Introspektion und Eidetik: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Introspektion''' bedeutet [[Selbstbeobachtung]] i.S.v. [[Beobachtung]] des inneren [[Seelenleben]]s, von eigenem [[Denken]], [[Fühlen]], [[Empfinden]] usw., auch [[Innenschau]] genannt, im Unterschied zur äußeren Beobachtung mittels der [[Sinnesorgan]]e, auch des eigenen, äußerlichen [[Verhalten]]s, zum Zwecke der Gewinnung von Einsichten. '''Introspektion''' kommt auch als [[Methode]] der [[Erkenntnis]]gewinnung in [[Psychologie]] und [[Philosophie]] zur Anwendung.  
'''Eidetik''' (von {{ELSalt|εἶδος}}, ''[[Eidos]]'', „die Schau“, nach [[Platon]] „das geistig Geschaute, das [[Wesen]]“) ist insbesondere in der [[Phänomenologie]] von [[Wikipedia:Edmund Husserl|Edmund Husserl]] die [[Wissenschaft]] vom Wesen als einer unmittelbar [[Anschauung|anschaubare]] Gegebenheit, das durch [[Eidetische Reduktion]], d.h. durch die Enthaltung jeglichen [[verstand]]esmäßigen [[Urteil]]s, enthüllt wird.


== Introspektion als wissenschaftliche Methode ==
In der [[Wikipedia:Psychologie|Psychologie]] versteht man unter Eidetik eine besonders ausgepräge Form des [[Vorstellungsvermögen]]s, bei der [[Vorstellung]]en so intensiv und real wie [[sinnlich]]e [[Wahrnehmung]]en erlebt werden. Anders als bei [[Halluzination]]en, die fälschlich für äußere Wahrnehmungen gehalten werden, ist dem '''Eidetiker''' dabei aber jederzeit völlig [[bewusst]], dass es sich nur um seine eigenen Vorstellungen bzw. [[Erinnerung]] handelt. Diese Fähigkeit, bei der ein exaktes, vollständiges oder zumindest sehr detailreiches visuelles inneres Bild eines früheren [[Erlebnis]]ses abgerufen wird, bezeichnet man auch als '''fotografisches Gedächtnis''' oder besser als '''eidetisches Gedächtnis'''.


"Die Introspektion wurde um 1900 von vielen noch heute renommierten Forschern als Standardmethode verwendet, von [[Brentano]] (1973 [1874]) und [[wikipedia:Wilhelm Wundt|Wundt]] (1888, 1918 [1896]) bis zu [[wikipedia:Edward Bradford Titchener|Titchener]] (1907 [1886]) und der Würzburger [[wikipedia:Denkpsychologie|Denkpsychologie]] ([[wikipedia:Karl Bühler|Bühler]] 1907). Schon damals gab es viele Varianten der [[Methode]], die entweder auf unterschiedliche Forschungsfragen zurückgingen oder die Schwachstellen der Methode ... zu kompensieren versuchten."<ref>http://link.springer.com/chapter/10.1007%2F978-3-531-92052-8_35</ref>
[[Kategorie:Wahrnehmung]] [[Kategorie:Philosophie]] [[Kategorie:Psychologie]]
 
Auch die Methode der [[Seelische Beobachtung|seelischen Beobachtung]], wie sie Rudolf Steiner in seinen philosophischen Frühwerken angewendet haben soll, bzw. das methodische Vorgehen der anthroposophischen Geisteswissenschaft allgemein, sowie auch die Methode der philosophischen [[Phänomenologie]] und der Psychoanalyse lassen sich der introspektiven Beobachtungsmethode im weiteren Sinne zuordnen, im Unterschied zur Beobachtung von Phänomenen, "äußeren" Objekten, wie sich sich der sinnlichen Wahrnehmung zeigen. Dies gilt zumindest soweit, wie es sich um die innere Beobachtung des Bewußtseins bzw. der dem Subjekt zugehörigen Bewußtsseinsinhalte handelt. Die Beobachtung von objektiven Geistphänomenen, wie sie von der Anthroposophie als vom beobachtenden Bewußtsein unabhängig und objektiv existent behauptet werden, läßt sich nicht ohne weiteres der introspektiven Betrachtung im üblichen Sinne zuordnen, da trotz der Wendung der Beobachtung nach innen ein "Äußeres" im Bewußtsein aufgesucht wird.
 
Ein Hauptkritikpunkt an der introspektiven Methode ist, daß sie keine [[intersubjektiv]]e Kritik bzw. Überprüfung ermöglichen würde und daher unwissenschaftlich sei. (Man kann auf ein innen gegebenes Objekt nicht so zeigen, wie auf ein äußeres: Sieh dies dort an!) Gleichwohl gibt es methodische Bemühungen, eine intersubjektiv nachvollziehbare Zeigemöglichkeit zu erarbeiten. Diese muß sich aber der Sprache bedienen. Deshalb ist es schwierig oder gar nicht zu beurteilen, ob das sprachlich aufgezeigte auch von anderen so und genau so, sprachlich angeleitet, beobachtet werden kann. (Bzw. wenn man sich intersubjektiv einig geworden ist, daß man den gleichen inneren Gegenstand vor sich habe, zu beurteilen, ob das tatsächlich so ist, denn wie sollte das möglich sein?)
 
Eine Ausnahme macht dabei wohl nur die [[Mathematik]], deren Sprache eine Exaktheit hat, die mittels der Symbole ein intersubjektives Aufzeigen ermöglicht. Die Geisteswissenschaft bedient sich auf der Stufe der [[Inspiration]] nicht ohne Grund einer sog. [[okkulte Schrift|okkulten Schrift]]<ref>"Ursprünglich werden nämlich alle Regeln und Lehren der Geisteswissenschaft in einer sinnbildlichen Zeichensprache gegeben. Und wer ihre ganze Bedeutung und Tragweite kennenlernen will, der muß erst diese sinnbildliche Sprache sich zum Verständnis bringen." ([[GA 10]], S. 30)
 
"Die okkulte Schrift offenbart sich der Seele, wenn diese die geistige Wahrnehmung erlangt hat. Denn diese Schrift steht in der geistigen Welt immer geschrieben. Man lernt sie nicht so, wie man eine künstliche Schrift lesen lernt. Man wächst vielmehr in sachgemäßer Weise der hellsichtigen Erkenntnis entgegen, und während dieses Wachsens entwickelt sich wie eine seelische Fähigkeit die Kraft, welche die vorhandenen Geschehnisse und Wesenheiten der geistigen Welt wie die Charaktere einer Schrift zu entziffern sich gedrängt fühlt. Die Zeichen entsprechen den Kräften, welche in der Welt wirksam sind. Von dem höheren Wissen in unmittelbarer Gestalt kann der Eingeweihte nur in der erwähnten Zeichensprache etwas mitteilen." ([[GA 10]], S. 78f.)</ref> , die ebenso im intersubjektiven Austausch die exakte Übermittlung, was gemeint ist, ermöglichen soll.
 
== Siehe auch ==
[[Seelische Beobachtung]]
 
== Anmerkungen ==
<references/>
== Literatur ==
*Bühler, Karl (1907). Tatsachen und Probleme zu einer Psychologie der Denkvorgänge. I. Über Gedanken. Archiv für die gesamte Psychologie, 9, 297-365. [Nachdruck in Paul Ziche (Hrsg.) (1999). Introspektion. Texte zur Selbstwahrnehmung des Ichs. Berlin: Springer, S.157–209]
*Bühler, Karl (1908). Antwort auf die von W. Wundt erhobenen Einwände gegen die Methode der Selbstbeobachtung an experimentell erzeugten Erlebnissen. Archiv für die gesamte Psychologie, 12, 93–123.
*Brentano, Franz (1973). Psychologie vom empirischen Standpunkt. Erster Band (unveränderter Nachdruck der Ausgabe von 1924). Hamburg: Felix Meiner. [Orig. 1874]
*Wundt, Wilhelm (1888). Selbstbeobachtung und innere Wahrnehmung. In Wilhelm Wundt (Hrsg.), Philosophische Studien 4 (S.292–310). Leipzig: Wilhelm Engelmann.
*Wundt, Wilhelm (1918). Grundriss der Psychologie (13. Aufl.). Leipzig: Wilhelm Engelmann. [Orig. 1896]
*Titchener, Edward B. (1907). An outline of psychology. New York: Macmillan & Co. [Orig. 1886]
*[[Michael Muschalle]]: ''Der Verfall der introspektiven Psychologie und das Methodenproblem der Anthroposophie'', in: Jahrbuch für anthroposophische Kritik, 1995, S. 80 - 95, ([aktualisierte Version http://www.studienzuranthroposophie.de/VerfallKap01.html online, Stand 12.07.01])
{{GA}}
 
== Weblinks ==
* {{UTB-Philosophie|Thomas Blume|454|Introspektion}}
*[http://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/introspektion/7425 Lexikon der Psychologie (www.spektrum.de): Introspektion]
*[http://www.ssoar.info/ssoar/handle/document/4010 Methodische Einwände und Kritik an Introspektionsverfahren : Themenschwerpunkt: Introspektion als Forschungsmethode]
*[http://www.ssoar.info/ssoar/handle/document/2870 Zur Geschichte der Introspektion : Themenschwerpunkt: Introspektion als Forschungsmethode]
*{{wikipediaEN|Introspection}}
[[Kategorie:Wahrnehmung]][[Kategorie:Denken]][[Kategorie:Bewusstsein]][[Kategorie:Erkenntnistheorie]][[Kategorie:Wissenschaftstheorie]][[Kategorie:Philosophie]][[Kategorie:Psychologie]]

Version vom 23. August 2013, 13:56 Uhr

Eidetik (von griech. εἶδος, Eidos, „die Schau“, nach Platon „das geistig Geschaute, das Wesen“) ist insbesondere in der Phänomenologie von Edmund Husserl die Wissenschaft vom Wesen als einer unmittelbar anschaubare Gegebenheit, das durch Eidetische Reduktion, d.h. durch die Enthaltung jeglichen verstandesmäßigen Urteils, enthüllt wird.

In der Psychologie versteht man unter Eidetik eine besonders ausgepräge Form des Vorstellungsvermögens, bei der Vorstellungen so intensiv und real wie sinnliche Wahrnehmungen erlebt werden. Anders als bei Halluzinationen, die fälschlich für äußere Wahrnehmungen gehalten werden, ist dem Eidetiker dabei aber jederzeit völlig bewusst, dass es sich nur um seine eigenen Vorstellungen bzw. Erinnerung handelt. Diese Fähigkeit, bei der ein exaktes, vollständiges oder zumindest sehr detailreiches visuelles inneres Bild eines früheren Erlebnisses abgerufen wird, bezeichnet man auch als fotografisches Gedächtnis oder besser als eidetisches Gedächtnis.