Petrusakten und Kognitivismus: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:Fol. 74r St.Erentrud.JPG|miniatur|Kreuzigung Petri, Seite aus dem Perikopenbuch von St. Erentrud, 11. Jh., Bayerische Staatsbibliothek Clm 15903]]Die '''Petrusakten''' oder „Acta Petri“ (ActPetr) sind [[apokryph]]e und [[Wikipedia:Pseudepigraphie (Bibel)|pseudepigraph]]e Texte aus dem 2. Jahrhundert mit einer komplexen Überlieferungsgeschichte. Sie haben unter dem Titel ''Praxeis Petrou'' („Taten des Petrus“, {{ELSalt|Πράξεις Πέτρου}}) vor allem in den [[Wikipedia:Ostkirche|Ostkirche]]n weite Verbreitung gefunden.<ref>[[Wikipedia:Klaus Berger (Theologe)|Klaus Berger]], Christiane Nord: Das Neue Testament und frühchristliche Schriften. Frankfurt 1999, S. 1268-1270.</ref> Vom gesamten Werk existieren nur noch Bruchstücke. Es gibt umfangreichere lateinische Fassungen und Teile in einer koptischen Version. Der Schlussteil wurde später als ''Passio Petri'' zu einem eigenständigen Werk mit eigener Überlieferung.  
Der '''Kognitivismus''' ist eine bereits seit den 1920er Jahren entwickelte Hauptströmung der [[Lerntheorie]]n und löste nach der sog. [[Wikipedia:Kognitive Wende|kognitiven Wende]] zunehmend den [[Behaviorismus]] und [[Konstruktivismus (Lernpsychologie)|Konstruktivismus]] ab. Das Schwergewicht des Kognitivismus liegt auf der individuelle Informationsverarbeitung.


Von den Petrusakten zu unterscheiden sind ''Die Taten des Petrus und der zwölf Apostel'', die zu den [[Nag-Hammadi-Schriften]] (NHC VI,1) gehören.
Wegbereiter des Kognitivismus waren u. a. [[Edward Tolman]], der [[Gestaltpsychologie|Gestaltpsychologe]] [[Kurt Lewin]] und der Entwicklungpsychologe [[Jean Piaget]]. Für die weitere Entwicklung wichtig waren auch die von [[Jerry Fodor]] entworfene Modularitätstheorie des Geistes und die [[Wikipedia:PSI-Theorie (Dörner)|PSI-Theorie]] von [[Dietrich Dörner]].
 
== Autor, Datierung und Abfassungsort ==
Der Autor der Schrift ist unbekannt. [[Simon Petrus|Petrus]] war es mit Sicherheit nicht. Manche Forscher halten die Abfassung durch [[Wikipedia:Leucius Charinus|Leucius Charinus]] für möglich, der vielleicht auch der Autor der [[Johannesakten]] ist.<ref>So etwa Theodor Zahn, {{Digitalisat|IA=geschichtedesne01zahngoog|SZ=n448|LT=Geschichte des neutestamentlichen Kanons}}, 1888, S. 840f.</ref> Es gibt Verbindungen zwischen diesen beiden Schriften.
 
[[Wikipedia:Richard Adelbert Lipsius|Richard Adelbert Lipsius]] und [[Wikipedia:Theodor Zahn|Theodor Zahn]] datierten die Schrift auf die 160er Jahre. Nach Untersuchungen von [[Wikipedia:Adolf Harnack|Adolf Harnack]] ist die Schrift in der Mitte des 3. Jahrhunderts anzusiedeln.<ref>Nach Schmidt, {{Digitalisat|IA=diealtenpetrusa00schmgoog|SZ=n118|LT=''Die alten Petrusakten''}} S. 99-101.</ref> Die Beobachtungen Harnacks brachten jedoch [[Wikipedia:Carl Erbes|Carl Erbes]] zu einem anderen Schluss; er datierte die Abfassung in das zweite Jahrhundert.<ref>Carl Erbes: ''Petrus nicht in Rom, sondern in Jerusalem gestorben.'' In: Zeitschrift für Kirchengeschichte 22, 1998, S. 1-47 und 161–231, nach Schmidt, Petrusakten S. 101.</ref> [[Wikipedia:Carl Schmidt (Koptologe)|Carl Schmidt]] meinte anhand eines Zitats bei [[Origenes]], dass die Abfassungszeit vor 231 liegt und grenzte dann weiter ein auf ca. 200 bis 210.<ref>Schmidt, {{Digitalisat|IA=diealtenpetrusa00schmgoog|SZ=n118|LT=''Die alten Petrusakten''}} S. 103-104.</ref>
 
Auch der Entstehungsort ist nicht genau bestimmbar. Verschiedene Möglichkeiten wurden genannt: Schmidt nennt Jerusalem und Rom, andere nennen Kleinasien.
 
== Inhalt ==
 
=== In Jerusalem wird die Tochter des Petrus gelähmt ===
Der erste Teil des Werks spielt in Jerusalem und ist größtenteils verloren gegangen. Hier geschah ein erster Zusammenstoß zwischen Petrus und dem [[Häretiker]] [[Simon Magus]], wie sich aus dem ''Codex Vercellensis'' schließen lässt.<ref>Deutsche Übersetzung des Textes auch zu den folgenden Abschnitten bei Schneemelcher Apokryphen II, S. 256-289</ref> In Jerusalem spielt wahrscheinlich auch die Geschichte von der Tochter des Petrus aus ''[[Wikipedia:Codex Berolinensis Gnosticus 8502|Codex Berolinensis Gnosticus 8502]]'': Ein reicher Mann namens Ptolemäus will die Zehnjährige unbedingt zur Frau haben, er bietet viel Geld und lässt sich durch die abschlägigen Bescheide der Mutter nicht abschrecken. Eine fehlende Seite beschreibt vermutlich, dass der ungeduldige Ptolemäus sich die Tochter irgendwie mit Gewalt ins Haus holt und diese dort durch göttliches Eingreifen gelähmt wird und in einer unnatürlichen Körperhaltung verharrt; dadurch bleibt die Jungfräulichkeit der Tochter bewahrt. Ptolemäus lässt die Tochter daraufhin wieder zurückbringen und auf der Türschwelle ablegen. Ptolemäus weint, bis er blind wird, will sich das Leben nehmen, aber durch göttliches Eingreifen sieht er ein, dass ein Christ nicht eine Jungfrau beflecken darf und stirbt in Frieden mit seinem Schöpfer, nicht ohne der Tochter einen Acker zu vermachen, der von Petrus zum Wohl der Armen verkauft wird. Die Menge fragt, warum Petrus zwar andere Menschen heile, seine eigene Tochter aber gelähmt bleibe. Damit kein Zweifel an der Macht Gottes aufkommt, wird die Lähmung der Tochter für kurze Zeit aufgehoben.<ref>Eine Parallelüberlieferung zur Tochter des Petrus findet sich im [[Wikipedia:Pseudo-Titus-Brief|]]: Dort wird die Tochter aber nicht gelähmt, sondern fällt tot um. Schneemelcher S. 54f. </ref>
 
=== Auseinandersetzung mit Simon Magus in Rom ===
Der ''Codex Vercellensis'' setzt nach den Ereignissen in Jerusalem ein und stellt mit Kap. 1–3 zunächst dar, wie [[Paulus von Tarsus|Paulus]] in Rom wirkt und dann nach Spanien reist. In Kapitel 4 taucht kurz nach Paulus' Abreise Simon Magus in Rom auf. Er tut Wunder und findet viel Anklang. Die Kap. 4–32 schildern detailliert die Auseinandersetzung zwischen Petrus und Simon Magus. Ein Bericht von einem ersten Zusammentreffen zwischen Petrus und Simon Magus findet sich schon in der Bibel in {{B|Apg|8}}, nun wird jedoch die Geschichte erheblich ausgebaut. Eine Episode behandelt die Ereignisse im Hause des Marcellus, der Simon bei sich im Haus aufgenommen hat. In dieser Geschichte kommen eine Menge Wunder vor: ein sprechender Hund; eine zerbrochene Kaiserstatue, die mit Wasser wieder zusammengefügt wird; ein getrockneter Fisch, der im Wasser wieder anfängt zu schwimmen und Brotkrumen frisst, sowie ein sieben Monate alter Säugling, der mit Männerstimme spricht. Später übt Simon auf dem Forum Zauberei und erhebt sich in die Luft, um seine Göttlichkeit zu beweisen. Petrus betet, Gott solle diesem Geschehen Einhalt gebieten. Simon stürzt vom Himmel und bricht sich dabei die Beine an drei Stellen. Daraufhin wird Simon vom Volk [[Wikipedia:Steinigung|gesteinigt]].
 
=== Petrus wird in Rom gekreuzigt ===
Der Schluss in Kap. 33–41 (''Passio Petri'') schildert das [[Wikipedia:Märtyrer|Martyrium]] des Petrus nach seiner intensiven Predigttätigkeit in Rom. Die vielen [[Wikipedia:Konkubine|Konkubine]]n Agrippas hören zu und sind beeindruckt von seiner Predigt der Jungfräulichkeit. Schon bald wollen sie sich nicht mehr mit Agrippa einlassen. Und auch Xanthippe, die Frau eines Freundes, zieht sich von ihrem Ehemann zurück. Agrippa wird wütend, und Petrus muss nach vielen Warnungen die Stadt verlassen. Als er geht, trifft er auf Christus und fragt ihn: „[[Wikipedia:Quo vadis?|Quo vadis, Domine?]]“ („Wohin gehst du, Herr?“) Die Antwort lautet: „Nach Rom, um mich abermals kreuzigen zu lassen.“ Daraufhin gibt Petrus seine Flucht auf und kehrt, Gott lobend, nach Rom zurück. Dort wird er von Agrippa wegen Gottlosigkeit zum [[Kreuzigung|Tod am Kreuz]] verurteilt. Petrus bittet die Vollstrecker, ihn kopfüber zu kreuzigen. Danach wird er einbalsamiert und ehrenvoll begraben. Als [[Nero]] das erfährt, wird er zornig, weil er sich ein viel schlimmeres Ende für Petrus ausgedacht hatte. In einer Vision wird Nero davor gewarnt, noch weitere Diener Christi zu verfolgen, und verzichtet darauf. Es endet mit allgemeinem Lobpreis Gottes.
 
== Überlieferung ==
Bei [[Wikipedia:Eusebius von Caesarea|Eusebius von Caesarea]] findet sich die älteste bekannte Erwähnung der Petrusakten. Von dem ursprünglichen Werk sind nur einzelne Teile erhalten. Da es sich dem Charakter nach um eine verschriftlichte Legende handelt, wurde der Text später immer wieder überformt, in andere Werke aufgenommen und weiterbearbeitet. Diese komplizierte Überlieferung wird angesichts der Quellenlage nicht vollständig aufzuklären sein. [[Wikipedia:Richard Adelbert Lipsius|Richard Adelbert Lipsius]] versuchte folgende Rekonstruktion:<ref>Lipsius: {{Digitalisat|IA=dieapokryphenap04lipsgoog|SZ=n177|LT=''Die apokryphen Apostelgeschichten …'' }} Bd. 2, 1. Teil, S. 166.</ref>
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{{Stammbaum/Ende}}
<small>Legende: Gelb unterlegt sind theoretisch rekonstruierte Textstufen, also keine erhaltene Textzeugen: Alte griechische Πράξεις Πέτρου, lateinische Übersetzung A, kürzere griechische Bearbeitung, griechische ''Passion'', lateinische Übersetzung B. Weiß sind Manuskripte sowie in Textzeugen vorliegende Stufen oder Bearbeitungen.</small><ref>Cod. Ochr. wurde als Textzeuge später bekannt und fehlt daher bei Lipsius.</ref>
 
Die ursprüngliche griechische Version der alten griechischen Petrusakten ist nicht im vollen Wortlaut erhalten. Nach Lipsius gab es von den alten Petrusakten eine lateinische Langfassung A und eine kürzere griechische Bearbeitung, ein nachträglich deutlich abgekürztes [[Wikipedia:Exzerpt|Exzerpt]], das sich einmal im Codex Vercelli in lateinischer Übersetzung findet, aber auch dem Codex Patmensis, und das der äthiopischen und der kirchenslavischen Version zu Grunde liegt. Die heutige Forschung geht dagegen eher davon aus, dass die Langfassung A eine spätere Erweiterung des Textes ist.
 
=== Griechische Fragmente ===
Aus [[Wikipedia:Oxyrhynchos|Oxyrhynchos]] ist P. Oxy VI 0849 überliefert, ein Fragment von den [[Wikipedia:Oxyrhynchus Papyri|Oxyrhynchus Papyri]] aus dem frühen vierten Jahrhundert, welches nur aus einer Seite besteht und weitgehend der Version in Cod. Vercelli entspricht.<ref>Bernard P. Grenfell and Arthur S. Hunt. (Hg.): {{Digitalisat|IA=oxyrhynchuspappt06grenuof|SZ=6|LT= The Oxyrhynchus papyri Part VI}} S. 6–12.</ref> Sonst ist nur der Schluss der Petrusakten, die Passion des Petrus griechisch überliefert.
 
=== Koptische Fassung in Codex Berolinensis Gnosticus 8502 ===
Dieses koptische Manuskript stammt ungefähr aus dem 5. Jahrhundert. Die Handschrift enthält eine Sammlung [[Gnosis|gnostischer]] Texte und Teile der Petrusakten. Das erhaltene Bruchstück umfasst nur eine Geschichte von der Tochter des Petrus. Von dieser Erzählung fehlt ein Blatt und die überlieferte Geschichte selbst ist nur ein Teil einer größeren Erzählung.
 
=== Lateinische Fassung in Codex Vercellensis 158 ===
Dieses lateinische Manuskript ist der wichtigste und umfangreichste sowie für einige Teile der einzige Textzeuge. Die Handschrift befindet sich in der Biblioteca Capitolare in Vercelli. Es ist eine Unziale aus dem 6. oder 7. Jahrhundert. Sie enthält Colophone in großen [[Wikipedia:Unziale|Unziale]]n in rot und schwarz, mit Zickzacklinien abgesetzt. Rote Tinte wurde verwendet für die ersten drei Zeilen eines jeden Buchs und für die erste Zeile eines Kapitels. Das Format der Seiten ist 24,5 x 22,5&nbsp;cm, und die Seiten enthalten 23 bis 24 Zeilen. Die Handschrift stammt vermutlich aus Spanien. Der Randbereich enthält Anmerkungen in [[Wikipedia:Gotisches Alphabet|westgotischer Schrift]] und weitere Unzialen und Kursivschriften aus dem 8. Jh. Der Codex umfasst 373 Folio. Der Codex wies bereits im 8. Jh. Lücken auf, die Folio 360 bis 363 wurden im 8. Jh. ersetzt. Die Schrift ist gebunden in Hefte zu 8 Folio.<ref>E. A. Lowe: Codices Latini antiquiores: a palaeographical guide to Latin manuscripts prior to the ninth century.  Bd. 4.</ref> Die [[Wikipedia:Stichometrie|Stichometrie]] des [[Wikipedia:Nikephoros I. (Patriarch)|Nikephoros]], von 806 bis 815 [[Wikipedia:Patriarch von Konstantinopel|Patriarch von Konstantinopel]], gibt an, dass das Werk einen Umfang von 2750 Stichen hat, demnach gibt Cod. Verc. 158 nur noch ungefähr zwei Drittel der ursprünglichen Erzählung wieder. Codex Vercellensis hat Lücken und Textverderbnisse und ist an einigen Stellen nicht mehr lesbar.
 
=== Passio Petri ===
Der Schluss der Petrusakten wurde in einer Redaktion zu einer eigenen Schrift, der ''Passio Petri'' mit eigener Überlieferungsgeschichte. Der Schluss ist in Codex Vercellensis in Kap. ab 30 bzw. 33 als Teil des gesamten Werks überliefert, ist jedoch in den Schlussteilen teilweise unleserlich und lückenhaft. Der fehlende oder unsichere Textbestand lässt sich durch die griechischen Zeugen ergänzen. Die Passio Petri ist griechisch in drei Handschriften überliefert: Codex Patmensis 48 (oder Codex Patmiacus) (9. Jh.), Codex Athous Vatopedi 79 (10./11. Jh.) und Codex Ochrid. bibl. mun 44 (11. Jh). Der griechische Text in Codex Patmensis 48 ist nach Lipsius mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Rückübersetzung aus dem Lateinischen und repräsentiert nicht den ursprünglichen griechischen Wortlaut. Der Codex Athous setzt entsprechend zu Kap 30 des Cod. Verc. ein, während die beiden übrigen Manuskripte mit Kap. 33 einsetzen. Zusätzlich zu den griechischen Handschriften existieren koptische, syrische, armenische, arabische, äthiopische Versionen.<ref>Schneemelcher Apokryphen Bd. II S. 251.</ref> Die slawische Version geht nach Lipsius anscheinend auf eine sehr alte griechische Vorlage zurück. Die äthiopische Version ist eine ziemlich umschreibende Übersetzung, die wenig Rückschluss auf den genauen Wortlaut des griechischen Textes ermöglicht.
 
== Geschichtliche Einordnung ==
Die Petrusakten dürften mehrere ältere Legenden aufgenommen und verarbeitet haben. Die gesamten Petrusakten sind geprägt vom [[Wikipedia:Enkratiten|Enkratiten]]tum, das eine rigorose geschlechtliche Enthaltsamkeit fordert. Hierin liegt ein Berührungspunkt mit manchen [[Gnosis|gnostischen]] Richtungen, was erklärt, warum die Schrift in gnostischen Kreisen beliebt war. Gemäß den Petrusakten findet die Predigt des Petrus zur Enthaltsamkeit Anklang bei Frauen der Elite Roms, was zum Auslöser für das Martyrium des Petrus wird. Die Reden des Petrus in Cod. Verc. Kap 37 bis 39 beruhen auf gnostischen Spekulationen. Lipsius hält die Petrusakten insgesamt für ein gnostisches Werk. [[Wikipedia:Carl Schmidt (Koptologe)|Carl Schmidt]] sieht zwar ein gnostisches Interesse, weist aber eine gnostische Ausrichtung oder eine gnostische Überarbeitung der Schrift selbst zurück. Schmidt weist nach, dass die Schrift nirgendwo auf eine Entstehung außerhalb der katholischen Kirche hindeutet, sondern im Gegenteil in kirchlichen Kreisen entstanden, geschätzt und rezipiert wurde. Erst in der Zeit [[Nicäno-Konstantinopolitanum|nach Nizäa]] geriet die Schrift in Opposition zur Orthodoxie und wurde durch Weiterbearbeitungen der Petrusakten abgelöst.<ref>Schmidt, {{Digitalisat|IA=diealtenpetrusa00schmgoog|SZ=n170|LT=''Die alten Petrusakten''}} S. 151.</ref>
 
Die Kirchenväter Eusebius, [[Wikipedia:Hieronymus (Kirchenvater)|Hieronymus]] und [[Augustinus von Hippo|Augustinus]] kennen die Erzählung von der Petrustochter. Diese Erzählung wurde literarisch weiterverarbeitet in den [[Philippusakten]] sowie in den [[Wikipedia:Akten des Nereus und Achilleus|Akten des Nereus und Achilleus]] – dort wird sie mit der Legende der [[Wikipedia:Petronilla|Petronilla]] verbunden und diese mit der Tochter des Petrus gleichgesetzt.<ref>Carl Schmidt: {{Digitalisat|IA=diealtenpetrusa00schmgoog|SZ=n37|LT= ''Die alten Petrusakten''}}, S. 18-19.</ref> Die Texte von Pseudo-Hegesipp und Pseudo-Linus sind ebenfalls Bearbeitungen, die Stoffe der Petrusakten weiterverwenden.
 
== Rezeptionsgeschichte ==
Eusebius verwirft diese Erzählungen als [[Häretiker|häretisch]]. Aber die Schrift wurde rezipiert, neben kirchlichen auch in gnostischen Kreisen. Das [[Wikipedia:Decretum Gelasianum|Decretum Gelasianum]], das [[Wikipedia:Gelasius I.|Gelasius I.]] (Bischof von Rom 492–496) zugeschrieben wird, rechnet diese Schrift zu den abgelehnten Schriften und zählt zugleich die 26 kanonischen Schriften auf. Die Wirkungsgeschichte hört damit jedoch nicht auf, die Texte wurden in mehreren Werken weiterverarbeitet.
=== Rezeption in anderen Schriften ===
* Akten des Petrus und des Paulus, ''praxeis petrou kai paulou'' (πράξεις Πέτρου καὶ Παύλου)
* Akten des Philippus und Akten des Nereus und des Achilleus<ref>Lipsius, {{Digitalisat|IA=dieapokryphenap04lipsgoog|SZ=n92|LT=Die apokryphen Apostelgeschichten …}} S. 88.</ref>
* Die katholischen ''Praxeis ton hagion apostolon'' (πράξεις τῶν ἁγίων ἀποστόλων), Taten der heiligen Apostel aus der Chronik des [[Wikipedia:Johannes Malalas|Johannes Malalas]], 6. Jh. Nicht zu verwechseln mit der Apostelgeschichte des [[Wikipedia:Neues Testament|Neuen Testaments]].
* Die syrische Predigt des Simon Kephas in Rom<ref>Lipsius, {{Digitalisat|IA=dieapokryphenap04lipsgoog|SZ=n217|LT=Die apokryphen Apostelgeschichten …}} S. 296.</ref>
* Chronik des [[Wikipedia:Georgios Hamartolos|Georgios Hamartolos]]
* [[Wikipedia:Vita Abercii|Vita Abercii]]
 
=== Rezeption in der Kunst ===
Eine Reihe bekannter Aussagen zu Petrus entstammen dieser Schrift und wurden häufig in Kunstwerken abgebildet. Dazu gehört der Satz „[[Wikipedia:Quo vadis?|Quo vadis?]]“ und die Beschreibung des Märtyrertodes des Petrus, gekreuzigt mit dem Kopf nach unten. Auch künstlerische Darstellungen des Kampfes zwischen Petrus und Simon Magus verarbeiten Motive aus dieser Schrift.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==


* [[Pseudo-Klementinen]]
* {{WikipediaDE|Kognitivismus}}
* [[Paulusakten]]
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
== Literatur (chronologisch)==
* [[Wikipedia:Richard Adelbert Lipsius|Richard Adelbert Lipsius]]: {{Digitalisat|IA=diequellenderrm01lipsgoog|SZ=n6|LT=''Die Quellen der Römischen Petrus-Sage kritisch untersucht''}}, Schwer, Kiel 1872.
* Richard Adelbert Lipsius: {{Digitalisat|IA=dieapokryphenap04lipsgoog|SZ=n6|LT=''Die apokryphen Apostelgeschichten und Apostellegenden''}}, 2. Band 1. Hälfte. Schwetzschke und Sohn, Braunschweig 1887.
* Richard Adelbert Lipsius, Maximilian Bonnet: {{Digitalisat|IA=actaapostolorvm01tiscgoog|SZ=n8|LT= ''Acta apostolorum apokryphae'' Bd. 1}}, Hermann Mendelsohn, Leipzig 1891. Griechischer und lateinischer Text.
* Theodor Zahn: {{Digitalisat|IA=geschichtedesne01zahngoog|SZ=n7|LT=Geschichte des neutestamentlichen Kanons}}, 2. Band, 2. Hälfte. Deichert, Erlangen und Leipzig 1892. S. 832–855.
* Carl Erbes: {{Digitalisat|IA=dietodestageder00marugoog|SZ=n16|LT= ''Die Todestage der Apostel Paulus und Petrus und ihre römischen Denkmäler''}} (= ''[[Wikipedia:Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur|Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur]]'', Neue Folge; 4). Hinrichs, Leipzig 1899.
* [[Wikipedia:Carl Schmidt (Koptologe)|Carl Schmidt]] (Hrsg.): {{Digitalisat|IA=diealtenpetrusa00schmgoog|SZ=n10|LT= ''Die alten Petrusakten''}} im Zusammenhang der apokryphen Apostellitteratur nebst einem neuentdeckten Fragment, Hinrichs, Leipzig 1903. (= ''Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur.'' Neue Folge Bd. 9 = der ganzen Reihe 24. Band). (Diese Übersetzung bezieht sich auf Papyrus Berolinus Gnosticus 8502 in der Berliner Papyrussammlung).
* [[Wikipedia:Edgar Hennecke|Edgar Hennecke]]: {{Digitalisat|IA=neutestamentlich00hennuoft|SZ=i|LT= ''Handbuch zu den neutestamentlichen Apokryphen''}} in Verbindung mit Fachgelehrten, Tübingen 1904.
* Bernhard Pick: {{Digitalisat|IA=apocryphalactsof00pickuoft|SZ=n4|LT= ''The Apocryphal Acts of Paul, Peter, John, Andrew and Thomas''}}. The Open Court Publishing Co., Kegan Paul, Trench, Trübner & Co., Ltd, Chicago, London 1909.
* Carl Schmidt: ''Studien zu den alten Petrusakten''. In: ''[[Wikipedia:Zeitschrift für Kirchengeschichte|Zeitschrift für Kirchengeschichte]]'' 43, 1924, S. 321-348 (Der Aufsatz führt den Beweis, dass die Episode von der Petrustochter zu den Petrusakten gehört).
* Carl Schmidt: ''Studien zu den alten Petruskakten'' (Fortsetzung). In: Zeitschrift für Kirchengeschichte Bd. 45/ Neue Folge Bd. 8, Jg. 1927, Viertes Heft S. 481-515.
* [[Wikipedia:Georg Stuhlfauth|Georg Stuhlfauth]]: {{Digitalisat|IA= StuhlfauthApokryphePetrusgeschichtenInDerKunst/Stuhlfauth%20Apokryphe%20Petrusgeschichten%20in%20der%20Kunst%20Teil%201| SZ=n2|LT= ''Die apokryphen Petrusgeschichten in der altchristlichen Kunst''}} {{Digitalisat|IA= StuhlfauthApokryphePetrusgeschichtenInDerKunst/Stuhlfauth%20Apokryphe%20Petrusgeschichten%20in%20der%20Kunst%20Teil%202|SZ=n0| LT= Fortsetzung}}, De Gruyter, Berlin und Leipzig 1925.
* C. H. Turner: ''The Latin Acts of Peter.'' in: ''Journal of Theological Studies'' Bd. 32, 1932, S. 119 ff.
* [[Wikipedia:Elias Avery Lowe|Elias Avery Lowe]]: ''[[Wikipedia:Codices Latini Antiquiores|Codices Latini Antiquiores]]: a palaeographical guide to Latin manuscripts prior to the ninth century.'' Bd. 4. Clarendon, Oxford 1947.<!--Dieses Werk hat keine Seitenzahlen, ordnet nach der Signatur.-->(Beschreibung von Cod. Verc. 158 aus paläographischer Sicht).
* [[Wikipedia:Wilhelm Schneemelcher|Wilhelm Schneemelcher]]: ''Neutestamentliche Apokryphen'', Bd. 2: ''Apostolisches, Apokalypsen und Verwandtes''. 6. Aufl. 1997, S. 243-289 (deutsche Übersetzung und Kommentar).
* {{RGG|6|1177||}}
* [[Wikipedia:Klaus Sallmann|Klaus Sallmann]]: ''Die Literatur des Umbruchs: von der römischen zur christlichen Literatur 117 bis 284 n. Chr.'' (= Handbuch der Altertumswissenschaft; Abt. 8, Handbuch der lateinischen Literatur und der Antike). Beck, München 1997, S. 391.
* [[Wikipedia:Jan N. Bremmer|Jan N. Bremmer]]: ''The apocryphal Acts of Peter''. 1998.
* [[Wikipedia:Raban von Haehling|Raban von Haehling]]: ''Zwei Freunde in Rom: Das Wunderduell des Petrus mit Simon Magus in den acta Petri''. In: ''Römische Quartalschrift für christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte'' Bd. 98, 2003, S. 47-71.
* [[Wikipedia:Otto Zwierlein|Otto Zwierlein]]: ''Petrus in Rom. Die literarischen Zeugnisse. Mit einer kritischen Edition der Martyrien des Petrus und Paulus auf neuer handschriftlicher Grundlage''. (= ''Untersuchungen zur antiken Literatur und Geschichte'', Bd. 96). 2. durchges. u. erg. Aufl. De Gruyter, Göttingen 2010. [http://www.e-cademic.de/data/ebooks/extracts/9783110240580.pdf Inhaltsverzeichnis und Einleitung online] (PDF; 274&nbsp;kB) [http://bmcr.brynmawr.edu/2010/2010-03-25.html Rezension von Pieter W. van der Horst].
* Otto Zwierlein: ''Petrus und Paulus in Jerusalem und Rom''. Vom Neuen Testament zu den apokryphen Apostelakten (= ''Untersuchungen zur antiken Literatur und Geschichte'', Bd. 109), De Gruyter, Göttingen 2013.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://www.trismegistos.org/authorref/list.php?tm=3322 Informationen zu den Handschriften] in ''Trismegistos''
* [https://www.youtube.com/watch?v=34ge07pQPhg&list=PLBUdCOZnbWlK9TF1eQofX5ImolL_eXvgW&index=4 Dietmar Hübner: Kognitivismus vs. Nonkognitivismus] Teilvorlesung
 
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[[Kategorie:Alte Kirche]]
[[Kategorie:Literatur (2. Jahrhundert)]]
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[[Kategorie:Apokryphe Schrift des Neuen Testaments]]
[[Kategorie:Simon Petrus]]
[[Kategorie:Pseudepigraphie]]


{{Wikipedia}}
[[Kategorie:Psychologie]] [[Kategorie:Kognitionswissenschaft]] [[Kategorie:Metaethik]] [[Kategorie:Lerntheorie]]

Version vom 9. März 2019, 22:54 Uhr

Der Kognitivismus ist eine bereits seit den 1920er Jahren entwickelte Hauptströmung der Lerntheorien und löste nach der sog. kognitiven Wende zunehmend den Behaviorismus und Konstruktivismus ab. Das Schwergewicht des Kognitivismus liegt auf der individuelle Informationsverarbeitung.

Wegbereiter des Kognitivismus waren u. a. Edward Tolman, der Gestaltpsychologe Kurt Lewin und der Entwicklungpsychologe Jean Piaget. Für die weitere Entwicklung wichtig waren auch die von Jerry Fodor entworfene Modularitätstheorie des Geistes und die PSI-Theorie von Dietrich Dörner.

Siehe auch

Weblinks