels[38] gegen die heftigen Angriffe Rudolf Virchows.[39] Virchow wandte sich, entgegen dem Bestreben Haeckels, gegen die Einführung darwinistischer Inhalte in Lehrpläne für höhere Schulen und Universitäten und versuchte den Darwinismus dadurch zu diskreditieren, indem er ihn mit Sozialismus und Kommunismus in Verbindung brachte, ein in der unter dem Eindruck der chaotischen Geschehnisse während der Pariser Kommune stehenden Zeit schwerwiegender Vorwurf.[40]

Für Lenin spielte Haeckel keine große Rolle, er findet lediglich in seiner Schrift Empiriokritizismus und historischer Materialismus ausführlicher Erwähnung, in Bezug auf Haeckels Buch Welträtsel. Dabei schließt sich Lenin der Kritik Franz Mehrings an, nach der die Unzulänglichkeit Haeckels darin bestehe, „daß er keine Ahnung vom historischen Materialismus hat und sich so zu einer Reihe haarsträubender Absurditäten sowohl über Politik als auch über eine monistische Religion usw. usf. versteigt“. Das Buch dient als Beweis für die Unfähigkeit des „naturwissenschaftlichen Materialismus, bei gesellschaftlichen Fragen mitzureden“. Die „starke Seite“ des Buches sei die Darstellung, die Haeckel „vom Siegeszug des naturwissenschaftlichen Materialismus gibt“.[41]

Magnus Hirschfeld gewann Haeckel nach einem Besuch als Autor seiner Zeitschrift für Sexualwissenschaft zum Thema menschliche Hermaphroditen.[42]

Bedeutend sind auch die Beiträge, die Haeckels Nachlassverwalter Heinrich Schmidt für die Buchreihen des marxistischen Urania Verlages zum Thema Affenabstammung des Menschen, Kampf ums Dasein oder Fortpflanzung schrieb.

Die nationalsozialistische Rezeption

Haeckels Privatsekretär Heinrich Schmidt wurde nach dem Tod Haeckels 1920 dessen Nachlassverwalter und Direktor des Ernst-Haeckel-Hauses der Friedrich-Schiller-Universität Jena sowie Herausgeber der „Monistischen Monatshefte“. Nach dem Verbot dieser Zeitschrift 1933 aus politisch-inhaltlichen Motiven gründete Schmidt die Zeitschrift „Natur und Geist, Monatshefte für Wissenschaft, Weltanschauung und Weltgestaltung“. Schmidt entwickelte sich zunehmend radikal-nationalistisch.[43] In diesem Zusammenhang griff er auf zum Teil rassistische und nationalistische Argumente zurück, welche in ihrer Radikalität die Meinungen seiner Kollegen Ludwig Plate oder Hans F. K. Günther bei weitem übertrafen.[44] Sein Versuch, das Ernst-Haeckel-Haus sowie die Person Haeckels im nationalsozialistischen Sinne umzugestalten beziehungsweise umzudeuten, scheiterte letztendlich.[44] Über den Umweg der Zeitschrift Natur und Geist fanden weltanschauliche Argumente Einzug in das Standardwerk zur menschlichen Erblichkeitslehre und Rassenhygiene von Erwin Baur, Eugen Fischer und Fritz Lenz.[45]

Weitere Wissenschaftler, die Haeckels Werk und dessen Popularität nach 1933 im nationalsozialistischen Sinne zu verwerten versuchten, waren beispielsweise Karl Astel (1898–1945), Lothar Stengel von Rutkowski (1908–1991), Heinz Brücher (1915–1991), Victor Julius Franz (1883–1950) oder der nach dem Dritten Reich bedeutende Evolutionsbiologe Gerhard Heberer (1901–1973). Sie sammelten und publizierten nationalistische Texte und Bücher oder verwerteten antisozialistische, rassenkundliche oder eugenische Textstellen aus dem Gesamtwerk Haeckels. Den für die NS-Ideologie zentralen Antisemitismus konnte Brücher, der Haeckel attestierte, „engstirniger Judenhaß sei ihm fremd“[46], in einem Gespräch Haeckels mit Hermann Bahr finden. Haeckel habe sich gegen die Einwanderung russischer Juden gewandt, die „unserer Gesittung unverträglich“ seien. Dagegen befürwortete Haeckel aber grundsätzlich eine „rassische Vermischung von Juden und Ariern“ und hielt die deutschen Juden für ein wichtiges Element der deutschen Kultur, welche immer tapfer für Aufklärung und Freiheit und gegen reaktionäre und okkulte Kräfte eingestanden seien.[47][48]

Für Brücher ist Haeckels Spätwerk „Die Kristallseelen“ ein Musterbeispiel germanischer ganzheitlicher Forscherkunst, daher sei Haeckel nicht materialistisch. Er legte daneben eine umfangreiche Sippenforschung vor, in der er Haeckel auch rassenkundlich begutachtete.[49] Haeckel sei vom Wesen her nordisch. Allerdings sieht er Probleme bei der 'Erbgesundheit' von dessen Familie (Haeckel war Vater einer behinderten Tochter).

Ganz anders der NS-Funktionär Günter Hecht, Repräsentant des Rassenpolitischen Amtes der NSDAP. Dieser erklärt den materialistischen Monismus Haeckels als unvereinbar mit dem Nationalsozialismus und durch die völkisch-biologische Sichtweise des Nationalsozialismus widerlegt.[50] Ähnlich auch Kurt Hildebrandt, ein der NS-Ideologie nahestehender Theoretiker der Rassenhygiene, der einen „ästhetischen Fundamentalismus“ in Engführung von Ideen des George-Kreises vertrat und eine „deutsche Kultur als Erfüllung des arischen Wesens“ heranzüchten wollte, um einem „westlichen Mechanismus“ zu begegnen.[51] Hildebrandt nannte es eine „Illusion“ Haeckels, dass dieser an die „mechanistische Lösung“ der Welträtsel durch Darwins Abstammungslehre glaubte.[52] Die weltanschaulichen Artikel Heberers etwa in „Volk und Rasse“ oder den „Nationalsozialistischen Monatsheften“ versuchen diesen Vorwurf abzuwehren und erinnern vor allem an die antiklerikale Position Haeckels, um diese im nationalsozialistischen Kirchenkampf zu nutzen. Letztlich kommt es im NS nicht zu einer einheitlichen von der NSDAP festgelegten Einschätzung des Werkes Haeckels.

Die Nationalsozialisten beriefen sich immer wieder auf vermeintlich wissenschaftliche Grundlagen, wobei insbesondere auch der „Sozialdarwinismus“ Haeckels vereinnahmt wurde. Haeckel setzte die Kulturgeschichte mit der Naturgeschichte gleich, da beide seiner Meinung nach den gleichen Naturgesetzen gehorchten. Diese Vorstellung soll Hitler stark beeindruckt haben — so jedenfalls die These von Daniel Gasman, The Scientific Origins of National Socialism, 1971:

„Hitler's views on [...] nature, eugenics [...] and evolution [...] coincide for the most part with those of Haeckel and are more than occasionally expressed in very much the same language.“

Die Thesen D. Gasmans sind allerdings in den letzten Jahren stark in Kritik geraten, so beispielsweise durch den Wissenschaftshistoriker R. J. Richards.[53] Richards weist unter anderem auf eine Richtlinie für Bibliotheken und Büchereien der sächsischen Regierung im Jahr 1935 hin,[54] in der Schriften, welche die „oberflächliche wissenschaftliche Aufklärung eines primitiven Darwinismus und Monismus“ verteidigen, „wie diejenigen Ernst Haeckels“, verurteilt und als untauglich für die nationalsozialistische Bildung im Dritten Reich bezeichnet werden.

Haeckel in der DDR

Modell des Schiffs Ernst Haeckel im Meeresmuseum Stralsund
Haeckel-Statue im Botanischen Garten Chemnitz

Das Ernst-Haeckel-Haus wurde in der DDR als wissenschaftshistorische Forschungsstätte weiterbetrieben und überstand auch die Wiedervereinigung. In ideologischer Hinsicht wurde bei der Rezeption Haeckels versucht, das revolutionäre Element seiner Biographie zu betonen. So interpretierte Georg Schneider 1950 eine Zeichnung des 16-jährigen Haeckel von 1850 mit dem Titel „Nationalversammlung der Vögel“ als Anteilnahme Haeckels an der innerpolitischen revolutionären Entwicklung Deutschlands, Erika Krauße (1987) wiederum stellte z. B. eine Verbindung der Schullehrer Haeckels mit der Revolution von 1848 her. Am 17. Mai 1963 stellte die DDR das Fischereiforschungsschiff Ernst Haeckel in Dienst, das 1987 durch einen Neubau gleichen Namens ersetzt wurde.

Auszeichnungen

Die Royal Society verlieh ihm 1900 die Darwin-Medaille „für seine langanhaltende und hochbedeutsame Arbeit in der Zoologie, die stets vom Geist des Darwinismus inspiriert war“ (Original: For his long-continued and and highly important work in zoology all of which has been inspired by the spirit of Darwinism).[55]

1894 wurde Haeckel zum Ehrenmitglied des Nassauischen Vereins für Naturkunde ernannt. Die Accademia dei Lincei führte ihn seit 1899 als auswärtiges Mitglied.

Werke

  • Über die Eier Scomberesoces. In: J. Müllers Archiv für Anatomie und Physiologie. 1855, S. 23–32 Tafel IV, V.
  • Über die Beziehungen des Typhus zur Tuberkulose. In: Wiener medizinische Wochenschrift. Bd. VI, 1856, S. 1–5, 17-20.
  • Fibrois des Uterus. In: Wiener medizinische Wochenschrift. Bd. VI, 1856, S. 97–101.
  • De telis quibusdam Astaci fluviatilis. Dissertio inauguralis histologica, die VII M. Martini A. Berolini, 1857.
  • Über die Gewebe des Flußkrebses. In: Müllers Archiv für Anatomie und Physiologie. 1857, S. 469–568 Tafel XVIII, XIX.
  • Beiträge zur normalen und pathologischen Anatomie der Plexus chlorioides. In: Vierchows Archiv für pathologische Anatomie. Bd. XVI, 1858, S. 253–289, Tafel VIII.
  • Über Augen und Nerven der Sterntiere. In: Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. Band 1859, 1859, S. 183–190 Tafel XI.
  • Reiseskitzen aus Sizilien. In: Zeitschrift für allgemeine Erdkunde. Bd. VIII, 1860, S. 433–486.
  • Über neue lebende Radiolarien des Mittelmeers. In: Monatsbericht der Königlichen Akademie der Wissenschaften Berlin. 13. Dezember 1860, S. 794–817.
  • Abbildung und Diagnosen neuer Gattungen und Arten von lebenden Radiolarien des Mittelmeers. In: Monatsbericht der Königlichen Akademie der Wissenschaften Berlin. 20. Dezember 1860, S. 835–845.
  • De Rizopodum finibus et ordinibus. Dissertio pro venia legendi impetranda in litterarum universitate Jenensi. Die IV. M. Martini 1861, Berlin 1861.
  • Die Radiolarien (Rhizopoda radiata). Eine Monographie. Bd. 1 (Text) XVI und Bd. 2 (Atlas), Berlin 1862.
  • Über die Entwicklungstheorie Darwins. Öffentlicher Vortrag in der Allgemeinen Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte zu Stettin, am 19. September 1862 (Amtlicher Bericht über die 37. Versammlung S. 17), 1863.
  • Beiträge zur Kenntnis der Corycaeiden (Copepoden). In: Jenaische Zeitschrift für Medizin und Naturwissenschaft. Band 1, 1864, S. 61–112, Tafel I–III.
  • Beschreibung neuer craspedoter Medusen aus dem Golf von Nizza. Jenaische Zeitschrift für Medizin und Naturwissenschaft. Band 1, 1864, S. 325–342.
  • Die Familie der Rüsselquallen (Medusae Geryonidae). In: Jenaische Zeitschrift für Medizin und Naturwissenschaft. Band 1. 1864, S. 435–469 Tafel XI, XII.
  • Über eine neue Form des Generationswechsels bei Medusen und über die Verwandtschaft der Geryoiniden und Äginiden. In: Monatsbericht der Berliner Akademie. 1865, S. 85–94.
  • Über den Sarcodekörper der Rhizopoden. In: Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. Band XV. 1865, S. 342-370.
  • Über fossile Medusen. In: Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie. Band XV. 1865, S. 504-514.
  • Die Familie der Rüsselquallen (Medusae Geryonidae). In: Jenaische Zeitschrift für Medizin und Naturwissenschaft. Band 2. 1865, S. 93-322. (Fortsetzung und Schluss)
  • Beiträge zur Naturgeschichte der Hydromedusen. Heft I. Die Familie der Rüsselquallen (Medusae Geryonidae). Eine Monographie. Leipzig 1865.
  • Generelle Morphologie der Organismen. Berlin 1866.
  • Arabische Korallen. ein Ausflug nach den Korallenbänken des Rothen Meeres und ein Blick in das Leben der Korallenthiere. Berlin 1876 doi:10.5962/bhl.title.10156
  • Die Perigenesis der Plastidule oder die Wellenerzeugung der Lebenstheilchen. Berlin 1876. (Digitalisat und Volltext)
  • Die Welträthsel. Gemeinverständliche Studien über Monistische Philosophie. Bonn 1899. (Digitalisat und Volltext)
  • Kunstformen der Natur : niedere Tiere. 2. Aufl. Leipzig : Bibliographisches Inst., 1924. Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
  • Kunstformen der Natur. Marix, Wiesbaden 2004, ISBN 3-937715-17-7, nach der Originalausgabe von 1904, neu gesetzt, überarbeitet & eingeleitet

Literatur

  • Winfried Krakau: Ernst Haeckel. Der naturwissenschaftliche Monist und Philosoph, evolutionäre Humanist und Kirchenkritiker im »Gespräch« mit Winfried Krakau zu Fragen unserer Zeit. Karin Fischer Verlag, Aachen 2011, ISBN 978-3-8422-3916-6.
  • Birk Engmann: Ernst Haeckel zum neunzigsten Todestag. Seine Überlegungen zu Theophysis, Kristallseele und Bewusstsein und deren heutige Bedeutung. In: Ärzteblatt Thüringen. 11/2009, ISSN 0863-5412, S. 681–684. (online) (PDF; 988 kB)
  • Robert J. Richards: The Tragic Sense of Life, Ernst Haeckel and the Struggle over Evolutionary Thought. The University of Chicago Press, Chicago/ London 2008, ISBN 978-0-226-71214-7.
  • Volker Mueller, Arnher E. Lenz: Darwin, Haeckel und die Folgen. Monismus in Vergangenheit und Gegenwart. Angelika Lenz Verlag, Neustadt am Rübenberge 2006, ISBN 3-933037-56-5.
  • Bernhard Kleeberg: Theophysis. Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen. Böhlau, Köln/Weimar 2005, ISBN 3-412-17304-5.
  • Mario DiGregorio: From Here to Eternity. Ernst Haeckel and Scientific Faith. Göttingen 2005, ISBN 3-535-56972-9.
  • Daniel Gasman: Haeckel's Monism and the Birth of Fascist Ideology. Peter Lang, New York 1998, ISBN 0-8204-4108-2.
  • Rüdiger Wehner, Walter Gehring: Zoologie. 23. Auflage. Thieme Verlag, Stuttgart 1995, ISBN 3-13-367423-4, Kap. 11.1.4, S. 573–575.
  • Georg Uschmann: Haeckel, Ernst Heinrich Philipp August. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, S. 423–425 (Digitalisat).
  • Johannes Hemleben: Rudolf Steiner und Ernst Haeckel, Vlg. Freies Geistesleben, Stuttgart 1965
  • Rudolf Steiner: Mysterienstätten des Mittelalters, GA 233a (1991), ISBN 3-7274-2335-8 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Zitate über Ernst Haeckel

  • Charles Darwin: „Wäre die Natürliche Schöpfungsgeschichte erschienen, bevor meine Arbeit niedergeschrieben war, dann würde ich sie wahrscheinlich nie zu Ende geführt haben. Fast alle Schlüsse, zu denen ich gekommen, finde ich durch diesen Naturforscher bestätigt, dessen Kenntnisse in vielen Punkten viel vollkommener sind als die meinen.“ (Einleitung zu Die Abstammung des Menschen, Auflage 1870)
  • Franz Mehring: „Uns scheint das Buch von sehr aktuellem Interesse auch für die sozialdemokratische Partei zu sein“ (zu Haeckels Buch Die Welträthsel, 1899/1900)
  • Thomas Alva Edison: „Haeckel ist der größte unter den lebenden Menschen. Ich glaube absolut an seine Theorie.“
  • Rudolf Steiner: „In ... widerspruchsvoller Art leben zwei Wesen in Haeckel. Ein Mensch mit mildem, liebeerfülltem Natursinn, und dahinter etwas wie ein Schattenwesen mit unvollendet gedachten, engumgrenzten Ideen, die Fanatismus atmeten ... Ein Menschenrätsel, das man nur lieben konnte, wenn man es sah; über das man oft in Zorn geraten konnte, wenn es urteilte.“ (Mein Lebensgang, 1925)

Weblinks

Commons: Ernst Haeckel - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
 Wikisource: Ernst Haeckel – Quellen und Volltexte
 Wikiversity: Abb. Titelblatt und Frontispiz Ernst Haeckel: Natürliche Schöpfungsgeschichte (1868) – Kursmaterialien, Forschungsprojekte und wissenschaftlicher Austausch
 Wikiversity: Abb. Titelblatt und zeitgenössischer Einband Ernst Haeckel: Die Welträthsel (1899) – Kursmaterialien, Forschungsprojekte und wissenschaftlicher Austausch

Von Ernst Haeckel:

Über Ernst Haeckel:

Ernst-Haeckel-Haus und Museum in Jena:

Einzelnachweise

  1. Gunter Mann: Biologismus – Vorstufen und Elemente einer Medizin im NS. In: J. Bleker et al.: (Hg.): Medizin im „Dritten Reich“, Köln 1993, S. 25 ff.
  2. Richard Langton Gregory: The Oxford companion to the mind, Oxford University Press, 2004, S. 385; Heinz Brücher, Karl Astel: Ernst Haeckels Bluts- und Geisteserbe: eine kulturbiologische Monographie, J. F. Lehmann, 1936, S. 9.
  3. R. J. Richards: The tragic sense of life: Ernst Haeckel and the struggle over evolutionary thought. The University of Chicago Press (2008) S. 446.
  4. Biographische Notizen, 3, Haeckel Papers, Haeckel-Haus, Jena
  5. Ernst Haeckel: Briefe an die Eltern. K. F. Koehler, Leipzig 1921, S. 177 f.
  6. Ernst Haeckel: Italienfahrt: Briefe an die Braut, K. F. Koehler, Leipzig 1921, S. 8.
  7. CC-Blätter 1/2007, S. 23.
  8. Roger Chickering: A Voice of Moderation in Imperial Germany: The "Verband für internationale Verständigung" 1911–1914. In: Journal of Contemporary History. Vol. 8, No. 1 (1973), S. 147–164.
  9. Siehe auch Bundesarchiv Koblenz. Nachlass Hans Wehberg, „Aufruf zur Begründung eines Verbandes für internationale Verständigung“.
  10. Ernst Haeckel: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Gemeinverständliche wissenschaftliche Vorträge über die Entwickelungslehre im Allgemeinen und diejenige von Darwin, Goethe und Lamarck im Besonderen, über die Anwendung derselben auf den Ursprung des Menschen und andere damit zusammenhängende Grundfragen der Naturwissenschaft. Georg Reimer, Berlin 1868, Kapitel 19 (Volltext)
  11. vgl. Ernst Haeckel’s Gasträa-Theorie
  12. Ernst Haeckel: zeno.org: Die Welträtsel (1899), Kapitel 12: Das Substanzgesetz
  13. siehe textlog.de
  14. Brigitte Hamann: Berta von Suttner. Ein Leben für den Frieden. 2. Auflage. München 1987, S. 71, 140, 158, 165, ISBN 3-492-03037-8.
  15. siehe beispielsweise Ernst Haeckel: Englands Blutschuld am Weltkriege in Victor Franz (Hrsg.): Ernst Haeckel: Sein Leben, Denken und Wirken. Eine Schriftenfolge für seine zahlreichen Freunde und Anhänger
  16. K. Huschke (Hrsg.): Ernst und Agnes Haeckel: ein Briefwechsel, S. 215.
  17. Rolf Groschopp, Dissidenten, 1997, S. 393.
  18. Helmut Zander, Biologie des vollkommenen Menschen – Wissenschaft und Ethik im Monistenbund um 1900, in Neue Zürcher Zeitung, Nr. 167, 21. Juli 2001, S. 73.
  19. Rolf Winau, 100 Jahre Sozialhygiene, Sozialmedizin und Public Health in Deutschland, auf CD-ROM Hrsg. v. Udo Schagen u. Sabine Schleiermacher, Berlin 2005
  20. William H. Tucker, The Science and Politics of Racial Research, University of Illinois Press 1996, S. 111.
  21. Wilhelm Schallmayer: Ernst Haeckel und die Eugenik, in: Was wir Ernst Haeckel verdanken: Ein Buch der Verehrung und Dankbarkeit. Hrsg. Heinrich Schmidt, Jena 1914, S. 368.
  22. Peter Weingart, Jürgen Kroll, Kurt Bayertz: Rasse, Blut und Gene. Geschichte der Eugenik und Rassenhygiene in Deutschland. Suhrkamp Taschenbuch, Frankfurt am Main 1992, S. 77.
  23. Peter Weingart, Jürgen Kroll und Kurt Bayertz: Rasse, Blut und Gene. Geschichte der Eugenik und Rassenhygiene in Deutschland. Suhrkamp Taschenbuch, Frankfurt am Main 1992, S. 89 f.
  24. R. J. Richards: The Tragic Sense of Life: Ernst Haeckel and the Struggle over Evolutionary Thought. The University of Chicago Press (2008) S. 327.
  25. Otto Speck (em. Ordinarius für Sonderpädagogik an der Ludwig-Maximilians-Universität München): Soll der Mensch biotechnisch machbar werden? Eugenik, Behinderung und Pädagogik. Reinhardt Verlag, München 2005, S. 22
  26. Manuela Lenzen, Evolutionstheorien in den Natur- und Sozialwissenschaften, Campus 2003, S. 138.
  27. Andreas Frewer, Medizin und Moral in der Weimarer Republik und Nationalsozialismus. Campus Verlag 2000, S. 30.
  28. Paul Weindling, Health, Race and German Politics Between National Unification and Nazism, 1870–1945, Cambridge University Press 1989, S. 41.
  29. Wolf Michael Iwand, Paradigma Politische Kultur, Leske und Budrich VS Verlag, 1997, S. 330.
  30. John Weiss, Der lange Weg zum Holocaust. Die Geschichte der Judenfeindschaft in Deutschland und Österreich, Ullstein, Berlin 1998, S. 185 f.
  31. Uwe Hoßfeld, Rasse-Bilder in Thüringen 1863–1945. In: Blätter zur Landeskunde,Nr. 63, Thüringer Landeszentrale für Politische Bildung, Erfurt 2006, S. 4.
  32. Ernst Haeckel: Ewigkeit. Weltkriegsgedanken über Leben und Tod, Religion und Entwicklungslehre. Berlin 1915, S. 36.
  33. Zmarzlik, Hans-Günter (1963): Der Sozialdarwinismus in Deutschland als geschichtliches Problem. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 11, 1963, S. 246–273 zu finden unter: http://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1963_3_3_zmarzlik.pdf
  34. Conrad-Martius, Hedwig: Utopien der Menschenzüchtung. Kösel-Verlag München, 1955, S. 74.
  35. „Verwunderlicher ist die Begeisterung der Linken für den ‚General-Feldmarschall des Darwinismus‘ (Haeckel über sich selbst). August Bebel, Carl v. Ossietzky, Kropotkin und W.I. Lenin waren nicht die einzigen, die Haeckels Thesen begierig aufgriffen und glaubten, mit ihnen eine Waffe für den Klassenkampf in der Hand zu halten. Dies gelang nur, indem sie – im Gegensatz zu den Nazis, die die Selektionsaspekte und den ‚Kampf ums Dasein‘ der Evolutionstheorie überbetonten – das Prinzip der ständigen Fortentwicklung im Tier- und Pflanzenreich auf die Menschen übertrugen, und zwar zum einen auf die Menschen als biologische Wesen (die Eugenik als Verbesserung des Menschen war auch unter Sozialisten vor 100 Jahren sehr beliebt und das nicht nur in der politischen Polemik, wie bei Bebel, der sich gegen den Krieg mit dem Argument aussprach, dass dabei die stärksten, wehrtüchtigen Männer sterben würden und somit das eigene Volk degenerieren), zum anderen auf die menschlichen Gesellschaftsformation: Es schien ein natürliches Gesetz der Evolution zu sein, dass der Kapitalismus quasi von alleine vom Kommunismus abgelöst würde.“ Martin Vogt: Der Rassismus-Papst. Ernst Haeckel und die Etablierung des wissenschaftlichen Rassismus‘ in Deutschland. In: ZAG. Nr. 41 (elektronisch bei Nadir.org)
  36. Unter anderem eine Auswahl von Autoren des Buches Was wir Ernst Haeckel verdanken, herausgegeben von Heinrich Schmidt, Jena 1914
  37. Karl Kautsky, Rasse und Judentum (1914). Siehe auch die Übersetzung Are the Jews a Race? (1926) bei Marxists.org, hier Kapitel 4 mit Bezugnahme auf Haeckel)
  38. Ernst Haeckel: Freie Wissenschaft und freie Lehre, eine Entgegnung auf Rudolf Virchows Münchener Rede über „Die Freiheit der Wissenschaft im modernen Staat“ (1878)
  39. Rudolf Virchow: Die Freiheit der Wissenschaft im modernen Staat. 1877
  40. R. J. Richards: The Tragic Sense of Life: Ernst Haeckel and the Struggle over Evolutionary Thought. The University of Chicago Press, 2008, S. 318 ff.
  41. W. I. Lenin, Werke, Bd. 14 (Materialismus und Empiriokritizismus), S. 351–361, Berlin 1987
  42. Beitrag in: Was wir Ernst Haeckel verdanken, Hrsg. Heinrich Schmidt, Jena 1914
  43. Uwe Hoßfeld, Haeckels „Eckermann“: Heinrich Schmidt (1874–1935). In: Matthias Steinbach, Stefan Gerber (Hrsg.): Klassische Universität und akademische Provinz: Die Universität Jena von der Mitte des 19. bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts. Jena: Bussert & Stadeler, 2005, S. 282.
  44. 44,0 44,1 Uwe Hoßfeld, Haeckels „Eckermann“: Heinrich Schmidt (1874–1935). In: Matthias Steinbach, Stefan Gerber (Hrsg.): Klassische Universität und akademische Provinz: Die Universität Jena von der Mitte des 19. bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts. Jena: Bussert & Stadeler, 2005, S. 284.
  45. Heiner Fangerau, Das Standardwerk zur menschlichen Erblichkeitslehre und Rassenhygiene von Erwin Baur, Eugen Fischer und Fritz Lenz im Spiegel der zeitgenössischen Rezensionsliteratur 1921–1941, Dissertation, Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Medizin, 2000, S. 66.
  46. Brücher 1936, S. 117.
  47. Hermann Bahr: Der Antisemitismus. Ein internationales Interview. In: Deutsche Zeitung. Wien, 23, 1893, #7664, 1-2. (30. April 1893) Buchausgabe: S. Fischer 1894, S. 62–69. Häufige Neuauflagen, zuletzt 2010, ISBN 978-1-149-17667-2 Link
  48. Ernst Haeckel: Die Welträthsel. Gemeinverständliche Studien über monistische Philosophie. 1. Auflage. Strauß, Bonn 1899.genauer Beleg?
  49. Heinz Brücher: Ernst Haeckels Bluts- und Geisteserbe. Eine kulturbiologische Monographie. J. F. Lehmanns, München 1936.
  50. Günter Hecht, Biologie und Nationalsozialismus Zeitschrift für die gesammte Naturwissenschaft 3, (1937-38), 285
  51. Vgl. Stefan Breuer: Ästhetischer Fundamentalismus und Eugenik bei Kurt Hildebrandt. In: Bernhard Böschenstein u. a. (Hrsg.): Wissenschaftler im George-Kreis. Die Welt des Dichters und der Beruf der Wissenschaft, de Gruyter, Berlin 2005, S. 291–310, hier 306.
  52. Kurt Hildebrandt, Die Bedeutung der Abstammungslehre für die Weltanschauung Zeitschrift für die gesammte Naturwissenschaft 3, (1937-38), 17
  53. Robert J. Richards: Myth: That Darwin and Haeckel were Complicit in Nazi Biology, in: Ronald L. Numbers (ed.): Galileo Goes to Jail and Other Myths about Science and Religion, Cambridge: Harvard University Press, 2009. (online) (PDF; 50 kB)
  54. „Richtlinien für die Bestandsprüfung in den Volksbüchereien Sachsens“ Die Bücherei 2 (1935): 279–80.
  55. Verleihungsbegründungen bei der Royal Society
  56. Bis Kapitel 10; damit unvollständig, seit 2008 nicht mehr bearbeitet
  57. Kapitel 1. Die folgenden Kapitel: durch Änderung der Zahl in der URL. Mit den Abb. der Printausgabe, Ges. Werke 6, 1924
  58. Nur noch online verfügbar


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