Feste

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Dieser Artikel behandelt den biblischen Begriff «Feste» (Firmamentum). Für „Feste“ im Sinn von Feierlichkeiten im Jahreslauf siehe ⇒ Jahresfeste

Die Feste (lat. firmamentum, hebr. רקיע, Rakía, von den Kabbalisten auch גַּלְגַּל Galgal „Rad“ genannt), die später äußerlich als Himmelsgewölbe (Firmament) erscheint, wird nach dem Schöpfungsbericht der Bibel am zweiten Schöpfungstag erschaffen. Sie entspricht nach mittelalterlicher Anschauung dem Kristallhimmel, der zugleich das Primum Mobile ist und als neunte himmlische Sphäre die Fixsternsphäre des Tierkreises umschließt, der die sieben Planetensphären umgibt.

„Und es sprachen die Elohim: Es sei eine Feste inmitten der Wasser und scheide Wasser von Wasser.
hebr. וַיֹּ֣אמֶר אֱלֹהִ֔ים יְהִ֥י רָקִ֖יעַ בְּתֹ֣וךְ הַמָּ֑יִם וִיהִ֣י מַבְדִּ֔יל בֵּ֥ין מַ֖יִם לָמָֽיִם׃ wajomär Elohim je'hi raqía a be'toch hamájim wi'hi mabvil ben májim la'májim

Genesis: 1 Mos 1,6 LUT

Unter der Feste, dem Firmamentum, darf man sich nichts gegenständlich Gegebenes vorstellen. Es ist ausschließlich aufzufassen als die geistige Kraft, die niederes Seelisches von höherem scheidet und dadurch die Entwicklung vorantreibt. Das betont auch Rudolf Steiner:

"Wollen wir also das, was weiter geschah, charakterisieren, so müssen wir sagen: Die Elohim bewirkten durch ihr kosmisches Sinnen, daß in dem tohu wabohu eine Scheidung eintrat von zwei elementarischen Zuständen. Der eine hatte die Tendenz, nach aufwärts zu dringen, dampfförmig zu werden, das ist Wäßriges in Gasiges sich umbildend. Der andere hatte die Tendenz, nach unten sich zu ergießen, das ist Wäßriges, das immer dichter und dichter sich zusammenschließt. - Das ist der Tatbestand, der gewöhnlich in den modernen Sprachen dadurch ausgedrückt wird, daß man zum Beispiel im Deutschen sagt: «Die Götter machten etwas zwischen den Wassern oben und den Wassern unten.» Ich habe Ihnen eben jetzt geschildert, was die Götter machten. Sie bewirkten innerhalb der Wasser, daß das eine Elementare die Tendenz hatte, nach aufwärts zu kommen, und das andere die Tendenz, nach innen zum Mittelpunkt zu gelangen. Mit dem, was dazwischen ist, ist nichts gemeint, was man mit der Hand anfassen kann, sondern es ist eine Scheidung vollzogen in bezug auf zwei Kraftcharaktere, die ich Ihnen eben charakterisiert habe. Will man einen äußeren Vergleich dafür haben, so kann man sagen: Die Elohim bewirkten, daß die Wasser nach der einen Seite nach aufwärts gingen, nach Wolkenform strebten, in den Weltenraum hinausstrahlen wollten, und daß sie nach der anderen Seite sich sammeln wollten auf der Erdoberfläche. - Die Scheidung war also eine Art ideelle. Deshalb ist das Wort, das in der Genesis steht für diese Scheidung, auch ideell aufzufassen. Sie wissen ja, daß die lateinische Bibel das Wort Firmamentum an dieser Stelle hat. Dafür steht in der Genesis das Wort rakia. Dieses Wort bezeichnet durchaus nicht etwas, was man in äußerer sinnenfälliger Weise deuten soll, sondern es bezeichnet eben die Auseinanderscheidung zweier Kraftrichtungen." (Lit.: GA 122, S. 69f)

Das Sechstagewerk schildert nicht Ereignisse der äußeren sinnlichen Welt, sondern beschreibt die schrittweise Ausgestaltung der makrokosmischen Seelenwelt (Astralwelt). Rakía ist die scheidende Kraft, die diese Astralwelt gliedert. Das wird auch in dem Bild angedeutet, das sich aus den Konsonanten diese Wortes formen lässt. ר (Resch) zeigt eine starke innere seelische Regsamkeit an. Durch ק (Qoph), das wie das כּ (Kaph mit Dagesch) als K gesprochen wird, bildet sich eine scharf geschnittene Form heraus, die die Astralsphären voneinander scheidet, wodurch die seelische Grundlage der Planetensphären geschaffen wird. י (Jod) steht für die schaffende Ich-Kraft.

Durch Rakía wird das erdverwandte niedere Seelische, das nach Egoismus und Vereinzelung strebt, von dem höheren Seelischen geschieden, das nach der Vereinigung mit der ganzen kosmischen Seelenwelt strebt. Nach Ansicht der Kabbalisten ist das eine Folge des strengen Gerichts Gottes Din (hebr. דין „Gericht“, „Recht“; „die strafende und richtende Macht Gottes“), der Macht zu trennen und zu scheiden, ohne die überhaupt keine Schöpfung hätte entstehen können, die zugleich aber auch die Wurzel des Bösen ist. Alles, was hier in der Entwicklung angestoßen wird, ist nicht ein singuläres Ereignis, sondern ein fortlaufender, stufenweiser Prozess und das äußere Spiegelbild dieser seelischen Entwicklung sind die Planetensphären. Die Differenzierung der Seelenwelt ist erst gegen Ende des 4. Schöpfungstages, wenn auch das große und das kleine Licht (Sonne und Mond) geschaffen werden, soweit fortgeschritten, dass dann am 5. Tag die ersten Tiere als beseelte Lebewesen erschaffen werden können.

Die seelische Anlage der Planetensphären, die hier nach und nach geschaffen wird, dürfen nicht als räumliche Gebilde missverstanden werden. Von der Größe oder Weite dieser Sphären kann da nur vergleichsweise gesprochen werden. Die Größe deutet hier nur den seelischen Reichtum und die innere seelische Beweglichkeit an, die in ihnen beschlossen sind, und die Leichtigkeit, mit der sie sich dadurch den einströmenden schöpferischen geistigen Impulsen öffnen können.

In der christlichen Überlieferung wurde der Begriff des Kristallhimmels, wie ihn später auch Dante in seine Göttlichen Komödie beschrieben hat, von dieser Stelle der Genesis abgeleitet. Und dieser Kristallhimmel ist es, der jetzt am 2. Schöpfungstag entsteht, und die anderen Sphären folgen dann nach und nach.

Aus der Sphäre des Kristallhimmels stammen auch die Kräfte, die dann in der Folge das feste kristalline Erdelement bilden – das „Trockene“, wie es in der Genesis genannt wird. Das tritt folgerichtig am 3. Schöpfungstag hervor. Da werden die Meere von dem Trockenen geschieden und auf dem Trockenen können auch die ersten Pflanzen entstehen – noch nicht äußerlich, aber als seelisches Urbild.

Im Weltbild von Dantes «Göttlicher Komödie» bildet der Kristallhimmel nach den sieben Planetensphären und dem Sternenkreis die 9. himmlische Sphäre und ist damit das genaue Gegenbild zur Eishölle, dem 9. und tiefsten Kreis der Hölle. So wie dort alles Leben in der ahrimanischen Eiseskälte erstarrt, so ist hier im Kristallhimmel die heilsame Quelle aller lebendigen Bewegung und zugleich die Quelle der Zeit. Nicht irgendwo im Raum ist der Kristallhimmel zu finden, sondern er ruht einzig in Gottes Geist. Von hier aus setzt gleichsam der Unbewegte Beweger die Welt, das Insgesamt der Schöpfung, in Schwung.

Sieh hier des Zirkellaufs Natur begonnen,
Durch die der Mittelpunkt in Ruhe weilt,
Und alles rings umher den Flug gewonnen.
In diesem Himmel, der am schnellsten eilt,
Wohnt Gottes Geist nur, der die Lieb’ entzündet,
Die ihn bewegt – die Kraft, die er verteilt.
Ein Kreis von Licht und Liebesglut umwindet
Ihn, wie die andern er; allein verstehn
Kann diesen Kreis nur er, der ihn gerundet.
Nichts läßt das Maß von seinem Lauf uns sehn;
Nach ihm nur mißt sich der der andern Sphären,
Wie man nach Hälft’ und Fünfteil mißt die Zehn.
Wie sich in diesem Kreis die Wurzeln nähren
Der Zeit, wie ihr Gezweig zu ändern strebt,
Das kannst du jetzt dir selber leicht erklären.
         (Paradiso, XXVII. Gesang, Strophe 36 - 40)

Darüber gelagert ist noch als 10. Sphäre das Empyreum als der eigentliche Sitz Gottes und der Seligen. Das Empyreum oder Empyrion (lat. empyreus, "im Feuer", abgeleitet von griech. pyr = Feuer) ist nach der antiken und mittelalterlichen Kosmologie die vom göttlichen Feuer erfüllte, noch über dem Kristallhimmel gelagerte, äußerste und höchste himmlische Sphäre. Von hier aus wurde die Entwicklung unserer ganzen Planetenkette, beginnend mit dem alten Saturn, angestoßen.

Der Kristallhimmel bildet eine Grenze, jenseits derer die Taten geistiger Wesenheiten aufbewahrt sind, deren Ursprung bereits jenseits unserer planetarischen Entwicklungskette liegt, die also einer anderen – „früheren“ - Evolutionsreihe entspringen. Der Ausdruck „früher“ darf aber hier nur in sehr übertragenem Sinn genommen werden, denn der uns gewohnte Zeitbegriff hat hier keine Bedeutung mehr. Die Zeit in unserem Sinn ist erst mit dem alten Saturn entstanden.

"Dasjenige, was da angekommen war im Beginne unserer Erdenentwickelung vor der Saturnentwickelung, das müßten wir auswärts setzen, außerhalb des Tierkreises. Die Urweltweisheit hat es genannt den Kristallhimmel, und in diesem Kristallhimmel waren deponiert die Taten der Wesen einer früheren Evolution. Sie bildeten sozusagen dasjenige, auf Grund dessen die neuen Wesenheiten zu schaffen begannen." (Lit.: GA 110, S. 158)

Zu den Wesenheiten, die von jenseits des Kristallhimmels kommen, zählen, neben allen über ihnen stehenden geistigen Hierarchien, insbesondere auch die Elohim, die ihre Menschheitsstufe, d.h. die Phase ihrer Ich-Entwicklung, bereits „vor“ dem alten Saturn vollendet haben und die dadurch gewonnenen Schöpferkräfte von dorther in unsere planetarische Entwicklungskette mitbringen. Und da unser menschliches Ich eine Gabe der Elohim ist, indem diese ihre Ich-Kraft an uns hingegeben haben, so hat auch unser Ich einen Ursprung, der jenseits unserer ganzen Planetenkette liegt.

Von dem, was geistige Wesenheiten jenseits – „vor“ – der alten Saturnentwicklung getan haben, geht kein Weltenkarma herüber in unsere Planetenkette; diese entsteht daher mit der Opfertat der Throne auf dem alten Saturn völlig frei aus einem neuen Ursprung. Was während unserer planetarischen Entwicklungsreihe vom alten Saturn, über die alte Sonne und den alten Mond bis hin zu unserer gegenwärtigen Erdentwicklung geschehen ist, hat allerdings neues Weltenkarma hervorgerufen, mit dem auch die Elohim bei ihrer Schöpfertätigkeit zu rechnen haben. Sie schaffen nicht in einen völligen Leerraum hinein, aber was sie als Neues in die Entwicklung hineintragen – und eben das ist ihre eigentliche schöpferische Leistung – ist freien Ursprungs und nicht durch Früheres bedingt. Und ähnlich ist es im ganz Kleinen auch mit den wirklich schöpferischen Leistungen des Menschen, der den göttlichen Ich-Funken der Elohim in sich trägt.

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.