Qualia und Elijah Benedikt: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:Spectrum.2400.1800.S.G.png|thumb|upright=1.5|Farben sind ein klassisches Problem der Qualiadebatte: Wie kommt es, dass bei der Verarbeitung von bestimmten Lichtwellen Farberlebnisse entstehen?]]
#WEITERLEITUNG [[Heinrich Elijah Benedikt]]
[[Datei:Big-eared-townsend-fledermaus.jpg|thumb|upright=1.5|''Wie ist es, eine Fledermaus zu sein?'' Mit dieser Frage regte der Philosoph [[Thomas Nagel (Philosoph)|Thomas Nagel]] die Debatte um die Qualia neu an.]]
[[Bild:Goethes Farbenkreis.jpg|thumb|upright=1.5|[[Farbkreis]], Zeichnung von [[Johann Wolfgang von Goethe]].]]
Als '''Qualia''' (von [[Latein|lat.]] ''qualis'' „wie beschaffen“) werden die zunächst [[subjektiv]] erscheinenden [[Erlebnis]]inhalte des [[Phänomen|phänomenalen]] [[Bewusstsein]]s bezeichnet. Zu den phänomenalen '''Bewusstseinsinhalten''' zählen die erlebten [[Sinnesqualitäten]], die auf die Außenwelt verweisen, aber auch rein auf die Innenwelt bezogene Erlebnisse wie [[Gefühl]]e, [[Gedanke]]n, [[Schmerz]]en usw.
 
== Das ungelöste Rätsel der Qualia ==
Der Begriff der "Qualia" wurde [[Wikipedia:1866|1866]] von dem amerikanischen [[Philosoph]]en [[Charles S. Peirce|Charles S. Peirce]]<ref>[[Charles S. Peirce|Charles S. Peirce]]: ''Collected Papers''. Belknap Press of Harvard University Press, Cambridge [1866] 1958-1966 (Nachdr.), § 223.</ref> geprägt, aber erst [[Wikipedia:1929|1929]] durch [[Wikipedia:Clarence Irving Lewis|C. I. Lewis]] in dem Buch ''Mind and the World Order''<ref>[[Wikipedia:Clarence Irving Lewis|Clarence Irving Lewis]]: ''Mind and the World Order. Outline of a Theory of Knowledge.'' Charles Scribner's sons, New York 1929, Dover, New York 1991 (Nachdr.). ISBN 0-486-26564-1.</ref> im heute gebräuchlichen Sinn verwendet. Das Problem der Qualia steht im Zentrum der modernen [[Wikipedia:Philosophie des Geistes|Philosophie des Geistes]], die sich damit an eine [[Erkenntnis]]grenze gestellt sieht und vielfach davon ausgeht, dass dieses Problem grundsätzlich nicht mit den Mitteln der [[Wikipedia:Neurowissenschaft|Neuro-]] und [[Wikipedia:Kognitionswissenschaft|Kognitionswissenschaft]]en gelöst werden kann. Tatsächlich muss für eine rein [[materialistisch]]e Weltsicht das Phänomen der Qualia rätselhaft bleiben. Darauf hatte schon [[Wikipedia:1872|1872]] der [[Wikipedia:Physiologe|Physiologe]] [[Emil Heinrich Du Bois-Reymond]] in seiner berühmten [[Ignoramus et ignorabimus|Ignorabimus-Rede]] hingewiesen:
 
{{Zitat|Welche denkbare Verbindung besteht zwischen bestimmten Bewegungen bestimmter Atome in meinem Gehirn einerseits, andererseits den für mich ursprünglichen, nicht weiter definierbaren, nicht wegzuleugnenden Tatsachen: "Ich fühle Schmerz, ruhte Lust; ich schmecke Süßes, rieche Rosenduft, höre Orgelton, sehe Rot," und der ebenso unmittelbar daraus fließenden Gewißheit: "Also bin ich"? Es ist eben durchaus und für immer unbegreiflich, daß es einer Anzahl von Kohlenstoff-, Wasserstoff-, Stickstoff-, Sauerstoff- usw. Atomen nicht sollte gleichgültig sein, wie sie liegen und sich bewegen, wie sie lagen und sich bewegten, wie sie liegen und sich bewegen werden. Es ist in keiner Weise einzusehen, wie aus ihrem Zusammensein Bewußtsein entstehen könne.|Emil Du Bois-Reymond|''Über die Grenzen des Naturerkennens'', S 458}}
 
Der Philosoph [[Thomas Nagel (Philosoph)|Thomas Nagel]] trat mit seinem 1974 veröffentlichten Aufsatz ''"What is it like to be a bat?"''<ref>[[Thomas Nagel (Philosoph)|Thomas Nagel]]: ''[http://web.archive.org/web/20071024145103/http://members.aol.com/NeoNoetics/Nagel_Bat.html What is it like to be a bat?]'' In: ''The Philosophical Review.'' Cornell University, Ithaca 83/1974, S.&nbsp;435–450. {{ISSN|0031-8108}}</ref> (''Wie ist es, eine Fledermaus zu sein?'') allen [[reduktionistisch]]en Bestrebungen zur Erklärung der Qualia energisch entgegen. Die [[Naturwissenschaft]] sei [[Methode|methodisch]] auf die [[objektiv]]e ''Außenperspektive'' festgelegt und könne daher das [[subjektiv]]e Erleben niemals erfassen. So mögen wir etwa noch so genau die [[Prozess]]e studieren, die im [[Gehirn]] einer [[Wikipedia:Fledermmäuse|Fledermaus]] ablaufen, wenn sie sich im [[Raum]] mit HIlfe der [[Wikipedia:Echoortung (Tiere)|Echolotung]] orientiert. Wie es sich aber im subjektiven Erleben der Fledermaus ''anfühlt'', ein Objekt auf diese Weise wahrzunehmen, werden wir dadurch niemals erfahren.
 
=== Qualia-Rätsel - nur ein Scheinproblem? ===
Eine Argumentation in der heutigen Qualia-Diskussion im Rahmen der Philosophie des Geistes ist, daß das Qualia-Problem ein künstlich erzeugtes Pseudo-Problem der Philosophie sei, dem nichts Reales entspreche. Ein Vertreter der Nichtexistenz des Qualiaproblems ist [[wikipedia:Daniel Dennett|Daniel Dennett]]. Eine Schiene dieser Argumentation sieht die Quelle des angeblichen Qualia-Problems in dem cartesianischen Dualismus, der unbefragt vorausgesetzt werde. Als Alternative zu dem [[Descartes|cartesischen Dualismus]] werden die Ansichten [[Wittgenstein]]s ins Feld geführt, der die Innen-Aussen-Differenz des Bewußtseins verneint habe.
 
== [[Goethes Farbenlehre]] ==
 
Einen ganz anderen und auch heute noch wenig verstandenen Weg ging [[Goethe]] mit seiner [[Farbenlehre (Goethe)|Farbenlehre]]. Er hat damit die Grundlage für den [[Goetheanismus]] geschaffen, einer wissenschaftlich exakten Betrachtung der Natur, die sich vom herkömmlichen naturwissenschaftlichen Ansatz in wesentlichen Punkten unterscheidet. Bei diesem steht die  quantitative Erfassung der Naturerscheinung im Vordergrund. ''"Messen, was messbar ist, und messbar machen, was nicht messbar ist"'', war hier seit Galilei der oberste Grundsatz. Goethe strebte demgegenüber nach einer systematischen reinen [[Phänomenologie]] der [[sinnlich]] erfahrbaren Erscheinungen. Das qualitative Element steht im Vordergrund. Die Qualia selbst, die bei der [[Farbwahrnehmung]] unmittelbar erlebten [[Sinnesqualitäten]], die bei der herkömmlichen naturwissenschaftlichen Methode als vorgeblich rein subjektive Erscheinungen aus der wissenschaftlichen Theorienbildung völlig ausgeklammert werden, rücken bei Goethe gerade in den Mittelpunkt der  durchaus [[objektiv]]en naturwissenschaftlichen Betrachtung.
 
== Die seelische Realität der Qualia ==
 
{{Siehe auch|Wahrnehmung#Über die vermeintliche Subjektivität der Wahrnehmung|titel1=Über die vermeintliche Subjektivität der Wahrnehmung}}
 
Aus [[anthroposophisch]]er Sicht liegt die [[objektiv]]e [[Realität]] der Qualia in der [[Astralwelt]] begründet. Sie sind die grundlegenden [[seelisch]]en [[Substanz]]en, die diese [[Seelenwelt]] aufbauen, so wie die [[physisch]]en Substanzen die [[physische Welt]] aufbauen. Indem die Qualia vom [[mensch]]lichen [[Astralleib]] aufgenommen werden, treten sie in den [[subjektiv]]en Erlebnishorizont des Bewusstseins ein.
 
Die [[Sinnesqualitäten]] sind rein seelischer und ''nicht'' [[physisch]]er Natur, aber wir erfahren sie zunächst nicht in ihrer reinen Gestalt, sondern nur abgeschattet ''an'' der Materie. Tatsächlich eröffnet sich der Blick für die [[Wirklichkeit]] der Qualia erst der [[Imagination|imaginativen]] [[Anschauung]], die durch entsprechende [[Schulungsweg|geistige Übungen]] erreicht werden kann.
 
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"Mit Bezug auf die Sinneswahrnehmungen ist man
aber in eine wahre wissenschaftliche Verwirrung gekommen.
Die Menschen meinen vielfach - die Physiologen
haben sich in dieser Beziehung sogar den Erkenntnistheoretikern
und Philosophen im 19. Jahrhundert angeschlossen
-, wenn wir zum Beispiel Rot sehen, so ist
der äußere Vorgang irgendein Schwingungsvorgang, der
sich fortpflanzt bis zu unserem Sehorgan, bis zum Gehirn.
Dann wird ausgelöst das eigentliche Rot-Erlebnis.
Oder es wird durch den äußeren Schwingungsvorgang
ausgelöst der Ton Cis auf dieselbe Weise. Hier ist man in
Verwirrung geraten, weil man dasjenige, was in uns, in
unserer Körperbegrenzung lebt, gar nicht mehr von dem
Äußeren unterscheiden kann. Hier spricht man durchaus
davon, daß alle Sinnesqualitäten, Farben, Töne, Wärmequalitäten,
eigentlich nur subjektiv seien; daß das äußere
Objektive etwas ganz anderes sei.
 
Wenn wir nun geradeso, wie wir die drei Raumesdimensionen
zunächst aus uns heraus bilden, um sie an
und in den Dingen wieder zu finden, wenn wir ebenso
dasjenige, was in uns sonst als Sinnesempfindung auftritt,
aus uns selbst schöpfen und dann außer uns versetzen
könnten, dann würden wir das erst in uns Gefundene
in den Dingen ebenso finden, ja, auf uns zurückschauend,
es wiederfinden, wie wir das als Raum in uns
Erlebte in der Außenwelt finden und auf uns zurückschauend,
uns selbst diesem Räume angehörend finden.
Wir würden, wie wir die Raumeswelt um uns haben, eine
Welt von ineinanderfließenden Farben und Tönen um
uns haben. Wir würden sprechen von einer objektivierten
farbigen, tönenden Welt, einer flutenden, farbigen,
tönenden Welt, so wie wir von dem Räume um uns
herum sprechen.
 
Das kann der Mensch aber durchaus erreichen, daß
er diese Welt, die sonst für ihn nur vorliegt als die Welt
der Wirkungen, kennenlernt als die Welt seiner eigenen
Bildung. Wie wir unbewußt, einfach aus unserer
menschlichen Natur heraus, uns die Raumesgestalt ausbilden,
um sie dann in der Welt wiederzufinden, indem
wir sie erst metamorphosiert haben, so kann der Mensch
durch gewisse Übung - das muß er jetzt bewußt ausführen
- dazu kommen, aus sich heraus den gesamten
Umfang der Qualitäten enthaltenden Welt zu finden, um
sie dann wiederzufinden in den Dingen, wiederzufinden
zurückschauend auf sich selbst.
 
Was ich Ihnen hier schildere, das ist das Aufsteigen zu
der sogenannten imaginativen Anschauung." {{Lit|{{G|082|58f}}}}
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== Trivia ==
[[wikipedia:Thomas Metzinger|Thomas Metzinger]], einer der wenigen deutschsprachigen Philosophen, die auf dem Gebiet der Philosophie des Geistes heute hervorragen (ist ansonsten angel-sächsisch dominiert), glaubt nicht an die Existenz eines Ich, sondern hält dieses für eine Modellkonstruktion des Gehirns, und hat eine entsprechende Theorie entworfen, soll aber angeblich selbst [[luzider Traum|luzider Träumer]] sein.
 
== Anmerkungen ==
 
<references/>
 
== Siehe auch ==
[[Sinnesqualitäten]]
 
[[Farben]]
 
[[Farbwahrnehmungsprozeß]]
 
[[Schmerzsinn]]
 
== Literatur ==
 
* Emil du Bois-Reymond: ''Über die Grenzen des Naturerkennens'', 1872, Nachdruck u.a. in: Emil du Bois-Reymond: ''Vorträge über Philosophie und Gesellschaft'', Hamburg, Meiner, 1974.
* Rudolf Steiner: ''Damit der Mensch ganz Mensch werde'', [[GA 82]] (1994), ISBN 3-7274-0820-0 {{Vorträge|082}}
*  [[wikipedia:Thomas Metzinger|Thomas Metzinger]]: ''Grundkurs Philosophie des Geistes 1: Phänomenales Bewusstsein'', Mentis-Verlag ''(Thomas Metzinger gilt als einer der großen deutschen Köpfe auf dem Gebiet der Philsophie des Geistes)''
 
=== DVD-Set ===
*2009: ''Philosophie des Bewusstseins - 15 Vorlesungen an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz vom Wintersemester 2007/8'', Auditorium-Netzwerk, 5 DVDs (Video) ''(enthält zu einem Gutteil die Einführung in die Qualia-Forschung und -Diskussion in der Philosophie des Geistes, mit besonderem Bezug zu den Neurowissenschaften, sehr zu empfehlen. In dieser Vorlesung gibt es auch den Tipp von Metzinger, den Auffassungen [[wikipedia:Martine Nida-Rümelin|Martine Nida-Rümelin]]s Aufmerksamkeit zu widmen, denn sie nehme konträre Positionen zu den eigenen Ansichten ein.'')
 
[[Kategorie:Erkenntnistheorie]] [[Kategorie:Bewusstsein]][[Kategorie:Philosophie]][[Kategorie:Philosophie des Geistes]]

Aktuelle Version vom 21. Juli 2019, 11:54 Uhr

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